L 9 AS 1771/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AS 283/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 1771/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 17. April 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Der 1967 geborene Kläger, der seit Jahren im Leistungsbezug bei dem Beklagten steht, bewohnt zusammen mit seiner 1993 geborenen Tochter ein in seinem Alleineigentum stehendes schuldenfreies Eigenheim in H., das in der Vergangenheit - vor dem Dachgeschossausbau - vom Beklagten als vor der Pflicht zur Vermögensverwertung geschütztes Eigentum behandelt wurde. Das im Jahr 1995 erbaute voll unterkellerte Haus steht auf einem 500 m² großen Grundstück und verfügt über ein Untergeschoss, ein Erdgeschoss sowie ein Dachgeschoss. Vor dessen Ausbau gab der Kläger die Wohnfläche seines Hauses mit 98 m² an. Zuletzt wurden dem Kläger für die Zeit vom 01.02.2013 bis 31.07.2013 vorläufig Leistungen in Höhe von monatlich 246,46 EUR bewilligt (Bescheid vom 25.02.2013, Widerspruchsbescheid vom 28.03.2013). Seine Tochter bestreitet bereits seit Anfang 2012 ihren Lebensunterhalt selbst.

Am 20.06.2013 stellte der Kläger einen Antrag auf Weiterbewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Hierbei trug er vor, es bestehe keine Haushaltsgemeinschaft mit seiner Tochter mehr, da diese ab Juli 2013 im Dachgeschoss wohne. Auf Nachfrage teilte er mit (E-Mail vom 25.07.2013), es handele sich bei den Räumlichkeiten im Dachgeschoss um eine abgeschlossene Wohnung mit Bad, Wohnzimmer, Schlafzimmer, Bühne von ca. 40 m². Mieteinnahmen erziele er hierfür nicht.

Der Beklagte trat daraufhin in Ermittlungen zum Verkehrswert des Hausgrundstücks ein. Der Gutachterausschuss der Gemeinde H. kam in seinem Gutachten vom 01.10.2013 zu dem Ergebnis, der Gesamtwert des klägerischen Grundstücks belaufe sich auf 245.000,00 EUR.

Mit Schreiben vom 21.10.2013 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass sich kein Leistungsanspruch ergebe, da der Wert der nicht geschützten Immobilie 245.000,00 EUR betrage und über seinem Vermögensfreibetrag von derzeit 7.500,00 EUR liege. Bis zur Verwertung seiner Vermögenswerte komme die Erbringung von Leistungen als Darlehen in Betracht. Hierzu müsste eine Grundschuld zugunsten des Beklagten eingetragen werden.

Nachdem der Kläger mittels E-Mail vom 17.11.2013 mitgeteilt hatte, die Forderungen des Beklagten (Eintragung einer Grundschuld) seien unzulässig, da das Eigenheim unantastbar sei und sein Wert nicht das Schonvermögen übersteige, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 18.11.2013 den Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ab mit der Begründung, der Kläger verfüge über verwertbares Vermögen in Höhe von 251.446,02 EUR (Girokonto, Geschäftsanteile, Lebensversicherung, Wert des Hauses), das die Vermögensfreibeträge in Höhe von 7.500,00 EUR übersteige.

Mit weiterem Bescheid vom 18.11.2013 lehnte der Beklagte auch die Übernahme von Kosten für Wasser/Abwasser für den Zeitraum vom 01.01. bis 30.06.2013 in Höhe von 300,46 EUR (Rechnung vom 31.07.2013) sowie die Kosten für die Wohngebäudeversicherung in Höhe von 154,73 EUR (Rechnung vom 16.10.2013) mit der gleichen Begründung ab.

Gegen die Ablehnungsbescheide vom 18.11.2013 legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, er wohne in einer angemessenen Immobilie und müsse diese nicht verwerten. Gleichzeitig stellte der Kläger am 15.11.2013 vor dem Sozialgericht Reutlingen (SG) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der erfolglos blieb (Beschluss vom 05.12.2013, S 7 AS 3064/13 ER). Die hiergegen am 07.01.2014 beim SG eingelegte Beschwerde zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) wurde mit Beschluss vom 07.02.2014 zurückgewiesen (L 9 AS 133/14 ER-B).

Mit Widerspruchsbescheiden vom 23.01.2014 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen die Ablehnung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II bzw. der Kostenübernahme für Wasser und Abwasser sowie der Wohngebäudeversicherung unter Hinweis darauf zurück, hilfebedürftig sei, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern könne und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhalte. Nach Abzug der Freibeträge verfüge der Kläger über ein Vermögen in Höhe von 243.196,02 EUR, das nicht geschützt und daher zu verwerten sei. Die Wohnfläche seines Hauses betrage mindestens 118,78 m² und sei somit unangemessen groß und deshalb nicht über § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II geschützt. Eine besondere Härte der Verwertung sei nicht ersichtlich. Eine Darlehensgewährung hätten der Kläger bzw. sein Bevollmächtigter abgelehnt.

Gegen den die Ablehnung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes betreffenden Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 06.02.2014 Klage beim SG eingereicht mit der bereits zuvor abgegebenen Begründung. Ergänzend ist dargelegt worden, der wahre Wert sei nur durch ein Gutachten festzulegen, während der Gutachterausschuss der Gemeinde H. allenfalls Anhaltswerte liefern könne. Die vom Kläger tatsächlich genutzte Fläche befinde sich im Erdgeschoss. Das Dachgeschoss sei früher überhaupt nicht ausgebaut gewesen. Balkon und Kellerfläche könnten nicht zur Bemessung der Gesamtwohnfläche herangezogen werden. Eine darlehensweise Gewährung komme nicht in Betracht. Die im Verkehrswertgutachten der Gemeinde H. angegebene Wohnungsgröße (Wohnfläche) sei falsch. Diese betrage nach Abzug der Dachschräge nur ca. 98 m², sodass das Objekt als angemessen gelte.

Das SG hat daraufhin ein Gutachten über die Wohnraumvermessung des klägerischen Hausgrundstücks in Auftrag gegeben. Der Bausachverständige Diplomingenieur B. hat in seinem Gutachten vom 30.01.2015 nach erfolgter Inaugenscheinnahme eine Gesamtwohnfläche von 119,80 m² errechnet.

Anschließend hat das SG mit Urteil vom 17.04.2015 die Klage abgewiesen und ausgeführt, für einen Einpersonenhaushalt des Klägers wäre eine Wohnfläche von 90 m² noch als angemessen anzusehen. Ausweislich des Sachverständigengutachtens sei dieser Grenzwert mit einer Gesamtwohnfläche von 119,80 m² deutlich überschritten. Bei der Beurteilung der Angemessenheit des Hausgrundstücks sei die gesamte Wohnfläche des Hauses einschließlich der von der Tochter bewohnten Anteile zu berücksichtigen. Das als Vermögensgegenstand zu berücksichtigende Hausgrundstück habe einen Wert, der den Vermögensfreibetrag des Klägers bei Weitem übersteige. Anhaltspunkte dafür, dass das Wertermittlungsgutachten des Gutachterausschusses der Gemeinde H. im Hinblick auf den ermittelten Wert von 245.000,00 EUR nicht zutreffend sein könnte, ergäben sich nicht. Es sei auch von einer Verwertbarkeit des Hausgrundstücks auszugehen, da dieses verkauft oder auch beliehen werden könne. Anhaltspunkte für eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung lägen, auch angesichts des prosperierenden Immobilienmarkts in der Region, nicht vor. Schließlich fehle auch eine besondere Härte im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 2. Alternative SGB II, da hierunter nur außergewöhnliche Umstände fielen, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangten als eine einfache Härte und die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte. Etwas anderes ergebe sich auch nicht unter Berücksichtigung der aus § 90 Abs. 2 Nr. 8 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch folgenden gesetzgeberischen Wertung, da auch hier sich die Angemessenheit eines Hausgrundstücks nach der Zahl der Bewohner bemesse und hier für einen Zweipersonenhaushalt ebenfalls eine Angemessenheitsgrenze von 90 m² gelte.

Weiterhin sind folgende Bescheide ergangen, in denen sämtliche Anträge des Klägers mit der Begründung abgelehnt wurden, der Kläger sei - im Hinblick auf sein Vermögen - nicht bedürftig: - Bescheid vom 12.02.2014: Ablehnung der Übernahme von Beiträgen zur Krankenversicherung für die Zeit vom 01.08. bis 30.11.2013; Widerspruchsbescheid vom 09.04.2014; - Bescheid vom 12.02.2014: Ablehnung der Übernahme von Schornsteinfegergebühren, Widerspruchsbescheid vom 09.04.2014 - Bescheid vom 05.05.2014: Ablehnung der Kostenübernahme für Heizöl (Rechnung vom 09.04.2014), Widerspruchsbescheid vom 10.07.2014; - Bescheid vom 28.11.2014: Ablehnung der Übernahme der Gebühren für Wasser und Abwasser (Gebührenbescheid vom 23.07.2014), Schornsteinfegerrechnung vom 02.10.2014; Grundsteuerbescheid vom 27.01.2014; Widerspruchsbescheid vom 16.02.2015.

Gegen das erstinstanzliche Urteil richtet sich die am 06.05.2015 beim LSG eingelegte Berufung mit der Begründung, es handele sich bei dem selbst bewohnten Eigenheim um das Heim der Familie S., das seit Jahren geschütztes Vermögen der Familie sei. Als die Ehefrau des Klägers noch im Hause gelebt habe, sei das Haus unzweifelhaft angemessen gewesen. Das bislang geschützte Vermögen könne nun nicht zur Verwertung geeignet sein. Auch sei zu berücksichtigen, dass das Eigenheim vollständig vom Kläger abbezahlt worden sei, sodass eine Verwertung ihn ganz erheblich benachteiligen würde im Vergleich zu anderen Hilfebedürftigen, deren Eigenheim im Wesentlichen immer noch voll kreditfinanziert sei und die tatsächlich kaum Eigentumsanteile erworben hätten. Der Kläger sei damit besonders schutzbedürftig. Es handele sich zudem um ein einfaches Fertigbauhaus. Zudem dürfe ein strikter Grenzwert von 90 m² als Angemessenheit für einen Einpersonenhaushalt nicht herangezogen werden, da letztlich ja auch die Tochter noch im Hause wohne.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 17. April 2015 aufzuheben und die Bescheide des Beklagten vom 18. November 2013 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 23. Januar 2014 (Ablehnung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, Wasser/Abwasser, Wohngebäudeversicherung), weiterhin den Bescheid vom 12. Februar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. April 2014 (Beiträge zur Krankenversicherung), den Bescheid vom 12. Februar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. April 2014 (Schornsteinfegergebühren), den Bescheid vom 5. Mai 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 2014 (Heizöl), den Bescheid vom 28. November 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2015 (Wasser und Abwasser; Schornsteinfeger, Grundsteuer) aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm ab 1. August 2013 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hat auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil verwiesen und ergänzend dargelegt, es sei im angefochtenen Urteil bereits berücksichtigt worden, dass der Kläger mit seiner Tochter zusammen in einem Haus wohne. Die Angemessenheitsgrenze für zwei Personen von 90 m² sei dennoch mit knapp 30 m² deutlich überschritten.

Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der zitierten Akten des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet, da das angefochtene Urteil des SG sowie die Bescheide des Beklagten nicht zu beanstanden sind. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ab dem 01.08.2013 als Zuschuss.

Gegenstand des Verfahrens sind nicht nur die Ablehnungsbescheide vom 18.11.2013 (Ablehnung Leistungen zum Lebensunterhalt ab 01.08.2013, Ablehnung für Wasser/Abwasser, Wohngebäudeversicherung) und die Widerspruchsbescheide vom 23.01.2014, sondern sämtliche in der Folgezeit ergangenen Bescheide, die nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden sind. Da das SG hierüber nicht entschieden hat, ist dies vom LSG nachzuholen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 96 Rdnr. 12 a).

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die vom Kläger begehrten Leistungen zum Lebensunterhalt dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch hierauf nicht besteht, weil der Kläger nicht hilfebedürftig ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.

Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass der Hinweis des Klägers, tatsächlich handele es sich um einen Zweipersonenhaushalt, sodass das selbst genutzte Hausgrundstück eine angemessene Größe aufweise, nicht zu einem anderen Ergebnis führt.

Zunächst ist festzuhalten, dass in Fällen des Zusammenwohnens mit anderen Personen für die Prüfung des verwertbaren Vermögens auf die gesamte Wohnfläche eines Hauses abzustellen und nicht lediglich der vom Eigentümer selbst bewohnte Anteil zu berücksichtigen ist (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 22.03.2012, B 4 AS 99/11 R, in Juris). Nur wenn - was hier nicht der Fall ist - das Eigentum der Leistungen beanspruchenden Person auf den von ihr benutzten Teil des Hauses beschränkt wäre, käme eine andere Prüfung in Betracht (BSG, Urteil vom 12.07.2012, B 14 AS 158/11 R, in Juris). Folglich ist vorliegend das Hausgrundstück in seiner Gesamtheit zu bewerten und muss auf die gesamte Wohnfläche des Hauses in Höhe von 119,80 m² abgehoben werden. Zweifel an der Richtigkeit dieser zugrunde gelegten Hausgröße hat der Senat angesichts des in sich schlüssigen Gutachtens des Diplomingenieurs B. nicht. Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ist durch die Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG - in Anlehnung an die Rechtsprechung des BSG zur Arbeitslosenhilfe, die ihrerseits auf das Sozialhilferecht nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) Bezug nahm (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2002, B 7 AL 126/01 R, in Juris) - dahin konkretisiert worden, dass die angemessene Größe eines Hausgrundstücks mit Blick auf seine Gesamtwohnfläche und insoweit bundeseinheitlich nach den Wohnflächengrenzen des zum 1.1.2002 außer Kraft getretenen Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WobauG), differenziert nach der Anzahl der Personen, zu bestimmen ist (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013, B 14 AS 90/12 R mit umfangreichen Nachweisen). Für Familienheime mit nur einer Wohnung und bis zu vier Personen sah das II. WobauG eine Wohnflächengrenze von 130 m² vor (§ 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 II. WobauG). Die danach hier maßgebliche Wohnflächengrenze von 130 m² ist bei einer Belegung mit weniger als vier Personen um jeweils 20 m² pro Person zu reduzieren; typisierend ist diese Reduzierung jedoch auf eine Belegung mit bis zu zwei Personen zu begrenzen (vgl. nur BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 3, RdNr. 22).

Maßgebliche Personen für die Bestimmung der angemessenen Wohnfläche eines Hauses im Rahmen der Prüfung nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II sind nur Bedarfsgemeinschaftsmitglieder im Sinne des § 7 Abs. 3 SGB II sowie mit der Leistungen beanspruchenden Person für längere Zeit in einer Haushaltsgemeinschaft im Sinne des § 9 Abs. 5 SGB II lebende weitere Personen (BSG, Urteil vom 12.12.2013 a.a.O. m.w.N.). Eine Bedarfsgemeinschaft liegt nicht vor, und der Kläger selbst hat angegeben, mit der Tochter bestehe seit 01.07.2013 auch keine Haushaltsgemeinschaft mehr. Letzteres kann jedoch offenbleiben, weil auch bei einem Zwei-Personenhaushalt der Grenzwert von 90 m² gilt (130 m² - 2 x 20 m²).

Dieser Grenzwert wird vorliegend deutlich in Höhe von fast 30 m² überschritten. Die Anwendung einer gewissen Toleranz, wie sie bei Überschreiten der Wohnflächengrenze um nicht mehr als zehn vom Hundert mit Rücksicht auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erwogen worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 a.a.O.), würde vorliegend an der unangemessenen Größe des Hausgrundstücks des Klägers nichts ändern.

Da die Hausgröße nicht angemessen ist, besteht kein Schutz dieses Vermögens nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Ziffer 4 SGB II.

Nicht durchzudringen vermag der Kläger mit seinem Argument, bei dem Hausgrundstück habe es sich bisher um geschütztes Vermögen gehandelt und dieser Schutz müsse nun weiter gelten, auch nachdem die Ehefrau ausgezogen sei und die Tochter alleine für ihren Lebensunterhalt sorge. Durch den Ausbau des Dachbodens und die damit einhergehende Vergrößerung der Wohnfläche ist der Schutz des Eigenheims i.S.d. § 12 Abs. 4 Ziffer 4 SGB II entfallen: Vor diesem Ausbau betrug gemäß dem Gutachten des Bausachverständigen B. die Wohnfläche im Erdgeschoss einschließlich Terrasse 76,74 m² (vgl. Seite 5 des Gutachtens: Erdgeschoss 71,31 m², Seite 6: Terrasse EG 5,43 m²) und war somit als angemessen zu bezeichnen. Erst durch den Ausbau des Obergeschosses kam eine Fläche von rund 43 m² dazu, wodurch der Grenzwert überschritten wurde. Da das Vorliegen von Bedürftigkeit in jedem Bewilligungsabschnitt neu zu prüfen ist, kann vorliegend weder die schon 2012 ausgezogene Ehefrau berücksichtigt werden noch die jetzige Hausgröße ignoriert werden.

Das Haus ist auch kein Schonvermögen nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II, weil dessen Veräußerung keine besondere Härte darstellt. Selbstverständlich ist die Verwertung des Eigenheims für einen Eigenheimbewohner regelmäßig belastend. Ob aber eine besondere Härte vorliegt, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls. Maßgebend sind dabei nur außergewöhnliche Umstände, die nicht durch die ausdrücklichen gesetzlichen Freistellungen über das Schonvermögen nach § 12 Abs. 3 Satz 1 SGB II und die Absetzungsbeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II erfasst werden. Eine besondere Härte besteht daher nur, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (BSG, Urteile vom 16.05.2007, B 11b AS 37/06 R und vom 06.05.2010, B 14 AS 2/09 R, jeweils in Juris). Solche besonderen Umstände, die bei anderen Leistungsberechtigten regelmäßig nicht auftreten, sind indes nicht ersichtlich. Das Argument des Klägers, er sei benachteiligt im Vergleich zu anderen Hilfebedürftigen, die ihr Eigenheim noch nicht vollständig abbezahlt hätten, überzeugt nicht und begründet keinesfalls eine besondere Härte. Im Gegenteil verfügt der Kläger über ein wesentlich höheres Vermögen und ist dementsprechend weniger auf staatliche Unterstützung angewiesen als jemand, auf dessen Eigenheim noch erhebliche Schulden lasten. Auch sind schuldenfreie und damit für den Eigentümer wertvollere Eigenheime nicht schutzbedürftiger als mit Schulden belastete.

Wie das SG zutreffend dargelegt hat, ist das Haus auch verwertbar im Sinne von § 12 Abs. 1 SGB II. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil verwiesen.

Diese Beurteilung rechtfertigt sich auch mit Blick auf den Zweck der Schonung des Eigenheims: Schutzzweck ist nicht der Schutz der Immobilie als Vermögensgegenstand, sondern allein der Schutz der Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses "Wohnen" und als räumlicher Lebensmittelpunkt (BSGE 97, 203 ff). In diesem Zusammenhang ist die Entscheidung des Gesetzgebers zu respektieren, die Angemessenheit des Eigenheims in § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II nur an die angemessene Größe, sprich Wohnfläche, zu knüpfen. Da das Hauseigentum des Klägers vorliegend zu groß ist, unterfällt es folglich nicht dem Schutz des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II. Wenn der Kläger trotzdem in seinem Haus bleiben will, muss er versuchen, sein Existenzminimum auf andere Weise zu sichern, z.B. durch eine (geringfügige) Beschäftigung oder durch Vermietung eines Teils seines Hauses.

Ein Anspruch auf die weiteren, in den oben erwähnten Bescheiden abgelehnten Leistungen (Schornsteinfeger, Wasser/Abwasser, Krankenversicherung, Gebäudeversicherung), die der Senat als erstinstanzlich unerledigte Prozessreste gemäß § 96 SGG einbezogen hat, besteht mangels Bedürftigkeit ebenfalls nicht.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved