L 19 AS 2333/14

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 4 AS 5/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 2333/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 29.10.2014 geändert. Der Bescheid vom 18.07.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2013 wird aufgehoben. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die teilweise Aufhebung und Rückforderung vorläufig bewilligter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

Der 1971 geborene Kläger stand gemeinsam mit seiner seit 2014 geschiedenen Ehefrau und seinen beiden Töchtern bei dem Beklagten im laufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie bewohnten die Wohnung M-straße 00 in B, für die Kosten i.H.v. insgesamt 584,20 EUR monatlich anfielen (Grundmiete 394,20 EUR + Betriebskostenvorauszahlungen 125,00 EUR + Heizkostenvorauszahlungen 65,00 EUR). Im Januar 2013 teilte der Kläger mit, seine Ehefrau und seine Kinder seien aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen. Der Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 24.01.2013 für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis zum 30.06.2013 vorläufig nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB III Leistungen nach dem SGB II i.H.v. insgesamt 966,20 EUR monatlich unter Berücksichtigung eines Regelbedarfs für Alleinstehende i.H.v. 382,00 EUR und eines monatlichen Bedarfs für Unterkunft und Heizung i.H.v. 584,20 EUR. Er berücksichtigte kein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit. Eine abschließende Entscheidung sei erst möglich, wenn die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben aus der selbständigen Tätigkeit feststünden.

Am 25.04.2013 wurde die Wohnung des Klägers in dessen Beisein zwangsgeräumt. Aufgrund der bei der Zwangsräumung erlittenen Verletzungen befand sich der Kläger bis zum Ablauf des Bewilligungsabschnittes in stationärer Behandlung. Der Gerichtsvollzieher lagerte die Sachen des Klägers ein.

Mit Schreiben vom 28.06.2013 hörte der Beklagte den Kläger im Hinblick auf die beabsichtigte Aufhebung des ihm gewährten Bedarfs für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 25.04.2013 bis zum 30.06.2013 an und stellte die Festsetzung einer Erstattungsforderung von insgesamt 1.285,24 EUR in Aussicht. Die Kosten für Unterkunft und Heizung seien bis zum 30.06.2013 berücksichtigt worden, obgleich die Wohnung des Klägers am 25.04.2013 zwangsgeräumt worden sei. Seiner Mitteilungspflicht sei er grob fahrlässig nicht rechtzeitig nachgekommen. Für den Zeitraum vom 25.04.2013 bis 30.04.2013 habe er einen Betrag in Höhe von 116,84 EUR sowie für die Monate Mai und Juni 2013 in Höhe von jeweils 584,20 EUR zu erstatten. Auf die Anhörung teilte der Kläger am 10.07.2013 mit, er sei am 25.04.2013 nicht im Stande gewesen, die näheren Umstände zu melden.

Mit Bescheid vom 18.07.2013 hob der Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 24.01.2013 hinsichtlich des gewährten Bedarfs für Unterkunft im Zeitraum vom 25.04.2013 bis 30.06.2013, gestützt auf § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X, vollständig auf und forderte vom Kläger einen Betrag i.H.v. insgesamt von 1.285,24 EUR zurück. Die Erstattungsforderung werde in monatlichen Raten von 76,40 EUR aufgerechnet.

Den dagegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.12.2013 zurück. Die Zwangsräumung am 25.04.2013 habe eine Änderung der Verhältnisse dargestellt. Dem Kläger habe klar sein müssen, dass er für die Zeit ab Räumung der Wohnung keine Leistungen hierfür mehr habe beanspruchen können. Es sei auch für einen rechtsunkundigen Bürger als Selbstverständlichkeit zu betrachten, dass eine Wohnung, die zwangsgeräumt werde, keine Kosten mehr verursache, die aus öffentlichen Fürsorgemitteln bezahlt werden könnten. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht daraus, dass der Kläger die Miete gezahlt habe. Der Kläger habe offensichtlich seinen Dauerauftrag nicht widerrufen. Er habe zudem nicht die volle Miete gezahlt. Die Aufhebung beruhe auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X. Auch die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X seien erfüllt. Der Kläger habe die Zwangsräumung erst wesentlich verspätet mitgeteilt. Er sei auch offensichtlich nicht aufgrund seines stationären Krankenhausaufenthaltes an der Mitteilung gehindert gewesen, denn er sei nicht daran gehindert gewesen, am 15.05.2013 einen Folgeantrag zu stellen.

Hiergegen hat der Kläger am 02.01.2014 Klage erhoben.

Das Sozialgericht Aachen hat die Klage mit Urteil vom 29.10.2014 abgewiesen. Die Voraussetzungen für eine teilweise der Aufhebung des Bewilligungsbescheides nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X für die Zeit ab dem 25.04.2013 seien gegeben. Mit der Zwangsräumung der Wohnung sei eine wesentliche Änderung der Verhältnisse i.S.v. § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X hinsichtlich der Bedarfe nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II eingetreten, da die Kosten für die Wohnung in der M-straße 00 in B vollständig entfallen seien. Der Kläger habe zumindest grob fahrlässig nicht gewusst, dass der Beklagte ab dem Zeitpunkt der Zwangsräumung nicht mehr verpflichtet sei, die Kosten für die zwangsgeräumte Wohnung übernehmen. Auf die weiteren Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das ihm am 03.12.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04.12.2014 Berufung eingelegt.

Der Kläger stellt keinen Antrag.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte die Streitsache verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist. Er ist mit der ordnungsgemäßen Ladung auf die Möglichkeit dieser Verfahrensweise, deren Zulässigkeit sich aus dem Regelungsgehalt der §§ 153 Abs. 1, 110, 126 SGG ergibt, hingewiesen worden. Das persönliche Erscheinen des Klägers, der hinreichend Gelegenheit hatte, sich schriftsätzlich zu äußern, war lediglich zum Zweck der Erörterung der Sach- und Rechtslage und nicht zum Zweck einer weiteren Sachverhaltsaufklärung angeordnet worden.

Die zulässige Berufung ist begründet.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 18.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2013, mit dem der Beklagte die durch Bescheid vom 24.01.2013 für die Zeit vom 01.01.2013 bis zum 30.06.2013 erteilte vorläufige Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II wegen der am 25.04.2013 erfolgten Zwangsräumung der vom Kläger vormals bewohnten Wohnung "teilweise in Höhe von 1285,24 EUR aufgehoben" und eine Erstattungsforderung in entsprechender Höhe festgesetzt hat. Hiergegen wendet sich der Kläger - wie seinem erstinstanzlich gestellten Klageantrag zu entnehmen ist - zu Recht mit der isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 1. Alt. SGG).

Der Sachentscheidung entgegenstehende prozessuale Hindernisse bestehen nicht. Insbesondere fehlt es nicht deshalb an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklage, weil der Kläger im Erfolgsfall mit einer ihn ebenso nachteiligen abschließenden Entscheidung nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 3 S. 2 SGB III zu rechnen haben könnte. Denn auf einen solchen möglichen weiteren Geschehensablauf kommt es nicht an (vgl. BSG, Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 31/14 R).

Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Nach Wegfall der Voraussetzungen für die zunächst nur vorläufige Bewilligung der existenzsichernden Leistungen hatte der Beklagte nach Ablauf des Bewilligungsabschnittes am 30.06.2013 anstelle des auf § 48 SGB X gestützten Änderungsbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit eine endgültige Bewilligungsentscheidung nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 3 S. 2 SGB III zu treffen, woran es hier fehlt. Demgemäß hat auch die angefochtene Erstattungsverfügung keine Grundlage.

Die Rechtmäßigkeit der geänderten Leistungsbewilligung beurteilt sich ausschließlich an den für die abschließende Entscheidung nach vorangegangener vorläufiger Bewilligung maßgebenden Vorschriften des § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 SGB III. Keine Grundlage findet sie dagegen in den für die Aufhebung eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse einschlägigen Bestimmungen von § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 S. 1 SGB III sowie § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X (siehe hierzu BSG, Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 31/14 R -; vgl. auch BSG, Urteil vom 01.07.2010 - B 11 AL 19/09 R - BSGE 106, 244, wonach bei einer Vorschussleistung i.S.v. § 42 SGB I der Gesetzgeber die Voraussetzungen für die Rückabwicklung zu Unrecht erbrachter Leistungen insgesamt abweichend von den Regelungen für endgültige Leistungen in einer eigenen Vorschrift normiert hat und anders als bei endgültigen Leistungen eine Anwendung der §§ 44 ff. SGB X ausgeschlossen ist).

Zwar ist durch die Zwangsräumung der Wohnung und den damit verbundene Entfall von Kosten für diese Wohnung eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen i.S.v. § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X eingetreten, die dem Bewilligungsbescheid vom 24.01.2013 zugrunde gelegen haben. Jedoch hat der Beklagte im Hinblick auf das noch ungeklärte Einkommen des Klägers aus selbständiger Tätigkeit über den geltend gemachten Leistungsanspruch durch Bescheid vom 24.01.2013 zunächst (nur) im Wege der vorläufigen Entscheidung nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 SGB III bestandskräftig befunden, wobei sich der Vorläufigkeitsvorbehalt auf die Höhe der gewährten Leistungen - 966,20 EUR monatlich - und nicht auf einzelne Berechnungselemente bezogen hat. Nachdem feststand, dass der Kläger in der Zeit ab dem 25.04.2013 aufgrund der Zwangsräumung seiner von ihm vormals bewohnten Wohnung keinen Anspruch mehr auf Gewährung der ihm i.H.v. 584,20 EUR monatlich bewilligten Kosten für Unterkunft und Heizung hatte, hätte der Beklagte nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes eine endgültige Entscheidung über das streitbefangene Leistungsbegehren nach § 328 Abs. 3 S. 1 SGB III treffen müssen und durfte sich nicht lediglich auf eine (fortschreibende) Änderung der vorläufigen Bewilligung in Form einer teilweisen Aufhebung der vorläufigen Bewilligung mit Wirkung für die Vergangenheit beschränken.

Soweit das BSG in seinem Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 31/14 R - offen gelassen hat, ob die Vorschriften der §§ 44 ff. SGB X im Anwendungsbereich von § 328 SGB III generell verdrängt sind oder ob die Korrektur vorläufiger Bewilligungen partiell auch auf die allgemeinen Vorschriften der §§ 44 ff. SGB X zu stützen und im Hinblick auf Vertrauensschutz an ihnen zu messen sein kann, ist der Senat der Auffassung, dass bei wesentlichen Änderungen der Verhältnisse während des noch laufenden Bewilligungsabschnittes eine Korrektur vorläufiger Bewilligungsbescheide - zu Gunsten oder zu Ungunsten des Betroffenen - mit Wirkung für die Zukunft, d.h. mit Auswirkungen für die vorläufigen Leistungen während des laufenden Bewilligungsabschnittes, nach Maßgabe von § 48 SGB X möglich und geboten sein kann. Insoweit werden die Vorschriften der §§ 44 ff. SGB X nicht durch § 328 SGB III verdrängt. Nach Ablauf des Bewilligungsabschnittes kann der Beklagte aber nicht durch Erlass von Änderungsbescheiden nachträglich mit Wirkung für die Vergangenheit auf Änderungen der Verhältnisse, die von dem Vorläufigkeitsvorbehalt erfasst sind, reagieren. Daher hätte der Beklagte vorliegend nach Ablauf des Bewilligungsabschnittes am 30.06.2013 eine endgültige Entscheidung über das Leistungsbegehren des Klägers treffen müssen.

Insbesondere Sinn und Zweck von § 328 SGB III gebieten, jedenfalls in den Fällen des § 328 Abs. 3 SGB III die vorläufige Leistungsbewilligung nach Wegfall der Gründe für die nur vorläufige Bescheidung des Leistungsbegehrens durch eine endgültige Entscheidung zu ersetzen. Vorläufigen Entscheidungen nach dem Sozialgesetzbuch kommt nach Zweck und Bindungswirkung allein die Funktion zu, eine (Zwischen-)Regelung bis zur endgültigen Klärung der Sach- und Rechtslage zu treffen. Vorläufig bewilligte Leistungen sind daher als aliud gegenüber endgültigen Leistungen anzusehen, deren Bewilligung keine Bindungswirkung für die endgültige Leistung entfaltet (vgl. BSG, Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 31/14 R - m.w.N.).

Folgerichtig können Leistungsbezieher nach § 328 Abs. 2 SGB III schon dann nicht darauf verwiesen werden, auf eine endgültige Entscheidung über den erhobenen Anspruch zu verzichten, wenn keine Änderung gegenüber den ursprünglichen Annahmen eingetreten ist. Umso mehr muss dies gelten für Adressaten vorläufiger Bescheide, bei denen abschließend - wie hier infolge der Zwangsräumung der vom Kläger ehedem bewohnten Wohnung - neue Umstände zu berücksichtigen sind, die für die Ermittlung des Bedarfs relevant und Berechnungsgrundlage für die vom Vorläufigkeitsvorbehalt erfasste Leistungshöhe sind. Zur Beseitigung der Unklarheit über die Höhe der endgültig zustehenden Leistungen ist deshalb von Amts wegen notwendig eine das Verwaltungsverfahren auf den ursprünglichen Leistungsantrag abschließende Entscheidung (vgl. § 8 SGB X) nach Maßgabe von § 328 Abs. 3 S. 1 sowie ggfs. S. 2 Halbs. 1 SGB III zu treffen (vgl. BSG, Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 31/14 R - unter Hinweis auf BSG, Urteile vom 28.06.1990 - 4 RA 57/89 - BSGE 67, 104, 109 f und vom 09.05.1996 - 7 RAr 36/95 - SozR 3-4100 § 112 Nr. 28: Eicher/Greiser in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 40 Rn. 54; Aubel in jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 40 Rn. 72; Kallert in Gagel, SGB II/SGB III, § 328 Rn. 75, Stand März 2015; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB III, K § 328 Rn. 133, Stand Mai 2012; Greiser in Eicher/Schlegel, SGB III, § 328 Rn. 5, Stand Februar 2013).

Als in diesem Sinne abschließende Entscheidung über das zunächst nur vorläufig beschiedene Leistungsbegehren genügt die Regelungswirkung eines bloßen Änderungsbescheids nach § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X nicht (vgl. BSG, Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 31/14 R). Denn den Anforderungen an eine iS von § 328 Abs. 3 SGB III "abschließende Entscheidung" genügt nur ein Bescheid, der den ursprünglichen Vorläufigkeitsvorbehalt aufhebt und die begehrte Leistung als die "zustehende Leistung" endgültig zuerkennt, was nach Auffassung des Bundessozialgerichts mit einem Änderungsbescheid nach § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X regelmäßig nicht zum Ausdruck gebracht wird. Nicht entscheidend für die hier maßgebende Rechtsgrundlage ist deshalb, ob der vorläufigen Entscheidung ein (noch) geringeres Maß an Vertrauensschutz zukommt als er durch § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X vermittelt wird. Maßgebend für die vorliegend zu treffende Entscheidung ist vielmehr, ob auch für jeden Außenstehenden kein Zweifel über die nunmehr endgültige Bindungswirkung der abschließenden Entscheidung bestehen kann; andernfalls wäre dem Schutzzweck der endgültigen Bewilligung im Hinblick auf ihre Funktion für den Vertrauensschutz insbesondere nach den §§ 45 und 48 SGB X nicht genügt.

Die hieraus sich ergebenden Anforderungen an die endgültige Bewilligung der dem Kläger im streitbefangenen Zeitraum zustehenden Leistungen wahrt der angefochtene "Aufhebungs-" bescheid vom 18.07.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.12.2013 nicht. Ausdrücklich enthält der Bescheid eine abschließende Regelung nicht; dem Wortlaut nach beschränken sich die Verfügungssätze darauf, dass die erteilte Bewilligung teilweise "aufgehoben" und eine entsprechende Erstattungsforderung festgesetzt wird. Dem angefochtenen Bescheid kann auch im Übrigen keine Regelung des Inhalts entnommen werden, dass dem Kläger nunmehr endgültige Leistungen zuerkannt worden sind. Dies gilt hier schon deshalb, weil sich der Aufhebungsbescheid nur über einen Teil-Zeitraum (25.04.2013 bis 30.06.2013) verhält, während dem Kläger vorläufig Leistungen für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis zum 30.06.2013 bewilligt worden waren.

Aus diesen Gründen kommt hier auch eine Umdeutung in einen endgültigen Leistungsbescheid nicht in Betracht (vgl. auch BSG, Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 31/14 R - ohne allerdings auf das Urteil des 11. Senats vom 01.07.2010 - B 11 AL 19/09 R - BSGE 106, 244 einzugehen). Die Umdeutung eines fehlerhaften Verwaltungsakts in einen anderen Verwaltungsakt setzt nach § 43 Abs. 1 SGB X voraus, dass der Verwaltungsakt, in den umgedeutet wird, auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig erlassen werden konnte und die Voraussetzungen für den Erlass dieses Verwaltungsaktes erfüllt sind. Das könnte hier nur angenommen werden, wenn dem streitbefangenen Bescheid in einer den aufgezeigten Grundsätzen genügenden Weise entnommen werden könnte, dass nunmehr eine abschließende Entscheidung über den Leistungsanspruch der Kläger im streitbefangenen Zeitraum getroffen werden sollte. Daran fehlt es indes gerade.

Mangels einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden abschließenden Entscheidung über den Leistungsanspruch der Kläger i.S.v. § 328 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 SGB III fehlt es schließlich an einer hinreichenden Grundlage für die festgesetzte Erstattungsforderung. Voraussetzung für sie ist, dass mit der endgültigen Entscheidung "ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt" worden ist. Ohne eine solche Entscheidung kann der streitbefangene Bescheid auch hinsichtlich der Erstattung selbst dann keinen Bestand haben, wenn deren Höhe zutreffend bestimmt sein sollte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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