L 6 AS 239/15 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 40 AS 1355/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 6 AS 239/15 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 15.01.2015 geändert und dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt S, I, bewilligt. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Hauptsacheverfahren über die Rechtmäßigkeit einer Aufforderung zur Rentenantragstellung.

Mit Bescheid vom 03.03.2014 forderte der Beklagte den Kläger auf, zum 01.06.2014 einen Antrag auf Altersrente mit Abschlag zu stellen. Hierzu sei er verpflichtet. Aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung vorrangige Leistungen in Anspruch zu nehmen, sei der Beklagte berechtigt, den Antrag ersatzweise für den Kläger zu stellen, wenn die Antragstellung nicht innerhalb von zwei Wochen erfolge. Den Widerspruch des Klägers vom 12.03.2014 verwarf der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.04.2014 als unzulässig. Es handele sich bei der Aufforderung vom 03.03.2014 nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X.

Am 14.05.2014 hat der Kläger Klage erhoben und vorgetragen, es sei aufgrund einer Gesetzesänderung für ihn möglich ab dem 01.07.2014 eine abschlagfreie Altersrente wegen langjähriger Versicherung zu erhalten. Daher sei die Aufforderung des Beklagten unbillig.

Am 12.06.2014 hat der Kläger bei der DRV Westfalen einen Antrag auf Altersrente für langjährig Versicherte ab dem 01.07.2014 gestellt. Mit Bescheid vom 28.08.2014 hat die DRV Westfalen dem Kläger verminderte Rente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab dem 01.06.2014 bewilligt. Zur Begründung wurde ausgeführt, eine entsprechende Umdeutung des Rentenantrags sei erfolgt, weil der Kläger vom Beklagten zur Antragstellung ab 01.06.2014 aufgefordert worden sei. Gegen den Rentenbescheid hat der Kläger am 05.09.2014 Widerspruch erhoben. Das Widerspruchsverfahren ruht bis zum Abschluss des beim Sozialgericht anhängigen Verfahrens gegen das Jobcenter.

Mit Beschluss vom 15.01.2015 hat das Sozialgericht Gelsenkirchen den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Zur Begründung hat es u. a. angeführt die Klage sei durch die inzwischen bewilligte Rente unzulässig geworden. Der angefochtene Bescheid habe sich erledigt. Es sei weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Kläger den Rentenantrag zurücknehmen könne. Auch ein Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides sei ohne Aussicht auf Erfolg, da ein Feststellungsinteresse nicht vorliege.

Gegen den Beschluss hat der Kläger am 29.01.2015 Beschwerde erhoben.

Mit Schreiben vom 26.01.2015 teilte die DRV Westfalen dem Kläger mit, dass eine Rente ab dem 01.07.2014 für besonders langjährige Versicherte zu bewilligen sei, sofern die Aufforderung zur Antragstellung durch das Jobcenter zurückgenommen werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen. Diese Akten haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der Beratung gewesen.

II.

Die zulässige Beschwerde gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe ist begründet.

Nach § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit §§ 114, 115 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Die vom Kläger eingeleitete Rechtsverfolgung bietet erstinstanzlich hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Die angefochtene Aufforderung zur Rentenantragstellung ist nicht gem. § 39 Abs. 2 SGB X erledigt. Der Kläger hat gegen den Rentenbescheid Widerspruch eingelegt, das Rentenverfahren ist noch nicht bestandskräftig abgeschlossen. Vielmehr hat der Rentenversicherungsträger ausdrücklich erklärt, dass bei Rücknahme des Bescheides vom 03.03.2014, die Altersrente für langjährige Versicherte ab dem 01.07.2014 bewilligt werden könne (vgl. BSG Urteil vom 19.08.2015 - B 14 AS 1/15 R - juris Rdnr 13).

Die Klage bietet auch deswegen Aussicht auf Erfolg, weil nach Aktenlage weder im angefochtenen Bescheid noch im Widerspruchsbescheid von Seiten des Beklagten Ermessen ausgeübt wurde (BSG a.a.O. juris Rdnr 27 ff).

Der Beklagte hätte (zumindest) im Rahmen der Unbilligkeitsverordnung prüfen müssen, ob gem. § 3 der Unbilligkeitsverordnung von der Aufforderung zur vorzeitigen Rentenantragstellung abgesehen werden kann.

Der Kläger ist ausweislich der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bedürftig. Er verfügt daher über kein im Rahmen des § 115 ZPO einzusetzendes Einkommen oder Vermögen, so dass ihm (ratenfrei) Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren zu bewilligen ist. Die Beiordnung des Verfahrensbevollmächtigten des Klägers ist auch erforderlich i.S.v. § 121 Abs. 2 ZPO, weil sich auch ein bemittelter Kläger vernünftigerweise eines Rechtsanwaltes bedient hätte.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved