S 5 AS 2835/15 ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Halle (Saale) (SAN)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 5 AS 2835/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Neben der Feststellung einer Minderung des Auszahlungsanspruchs wegen einer Sanktion bedarf es keines gesonderten Aufhebungsbescheides nach § 48 SGB X.

Es ist kein wichtiger Grund i.S.v. § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II dargelegt, wenn eine Weiterbildungsmaßnahme (hier: Fahrerlaubniserwerb) mit der Behauptung abgebrochen wird, dabei anfallende Fahrtkosten nicht verauslagen zu können, wenn der Leistungsträger aus der Eingliederungsvereinbarung zur Fahrtkostenerstattung verpflichtet ist und der Leistungsberechtigte zuvor bei Abschluss der Eingliederungsvereinbarung nicht angedeutet hat, die Fahrtkosten bis zu einer Erstattung nicht aufbringen zu können.

Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der Sanktionsregelungen des SGB II bestehen nicht. Es ist nicht zu beanstanden, wenn existenzsichernde Leistungen für erwerbsfähige Leistungsberechtigte hinsichtlich der Höhe an zumutbare Mitwirkungsobliegenheiten im Hinblick auf eine Überwindung der Hilfebedürftigkeit anknüpfen.
Der Antrag wird abgelehnt.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller wendet sich im einstweiligen Rechtsschutz gegen eine Minderung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (Grundsicherung für Arbeitssuchende - SGB II) für den Zeitraum vom 1. August bis 31. Oktober 2015.

Der 1968 geborene Antragsteller steht im laufenden Bezug von Leistungen nach dem SGB II beim Antragsgegner. Am 30. März 2015 schlossen die Beteiligten eine vom 30. März bis 31. Oktober 2015 geltende Eingliederungsvereinbarung, in der sich der Antragsteller u.a. zur Teilnahme an einer durch die ... Fahrschule GmbH durchgeführten Weiterbildungsmaßnahme zum Erwerb des Führscheins der Klasse C/CE vom 7. April bis 2. Oktober 2015 und der Antragsgegner zur Übernahme anfallender Lehrgangskosten in Höhe 8.750 EUR und Fahrtkosten vom Wohnort zum Maßnahmeträger (0,20 EUR/km bzw. öffentliche Verkehrsmittel in der niedrigsten Klasse) verpflichtete.

An der Maßnahme nahm der Antragsteller lediglich bis zum 13. April 2015 teil. Hierfür entstanden ihm Fahrtkosten in Höhe von 21 EUR, welche ihm der Antragsgegner erstattete. Mit einem am 13. April 2015 beim Antragsgegner eingegangenen Schreiben des Antragstellers an den Maßnahmeträger vom 13. April 2015 kündigte der Antragsteller seine Teilnahme an der Maßnahme und nahm an dieser in der Folge nicht mehr teil. Eine Kündigung sei nach dem Teilnehmervertrag binnen zwei Wochen zulässig. Die Maßnahme sei aus wirtschaftlichen und finanziellen Gründen zu beenden. Mit Schreiben vom 2. Juni 2015 hörte der Antragsgegner den Antragsteller zu einer Minderung des Arbeitslosengelds II (Alg II) in Höhe von 30 % des für den Antragsteller geltenden Regelbedarfs für 3 Monate wegen dessen eigenmächtigen Maßnahmeabbruchs an. Hierzu teilte der Antragsteller dem Antragsgegner mit Schreiben vom 10. Juni 2015 sinngemäß mit, er habe die Maßnahme aus wirtschaftlichen Gründen abbrechen müssen. Ihm entstünden monatliche Fahrtkosten in Höhe von 663 EUR. Es sei ihm wegen Art. 12 Abs. 1 GG möglich, jederzeit die Maßnahme zu beenden. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 1084 bis 1086 der Verwaltungsakte verwiesen. Mit Bescheid vom 9. Juli 2015 stellte der Antragsgegner eine Minderung des Alg II in Höhe von 30 % des maßgeblichen Regelbedarfs für die Zeit vom 1. August bis 31. Oktober 2015 fest. Der Antragsteller habe durch den Abbruch der Weiterbildungsmaßnahme gegen seine Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung verstoßen. Ein wichtiger Grund habe durch die vorherige Zusicherung der Fahrtkostenübernahme nicht bestanden. Auch der Teilnehmervertrag mit dem Maßnahmeträger entbinde den Antragsteller nicht von den in der Eingliederungsvereinbarung geregelten Pflichten. Es ergäbe sich deshalb eine monatlicher Minderungsbetrag in Höhe von 119,70 EUR. Dagegen erhob der Antragsteller am 14. Juli 2015 Widerspruch, den der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2015 zurückwies.

Am 11. August 2015 hat der Antragsteller dagegen vor dem Sozialgericht Halle Klage erhoben (S 5 AS 2836/15) und um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Auf Blatt 1 bis 6 der Gerichtsakte wird insoweit verwiesen.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung der Klage S 5 AS 2836/15 gegen den Bescheid vom 9. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2015 anzuordnen und soweit dieser Bescheid bereits vollzogen ist, die Aufhebung der Vollziehung anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er trägt vor, die Teilnahme an der Weiterbildungsmaßnahme sei vom Antragsteller freiwillig und in Übereinstimmung mit dessen Berufswunsch vereinbart worden. Die Fahrtkosten hätte der Antragsteller wöchentlich geltend machen können. Die Höhe der vom Antragsteller behaupteten Fahrtkosten träfe außerdem nicht zu. Der theoretische Teil der Ausbildung fände in H. statt, wofür bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel Fahrtkosten in Höhe von 29,25 EUR wöchentlich bzw. 117 EUR monatlich entstünden. Der praktische Teil der Ausbildung fände in E. statt, wofür entsprechende Fahrtkosten in Höhe von 121 EUR wöchentlich bzw. 484 EUR monatlich anfielen.

Das Gericht hat mit den Beteiligten am 25. August 2015 einen Erörterungstermin durchgeführt. Auf das Sitzungsprotokoll wird insoweit verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet und hat keinen Erfolg.

Nach § 86 a Abs. 1 Satz 1 des SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt nach § 86 a Abs. 2 Satz 1, 4 SGG in den in durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen. Ein solcher Fall liegt hier vor, da nach § 39 Nr. 1 SGB II Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt der bei Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende die Pflichtverletzung und Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt, keine aufschiebende Wirkung haben. Es handelt sich bei dem angefochtenen Bescheid um einen Verwaltungsakt, der eine Pflichtverletzung feststellt und den Auszahlungsanspruch des Antragstellers jeweils um monatlich 119,70 EUR mindert und gegen den der Antragsteller am 11. August 2015 Klage erhoben hat (S 5 AS 2836/15). Auf Antrag kann das Gericht die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 86 a Abs. 2 SGG anordnen (§ 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG). Das Gericht entscheidet hierbei nach eigenem Ermessen und unabhängig von der Verwaltungsentscheidung und überprüft insoweit auch nicht nur deren Rechtsmäßigkeit. Die aufschiebende Wirkung ist daher regelmäßig abzuordnen, wenn das Anordnungsinteresse des durch den Verwaltungsakt Betroffenen das Interesse der Verwaltung an der Vollziehung des Verwaltungsaktes überwiegt. Das Anordnungsinteresse überwiegt regelmäßig das Vollzugsinteresse, wenn der angegriffene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist und den Antragsteller in seinen Rechten verletzt, da an der Vollziehung offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakte kein überwiegend öffentliches Interesse bestehen kann. Allerdings ist bei einem offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsakt von einem überwiegend öffentlichen Interesse an dessen Vollzug auszugehen. Das Begehren des Antragstellers muss bei der im einstweiligen Rechtschutz gebotenen summarischen Prüfung begründet erscheinen.

Nach diesen Grundsätzen bestehen nach dem Kenntnisstand des Eilverfahrens keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit. Der Bescheid vom 9. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2015 erweist sich nach der gebotenen summarischen Prüfung sowohl formell und materiell als rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten.

Die angefochtene Verwaltungsentscheidung ist in formell rechtmäßiger Weise ergangen. Insbesondere wurde der Antragsteller vor deren Erlass gemäß § 24 SGB X angehört. Auch ist der Minderungsbescheid inhaltlich hinreichend bestimmt genug

(§ 33 Abs. 1 SGB X). Dem Bescheid ist zu entnehmen, in welcher Höhe und für welchen Zeitraum das Alg II des Antragstellers konkret gemindert wird. Zudem ist es regelmäßig unschädlich, wenn zur Auslegung des Verfügungssatzes auch auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden muss (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 30/09 R -, BSG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - B 14 AS 92/09 R -).

Die angefochtene Verwaltungsentscheidung ist auch materiell rechtmäßig. Rechtlicher Anknüpfungspunkt für die Feststellung der jeweiligen Minderungen der dem Antragsteller gewährten Leistungen sind die §§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 31a, 31b SGB II. Eines gesonderten Aufhebungsbescheides gemäß § 48 SGB X bedurfte es für den Vollzug der Minderung nicht. Angesichts der vom Gesetz vorgesehenen Unterscheidung zwischen Leistungs- und Auszahlungsanspruchs (§§ 31, 39 Nr. 1 SGB II) mindert sich nämlich allein der Auszahlungsanspruch. Die der Sanktion zugrunde liegende Pflichtverletzung stellt deshalb auch keine Änderung der Verhältnisse im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X dar. Vielmehr bleibt die vorherige Bewilligung auf Leistungen nach dem SGB II dem Grunde nach erhalten. Der sich allein mindernde Auszahlungsanspruch knüpft notwendig an den dem Grunde nach bewilligten Leistungsanspruch an, ohne diesen letztlich in seinem Bestand zu ändern. Ein Selbstvollzug des Gesetzes ist angesichts des die jeweilige Minderung feststellenden Verwaltungsaktes als Ergebnis eines entsprechenden Verwaltungsverfahrens damit ebenso nicht verbunden.

Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II verletzen erwerbsfähige Leistungsberechtigte ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis sich weigern, in der Eingliederungsvereinbarung festgelegte Pflichten zu erfüllen. Dies gilt gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen. Nach § 31a SGB II mindert sich das Alg II bei einer Pflichtverletzung nach § 31 SGB II in ersten Stufe um 30 Prozent des für die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person nach § 20 SGB II maßgebenden Regelbedarf. Gemäß § 31b SGB II mindert sich der Auszahlungsanspruch mit Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, der die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung der Leistung feststellt. Der Minderungszeitraum beträgt drei Monate. Die Feststellung der Minderung ist nur innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Pflichtverletzung zulässig.

Diese Voraussetzungen für die Minderung des dem Antragsteller gewährten ALG II liegen hier nach der gebotenen summarischen Prüfung vor. Der Antragsteller hat nach dem Kenntnisstand des Eilverfahrens die in der Eingliederungsvereinbarung vom 30. März 2015 geregelte Maßnahme nach der Kündigung am 13. April 2015 ohne einen wichtigen Grund abgebrochen.

Die Eingliederungsvereinbarung vom 30. März 2015 ist hinreichend bestimmt. Die zulässigen Pflichten des Antragstellers (§ 15 SGB II) sind klar umrissen und ihm auch zumutbar, zumal der Antragsteller sich im Vorfeld selbst um die Teilnahme an der Maßnahme mit dem Ziel der Erlangung der Fahrerlaubnis der Klasse C/CE bemüht hatte und - da diese einer beruflichen Eingliederung des Antragstellers und mithin der Überwindung seiner Hilfebedürftigkeit dient - in seinem objektiven Interesse lag. Die Eingliederungsvereinbarung genügt auch den sonstigen Anforderungen des § 15 SGB II; insbesondere ist die Schadenersatzpflicht des Antragstellers (§ 15 Abs. 3 SGB II) bei schuldhaftem Maßnahmeabbruch geregelt. Auch wurde die Fahrtkostenerstattung in der Eingliederungsvereinbarung geregelt. Die Eingliederungsvereinbarung wurde vom Antragsteller gelesen und verstanden. Er hat sich schriftlich mit dem Inhalt der Eingliederungsvereinbarung einverstanden erklärt. Dass der Antragsteller gegenüber dem Maßnahmeträger binnen zwei Wochen den Teilnahmevertrag zu kündigen vermag, ist für die ihn treffende und an seinen Sozialleistungsbezug anknüpfende Verpflichtung aus der Eingliederungsvereinbarung insoweit unbeachtlich.

Der Antragsteller wurde vor seiner Pflichtverletzung in der Eingliederungsvereinbarung schriftlich hinreichend über die Rechtsfolgen belehrt. Die Wirksamkeit einer solchen Rechtsfolgenbelehrung setzt voraus, dass sie konkret, richtig und vollständig ist, zeitnah erfolgt und dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in verständlicher Form erläutert, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen sich aus der Nichtteilnahme am Meldetermin für ihn ergeben, wenn hierfür kein wichtiger Grund vorliegt (vgl. nur BSG, Urteil vom 18. Februar 2010 - B 14 AS 53/08 R -, juris m.w.N.; BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 30/09 R -, juris). Die in der Eingliederungsvereinbarung enthaltene Belehrung genügt diesen Anfordernissen.

Einen wichtigen Grund für den Abbruch der letztlich von der Allgemeinheit finanzierten Bildungsmaßnahme hat der Antragsteller nicht glaubhaft machen können. Als wichtiger Grund in diesem Sinne sind alle Umstände des Einzelfalles anzusehen, die unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Leistungsberechtigten in Abwägung mit etwa entgegenstehenden Belangen der Allgemeinheit das Verhalten des Leistungsberechtigten rechtfertigen, wobei hierbei persönliche, insbesondere familiäre oder gesundheitliche Gründe im Vordergrund stehen (Berlit, in: LPK-SGB II, 5. Auflage 2013, § 31 Rdnr. 63 m.w.N.). Die vom Antragsteller in diesem Zusammenhang behauptete unzureichende Klärung der Fahrtkostenerstattung bei behaupteten Fahrtkosten in Höhe von monatlich 663 EUR ist dabei nicht geeignet, einen wichtigen Grund darzustellen. In der Eingliederungsvereinbarung ist nämlich zwischen den Beteiligten geregelt, dass eine Fahrtkostenerstattung erfolgt. Auch erscheint die Höhe der vom Antragsteller behaupteten Fahrkosten nicht einleuchtend, da diese Berechnung offenbar eine tägliche Fahrt nach E. voraussetzt, was angesichts der auch in H. stattfindenden Maßnahme nicht nachvollziehbar ist. Insoweit hat der Antragsgegner plausibel dargelegt, dass die Fahrtkosten bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel wöchentlich 29,95 EUR (nach H.) bzw. 121 EUR (nach E.) betragen würden. Voraussetzung für eine umfassende Fahrtkostenerstattung ist dabei allein, dass der Antragsteller das entsprechende Formular ausfüllt und entstandene Fahrtkostennachweise vorlegt. Dem Antragsteller war mithin jederzeit eine Fahrtkostenabrechnung möglich. Dies bestätigt sich auch anhand des Vorbringens des Antragstellers im Erörterungstermin, dass ihm die bis zum Abbruch entstanden Fahrtkosten in Höhe von 21 EUR vom Antragsgegner nach der Geltendmachung innerhalb von vier bis fünf Tagen und mithin unverzüglich auf sein Konto erstattet worden sind. Insoweit hätte der Antragsteller auch weiterhin jederzeit - etwa im wöchentlichen Turnus oder ggf. in noch kürzeren Abständen - eine Fahrtkostenerstattung geltend machen können. Eine übermäßige finanzielle Belastung des Antragstellers ist dabei nicht erkennbar, zumal dieser eine eventuelle Mittellosigkeit zu Beginn der Maßnahme am 7. April 2015, also zu einem Zeitpunkt, in dem ihm die für April 2015 bewilligten Leistungen gerade erst wenige Tage zuvor ausgezahlt worden sind (§ 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II), nicht dargelegt hat. Auch Beziehern von Leistungen nach dem SGB II ist bei Bildungsmaßnahmen, die geeignet sind, ihre Hilfebedürftigkeit zu überwinden und die deshalb in ihrem Interesse liegen, insoweit zumutbar, im Tagespendelbereich üblicherweise anfallende Fahrtkosten vorübergehend vorzufinanzieren, um sodann eine zugesicherte und zeitnahe Erstattung zu beanspruchen, sofern sie nicht eine entsprechende Mittellosigkeit vorher glaubhaft gemacht haben, aufgrund derer der Leistungsträger eine vorherige Fahrtkostengewährung im Rahmen fehlerfreier Ermessensausübung zu prüfen hat. Die Beteiligten haben am 26. März 2015 und mithin vor Abschluss der Eingliederungsvereinbarung ausweislich des vom Antragsgegner im Erörterungstermin vorgelegten Beratungsvermerks auch über die Frage der Fahrtkostenerstattung gesprochen und sodann die in der Eingliederungsvereinbarung enthaltene Erstattung vereinbart. Soweit der Antragsteller hierzu noch Fragen gehabt hätte, hätte er diese zumutbar durch eine (ggf. telefonische) Rückfrage beim Antragsgegner klären können. Eine entsprechende Mittellosigkeit hat der Antragsteller insoweit erstmals nach Abbruch der Maßnahme behauptet. Er hat sich hingegen nicht vor dem Maßnahmeabbruch an den Antragsgegner gewandt, um bei etwaiger zwischenzeitlich aufgetretener Mittellosigkeit eine vorherige Fahrtkostengewährung zu erhalten.

Die Höhe des festgesetzten Minderungsbetrags von jeweils 119,70 EUR trifft zu (§ 31a Abs. 1 Satz 1 SGB II). Auch ist der dreimonatige Minderungszeitraum (§ 31b Abs. 1 Satz 3 SGB II) innerhalb der sechsmonatigen Feststellungsfrist (§ 31b Abs. 1 Satz 5 SGB II) zutreffend festgesetzt. Ebenso ist der angefochtene Bescheid dem Antragsteller im Juli 2015 bekannt gegeben worden und damit wirksam, so dass die Minderung mit Beginn des Monats August 2015 eintreten konnte (§ 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II).

Durchgreifende Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der Sanktionsregelungen des SGB II hat die Kammer nicht (a.A. SG Gotha, Beschluss vom 26. Mai 2015 - S 15 AS 5157/14 -, juris). Es ist insoweit in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, wenn existenzsichernde Leistungen für erwerbsfähige Leistungsberechtigte hinsichtlich der Höhe an zumutbare Mitwirkungsobliegenheiten im Hinblick auf eine Überwindung der Hilfebedürftigkeit anknüpfen.

Nach alledem erweist sich der angefochtene Bescheid nach der summarischen Prüfung insgesamt als rechtmäßig mit der Folge, dass das Vollzugsinteresse des Antragsgegners das Anordnungsinteresse des Antragstellers überwiegt. Es besteht bei der vorzunehmenden Folgenabwägung regelmäßig kein überwiegendes Interesse an der Aussetzung der Vollziehung offensichtlich rechtmäßiger Bescheide. Vielmehr folgt hieraus grundsätzlich ein Vollzugsinteresse.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung von § 193 SGG.

III.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B. für das Antragsverfahren war abzulehnen, da die Voraussetzungen für die Gewährung nicht vorliegen. Das Verfahren hat von Anfang an - vgl. die Gründe I. und II. - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO.
Rechtskraft
Aus
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