L 8 SO 273/13

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 21 SO 4428/09
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 8 SO 273/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1.
Hinsichtlich der Ersparnis durch die Mittagessenseinnahme in der WfbM ist nicht von dem tatsächlichen Wert der den Bedarf anderweitig deckenden Leistung auszugehen, sondern es ist der pauschalierte monatliche Regelsatz um den in ihm für den Bedarf normativ vorgesehenen Betrag abzusenken (Anschluss an BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 21/06 R, juris).

2.
Die Fortschreibung der Höhe des Anteils des Mittagessens am Tagesbedarf für die Zeit ab dem 1. Juli 2007 erfolgt nach der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 1998.

3.
Der monatliche Regelsatz ist, weil auf die tatsächliche anderweitige Deckung des Bedarfs abzustellen ist, lediglich für die Tage abzusenken, an denen der Hilfebedürftige am Mittagessen in der WfbM teilgenommen hat (Anschluss an BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 21/06 R, juris).

4.
Die Änderung von Leistungen i. S. d. § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB XII betrifft nur solche Änderungen, die während eines Bewilligungszeitraumes eintreten. Hat der Träger der Sozialhilfe dagegen einen rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsakt erlassen und sind deshalb Grundsicherungsleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden, ist die Regelung des § 44 SGB X anzuwenden und der Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.




5.
Bei dem Absetzungsbetrag wegen selbständiger oder nicht selbständiger Tätigkeit nach § 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XII ist von dem Bruttobetrag des damit erworbenen Einkommens auszugehen.

6.
Das Arbeitsförderungsentgelt nach § 43 Satz 4 SGB IX gehört nicht zum Entgelt i. S. d. § 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XII, von dem der weitere Freibetrag zu berechnen ist.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 2. Oktober 2012 abgeändert und die Klage im vollen Umfang abgewiesen. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von höheren Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Er-werbsminderung im Zeitraum vom 1. Juli 2009 bis 30. Juni 2010.

Die 1981 geborene Klägerin lebte im streitigen Zeitraum gemeinsam mit ihrer Mutter, welche zugleich ihre Betreuerin ist, in einer 84 m² großen Mietwohnung in der G.-H.-Straße , G. Für die Wohnung entstanden Kosten in Höhe von monatlich 595 Euro (420 Euro Kaltmiete, 150 Euro Nebenkostenvorauszahlung, 25 Euro Pkw-Stellplatz). Der Mietvertrag wurde zwischen der Mutter der Klägerin und dem Vermieter abgeschlossen.

Die Klägerin ist von Geburt an infolge einer frühkindlichen Hirnschädigung körperlich und geistig behindert. Bei ihr ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 mit den Merkzeichen "G", "B" und "H" anerkannt. Sie ist seit dem 25. August 2005 im Arbeitsbereich einer Werk-statt für behinderte Menschen (WfbM) tätig. Der Bruttolohn, welcher ausweislich der dem Schriftsatz der Klägerin vom 25. Juni 2012 beigefügten Kontoauszüge jeweils im laufenden Monat zufloss, betrug im Juli 2009 209,54 Euro, in den Monaten August 2009 bis Oktober 2009, Dezember 2009 bis Februar 2010 sowie Mai 2010 und Juni 2010 jeweils 128,08 Euro, im November 2009 178,08 Euro, im März 2010 124,88 Euro und im April 2010 127,44 Euro. Darin enthalten waren ein Arbeitsförderungsgeld in Höhe von monatlich 26 Euro sowie in den Monaten Juli 2009 und November 2009 eine Leistungszulage in Höhe von jeweils 50 Euro. Die Beiträge zur Pflegeversicherung betrugen im Jahr 2009 monatlich 1,26 Euro und im Jahr 2010 monatlich 1,28 Euro.

Der Vater der Klägerin, welcher von der Mutter getrennt lebt, zahlte im streitigen Zeitraum für die Klägerin Unterhalt in Höhe von monatlich 110 Euro. Die Unterhaltszahlung erfolgte durch Überweisung auf das Konto der Mutter der Klägerin.

Die Klägerin bezieht seit 2003 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bei der Beklagten.

Am 3. Juni 2009 beantragte sie, vertreten durch ihre Betreuerin, die Weiterbewilligung von Leistungen nach dem SGB XII für die Zeit ab dem 1. Juli 2009.

Die Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 15. Juni 2009 Leistungen der Grund-sicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für den Zeitraum 1. Juli 2009 bis 30. Juni 2010 in Höhe von monatlich 306,27 Euro. Der Berechnung legte sie einen Regelbedarf in Höhe von 287 Euro nebst Mehrbedarf nach § 30 Abs. 1 SGB XII in Höhe von 48,79 Euro sowie Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 232 Euro zugrunde. Bedarfsmindernd berücksichtigte sie ein durchschnittliches Arbeitsentgelt in Höhe von 115,75 Euro (bereinigt: 49,26 Euro) sowie einen Unterhalt von 212,26 Euro.

Gegen den Bescheid vom 15. Juni 2009 legte die Klägerin am 2. Juli 2009 Widerspruch bei der Beklagten ein. Sie war der Auffassung, der Regelsatz sei nach einem Haushaltsvorstand, mithin in Höhe von 359 Euro, zu bemessen. Die Kosten der Unterkunft und Heizung seien nicht in tatsächlicher Höhe berücksichtigt worden; zudem entfalle eine Betriebskostennachzahlung in Höhe von 174,76 Euro auf die Klägerin. Auch erhalte sie von ihrem Vater keinen Unterhalt in Höhe von 212,26 Euro.

Mit Bescheid vom 5. November 2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin 174,76 Euro für die Betriebskostennachforderung.

Ebenfalls mit Bescheid vom 5. November 2009 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Der Regelsatz betrage 80 v. H. des Regelsatzes von 359 Euro, da die Klägerin nicht Haushaltsvorstand sei. Als solcher sei eine Person anzusehen, die nach ihrer Stellung in der Haushaltsgemeinschaft für die Generalkosten der gemeinsamen Haushaltsführung aufzukommen habe. Da die Klägerin mit ihrer Mutter in Haushaltsgemeinschaft lebe, sei diese als Haushaltsvorstand anzusehen. Die Unterkunftskosten seien nach einer angemessenen Wohnfläche von 75 m² unter Berücksichtigung der Werte der Unterkunftsrichtlinie der Stadt G. vom 1. Dezember 2007 berechnet worden. Nach den vorliegenden Unterlagen erhalte die Klägerin von ihrem Vater Unterhalt in Höhe von monatlich 212,26 Euro. Mögliche Änderungen seien der Beklagten nicht mitgeteilt worden. Für die Berücksichtigung des Unterhalts sei der tatsächliche Zufluss maßgeblich, unabhängig davon, auf welches Konto der Unterhalt überwiesen werde.

Mit Bescheid vom 6. November 2009 hat die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 1. Dezember 2009 bis 30. Juni 2010 monatlich 283,31 Euro gewährt. Zur Begründung hat sie angegeben, die Klägerin habe sich mit Schreiben vom 10. Januar 2009 mit einer monatlich pauschalen Anrechnung der häuslichen Ersparnis auf das kostenlose Mittagessen in der WfbM einverstanden erklärt. Diese Ersparnis werde ab dem 1. Dezember 2009 bei der Berechnung des Grundsicherungsanspruchs berücksichtigt.

Gegen den Bescheid vom 6. November 2009 legte die Klägerin am 4. Dezember 2009 erneut Widerspruch bei der Beklagten ein. Neben der Höhe des Regelsatzes und der Kosten der Un-terkunft und Heizung gab sie an, es sei nicht erkennbar, ob sich der in Ansatz gebrachte Betrag für das kostenlose Mittagessen nach dem Regelsatz eines Alleinstehenden bemesse. Der Unterhalt in Höhe von 212,26 Euro sei nicht anzurechnen, da er durch die Betreuerin für die Klägerin zweckgebunden einzusetzen sei.

Mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2009 hat die Klägerin am 7. Dezember 2009 gegen den Wi-derspruchsbescheid vom 5. November 2009 Klage beim Sozialgericht Altenburg erhoben. In Ergänzung zu ihrem Vorbringen im Widerspruchsverfahren meint sie, der Unterhalt betrage im streitigen Zeitraum monatlich 110 Euro. Mit Wirkung zum 1. Februar 2012 habe sie zudem – unter Hinzuziehung eines Zusatzbetreuers - mit ihrer Mutter einen Untermietvertrag abgeschlossen. Der Miete belaufe sich danach auf monatlich 442,85 Euro.

Mit Bescheid vom 9. April 2010 hat die Beklagte die Bewilligung im streitigen Zeitraum ab-geändert, wobei für den Zeitraum 1. Juli 2009 bis 30. November 2009 monatlich 390,51 Euro, für den Zeitraum 1. Dezember 2009 bis 28. Februar 2010 monatlich 361,79 Euro und für die Monate März 2010 und April 2010 monatlich 464,05 Euro ausgewiesen wurden. Zur Begründung hat sie angegeben, es werde ab dem 1. Juli 2009 der Eckregelsatz für den Haushaltsvorstand gewährt, dementsprechend erfolge eine Korrektur des Mehrbedarfs nach § 30 Abs. 1 SGB XII sowie der pauschalen Kürzung des Regelsatzes für die Teilnahme am kostenlosen Mittagessen in der WfbM, und ab März 2010 werde der nachgewiesene Unterhaltsbetrag von 110 Euro berücksichtigt.

Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 2. Oktober 2012 verurteilt, der Klägerin im Dezember 2009 weitere 30,07 Euro, im Januar 2010 weitere 13,99 Euro und im Februar 2010 weitere 8,68 Euro zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und für die Beklagte die Berufung zugelassen. Die Beklagte habe zutreffend anerkannt, dass der Regelsatz für die Klägerin 359 Euro betrage. Sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung von Empfängern von Leistungen nach dem SGB XII und dem SGB II – für letztere seien prozentuale Abschläge von der Regelleistung nur bei Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft vorgesehen – seien nicht erkennbar. Die abweichende Feststellung des Bedarfs nach § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII a. F. aufgrund des kostenlosen Mittagessens in der WfbM sei zulässig. Allerdings gebe es für die von der Beklagten vorgenommene pauschalierte Absenkung keine gesetzliche Grundlage. Der Regelsatz müsse vielmehr in dem Umfang abgesenkt werden, in dem der Bedarf des Leistungsberechtigten tatsächlich gedeckt sei. Die zwischen den Beteiligten getroffene Vereinbarung einer pauschalen Berechnung sei nach § 58 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 134 BGB nichtig. Sie verstoße gegen § 53 Abs. 2 SGB X. Danach sei ein öffentlich-rechtlicher Vertrag über Sozialleistungen nur möglich, soweit die Erbringung von Leistungen im Ermessen des Leistungsträgers stehe. Die Erbringung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung stehe jedoch weder dem Grunde noch der Höhe nach im Ermessen des Sozialhilfeträgers. Einen Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung habe die Klägerin im streitigen Zeitraum nicht. Nach dem Wortlaut des 29 SGB XII a. F. komme nur die Berücksichtigung tatsächlich anfallender Kosten als die Hilfebedürftigkeit begründender Bedarf in Betracht, wenn eine hilfebedürftige Person mit nichthilfebedürftigen verwandten Personen in Haushaltsgemeinschaft lebe. Tatsächlich anfallende Kosten seien bei der Klägerin im streitigen Zeitraum aber nicht vorhanden gewesen; sie habe vielmehr mietfrei in der von ihrer Mutter gemieteten Wohnung gelebt. Soweit von der Beklagten Kosten der Unterkunft gewährt worden seien, dürfe allerdings keine "Verrechnung" mit bestehenden höheren Ansprüchen auf Regel- und Mehrbedarf erfolgen, da insoweit die Bestandskraft zu beachten sei. Dabei sei unerheblich, dass der Bescheid der Beklagten nicht ohne Zweifel mehrere einzelne Verfügungen enthalte, denn diese ergäben sich zumindest unter Berücksichtigung der materiell-rechtlichen Regelungen durch Auslegung. Bei der Ermittlung der rechtmäßig zustehenden Höhe an Regel- und Mehrbedarf sei allerdings aufgrund des tatsächlich nicht bestehenden Anspruchs auf Erbringung von Leistungen für Unterkunft und Heizung das gesamte Einkommen auf den Regel- und Mehrbedarf anzurechnen. Der monatliche Unterhalt des leiblichen Vaters der Klägerin sei in Höhe von 110 Euro als Einkommen zu berücksichtigen. Das Gericht schließe sich insoweit in vollem Umfang der Auffassung des Thüringer Landessozialgerichts (Urteil vom 25. Januar 2012 – L 8 SO 835/08) an. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei dieser Betrag jedoch bereits ab 1. Juli 2009 in Ansatz zu bringen. Auf den Zeitpunkt der Mitteilung der Änderung komme es nach § 44 Abs. 1 SGB XII nur an, wenn eine Änderung während des Bewilligungszeitraumes eintrete, nicht dagegen, wenn sie schon vor dem Erlass des Bewilligungsbescheides eingetreten sei. Grundsätzlich zu Recht berücksichtigt worden sei von der Beklagten das Werkstatteinkommen. Allerdings gebe es keine gesetzliche Grundlage für die Bildung eines Durchschnittswertes, sondern es sei das im jeweiligen Monat erzielte Entgelt zu berücksichtigen. Vom Einkommen in Abzug zu bringen seien die Pflicht-beiträge zur Pflegeversicherung, die Arbeitsmittelpauschale in Höhe von 5,20 Euro, das Ar-beitsförderungsentgelt von 26 Euro sowie ein Freibetrag nach § 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XII. Bei der Berechnung dieses Freibetrages sei das Arbeitsförderungsentgelt nicht zu berücksichtigen, da es sich nicht um Entgelt i. S. d. Vorschrift handele.

Gegen das ihnen am 17. und 18. Januar 2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11. Februar 2013 und die Beklagte am 15. Februar 2013 Berufung zum Thüringer Landessozialgericht eingelegt.

Die Klägerin ist der Auffassung, der Mehrbedarf könne nicht durch eine Pauschale abgedeckt werden. Der Klägerin sei es zu ermöglichen, dass sie ihren Bruder im 14-tägigen Rhythmus in N. besuchen könne, außerdem besuche sie einmal im Monat das Grab ihres Stiefvaters in Sch. mit einem Blumenstrauß im Wert von ca. 15 Euro sowie ihre Freundin in A. Allein durch diese regelmäßigen Besuche, die der Klägerin gut tun und das Fortschreiten der Krankheit wenigstens abbremsen, müssten ca. 400 km zurückgelegt werden. Hierfür sei das Unterhalten eines Pkw mit monatlichen Versicherungsleistungen von 30,81 Euro sowie der Stellplatzmiete in Höhe von 25 Euro erforderlich. Aufgrund der günstigen Verkehrsanbindungen in der Stadt G. benötige die Mutter der Klägerin für sich selbst kein Fahrzeug; dieses komme aus-schließlich der Klägerin zugute. Unter Berücksichtigung weiterer Therapiesitzungen müssten monatlich ca. 500 km gefahren werden. Bei 30 Cent je gefahrenen Kilometer ergebe sich zugunsten der Klägerin ein Bedarf von 150 Euro. Der Unterhalt könne nicht berücksichtigt werden, da dieser bereits über die Mutter zugunsten der Klägerin verwandt werde. Die Minderung des Regelbedarfs um die Teilnahme am kostenlosen Mittagessen sei nicht angezeigt, denn die Klägerin bzw. ihre Mutter seien dennoch gezwungen gewesen, ausreichend Essensvorräte bei sich vorzuhalten. Zudem sei sie auf hochwertige Lebensmittel angewiesen. Die Unterkunftskosten seien anteilig zu berücksichtigen. Denn die Beklagte könne kaum davon ausgehen, dass die Klägerin ohne Beteiligung an den Unterkunftskosten kostenfrei bei ihrer Mutter wohne. Die angemessenen Kosten seien für die Klägerin auch konkret feststellbar, da es inzwischen einen Untermietvertrag gebe.

Am 10. Dezember 2014 hat die Klägerin die Übernahme der Kosten für ein Betreuerzimmer rückwirkend ab Mai 2003 beantragt. Die Beklagte hat den Antrag mit Bescheid vom 8. Januar 2015 abgelehnt. Hiergegen hat die Klägerin am 27. Januar 2015 Widerspruch eingelegt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin klargestellt, dass dieses vorliegend nicht Streitgegenstand ist.

Die Klägerin beantragt,

1. das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 2. Oktober 2012 abzuändern und die Be-klagte unter Abänderung des Bescheides vom 15. Juni 2009 in Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 5. November 2009 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 6. November 2009 und 9. April 2010 zu verurteilen, der Klägerin höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, insbesondere unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft und Heizung unter Zugrundelegung des Untermietvertrages vom 1. Februar 2012 sowie ohne Anrechnung von Unterhaltszahlungen des Vaters, zu gewähren, 2. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

1. das Urteil des Sozialgerichts vom 2. Oktober 2012 abzuändern und die Klage auch für die Monate Dezember 2009 bis Februar 2010 abzuweisen, 2. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Zur Begründung hat sie angegeben, eine Verrechnung innerhalb der Bedarfsberechnung (Re-gel-, Mehrbedarf und Kosten der Unterkunft und Heizung) sei entgegen der Auffassung des Sozialgerichts möglich. Ein anderes Verständnis sei weder mit dem im SGB XII geltenden Selbsthilfeprinzip noch dem Bedarfsdeckungsgrundsatz vereinbar. Die Pauschalierung des Regelsatzabzugs in Höhe von 8 v. H. für die Teilnahme am kostenlosen Mittagessen in der WfbM sei aufgrund der nur geringfügigen Abweichung zum tatsächlichen Jahresbetrag nicht zu beanstanden. Zudem habe sich die Klägerin mit dieser Vorgehensweise einverstanden erklärt. Diese könne sie jederzeit für die Zukunft widerrufen. Die Einkommensberechnung lasse unberücksichtigt, dass die Klägerin in den Monaten Juli 2009 und November 2009 Leistungs-zulagen erhalten habe. Hierbei handele es sich um einmalige Einnahmen, die nach § 3 Abs. 3 Satz 2 der Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und mit einem monatlichen Teilbetrag anzusetzen sei. Das Sozialgericht berücksichtige diese Einnahmen nur im Zuflussmonat. Der Freibetrag nach § 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XII sei darüber hinaus nur vom bereinigten Einkommen, nicht hingegen dem Bruttoentgelt, in Abzug zu bringen. Dies entspreche der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Vorgängervorschrift des § 76 Abs. 2a Nr. 1 BSHG. Die Verringerung des anzurechnenden Unterhalts habe erst ab März 2010 zu erfolgen. Dies folge aus § 44 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB XII a. F. Für die Anerkennung der monatlichen Versicherungsleistungen für die Pkw-Unterhaltung ergebe sich keine rechtliche Grundlage in § 82 SGBXII, denn diese Versicherung für den Pkw sei für die Klägerin gesetzlich nicht vorgeschrieben. Sie sei weder Halterin noch Eigentümerin. Der von der Klägerin geltend gemachte Mehrbedarf sei durch § 30 Abs. 1 SGB XII abschließend erfasst. Darüber hinaus sei die Wahrnehmung von Arztbesuchen auch durch die Fahrdienste für behinderte Menschen möglich.

Hinsichtlich des übrigen Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Behördenakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, ver-wiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen sind zulässig, insbesondere statthaft. Für die Klägerin wird der maßgebliche Wert des Beschwerdegegenstandes von 750 Euro erreicht. Denn sie begehrt Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für den Zeitraum 1. Juli 2009 bis 30. Juni 2010 ohne monatliche Anrechnung von 110 Euro Unterhalt, unter Berücksichtigung anteiliger Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 442,85 Euro sowie unter Berücksichtigung eines weiteren Mehrbedarfs in Höhe von monatlich 88,97 Euro. Für die Beklagte wird der nach § 144 Abs. Abs. 1 SGG Wert von 750 Euro zwar nicht erreicht und es ist auch keine wiederkehrende oder laufende Leistung für mehr als ein Jahr betroffen. Nachdem das Sozialgericht aber die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen hat, ist das Landessozialgericht daran gebunden (§ 144 Abs. 3 SGG).

Die Berufung der Beklagten ist überdies begründet; diejenige der Klägerin indes unbegründet.

Prüfungsgegenstand ist nach Erlass des Teilabhilfebescheides vom 9. April 2010, welcher nach § 96 SGG Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens geworden ist, nur noch dieser. Der Bescheid vom 15. Juni 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2009 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 6. November 2009 hat sich mit Erlass dieses Bescheides erledigt (§ 39 Abs. 2 SGB X).

Gegenstand des Bescheides vom 9. April 2010 ist der Zeitraum vom 1. Juli 2009 bis 30. Juni 2010. Entsprechendes ergibt die Auslegung des Bescheides. Maßgeblich ist in Anwendung der für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätze der objektive Sinngehalt der Erklärung, d. h. wie der Empfänger die Erklärung bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalles objektiv verstehen musste (vgl. BSG, Urteil vom 10. Juli 2012 – B 13 R 85/11 R, Rn. 25, juris). Abzustellen ist auf den Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, der in Kenntnis der tatsächlichen Zusammenhänge den wirklichen Willen der Behörde erkennen kann (Engelmann in von Wulffen, SGB X, 8. Auflage 2014, § 31 Rn. 25 m. w. N.).

Gemessen daran hat die Beklagte über den Zeitraum vom 1. Juli 2009 bis 30. Juni 2010 ent-schieden. Zwar werden die bewilligten Beträge nur für den Zeitraum 1. Juli 2009 bis 30. April 2010 beziffert. Im Verfügungssatz ist jedoch ausgeführt, dass Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis 30. Juni 2010 gewährt werden und dabei ein Anspruch auf nachfolgende Leistungen besteht. Weiter wird zur Begründung ausgeführt, dass ab Juli 2009 der Eckregelsatz für den Haushaltsvorstand gewährt wird mit der Folge der Korrektur des Mehrbedarfes nach § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII sowie der Anpassung der pauschalen Kürzung des Regelsatzes für die Teilnahme am kostenlosen Mittagessen in der WfbM ab dem 1. Dezember 2009. Außerdem wird der nachgewiesene Unterhaltsbetrag ab dem 1. März 2010 berücksichtigt. Die genannten Gründe für die Korrektur gelten gleichermaßen für die Monate Mai 2010 und Juni 2010. Da die Beklagte im Bescheid vom 9. April 2010 zugleich eine Nachzahlung ausweist, ist davon auszugehen, dass die Bezifferung der Beträge für Juli 2009 bis April 2010 der Ermittlung dieser Nachzahlung dient. Für die Monate Mai 2010 und Juni 2010 bedarf es ausgehend vom Bescheiddatum 9. April 2010 keiner Nachzahlung; die höheren Leistungen konnte die Beklagte als laufende Leistung erbringen.

Die Beklagte ist richtige Beteiligte; insbesondere kommt den Behörden der beklagten Stadt nach dem Thüringer Ausführungsgesetz zum Sozialgerichtsgesetz (AG SGG) vom 16. August 1993 (GVBl. S. 489 i.d.F. d. G. v. 23. November 2005 - GVBl. S. 359) keine Beteiligtenfähigkeit nach § 70 Nr. 3 SGG zu.

Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig begünstigend für die Klägerin; er verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten.

Die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Beklagten folgt aus dem Thüringer Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (ThürAGSGB XII) vom 17. Dezember 2004 (GVBl. S. 891) in der Fassung vom 20. Dezember 2007 (GVBl. S. 267). Eine Beteiligung des Ausschusses nach § 116 SGB XII im Widerspruchsverfahren wird durch § 12 dieser Vorschriften ausgeschlossen.

Die von Geburt an körperlich und geistig behinderte Klägerin gehört zum Kreis der grundsätzlich Leistungsberechtigten nach dem Vierten Kapitel des SGB XII. Bei ihr ist ein GdB von 100 sowie das Vorliegen der Merkzeichen G, H und B festgestellt worden.

Die Klägerin konnte im Zeitraum vom 1. Juli 2009 bis 30. Juni 2010 ihren notwendigen Le-bensunterhalt nicht vollständig aus ihrem Einkommen und Vermögen bestreiten, §§ 19 Abs. 2, 41 Abs. 1 SGB XII. Aus diesem Grunde hat die Beklagte ergänzende Grundsicherungsleistungen bewilligt. Der Umfang der Leistungen der Grundsicherung ist zu ermitteln, indem dem Leistungsanspruch nach § 41 SGB XII das nach den §§ 82 bis 84 und 90 SGB XII zu berück-sichtigende Einkommen und Vermögen gegenübergestellt wird.

Dabei hat die Beklagte im Rahmen der Bedarfsberechnung für die Klägerin zutreffend den Regelsatz für einen Haushaltsvorstand zugrunde gelegt (hierzu unter 1.), wobei für die Tage, an denen die Klägerin am kostenlosen Mittagessen in der WfbM teilgenommen hat, eine ab-weichende Festlegung des Regelsatzes geboten war (hierzu unter 2.). Weiter hat die Klägerin einen Anspruch auf einen Mehrbedarf nach § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII (hierzu unter 3.), darüber hinaus besteht hingegen kein Anspruch auf höhere Leistungen im Hinblick auf die geltend gemachten Fahrtkosten (hierzu unter 4.). Ein Anspruch auf Erstattung von Kosten für Unterkunft und Heizung besteht im streitigen Zeitraum nicht (hierzu unter 5.). Von dem sich hiernach ergebenden Bedarf ist das Einkommen nach § 82 SGB XII in Abzug zu bringen (hierzu unter 6.) Dabei ist die Anrechnung des Unterhalts nicht zu beanstanden, jedoch kommt eine Berücksichtigung nur in Höhe von monatlich 110 Euro in Betracht (hierzu unter a). Das Werkstatteinkommen ist unter Berücksichtigung der Leistungszulagen im Zuflussmonat zu berücksichtigen (hierzu unter b). Ein Abzug der Kfz-Haftpflichtversicherung hat nicht zu erfolgen (hierzu unter c). Der weitere Freibetrag nach § 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XII berechnet sich aus dem Brutto- und nicht dem Nettoeinkommen (hierzu unter d). Nicht zum Entgelt i. S. d. § 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XII gehört dabei das Arbeitsförderungsentgelt nach § 43 Satz 4 SGB IX (hierzu unter e). Die "Verrechnung" von Regel- und Mehrbedarfen sowie Kosten der Unterkunft und Heizung ist nach Auslegung des angefochtenen Bescheides rechtlich zulässig (hierzu unter 7.). 1. Bei der Berechnung des Bedarfs der Klägerin hat die Beklagte zutreffend den Regelsatz für einen Haushaltsvorstand zugrunde gelegt. Nach §§ 2, 3 Abs. 1 Satz 2 der Regelsatzverordnung (RSV) betrug der Eckregelsatz 359 Euro, der Regelsatz für einen Haushaltsangehörigen hingegen 287 Euro. Die Klägerin ist jedoch keine Haushaltsangehörige im Sinne der RSV. Da bezogen auf die Minderung des Regelsatzes bzw. der Regelleistung nach dem SGB II wegen Annahme einer Haushaltsersparnis für eine unterschiedliche Behandlung zwischen der Personengruppe der SGB-XII- und SGB-II-Leistungsempfänger im Hinblick auf die identische sozialrechtliche Funktion beider Leistungen (Sicherstellung des Existenzminimums) keine sachlichen Gründe erkennbar sind, dürfen normativ Einsparungen bei gemeinsamer Haushaltsführung seit dem 1. Januar 2005, also mit Inkrafttreten des SGB XII und des SGB II, nach Maßgabe des Gleichheitssatzes (Art 3 Abs. 1 GG) und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen dem SGB II und dem SGB XII nur noch berücksichtigt werden, wenn die zusammenlebenden Personen bei Bedürftigkeit eine Bedarfsgemeinschaft i. S. d. § 7 Abs. 3 SGB II oder eine Einsatzgemeinschaft i. S. d. § 19 SGB XII bilden bzw. bilden würden; das Bestehen einer reinen Haushaltsgemeinschaft von Personen außerhalb von Konstellationen einer Bedarfsgemeinschaft bzw. Einsatzgemeinschaft reicht also nicht aus (vgl. BSG, Urteil vom 9. Juni 2011 - B 8 SO 1/10 R, Rn. 16, juris). Eine Einsatzgemeinschaft im Sinne von § 19 SGB XII lag bei der Klägerin in der streitigen Zeit nicht vor. Eine solche besteht nur zwischen Ehegatten, sowie Eltern bzw. Elternteilen und ihren minderjährigen Kindern. Die Klägerin war im streitigen Zeitraum volljährig und es bestand auch keine Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II.

2. Für die Tage, an denen die Klägerin von der Möglichkeit der kostenlosen Mittagsessenseinnahme in der WfbM Gebrauch gemacht hat, war – entgegen ihrer Auffassung - eine abweichende Festlegung des Regelsatzes nach § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII a. F. geboten. § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ist auch im Rahmen der Grundsicherungsleistung der §§ 41 ff. SGB XII anzuwenden. § 42 Satz 1 Nr. 1 SGB XII verweist nämlich auf "den für den Antragsberechtigten maßgebenden Regelsatz nach § 28", also nicht nur auf den sog. Eckregelsatz des § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, sondern auf einen individualisierten Leistungssatz (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 21/06 R, Rn. 20, juris).

Der Regelsatz ist daher in dem Umfang abzusenken, in dem der Bedarf des Leistungsberech-tigten durch eine anderweitige Leistung tatsächlich ("im Einzelfall") gedeckt wird. Soweit die Klägerin vorgibt, dass sie trotz der Mittagsessenseinnahme in der WfbM eigenes Essen vorhalten musste, ist dies nicht nachvollziehbar. Auch fehlen jegliche Anhaltspunkte, wonach die Klägerin einer besonderen (gegebenenfalls kostenaufwändigeren) Ernährung bedarf.

Hinsichtlich der Ersparnis durch die Mittagsessenseinnahme in der WfbM ist nicht vom tat-sächlichen Wert der den Bedarf anderweitig deckenden Leistung auszugehen; vielmehr ist der pauschalierte monatliche Regelsatz des § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB XII (nur) um den in ihm selbst für den Bedarf normativ vorgesehenen Betrag abzusenken. Maßgeblich ist dabei der Betrag (hier: 359 Euro insgesamt), den der Gesetzgeber bzw. der Verordnungsgeber für die fiktive Bestimmung des Regelsatzes des SGB XII bzw. für die Bestimmung der Regelleistung des SGB II angesetzt hat (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 21/06 R, Rn. 23, juris).

Gemessen daran ergab sich am 1. Januar 2005 ausgehend von einem Regelbedarf von 345 Euro ein Betrag von 132,72 Euro und etwa 38,47 v. H. des Regelbedarfs (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 21/06 R, Rn. 24, juris). Zur Ermittlung des Tageswerts ist der Betrag von 132,72 Euro sodann durch die Anzahl der Tage des jeweiligen Monats (30, 31, 28) zu dividieren; mangels einer § 41 Abs. 1 Satz 2 SGB II entsprechenden Regelung im SGB XII darf nicht pauschalierend von 30 Tagen ausgegangen werden (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 21/06 R, Rn. 24, juris). Zur Bemessung des Anteils des Mittagessens am Tagesbedarf für Ernährung ist sodann auf die Wertung des § 2 Abs. 1 Satz 2 der Sozialversicherungsentgeltverordnung zurückzugreifen, der den Wert des Mittagessens ge-genüber dem Gesamternährungsbedarf mit 2/5 ansetzt (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 21/06 R, Rn. 25, juris).

Hinsichtlich der Höhe des Anteils des Mittagessens am Tagesbedarf für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis 30. Juni 2010 folgt der Senat dem Sozialgericht nicht. Dieses schreibt den Betrag unter Zugrundelegung der EVS 2003, in welcher im Jahr 2005 ein Betrag von 127,31 Euro enthalten war, fort. Zur vergleichbaren Problematik der Fortschreibung des Warmwasserabzugs hat das BSG im Urteil vom 22. September 2009 (B 4 AS 8/09 R, Rn. 30, juris) wie folgt ausgeführt:

"Die internen Verschiebungen des prozentualen Anteils der einzelnen Rechnungsposten der EVS (Anmerkung des Senats: 2003) haben jedoch nicht zu einer Regelleistungserhöhung geführt. Die Erhöhung der Regelleistung zum 1.7.2007 ist erst durch die Bekanntmachung vom 18.6.2007 (Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für die Zeit ab 1.7.2007 vom 18.6.2007, BGBl I 1139) auf Grundlage des § 20 Abs. 4 SGB II, also der Anpassung an den aktuellen Rentenwert erfolgt. Die "neue" EVS hatte mithin keine Auswirkungen auf die Höhe der Regelleistung und damit auf die Höhe des Betrags, der den SGB II-Leistungsempfängern tatsächlich zur Verfügung stand. Aus diesem Grunde hat der 14. Senat konsequenterweise auch den Anteil der Kosten der Warmwasserbereitung lediglich um den prozentualen Anpassungsbetrag (Dynamisierungsbetrag) der Regelleistung, also 0,58% erhöht. Auch der erkennende Senat geht davon aus, dass sich diese Erhöhung gleichmäßig auf alle in die Regelleistung eingeflossenen Bedarfe auswirkt, also auch auf die für Haushaltsenergie."

Diese Rechtsprechung, welcher der Senat aus den dort genannten Gründen folgt, gilt für den Anteil des Mittagessens am Tagesbedarf gleichermaßen. Andernfalls wäre in einem Fall, in welchem die Warmwassererzeugung zentral erfolgt, der in der Regelleistung enthaltene Warmwasseranteil aus der Fortschreibung der EVS 1998, der Anteil des Mittagessens am Tagesbedarf hingegen nach der EVS 2003 zu ermitteln. Ein solches Vorgehen lässt sich mit der in § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII a. F. geregelten abweichenden Festlegung der Regelbedarfe nicht in Einklang bringen.

Übertragen auf den Regelbedarf von 359 Euro ergibt sich ein Ernährungsbedarf in Höhe von 138,10 Euro (38,47 v. H. vom Regelbedarf von 359 Euro). Der Anteil des Mittagessens beträgt hiernach monatlich 55,24 Euro (2/5 von 138,10 Euro). Daraus resultiert bei Monaten mit 30 Tagen ein Betrag von 1,84 Euro, bei Monaten mit 31 Tagen ein Betrag von 1,78 Euro und für den Februar 2010 ein Betrag von 1,97 Euro täglich.

Zutreffend hat das Sozialgericht darauf abgestellt, dass der monatliche Regelsatz lediglich für die Tage abzusenken ist, an denen die Klägerin am Mittagessen in der WfbM teilgenommen hat; ihr ist damit letztlich die anderweitige Bedarfsdeckung freigestellt (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 21/06 R, Rn. 26, juris).

Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht aus dem am 10. Januar 2009 erteilten Einverständnis der Klägerin zur Pauschalierung des Abzugs der Ersparnis infolge des kostenlosen Mittagessens in der WfbM. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird nach § 153 Abs. 2 SGG auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug genommen.

Ergänzend wird im Hinblick auf das Vorbringen der Beklagten im Berufungsverfahren auf Folgendes hingewiesen: Soweit die Beklagte vorgibt, sich mit der Pauschalisierung an der Vorgabe des BSG orientiert zu haben, dass es der Verwaltung obliegt, durch angemessene Maßnahmen die Leistungsgewährung entsprechend dem materiellen Recht zu vollziehen, folgt der Senat dem nicht. Denn die gewählte Pauschalierung widerspricht gerade dem materiellen Recht. Ihr steht sowohl der Wortlaut des § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII a. F. ("im Einzelfall anderweitig gedeckt") als auch der Sinn und Zweck der Regelung entgegen: Die in § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB XII vorgesehene Pauschale soll dem Leistungsempfänger einen Freiraum belassen, seinen Gesamtbedarf eigenverantwortlich selbst zu bestimmen; dieser Freiraum wäre indes beeinträchtigt durch pauschalierte Absenkungsbeträge, die nicht zwangsläufig den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2007 - B 8/9b SO 21/06 R, Rn. 26, juris). Mit den vom BSG angeführten angemessenen Maßnahmen ist danach die Art und Weise der Verbescheidung - v. a. die Korrektur der Bescheide nach Ablauf des Bewilligungszeitraums unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten - gemeint.

Soweit das Sozialgericht zutreffend auf die Nichtigkeit der Vereinbarung infolge des Verstoßes gegen § 134 BGB i. V. m § 53 Abs. 2 SGB X - Verbot des Abschlusses eines öffentlich-rechtlichen Vertrages über gesetzesgebundene Sozialleistungen (Tapper in Schlegel/ Voelzke, jurisPK-SGB X, § 53 SGB X, 1. Auflage 2013, Rn. 18) - verweist, bedarf es auch des von der Beklagten angeführten möglichen Widerrufs für die Zukunft nicht mehr.

3. Weiter hat die Klägerin nach § 42 Satz 1 Nr. 3 i.V. mit § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII a. F. aufgrund voller Erwerbsminderung und Besitz eines Ausweises nach § 69 Abs. 5 SGB IX mit dem Merkzeichen G einen Anspruch auf einen Mehrbedarf in Höhe von monatlich 61,03 Euro (17 v. H. von 359 Euro). Hiervon erfasst sind alle unmittelbar oder mittelbar mit dem eingeschränkten Gehvermögen zusammenhängende Bedarfe (vgl. BSG, Urteil vom 29. September 2009 - B 8 SO 5/08 R, Rn. 17, juris).

4. Soweit die Klägerin vorgibt, sie habe einen Anspruch auf einen Mehrbedarf für Fahrtkosten infolge der regelmäßigen Besuche des Bruders, der Freundin und des Grabes des Stiefvaters, folgt dem der Senat hingegen nicht.

Im Umfang, in dem der Bedarf von der speziellen Regelung des § 30 SGB XII zuzuordnen ist, kommt eine Erhöhung des Regelsatzes nach § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII a. F. nicht in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 29. September 2009 - B 8 SO 5/08 R, Rn. 18 m. w. N., juris).

Unabhängig davon sind auch die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII a. F. nicht erfüllt.

Die geltend gemachte Bedarfslage, Fahrtkosten zu Verwandten und Freunden, stellt vorliegend keinen solchen besonderen Umstand dar, der im Einzelfall eine abweichende Bemessung der Regelleistung zulässt. Nach § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII wird im Einzelfall der individuelle Bedarf, abweichend vom Regelsatz, festgelegt, wenn ein Bedarf ganz oder teilweise anderweitig gedeckt ist oder unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Mit dem Regelsatz, der sich nach der Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 SGB XII ergibt, werden Bedarfe bei einer großen Mehrzahl nachfragender Personen in vergleichbarer Situation berücksichtigt, hieran ist die Pauschalierung ausgerichtet. Individuell abweichende Bedarfe in diesen Bereichen (Bedarfe vergleichbarer Situationen von einer Mehrzahl nachfragender Personen) werden über einen pauschalen Mehrbedarfszuschlag nach § 30 SGB XII oder eben über die individuelle Festsetzung eines Regelsatzes nach § 27a Abs. 4 Nr. 1 SGB XII abgedeckt (Scheider in Schellhorn/ Hohm/ Scheider, SGB XII, 20. Auflage 2015, § 27a SGB XII, Rn. 48). Eine Besonderheit des Einzelfalles im Sinne dieser Regelung liegt vor, wenn der Leistungsberechtigte einen Bedarf geltend macht, der bei der generalisierenden Bemessung der Regelsatzleistung nicht oder nicht voll berücksichtigt worden ist. Fahrtkosten sind jedoch generell bei der Bemessung der Regelsätze berücksichtigt worden, Fahrten zu Familienangehörigen kommen in vergleichbaren Situationen bei anderen Hilfebedürftigen vor und sind deswegen nicht ein im Einzelfall abweichender Bedarf (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Dezember 2014 - L 23 SO 82/13, Rn. 33, juris).

Gleiches gilt für die Fahrtkosten zu Therapiesitzungen. Fahrkosten zu ambulanten Behandlungen werden von der Krankenkasse übernommen, wodurch dem Grundbedürfnis des täglichen Lebens, bei Krankheit und Behinderung Ärzte und Therapeuten aufzusuchen, Genüge getan ist (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2013 - B 8 SO 24/11 R, Rn. 32, juris). Darüber hinaus hat die Beklagte aufgezeigt, dass in ihrem Zuständigkeitsbereich auch Fahrdienste für behinderte Menschen zur Verfügung stehen.

Ob im Hinblick auf die geltend gemachten Fahrtkosten Leistungen nach den §§ 53 ff SGB XII in Betracht kommen, ist schon mangels einer entsprechenden Vorbefassung der Beklagten mit dieser Frage nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.

5. Die Klägerin hat nach § 42 SGB XII keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für Unterkunft und Heizung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, welcher sich der Senat anschließt, setzt die Bewilligung von Leistungen für Unterkunft und Heizung das Vorhandensein tatsächlicher Aufwendungen des Hilfebedürftigen voraus, wenn er mit einer nichthilfebedürftigen, verwandten oder verschwägerten Person in einer Haushaltsgemeinschaft lebt und weder eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne der Vorschriften des SGB II noch im Sinne einer Einsatzgemeinschaft nach dem SGB XII oder eine sogenannte gemischte Bedarfsgemeinschaft zwischen Personen besteht, die dem Kreis des SGB II und des SGB XII zugehören (vgl. BSG, Urteil vom 16. Oktober 2007 - B 8/9b SO 2/06 R; BSG, Urteil vom 25. August 2011 - B 8 SO 29/10 R; BSG, Urteil vom 14. April 2011 - B 8 SO 18/09 R, juris). So ist der Sachverhalt hier gelagert, denn die Mutter der Klägerin stand in dem streitbefangenen Zeitraum weder im Bezug von Leistungen nach dem SGB II noch nach dem SGB XII. Soweit die Klägerin vorgibt, es bestünde keine Haushaltsgemeinschaft, hat der Senat bereits im Parallelverfahren der Klägerin (L 8 SO 835/08) im Urteil vom 25. Januar 2012 aufgezeigt, dass dies nicht nachvollziehbar ist. Auch wenn das Zusammenleben der Klägerin und ihrer Mutter durch die körperliche und geistige Behinderung wesentlich beeinflusst wird, ist eine Haushaltsgemeinschaft damit nicht widerlegt. Die Gründe für das Vorhandensein einer Haushaltsgemeinschaft sind unerheblich. Neue Gesichtspunkte werden hierzu von der Klägerin nicht vorgetragen.

In der Person der Klägerin bestanden im streitigen Zeitraum keine Zahlungsverpflichtungen im Hinblick auf die Kosten der Unterkunft und Heizung (s. bereits Senatsurteil vom 25. Januar 2012 – L 8 SO 835/08). Soweit die Klägerin nunmehr vorgibt, dass sie infolge des Senatsurteils vom 25. Januar 2012 die Kosten der Unterkunft durch den Abschluss eines Untermietvertrages auf eine rechtlich sichere Basis gestellt hat, vermag der Senat dem jedenfalls für den hier streitigen Zeitraum nicht zu folgen. Wie die Klägerin selbst vorträgt erfolgte der Abschluss des Untermietvertrages in Reaktion auf das Urteil des Senats aus Januar 2012. Der Vertrag datiert auf den 1. Februar 2012 und sieht eine Untervermietung ab Februar 2012 vor. Für den in der Vergangenheit liegenden – hier streitigen Zeitraum – entfaltet dieser keine Wirkung.

6. Von dem Bedarf ist bei der Klägerin, die über kein Vermögen verfügte, das nach §§ 82 bis 84 SGB XII zu berücksichtigende Einkommen in Abzug zu bringen.

a) Dabei sind die monatlichen Unterhaltszahlungen des leiblichen Vaters der Klägerin in Höhe von 110 Euro als Einkommen nach § 82 SGB XII zu berücksichtigen. Bereits im Urteil vom 25. Januar 2012 hatte der Senat ausgeführt, dass aus dem Umstand, dass die Überweisung an die Mutter der Klägerin nicht an die Klägerin selbst erfolgt, nichts Gegenteiliges folgt. Denn wie die Klägerin selbst vorträgt, ist sie auf Grund ihrer geistigen Behinderung gar nicht in der Lage, tatsächlich über das betreffende Geld zu verfügen. Naheliegender Weise erfolgt daher eine Zahlung auf das Konto der Betreuerin und Mutter der Klägerin.

Soweit die Klägerin vorgibt, dass der Unterhalt zweckbestimmt für therapeutische Maßnahmen wie behindertengerechtes Schwimmen, Reiten und Maßnahme zur Förderung der Feinmotorik eingesetzt werden, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Einkommen i. S. d. § 82 Abs. 1 SGB XII ist lediglich dann von der Berücksichtigung ausgeschlossen, wenn es sich um zweckbestimmte Einnahmen i. S. d. § 83 SGB XII handelt. Der Unterhalt stellt jedoch weder Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden (§ 83 Abs. 1 SGB XII), noch Schmerzensgeld (§ 83 Abs. 2 SGB XII) dar.

Zutreffend hat das Sozialgericht den Betrag von 110 Euro monatlich bereits ab Juli 2009 in Ansatz gebracht. § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB XII steht dem nicht entgegen. Danach beginnt der neue Bewilligungszeitraum bei einer Änderung, die sich zugunsten des Leistungsempfängers auswirkt und damit zu einer Erhöhung der Leistung führt, am Ersten des Monats, in dem die Änderung eingetreten ist. Dies gilt nur, soweit die Änderung dem Sozialhilfeempfänger bekannt ist, ihm also gegebenenfalls mitgeteilt worden ist. Mit "Änderung der Leistung" meint § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB XII jede Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei dem Erlass der Erstbewilligung vorgelegen haben (vgl. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X), und die den Sozialhilfeträger zu einer Neufestsetzung der Leistung berechtigt bzw. verpflichtet (Blüggel in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 44 SGB XII, Rn. 24). Hat der Träger der Sozialhilfe hingegen einen rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsakt erlassen und sind deshalb Grundsicherungsleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden, ist die Regelung des § 44 SGB X anzuwenden und der Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (Schellhorn in Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 20. Auflage 2015, § 44 Rn. 11). So liegen die Umstände hier. Denn die Klägerin hat im gesamten Bewilligungszeitraum lediglich Unterhalt in Höhe von 110 Euro erhalten; der Bescheid vom 15. Juni 2009 war bereits bei Erlass rechtswidrig und für die Klägerin nicht begünstigend (zur Anwendbarkeit von § 44 SGB X: BSG, Urteil vom 16. Oktober 2007 – B 8/9b SO 8/06 R, juris).

b) Darüber hinaus bezog die Klägerin während der gesamten streitigen Zeit ein Entgelt aus ihrer Beschäftigung in einer WfbM. Der Bruttolohn, welcher ausweislich der dem Schriftsatz der Klägerin vom 25. Juni 2012 beigefügten Kontoauszüge jeweils im laufenden Monat zufloss, betrug im Juli 2009 209,54 Euro, in den Monaten August 2009 bis Oktober 2009, Dezember 2009 bis Februar 2010 sowie Mai 2010 und Juni 2010 jeweils 128,08 Euro, im November 2009 178,08 Euro, im März 2010 124,88 Euro und im April 2010 127,44 Euro.

Die im Juli 2009 und November 2009 im Bruttolohn enthaltenen Leistungszulagen in Höhe von jeweils 50 Euro waren entgegen der Auffassung der Beklagten im jeweiligen Zuflussmonat zu berücksichtigen und durften nicht auf einen längeren Zeitraum aufgeteilt werden. Bei den Zulagen handelt es sich ebenso wie den Grundbezügen aus der Beschäftigung im Arbeitsbereich der WfbM (vgl. BSG Urteil vom 23. März 2010 – B 8 SO 17/09 R, Rn. 32, juris) um Einkünfte in Geld und damit um Einkommen im Sinne des § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Näheres über die Berechnung des Einkommens bestimmt die Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII (VO zu § 82). Nach § 3 Abs. 3 Satz 1 der VO zu § 82 ist bei der Berechnung der Einkünfte von den monatlichen Bruttoeinnahmen auszugehen. Einmalige Einnahmen sind, so Satz 2 der Vorschrift, von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie anfallen; sie sind, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen. Satz 2 gilt auch für Sonderzuwendungen, Gratifikationen und gleichartige Bezüge und Vorteile, die in größeren als monatlichen Zeitabständen gewährt werden. Der Senat lässt offen, ob die in den Sätzen 2 und 3 vorgesehene Aufteilung von einmaligen Einnahmen von der Verordnungsermächtigung des § 96 Abs. 1 SGB XII ("Näheres über die Berechnung des Einkommens") gedeckt ist. Jedenfalls handelt es sich bei den hier in zwei Monaten des Jahres gewährten Zulagen von jeweils 50 Euro nicht um einen Regelfall, bei dem die Zulage auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen ist. Eine die Verteilung rechtfertigende Zulage liegt nur dann vor, wenn durch die vollständige Berücksichtigung der einmaligen Einnahme im Zuflussmonat die Hilfebe-dürftigkeit der leistungsberechtigten Person und damit die Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers entfällt (vgl. BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 35/07 R, Rn. 22; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 29. Juli 2014 – L 8 SO 212/11, Rn. 27, juris).

c) Von dem Entgelt der Klägerin aus ihrer Beschäftigung in der WfbM waren neben den allgemeinen Absetzbeträgen nach § 82 Abs. 2 SGB XII Freibeträge nach § 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XII abzusetzen. Steuern (§ 82 Abs. 2 Nr. 1 SGB XII) waren nicht angefallen, desgleichen keine Beiträge zu Versicherungen i.S. von Nr. 3 der Vorschrift. Insbesondere ist kein Abzug der Beiträge zur Kfz-Haftpflichtversicherung vorzunehmen, weil die Kfz-Haftpflichtversicherung jedenfalls für die Klägerin nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. Gesetzlich vorgeschrieben im Sinne der Vorschrift ist nach §§ 1 und 4 des Gesetzes über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter die Pflicht des Kfz-Halters selbst, eine Kfz-Haftpflichtversicherung im Umfang der gesetzlichen Mindestdeckungssumme vorzuhalten (vgl. BSG, Urteil vom 18. März 2008 - B 8/9b SO 11/06 R, Rn. 19, juris). Vorliegend ist jedoch nicht die Klägerin, sondern ihre Mutter Halterin und Eigentümerin des Pkw. Die Gründe für die Pkw-Anschaffung und Unterhaltung sind in diesem Zusammenhang rechtlich unerheblich.

Abzusetzen waren die Beiträge zur Pflegeversicherung nach Nr. 2 der Vorschrift (1,26 Euro bzw. 1,28 Euro ab dem 1. Januar 2010), die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben in Höhe von 5,20 Euro monatlich nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII i.V. m. § 3 Abs. 5 der VO zu § 82, sowie das Arbeitsförderungsgeld i.S. von § 43 Satz 4 SGB IX in Höhe von 26,00 Euro nach § 82 Abs. 2 Nr. 5 SGB XII.

d) Weiter war von dem Entgelt nach § 82 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 SGB XII ein Achtel des Eck-regelsatzes (in der hier streitigen Zeit 359 Euro; hiervon ein Achtel: 44,88 Euro) abzusetzen sowie nach Halbsatz 2 der Vorschrift "zuzüglich 25 v. H. des diesen Betrag übersteigenden Entgelts". Der weitere Freibetrag ist aus dem Brutto- und nicht dem Nettoeinkommen zu berechnen.

Zwar weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass § 82 SGB XII nach Struktur und Inhalt im Wesentlichen der Vorgängervorschrift § 76 BSHG entspricht (Schmidt in Schlegel/ Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 82 SGB XII, Rn. 9). Darüber hinaus ist zutreffend, dass das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 21. Dezember 2001 (5 C 27.00, juris) das Vorgehen der Beklagten den Freibetrag nach § 76 Abs. 2a BSHG vom bereinigten Erwerbseinkommen zu errechnen, nicht beanstandet hat. Eine Begründung für diese Rechtsauffassung enthält das Urteil jedoch nicht.

Für eine Berechnung des Freibetrags ausgehend von dem Bruttoeinkommen sprechen hingegen der Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung und der systematische Zusammenhang zu § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, Abs. 3 SGB II (§ 30 SGB II a. F.).

§ 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XII stellt nach seinem Wortlaut auf das Entgelt ab. Hätte der Gesetzgeber keine Anknüpfung an das Bruttoentgelt regeln wollen, hätte er dies deutlich zum Ausdruck bringen können (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. September 2006 – L 23 SO 1094/05, Rn. 34, juris). Gegenteiliges folgt auch nicht aus dem Begriff "ferner" in § 82 Abs. 3 SGB XII. Dieser ist nicht im Sinne von "weiterhin, zusätzlich, alsdann", so zu verstehen, dass Bezugspunkt für die Berechnung des Absetzungsbetrages nach Absatz 3 das nach Absatz 2 der Vorschrift ermittelte Einkommen wäre und mit dem Begriff "ferner" eine Reihenfolge der Berechnung vorgegeben wird. Das Wort "ferner" ist vielmehr erforderlich, um klarzustellen, dass die Absetzung für Erwerbstätigkeit nur bei der Einkommensberechnung bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und der Grundsicherung erfolgt, nicht aber etwa bei der Eingliederungshilfe (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. September 2006 – L 23 SO 1094/05, Rn. 35; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 29. Juli 2014 – L 8 SO 212/11, Rn. 29 m. w. N., juris; Schmidt in Schlegel/ Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 82 SGB XII, Rn. 88; andere Ansicht: Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 17. Juni 2008 - L 9 B 156/08 SO PKH, Rn. 7, juris).

Sinn und Zweck der Regelung ist es einen Anreiz für die Aufnahme einer Beschäftigung zu schaffen. Auch dies legt die Annahme nahe, den Freibetrag schon aus den Bruttoeinnahmen der Einkünfte aus selbständiger bzw. unselbständiger Beschäftigung nach § 82 Absatz 1 SGB XII zu errechnen (Schmidt in Schlegel/ Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 82 SGB XII, Rn. 88 m. w. N.).

Für ein solches Verständnis spricht schließlich auch die Fassung des vergleichbaren § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, Abs. 3 SGB II, der die Freibeträge bei Erwerbstätigkeit im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende regelt. Die bis zum 1. Oktober 2005 geltende Fassung der Vorgängervorschrift des § 30 SGB II lautete: "Bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die er-werbstätig sind, ist von dem um die Absetzbeträge nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 bereinigten monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit ein Betrag abzusetzen." Nach erheblicher Kritik an dieser Fassung, die ausdrücklich das bereinigte Einkommen zum Anknüpfungspunkt für die Berechnung des Freibetrages für Erwerbstätigkeit bestimmte, legte der Gesetzgeber mit der ab 1. Oktober 2005 geltenden Fassung des § 30 SGB II – wie auch in der nachfolgen-den Vorschrift des § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, Abs. 3 SGB II - fest, dass nunmehr von dem - unbereinigten - Bruttoeinkommen auszugehen sei (Mecke in Eicher/ Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 30 Rn. 21 m. w. N.). Die ab 1. Oktober 2005 geltende Neuregelung des § 30 SGB II hatte – wie auch der derzeit geltende § 11b Abs. 3 SGB II - folgenden Wortlaut: "Bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen (Leistungsberechtigten), die erwerbstätig sind, ist von dem monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit ein weiterer Betrag abzusetzen." (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. September 2006 – L 23 SO 1094/05, Rn. 34 m. w. N., juris).

e) Nicht zum Entgelt i.S. des § 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XII, von dem der weitere Freibetrag zu berechnen ist, gehört das Arbeitsförderungsgeld nach § 43 Satz 4 SGB IX in Höhe von 26 Euro. Es zählt nicht im Sinne des § 138 Abs. 2 SGB IX zum Arbeitsentgelt (Grundbetrag in Höhe des Ausbildungsgeldes zzgl. eines leistungsangemessenen Steigerungsbetrages), sondern wird von der Werkstatt als besonderer Lohnanreiz an den Beschäftigten weitergereicht. Deshalb ist es rechtssystematisch auch verfehlt, das Arbeitsförderungsgeld nach § 82 Abs. 2 Nr. 5 SGB XII vom Einkommen abzusetzen, weil es ohnehin nicht zum Arbeitsentgelt für Beschäftigte in WfbM nach § 138 Abs. 2 SGB IX gehört (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 29. Juli 2014 – L 8 SO 212/11, Rn. 30 m. w. N., juris). Es erscheint auch nicht angezeigt, auf einen besonderen sozialpolitischen Anreiz wie dem Arbeitsförderungsgeld nochmals einen Anreiz in Form eines Freibetrages aufzubauen (Schmidt in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 82 SGB XII Rn. 92; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 29. Juli 2014 – L 8 SO 212/11, Rn. 30, juris).

Hiernach ergibt sich folgende Bereinigung des Entgelts der Klägerin aus ihrer Beschäftigung in der WfbM:

Jul 09 Aug 09 Sep 09 Okt 09 Nov 09 Dez 09 Bruttoentgelt 209,54 128,08 128,08 128,08 178,08 128,08 § 82 Abs. 2 Nr. 2 -1,26 -1,26 -1,26 -1,26 -1,26 -1,26 § 82 Abs. 2 Nr. 4 -5,20 -5,20 -5,20 -5,20 -5,20 -5,20 § 82 Abs. 2 Nr. 5 -26,00 -26,00 -26,00 -26,00 -26,00 -26,00 § 82 Abs. 3 S. 2 1/8 -44,88 -44,88 -44,88 -44,88 -44,88 -44,88 § 82 Abs. 3 S. 2 25% -34,67 -14,30 -14,30 -14,30 -26,80 -14,30 Nachberechnung 0,00 0,00 0,00 -0,64 0,00 0,00 anzurechnen 97,54 36,44 36,44 35,80 73,94 36,44

Jan 10 Feb 10 Mrz 10 Apr 10 Mai 10 Jun 10 Bruttoentgelt 128,08 128,08 124,88 127,44 128,08 128,08 § 82 Abs. 2 Nr. 2 -1,28 -1,28 -1,28 -1,28 -1,28 -1,28 § 82 Abs. 2 Nr. 4 -5,20 -5,20 -5,20 -5,20 -5,20 -5,20 § 82 Abs. 2 Nr. 5 -26,00 -26,00 -26,00 -26,00 -26,00 -26,00 § 82 Abs. 3 S. 2 1/8 -44,88 -44,88 -44,88 -44,88 -44,88 -44,88 § 82 Abs. 3 S. 2 25% -14,30 -14,30 -13,50 -14,14 -14,30 -14,30 Nachberechnung 0,00 0,00 -0,64 0,00 -7,68 0,00 anzurechnen 36,42 36,42 33,38 35,94 28,74 36,42

Eine Rechtsgrundlage zur Bildung eines Durchschnittseinkommens besteht nicht. Hiernach ist das Einkommen jeweils im Zuflussmonat - bereinigt - vom Bedarf in Abzug zu bringen.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Er-werbsminderung in nachfolgender Höhe:

Jul 09 Aug 09 Sep 09 Okt 09 Nov 09 Dez 09

Regelbedarf 359,00 359,00 359,00 359,00 359,00 359,00 abzgl. Verpfl. -30,26 -37,38 -38,64 -26,70 -31,28 -16,02 MB "G" 61,03 61,03 61,03 61,03 61,03 61,03 KdU 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 gesamt 389,77 382,65 381,39 393,33 388,75 404,01

Unterhalt 110,00 110,00 110,00 110,00 110,00 110,00 WfbM 97,54 36,44 36,44 35,80 73,94 36,44

Bedarf 182,23 236,21 234,95 247,53 204,81 257,57

Jan 10 Feb 10 Mrz 10 Apr 10 Mai 10 Jun 10

Regelbedarf 359,00 359,00 359,00 359,00 359,00 359,00 abzgl. Verpfl. -33,82 -39,40 -8,90 -34,96 -28,48 -31,28 MB "G" 61,03 61,03 61,03 61,03 61,03 61,03 KdU 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 gesamt 386,21 380,63 411,13 385,07 391,55 388,75

Unterhalt 110,00 110,00 110,00 110,00 110,00 110,00 WfbM 36,42 36,42 33,38 35,94 28,74 36,42

Bedarf 239,79 234,21 267,75 239,13 252,81 242,33

Die mit Bescheid vom 9. April 2010 gewährten Beträge (Juli 2009 bis November 2009: 390,51 Euro, Dezember 2009 bis Februar 2010: 361,79 Euro, ab März 2010: 464,5 Euro) übersteigen den jeweiligen Bedarf, so dass sich kein weitergehender Anspruch ergibt

7. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist dabei eine "Verrechnung" zwischen Regel- und Mehrbedarfen sowie Kosten der Unterkunft zulässig. Die bewilligten Kosten der Unterkunft und Heizung sind nicht in Bestandskraft erwachsen. Insoweit fehlt es im angefochtenen Bescheid an einem abtrennbaren Verfügungssatz.

Zwar können im Recht der Grundsicherung nach dem SGB XII die Regelsätze, die Kosten der Unterkunft und Heizung (§ 35 SGB XII) und die weiteren Leistungen nach den §§ 30-34a SGB XII als eigenständiger Streitgegenstand geltend gemacht werden und damit auch getrennt voneinander in Bestandskraft erwachsen. Voraussetzung dabei ist jedoch, dass der Bescheid einen abtrennbaren Verfügungssatz enthält (vgl. BSG, Urteil vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 8/08 R, Rn. 13, juris; Gutzler in Schlegel/ Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 27a SGB XII, Rn. 120). Dies ist durch Auslegung des Bescheides zu ermitteln (vgl. BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 Rn. 19; BSG SozR 4-1500 § 95 Nr. 1 Rn. 7). Hierbei sind, soweit der Bescheid nicht bereits ohne jeglichen Zweifel mehrere einzelne Verfügungen enthält, regel-mäßig die materiell-rechtlichen Regelungen des jeweiligen Gesetzes heranzuziehen. Sieht dieses mehrere Leistungen vor, ergeben sich schon hieraus bei entsprechender Formulierung mehrere Verfügungssätze (vgl. BSG, Urteil vom 26. August 2008 – B 8/9b SO 10/06 R, Rn. 13, juris).

Gemessen daran enthält der angefochtene Bescheid keine abtrennbaren Verfügungssätze. Zwar regelt dieser die abtrennbaren Streitgegenstände der Regel- und Mehrbedarfe sowie der Kosten der Unterkunft und Heizung. Es fehlt jedoch an der Formulierung entsprechender Verfügungssätze. Der Verfügungssatz lautet jeweils "Es besteht ein Anspruch auf folgende Leistungen: ( )". Dem folgend wird der jeweilige monatlich Auszahlungsbetrag - ohne Differenzierung nach den Leistungsarten – genannt. Etwas anderes folgt auch nicht bei Heranziehung der dem Bescheid beigefügten Berechnungsbögen. Diesem lassen sich der Regel- und Mehrbedarf, die Kosten der Unterkunft und Heizung und das einzusetzende Einkommen entnehmen. In der abschließenden Zusammenstellung werden der Gesamtbedarf und das anzurechnende Einkommen gegenübergestellt; der hiernach verbleibende Bedarf wird sodann als Leistung – ohne Differenzierung nach den einzelnen Leistungsarten - aufgeführt. Wird hiernach ein höherer Anspruch auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung geltend gemacht, ist dieser nach dem Meistbegünstigungsprinzip unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen (vgl. BSG, Urteil vom 10. November 2011 – B 8 SO 12/10 R, Rn. 11, juris); bereits bewilligte Beträge sind jedoch auf den sich hiernach ergebenden Anspruch anzurechnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision wird nicht zugelassen, da Zulassungsgründe (§§ 160 Abs. 1, 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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