L 4 KR 866/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 68/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 866/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. Januar 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Wege eines sog. Zugunstenverfahrens noch um die Höhe der vom Kläger für das Jahr 2010 zu tragenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge.

Der Kläger ist am 1946 geboren und kinderlos. Er war vom 1. Januar 2005 bis zum 30. September 2011 bei der Beklagten zu 1) als hauptberuflich Selbstständiger freiwillig krankenversichert (ohne Krankengeldanspruch) und bei der Beklagten zu 2) pflegepflichtversichert. Gegenüber der Beklagten zu 1) gab er unter dem 19. April 2008 an, dass sein Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit die damalige Beitragsbemessungsgrenze von monatlich EUR 3.600,00 übersteige. Mit auf "Im Januar 2010" datierten Bescheid setzte die Beklagte zu 1) die vom Kläger zu tragenden Beiträge ab dem 1. Januar 2010 auf monatlich EUR 618,75 (Krankenversicherung: EUR 536,25; Pflegeversicherung: EUR 82,50) fest. Sie legte dabei die Beitragsbemessungsgrenze des Jahres 2010 von monatlich EUR 3.750,00 und Beitragssätze von 14,3 Prozent (Krankenversicherung) bzw. 2,2 Prozent (Pflegeversicherung) zugrunde.

Am 16. Dezember 2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten telefonisch und sodann mit Schreiben vom 3. März 2011, bei der Beklagten zu 1) am 4. März 2011 eingegangen, schriftlich die Anpassung der Beiträge an seine neuen Einkommensverhältnisse: Sein Einkommen habe sich für das 4. Quartal 2010 drastisch auf unter EUR 4.000,00 reduziert. Er legte eine entsprechende Anmeldung zur Umsatzsteuervorauszahlung vor. Für das 1. Quartal 2011 habe er bislang kein Einkommen erzielt. Mit Schreiben vom 24. Mai 2011 trug er vor, dass er in den letzten vier Monaten des Jahres 2010 insgesamt einen Verlust von EUR 2.249,00 gemacht habe. Die Beklagte nahm eine Beitragsneufestsetzung für das Jahr 2010 in der Folgezeit nicht vor.

Mit Schreiben vom 26. August 2011, bei der Beklagten zu 1) eingegangen am 31. August 2011, beantragte der Kläger unter anderem die Neuberechnung seiner Krankenkassenbeiträge für die Jahre 2010 und 2011 und die Rückerstattung zu viel gezahlter Beiträge. Am 4. Juni 2012 legte der Kläger die ihm gegenüber ergangenen Einkommensteuerbescheide des Finanzamtes B.-B. für die Jahre 2008 (Bescheid vom 30. April 2010), 2009 (Bescheid vom 14. Dezember 2010) und 2010 (Bescheid vom 18. November 2011) bei der Beklagten zu 1) vor.

Die Beklagte zu 1) deutete den Antrag des Klägers auf Neuberechnung der Beiträge als Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und entschied mit Bescheid vom 27. November 2012, die Beiträge für die Jahre 2010 und 2011 nicht zu reduzieren. Grundsätzlich seien die Beiträge zur Kranken und Pflegeversicherung der freiwillig versicherten hauptberuflich Selbstständigen aus der Beitragsbemessungsgrenze für die Krankenversicherung, die im Jahr 2010 monatlich EUR 3.750,00 betragen habe, zu entrichten. Würden niedrigere Einnahmen nachgewiesen, seien diese als beitragspflichtige Einnahmen heranzuziehen, mindestens jedoch 1/40 der monatlichen Bezugsgröße (im Jahr 2010 EUR 1.916,25). Darüber hinaus sei ein Antrag erforderlich. Für die objektive Feststellung des Arbeitseinkommens und mithin des Gewinns aus selbstständiger Tätigkeit sei allein der Einkommenssteuerbescheid der Finanzverwaltung heranzuziehen. Das hiernach festgestellte Arbeitseinkommen aus der selbstständigen Tätigkeit gelte solange, bis ein neuer Einkommensteuerbescheid vorgelegt werde. Veränderungen der Beitragsbemessung aufgrund eines vom Versicherten geführten Nachweises könnten nur zum ersten Tag des auf die Vorlage des Nachweises folgenden Monats wirksam werden. Von der Beitragsbemessung auf Grundlage des aktuellen Einkommensteuerbescheides könne bei Selbstständigen abgewichen werden, wenn die Beitragsbemessung eine an der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gemessene unverhältnismäßige Belastung darstelle. Dies werde unterstellt, wenn das "angenommene" Arbeitseinkommen um mehr als 25 Prozent des zuletzt über den Einkommensteuerbescheid festgestellten Arbeitseinkommens reduziert sei. Die sog. Beitragsbemessungsgrenze bleibe in diesem Fall außer Betracht. Basis für die Beitragsbemessung seien in der Vergangenheit die Angaben des Klägers im Rahmen der jährlichen Einkommensanfragen gewesen, wonach dieser letztmals am 19. April 2008 bestätigt habe, dass seine Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit die monatliche Beitragsbemessungsgrenze überstiegen. Als aktuellster Nachweis der Finanzverwaltung habe lediglich der Einkommensteuerbescheid für 2005 (ausgestellt am 6. August 2007) vorgelegen. Nach dem Einkommensteuerbescheid vom 30. April 2010 für das Jahr 2008 und dem Einkommensteuerbescheid vom 14. Dezember 2010 für das Jahr 2009 hätten die Einkünfte des Klägers über der Beitragsbemessungsgrenze gelegen, so dass die Beitragsfestsetzung selbst dann zutreffend erfolgt wäre, wenn die Einkommensteuerbescheide zeitnah vorgelegt worden wären. Obwohl ein Nachweis über geringere Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit erst im Juli 2011 vorgelegen habe, habe sie die telefonische Mitteilung des Klägers von Dezember 2010 als Antrag auf Beitragsreduzierung gewertet und die für 2011 prognostizierten Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit (= EUR 0,00) zur Beitragsberechnung herangezogen (Mindestbeitrag für hauptberuflich Selbstständige).

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 24. Dezember 2013 Widerspruch. Die Beitragsberechnung entspreche nicht den tatsächlichen Umständen.

Der Widerspruchsausschuss der Beklagten zu 1) wies unter anderem diesen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 3. Dezember 2013 zurück und wiederholte im Wesentlichen die Ausführungen aus dem Ausgangsbescheid. Der Widerspruchsbescheid enthielt den Hinweis, dass der Bescheid auch im Namen der Beklagten zu 2) ergehe.

Hiergegen erhob der Kläger am 7. Januar 2014 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Zwischen Juli 2010 und Oktober 2011 seien ihm viel zu hohe Monatsbeiträge erhoben worden. Auch für Monate, in denen sein Einkommen gleich Null gewesen sei, sei sein Konto mit dem höchsten Monatsbeitrag belastet worden. Der Monatsbeitrag sei in keiner Weise an seine tatsächliche finanzielle Lage angepasst gewesen. Sein mittleres Monatseinkommen habe im Jahr 2010 gerade EUR 2.389,00 betragen, was einem Monatsbeitrag von ca. EUR 450,00 entspreche. Eine monatsgenaue Anpassung des Beitrages sei möglich, aber nicht durchgeführt worden. Die Zuordnung der Einkommensverhältnisse der Jahre 2008 und 2009 für die Beitragsfestsetzung der darauffolgenden Jahre komme in erheblichem Maße einer versteckten Nachzahlung teilweise nicht verschuldeter, zu hoher Monatsbeiträge gleich. Wie die Praxis des Finanzamtes oder der Heizkostenabrechnung zeigten, sei es üblich, im Falle von Voraus- oder Nachzahlungen Abschlussabrechnungen zu machen, damit ein Interessenausgleich stattfinde.

Die Beklagte trat der Klage unter Hinweis auf ihren Widerspruchsbescheid entgegen.

Das SG wies die Klage mit Urteil vom 28. Januar 2015 unter Hinweis auf den Widerspruchsbescheid der Beklagten zurück. Ergänzend führte es aus, dass die Beitragsfestsetzung für 2010 nicht zu beanstanden sei. Veränderungen der Beitragsbemessung auf Grund eines vom Versicherten geführten Nachweises seien erst zum ersten Tag des auf die Vorlage des Nachweises folgenden Monats wirksam. Bei der Beitragsbemessung des hauptberuflich selbstständigen Klägers sei für 2010 u.a. dessen Arbeitseinkommen heranzuziehen, mithin der Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit. Als Nachweis hierfür komme nur die Vorlage des Einkommensteuerbescheides in Betracht. Die Einkommensteuerbescheide für 2008, 2009 und insbesondere für 2010 seien, ungeachtet des dort ausgewiesenen Arbeitseinkommens, erst am 4. Juni 2012 vorgelegt worden. Der Einkommensteuerbescheid für 2010 sei daher entgegen den Darlegungen auch unter Berücksichtigung der im Jahr 2010 aufgetretenen finanziellen Besonderheiten des Klägers nicht berücksichtigungsfähig.

Gegen das ihm am 7. Februar 2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 6. März 2015 Berufung eingelegt. Er wiederholt im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen. Er beanstande nur noch die Beitragsfestsetzung für das Jahr 2010. Er ist der Ansicht, dass die Heranziehung von Einkommensteuerbescheiden früherer Jahre für die Beitragsbemessung nur vorübergehend als "Notlösung" rechtmäßig sei. Sobald dann das tatsächliche Einkommen des betroffenen Beitragsjahres feststehe, seien diese "Realwerte" zu Grunde zu legen. Einem (vorgelegten) Informationsblatt der Beklagten ("Beiträge für selbständig und freiberuflich tätige Mitglieder") lasse sich entnehmen, dass eine Beitragsbemessung anhand nachgewiesenen niedrigerem Einkommens zulässig sei. Das angegriffene Urteil weise gravierende Mängel des sozialen Verständnisses zu Lasten eines kleinsten, arg betroffenen Mitgliedes des Volkes auf. Dabei gehe es auch um die Menschenwürde gemäß Artikel 1 des Grundgesetzes

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten zu 1) vom 27. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Dezember 2013 aufzuheben, soweit darin eine Beitragsreduzierung für das Jahr 2010 abgelehnt worden ist und die Beklagten zu verpflichten, die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für das Jahr 2010 unter Rücknahme des nicht näher datierten Bescheides von Januar 2010 nach Maßgabe der mit dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010 nachgewiesenen Einnahmen neu festzusetzen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verweisen auf den Widerspruchsbescheid und das angefochtene Urteil.

Der Berichterstatter hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 12. Juni 2015 erörtert und auf die Absicht des Senats, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, hingewiesen. Die Beteiligten haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Der Kläger hat sein bisherigen Vorbringen im Wesentlichen wiederholt. Die Beklagten haben sich nicht geäußert.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.

II.

1. Der Senat entscheidet über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss, da er die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.

2. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedarf insbesondere nicht der Zulassung, weil der Kläger einen Verwaltungsakt begehrt, die eine Geldleistung betrifft, die EUR 750,00 übersteigt (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Nach seinem Vortrag in der Berufungsschrift geht er von überzahlten Beiträgen von EUR 2.000,00 bis EUR 3.000,00 aus.

Obwohl der Kläger die Klage ausdrücklich nur gegen die zu 1) beklagte Krankenkasse gerichtet hat, richtete sich die Klage von vornherein nicht nur gegen die zu 1) beklagte Krankenkasse, sondern auch gegen die zu 2) beklagte Pflegekasse, weshalb eine Berichtigung des Rubrums auf Beklagtenseite – auch noch im Berufungsverfahren – möglich und keine Klageänderung im Sinne des § 99 SGG ist (vgl. Urteile des Senats vom 12. September 2014 – L 4 KR 75/14 – in juris, vom 21. November 2014 – L 4 KR 1792/13 –, vom 12. Dezember 2014 – L 4 KR 3408/11 – und vom 27. Februar 2015 – L 4 KR 2931/13 – nicht veröffentlicht). Denn die Klage betraf von Anfang an nicht nur die Höhe der Beiträge zur Krankenversicherung, sondern auch zur Pflegeversicherung. Der Kläger wandte sich von Anfang an, auch bereits im Widerspruchsverfahren, sowohl gegen die Beiträge zur Krankenversicherung als auch gegen die Beiträge zur Pflegeversicherung.

3. Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten zu 1) vom 27. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Dezember 2012 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme des auf "Im Januar 2010" datierten Bescheides und Neufestsetzung der von ihm für das Jahr 2010 zu entrichtenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.

Gemäß § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, da bei Erlass des auf "Im Januar 2010" datierten Bescheides das Recht nicht unrichtig angewandt und auch nicht von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist. Der auf "Im Januar 2010" datierte Bescheid ist vielmehr rechtmäßig. Insbesondere wurden keine Beiträge zu Unrecht erhoben.

a) Die Beklagte zu 1) war berechtigt, auch die Beiträge zur Pflegeversicherung festzusetzen. Denn nach § 46 Abs. 2 Satz 4 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) können Krankenkassen und Pflegekassen für Mitglieder, die – wie vorliegend der Kläger – ihre Beiträge zur Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung selbst zu zahlen haben, die Höhe der Beiträge zur Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung in einem gemeinsamen Beitragsbescheid festsetzen. Hierbei ist das Mitglied darauf hinzuweisen, dass der Bescheid über den Beitrag zur Pflegeversicherung im Namen der Pflegekasse ergeht (§ 46 Abs. 2 Satz 5 SGB XI). Der Bescheid der Beklagten zu 1) von "Im Januar 2010" enthält einen solchen Hinweis zwar nicht. Dies ist allerdings unschädlich, weil die Beklagte zu 1) jedenfalls im Widerspruchsbescheid vom 3. Dezember 2013 ausdrücklich ausgeführt hat, dass der Widerspruchsbescheid auch im Namen der Beklagten zu 2) ergeht. Damit ist hinreichend deutlich geworden, dass auch der auf "Im Januar 2010" datierte Bescheid der Sache nach im Namen der Beklagten zu 2) ergangen ist.

b) Rechtsgrundlage für die Beitragsbemessung ist für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2010 § 240 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in der vom 1. Januar 2009 bis 30. Juni 2011 geltenden Fassung des Art. 2 Nr. 157 des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 378). Danach wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt, wobei weiterhin sicherzustellen ist, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Dies erfolgte durch die vom GKV-Spitzenverband am 27. Oktober 2008 erlassenen "Einheitliche[n] Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge" (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler; zu deren Wirksamkeit: BSG, Urteil vom 19. Dezember 2012 – B 12 KR 20/11 R – in juris, Rn. 12 ff.). § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V in der hier anzuwendenden Fassung regelte weiterhin unter anderem, dass für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind, als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§ 223 SGB V), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der vierzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße gilt, wobei nach § 240 Abs. 4 Satz 6 SGB V Veränderungen der Beitragsbemessung auf Grund eines vom Versicherten zu führenden Nachweises nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden. Diese Regelungen werden in § 7 Abs. 3 und Abs. 7 Satz 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler wiederholt. Nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler bleibt das über den letzten Einkommensteuerbescheid festgesetzte Arbeitseinkommen bis zur Erteilung des nächsten Einkommensteuerbescheides maßgebend. Der neue Einkommensteuerbescheid ist für die Beitragsbemessung ab Beginn des auf die Ausfertigung folgenden Monats heranzuziehen (§ 7 Abs. 7 Satz 3 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler). Bei hauptberuflich selbstständig Erwerbstätigen, die eine selbstständige Tätigkeit neu aufnehmen, werden die Beiträge auf Antrag des Mitglieds bis zur Vorlage des ersten Einkommensteuerbescheides einstweilig nach den voraussichtlichen Einnahmen festgesetzt (§ 7 Abs. 7 Satz 5 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler).

Für die Höhe der Beiträge zur Pflegeversicherung bestimmt § 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI, dass für die Beitragsbemessung § 240 SGB V entsprechend anzuwenden ist.

c) Vor diesem normativen Hintergrund durften die Beklagten die Beiträge des Klägers für die Zeit vom 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2010 auf der Grundlage der Beitragsbemessungsgrenze festsetzen. Der Kläger hatte zuletzt unter dem 19. April 2008 der Beklagten zu 1) mitgeteilt, dass seine Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit die Beitragsbemessungsgrenze überschreiten. Entsprechend hat die Beklagte mit dem auf "Im Januar 2010" datierten Bescheid zu Recht der Beitragsfestsetzung die Beitragsbemessungsgrenze im Sinne des § 223 Abs. 3 SGB V, die im Jahr 2010 monatlich EUR 3.750,00 betrug (vgl. Mack, in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 223 Rn. 37), zugrunde gelegt.

Einen Nachweis niedrigerer Einnahmen hat der Kläger bis zum Ablauf des Jahres 2010 nicht geführt, so dass entsprechend der Regelungen des § 240 Abs. 4 Satz 6 SGB V eine Berücksichtigung bei der Beitragsfestsetzung für das Jahr 2010 ausgeschlossen war. Die Beklagten waren insbesondere nicht verpflichtet, die Beiträge nach dem inzwischen vorgelegten Einkommenssteuerbescheid des Finanzamtes Baden-Baden vom 25. Juli 2013, der gegenüber dem Kläger für das Jahr 2010 ergangen ist, neu zu berechnen. § 240 Abs. 4 Satz 6 SGB V regelt, dass Veränderungen der Beitragsbemessung aufgrund eines vom Versicherten geführten Nachweises nach Satz 2 nur zum ersten Tag des auf die Vorlage dieses Nachweises folgenden Monats wirksam werden können. Damit führt der Nachweis geringerer Einkünfte zur Beitragsänderung nur mit Wirkung für die Zukunft und wirken sich insbesondere Einkommensänderungen sowohl positiv als auch negativ nur zeitverzögert auf die Beitragshöhe aus (BSG, Urteil vom 22. März 2006 – B 12 KR 14/05 R – in juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 2. September 2009 – B 12 KR 21/08 R – in juris, Rn. 19; Urteile des Senats vom 20. September 2013 – L 4 KR 1635/12 – und vom 12. September 2014 – L 4 KR 4102/12 – beide nicht veröffentlicht). Beitragskorrekturen für die Vergangenheit aufgrund der Vorlage eines Einkommensteuerbescheides sollten durch diese Regelung vermieden werden (vgl. Bericht des Ausschusses für Gesundheit, Bundestags-Drucksache 12/3937, S. 17; Urteil des Senats vom 12. September 2014 – L 4 KR 4102/12 – nicht veröffentlicht). Diese Regelungen sind auch nach der ausdrücklichen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht zu beanstanden (siehe BSG, Urteil vom 22. März 2006 – B 12 KR 14/05 R – in juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 2. September 2009 – B 12 KR 21/08 R – in juris, Rn. 19).

Der Kläger kann sich für seine Auffassung und sein Begehren im Übrigen auch nicht auf das von ihm vorgelegte Informationsblatt der Beklagten ("Beiträge für selbständig oder freiberuflich tätige Mitglieder") stützen. Abgesehen davon, dass einem solchen Informationsblatt keine rechtliche Verbindlichkeit zukommt, ist die Rechtslage dort zutreffend dargestellt. Das Informationsblatt enthält nicht nur den vom Kläger herausgestellten Satz, dass eine von der Beitragsbemessungsgrenze abweichende Beitragsbemessung erlaubt sei, wenn niedrigere Einnahmen nachgewiesen würden, sondern auch den Hinweis, dass eine Beitragsanpassung erst mit dem ersten Tag des Monats wirksam wird, der auf die Vorlage eines entsprechenden Nachweises folgt. Den gleichen Hinweis enthielt übrigens auch der auf "Im Januar 2010" datierte Bescheid.

d) Auch im Übrigen ist die Höhe der durch die Beklagten festgesetzten Beiträge nicht zu beanstanden. Insbesondere haben die Beklagten zutreffend die jeweils für die Krankenversicherung und Pflegeversicherung geltenden Beitragssätze zu Grunde gelegt. Für die Krankenversicherung ohne Krankengeldanspruch betrug der maßgebliche ermäßigte Beitragssatz nach § 243 SGB V in Verbindung mit § 2 der Verordnung zur Festlegung der Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Beitragssatzverordnung – GKV-BSV) vom 29. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2109) in der Fassung des Art. 14 des Gesetzes zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland vom 2. März 2009 (BGBl. I S. 416) 14,3 Prozent. Für die Pflegeversicherung betrug der für den Kläger maßgebliche Beitragssatz im Jahr 2010 gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB X in der vom 1. Juli 2008 bis 31. Dezember 2012 geltenden Fassung 1,95 Prozent zuzüglich des Beitragszuschlags für Kinderlose nach § 55 Abs. 3 Satz 1 SGB XI in der vom 1. Juli 2008 bis 31. Dezember 2012 geltenden Fassung in Höhe von 0,25 Prozentpunkten, insgesamt also 2,20 Prozent.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.

5. Gründe für die Zulassung der Revision (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved