Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 37 SF 253/14 E
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 SF 679/15 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Der Beschwerdewert (§§ 59 Abs. 2, 33 Abs. 3 S. 1 RVG) errechnet sich aus dem Unterschied zwischen der von der Vorinstanz festgesetzten und der mit der Beschwerde erstrebten Vergütung einschließlich der Umsatzsteuer (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. September 2011 - L 20 SO 424/11 B).
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 29. April 2015 aufgehoben und die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung des Beschwerdegegners für das Verfahren S 37 AS 4468/12 auf 268,64 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe:
Die statthafte Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren durch das Sozi-algericht Gotha ist zulässig. Nach §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 S. 1 des Rechtsanwaltsvergütungs-gesetzes (RVG) i.d.F. bis 1. August 2013 können die Antragsberechtigten gegen die gerichtliche Festsetzung Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 Euro übersteigt. Nachdem der Beschwerdeführer im Erinnerungsverfahren beantragt hatte, die Vergütung des Beschwerdegegners entsprechend der Festsetzung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) im Beschluss vom 24. Januar 2014 auf 131,38 Euro festzusetzen und das Sozialgericht sie auf die Erinnerung des Beschwerdegegners auf 334,39 Euro erhöht hatte, bestehen keine Bedenken gegen das Erreichen des Beschwerdewerts. Er errechnet sich aus dem Unterschied zwischen den von der Vorinstanz festgesetzten und die mit der Beschwerde erstrebte Vergütung einschließlich der Umsatzsteuer (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. September 2011 - L 20 SO424/11 B, nach juris; Pukall in Mayer/Kroiß, RVG, 6. Auflage 2013, § 56 Rdnr. 25; Hartmann, Kostengesetze, 43. Auflage 2013, § 33 RVG Rdnr. 20), denn diese ist untrennbarer Bestandteil der zu erstattenden Gebühren und Auslagen. Die Ansicht des Beschwerdegegners, der Beschwerdewert betrage 0,00 Euro, weil es nur auf den Unterschied zur Festsetzung der UdG ankomme, verkennt, dass sie durch den Beschluss der Vorinstanz aufgehoben worden ist. Unerheblich ist, dass die Vorinstanz (fehlerhaft) die Unanfechtbarkeit ihres Beschlusses angenommen hat.
Nach § 3 Abs. 1 S. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Den beiden Klägern war mit Beschluss vom 20. August 2013 PKH gewährt worden und sie waren kostenprivilegierte Beteiligte i.S.d. § 183 S. 1 SGG. Dann scheidet die Anwendung des GKG aus (§ 197a Abs. 1 S. 1 SGG). Die Höhe der Vergütung errechnet sich nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zum RVG. Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 RVG im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach herrschender Meinung ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 v.H. zusteht (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R m.w.N., nach juris; ständige Senatsrechtsprechung, vgl. u.a. Beschlüsse vom 17. Dezember 2010 - L 6 SF 808/10 B und 26. November 2008 - L 6 B 130/08 SF). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung seines Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2010 - L 6 SF 808/10 B); dann erfolgt eine Festsetzung nur in Höhe der angemessenen Gebühren. Dies ist hier hinsichtlich der beantragten Gebühren der Fall.
Im Ergebnis kommt nur eine auf ¾ gekürzte Mittelgebühr nach Nr. 3103 VV-RVG in Betracht (= 127,50 Euro); sie ist nach Nr. 1008 VV-RVG um 30 v.H. für einen weiteren Kläger zu erhöhen. Beim Umfang der anwaltlichen Tätigkeit ist der zeitliche Aufwand zu berücksichtigen, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieben hat und objektiv auch auf die Sache verwenden musste (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R, nach juris). Im Vergleich mit den übrigen beim Sozialgericht anhängigen Verfahren, nicht eingeschränkt auf Verfahren nach dem SGB II (vgl. Senatsbeschluss vom 17. April 2014 – L 6 SF 209/14 B –, Rn. 20, juris), ist ein durchschnittlicher Umfang der anwaltlichen Tätigkeit nicht ersichtlich. Der Beschwerdegegner fertigte nur einen Schriftsatz mit ca. 1,5 Seiten, der in Teilen mit anderen Klagebegründungen (z.B. S 37 As 2698/12) identisch ist. Entsprechende Synergieeffekte sind grundsätzlich zu berücksichtigen (vgl. Senatsbeschluss vom 7. April 2015 - L 6 SF 145/15 B), denn sie mindern den Aufwand beträchtlich. Zuzustimmen ist allerdings der Vorinstanz, dass der Umfang von Schriftsätzen nur ein Indiz für den Aufwand sein kann. Auf ihn ist aber abzustellen, wenn - wie hier - keine anderen Anhaltspunkte ersichtlich oder nachvollziehbar vorgetragen sind. Die objektive Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit war angesichts der gängigen Probleme ebenfalls unterdurchschnittlich. Die Bedeutung der Angelegenheit für die Kläger war entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers noch durchschnittlich. Zwar hatte der Beschwerdegegner im Klageverfahren die Höhe des geltend gemachten Anspruchs nicht beziffert. Allerdings ist der Vorinstanz zuzugestehen, dass der geltend gemachte Anspruch im Ergebnis der Klagebegründung entnommen werden kann. Unter Berücksichtigung der deutlich unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Kläger und des nicht relevanten Haftungsrisikos kann eine Vergütung in Höhe von ¾ der Mittelgebühr akzeptiert werden. Nachdem die PKH beiden Klägern gewährt worden war, war sie nach Nr. 1008 VV-RVG um 30 v.H. zu erhöhen.
Zusätzlich zu erstatten ist eine Terminsgebühr in Höhe der doppelten Mindestgebühr. Zur Begründung wird auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen. Hinzuzufügen ist, dass nach der ständigen Senatsrechtsprechung die durchschnittliche Dauer eines Termins über (nicht bei) 30 Minuten liegt (vgl. Senatsbeschluss vom 10. April 2014 - L 6 SF 193/14 B).
Zusätzlich zu erstatten sind die Auslagenpauschale und die Umsatzsteuer.
Damit errechnet sich die Vergütung des Beschwerdegegners wie folgt:
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG erhöht nach Nr. 1008 VV-RVG (ein weiterer Kläger) 165,75 Euro Terminsgebühr Nr. 1006, 1002 VV-RVG 40,00 Euro Auslagenpauschale Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro Zwischensumme 225,75 Euro Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG 42,89 Euro Vergütung 268,64 Euro
Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S 2 und 3 RVG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
Gründe:
Die statthafte Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren durch das Sozi-algericht Gotha ist zulässig. Nach §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 S. 1 des Rechtsanwaltsvergütungs-gesetzes (RVG) i.d.F. bis 1. August 2013 können die Antragsberechtigten gegen die gerichtliche Festsetzung Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 Euro übersteigt. Nachdem der Beschwerdeführer im Erinnerungsverfahren beantragt hatte, die Vergütung des Beschwerdegegners entsprechend der Festsetzung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) im Beschluss vom 24. Januar 2014 auf 131,38 Euro festzusetzen und das Sozialgericht sie auf die Erinnerung des Beschwerdegegners auf 334,39 Euro erhöht hatte, bestehen keine Bedenken gegen das Erreichen des Beschwerdewerts. Er errechnet sich aus dem Unterschied zwischen den von der Vorinstanz festgesetzten und die mit der Beschwerde erstrebte Vergütung einschließlich der Umsatzsteuer (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. September 2011 - L 20 SO424/11 B, nach juris; Pukall in Mayer/Kroiß, RVG, 6. Auflage 2013, § 56 Rdnr. 25; Hartmann, Kostengesetze, 43. Auflage 2013, § 33 RVG Rdnr. 20), denn diese ist untrennbarer Bestandteil der zu erstattenden Gebühren und Auslagen. Die Ansicht des Beschwerdegegners, der Beschwerdewert betrage 0,00 Euro, weil es nur auf den Unterschied zur Festsetzung der UdG ankomme, verkennt, dass sie durch den Beschluss der Vorinstanz aufgehoben worden ist. Unerheblich ist, dass die Vorinstanz (fehlerhaft) die Unanfechtbarkeit ihres Beschlusses angenommen hat.
Nach § 3 Abs. 1 S. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Den beiden Klägern war mit Beschluss vom 20. August 2013 PKH gewährt worden und sie waren kostenprivilegierte Beteiligte i.S.d. § 183 S. 1 SGG. Dann scheidet die Anwendung des GKG aus (§ 197a Abs. 1 S. 1 SGG). Die Höhe der Vergütung errechnet sich nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zum RVG. Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 RVG im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach herrschender Meinung ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 v.H. zusteht (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R m.w.N., nach juris; ständige Senatsrechtsprechung, vgl. u.a. Beschlüsse vom 17. Dezember 2010 - L 6 SF 808/10 B und 26. November 2008 - L 6 B 130/08 SF). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung seines Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2010 - L 6 SF 808/10 B); dann erfolgt eine Festsetzung nur in Höhe der angemessenen Gebühren. Dies ist hier hinsichtlich der beantragten Gebühren der Fall.
Im Ergebnis kommt nur eine auf ¾ gekürzte Mittelgebühr nach Nr. 3103 VV-RVG in Betracht (= 127,50 Euro); sie ist nach Nr. 1008 VV-RVG um 30 v.H. für einen weiteren Kläger zu erhöhen. Beim Umfang der anwaltlichen Tätigkeit ist der zeitliche Aufwand zu berücksichtigen, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieben hat und objektiv auch auf die Sache verwenden musste (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R, nach juris). Im Vergleich mit den übrigen beim Sozialgericht anhängigen Verfahren, nicht eingeschränkt auf Verfahren nach dem SGB II (vgl. Senatsbeschluss vom 17. April 2014 – L 6 SF 209/14 B –, Rn. 20, juris), ist ein durchschnittlicher Umfang der anwaltlichen Tätigkeit nicht ersichtlich. Der Beschwerdegegner fertigte nur einen Schriftsatz mit ca. 1,5 Seiten, der in Teilen mit anderen Klagebegründungen (z.B. S 37 As 2698/12) identisch ist. Entsprechende Synergieeffekte sind grundsätzlich zu berücksichtigen (vgl. Senatsbeschluss vom 7. April 2015 - L 6 SF 145/15 B), denn sie mindern den Aufwand beträchtlich. Zuzustimmen ist allerdings der Vorinstanz, dass der Umfang von Schriftsätzen nur ein Indiz für den Aufwand sein kann. Auf ihn ist aber abzustellen, wenn - wie hier - keine anderen Anhaltspunkte ersichtlich oder nachvollziehbar vorgetragen sind. Die objektive Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit war angesichts der gängigen Probleme ebenfalls unterdurchschnittlich. Die Bedeutung der Angelegenheit für die Kläger war entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers noch durchschnittlich. Zwar hatte der Beschwerdegegner im Klageverfahren die Höhe des geltend gemachten Anspruchs nicht beziffert. Allerdings ist der Vorinstanz zuzugestehen, dass der geltend gemachte Anspruch im Ergebnis der Klagebegründung entnommen werden kann. Unter Berücksichtigung der deutlich unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Kläger und des nicht relevanten Haftungsrisikos kann eine Vergütung in Höhe von ¾ der Mittelgebühr akzeptiert werden. Nachdem die PKH beiden Klägern gewährt worden war, war sie nach Nr. 1008 VV-RVG um 30 v.H. zu erhöhen.
Zusätzlich zu erstatten ist eine Terminsgebühr in Höhe der doppelten Mindestgebühr. Zur Begründung wird auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen. Hinzuzufügen ist, dass nach der ständigen Senatsrechtsprechung die durchschnittliche Dauer eines Termins über (nicht bei) 30 Minuten liegt (vgl. Senatsbeschluss vom 10. April 2014 - L 6 SF 193/14 B).
Zusätzlich zu erstatten sind die Auslagenpauschale und die Umsatzsteuer.
Damit errechnet sich die Vergütung des Beschwerdegegners wie folgt:
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG erhöht nach Nr. 1008 VV-RVG (ein weiterer Kläger) 165,75 Euro Terminsgebühr Nr. 1006, 1002 VV-RVG 40,00 Euro Auslagenpauschale Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro Zwischensumme 225,75 Euro Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG 42,89 Euro Vergütung 268,64 Euro
Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S 2 und 3 RVG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
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