L 31 AS 1571/15

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
31
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 53 AS 26718/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 31 AS 1571/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Auch wenn das Kindergeld im Rahmen einer Nachzahlung für mehrere Monate in nur einem Monat zufließt, ist für jeden Monatsbetrag die Versicherungspauschale von 30,- € abzusetzen.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. April 2015 in Gänze und der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten vom 22. März 2012 in der Fassung des Bescheides vom 13. September 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2012 teilweise, in Höhe von 60,00 Euro, aufgehoben. Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die monatliche Absetzung der Versicherungspauschale bei der Anrechnung eines ihr für April und Mai 2010 nachgezahlten Kindergeldbetrages auf ihren Leistungsanspruch nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Die 1990 geborene Klägerin bezog im Zeitraum 1. Januar bis 30. Juni 2010 Leistungen auf der Grundlage des Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in Höhe von 359,00 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts und 220,00 Euro Kosten für Unterkunft und Heizung (Bescheid vom 27. Januar 2010). Die bewilligten Kosten der Unterkunft entsprachen dabei den tatsächlichen. Mit Bescheid vom 9. Juni 2010 bewilligte die Bundesagentur für Arbeit, Familienkasse, der Klägerin die Abzweigung ihres Kindergeldes ab April 2010 in Höhe von monatlich 186,00 Euro aus dem Kindergeldanspruch ihrer Mutter. Am 16. Juni 2010 ging der hieraus folgende Nachzahlungsbetrag für die Monate April und Mai 2010 in Höhe von 372,00 Euro auf dem Konto der Klägerin ein. Kenntnis über die Nachzahlung erhielt der Beklagte erst nach entsprechender Aufforderung mit Eingang 1. April 2011. Am 22. Juni 2010 ging zudem das laufende Kindergeld in Höhe von 184,00 Euro auf dem Konto der Klägerin ein. Der entsprechende Kontoauszug lag dem Beklagten am 10. November 2010 vor.

Unter dem 30. September 2011 erließ der Beklagte einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid hinsichtlich der Leistungsbewilligung vom 27. Januar 2010 für die Monate Februar, März und Juni 2010 und forderte insgesamt 830,00 Euro von der Klägerin zurück. Die Summe setzte sich zusammen aus einer Anrechnung von monatlich 154,00 Euro Kindergeld für die Monate Februar und März 2010 sowie einer Anrechnung von Kindergeld in Höhe von insgesamt 522,00 Euro im Monat Juni 2010. Diese Summe setzte sich (offenbar überschlägig) zusammen aus dem Nachzahlungsbetrag in Höhe von 372,00 Euro zuzüglich dem im Monat Juni 2010 gezahlten laufenden Kindergeld in Höhe von 184,00 Euro abzüglich der Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 Euro. Zur Begründung berief er sich auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) und das Einkommen der Klägerin aus Kindergeld. In einer persönlichen Vorsprache hierzu am 20. Oktober 2011 wurde offenbar vereinbart, dass eine Neuberechnung der Rückforderung erfolgen sollte. Auf den entsprechenden Hinweis der Klägerin im Schreiben vom 31. Januar 2012 hin erließ der Beklagte unter dem 22. März 2012 einen erneuten Aufhebungs- und Erstattungsbescheid hinsichtlich der Leistungsbewilligung vom 27. Januar 2010 für den Monat Juni 2010 und forderte darin unter Bezugnahme auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X nur noch 522,00 Euro (s.o.) zur Erstattung.

Mit Schreiben vom selben Tag nahm der Beklagte den Bescheid vom 30. September 2011 zurück.

Gegen den Bescheid vom 22. März 2012 legte die Klägerin am 12. April 2012 Widerspruch ein und machte geltend, dass der Bezug von Kindergeld bei dem Beklagten habe bekannt sein müssen.

Daraufhin nahm der Beklagte den Bescheid vom 22. März 2012 mit Bescheid vom 13. September 2012 teilweise in Höhe von 150,00 Euro zurück und verwies auf eine verbleibende Forderung in Höhe von 372,00 Euro. Bei dem von der Rücknahme erfassten Betrag handelt es sich (wiederum überschlägig) um das laufende Kindergeld in Höhe von 184,00 Euro abzüglich der Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 Euro (3 x 184 Euro = 552 Euro – 30 Euro = 522 Euro – 150 Euro = 372 Euro). Diesbezüglich ging der Beklagte vom Verstreichen der für die Aufhebung maßgeblichen Jahresfrist aus. Mit Widerspruchsbescheid vom 17. September 2012 wies der Beklagte unter Bezugnahme auf den teilweisen Rücknahmebescheid den Widerspruch der Klägerin (im Übrigen) als unbegründet zurück und traf in Höhe von 3/10 eine positive Kostenentscheidung für die Klägerin. Er verwies auf die zwingende Rücknahmevorschrift des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X.

Mit ihrer am 16. Oktober 2012 vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage begehrte die Klägerin die Bereinigung des ihr als Einkommen angerechneten Kindergeldes im Rahmen der Rückforderungsentscheidung des Beklagten.

Nachdem in einem ersten Termin zur mündlichen Verhandlung der Sache das Verfahren im Hinblick auf das bei dem Bundessozialgericht anhängige Verfahren B 14 AS 25/13 R ruhend gestellt worden war, wies das Sozialgericht die Klage im Einverständnis der Beteiligten ohne (erneute) mündliche Verhandlung mit Urteil vom 29. April 2015 ab, entschied, dass Kosten nicht zu erstatten seien und ließ die Berufung zu. Es führte aus, die Nachzahlung des Kindergeldes der Klägerin sei in voller Höhe gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X auf den Leistungsanspruch anzurechnen, die entsprechende Aufhebung zu Recht erfolgt. Nach dem klaren Wortlaut des § 11b Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 SGB II a.F. in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) sei von dem gesamten Einkommen volljähriger Hilfebedürftiger ein Betrag in Höhe von 30,00 Euro monatlich für die Beiträge zu privaten Versicherungen, die nach Grund und Höhe angemessen sind, als Pauschbetrag abzusetzen. Das Urteil des Bundessozialgerichts vom 17. Juli 2014 (B 14 AS 25/13 R) führe zu keiner anderen Bewertung, denn ihm liege ein anderer Sachverhalt zugrunde. In der dortigen Entscheidung habe das Bundessozialgericht festgestellt, dass von dem Erwerbseinkommen aus einem Beschäftigungsverhältnis, das in mehreren Monaten erarbeitet worden sei, aber in einem Monat zufließe, das weitere Einkommen um den Grundfreibetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II a.F. für jeden dieser Monate gesondert zu bereinigen sei. Bei der hier in Frage stehenden Kindergeldzahlung handele es sich demgegenüber um eine Sozialleistung. Auch werde der Zweck der Versicherungspauschale nicht verfehlt, denn die Versicherungsbeiträge seien - sofern sie überhaupt tatsächlich anfallen würden - monatlich gleichbleibend. Der Beklagte habe von den Kindergeldzahlungen im Juni 2010 zutreffend einmal den Pauschbetrag in Höhe von 30,00 Euro berücksichtigt. Die Berufung sei gem. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, da die Rechtsfrage wegen der bisher nicht geklärten Frage zur mehrfachen Absetzbarkeit der Versicherungspauschale bei der Nachzahlung von Sozialleistungen grundsätzliche Bedeutung habe.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 3. Juni 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26. Juni 2015 Berufung eingelegt. Sie macht geltend, durch die von ihr nicht zu vertretende Nachzahlung des Kindergeldes sei sie für zwei Monate des Abzuges der Versicherungspauschale in Höhe von monatlich 30,00 Euro bei der Anrechnung ihres Einkommens in dem angegriffenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten verlustig gegangen. Auf den Zahlungszeitpunkt durch die Familienkasse und damit den Zufluss habe sie keinen Einfluss. Sie sei deshalb auch unter dem Gesichtspunkt eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als habe die Familienkasse das Kindergeld korrekt in den jeweiligen Monaten ausgezahlt. In jedem Fall sei die Kostenentscheidung in dem angegriffenen Urteil des Sozialgerichts falsch, denn sie berücksichtige nicht das Teilobsiegen der Klägerin im Widerspruchsverfahren, in dem der Beklagte die Forderung bereits von 522,00 Euro auf 372,00 Euro reduziert habe. Die Regelungen der §§ 31f. und 62 ff. des Einkommenssteuergesetzes würden zeigen, dass das Kindergeld eine dem Einkommen nahe Einkunftsart darstelle.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. April 2015 ganz und den Aufhebungs- und Erstattungsbescheides des Beklagten vom 22. März 2012 in der Fassung des Bescheides vom 13. September 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2012 teilweise, in Höhe von 60,00 Euro, aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und verweist im Hinblick auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 17. Juli 2014 (B 14 AS 25/13 R) auf den unterschiedlichen Charakter der in Frage stehenden Einkommen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung erteilt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der Rechtsausführungen wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten verwiesen. Diese haben bei der Entscheidung vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte über die Berufung der Klägerin gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben.

Die Berufung ist zulässig.

Sie wurde im Tenor und den Entscheidungsgründen des Urteils des Sozialgerichts Berlin vom 29. April 2015 ausdrücklich zugelassen. Hieran ist das Landessozialgericht gem. § 144 Abs. 3 SGG gebunden.

Die Berufung ist auch begründet.

Die Teilanfechtungsklage der Klägerin ist zulässig und begründet. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten vom 22. März 2012 in der Fassung des Rücknahmebescheides vom 13. September 2012, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2012, ist insoweit rechtswidrig, als dass er die Absetzungsmöglichkeit der Versicherungspauschale in Höhe von monatlich 30,00 Euro bei dem der Klägerin für zwei Monate nachgezahlten Kindergeld nicht berücksichtigt und deshalb im Umfang von 60,00 Euro aufzuheben (vgl. § 54 Abs. 1, 2 SGG). Der angegriffene Bescheid vom 22. März 2012 ist formal rechtmäßig. Soweit vor Erlass dieses Verwaltungsaktes überhaupt eine Anhörung der Klägerin erforderlich war (vgl. dazu § 24 Abs. 2 Nr. 5 SGB X, ist ihr Unterlassen jedenfalls deshalb gemäߧ 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X unbeachtlich, weil sie im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nachgeholt worden ist vgl. Schütze in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 41 Rn. 15)Rechtsgrundlage des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides ist § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch in der seit dem 1. Oktober 2005 (Gesetz vom 14. August 2005, BGBl. I S. 2407) bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung i.V.m. §§ 330 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III), 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und § 50 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Hiernach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt ist, ohne Ausübung von Ermessen, mit Wirkung vom Zeitpunkt der Verhältnisse aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde.

Das auf der Grundlage des § 74 Abs. 1 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) von dem Kindergeldanspruch ihrer Mutter abgezweigte Kindergeld ist Einkommen, das gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II (in der vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2010 geltenden Fassung, BGBl. I S. 2954, folgend: a.F.) i.V.m. §§ 4 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 und 2 Abs. 2 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) in der zum streitigen Zeitraum geltenden Fassung auf den Leistungsanspruch der im streitigen Monat allein lebenden, volljährigen Klägerin im Zuflussmonat Juni 2010 anzurechnen ist. Insoweit ist bezogen auf die bei Erlass des maßgeblichen Bewilligungsbescheides vom 27. Januar 2010 vorliegenden tatsächlichen Umstände mit Zufluss der Nachzahlung am 16. Juni 2010 auf das Konto der Klägerin eine wesentliche Änderung eingetreten. Dabei ist hier nicht zu entscheiden, ob die Nachzahlung des Kindergeldes als einmalige oder laufende Einnahme im Sinne der Alg II-V zu qualifizieren ist. Denn der hier nachgezahlte Betrag in Höhe von 372,00 Euro lässt den Leistungsanspruch der Klägerin in Höhe von 359,00 Euro Regelsatz und 220,00 Euro Kosten der Unterkunft und Heizung nicht in Gänze entfallen. Die Frage der notwendigen Verteilung dieser Einnahme aus dem Gesichtspunkt der Aufrechterhaltung des Krankenversicherungsschutzes spielt vorliegend deshalb keine Rolle (vgl. BSG, Urteil vom 16. Mai 2012 - B 4 AS 154/11 R -, Rn. 21, 22).

Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II a.F. i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V in der o.g. F. ist als Pauschbetrag von dem Einkommen volljähriger Hilfebedürftiger ein Betrag in Höhe von 30,00 Euro monatlich für die Beiträge zu privaten Versicherungen nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II, die nach Grund und Höhe angemessen sind, abzusetzen. Die Absetzung der Versicherungspauschale hat dabei unabhängig davon zu erfolgen, ob tatsächlich Versicherungsbeiträge anfallen (BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14 AS 55/07 R -, juris).

Für einen (einmaligen) Absetzungsbetrag in Höhe von 30,00 Euro folgt dies bereits daraus, dass der Beklagte die entsprechende Absetzung für die allein in dem streitgegenständlichen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 22. März 2012 in der Fassung des Bescheides vom 13. September 2012 noch angerechnete Kindergeldnachzahlung unterlassen hat. Dabei kann er sich nicht darauf berufen, eine derartige Absetzung sei bereits bei der laufenden Kindergeldzahlung der Klägerin, die ihrem Konto in Höhe von 184,00 Euro am 22. Juni 2010 gut geschrieben wurde, berücksichtigt. Nachdem der Beklagte den ursprünglichen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 30. September 2011 unter dem 22. März 2012 zurückgenommen hatte, war die Jahresfrist aus § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X für eine erneute Rücknahme des Bewilligungsbescheides hinsichtlich der laufenden Kindergeldzahlung verstrichen. Denn für diese lag die für den Fristbeginn maßgebliche Kenntnis des Beklagten bereits am 10. November 2010 mit Eingang des entsprechenden Kontoauszugs vor. Hat es der Beklagte aber versäumt, in der hierfür vorgesehenen Ausschlussfrist einen rechtmäßigen Aufhebungsbescheid zu erlassen, darf er das von dem Ausschluss erfasste Einkommen in Gänze nicht bedarfssenkend berücksichtigen. Etwaige Absetzungsbeträge spielen deshalb hierfür keine Rolle und können der Klägerin auch nicht (fiktiv) bei der Berücksichtigung anderen Einkommens, für das die Jahresfrist gewahrt ist - wie hier: die Unterlagen über die Kindergeldnachzahlung einschließlich des entsprechenden Kontoauszuges lagen bei dem Beklagten am 1. April 2011 vor - als bereits berücksichtigt entgegengehalten werden.

Unabhängig hiervon ist vorliegend jedoch deshalb die Versicherungspauschale zweimal in Höhe von insgesamt 60,00 Euro abzusetzen, weil die Kindergeldnachzahlung für die Monate April und Mai 2010 erfolgte.

Für in mehreren Monaten erarbeitetes Arbeitsentgelt, das einem Leistungsberechtigten mit nur einem Beschäftigungsverhältnis innerhalb eines Monats zufließt, hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 17. Juli 2014 (- B 14 AS 25/13 R -, juris) bereits entschieden, dass auch das weitere Einkommen um den Grundfreibetrag für jeden dieser Monate gesondert zu bereinigen ist. Wenn das Gericht in dem zitierten Urteil zur Begründung auch besonders auf die Zielsetzung des Freibetragsneuregelungsgesetzes abstellt, stärkere Anreize zur Aufnahme oder Weiterführung einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch für Mini-Jobs zu bieten, die verfehlt würde, wenn beim Zufluss eines über einen Zeitraum von mehreren Monaten erarbeiteten Erwerbseinkommens innerhalb eines Monats anstelle der vom Gesetzgeber intendierten Freistellung von Hinzuverdiensten in Höhe von jedenfalls 100,00 Euro der Grundfreibetrag nur einmal zur Absetzung komme, so stellt es doch auch allgemeine Grundsätze auf, die auf andere Einkommensarten als Erwerbseinkommen übertragbar sind.

Im Einzelnen heißt es dort (Rn 15):

"Zwar ist der Alg II-Anspruch auf eine kalendermonatsweise Betrachtung angelegt (vgl zuletzt Urteil des erkennenden Senats vom 9.4.2014 B 14 AS 23/13 R - zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 27 ff mwN)Dies zwingt indes nicht dazu, auch bei Einkommensabsetzungen ausschließlich auf die im Zuflussmonat angefallenen Absetzbeträge abzustellen. Im Gegenteil hat das BSG bei der Absetzung der mit der Erzielung des Einkommens getätigten Aufwendungen schon in der Vergangenheit auf den Zeitraum abgehoben, in dem sie entstanden sind (vglBSG vom 13.5.2009 - B 4 AS 29/08 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 22 RdNr 19 - Insolvenzgeld). Ähnlich hat der Gesetzgeber bei der Neuregelung der Vorschrift zur Bereinigung einmaliger Einnahmen in § 11b Abs 1 Satz 2 SGB II (idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG)vorgesehen, dass bei der Verteilung der - um die Absetzbeträge im Zuflussmonat bereinigten - Einnahmen monatlich weitere Absetzbeträge zu berücksichtigen sind, soweit sie in den einzelnen Monaten des Verteilzeitraums anfallen(vglBT-Drucks 17/3404 S 95; ebenso BSG vom 27.9.2011 - B 4 AS 180/10 R- SozR 4-4200 § 11 Nr 40 RdNr 33 - Krankengeld) Anderes verlangt schließlich auch der Monatsbegriff selbst nicht, weil es bei der hier in Rede stehenden Einkommensbereinigung im Unterschied zum Zuflussprinzip nicht um die Frage geht, in welchem Zeitraum Einkommen bedarfsdeckend einzusetzen ist, sondern darum, wann zu berücksichtigende Aufwendungen angefallen sind (vgl Schmidt in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 11b RdNr 9: Aufwendungen sind abzusetzen, wenn sie abfließen). Entsprechend ist der Grundfreibetrag nach § 11 Abs 2 Satz 2 SGB II aF beim Zufluss eines über einen Zeitraum von mehreren Monaten erarbeiteten Erwerbseinkommens innerhalb eines Monats jedenfalls dann für jeden dieser Monate gesondert abzusetzen, wenn der Grundfreibetrag andernfalls jedenfalls bei Erwerbseinkommen aus nur einem Beschäftigungsverhältnis - wie hier - mangels Zahlungseingangs in einzelnen Monaten überhaupt nicht abgesetzt werden könnte."

Diese Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, gelten unabhängig von der Einkommensart. Denn rechtsdogmatisch geht es um die Berücksichtigung von Aufwendungen, die der Gesetzgeber unabhängig von der Art des Einkommens für absetzbar erklärt hat.

Obgleich es sich bei dem der Klägerin zufließenden Kindergeld um eine anstrengungslose (Sozial-)leistung handelt, die zur Unterhaltssicherung der Klägerin beitragen soll, hat sich sowohl der Gesetz- als auch der Verordnungsgeber dafür entschieden, eine Pauschale für Versicherungsaufwendungen auch bei dieser Einkommensart für absetzbar zu normieren. Insbesondere erklärt er in § 4 Satz 1 und 2 Nr. 1 Alg II-V die Bestimmungen zur Berechnung des Einkommens aus nichtselbständiger Arbeit in § 2 Alg II-V für entsprechend anwendbar auf Sozialleistungen. Dann ist folgerichtig auch hier eine Absetzung für die Anzahl derjenigen Monate vorzunehmen, für die das Einkommen gezahlt wurde. Denn jedenfalls dann, wenn sich der Empfänger des Einkommens auch bereits in diesen Monaten im Leistungsbezug nach dem SGB II befand - wie hier - besteht der Zweck der Absetzungsbeträge und insbesondere der Versicherungspauschale darin, einen dem unteren Lebensstandard in Deutschland entsprechendes Leben auch dem Hilfeempfänger zu ermöglichen, das sog. soziokulturelle Existenzminimum zu sichern. Dies schließt nach der Entscheidung des Gesetzgebers monatliche Aufwendungen für übliche und angemessene Versicherungen ein. Die erst nachträgliche, zusammengefasste Auszahlung kann der Klägerin dabei ebenso wenig zum Nachteil gereichen wie verspätet und deshalb für mehrere Monate ausgezahltes Arbeitsentgelt.

Darauf, ob tatsächliche Aufwendungen vorliegen, kommt es hierbei ebenso wenig an wie bei der Absetzbarkeit des Grundfreibetrages, in dem die Versicherungspauschale im Übrigen enthalten ist.

Hier wie dort ist entscheidend, dass der an sich für das Einkommen - unabhängig von der Art diese Einkommens - vorgesehene Absetzungsbetrag bei einer nachträglichen Auszahlung für mehrere Monate andernfalls für die über den Zuflussmonat hinausgehenden Monate, mangels Zahlungseingangs in diesen Monaten, überhaupt nicht berücksichtigt werden könnte.

Nach allem ist von der Klägerin gem. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X für den Monat Juni 2010 lediglich ein Betrag in Höhe von 312,00 Euro zu erstatten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe hierfür im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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