L 5 R 4037/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 2147/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 4037/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30.07.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Rücknahme eines Abände-rungs- und Rückforderungsbescheids aufgrund der des Überschreitens der Hinzuverdienstgrenzen einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld in der Zeit vom 01.05.2006 bis 31.01.2007.

Der 1952 geborene Kläger bezog ab dem 01.02.2005 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Im Bewilligungsbescheid vom 30.08.2005 wurde auf die für diese Rente geltende Hinzuverdienstgrenze sowie den Umstand, dass bei einem Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze die Rente nicht oder nur in verminderter Höhe geleistet werde, hingewiesen. Die maßgebende Hinzuverdienstgrenze sei auch dann zu beachten, wenn anstelle von Arbeitsentgelt oder Arbeits¬einkommen Anspruch auf bestimmte Sozialleistungen wie Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Mutterschaftsgeld, Übergangsgeld, Arbeitslosengeld, Kurzarbeitergeld, Winterausfallgeld, Insolvenzgeld, Übergangsleistung bei Maßnahmen gegen Berufskrankheiten und vergleichbare Leistungen einer Stelle im Ausland bestehe. Zudem war angegeben, dass bei Auf¬nahme oder Ausübung einer die Hinzuverdienstgrenzen überschreitenden Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit oder im Falle des Bezugs oder der Beantragung einer der genannten Sozialleistungen die Verpflichtung zur unverzüglichen Mitteilung bestehe.

Mit Bescheid vom 27.02.2006 bewilligte die Bundesagentur für Arbeit dem Kläger Arbeitslosen-geld I ab dem 18.02.2006 auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts von täglich 80,01 EUR in einer Höhe von 39,78 EUR kalendertäglich für 360 Tage. Mit Bescheid vom 02.03.2007 bewilligte das Landratsamt O. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 01.03.2007 bis 31.03.2007.

Mit Schreiben vom 29.01.2007 hatte der Kläger der Beklagten mitgeteilt, er habe ein Jahr Arbeitslosengeld I erhalten und beziehe ab dem 19.02.2007 Arbeitslosengeld II. Die Bundesagentur für Arbeit wies die Beklagte mit Schreiben vom 17.04.2007 auf den Bezug des Arbeitslosengeldes hin.

Mit Bescheid vom 21.06.2007 hob die Beklagte daraufhin nach vorheriger Anhörung des Klägers den Bescheid vom 30.08.2005 für die Zeit vom 01.05.2006 bis 31.01.2007 nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X auf und forderte vom Kläger die Erstattung überzahlter Leistungen i.H.v. 4.390,20 EUR. Durch den Erhalt des Arbeitslosengeldes I habe der Kläger die Hinzuverdienstgrenzen überschritten.

Zur Begründung des gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruchs machte der Kläger gel-tend, vom Bezug des Arbeitslosengeldes hätten alle beteiligten Behörden Kenntnis gehabt. Ein grob fahrlässiges Verhalten könne ihm nicht angelastet werden.

Widerspruch, Klage (S 19 R 569/09) und Berufung (L 3 R 5888/09) blieben erfolglos. Das Landessozialgericht hat im Urteil vom 21.04.2010 ausgeführt, ein Verwaltungsakt solle nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufgehoben werden, wenn und soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden sei, das zum Wegfall oder zur Minderung des An-spruchs geführt haben würde. Diese Voraussetzung sei allein und ohne dass es hierfür auf ein Verschulden oder auch nur auf ein Erkennen können des Leistungsbeziehers ankomme, durch das Überschreiten der maßgeblichen Hinzuverdienstgrenze erfüllt. Die Berechtigung zur rück-wirkenden Aufhebung scheitere auch nicht an einer fehlenden oder nicht ausreichenden Ermessensausübung. Eine solche sei im Falle des § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X erst dann erforderlich, wenn ein Sachverhalt vorliege, der vom Regelfall abweichende Besonderheiten aufweise. Ein derarti¬ger Fall sei jedoch nicht gegeben gewesen, weshalb die Beklagte zur Aufhebung verpflichtet gewesen sei.

Mit Schreiben vom 22.07.2010 beantragte der Kläger die Rücknahme des Bescheids vom 21.06.2007. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts und das Urteil des Landessozialgerichts sei-en unzutreffend. Er habe mit Schreiben vom 20.03.2007 das Landratsamt angeschrieben und die-sem mitgeteilt, dass er auf die Leistungen nach dem SGB II verzichte. Das Landratsamt habe daraufhin um Rücküberweisung der bereits gezahlten Beträge gebeten. Er habe dieses Geld an das Landratsamt zurück überwiesen.

Die Beklagte lehnte die Rücknahme des Bescheids vom 21.06.2007 mit Bescheid vom 26.07.2010 ab. Grundlage der Rückforderung sei der Bezug des Arbeitslosengeldes I in der Zeit vom 01.05.2006 bis 31.01.2007. Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, die das Landratsamt gewährt habe, seien nicht Gegenstand der Rückforderung gewesen.

Zur Begründung des gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruchs wiederholte der Kläger das Vorbringen, er habe zwischenzeitlich die ihm vom Landratsamt bewilligte Leistung zurück überwiesen. Dies führe dazu, dass er im fraglichen Zeitraum die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten gehabt habe. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21.03.2011 zurück.

Am 26.04.2011 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Freiburg. Zur Begründung machte er erneut geltend, der Bescheid vom 21.06.2007 und auch der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts sowie das Urteil des Landessozialgerichts seien unzutreffend, weil er zwischenzeitlich gegenüber dem Landratsamt auf die Leistungen nach dem SGB II verzichtet habe. Er habe dem Landratsamt das Geld zurücküberwiesen. Außerdem habe er im Zeitraum vom 01.05.2006 bis 31.01.2007 nur Arbeitslosengeld von 1.193,40 EUR erhalten.

Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 30.07.2013 zurück. Die Beklagte habe zu Recht die Rücknahme des Bescheids vom 21.06.2007 abgelehnt. Nach § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X sei, soweit sich im Einzelfall ergebe, dass bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erweise, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden seien, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden sei, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Hiernach könne der Kläger die Rücknahme des Bescheids vom 21.06.2007 nicht beanspruchen. Die Aufhebung des Bescheids vom 30.08.2005 habe auf § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X beruht und sei rechtlich nicht zu beanstanden. Insoweit werde auf die überzeugende Begründung im Urteil des Landessozialgerichts verwiesen. Der Umstand, dass der Kläger auf die vom Landratsamt bezogenen Leistungen verzichtet habe, sei unerheblich, weil die Rückforderung den Zeitraum vom 01.05.2006 bis 31.01.2007 und damit das während dieser Zeit bezogene Arbeitslosengeld I betreffe. Das Arbeitslosengeld I sei nach § 96 a Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB VI in Verbindung mit § 18 a Abs. 3 Nr. 1 SGB IV bei der Feststellung des Hinzuverdienstes zu berücksichtigen. Als Hinzuverdienst sei das der Sozialleistung zu Grunde liegende monatliche Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu berücksichtigen (§ 96 a Abs. 3 S. 3 SGB VI). Damit sei im angefochtenen Bescheid als Hinzuverdienst zu Recht nicht der Zahlbetrag des Arbeitslosengeldes, sondern das dieser Leistung zu Grunde liegende monatliche Bemessungsentgelt angerechnet worden.

Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 15.08.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, den 16.09.2013 Berufung eingelegt. Er sei weiterhin der Auffassung, dass im streitgegenständlichen Zeitraum die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten worden und die Rückforderung von 4.390,20 EUR nicht gerechtfertigt sei. Er habe zu der Erwerbsminderungsrente von 487,80 EUR monatlich im besagten Zeitraum noch 1.193,40 EUR Arbeitslosengeld erhalten. Das vom Sozialgericht vorgenommene Rechenwerk sei für ihn nicht nachvollziehbar. Als Hinzuverdienst könne nur berücksichtigt werden, was ihm tatsächlich zugeflossen sei. Dies sei der Zahlbetrag des Arbeitslosengeldes und nicht das dessen Berechnung zugrunde liegende monatliche Bemessungsentgelt. § 96a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB VI i.V.m. § 18a Abs. 3 Nr. 1 SGB IV seien verfassungswidrig.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30.07.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 26.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.03.2011 zu verurteilen, den Bescheid vom 21.06.2007 zurückzunehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.

Die Beteiligten sind darauf hingewiesen worden, dass der Senat die Berufung gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligen wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats sowie auf die Akten des Landessozialgerichts zu den Verfahren L 11 R 3798/08 und L 3 R 5888/09 Bezug genommen.

II.

Der Senat weist die Berufung des Klägers gem. § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Berufung ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die der Senat Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG), abgewiesen. Wie bereits das Sozialgericht nimmt auch der Senat zudem Bezug auf die Ausführungen des 3. Senats des Landessozialgerichts im Urteil vom 21.04.2010 (L 3 R 5888/09), mit denen die Rechtmäßigkeit des Rückforderungsbescheids vom 21.06.2007 bestätigt wurde. Die Beklagte war daher nicht nach § 44 SGB X verpflichtet, diesen Bescheid zurückzunehmen. Darauf, dass die Anrechnung von Erwerbsersatzeinkommen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, hat bereits der 3. Senat hingewiesen. Dies gilt auch für die Zugrundelegung des Bemessungsentgelts nach § 96a Abs. 3 S. 3 SGB VI (BSG, Urteil vom 31.01.2008 - B 13 R 23/07 R -, in Juris).

Die Berufung des Klägers erweist sich deshalb unbegründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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