L 7 AS 431/15 B ER

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 2 AS 388/15 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 431/15 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II für Arbeitsuchende gilt auch für Personen ohne materielles Aufenthaltsrecht, die Staatsangehörige eines anderen europäischen Mitliedsstaates sind. Eine Ausschlussnorm ist einer erweiternden Auslegung unter bestimmten hier vorliegenden Voraussetzungen zugänglich.
Zu den Voraussetzungen der Arbeitnehmereigenschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU.
Auf Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 19. Juni 2015 aufgehoben, soweit das Sozialgericht den Antragsgegner verpflichtet hat, der Antragstellerin vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II vom 17. März bis 30. Juni 2015 – längstens bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens - in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Der Antrag der Antragstellerin wird insoweit abgelehnt.

Die Beteiligten haben einander in beiden Rechtszügen keine Kosten zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung laufender Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II).

Die 1972 geborene Antragstellerin slowakischer Staatsangehörigkeit beantragte am 24. September 2014 gemeinsam mit ihrem damaligen Lebensgefährten C. A., geboren 1962, deutsche Staatsangehörigkeit, mit dem sie am xx. xxx 2015 die Ehe schloss, Leistungen beim Antragsgegner. Bei der Antragstellung erklärten sie, sie hätten ca. 2 Jahre und 4 Monate in Spanien gelebt und ihren Lebensunterhalt dort durch Einkommen aus Minijobs und Selbständigkeit finanziert. Aufgrund einer Gesetzesänderung sei diese Art der Beschäftigung nicht mehr möglich gewesen, daher seien sie am 20. September 2014 wieder nach Deutschland eingereist. Sie hätten zunächst bei einem Freund übernachtet und stünden jetzt auf der Straße. Postalisch seien sie über die "A-Straße (Diakonie), A-Stadt" zu erreichen. Mit Bescheid vom 14. Oktober 2014 bewilligte der Antragsgegner Leistungen für Herrn A. in Höhe der Regelleistung für die Zeit vom 23. September 2014 bis 31. August 2015. Den Antrag der Antragstellerin lehnte der Antragsgegner gleichzeitig ab. Sie habe keinen Anspruch auf Leistungen, weil sie ein Aufenthaltsrecht in Deutschland allein zum Zwecke der Arbeitsuche habe (§ 7 Absatz 1 Satz 2 SGB II). Den mit der Begründung eingelegten Widerspruch, die Antragstellerin befände sich nicht nur zur Arbeitssuche in Deutschland sondern hauptsächlich zur Kontaktpflege ihres am xx. xxx 2009 geborenen Sohnes, D. E., der seit seiner Geburt bei einer Pflegefamilie lebe, aber geholt werden solle, sobald sich das Leben wieder normalisiert habe und sie geheiratet hätten, wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 10. März 2015 als unbegründet zurück. Ab Oktober 2014 lebten die Antragstellerin und ihr Lebensgefährte zunächst in einem Wohnwagen (Caritas-Projekt) in AB-Stadt, den sie im Juli 2015 wegen Mietschulden räumen mussten. Seither wohnen sie in einem Hotel- bzw. Pensionszimmer mit Übernachtungskosten i. H. v. 40 EUR täglich, wobei der Magistrat der Stadt A-Stadt unter dem 10. August 2015 eine Kostenzusicherung für Übernachtungskosten i. H. v. täglich 60 EUR erteilt hat.

Am 17. März 2015 hat der seinerzeitige Lebensgefährte der Antragstellerin zur Niederschrift bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main einen Eilantrag gestellt und Klage erhoben (S 2 AS 389/15). Die Antragstellerin habe schon früher hier gelebt und auch ein Kind, welches in A Stadt untergebracht sei. Sie habe bereits 2010/11 Grundsicherung vom Jobcenter erhalten und auch einen Integrationskurs absolviert. Aus gesundheitlichen Gründen seien sie 2011 nach Spanien gezogen, wo sie bis September 2014 gewesen seien. Die Wohnsitznahme in Deutschland sei allein erfolgt, um den Umgang mit ihrem Sohn zu ermöglichen bzw. eine Beziehung mit ihm aufzubauen. Eine Arbeitsaufnahme sei nicht beabsichtigt. Mit Schriftsatz vom 24. April 2015 teilte der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin u. a. mit, diese habe zwischenzeitlich (am 21. April 2015) erfahren, dass ihr Kind D. adoptiert worden sei. Mit Schreiben vom 28. April 2015 teilte die Antragstellerin mit, ihr Lebensgefährte und sie würden ab 1. Mai 2015 einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen. Dazu legte Sie einen Arbeitsvertrag mit der Firma F. GbR, F-Stadt, vom 24. April 2015 vor. Das Arbeitsverhältnis begann danach am 1. Mai 2015 und wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die Einstellung erfolgte als Bürohilfe mit einer monatlichen Bruttovergütung i. H. v. 102,- EUR. Die monatliche Arbeitszeit betrug 12 Stunden. Mit Beschluss vom 19. Juni 2015 verpflichtete das Sozialgericht den Antragsgegner vorläufig vom 17. März bis 31. Juli 2015 – längstens bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens – Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II zu erbringen. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: "Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund voraus, welche glaubhaft zu machen sind ... Der Anordnungsanspruch macht einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, notwendig. Der Anordnungsgrund setzt eine besondere Eilbedürftigkeit voraus. Hinsichtlich des Vorhandenseins eines Anordnungsanspruches ist darauf abzustellen, ob eine Klage in der Hauptsache voraussichtlich erfolgreich wäre oder nicht. In Abhängigkeit davon sind unterschiedliche Anforderungen an den Anordnungsgrund zu stellen. Kann aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage im Rahmen des Eilverfahrens keine vollständige Aufklärung erfolgen und ist aus diesem Grunde der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, dann ist im Wege der Folgenabwägung eine Entscheidung zu treffen. Dabei sind insbesondere die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend zu würdigen und in die Abwägung mit einzubeziehen — Gerichte müssen sich in diesem Zusammenhang schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (grundlegend dazu Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12.5.2005 — 1 BvIR 569/05). Das Gericht hat nach diesen Maßstäben bislang in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, die - wie vorliegend — den Leistungsausschluss für arbeitssuchende Unionsbürger betrafen, aufgrund einer Folgenabwägung zugunsten der Antragsteller entschieden, da Zweifel an der Europarechtskonformität des § 7 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II bestanden und eine höchstrichterliche Klärung der damit im Zusammenhang stehenden schwierigen und komplexen Rechtsfragen ausstand. An dieser Rechtsprechung hält das Gericht fest und geht weiterhin — wie nachfolgend dargelegt wird - davon aus, dass die Erfolgsaussichten einer Klage im Hauptsachverfahren offen sind; aus Gründen der Folgenabwägung war eine Leistung vorläufig zu gewähren: Das Vorliegen eines Anordnungsanspruches ist ungeklärt. Gemäß § 7 Absatz 1 SGB II (in der ab 1.4.2011 geltenden Fassung) erhalten Personen Leistungen, die
1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2. erwerbsfähig sind,
3. hilfebedürftig sind und
4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Die Antragstellerin hat das Vorliegen dieser Voraussetzungen glaubhaft gemacht. Möglicherweise steht jedoch ihrem Leistungsanspruch der Ausschluss des § 7 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II entgegen. Nach dieser Vorschrift sind von der Leistungsberechtigung Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen, ausgenommen. Zunächst bleibt festzustellen, dass für die Antragstellerin grundsätzlich dieser Leistungsausschluss zu prüfen ist, denn sie ist mit Herrn A. nicht verheiratet (dazu § 3 Absatz 2 FreizügG/EU, Spellbrink/G.Becker in Eicher, SGB II Komm., § 7 Rdnr. 43 m.w.N.). Anhaltspunkte für ein Aufenthaltsrecht zur Familienzusammenführung bzw. Ausübung der elterlichen Sorge hinsichtlich ihres in A-Stadt lebenden Sohnes gibt es nicht. Zuletzt wurde lediglich vorgetragen, der Sohn sei jetzt adoptiert worden. 1. Bis zur Aufnahme der geringfügigen Beschäftigung zum 1.5.2015 gilt, dass die Antragstellerin nach § 7 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht vom Anspruch ausgeschlossen ist, da sich ihr Aufenthaltsrecht nicht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt (dazu HLSG, Urteil vom 27.11.2013, B 6 AS 378/12, anhängig BSG Az B 14 AS 15/14 R und zuletzt HLSG, Beschluss vom 5.2.2015, Az L 6 AS 883/14 B ER, aA neben anderen HLSG, Beschluss vom 11.12.2014, L 7 AS 528/14 B ER).

Zwar erfüllt sie nicht die Voraussetzungen eines anderen Aufenthaltsrechtstatbestandes (siehe oben), indes waren auch die Voraussetzungen des Aufenthaltsrechts zur Arbeitssuche nicht erfüllt. Dazu hat sie selbst durch den Prozessbevollmächtigten vorgetragen (Schriftsatz vom 2.4.2015, BI. 12/13 Gerichtsakte), eine Arbeitsaufnahme sei nicht beabsichtigt. Eine unionsrechtskonforme Auslegung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II verbietet es in einem derartigen Fall vor dem Hintergrund der bestehenden Aufenthaltsrechtslage in der Bundesrepublik Deutschland, § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II gleichsam als "Auffangausschlusstatbestand" auszulegen. Dies hat zur Folge, dass ein allein aufgrund der fortbestehenden Vermutung - lediglich formal legaler Aufenthalt nicht unter den Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II fällt. Aufgrund der zu dieser Rechtsauffassung noch unklaren Rechtslage (anhängige BSG-Entscheidung) hält das Gericht die Erfolgsaussichten einer Klage im Hauptsachverfahren zumindest für offen - die schwierigen Rechtsfragen sind in einem Eilverfahren weder tatsächlich noch rechtlich zu klären. Im Wege der Folgenabwägung waren der Antragstellerin für den Zeitraum 17.3. (Antragstellung bei Gericht) bis 30.4.2015 Leistungen vorläufig zur Sicherung des Existenzminimums zuzusprechen. 2. Darüber hinaus geht das Gericht davon aus, dass die Antragstellerin ab Beginn der Beschäftigung zum 1.5.2015 nicht mehr unter den Ausschlusstatbestand des § 7 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II fällt, da sie Arbeitnehmerin nach § 2 Absatz 2 Nr. 1 1. Alt. FreizügG/EU ist. Der Arbeitnehmerbegriff im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU ist deckungsgleich mit dem unionsrechtlichen Begriff, der der Arbeitnehmerfreizügigkeit zu Grunde liegt, da das FreizügG/EU der Umsetzung der sog. Unionsbürger- oder Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG dient. Arbeitnehmer ist, wer während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistung erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält. Auch wenn die Merkmale des Arbeitnehmerbegriffs nach einhelliger Ansicht weit auszulegen sind, so kann als Arbeitnehmer allerdings nur angesehen werden, wer eine "tatsächliche und echte" Tätigkeit ausübt, die nicht einen so geringen Umfang hat, dass es sich um eine völlig untergeordnete und unwesentliche Tätigkeit handelt (mit umfangreichen Hinweisen auf EuGH-Rechtsprechung siehe dazu Hessisches LSG, Beschluss vom 7.1.2015, L 6 AS 815/14 B ER, SG Heilbronn, Urteil vom 18.2.2015, S 10 AS 3035/13 neben anderen). Zur Bestimmung, wann eine Tätigkeit in diesem Sinne "unwesentlich" ist, sind die Gesamtumstände des Einzelfalles zu würdigen. Allein von einer bestimmten geringen Wochen- oder Monatsarbeitszeit (dazu gibt es keine der Rechtsprechung zu entnehmende bestimmte Grenze) kann jedenfalls noch nicht auf eine völlig untergeordnete oder unwesentliche Tätigkeit geschlossen werden. Es sind auch beispielhaft zu berücksichtigen, welche Einkünfte erzielt werden, von welcher Dauer(-haftigkeit) die Tätigkeit ist, welchen wirtschaftlichen Wert sie für den Beschäftigten hat und ggf. ob Besonderheiten/Unregelmäßigkeiten (Gefälligkeitsarbeiten) erkennbar sind. Hiernach ist festzustellen, dass die Antragstellerin seit 1.5.2015 eine unbefristete Stelle als Bürohilfe angenommen hat mit einem Umfang von 12 Stunden im Monat und einem Verdienst von monatlich 102,- Eine erste Gehaltsbescheinigung hat sie vorgelegt, ferner einen Arbeitsvertrag. Besonderheiten bzw. "Unregelmäßigkeiten" lassen sich bisher nicht feststellen. Bei der Berücksichtigung der Gesamtumstände sind Einkommen und Arbeitszeit zu würdigen, daneben auch der wirtschaftliche Wert der ausgeübten Tätigkeit für die Antragstellerin. Dies ist insofern auch sachgerecht, da dieser allein maßgebend dafür ist, in welchem Verhältnis zur Bestreitung des Lebensnotwendigen darüber hinaus noch Sozialleistungen notwendig sind. Der monatliche Verdienst der Antragstellerin liegt bei 102 EUR - das macht knapp 1/4 des unterstellten monatlichen Gesamtbedarfes aus (siehe dazu Berechnungen für den Lebensgefährten zuletzt monatlich 474,- EUR) Dieser Anteil kann nicht mehr als völlig untergeordnet und unwesentlich eingestuft werden. Das Gericht hält eine Orientierung in diesem Zusammenhang an § 8 SGB II für nicht sachgerecht. Zwar benennt der Gesetzgeber darin eine zeitliche Grenze von 3 Stunden als "Erheblichkeitsgrenze" — dies aber bezogen auf die körperliche Fähigkeit, unter den üblichen Bedingungen am Arbeitsmarkt tätig zu sein. Eine Übertragbarkeit der zeitlichen Grenze auf den hier näher zu definierenden Arbeitnehmerbegriff scheitert darüber hinaus auch an der vorgenannten Notwendigkeit, die Gesamtumstände des Einzelfalles zu berücksichtigen — also gerade nicht eine feste "Mindestarbeitszeit" zu definieren. Ausgehend von der glaubhaft gemachten Arbeitnehmer-Eigenschaft lag ab Beginn der Beschäftigung ein Anordnungsanspruch vor. Zur Abwendung wesentlicher Nachteile (Anordnungsgrund) waren ab 1.5.2015 Leistungen in gesetzlicher Höhe — unter Berücksichtigung der Beschäftigungsentgelte — zu gewähren".

Gegen den ihm am 23. Juni 2015 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 7. Juli 2015 Beschwerde bei dem Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt und nach der Eheschließung der Antragstellerin dieser mit Bescheid vom 2. Juli 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ab 1. Juli 2015 bewilligt. Für den Zeitraum vom 17. März bis 30. Juni 2015 hält er an seiner Auffassung fest, dass der Antragstellerin ein Aufenthaltsrecht nur zur Arbeitssuche zustehe, womit sie nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II, der nicht gegen europäisches Recht verstoße, von einem Leistungsanspruch nach dem SGB II ausgeschlossen sei. Die Antragstellerin halte sich mehr als drei Monate aber noch keine fünf Jahre im Bundesgebiet auf und genieße daher kein Daueraufenthaltsrecht. Die von der Antragstellerin seit 1. Mai 2015 ausgeübte geringfügige Beschäftigung sei als völlig untergeordnet und unwesentlich einzustufen und begründe daher keine Arbeitnehmereigenschaft. Ebensowenig stehe der Antragstellerin vor dem 1. Juli 2015 ein Aufenthaltsrecht aus familiären Gründen zu, weil sie bis dahin nicht mit ihrem seinerzeitigen Lebensgefährden verheiratet gewesen und das von ihr geborene Kind adoptiert worden sei. Den Antrag des Ehemannes der Antragstellerin vom 6. August 2015 auf Übernahme der Pensionskosten i. H. v. täglich 40 EUR hat der Antragsgegner mit Bescheid vom 6. August 2015 abgelehnt, gegen den Widerspruch eingelegt wurde. Der Antragsgegner hat auf die Zuständigkeit des Magistrats der Stadt A-Stadt, Fachstelle "Hilfen zur Wohnungssicherung" zur Verhinderung von Obdachlosigkeit hingewiesen.

Der Antragsgegner beantragt (sinngemäß),
den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 19. Juni 2015 aufzuheben, soweit es den Antragsgegner verpflichtet hat, der Antragstellerin vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II vom 17. März bis 30. Juni 2015 – längstens bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens – in gesetzlicher Höhe zu gewähren und den Antrag insoweit abzulehnen.

Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angegriffenen Beschluss und wendet sich gegen die Ablehnung der Übernahme der Pensionskosten durch den Antragsgegner. Zwar habe sie eine Kostenzusicherung für Hotelkosten bis zu 60 EUR täglich durch die Stadt A-Stadt erhalten, jedoch finde sie kein geeignetes Zimmer, weil diese entweder ausgebucht oder die Vermieter nicht zur Vermietung zu den Bedingungen des Sozialamtes (mit monatlicher Abrechnung im Nachhinein) bereit seien oder auch den "kleinen dreijährigen Hund" nicht akzeptierten. Im Falle der erwarteten Nachzahlung würden sich die Eheleute einen gebrauchten Wohnwagen kaufen, womit dieses Problem gelöst sei.

Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten ergänzend Bezug genommen.

II.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der vorläufige Leistungsanspruch der Antragstellerin nur soweit das Sozialgericht einen solchen zuerkannt hat, nämlich vom 17. März bis maximal 31. Juli 2015 und jedenfalls nicht länger als bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens, das allerdings beim Sozialgericht noch anhängig ist. Ferner hat der Antragsgegner der Antragstellerin Leistungen ab 1. Juli 2015 bewilligt und seine Beschwerde insoweit auf den davorliegenden Zeitraum begrenzt, weshalb der Senat nur noch über den Leistungszeitraum vom 17. März bis 30. Juni 2015 zu befinden hatte. Insbesondere hatte sich der Senat nicht mit der Übernahme von Unterkunftskosten aufgrund eines Antrages vom 6. August 2015 und damit frühestens ab 1. August 2015 (siehe § 37 Abs. 2 SGB II) zu befassen, worüber der Antragsgegner mit gesondertem Verwaltungsakt entschieden hat, der mangels zeitlicher Identität des Streitgegenstandes nach § 96 SGG nicht Gegenstand des hier anhängigen Eilverfahrens werden konnte.

Die auf den zuvor genannten Zeitraum begrenzte Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig und auch in der Sache begründet. Der Antrag der Antragstellerin auf vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II war schon mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs abzulehnen, ohne dass es noch auf eine Folgenabwägung ankäme, weil einem Anordnungsanspruch für den gesamten streitigen Zeitraum bereits der Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II entgegensteht. Schon aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 11. November 2014 in der Rechtssache C-333/13 (Dano) stand fest, dass der zuvor genannte Leistungsausschluss mit europäischem Recht in Einklang steht. Seine gegenteilige Rechtsprechung (u.a. Beschlüsse vom 14. Juli 2011, L 7 AS 107/11 B ER und vom 18. Dezember 2012, L 7 AS 624/12 BER sowie Urteil vom 20. September 2013, L 7 AS 474/13 - sämtlich in Juris) hat der erkennende Senat daher schon mit dem in Juris veröffentlichten Beschluss vom 11. Dezember 2014 aufgegeben (L 7 AS 528/14 B ER). Auf die dortige ausführliche Begründung nimmt der Senat im Rahmen dieses Beschlusses ausdrücklich Bezug. Nach dem nunmehr mit ausführlichen Entscheidungsgründen vorliegenden Urteil des EuGH vom 15. September 2015 in der Rechtssache C-67/14 (Alimanovic - siehe CURIA - Dokumente) kann hieran trotz der von anderen Spruchkörpern bis dato aufrechterhaltenen Bedenken kein Zweifel mehr bestehen. Dabei kann offen bleiben, ob die Antragstellerin im streitigen Zeitraum überhaupt ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland hatte. Wenn der Antragstellerin ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland zur Arbeitsuche nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 2. Alt. FreizügG/EU a.F. bzw. § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU in seiner ab 9. Dezember 2014 gültigen Fassung zustand, war sie nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von den Leistungen der Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen. Dies stellt ebenfalls keinen Verstoß gegen europäisches Recht dar (siehe dazu ausführlich Beschluss des Senats vom 11. Dezember 2014, L 7 AS 528/14 B ER, Juris, Rdnr. 40 ff.). Wenn den Antragstellern kein Aufenthaltsrecht zusteht, erfüllen sie nicht die Anspruchsvoraussetzungen zur Gewährung von Leistungen der Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, weil die in § 7 Abs. 1 SGB II für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II aufgeführten Anspruchsvoraussetzungen um die ungeschriebene Anspruchsvoraussetzung des Bestehens eines Aufenthaltsrechts in der Bundesrepublik Deutschland zu erweitern sind (siehe dazu ausführlich Beschluss des Senats vom 11. Dezember 2014, L 7 AS 528/14 B ER, Juris, Rdnr. 45 ff.) Auch dies stellt keinen Verstoß gegen europäisches Recht dar (siehe dazu ausführlich Beschluss des Senats vom 11. Dezember 2014, L 7 AS 528/14 B ER, Juris, Rdnr. 58 ff.). Soweit hiergegen eingewandt wird, dieser erweiternden Auslegung stehe die Rechtsprechung des BSG entgegen, wonach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II als Ausschlussnorm eng auszulegen sei, vermag dem der erkennende Senat nur soweit zu folgen (siehe etwa Senatsbeschluss vom 19. September 2012, L 7 AS 30/12 B ER, Juris Rn. 38), als bei Vorliegen eines Aufenthaltsrechts aus anderen Gründen die genannte Ausschlussnorm nicht greift, wie das BSG mit seinem Urteil vom 30. Januar 2013 (B 4 AS 54/12 R – Juris Rn. 26) ausgeführt hat. Nicht erfasst werden durch diese Entscheidung jedoch die Fälle, in denen keinerlei materielles Aufenthaltsrecht besteht und damit der aufenthaltsrechtliche Status der betreffenden Person noch hinter dem Aufenthaltsstatus zurückbleibt, der zum Leistungsausschluss führt. Maßgebend für die Auslegung einer Norm ist der im Gesetzeswortlaut objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist (vgl. BVerfGE 1, S. 312). Dabei ist entsprechend dem in § 133 BGB zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgedanken nicht am buchstäblichen Ausdruck zu haften, sondern auf den Sinn der Norm abzustellen und davon auszugehen, dass das Gesetz eine zweckmäßige, vernünftige und gerechte Regelung treffen will. Von Ausnahmevorschriften sagt man (wie zuvor), sie seien eng auszulegen und keiner Analogie fähig. Das trifft in dieser Allgemeinheit jedoch nicht zu. In den Grenzen ihres Gesetzeszweckes ist auch bei Ausnahmevorschriften eine erweiternde Auslegung oder Analogie statthaft (so zutr.: Sprau in Palandt, BGB-Komm., 74. Aufl. 2015, Einl. vor § 1, Rn. 53 unter Hinw. auf BGH 26, 78/83; BAG NJW 69, 74; BayObLG NJW 00, 1875).

Die offenbare Sinnwidrigkeit eines bei buchstäblicher Auslegung der Ausschlussnorm des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II eintretenden Ergebnisses, nach dem Personen ohne materielle Aufenthaltserlaubnis im Gegensatz zu Personen mit einem Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche Leistungen nach dem SGB II beanspruchen könnten, rechtfertigt nach den zuvor dargestellten Auslegungsregeln zur Überzeugung des Senats auch im Hinblick auf die zuvor zitierte inzwischen gefestigte Rechtsprechung des EuGH die zuvor dargelegte erweiternde Auslegung der Ausschlussnorm, weil der Gesetzgeber bei der Formulierung der Ausschlussnorm, mit der er die maßgeblichen europarechtlichen Regelungen umsetzen wollte (vgl. Spellbrink/G. Becker in Eicher, SGB II-Komm., 3. Aufl. 2013, § 7 Rn. 42 m.w.N.), offenbar das Bestehen überhaupt irgendeines Aufenthaltsrechts logisch vorausgesetzt hat. Insoweit besteht auch kein Widerspruch zu dem bereits zitierten Urteil des BSG vom 30. Januar 2013 (a.a.O.), denn in dem dort entschiedenen Fall entstand durch die vom BSG gewählte enge Auslegung kein sinnwidriges Ergebnis, weil sich die dortige Klägerin auf ein anderes Aufenthaltsrecht stützen konnte. Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S2 Nr. 2 SGB II verstößt auch nicht gegen das Europäische Fürsorgeabkommen (EFA), weil der von der Bundesregierung hierzu erklärte Vorbehalt wirksam ist (so zutreffend: BSG, Beschluss vom 12. Dezember 2013, B 4 AS 9/13 R, Juris Rn. 23).

Der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren stand im streitigen Zeitraum auch kein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU zu. Die Antragstellerin war aufgrund des Arbeitsvertrages vom 24. April 2015 ab 1. Mai 2015 keine Arbeitnehmerin i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU, weil es sich bei der ausgeübten geringfügigen Beschäftigung mit einer monatlichen Bruttovergütung i.H.v. 102 EUR für monatlich 12 Stunden Tätigkeit als Bürohilfe um eine völlig untergeordnete und unwesentliche Tätigkeit im Sinne der Rechtsprechung des EuGH handelt. Den Entscheidungen des EuGH lässt sich keine bestimmte Grenze in Bezug auf Einkommen und Arbeitszeit entnehmen, unterhalb derer die Arbeitnehmereigenschaft verneint werden muss. Der EuGH hat vielmehr immer deutlich gemacht, dass eine vorzunehmende Würdigung der Gesamtumstände letztlich den Gerichten der Mitgliedstaaten vorbehalten bleibt (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Februar 2010 - Rs. C-14/09). In der nationalen Rechtsprechung finden sich einzelne Entscheidungen zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine unionsrechtliche Arbeitnehmereigenschaft begründet wird. So wurden beispielsweise eine Tätigkeit von 5,5 Wochenstunden und später 36 Monatsstunden, sowie ein Entgelt von 154,00 EUR und danach 252,00 EUR (OVG Bremen, Urteil vom 28. September 2010 - 1 A 116/09), eine Wochenarbeitszeit von 7,5 Stunden und ein Lohn von 650,00 DM in 1997 (VG München, Urteil vom 2. Februar 1999 - M 21 K 98.750) bzw. eine Wochenarbeitszeit von 7,5 Stunden und ein Lohn von 100,00 EUR (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 23/10 R) sowie eine Wochenarbeitszeit von 5,5 Stunden und ein Lohn von 175,00 EUR (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30. März 2011 - OVG 12 B 15.10) als (gerade noch) ausreichend angesehen. Dagegen wurde eine Arbeitszeit von 3 bis 4 Stunden an einem Arbeitstag pro Woche "zu einem völlig belanglosen Entgelt" (VG München, Urteil vom 2. Februar 1999 - M 21 K 98.750) und ein monatliches Entgelt von 300,00 EUR bei einer Wochenarbeitszeit von 10 bis 12 Stunden (VG Darmstadt, Urteil vom 22. Februar 2008, InfAuslR 2008, 344 f.) als völlig unwesentlich angesehen. Zuletzt hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg in seinem Beschluss vom 17. Februar 2015 (L 31 AS 3100/14 B ER - in Juris) entschieden, dass eine an 5 Tagen in der Woche für jeweils 1 Stunde ausgeübte Tätigkeit mit einem monatlichen Verdienst in Höhe von 150,00 EUR brutto, die auch nur für einen Zeitraum von 2 Monaten nachgewiesen war, nicht die Voraussetzungen einer die Arbeitnehmereigenschaft i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU begründenden Tätigkeit erfüllt (a.a.O. Juris Rn. 10). Weder den Entscheidungen des EuGH, des BSG oder der anderen nationalen Gerichte lässt sich folglich eine bestimmte Grenze in Bezug auf Einkommen oder Arbeitszeit entnehmen, oberhalb derer die Arbeitnehmereigenschaft bejaht bzw. unterhalb derer die Arbeitnehmereigenschaft verneint werden muss (so schon: Senatsbeschluss vom 12. März 2015, L 7 AS 782/14 B ER). Feststellen lässt sich lediglich, dass die bisher entschiedenen Verfahren, in denen die Arbeitnehmereigenschaft verneint wurde, Fälle betrafen, in denen Arbeitszeit und Vergütung sogar noch deutlich über derjenigen der Antragstellerin im vorliegenden Fall lagen, wie auch in den Fällen der Bejahung der Arbeitnehmereigenschaft. Angesichts der außergewöhnlichen Geringfügigkeit von vereinbarter Vergütung und Arbeitszeit kann im vorliegenden Fall - und unabhängig von der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses - auch der Umstand, dass ein ordnungsgemäßer schriftlicher Arbeitsvertrag mit Urlaubsregelung (3 Arbeitstage im Kalenderjahr) und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall vorliegt, nicht zur Begründung der Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 Freizügigkeitsgesetz/EU ausreichen. Ebensowenig kann sich die Antragstellerin auf ein Aufenthaltsrecht als Familienangehörige nach § 3 FreizügG/EU stützen, weil sie in dem hier noch maßgeblichen Zeitraum noch nicht mit ihrem jetzigen Ehemann verheiratet war. Eheähnlich zusammenlebende heterosexuelle Paare können aber weder aus dem Auffangtatbestand des § 7 Abs. 1 S. 3 AufenthG noch aus dem europäischen Recht ein Aufenthaltsrecht zur Familienzusammenführung ableiten, weil der Familiennachzug in § 3 FreizügG/EU und den §§ 27 ff. AufenthG abschließend geregelt ist (so: BSG, Urteil vom 30. Januar 2013, a.a.O., Rn. 33 m.w.N.). Soweit sich die Antragstellerin in der Vergangenheit darauf berufen hat, ihr Aufenthalt diene vor allem der Personensorge gegenüber ihrem am 4. Dezember 2009 geborenen Sohn, vermag dem der Senat nicht zu folgen, denn die Antragstellerin hat zu keinem Zeitpunkt die Personensorge über ihren Sohn ausgeübt, der offenbar schon kurz nach seiner Geburt in die Obhut einer Pflegefamilie gegeben und inzwischen auch adoptiert wurde. Es bestanden daher keinerlei objektive Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin ggf. zusammen mit ihrem späteren Ehemann in Zukunft entgegen ihrem bisherigen Verhalten die elterliche Verantwortung übernehmen würde, noch waren hierfür irgendwelche tatsächlichen Bestrebungen erkennbar (siehe hierzu: BSG, a.a.O., Rn. 35). Einer Beiladung des Sozialhilfeträgers nach § 75 Abs. 2, 2. Alt. SGG bedurfte es nicht. Ein Anspruch auf laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII kommt vorliegend schon von vorne herein nicht in Betracht. Die Antragstellerin ist erwerbsfähig und somit dem Grunde nach Leistungsberechtigte nach dem SGB II. Als Erwerbsfähige ist sie nach § 21 Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII) von Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII ausgeschlossen (so zutreffend: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013, L 15 AS 365/13 B ER, Juris Rn. 65 ff. m.w.N.; a.A. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 23. Mai 2014, L 8 SO 129/14 B ER, Juris, Rdnr. 14 ff. m.w.N. auch zur Gegenmeinung). Zwar mag grundsätzlich ein Anspruch auf vorläufige Gewährung von Hilfen in sonstigen Lebenslagen nach § 73 SGB XII (Überbrückungsleistungen) gegen den Sozialhilfeträger in Betracht kommen, der nicht nach § 21 S. 1 SGB XII ausgeschlossen ist und für den deshalb die Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers begründet ist (a.A.: 4. Senat des Hessischen Landessozialgerichts, Beschluss vom 22. Mai 2015, B 4 SO 31/15 B ER in Juris), weil das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG dem Grunde nach unverfügbar ist und durch einen Leistungsanspruch eingelöst werden muss. Die vorliegend im Streit stehende Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Gewährung von laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (Arbeitslosengeld II) unterscheidet sich jedoch nach Struktur und Inhalt grundlegend von dem alternativ allein nach dem SGB XII in Betracht kommenden, situationsbezogenen Anspruch auf Hilfe in sonstigen Lebenslagen, der daher beim zuständigen Sozialhilfeträger gesondert geltend zu machen ist (so zutreffend u.a.: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. November 2013, L 15 AS 365/13 B ER, Juris, Rn. 68 m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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