L 8 SO 23/13

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 48 SO 449/09
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 SO 23/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Bei der Petö-Therapie handelt es sich um eine Leistung, die grundsätzlich sowohl als Krankenbehandlung i.S. eines Heilmittels nach § 32 SGB V (BSG Urteil vom 03.09.2003, B 1 KR 34/01 R) als auch als Eingliederungshilfe nach §§ 53 ff SGB XII (BSG Urteil vom 29.09.2009, B 8 SO 19/08 R) in Betracht kommt.
2. Erforderlich ist eine Abgrenzung nach dem Leistungszweck der erfolgten Petö-Therapie.
3. Der Leistungszweck besteht in der medizinischen Rehabilitation, wenn die Gehfähigkeit erhalten und Beschwerden im Zusammenhang mit einer Hüftrekonstruktion gelindert werden sollen.
4. Nach Beendigung der Schulpflicht fällt der Kläger nicht mehr unter den Anwendungsbereich der bestehenden Vereinbarung zur Förderung von Schulkindern in der Heilpädagogischen Tagesstätte.
5. Der Träger der Einrichtung hat ein Leistungsangebot vorzulegen, das die Voraussetzung des § 76 SGB XII erfüllt.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 11. Dezember 2012, S 48 SO 449/09, wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch XII in Form der Übernahme der Kosten der konduktiven Förderung des Klägers für die Zeit vom 01.01.2007 bis zum 31.07.2007.

Bei dem im Jahre 1983 geborenen Kläger bestehen eine schwere angeborene Körperbehinderung (infantile Cerebralparese vom Typ einer massiv spastischen schweren Tetraparese) sowie eine geistige Behinderung. 1996 erfolgte eine beidseitige Hüftrekonstruktion. Der Kläger ist zu 100 % schwerbehindert und hat die Merkzeichen G, a.G., H und RF. Er steht unter Betreuung, die von seinen Eltern ausgeübt wird. Der Kläger wurde in den Jahren 1998 und 1999 in Ungarn nach der Petö-Methode therapiert, wobei die zuständige Krankenkasse die Kosten im Rahmen einer Einzelfallentscheidung übernahm. Er besuchte ab April 2000 die Heilpädagogische Tagesstätte (HPT) des Vereins Konduktiv fördern e.V. im S.-Zentrum in A-Stadt; die hierfür anfallenden Kosten wurden von der Beklagten als Eingliederungshilfe nach dem SGB XII übernommen. Intern zuständig war das Stadtjugendamt. Die erstmalige Bewilligung erfolgte mit Bescheid vom 20.04.2000 als Eingliederungshilfe. Zum 01.05.2003 wechselte der Kläger in die HPT der Beigeladenen zu 2 in A-Stadt; insoweit wurden die Kosten ab dem 09.09.2003 mit Bescheid vom 04.11.2004 übernommen, da ab diesem Zeitpunkt eine entsprechende (Leistungs- und) Vergütungsvereinbarung zwischen dem Bezirk Oberbayern und dem Träger der Einrichtung über eine HPT im Schulalter vorlag. Die letztmalige Bewilligung der Eingliederungshilfe erfolgte mit Bescheid vom 12.10.2005 (Bewilligung vom 01.09.2005 b.a.w. (max. Schulaustritt)). Von der Beklagten erhält der Kläger Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII unter Anerkennung eines Untermietverhältnisses zu seinen Eltern (monatlich laufend 849,28 EUR -Bescheid zuletzt vom 07.06.2010); vom Beigeladenen zu 1 erhält der Kläger laufend Eingliederungshilfe im Umfang von 1,5 h täglich (in Form von ambulanten Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft - Eingliederungshilfepauschale für behinderte Menschen, monatlich 448,65 EUR, Bescheid zuletzt vom 11.04.2012, sowie eine Mobilitätspauschale).

Mit Schreiben vom 14.08.2006 teilte der Vater und Betreuer des Klägers der Beklagten (Stadtjugendamt) mit, der Kläger werde mit dem laufenden Schuljahr seinen Schulbesuch an der Bayerischen Landesschule für Körperbehinderte beenden. Deshalb stünden ihm von diesem Zeitpunkt an die schulbegleitenden Einrichtungen, insbesondere die HPT, nicht mehr zur Verfügung. Er benötige aber weiterhin die konduktive Förderung, um nicht die über Jahre erarbeiteten F.e zu gefährden und am Ende wieder im Rollstuhl zu landen. Er bitte daher um eine Verlängerung der Kostenübernahme für die Förderung und Betreuung des Klägers in der HPT für zunächst ein Jahr, bis eine andere geeignete Lösung gefunden sei. Die Beklagte teilte dem Kläger am 25.08.2006 formlos mit, dass die Eingliederungshilfe nur im Rahmen der Hilfe zur Förderung der angemessenen Schulausbildung geleistet werden könne. Mit Bescheid vom 17.10.2006 lehnte die Beklagte den Antrag auf Eingliederungshilfe vom 14.08.2006 ab, weil die Eingliederungshilfe im Rahmen der Hilfe zur angemessenen Schulbildung nur bis zum Schulaustritt vom Stadtjugendamt geleistet werden könne. Weitergehende Eingliederungshilfe könne beim Sozialreferat beantragt werden. Den dagegen gerichteten Widerspruch wies die Regierung von Oberbayern als mit Widerspruchsbescheid vom 07.05.2007 als unbegründet zurück. Am 29.09.2006 beantragte der Kläger beim Sozialamt der Beklagten, die Kosten der konduktiven Förderung in der HPT zu übernehmen. Mit Bescheid vom 14.11.2006 lehnte die Beklagte die Gewährung entsprechender Leistungen der Eingliederungshilfe ab, weil es sich bei der Therapie nach Petö nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 03.09.2003, B 2 KR 34/01 R) um eine Maßnahme handle, bei der der medizinische Charakter im Vordergrund stehe, für die grundsätzlich die Krankenversicherung zuständig sei. Allerdings habe diese keine Leistungen zu übernehmen, weil der therapeutische Nutzen bislang nicht vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen bestätigt worden sei. Damit scheide auch eine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers aus. Der Kläger beantragte im Rahmen des Widerspruches gegen den Bescheid vom 14.11.2006 Leistungen nach einem persönlichen Budget, die die Beklagte mit Bescheid vom 14.02.2007 ablehnte. Der Kläger legte im Rahmen des Widerspruchs einen Kostenvoranschlag der F. GmbH vom 12.09.2006 vor. Die gegen die Bescheide vom 14.11.2006 und 14.02.2007 erhobenen Widersprüche wies die Regierung von Oberbayern mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 07.05.2007 zurück. Die konduktive Förderung habe als Heilmittel nach § 32 SGB V ihren Schwerpunkt im Bereich der medizinischen Reha. Ein Antrag des Klägers auf Stiftungsmittel vom 03.11.2006 bei der Beklagten blieb erfolglos. Gegen beide Widerspruchsbescheide vom 07.05.2007 richtet sich die am 04.06.2007 zum Sozialgericht München (SG) erhobene Klage (S 19 SO 265/07).

Der Kläger besuchte in der Zeit vom 01.01.2007 bis zum 31.07.2007 bis zu drei mal wöchentlich die von der Beigeladenen zu 2 betriebene HPT am Mariahilfplatz und erhielt dort Leistungen der konduktiven Förderung. Die seitens der Beigeladenen zu 2 dafür ausgestellten monatlichen Rechnungen, adressiert an den Kläger, wurden von diesem bei der Beklagten eingereicht. Sie belaufen sich auf insgesamt 5488,60 EUR für den Zeitraum 01.01.2007 bis 31.07.2007. Im September 2007 hat der Betreuer des Klägers den Verein F. A-Stadt e.V. gegründet, um die konduktive Förderung seines Sohnes und anderer erwachsener Personen mit ähnlichen Einschränkungen weiterführen bzw. gewährleisten zu können; der Verein finanziert sich durch Spenden. Am 10.11.2010 teilte der Kläger mit, dass der Verein F. A-Stadt e.V. die Kostenübernahme in Aussicht gestellt habe und zahlreiche Spenden akquiriert worden seien, die den Gesamtbetrag von 10.000 EUR überstiegen.

Mit Beschluss vom 17.02.2009 hat das SG den Bezirk Oberbayern zum Verfahren beigeladen. Im Erörterungstermin vom 18.03.2009 wurde das Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf das beim Bundessozialgericht (BSG) anhängige Verfahren B 8 SO 19/08 R (Petö -Therapie als Eingliederungshilfe) angeordnet; auf Antrag des Klägers wurde der Rechtsstreit im Oktober 2009 unter dem Az. S 48 SO 449/09 fortgesetzt.

Der Kläger hat Befundberichte von Dr. D. vom 25.01.2007 (orthopädische Uniklinik H.) und vom 31.03.2009 (Behandlungszentrum A.) vorgelegt. Darin wird weiterhin Krankengymnastik, auch mit Petö-Therapie zur Erhaltung der Gehfähigkeit empfohlen. Mit Beschluss vom 16.11.2012 hat das SG die Einrichtung F., Konduktives Förderzentrum, gemeinnützige GmbH nach § 75 Abs. 1 SGG beigeladen, welche im streitigen Zeitraum die Leistungen der konduktiven Förderung des Klägers erbracht hat. Nach einem vor dem Landgericht A-Stadt (6 O 12924/09) geschlossenen Vergleich vom 01.10.2009 schuldet der Kläger der Beigeladenen zu 2 insgesamt 5334,34 EUR (davon 2400 EUR gesamtschuldnerisch mit seinem Vater), die in monatlichen Raten zu 50 EUR beginnend 05.11.2009 zu bezahlen sind. Nach übereinstimmender Auskunft des Klägers und des Beigeladenen zu 2 hat der Kläger seine Verpflichtung zur Zahlung von 2934,31 EUR aus dem gerichtlichen Vergleich noch nicht erfüllt. Das SG hat die auf Übernahme der Kosten der konduktiven Förderung in der Zeit vom 01.01.2007 bis zum 31.07.2007 gerichtete Klage mit Urteil vom 11.Dezember 2012 abgewiesen. Es könne dahinstehen, ob der Kläger vom 01.01.2007 bis 31.07.2007 dem Grunde nach einen Anspruch auf Übernahme der Kosten der konduktiven Förderung als Leistung der Eingliederungshilfe gem. §§ 53 Abs. 1 Satz 1, 54 Abs. 1 Satz 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 3, Nr. 7 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch gegen die Beklagte gehabt habe, weil hinsichtlich der in diesem Zeitraum von der Beigeladenen zu 2 erbrachten Leistungen weder eine Leistungs- und Vergütungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII bestanden habe, noch ein Leistungsangebot im Sinne von § 75 Abs. 4 SGB XII von dieser vorgelegt worden sei. Eine Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII habe nicht vorgelegen. Der Kläger sei nach Beendigung seiner Schulausbildung von der für Schulkinder bestehenden Vereinbarung nicht mehr erfasst gewesen. Die Beigeladene zu 2 habe als Träger der Einrichtung kein Leistungsangebot vorgelegt, das die Voraussetzung des § 76 SGB XII erfülle und die Inhalte der Leistungs- (§ 76 Abs. 1 SGB XII), Vergütungs- (§ 76 Abs. 2 SGB XII) und Prüfungsvereinbarung (§ 76 Abs. 3 SGB XII) abdecke (§ 75 Abs. 4 SGB XII). Ein solches Angebot sei nicht abgegeben worden. Insbesondere könne in der Einreichung der Abrechnungen für den streitigen Zeitraum, jeweils zum Ende des Monats, erstmals Ende Januar 2007, kein solches Leistungsangebot gesehen werden. Der Leistungserbringer habe zwar damit signalisiert, dass er die Leistungen weiter zu den bisherigen Bedingungen erbringen wolle. Für die Abgabe eines Leistungsangebotes gem. § 75 Abs. 4 Satz 2 SGB XII sei es nicht ausreichend, wenn sich der Zweck der Leistungserbringung (bis August 2006: Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung; ab Januar 2007: Hilfen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft) und somit der gesamte leistungsrechtliche Rahmen wesentlich geändert habe. Gem. § 76 Abs. 1 SGB XII müsse die Leistungsvereinbarung (und somit auch das Leistungsangebot) unter anderem Art, Ziel und Qualität der Leistung festlegen. Ein Angebot über die Erbringung von Leistungen der konduktiven Förderung müsse sich also konkret auch auf die Ziele der Leistungserbringung beziehen. Die Qualität der angebotenen Leistungen könne nicht isoliert von ihrer Zwecksetzung betrachtet werden. Vor diesem Hintergrund könne die Abgabe eines Leistungsangebots auch nicht als entbehrlich betrachtet werden. Hinzu komme, dass ein Leistungsangebot grundsätzlich vor der Erbringung der Leistungen abzugeben sei, um dem Leistungsträger eine sachgerechte Prüfung zu ermöglichen.

Gegen das am 17.01.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.01.2013 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht erhoben. Zur Begründung hat der Kläger ausgeführt, dass zwischen den Beigeladenen zu 1 und 2 eine Leistungs- und Vergütungsvereinbarung hinsichtlich der HPT im Schulalter bestanden habe. Bis zum Ende der Schulpflicht habe der Kläger Eingliederungshilfe erhalten; der Bedarf sei nicht durch den Schulaustritt erloschen. Das Fordern eines individuellen Leistungsangebots sei ein bloßer Formalismus, wenn der Jugendliche zuvor als Schüler in derselben Einrichtung betreut worden sei. Der Kläger hat sozialpädiatrische und neuropädiatrische Befunde aus den Jahren 1998 und 1999 zur medizinischen Notwendigkeit der Petö-Therapie vorgelegt. Weiter hat er einen neuroorthopädischen Befundbericht von Prof. Dr. B., B. vom 27.10.2006 und einen Arztbrief von Dr. D., H. vom 25.01.2007 vorgelegt. Er hat mitgeteilt, dass er nicht werkstattfähig sei, weil er nicht ganztägig im Rollstuhl sitzen könne und nicht in der Lage sei, eine 5-Tage- Woche in einer Einrichtung zu absolvieren. Der Kläger habe die aus dem mit der Beigeladenen zu 2 geschlossenen Vergleich vor dem LG A-Stadt vom 02.10.2009 zu leistenden Zahlungen in Höhe von 2934,31 EUR noch nicht erbracht, weil er als Sozialhilfebezieher nicht leistungsfähig sei. Sein Vater hingegen habe die Zahlungsverpflichtung aus dem Vergleich erfüllt. Außer der ärztlich verordneten Krankengymnastik und der streitgegenständlichen Eingliederungshilfe in der HPT habe der Kläger in der Zeit von Januar-Juli 2007 keine weiteren Teilhabeleistungen erhalten.

Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 11.Dezember 2012 die Bescheide der Beklagten vom 17.10.2006 und 14.11.2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide der Regierung von Oberbayern vom 07.05.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der konduktiven Förderung des Klägers für die Zeit vom 01.01.2007 bis 31.07.2007 in Höhe von 5488,60 EUR zu übernehmen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das Urteil des SG im Ergebnis für richtig, sie sieht jedoch entgegen der Rechtsansicht des SG die Voraussetzungen des § 75 Abs. 4 SGB XII als erfüllt an, weil die Übersendung eines Kostenvoranschlages z.B. durch einen Pflegedienst zu Beginn des Verfahrens nach der Verwaltungspraxis der Beklagten als ausreichend iSv § 75 Abs. 4 SGB XII angesehen werde. Für den Fall, dass die Leistungen bereits seit längerer Zeit vom Leistungserbringer erbracht würden, lasse die Beklagte sogar die Abrechnung nach Leistungskomplexen als Leistungsangebot gelten. Dies könne aber zu Problemen in Erstattungsstreitigkeiten nach § 102 SGB X führen, die mit Hilfe dieses Verfahrens vorsorglich zu klären seien. Ein Anspruch des Klägers auf Erstattung der Kosten scheitere hier jedoch schon daran, dass der Nachweis, dass die Petö-Therapie der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und nicht vorrangig der medizinischen Rehabilitation diene, nicht geführt werden könne. Selbst das vorliegende Gutachten von Dr. G., A-Stadt, vom 21.09.2001, das im Rahmen eines Schwerbehindertenverfahrens eingeholt worden sei, und die fachorthopädischen Befunde, belegten nicht, dass die Petö-Therapie der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft diene.

Der Beigeladene zu 1 (Bezirk) hält das Urteil des SG auch hinsichtlich der Begründung (Fehlen eines Leistungsangebots) für zutreffend. Die Leistungsvereinbarung mit der Beigeladenen zu 2 von Mai 2006 hinsichtlich der HPT im Schulalter habe im streitgegenständlichen Zeitraum weitergegolten. Eine Nachfolgevereinbarung sei erst mit Wirkung ab 01.07.2012 geschlossen worden. Der Fachdienst Behindertenhilfe beim Beigeladenen zu 1 hat am 18.12.2014 mitgeteilt, dass auf Grund der vorliegenden Befunde acht Jahre in die Vergangenheit hinein keine Stellungnahme zum Teilhabebedarf mehr möglich sei.

Die Beigeladene zu 2 hat mitgeteilt, dass der Kläger seiner Verpflichtung aus dem Vergleich vor dem LG A-Stadt vom 02.10.2009 nicht nachgekommen sei. Als Leistungserbringerin habe sie ein Interesse daran, dass im Einzelfall auf der Grundlage von § 75 Abs. 4 SGB XII Leistungen an junge Erwachsene erbracht und vergütet werden könnten. Die Abgabe eines Leistungsangebots erscheine ihr eine reine Förmelei, nachdem der Kläger während seines Schulbesuches in derselben Einrichtung betreut worden sei. Auch habe die Beklagte die Einrichtung nicht zur Abgabe eines Leistungsangebotes aufgefordert.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie auf die beigezogene Behördenakten der Beklagten (Stadtjugendamt und Sozialhilfeträger), die Verwaltungsakten des Beigeladenen zu 1 und die Akten der Widerspruchsbehörde Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 11. Dezember 2012 ist unbegründet.

Die Bescheide der Beklagten vom 17.10.2006 und 14.11.2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 07.05.2007 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 1 S. 2 SGG).

1. Gegen die Entscheidung des SG vom 11. Dezember 2012 ist die Berufung zulässig, da sie nach § 144 Abs. 1 S. 1 SGG nicht ausgeschlossen ist (§ 143 SGG). Der Kläger wendet sich gegen das Urteil des SG vom 11. Dezember 2012, mit dem die auf Übernahme der Kosten der konduktiven Förderung für die Zeit vom 01.01.2007 bis 31.07.2007 als Leistung der Eingliederungshilfe gerichtete Klage abgewiesen wurde. Der Kläger hat seine Forderung ausgehend von den Rechnungen der Beigeladenen zu 2 in Höhe von 5488,60 EUR beziffert, so dass der Beschwerdewert von 750 EUR (§ 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG) überschritten ist. Die Berufung wurde frist- und formgerecht (§ 151 SGG) erhoben.

2. Streitgegenständlich sind die Bescheide der Beklagten vom 17.10.2006 und 14.11.2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide (§ 95 SGG) vom 07.05.2007, die die Übernahme der Kosten für die konduktive Förderung des Klägers als Leistung der Eingliederungshilfe (zukunftsoffen) ablehnten. Nicht mehr streitgegenständlich ist nach dem zuletzt gestellten Antrag des Klägers der Bescheid vom 14.02.2007, mit dem das persönliche Budget abgelehnt wurde. Der Kläger hat seinen Klageantrag auf die Übernahme der Kosten der konduktiven Förderung für die Zeit vom 01.01.2007 bis 31.07.2007 beschränkt, weil die auf spätere Zeiträume entfallenden Kosten durch den Verein F. A-Stadt e.V. durch Spendengelder, Stiftungsmittel und Bußgelder aus Strafverfahren übernommen wurden. Die zwischenzeitlich erklärte Klageänderung nach § 99 SGG mit Schriftsatz vom 18.09.2013, mit der der Kläger auch Leistungen für die Zeit ab März 2013 begehrte und der die Beklagte und der Beigeladenen widersprochen haben, hat der Kläger am 18.01.2014 wieder zurückgenommen.

3. Sein Klageziel verfolgt der Kläger zulässigerweise mit einer kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage im Grundverhältnis zum Sozialhilfeträger nach § 54 Abs. 1, 2, 4, § 56 SGG, weil er Leistungen der Eingliederungshilfe begehrt, deren Umfang einer pflichtgemäßen Ermessensentscheidung der Beklagten bedarf. Die Leistungen sollen im Rahmen des sozialrechtlichen Dreiecksverhältnisses direkt an die Beigeladene zu 2 ausgezahlt werden, womit es eines noch zu bewirkenden Schuldbeitritts im Rahmen des Sachleistungsverschaffungsprinzips bedarf (vgl. grundlegend dazu BSG, Urteil vom 28.10.2008, B 8 SO 22/07 R). Einer Verpflichtungsklage bedarf es deshalb, weil der Kläger die Übernahme der Kosten durch Verwaltungsakt begehrt, mit dem die Mitschuld der Beklagten gegenüber der Beigeladenen zu 2 begründet werden soll (BSG Urteil vom 25.09.2014, B 8 SO 8/13 R, Rn. 10 juris). Hinsichtlich des vom Betreuer bereits an die Beigeladene zu 2 gezahlten Teilbetrages von 2400 EUR aus dem gerichtlichen Vergleich vor dem Landgericht A-Stadt vom 10.11.2009 handelt es sich dem Grunde nach um einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs. 1 S. 4 SGB IX.

4. Die Beklagte ist richtiger Klagegegner, weil sie für die Erbringung der Eingliederungshilfe in einer teilstationären Einrichtung der Beigeladenen zu 2 (§ 13 SGB XII) in der hier streitigen Zeit vom 01.01.2007 bis 31.07.2007 sachlich zuständig war. Dies ergibt sich aus § 97 Abs. 1, 2, 3 Nr. 1 SGB XII (Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe, soweit das Landesrecht keine Bestimmung nach § 97 Abs. 2 SGB XII für Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach den §§ 53 bis 60 SGB XII enthält), Art. 82, 84 Abs. 2, Art. 103 Abs. 2 Bayer. AGSG i.V.m. § 1 Nr. 2 der VO des Bezirks Oberbayern über die Heranziehung der Landkreise und kreisfreien Städte als örtliche Träger der Sozialhilfe und der Kriegsopferfürsorge vom 17.01.2007, gültig nach § 3 der Delegations-VO ab 01.01.2007 ("die ... kreisfreien Städte in Oberbayern als örtliche Träger der Sozialhilfe werden herangezogen, die folgenden dem Bezirk Oberbayern nach Art. 82 AGSG obliegenden Aufgaben durchzuführen und darüber zu entscheiden Nr. 2 Hilfe in Einrichtungen zur teilstationären Betreuung mit Ausnahme ..." ).

5. Das SG hat den Leistungserbringer, die Beigeladene zu 2, mit Beschluss vom 16.11.2012 zum Verfahren nach § 75 Abs. 1 SGG beigeladen. Der Senat hat mit Beschluss vom 22.09.2015 die einfache Beiladung in eine notwendige nach § 75 Abs. 2 SGG geändert, weil das angestrebte Urteil unmittelbar auch die Rechtsbeziehungen des Einrichtungsträgers betrifft (vgl. BSG Urteil vom 28.10.2008, B 8 SO 22/07 R, Rn. 13 juris).

6. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten der konduktiven Förderung für die Zeit vom 01.01.2007 bis 31.07.2007, weil es sich nicht um eine Maßnahme der Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 3, Nr. 7 SGB IX handelt (siehe dazu 7) und hinsichtlich der in diesem Zeitraum von der Beigeladenen zu 2 erbrachten Leistungen weder eine Leistungs- und Vergütungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII bestand, noch ein Leistungsangebot im Sinne von § 75 Abs. 4 SGB XII von dieser vorgelegt wurde. Auch ein Ausnahmefall liegt nicht vor (siehe dazu unter 8).

7. Ein Anspruch auf Kostenübernahme der Petö-Therapie als Eingliederungsleistung besteht nicht. Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch käme insoweit allenfalls § 19 Abs. 3 iVm § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII und § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX (Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, die erforderlich und geeignet sind, behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen) bzw. § 55 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX (Hilfen zur Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben) in Betracht. Der Kläger erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, wonach Leistungen der Eingliederungshilfe - als gebundene Leistung (BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 25) - (nur) an Personen erbracht werden, die durch eine Behinderung iS des § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Der Kläger ist durch die infantile Cerebralparese vom Typ einer massiv spastischen schweren Tetraparese in seiner körperlichen (§ 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 1 Nr 1 Eingliederungshilfe-Verordnung), aber auch in seiner geistigen Funktion wesentlich (zur Wesentlichkeit vgl nur BSGE 112, 196 ff RdNr 14 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 10) behindert (§ 2 Abs 1 SGB IX, § 2 Eingliederungshilfe-Verordnung).

Bei der Petö-Therapie handelt es sich um eine Leistung, die grundsätzlich sowohl als Krankenbehandlung i.S. eines Heilmittels nach § 32 SGB V (BSG Urteil vom 03.09.2003, B 1 KR 34/01 R) als auch als Eingliederungshilfe nach §§ 53 ff SGB XII (BSG Urteil vom 29.09.2009, B 8 SO 19/08 R) in Betracht kommt. Die Petö-Therapie ist als sozialhilferechtliche Eingliederungshilfe zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nicht deshalb ausgeschlossen, weil sie als Heilmittel in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht verordnet werden darf.

Das BSG hat hierzu ausgeführt (BSG Urteil vom 29.09.2009, B 8 SO 19/08 R, Rn. 20 ff): Einer Leistungspflicht im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben (soziale Rehabilitation) steht nicht entgegen, dass es sich bei der durchgeführten Maßnahme um eine Petö-Therapie handelt, die nach der Rechtsprechung des BSG nicht zum Leistungsangebot der GKV gehört, weil die Voraussetzungen der §§ 138, 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V nicht vorliegen (BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 1). Das BSG hat diese Therapie als (neues) Heilmittel iS des § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3, § 32 SGB V eingestuft, das der GBA mittlerweile in die Anlage der nicht verordnungsfähigen Heilmittel zu den Heilmittelrichtlinien (§ 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V) aufgenommen hat (s "Bekanntmachung eines Beschlusses des GBA über eine Änderung der Richtlinie über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung - Heilmittel-Richtlinien" - BAnz vom 1.4.2005, S 4995). Die Klassifizierung als Heilmittel im Sinne der GKV, mit der Folge, dass eine Leistungserbringung als Heilmittel wegen § 54 Abs 1 Satz 2 SGB XII auch nicht im Rahmen der medizinischen Rehabilitation (§ 26 SGB IX) möglich ist, bedeutet indes nicht, dass eine Leistungserbringung nicht unter einer anderen Zielsetzung möglich ist. Die Abgrenzung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation von Leistungen zur sozialen Rehabilitation erfolgt nämlich nicht nach den in Betracht kommenden Leistungsgegenständen; entscheidend ist vielmehr der Leistungszweck. Leistungszwecke des SGB V bzw der medizinischen Rehabilitation und der sozialen Rehabilitation können sich überschneiden, darauf hat der Senat bereits im Zusammenhang mit der Übernahme der Kosten von Hilfsmitteln iS von § 31 SGB IX hingewiesen (Senatsurteil vom 19.5.2009 - B 8 SO 32/07 R - RdNr 17 Hörgerätebatterien). Die Zwecksetzung der Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ist mit der Zwecksetzung der Leistungen der GKV nicht identisch (BSG aaO; BSG, Urteil vom 20.11.2008 - B 3 KR 16/08 R - RdNr 15) ; insbesondere verfolgen die Leistungen nach § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII mit der Erleichterung des Schulbesuchs über die Zwecke der GKV hinausgehende Ziele.

§ 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII iVm § 12 Nr 1 Eingliederungshilfe-VO liegt dabei auch ein stärker individualisiertes Förderverständnis zu Grunde als den Leistungen zur Heilmittelversorgung der GKV, die generell der Begrenzung des § 138 SGB V unterliegen. Dieser individualisierende Ansatz zeigt sich auch in § 9 Abs 2 Satz 1 SGB XII und § 9 Abs 1 SGB IX, die es ermöglichen, den Wünschen der Leistungsberechtigten Rechnung zu tragen. Zwar enthält auch § 2a SGB V eine Regelung, wonach den besonderen Belangen Behinderter und chronisch kranker Menschen Rechnung zu tragen ist; die Leistungsbegrenzung des § 138 SGB V kann dadurch aber nicht ausgeschaltet werden (vgl nur Plagemann in juris Praxiskommentar SGB V (juris PK-SGB V), § 2a RdNr 13 ff mwN). Insbesondere kann dadurch nicht der Leistungsrahmen der § 27 Abs 1 Satz 1 Nr 3, § 32 SGB V über § 11 Abs 2 SGB V erweitert werden (aA Lachwitz, Handkommentar zum SGB IX, 3. Aufl 2010, § 30 SGB IX RdNr 53 f). Auch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hatte bereits zu § 40 Abs 1 Nr 3 Bundessozialhilfegesetz aF (iVm § 12 Nr 1 Eingliederungshilfe-VO), einer Vorgängervorschrift des § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII, hervorgehoben, dass sich der Verordnungsgeber in § 12 Nr 1 Eingliederungshilfe-VO mit der Prüfung der Geeignetheit und Erforderlichkeit im Einzelfall begnügt habe und dies mit historisch-systematischen und teleologischen Erwägungen begründet (BVerwG, Urteil vom 30.5.2002 - 5 C 36/01 -, FEVS 53, 499 ff). An diesem individuellen Prüfungsmaßstab hat sich auch mit den Neuregelungen des Rehabilitations- und Teilhaberechts nach Inkrafttreten des SGB IX nichts geändert. Nach wie vor stellt das Gesetz bei den Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft die Besonderheiten des Einzelfalls in den Vordergrund. Nach wie vor knüpft die Möglichkeit einer Förderung auch an die (individuell zu bestimmende) "Aussicht" auf Erfolg an.

Die erforderliche Abgrenzung nach dem Leistungszweck der vom 01.01.2007 bis 31.07.2007 erfolgten Petö-Therapie führt nach Überzeugung des Senats zu der Zuständigkeit der Krankenversicherung, bei der aber kein Anspruch besteht. Insoweit schließt sich der Senat voll der oben zitierten Rechtsprechung des BSG an. Unerheblich ist, dass der Kläger die konduktive Förderung im Rahmen der Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII, § 1 Nr. 1 Eingliederungshilfe-VO von der Beklagten bis zu Abschluss des Schuljahres 2005/2006 erhalten hat. Der Kläger ist seit dem Schuljahr 2007/2008 nicht mehr schulpflichtig und kann damit auch keine Hilfe zur angemessenen Schulbildung erhalten.

Bei der Petö-Therapie handelt es sich um eine konduktive Förderung. Das Grundprinzip geht von der Betrachtungsweise aus, dass eine cerebrale Bewegungsstörung ein komplexes Lernhindernis darstellt, das mit besonderen Fördermaßnahmen aktiv handelnd überwunden werden kann, nicht eine Krankheit, die behandelt werden muss. Ziel der Förderung ist, eine maximale Unabhängigkeit von Hilfsmitteln bzw. Personen zu erreichen, zum Beispiel beim Erwerb motorischer Grundfähigkeiten wie Sitzen, Stehen, Gehen, Laufen, Feinmotorik sowie koordinativer Eigenschaften, im intellektuellen und sozial-emotionalen Lernbereichen (Sprache, Kulturtechniken, psychosoziales Handeln), im lebenspraktischen Lernbereich (Essen, Ankleiden, Hygiene). Unter maximaler Unabhängigkeit wird die Fähigkeit verstanden, sich in der jeweils altersadäquaten Umgebung (Kindergarten, Schule, Arbeit) zurechtzufinden, ohne Unterstützung zu benötigen. Der Begriff Orthofunktion wurde von Andras Petö als Pendant zum Begriff der Dysfunktion geprägt. Das Grundprinzip geht von der Betrachtungsweise aus, dass eine cerebrale Bewegungsstörung eher ein Lernhindernis (Dysfunktion) darstellt, das nicht nur eine Beeinträchtigung der Motorik, sondern der gesamten Persönlichkeit beinhaltet. Es soll also eine Lernstörung mit diesen besonderen Fördermaßnahmen überwunden werden. Ziel ist eine physiologische Funktion (Orthofunktion) (vgl. Bundesverband konduktive Förderung nach Petö e.V., www.bkf-petoe.de).

Allein aus der Tatsache, dass die Beklagte die Therapie als Hilfe zur angemessenen Schulbildung bis zum Ende der Schulpflicht anerkannt hat, kann nicht geschlussfolgert werden, dass damit eine dauerhafte Anerkennung eines im Vordergrund stehenden Teilhabeziels verbunden wäre. Zur Zeit des Schulbesuches des Klägers erfolgte die konduktive Förderung in einer HPT, die eng verzahnt (z.B. Öffnungszeiten) mit dem Schulbesuch war. Eine Förderung erfolgte daher unter Anerkennung des Teilhabeziels "Hilfen zur angemessenen Schulbildung" und lief damit mit der Schulpflicht des Klägers aus.

Zur Überzeugung des Senats (§ 128 Abs. 1 SGG) dient die im streitgegenständlichen Zeitraum Januar bis Juli 2007 erfolgte konduktive Förderung vorwiegend medizinischen Leistungszwecken und damit der medizinischen Teilhabe. Nachdem die Petö-Therapie aber unverändert in der Neufassung der Heilmittelrichtlinie vom 20.01.2011 als nicht verordnungsfähiges Hilfsmittel (§ 5 i.V.m. Anlage "Nichtverordnungsfähige Heilmittel im Sinne dieser Richtlinie", Buchstabe a - Maßnahmen, deren therapeutischer Nutzen nach Maßgabe der Verfahrensordnung des G-BA (VerfO) nicht nachgewiesen ist-, Nr. 12 Konduktive Förderung nach Petö) aufgelistet ist, kann die Beklagte wegen § 54 Abs. 1 S. 2 SGB XII nicht zur Leistung verpflichtet werden. Die Leistungen der medizinischen Rehabilitation entsprechen den Reha-Leistungen der Krankenversicherung iSv §§ 6, 26 SGB IX. Zu den medizinischen Leistungen, die grundsätzlich nicht in den Bereich der Rehabilitation fallen, gehört deshalb die Krankenbehandlung der gesetzlichen Krankenversicherung (Nellissen in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 2. Aufl. 2015, § 26 SGB IX, Rn. 21). Übereinstimmung besteht darüber, dass sich die Kranken- bzw. Heilbehandlung auf den Zustand der Krankheit, die medizinische Rehabilitation auf den Zustand der Behinderung richtet (Nellissen aaO Rn. 22).

Aus den vorliegenden medizinischen Befunden ergibt sich, dass die konduktive Förderung des Klägers ab Januar 2007 überwiegend medizinischen Zwecken, nämlich der Erhaltung der Gehfähigkeit, diente. So bescheinigte Dr. D., orthopädische Klinik H.,in seinem Befundbericht vom 25.01.2007, dass der Kläger durch die Petö-Therapie weiterhin trotz der schweren Behinderung in Räumen mit Hilfsmitteln laufe. Dr. D. empfahl Krankengymnastik, auch mit Petö-Therapie, um die Gehfähigkeit zu erhalten. In einem weiteren Behandlungsbericht vom 31.03.2009 befand Dr. D., mittlerweile Behandlungszentrum A., zur Erhaltung der eingeschränkten Gehfähigkeit und Verhinderung einer weiteren Progredienz die konsequente Krankengymnastik mit Dehnungsübungen vor allem hüftübergreifend einschließlich der Petö-Therapie für notwendig. Prof. Dr. B., B., bescheinigte anlässlich einer neuroorthopädischen Sprechstunde im Befundbericht vom 27.10.2006, dass die konduktive Förderung den Bewegungs-Apparat in Anbetracht des Schweregrades der Grunderkrankung in einer ausgezeichneten Kondition gehalten habe. Es sei schade, wenn dieses Ergebnis durch einen Wegfall dieser Therapie gefährdet würde.

Zur Überzeugung des Senats liegt der Leistungszweck damit auf dem Ziel der medizinischen Rehabilitation, nämlich der Erhaltung der Gehfähigkeit und der Linderung der Beschwerden im Zusammenhang mit der 1996 erfolgten Hüftrekonstruktion. Ob daneben auch Teilhabezwecke i.S. der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft verfolgt wurden, lässt sich nicht beurteilen (siehe dazu die Stellungnahme des Fachdienstes Behindertenhilfe beim Beigeladenen zu 1 vom 18.12.2014). Dieser hat ausgeführt, dass auf Grund der vorliegenden Befunde acht Jahre in die Vergangenheit hinein keine Stellungnahme zum Teilhabebedarf mehr möglich sei. Damit kann sich auch der Senat die notwendige Überzeugung nicht verschaffen.

Nach dem personenzentrierten individuellen Maßstab (BSG, Urteil vom 23.08.2013, B 8 SO 24/11 R) bei der Beurteilung des Teilhabebedarfes ist zwar zu berücksichtigen, dass der Kläger nicht werkstattfähig ist und somit außer durch Krankengymnastik und gelegentliche begleitete Ausflüge (er erhält insoweit Eingliederungshilfe in Form einer Eingliederungshilfepauschale durch den Beigeladenen zu 1) auch durch die Teilnahme an der Petö-Therapie am Leben in der Gemeinschaft teilnimmt. Allerdings tritt dieser Zweck angesichts des medizinischen Zweckes (Erhaltung der Gehfähigkeit) deutlich in den Hintergrund.

Damit steht der Kostenübernahme der Beklagten § 54 Abs. 1 S. 2 SGB XII entgegen.

8. Eine Übernahme der Kosten der von Januar bis Juli 2007 erfolgten konduktiven Förderung durch Zahlung an die Beigeladene zu 2 scheitert zudem daran, dass weder eine Leistungs- und Vergütungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII zwischen den Beigeladenen bestand (siehe dazu unter a), noch ein Leistungsangebot im Sinne von § 75 Abs. 4 SGB XII (siehe dazu unter b) von der Beigeladenen zu 2 vorgelegt wurde. Auch ein Sonderfall, bei dem ausnahmsweise auf die Abgabe eines Leistungsangebotes verzichtet werden kann, liegt nicht vor (siehe dazu unter c).

a. Vereinbarungen für die Erbringung von Leistungen der konduktiven Förderung an Erwachsene als Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 75 Abs. 3 SGB XII liegen nicht vor. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 28.10.2008, B 8 SO 22/07 R) ist das Leistungserbringungsrecht in der Sozialhilfe im Bereich stationärer Leistungen (und ambulanter Dienste) durch ein sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis geprägt, das gesetzlich in den §§ 75 ff SGB XII als Sachleistungsprinzip in der Gestalt der Sachleistungsverschaffung/Gewährleistungsverantwortung ausgestaltet ist. Nach § 75 Abs. 3 SGB XII ist der Sozialhilfeträger zur Vergütung von Leistungen nur verpflichtet, wenn mit dem Träger einer Einrichtung eine Vergütungsvereinbarung besteht. Das gesetzliche Regelungskonzept geht aber davon aus, dass der Sozialhilfeträger die ihm obliegende Leistung nicht als Geldleistung an die Leistungsberechtigten erbringt, um diesen die Zahlung des Heimentgelts aus dem Heimvertrag zu ermöglichen, sondern dass die Zahlung direkt an die Einrichtung erfolgt, die für die Maßnahme verantwortlich ist. Der Sozialhilfeträger übernimmt in diesem Zusammenhang nur die Vergütung, die der Hilfeempfänger der Einrichtung schuldet und tritt damit (lediglich) einer bestehenden Schuld (als Gesamtschuldner) bei. Dadurch wird ein unmittelbarer Zahlungsanspruch der Einrichtung gegenüber dem Sozialhilfeträger geschaffen; der Primäranspruch des Leistungsberechtigten gegen den Sozialhilfeträger ist auf Zahlung an den Dritten gerichtet. Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten der Eingliederungshilfe im Grundverhältnis zwischen Sozialhilfeträger und Hilfebedürftigen besteht aber nur dann, wenn der Hilfebedürftige gegenüber dem Leistungserbringer tatsächlich zur Zahlung der Kosten verpflichtet ist (BSG Urteil vom 25.09.2014, B 8 SO 8/13 R, "Nachtwache").

Der Senat geht hier davon aus, dass der Kläger der Beigeladenen zu 2 gegenüber zur Zahlung der Kosten der konduktiven Förderung in der Zeit vom 01.01.2007 bis 31.07.2007 verpflichtet ist. Dies ergibt sich aus dem gerichtlichen Vergleich, der am 02.10.2009 vor dem Landgericht A-Stadt zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 2 geschlossen wurde. Das Fehlen eines schriftlichen Vertrages zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 2 ist unerheblich.

Eine Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII bestand für den streitgegenständlichen Zeitraum zwischen den Beigeladenen nicht. Die Zuständigkeit des Beigeladenen zu 1 zum Abschluss solcher Vereinbarungen mit Leistungserbringern ergibt sich aus § 75 Abs. 1 S. 2 SGB XII.

Eine solche Vereinbarung lag hier zwar zwischen dem Beigeladenen zu 1 und der Beigeladenen zu 2 hinsichtlich der Erbringung von Leistungen der konduktiven Förderung in einer HPT im Schulalter vor, der Kläger war aber nach Beendigung seiner Schulausbildung von dieser Vereinbarung nicht mehr erfasst. Die Leistungsvereinbarung vom Mai 2006 bezieht sich auf den Einrichtungstyp Heilpädagogische Tagesstätte im Schulalter mit dem Leistungstyp "teilstationäre Angebote zur Tagesbetreuung für körperlich und mehrfachbehinderte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in heilpädagogischen Tagesstätten (T-KJ-K-HPT)". Nach der Leistungsbeschreibung vom 13./22.05.2006 wurden als Hilfebedarfsgruppe Kinder im Schulalter von ca. 6 Jahren bis zum Ende des Schulbesuchs, Schulkindgruppe (18 Plätze) in Bezug genommen. Nach dem Leitbild der Einrichtung orientiert sich diese an der Gesamtpersönlichkeit des Kindes, dessen optimaler Förderung zur Erlangung maximaler Unabhängigkeit von Personen und Hilfsmitteln, wobei dies unter dem Aspekt der gezielten Therapie und einer kinderfreundlichen Umgebung erfolgen soll. Als Zielgruppe werden Kinder mit Körper- und Mehrfachbehinderung mit einem Aufnahmealter von ca. 6 Jahren bis zum Ende der Schulpflicht angegeben. Die Anzahl der Plätze ist mit 18, die der Gruppen mit 2 angegeben. Auch in den Prozessmerkmalen findet sich die Beschränkung auf Kinder von 6 Jahren bis zum Ende des Schulbesuchs. Ausweislich der Betreuungs- und Öffnungszeiten ergibt sich auch, dass die HPT an den Schulbesuch anschließen soll. Auch bei der Therapieplanung/Förderplanung wird auf den Schulbesuch eingegangen.

Damit fiel der Kläger mit Beendigung der Schulpflicht (Schuljahresende 2005/2006; damaliges Alter 23 Jahre) nicht mehr unter den Anwendungsbereich der bestehenden Vereinbarung vom Mai 2006 zur Förderung von Schulkindern. Eine Vereinbarung zwischen den Beigeladenen über die Leistungen der konduktiven Förderung in der HPT an erwachsene körper- und mehrfachbehinderte Menschen wurde nicht geschlossen. Die Voraussetzungen des § 75 Abs. 3 SGB XII sind somit nicht erfüllt (vgl. Flint in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, Kommentar, 5. Aufl. 2014, § 75 Rn. 43). Es lag ein sog. vertragsloser Zustand vor (Jaritz/Eicher in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 75 SGB XII, Rn. 133). Mangels einer Verhandlung über eine Leistungsvereinbarung zur konduktiven Betreuung von jungen Erwachsenen außerhalb der Schulpflicht konnte diesbezüglich auch keine Sperrwirkung Beachtung finden. Der Vorrang der Gewährung von Sozialhilfeleistungen auf der Grundlage von Vereinbarungen kommt nur effektiv zur Geltung, wenn er auch für die Zeit gilt, in der eine Vereinbarung - ggf. in der Modifikation durch einen Schiedsspruch - noch angestrebt wird und zustande kommen kann. Während der Verhandlungsphase ist es dem Leistungserbringer untersagt, den Verlauf der Verhandlungen durch den Abschluss präjudizierender individualvertraglicher Regelungen im Erfüllungsverhältnis zu beeinflussen (Sperrwirkung während der Verhandlungsphase; Jaritz/Eicher aaO Rn. 134).

b. Es fehlt auch an einem Leistungsangebot der Beigeladenen zu 2 nach § 75 Abs. 4 S. 2 SGB XII. Ist eine der in § 75 Abs. 3 SGB XII genannten Vereinbarungen nicht abgeschlossen, darf der Träger der Sozialhilfe Leistungen durch diese Einrichtung gem. § 75 Abs. 4 SGB XII nur erbringen, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles geboten ist. Hierzu hat der Träger der Einrichtung ein Leistungsangebot vorzulegen, das die Voraussetzung des § 76 SGB XII erfüllt, und sich schriftlich zu verpflichten, Leistungen entsprechend diesem Angebot zu erbringen. § 75 Abs. 4 SGB XII bezweckt die Deckung eines anderweitig nicht zu befriedigenden Bedarfs des Leistungsberechtigten und ist als Ausnahmeregelung zum Vereinbarungsprinzip des § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII restriktiv zu handhaben (siehe Flint, a.a.O., Schellhorn in Schellhorn; Hohm, Scheider, SGB XII Kommentar, 19. Auflage, § 75 Rn. 33). Weitere Voraussetzung für die Übernahme der Vergütung nach § 75 Abs. 4 SGB XII ist, dass die Besonderheiten des Einzelfalls die Leistungserbringung durch einen nicht vereinbarungsgebundenen Leistungserbringer gebieten. Die Besonderheiten des Einzelfalls müssen in der Person des Hilfeempfängers, nicht in Bezug auf den Leistungserbringer vorliegen, wobei das Wunsch- und Wahlrecht des Hilfeempfängers keine Besonderheit des Einzelfalls darstellt. Die Besonderheiten des Einzelfalls erfordern die Hilfegewährung durch einen nicht vereinbarungsgebundenen Leistungserbringer, wenn der Bedarf nicht durch einen vereinbarungsgebundenen Leistungserbringer gedeckt werden kann (objektive Unmöglichkeit) oder die Inanspruchnahme der Leistungen eines vereinbarungsgebundenen Leistungserbringers dem Hilfeempfänger nicht zumutbar ist (subjektive Unmöglichkeit). Objektive Unmöglichkeit ist anzunehmen, wenn das zur Bedarfsdeckung notwendige Leistungsspektrum von vereinbarungsgebundenen Leistungserbringern nicht vorgehalten wird. Allerdings zwingt der Ausnahmecharakter des § 75 Abs. 4 SGB XII den Sozialhilfeträger in diesem Fall dazu, zunächst den Abschluss einer Vereinbarung mit dem geeigneten und bislang nicht vereinbarungsgebundenen Leistungserbringer zu versuchen (Jaritz/Eicher aaO Rn. 137).

Ob hier die Besonderheiten des Einzelfalles in der Person des Klägers vorliegen, ist schon zweifelhaft. Der Kläger hat, wie eine Vielzahl während der Schulpflicht konduktiv geförderter anderer Hilfeempfänger, das subjektive Empfinden, dass der zuvor festgestellte Bedarf auch nach Erreichen der Altersgrenze vorliegt und befürchtet eine Verschlechterung der bislang erzielten Therapieerfolge. Damit liegt schon kein besonderer Einzelfall vor. Dies zeigt sich auch an der im September 2007 erfolgten Gründung des Vereins F. e.V., der für mehrere Hilfeempfänger jenseits der Schulpflicht ein konduktives Angebot eröffnete (siehe www.bkf-petoe.de/ F. A-Stadt e.V).

Letztlich fehlt es hier ohnehin an einem Leistungsangebot der Beigeladenen zu 2. Nach § 75 Abs. 4 S. 2 SGB XII muss der Leistungserbringer ein den inhaltlichen und formellen Vorgaben des § 76 SGB XII entsprechendes Leistungsangebot vorlegen und sich schriftlich verpflichten, die Leistung entsprechend diesem Angebot zu erbringen. Damit soll eine Besserstellung der nicht vereinbarungsgebundenen Leistungserbringer vermieden werden. Aufgrund des Verweises auf den gesamten Regelungsgehalt des § 76 SGB XII muss das Leistungsangebot Angaben zum Inhalt der Leistung, ihrer Vergütung und ihrer Prüfung enthalten. Wird ein Leistungsangebot abgegeben, beruht die Leistungserbringung nach § 75 Abs. 4 SGB XII auf einem einzelfallbezogenen quasi-öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne einer individuellen Zulassung (Jaritz/Eicher aaO Rn. 138). Da die Vorschrift des § 75 Abs. 4 Satz 2 SGB XII auf die Voraussetzungen des § 76 SGB XII insgesamt verweist, muss das schriftliche Angebot des Einrichtungsträgers die Inhalte der Leistungs- (§ 76 Abs. 1 SGB XII), Vergütungs- (§ 76 Abs. 2 SGB XII) und Prüfungsvereinbarung (§ 76 Abs. 3 SGB XII) abdecken (Flint a.a.O., Rn. 45).

Ein solches Angebot wurde im vorliegenden Fall nicht abgegeben. Insbesondere kann in der Einreichung der Abrechnungen für den streitigen Zeitraum, jeweils zum Ende des Monats, erstmals Ende Januar 2007, kein solches Leistungsangebot gesehen werden. Zum einen hat die Beigeladene zu 2 diese Rechnungen nicht an die Beklagte, sondern an den Kläger selbst geschickt, so dass darin schon deswegen kein Leistungsangebot an die Beklagte oder den Beigeladenen zu 1 gesehen werden kann. Die Rechnungen geben zudem nur Auskunft über die Zahl der geförderten Stunden und deren zeitliche Verteilung. Zwar hat die Beigeladene zu 2 damit (in Kenntnis des bestehenden vertragslosen Zustandes) signalisiert, dass sie die darin aufgeführten Leistungen zu den bisherigen Bedingungen weiter an den Kläger erbracht habe und dazu auch zukünftig bereit sei. Dies kann jedoch für die Abgabe eines Leistungsangebotes gem. § 75 Abs. 4 Satz 2 SGB XII jedenfalls dann nicht ausreichen, wenn sich der Zweck der Leistungserbringung (bis August 2006: Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung; ab Januar 2007: Hilfen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft) und somit der gesamte leistungsrechtliche Rahmen wesentlich geändert hat. Gem. § 76 Abs. 1 SGB XII muss die Leistungsvereinbarung (und somit auch das Leistungsangebot) unter anderem Art, Ziel und Qualität der Leistung festlegen. Ein Angebot über die Erbringung von Leistungen der konduktiven Förderung für Erwachsene muss sich also konkret auch auf die Ziele der Leistungserbringung beziehen, auch die Qualität der angebotenen Leistungen kann nicht isoliert von ihrer Zwecksetzung betrachtet werden. Im Übrigen ist überhaupt nicht erkennbar, wie (mit welchem Personal, zu welchen Betreuungszeiten, in welchen Räumen) die Beigeladene zu 2 die bisherige konduktive Betreuung der schulpflichtigen Kinder neben der Betreuung der Erwachsenen, nicht mehr Schulpflichtigen bewerkstelligen will. Es ist nämlich zu vermuten, dass die Beigeladene zu 2 personell und räumlich mit der Vorhaltung einer HPT im Schulalter mit 18 Plätzen während der Schulzeiten und an 30 Ferientagen, somit vereinbarungsgemäß an 215 Öffnungstagen, ausgelastet ist. Vorstellbar sind hier das Ausnutzen von nicht vollbelegten Zeiten während der üblichen Öffnungszeiten der HPT im Schulalter und das Ausweichen auf deren übliche Schließzeiten (Wochenende - allerdings Samstags erst nach 15 h, weil die HPT im Schulalter samstags von 9:00 -15:00 h geöffnet sein muss (Leistungsbeschreibung der HPT im Schulalter von Mai 2006-) und Großteil der Schulferien).

Auch der Kostenvoranschlag der Beigeladenen zu 2 vom 12.09.2006, der keinen Adressaten enthält und vom Kläger als Anlage zu seinem Widerspruch vom 23.11.2006 an die Beklagte gesandt wurde, enthält nicht die nach § 75 Abs. 4 S. 2 SGB XII erforderlichen Angaben. Zwar sind der Tagessatz, die Gruppe und der Gesamtzeit der Öffnung (215 Tage pro Jahr) genannt. Es erschließt sich aber auch hieraus nicht, mit welchen personellen und sachlichen Mitteln und mit welcher therapeutischen Zielsetzung eine konduktive Betreuung des Klägers erfolgen soll. Auch hier stellt sich wieder das Problem, dass der Kostenvoranschlag nicht von der Beigeladenen zu 2 an die Beklagte oder den Beigeladenen zu 1 gesandt wurde, sondern auf dem Umweg über den Kläger an die Beklagte gelangte. Ungeklärt bleibt auch in dem Kostenvoranschlag vom 12.09.2006, wie die Beigeladene zu 2 mit bestehendem Personal und Sachmitteln zusätzlich zu der Betreuung der schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen die Betreuung der Erwachsenen bewerkstelligen will (s.o.).

Vor diesem Hintergrund kann im vorliegenden Fall die Abgabe eines Leistungsangebots auch nicht als entbehrlich betrachtet werden. Hinzu kommt, dass ein Leistungsangebot grundsätzlich vor der Erbringung der Leistungen abzugeben ist, um dem Leistungsträger eine sachgerechte Prüfung zu ermöglichen.

c. Ein Sonderfall, bei dem es auf die Abgabe eines Leistungsangebotes nach § 75 Abs. 4 SGB XII nicht ankommt, liegt ebenfalls nicht vor. Die Vorlage eines solchen Leistungsangebots ist in Ausnahmefällen nicht Voraussetzung für die Übernahme der Vergütung eines nicht vereinbarungsgebundenen Leistungserbringers. Wegen des Bedarfsdeckungsgrundsatzes muss der Sozialhilfeträger auch bei Fehlen eines Leistungsangebots die Vergütung übernehmen, wenn eine anderweitige Deckung des Bedarfs ausgeschlossen ist. Grund hierfür sind die Gewährleistungspflicht bzw. Gewährleistungsverantwortung des Sozialhilfeträgers. Ist die Erbringung einer Leistung durch einen nicht vereinbarungsgebundenen Leistungserbringer nach den Besonderheiten des Einzelfalls geboten, wird aber kein Leistungsangebot vorgelegt, ist der Sozialhilfeträger gleichwohl aufgrund des Bedarfsdeckungsgrundsatzes verpflichtet, die Vergütung des Leistungserbringers zu übernehmen. Unter Umständen kann in Fallkonstellationen dieser Art der Sozialhilfeträger aufgrund seiner Gewährleistungspflicht (§ 17 Abs. 1 Nr. 1, 2 SGB I) bzw. seiner Gewährleistungsverantwortung auch zur Übernahme einer nicht dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit entsprechenden Vergütung verpflichtet sein. Eine dauerhafte Vergütungsübernahme ohne vertragliche Grundlage ist jedoch vor dem Hintergrund der Grundkonzeption des sozialhilferechtlichen Leistungserbringungsrechts, das vorrangig eine Leistungsgewährung auf der Grundlage von Vereinbarungen vorsieht, grundsätzlich nicht gerechtfertigt (Jaritz/Eicher aaO Rn. 139, 147).

Ein solcher Sonderfall liegt hier schon deswegen nicht vor, weil der Kläger letztlich eine dauerhafte Versorgung mittels konduktiver Förderung anstrebte. Im Übrigen handelt es sich bei dem Bedarf des Klägers vorrangig um einen solchen der medizinischen Reha (s.o.).

9. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und berücksichtigt das Unterliegen des Klägers.

10. Gründe für die Zulassung der Revision nach § §160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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