L 1 RS 23/13

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 46 RS 140/12
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 RS 23/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 23. Mai 2013 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Feststellung zusätzlicher Entgelte im Rahmen des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG).

Der am ... geborene Kläger bestand am 13. Juli 1963 an der Ingenieurschule für Kraftfahrzeugbau Z. die staatliche Abschlussprüfung in der Fachrichtung Kraftfahrzeugbau. Anschließend arbeitete er als Ingenieur vom 2. September 1963 bis 30. Juni 1990 beim VEB Zentrales R.- und A.-werk G. (VEB ZRAW). Mit Bescheid vom 9. April 2003 stellte die Beklagte den Zeitraum vom 2. September 1963 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz mit entsprechenden Entgelten fest.

Am 25. März 2011 beantragte der Kläger die Überprüfung der zu berücksichtigenden Entgelte im Hinblick auf gezahlte zusätzliche Belohnungen im Bergbau (im Folgenden: Bergmannsprämien) sowie weiterer Prämien. Die Beklagte stellte daraufhin für 1971 und 1976 höhere Entgelte fest, weil der Kläger für diese beiden Jahre entsprechende Urkunden des VEB ZRAW mit konkreten Beträgen eingereicht hatte (Bescheid vom 31. Mai 2011). Dagegen legte er am 28. Juni 2011 Widerspruch ein und verfolgte die Berücksichtigung zusätzlicher Entgelte (Jahresendprämie, Bergmannsprämie, Prämien für Auszeichnungen, Vergütungen für Zusatzleistungen außerhalb seiner betrieblichen Aufgaben). Die Beklagte holte daraufhin eine Entgeltbescheinigung der R. O. Systems GmbH vom 13. März 2012 ein. Auf dieser Grundlage stellte die Beklagte mit Bescheid vom 27. März 2012 für die Jahre 1964 bis 1968, 1971 bis 1975, 1978 und 1985 höhere Entgelte fest. Für die Jahre 1986 und 1987 beließ sie es bei den ursprünglich festgestellten, gegenüber der Bescheinigung vom 13. März 2012 höheren Entgelten. Schließlich wies die Beklagte den Widerspruch im Übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 13. August 2012 zurück. Sowohl der Anspruch als auch die Höhe der Jahresendprämie seien von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, die heute nicht mehr nachvollzogen werden könnten. Auch die Bergmannsprämie könne wegen der nicht zweifelsfrei nachvollziehbaren Bedingungen nicht berechnet werden. Die Prämien würden sich auch nicht an Hand des FDGB-Mitgliedsbuchs errechnen lassen. Für den Solidaritätsbeitrag eines FDGB-Mitglieds habe es keine Berechnungsgrundlage gegeben. Deshalb sei insoweit auch kein Rückschluss auf eine tatsächlich erhaltene Prämie möglich.

Dagegen hat der Kläger am 11. September 2012 Klage beim Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben und weiterhin die Berücksichtigung der Bergmannsprämie als Entgelt begehrt. Diesbezüglich hat er eine schriftliche Erklärung des ehemaligen Fachdirektors für Arbeit und Löhne des VEB ZRAW, J. H., vom 7. Mai 2013 eingereicht. Darin hat dieser bestätigt, dass den Betriebsangehörigen des VEB ZRAW jährlich entsprechend des Verdienstes vom Vorjahr die Bergmannsprämie zu zahlen gewesen sei, und zwar unabhängig von der Erfüllung der Plankennziffern des Betriebes.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 23. Mai 2013 abgewiesen und zur Begründung auf ein Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 28. Juli 2010 (S 24 R 1318/08) verwiesen.

Gegen den ihm am 30. Mai 2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 27. Juni 2013 Berufung beim SG eingelegt, das diese an das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt weiter geleitet hat. Die Nichtberücksichtigung der Bergmannsprämie sei für ihn nicht nachvollziehbar. Er habe durch seinen Sozialversicherungsausweis nachgewiesen, dass er bergmannsversichert gewesen sei. Die Bergmannsprämie sei entsprechend der Dauer der Betriebszugehörigkeit gezahlt worden. Für den gesamten Zeitraum seiner Betriebszugehörigkeit sei keine Fehlschicht angefallen. Er sei während der gesamten Zeit seiner Betriebszugehörigkeit nur 13 Tage krank gewesen. Im Übrigen seien Ausfalltage durch Krankheit bei den Bruttoverdienstberechnungen berücksichtigt worden. Seine Berechnungsgrundlage seien die Verdienste, die im Feststellungsbescheid vom 9. April 2003 aufgeführt seien. Damit stünden alle Faktoren für die Berechnung der Bergmannsprämie fest. Als Zeugen könne er Herrn H. benennen. Im Übrigen sei bei anderen Zusatzversorgten die Bergmannsprämie rentensteigernd berücksichtigt worden.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 23. Mai 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihren Bescheid vom 9. April 2003 in der Gestalt des Bescheids vom 31. Mai 2011, dieser in der Gestalt des Bescheids vom 27. März 2012 und des Widerspruchsbescheids vom 13. August 2012, dahingehend zu ändern, für die Jahre 1965 bis 1990 die gezahlten zusätzlichen Belohnungen im Bergbau festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 23. Mai 2013 zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf die Begründung im Widerspruchsbescheid vom 13. August 2012. Ergänzend trägt sie vor, es sei durchaus möglich, dass im ehemaligen Beschäftigungsbetrieb des Klägers jedes Jahr Bergmannsprämien an die Beschäftigten gezahlt worden seien. Dem Kläger sei es jedoch nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass die Voraussetzungen für die Zahlung auch in seiner Person in jedem Jahr vorgelegen hätten und dass er einen bestimmten Betrag auch tatsächlich erhalten habe. Die Höhe der konkreten Bergmannsprämie sei nicht bestimmbar, weil diese nicht als feststehender Betrag ausgezahlt worden sei, sondern von Fall zu Fall aufgrund einer Vielzahl persönlicher und sachlicher Faktoren bestimmt worden sei. So habe der Kläger z.B. im Jahre 1976 nachweislich eine zehnprozentige Bergmannsprämie erhalten, obwohl ihm nach seinem eigenen Vorbringen nur acht Prozent zugestanden hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 27. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. August 2012 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne der §§ 153, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Beklagte hat bei Erlass ihres Bescheids vom 27. März 2012 weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen (§ 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz). Der Gerichtsbescheid des SG ist deshalb zu bestätigen und die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat lässt offen, ob das AAÜG dem Grunde nach auf den Kläger anwendbar ist, weil er eine von diesem in ständiger Rechtsprechung geforderte ausdrückliche schriftliche Versorgungszusage in der DDR nicht erhalten hat (vgl. die ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats seit dem Urteil vom 19. März 2009, L 1 R 91/06, juris). Das Begehren des Klägers scheitert aber daran, dass die geltend gemachte Bergmannsprämie nach der Rechtsprechung des BSG kein durch die Beklagte festzustellendes Arbeitsentgelt ist.

Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 23. August 2007, B 4 RS 4/06 R, Rdnr. 24 ff. und Urteil vom 30. Oktober 2014, B 5 RS 1/13 R, Rdnr. 15, 16, juris; zuletzt Terminbericht Nr. 32/15 des BSG vom 23. Juli 2015, Fall 1) bestimmt sich der Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG nach § 14 des Vierten Buchs des Sozialgesetzbuchs – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV). Bei Vorliegen von Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 SGB IV ist im zweiten Prüfungsschritt festzustellen, ob sich insbesondere auf der Grundlage von § 17 SGB IV i. V. m. § 1 Arbeitsentgeltverordnung ausnahmsweise ein Ausschluss ergibt. Dieser kommt allein dann in Betracht, wenn u.a. "Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen" sowohl "zusätzlich" zu Löhnen oder Gehältern gezahlt werden als auch lohnsteuerfrei sind. Soweit es im letztgenannten Zusammenhang auf Vorschriften des Steuerrechts ankommt, ist das am 1. August 1991 – dem Tag des Inkrafttretens des AAÜG – geltende Steuerrecht maßgeblich.

Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Zu den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit gehören nicht solche Vorteile, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen. Ein Vorteil wird dann aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt, wenn aufgrund einer Gesamtwürdigung der für die Zuwendung maßgebenden Umstände zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht. Ist aber neben dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers gegeben, so liegt die Vorteilsgewährung nicht in ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse des Arbeitgebers und führt zur Bewertung als Lohnzuwendung (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31. Januar 2013, L 22 R 449/11, Rdnr. 89 unter Hinweis auf Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 21. Januar 2010, VI R 51/08, juris).

Bezogen auf die Bergmannsprämie ist ein erhebliches wirtschaftliches Interesse des Arbeitnehmers erkennbar. Nach dem Recht der DDR (§ 3 Abs. 1 der Verordnung zur Verbesserung der Lage der Bergarbeiter, des ingenieurtechnischen und kaufmännischen Personals sowie der Produktionsverhältnisse im Bergbau der DDR vom 10. August 1950 (GBl. der DDR I, S. 832) in der Fassung der Fünften Verordnung zur Verbesserung der Lage der Bergarbeiter, des ingenieurtechnischen und kaufmännischen Personals sowie der Produktionsverhältnisse im Bergbau der DDR vom 9. April 1964 (GBl. der DDR II, S. 313, im Folgenden: Prämien-VO)) wurde die Bergmannsprämie als eine zusätzliche Belohnung für die ununterbrochene Beschäftigung in einem Bergbaubetrieb gezahlt und diente als Anerkennung für die geleistete Arbeit der im Bergbau Beschäftigten (§ 3 Abs. 18 dieser Verordnung). Der möglicherweise auch verfolgte betriebliche Zweck der Bindung von qualifizierten Arbeitskräften an den Betrieb dürfte in dem sozialistischen System der Arbeitskräftelenkung allenfalls eine untergeordnete Bedeutung gehabt haben. Die Bergmannsprämie ist also grundsätzlich als Arbeitsentgelt zu qualifizieren.

Diese zusätzlich zu den Löhnen bzw. Gehältern gezahlten Prämien gehörten damit gemäß § 19 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der am 1. August 1991 geltenden Fassung (danach zählten zu den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit u. a. Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden) zu den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit. Sie waren jedoch gemäß § 3 Nr. 46 EStG in der am 1. August 1991 geltenden Fassung steuerfrei.

Danach waren Bergmannsprämien nach dem Gesetz über Bergmannsprämien steuerfrei. Eine direkte Anwendung dieser Vorschrift scheidet aus. Denn § 3 EStG in der am 1. August 1991 geltenden Fassung hatte als bundesdeutsches Gesetz nicht die Bergmannsprämie im Blick, die vor dem Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes im Beitrittsgebiet gezahlt wurde. Vielmehr betrifft § 3 Nr. 46 EStG die nach dem bundesdeutschen Gesetz über Bergmannsprämien vom 20. Dezember 1956 (BGBl I, S. 927) geregelten Zuwendungen an Bergleute im Bundesgebiet. Hinzu kommt, dass die korrekte Bezeichnung der umstrittenen Zahlungen nicht "Bergmannsprämie" ist, sondern "zusätzliche Belohnung für eine Beschäftigung im Bergbau". Außerdem war im alten Bundesgebiet nur begünstigt, wer als Arbeitnehmer des Bergbaus unter Tage beschäftigt war. Dagegen profitierten in der ehemaligen DDR auch Beschäftigte über Tage von der Bergmannsprämie (§ 3 Abs. 3 Buchst. c) Prämien-VO).

Nach der Konzeption des BSG kann es nur um eine sinngemäße Anwendung von § 3 Nr. 46 EStG in der am 1. August 1991 geltenden Fassung gehen. Eine solche sinngemäße Anwendung ist hier zwingend, weil die Zielstellung der Bergmannsprämien sowohl in der alten Bundesrepublik wie auch in der ehemaligen DDR im Wesentlichen gleich war, nämlich die Kohleindustrie als Motor für einen Wirtschaftsaufschwung nach dem Krieg zu fördern. Denn in der Begründung zum Entwurf eines Gesetzes über Bergmannsprämien in der alten Bundesrepublik ist ausdrücklich aufgeführt, dass die Bergmannsprämie eine Anerkennung für die schwere, gefahrvolle Arbeit des Bergmanns darstellen sollte. Sie sollte den Bergmannsberuf unter anderen Berufen hervorheben und ihn wieder anziehender machen (vgl. Protokoll der 128. Kabinettssitzung am 28. März 1956, Tagesordnungspunkt C.; http://www.bundesarchiv.de/cocoon/ barch/0/k/k1956k/kap1 2/kap2 20/para3 9.html.) Hintergrund war der Umstand, dass die Steinkohlenförderung in der Zeit von 1936 bis 1955 nur um 12 % gewachsen war, während die gesamte industrielle Entwicklung um mehr als 100 % zugenommen hatte. Wegen der schnelleren Ausweitung der kohlenverbrauchenden Industrie waren 1955 sieben Millionen Tonnen amerikanischer Kohle eingeführt worden, die zudem teurer war als die deutsche Kohle. Nach den Berechnungen des Bundesministers für Wirtschaft fehlten 17.000 Untertage-Bergleute. Vor diesem Hintergrund sollte der Beruf des Bergmanns, der für die wirtschaftliche Entwicklung als wichtig angesehen wurde, attraktiver gemacht werden (vgl. Protokoll der Kabinettssitzung am 8. Februar 1956, Tagesordnungspunkt 6.; http://www.bundesarchiv.de/cocoon/barch/0/k/k1956k/kap1 2/ kap2 8/para3 8.html). Ähnlich war die Situation Anfang der Fünfzigerjahre in der ehemaligen DDR. Dies kommt in der Präambel der Prämien-VO vom 10. August 1950 anschaulich zum Ausdruck. Auch hier ist bereits im ersten Satz von der entscheidenden wirtschaftlichen Bedeutung des gesamten Bergbaus für die weitere wirtschaftliche Entwicklung die Rede. Notwendig sei die "aktivste Mitarbeit" aller in den Betrieben und Verwaltungen Beschäftigten. Als eine der bedeutsamsten Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Bergbauwirtschaft, zur Erfüllung der Pläne und zum Wirksamwerden der technischen Neuerungen war die Verbesserung der Entlohnung und der sozialen Lebensbedingungen für die im Bergbau Beschäftigten angesehen worden. Dabei sollte die Vertiefung des Verständnisses für die Bedeutung des gesamten Bergbaus in der Bevölkerung gefördert werden und es sollten geeignete Nachwuchskräfte geworben werden. § 2 Abs. 1 Prämien-VO besagte unmissverständlich, dass die in den verschiedenen Bergbaubetrieben geltenden Tarifverträge so zu verändern seien, dass die Facharbeiterlöhne und Angestelltengehälter entsprechend der Bedeutung des Bergbaus an der Spitze der Facharbeiterlöhne und Gehälter aller Industrien stehen müssten.

Darüber hinaus spricht auch die Konzeption der zusätzlichen Belohnung in Abhängigkeit zur Arbeitsmoral der Bergleute für eine sinngemäße Anwendung der bundesdeutschen Steuergesetze. Fehlschichten, also unentschuldigtes Fernbleiben vom Arbeitsplatz, wurden nach beiden Rechtsnormen bei der Prämienvergabe negativ berücksichtigt. Während im Bundesgebiet gemäß § 2 des Gesetzes über Bergmannsprämien die Bergmannsprämie von zehn DM nur für jede – tatsächlich – unter Tage verfahrene volle Schicht vorgesehen war, wurde die zusätzliche Belohnung im Beitrittsgebiet gemäß § 1 Abs. 8 Prämien-VO für jede unentschuldigte Fehlschicht gekürzt. Somit besteht auch insoweit – trotz unterschiedlicher Herangehensweise – eine weitgehende Identität der beiden Leistungen. Nicht die konkret am Arbeitsplatz erbrachte Arbeitsleistung, sondern die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Anwesenheitspflicht am Arbeitsplatz war entscheidend für die Frage der Gewährung der zusätzlichen Belohnung.

Schließlich spricht entscheidend für die sinngemäße Anwendung der bundesdeutschen Steuergesetze der Umstand, dass nach beiden Verordnungen die zusätzlichen Leistungen ausdrücklich lohnsteuer- und auch sozialversicherungsfrei waren (§ 1 Abs. 17 Prämien-VO bzw. § 4 Gesetz über Bergmannsprämien).

In Anwendung der Rechtsprechung des BSG (vgl. (Urteil vom 23. August 2007, B 4 RS 4/06 R, Rdnr. 24 ff. und Urteil vom 30. Oktober 2014, B 5 RS 1/13 R, Rdnr. 15, 16, juris; zuletzt Terminbericht Nr. 32/15 des BSG vom 23. Juli 2015, Fall 1) ist die Bergmannsprämie nach alledem kein durch die Beklagte festzustellendes Arbeitsentgelt.

Die Entscheidung kann auch nicht dadurch zu Gunsten des Klägers ausfallen, weil die Beklagte möglicherweise in gleichgelagerten Fällen Bergmannsprämien als Arbeitsentgelt festgestellt hat. Darauf kann sich der Kläger – selbst bei gleicher Sachlage – nicht berufen. Denn auf eine rechtwidrige Verwaltungsentscheidung kann ein Dritter wegen der vorrangigen Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz (Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz) kein schutzwürdiges Vertrauen in dem Sinne gründen, dass bei gleicher Sachlage wiederum in gleicher (rechtswidriger) Weise entschieden werden müsste. Einen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht kennt die deutsche Rechtsordnung nicht (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 17. Januar 1979, 1 BvL 25/77, BVerfGE 50, 142, 166).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung, denn der Senat hat den geltend gemachten Anspruch auf der Grundlage der gefestigten Rechtsprechung des BSG geprüft. Eine entscheidungserhebliche Abweichung von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG liegt ebenfalls nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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