L 6 KR 1726/11

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 38 KR 4366/10
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 1726/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 28. März 2011 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin für die Zeit vom 15. bis 30. Juli 2009 Anspruch auf Zahlung von Krankengeld hat.

Die 1951 geborene Klägerin ist seit 1. September 2006 bei der Beklagten pflichtversichert und war vom 15. Mai 2006 bis 9. Juni 2006 wegen "Kreuzschmerz" arbeitsunfähig und bezog Krankengeld. Ab 21. November 2006 bezog sie Krankengeld aufgrund Arbeitsunfähigkeit wegen Somatisierungsstörung und Gonarthrose. Ab dem 27. November 2006 bestand zudem Arbeitsunfähigkeit wegen "Arthritis nicht näher bezeichnet, nicht näher bezeichnete Lokalisa-tionen", ab dem 9. März 2007 wegen degenerativer Veränderungen der Lendenwirbelsäule, Knie, Hüften, ab dem 19. November 2007 wegen Gelenkschmerz mehrere Lokalisationen. Sie bestanden neben weiteren Erkrankungen bis zum 19. April 2008 fort. Mit Bescheid vom 31. Januar 2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, der Anspruch auf Krankengeld ende am 24. April 2008. Wegen derselben Krankheit, die zurzeit Arbeitsunfähigkeit begründe, habe sie innerhalb der dreijährigen Rahmenfrist bereits vom 15. Mai 2006 bis 9. Juni 2006 Krankengeld (26 Tage) bezogen. Unter Anrechnung dieser Vorerkrankungszeiten bestehe ein Anspruch auf Krankengeld für 520 Tage ab Beginn der aktuellen Arbeitsunfähigkeit. Demnach könne das Krankengeld bis längstens zum 24. April 2008 gezahlt werden. Ab dem 20. April 2008 bezog die Klägerin Leistungen der Bundesagentur für Arbeit, ab dem 1. Juli 2008 in Höhe von 15,66 EUR täglich.

Ab 3. Juni 2009 war sie wegen "Sonstiger näher bezeichneter Arthrose und Coxarthrose" ar-beitsunfähig erkrankt. Die Beklagte holte eine Auskunft der behandelnden Ärztin Dipl.-Med. L. vom 26. Juni 2009 ein, wonach es sich bei den Erkrankungen vom 27. November 2006 - 20. April 2008 Arthritis, nicht näher bezeichnet, nicht näher bezeichnete Lokalisationen 9. März 2007 - 20. April 2008 degenerative Veränderungen, LWS, Knie, Hüften 19. November 2007 - 20. April 2008 Gelenkschmerz mehrere Lokalisationen um dieselben Erkrankungen wie die der Arbeitsunfähigkeit ab 3. Juni 2009 zu Grunde liegenden Erkrankungen handelt. Mit Bescheid vom 20. Juli 2009 teilte sie der Klägerin das Ende der Mitgliedschaft mit dem Ende der Leistungsfortzahlung durch die Bundesagentur für Arbeit am 14. Juli 2009 mit. Wegen derselben Krankheit, die zurzeit Arbeitsunfähigkeit begründe, habe sie innerhalb der dreijährigen Rahmenfrist bereits vom 27. November 2006 bis 20. April 2008 (richtig: 19. April 2008) Krankengeld bezogen.

Hiergegen erhob die Klägerin am 21. August 2009 Widerspruch mit der Begründung, ihre letzte Arbeitsunfähigkeit sei zum 19. April 2008 beendet worden, seit dem 20. April 2008 habe sie dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden. Sie verwies auf den Bescheid der Beklagten vom 31. Januar 2008. Demnach habe die erste Blockfrist habe am 15. Mai 2006 begonnen und am 14. Mai 2009 geendet, die zweite Blockfrist am 15. Mai 2009 begonnen und ende am 14. Mai 2012. Während der zweiten Blockfrist habe sie wieder Anspruch auf Krankengeld auf bis zu 78 Wochen, wenn die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) erfüllt seien. Mit Schreiben vom 4. September 2009 teilte die Beklagte der Klägerin mit, der Dreijahreszeitraum für die Erkrankung "Coxarthrose" laufe vom 27. November 2006 bis 26. November 2009. Vom 15. Mai bis 9. Juni 2006 sei sie mit der Diagnose "Kreuzschmerz" arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Der Dreijahreszeitraum für die Erkrankungen "Kreuzschmerzen, Zervicobrachialsyndrom, Gonarthrose" laufe vom 15. Mai 2006 bis 14. Mai 2009. Die Krankheit, die aktuell Arbeitsunfähigkeit begründe, sei bereits zu den Erkrankungen, die die Arbeitsunfähigkeit vom 21. November 2006 bis 20. April 2008 bedingten, am 27. November 2006 hinzugetreten. Die Dreijahresfrist beginne mit dem Tag des erstmaligen Eintritts der Arbeitsunfähigkeit am 27. November 2006. Mit Widerspruchsbescheid vom 27. April 2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Im Klageverfahren hat die Klägerin vorgetragen, sie sei am 3. Juni 2009 erstmals an Coxarthrose erkrankt. Mithin wäre für diese Erkrankung ohnehin eine neue Blockfrist zu bilden, welche einen neuen Krankengeldanspruch auslöse. Sofern die Ablehnung zusätzlich auf das Krankheitsbild Gonarthrose gestützt werde, sei diese erstmals am 15. Mai 2006 diagnostiziert worden.

Mit Urteil vom 28. März 2011 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen und zur Be-gründung u.a. ausgeführt, es könne von einer detaillierten Aufklärung des Sachverhalts absehen, weil die Klage aus anderen Gründen keine Aussicht auf Erfolg habe. Die Klägerin beziehe seit dem Jahr 2010 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Krankengeld sei Einkommen, das auf die Leistungen nach dem SGB II anzurechnen sei, bei dieser Sachlage sei ein Rechtsschutzbedürfnis nicht ersichtlich.

Mit Beschluss vom 24. Oktober 2011 hat der erkennende Senat auf die Beschwerde der Klägerin die Berufung gegen das Urteil des SG Gotha zugelassen. Die Klägerin hält an ihrer Ansicht fest, dass die Beklagte an die zuvor gebildete Blockfrist vom 15. Mai 2006 bis 14. Mai 2009 gebunden sei. Zudem sei sie am 3. Juni 2009 erstmals an Coxarthrose erkrankt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 28. März 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. April 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr vom 15. bis 30. Juli 2009 Krankengeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, die Klägerin sei nicht erstmals am 3. Juni 2009 an Coxarthrose, einer degenerativen Erkrankung des Hüftgelenks, erkrankt. Aus dem Krankheitsverlauf gehe vielmehr hervor, dass sie bereits während der Arbeitsunfähigkeit vom 21. November 2006 bis 19./20. April 2008, nämlich ab dem 27. November 2006 an Arthritis sowie degenerativen Veränderungen an der Lendenwirbelsäule, den Knien und den Hüften erkrankt war. Bei der Ermittlung der Höchstanspruchsdauer auf Krankengeld seien alle Arbeitsunfähigkeitszeiträume wegen derselben Krankheit anzurechnen. Die dreijährige Blockfrist sei von dem Zeitpunkt an zu bilden, ab dem die Krankheit erstmals Arbeitsunfähigkeit verursacht habe. Dies sei der 27. November 2006 gewesen. Die Blockfrist bestimme sich somit vom 27. November 2006 bis 26. November 2009. Für die Arbeitsunfähigkeit vom 27. November 2006 bis 20. April 2008 habe bereits ein Krankengeldanspruch für 511 Tage bestanden, so dass für die Arbeitsunfähigkeit vom 3. Juni 2009 bis 30. Juli 2009 ein Rechtsanspruch auf Krankengeld für 35 Tage verblieben sei, der mit Erreichen der Anspruchshöchstdauer am 7. Juli 2009 geendet habe. Die Arbeitsunfähigkeit vom 15. Mai bis 9. Juni 2006 wegen Kreuzschmerzen sei nicht zu berücksichtigen, weil es sich hierbei nicht um dieselbe Krankheit gehandelt habe, die die Arbeitsunfähigkeit ab dem 3. Juni 2009 bis 30. Juli 2009 begründet habe. Dies habe Dipl.-Med. L. in ihrer Auskunft vom 29. Dezember 2011 bestätigt. Des Weiteren habe dieselbe Erkrankung ab 27. November 2006 und ab 3. Juni 2009 vorgelegen. Dass die Coxarthrose und die sonstige nicht näher bezeichnete Arthrose, beginnend am 3. Juni 2009 als dieselbe Krankheit im versicherungsrechtlichen Sinn wie die degenerativen Veränderungen an Lendenwirbelsäule, Knie, Hüften, der Gelenksschmerz, die Gonarthrose und die Arthritis anzusehen seien, dürfte nachvollziehbar sein, denn all diese Erkrankungen beruhten auf degenerativen Veränderungen an den Gelenken als einheitliche Ursache.

Der Senat hat ergänzende Auskünfte der Dipl.-Med. L. vom 17. und 26. November 2014 und vom 20. Januar 2015 eingeholt.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Ansicht des SG, es fehle bereits am Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin, ist mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) unvereinbar (vgl. Urteil vom 30. März 2004 - Az.: B 1 KR 30/02 R, nach juris).

Die Klägerin hat ihren Krankengeldanspruch (546 Tage) unter Berücksichtigung des § 48 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SGB V aufgrund der Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 21. November 2006 bis 19. April 2008 und vom 3. Juni bis 30. Juli 2009 bereits am 7. Juli 2009 ausgeschöpft. Die Arbeitsunfähigkeit ab 21. November 2006 bis 19. April 2008 setzte einen neuen Dreijahreszeitraum in Gang. Ein weiterer neuer Dreijahreszeitraum nach § 48 Abs. 2 SGB V begann am 3. Juni 2009 nicht.

Rechtsgrundlage des Krankengeldanspruchs sind die §§ 44 ff SGB V. Nach § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt werden. Für den geltend gemachten Krankengeldanspruch ist dabei jeweils an den in Betracht kommenden Entstehenstatbestand anzuknüpfen, wie er z.B. allgemein in § 46 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 SGB V geregelt ist. § 48 Abs. 1 SGB V bestimmt zur Dauer des Krankengeldes: "Versicherte erhalten Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch längstens für 78 Wochen innerhalb von drei Jahren, gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, wird die Leistungsdauer nicht verlängert.”

§ 48 Abs. 1 SGB V enthält drei unterschiedliche Regelungen. Er stellt zunächst den Grundsatz der Krankengeldgewährung ohne zeitliche Begrenzung auf: Anspruch auf Krankengeld besteht danach ohne abstrakte zeitliche Begrenzung, solange die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Nach der in § 48 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SGB V geregelten ersten Ausnahme führt es zur Rechtsfolge der Begrenzung der Leistungsdauer auf 78 Wochen, wenn "dieselbe Krankheit" die Arbeitsunfähigkeit bedingt. Jede neue Krankheit löst eine Kette von Dreijahreszeiträumen mit entsprechenden Höchstbezugszeiten von 78 Wochen aus. Die zweite Ausnahme ist in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V geregelt und ein der ersten gleichgestellter weiterer Fall der Leistungsbegrenzung, nämlich dass während der Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer ersten Erkrankung eine weitere Krankheit hinzutritt (vgl. BSG, Urteil vom 21. Juni 2011 - Az.: B 1 KR 15/10 R, nach juris).

Nach § 48 Abs. 2 SGB V besteht für Versicherte, die im letzten Dreijahreszeitraums wegen derselben Krankheit für 78 Wochen Krankengeld bezogen haben, nach Beginn eines neuen Dreijahreszeitraums ein neuer Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Krankheit, wenn sie bei Eintritt der erneuten Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind und in der Zwischenzeit mindestens sechs Monate (1) nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig waren und (2) erwerbstätig waren oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung standen.

Nach § 48 Abs. 3 SGB V werden bei der Feststellung der Leistungsdauer des Krankengelds Zeiten, in denen der Anspruch auf Krankengeld ruht oder für die das Krankengeld versagt wird, wie Zeiten des Bezuges von Krankengeld berücksichtigt. Zeiten, für die kein Anspruch auf Krankengeld besteht, bleiben unberücksichtigt. Die Dauer von 78 Wochen entspricht einer Gesamtdauer von 546 Tagen, weil das Krankengeld für Kalendertage gezahlt wird (§ 47 Abs. 1 Satz 6 SGB V). Die Leistungsdauer für den Krankengeldanspruch der Klägerin umfasst die Zeit vom Beginn der Arbeitsunfähigkeit an. Hierbei sind auch die Zeiten einbezogen, in denen das Krankengeld wegen der Leistung von Entgeltfortzahlung durch die Bundesagentur für Arbeit ruhte (§ 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V).

Die Beklagte hat den Dreijahreszeitraum im Bescheid vom 31. Januar 2008 - 15. Mai 2006 (Beginn der Arbeitsunfähigkeit wegen Kreuzschmerz (Lumbago)) bis 14. Mai 2009 - über das Ende des Krankengeldanspruchs spätestens am 24. April 2008 (Verfügungssatz) falsch berechnet. Dieser Dreijahreszeitraum wäre nur maßgeblich geblieben, wenn es sich bei den die Arbeitsunfähigkeit ab dem 21. November 2006 begründenden Erkrankungen "Gonarthrose und Somatisierungsstörung" um "dieselben" Erkrankungen gehandelt hätte, wie "Kreuzschmerz". War dies nicht der Fall, wurde durch die ab dem 21. November 2006 eingetretene Arbeitsunfähigkeit ein neuer Dreijahreszeitraum in Gang gesetzt, der bis 20. November 2009 reicht. Zu den die Arbeitsunfähigkeit verursachenden Erkrankungen ab dem 21. November 2006 ist dann ab dem 27. November 2006 die Erkrankung "Arthritis, nicht näher bezeichnet, nicht näher bezeichnete Lokalisationen" hinzugetreten, die unabhängig von den daneben vorliegenden Erkrankungen, unstreitig Arbeitsunfähigkeit bis zum 19. April 2008 begründete und die Zahlung von Krankengeld für 511 Tage auslöste.

Zu § 183 Abs. 2 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO), dessen Wortlaut mit § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V weitestgehend übereinstimmt, hat das BSG zu dem Vorliegen "derselben Erkrankung" bei degenerativen Wirbelsäulenerkrankungen mit Urteil vom 12. Oktober 1988 (Az.: 3/8 RK 28/87 m.w.N., nach juris) ausgeführt: "Der § 183 Abs. 2 Satz 1 RVO stellt bei der Begrenzung des Krankengeldbezugs nicht auf eine ohne Unterbrechung fortdauernde Arbeitsunfähigkeit, also nicht auf ein Fortbestehen des Leistungsfalls ab, sondern auf ein Fortbestehen der dem Leistungsfall zugrundeliegenden Krankheit. Der Senat hat dementsprechend schon früher die Auffassung vertreten, daß dieselbe Krankheit iS der genannten Vorschrift auch dann noch fortbestehen kann, wenn Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit (vorübergehend) entfallen sind, also der alte Versicherungsfall abgeschlossen ist (Urteil vom 24. Juni 1969 - 3 RK 60/66 - SGb 1970, 97, 98). Für die Frage, ob die erneute Arbeitsunfähigkeit auf derselben Krankheit wie die vorangegangene Arbeitsunfähigkeit beruht, kommt es daher allein auf das Krankheitsgeschehen selbst an. Dieselbe Krankheit liegt vor, wenn es sich um ein im ursächlichen Sinne einheitliches Krankheitsgeschehen handelt. Das ist der Fall, solange die Krankheit nicht ausgeheilt ist und immer wieder zu behandlungsbedürftigen oder bzw. und Arbeitsunfähigkeit bedingenden Krankheitserscheinungen (Krankheitsbeschwerden) führt. Es kommt dagegen nicht darauf an, ob die Krankheitserscheinungen in gleicher Weise und ohne zeitliche Unterbrechung fortbestehen. Mit dieser Auslegung sieht sich der Senat in Übereinstimmung mit dem Bundesarbeitsgericht (BAG), das unter "derselben Krankheit" iS des § 1 des Lohnfortzahlungsgesetzes (LFZG) dasselbe medizinisch nicht ausgeheilte Grundleiden versteht (AP Nr 42 zu § 63 HGB mwN). Es kann hier dahingestellt bleiben, ob dem BAG auch insoweit zu folgen ist, als es stets eine neue Krankheit annimmt, wenn der Arbeitnehmer mindestens 6 Monate nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig war (AP Nr 50 zu § 1 LFZG). Im vorliegenden Rechtsstreit war die Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht 6 Monate unterbrochen. Die Auffassung des Senats wird im wesentlichen auch im Schrifttum vertreten (Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand: 31. Januar 1988, Seite 17/341; Krauskopf/Schroeder- Printzen, Soziale Krankenversicherung, Stand: Mai 1988, § 183 RVO Anm 3.1.). Daraus folgt: Degenerative Wirbelsäulenveränderungen stellen eine Krankheit iS der gesetzlichen Krankenversicherung dar, sobald sie der Behandlung bedürfen oder bzw und Arbeitsunfähigkeit bedingen. Sie bestehen als dieselbe Krankheit iS des § 183 Abs 2 Satz 1 RVO jedenfalls so lange fort, als Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit nicht für eine längere Zeit behoben sind und deshalb noch nicht von einem beschwerdefreien Zustand von gewisser Dauer gesprochen werden kann. Degenerative Veränderungen an der gesamten Wirbelsäule, die sich in gleichartigen Beschwerden in mehreren Wirbelsäulenabschnitten äußern, stellen ein einheitliches Grundleiden dar. Es liegt demzufolge auch dann dieselbe Krankheit vor, wenn von den in kürzeren Zeitabständen auftretenden Beschwerden die einzelnen Wirbelsäulenabschnitte unterschiedlich stark betroffen sind." Bei im Zeitablauf nacheinander auftretenden Erkrankungen handelt es sich im Rechtssinne um dieselbe Krankheit, wenn der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand, der die Krank-heitsursache bildet, auf ein medizinisch nicht ausgeheiltes Grundleiden zurückzuführen ist. Dies kann zum Beispiel bei wiederholt in unterschiedlicher Ausprägung auftretenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Fall sein. Hierbei ist eine stark verfeinernde, fachmedizinisch-diagnostische Sichtweise zu vermeiden, die die Gefahr begründet, dass dem Merkmal im Kontext des § 48 Abs. 1 SGB V letztlich gar keine eigenständige rechtliche Bedeutung mehr zukommt, obwohl das Gesetz damit gerade eine Einengung des zeitlichen Umfangs der Krankengeldgewährung bezweckt (vgl. BSG, Urteil vom 7. Dezember 2004 - Az.: B 1 KR 10/03, nach juris).

Nach Auskunft der Dipl.-Med. L. vom 26. Juni 2009 handelte es sich bei der Erkrankung "Arthritis, nicht näher bezeichnet, nicht näher bezeichnete Lokalisationen" im Rechtssinn um dieselbe Erkrankung wie "Coxarthrose", die ab dem 3. Juni 2009 Arbeitsunfähigkeit der Klägerin begründete. Der Senat hat keine Veranlassung, dies in Zweifel zu ziehen. Eine Arthritis betrifft das Gelenk, hierbei handelt es sich um eine Gelenkentzündung. Bei der Arthrose handelt es sich ebenfalls um eine Gelenkerkrankung, die vorwiegend bei einem Missverhältnis zwischen Beanspruchung und Beschaffenheit bzw. Leistungsfähigkeit der einzelnen Gelenkanteile und -gewebe besteht. Die Arthrose kann als Folge einer anderen Erkrankung, z.B. einer Gelenkentzündung entstehen. Im Rehabilitationsentlassungsbericht des Reha-Zentrums B. St. vom 9. Juli 2007 werden als Diagnosen rezidivierende Polyarthralgien der Hüft- und Kniegelenke bei degenerativen Veränderungen genannt. Des Weiteren werden dort rezidivierende Coxalgien und bereits eine beginnende Coxarthrose beidseits genannt.

Nach Auskunft der Dipl.-Med. L. vom 29. Dezember 2011 handelte es sich bei der vom 15. Mai bis 9. Juni 2006 Arbeitsunfähigkeit begründenden Erkrankung Kreuzschmerz nicht um dieselbe Erkrankung wie Coxarthrose und damit nicht um dieselbe Erkrankung wie Arthritis. Auch hier sieht der Senat keinen Anlass für Bedenken. Die Erkrankung Kreuzschmerz betrifft die Wirbelsäule und nicht die Gelenke. Es handelt sich auch nicht deshalb nicht um "dieselbe" Erkrankung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V, weil die Klägerin im Zeitraum 20. April 2008 bis 3. Juni 2009 nicht arbeitsunfähig erkrankt war. Die Behandlungsbedürftigkeit bestand nach Auskunft der Dipl.-Med. L. vom 20. Januar 2015 jedenfalls fort.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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