Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 10 AL 1036/00 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 B 120/00 AL-ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 02. November 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beschwerdeführerin (Bf.) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) seit dem 05.02.2000, hilfsweise zumindest die Verbescheidung ihres Widerspruchs vom 28.03.2000.
Die Bf. bezog zunächst Arbeitslosengeld (Alg) ab dem 15.12.1992. Vom 09.05.1994 bis zum 17.03.1995 bezog sie aufgrund einer beruflichen Bildungsmaßnahme Unterhaltsgeld (Uhg). Mit Bescheid vom 16.03.1995 gewährte ihr die Beschwerdegegnerin (Bg.) wieder Alg bis zum 15.07.1995. In der Zeit vom 17.07.1995 bis zum 31.12.1995 hatte sie eine Beschäftigung im Rahmen einer AB-Maßnahme in der L ... GmbH. Ab dem 01.01.1996 bewilligte die Bg. erneut Alg und ab dem 05.02.1997 Anschluss-Alhi. Diese wurde ihr in den beiden folgenden Jahren - unterbrochen von einem etwa 4-monatigen Unterhaltsgeldsbezug im Sommer 1997 - jeweils längstens zum 05.02. des Folgejahres weiterbewilligt.
Am 11.01.2000 beantragte die Bf. erneut die Weiterbewilligung von Arbeitslosenhilfe bis zum 04.02.2001. Da die Bg. aufgrund von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen Anhaltspunkte gegeben sah, die für die selbstständige Tätigkeit der Bf. in einem Fuhrunternehmen sprachen, lehnte sie die Weiterbewilligung über den 04.02.2000 hinaus unter Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit von mehr als 15 Stunden wöchentlich durch Bescheid vom 23.03.2000 ab. Hiergegen legte die Bf. am 29. März 2000 (Verwaltungsakte, Band II, S ...) Widerspruch ein. Über diesen ist bisher nicht entschieden.
Mit mehreren Schreiben vom 26.04.2000 teilte die Bg. der Bf. mit, sie habe vom 01.05.1994 bis zum 04.02.2000 Alg bzw. Alhi und teilweise Uhg zu Unrecht bezogen. Nach dem Ergebnis einer Außenprüfung sei sie in diesem Zeitraum mehr als kurzzeitig beschäftigt gewesen. Da die Anspruchsvoraussetzungen somit nicht vorgelegen hätten, habe sie den überzahlten Betrag sowie Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge zu erstatten. Die Überzahlung habe sie durch unvollständige oder falsche Angaben verursacht. Mit mehreren Bescheiden vom 04.08.2000 hob die Bg. die Leistungsbewilligungen für den Zeitraum vom 01.05. bis zum 04.02.2000 auf. Die Anspruchsvoraussetzungen für Alg seien entfallen (§ 48 SGB X) bzw. hätten bei der Alhi und dem Uhg jeweils von Anfang an nicht vorgelegen (§ 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB X). Gegen die Zahlungserinnerung des beitreibenden Landesarbeitsamtes Sachsen legte die Bf. am 16.08.2000 "Beschwerde und Erinnerung" ein. Das Landesarbeitsamt wertete dies als Widerspruch gegen diese Aufhebungs- und Rücknahme- sowie Erstattungsbescheide und reichte diesen an die ständige Widerspruchsstelle weiter. Auch über diesen ist bisher nicht entschieden.
Am 22.09.2000 hat die Bf. bei dem SG Dresden unter Hinweis auf ihre wirtschaftliche Situation den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Damit hat sie zunächst die Verpflichtung der Bf. zum Erlass eines Widerspruchsbescheides, gleichzeitig aber auch die Gewährung von Alhi begehrt. Vor Erteilung des Widerspruchsbescheides würden ihr keine Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz gewährt, diese seien auch von der zuständigen Sozialbehörde bisher verweigert worden.
Das Sozialgericht Dresden (SG) hat den Antrag durch Beschluss vom 02. November 2000 abgelehnt. Für die beantragte Verbescheidung der eingelegten Widersprüche durch Erlass einer einstweiligen Anordnung bestehe kein Anordnungsgrund, da sich insofern im Vergleich zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren keine Nachteile ergäben. Im Übrigen sei eine Vorwegnahme der Hauptsache im Anordnungsverfahren unzulässig. Soweit die Bf. Alhi begehre, könne sie auf die Deckung des existenzsichernden Lebensbedarfs durch Sozialhilfe verwiesen werden.
Hiergegen die Bf. am 13.11.2000 Beschwerde eingelegt.
Sie dürfe nicht auf die Inanspruchnahme von Sozialhilfe verwiesen werden. Bei einer Beantragung von Sozialhilfe werde regelmäßig bei dem nächsten Angehörigen nach den Vermögensverhältnissen gefragt. Auch eine Anfrage bei deren Arbeitgebern sei nicht ausgeschlossen. Da die Angehörigen der Bf. zudem einen Betriebskredit beantragt hätten, bestünde bereits aus taktischen Erwägungen keine Möglichkeit der Hilfegewährung durch das Sozialamt.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Sächsischen Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Die Beschwerdeführerin beantragt (sinngemäß),
den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 02. November 2000 aufzuheben und die Beschwerdegegnerin - im Wege der einstweiligen Anordnung - zu verpflichten, der Beschwerdeführerin Arbeitslosenhilfe in gesetzlicher Höhe zu gewähren, sowie hilfsweise, die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, die eingelegten Widersprüche vom 28.03.2000 und 16.08.2000 zu verbescheiden.
Die Beschwerdegegnerin beantragt (sinngemäß),
die Beschwerde zurückzuweisen.
Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens hat die Bf. mitgeteilt, sie habe nunmehr doch am 01.12.2000 einen Antrag auf Sozialhilfe beim Landratsamt K ... gestellt. Die Prüfung des Sachverhaltes nehme jedoch längere Zeit in Anspruch.
Weiter hat die Bg. auf Anfrage mitgeteilt, es sei deshalb noch nicht zu einem Erlass der Widerspruchsbescheide gekommen, weil die abschließenden Entscheidungen maßgeblich von den Ergebnissen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen die Bf. abhingen. Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft G ... habe dieses bislang noch nicht abgeschlossen werden können, weil noch weitere Zeugenvernehmungen sowie die Sichtung und Auswertung beschlagnahmter Unterlagen ausstehe.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verfahrensakten beider Instanzen und die Leistungsakte der Bg. Bezug genommen.
II.
Die zulässige und statthafte (§§ 172, 173 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) Beschwerde ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG im Ergebnis den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Bf. hat keinen Anspruch auf Zahlung von Alhi im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.
Allerdings hat das SG hier das Begehren der Bf. unzutreffend bewertet. Dieses wäre sachgerecht auszulegen gewesen. Auch wenn dies aus dem Text der Antragsschrift vom 18.09.2000 nicht klar hervorgeht, so geht es der Bf.- entgegen der Formulierung - speziell in diesem Verfahren auf Gewährung von einstweiligen Rechtsschutz wesentlich um die Leistung der Arbeitslosenhilfe als solcher. Dies macht sie auch durch die wiederholte Betonung der Mittellosigkeit und Existenzgefährdung deutlich. Allein ein Erlass eines rechtsmittelfähigen Widerspruchsbescheides kann aber der Bf. zur Deckung des Lebensbedarfes nicht weiterhelfen. Daher ist ihr Begehren so zu verstehen, dass der Antrag auf Erlass des Widerspruchsbescheides - als allenfalls hilfsweise - zurücktritt.
Zutreffend hat das SG als Rechtsgrundlage für den Erlass einer einstweiligen Anordnung § 123 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) analog angewandt. Vorläufiger Rechtsschutz wird - abgesehen von den Fällen des § 97 Abs. 2 - SGG durch die §§ 80, 5 und 123 VwGO - analog - gewährt (BVerfGE 46, 166; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2. Aufl., Kap. IV, Rdnr. 114; Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, Rdnr. 134 zu § 97). (Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die genannte Entscheidung verwiesen.)
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist die einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zu erlassen, wenn der vom Bf. geltend gemachte Anspruch - im vorliegenden Fall auf Alhi - nach summarischer Prüfung mit Wahrscheinlichkeit besteht (Anordnungsanspruch) und wenn durch die einstweilige Anordnung wesentliche Nachteile abgewendet oder eine drohende Gefahr verhindert wird (Anordnungsgrund). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist im sozialgerichtlichen Verfahren einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren, wenn dem Betroffenen bei einem Abwarten bis zur Entscheidung der Hauptsache unzumutbare und möglicherweise irreversible Nachteile drohen (BVerfGE 46, 166; Krasney/Udsching a.a.O., Rdnr. 114). Sinn eines Beschlusses im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist aber eine vorläufige Regelung. Das SG hat daher zu Recht ausgeführt, die Vorwegnahme der Hauptsache, im Sinne der Schaffung eines endgültigen Zustandes durch vollständige Befriedigung des Anspruchs, sei im Anordnungsverfahren grundsätzlich nicht möglich. Eine solche ist jedoch dann hinzunehmen, wenn sie nötig ist, um effektiven Rechtsschutz zu gewähren. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die ohne Erlass der einstweiligen Anordnung eintretenden Schäden für den Bf. unzumutbar und die Folgen nicht reparabel wären. Gleiches gilt, wenn der Rechtsschutz in der Hauptsache zu spät käme. Zusätzliche Voraussetzung ist, dass ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht (Krasney/Udsching, a.a.O., Rdnr. 120).
Ob ein Anordnungsgrund vorliegt, wenn der Bf. die Möglichkeit offen steht, Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen, ist umstritten. Das BVerfG (BVerfGE 46, 166, 179) sieht in diesen Fällen regelmäßig kein Bedürfnis für den Erlass einstweiliger Anordnungen. Gegen einstweilige Leistungsanordnungen bei diesem Sachverhalt spricht grundsätzlich, dass die Bf. bei einem Unterliegen in der Hauptsache die zu Unrecht erhaltenen Leistungen zu erstatten hat, während ihr die Sozialhilfe in jedem Fall verbleibt. Ausnahmsweise kann ein Anordnungsgrund dann vorliegen, wenn die beanspruchten Leistungen erheblich über dem Sozialhilfeniveau liegen und die Bf. bei einer Verweisung auf die Sozialhilfe schwerwiegende und unzumutbare Vermögensdispositionen treffen müsste. Anders stellt sich die Situation auch dann dar, wenn die Gewährung von Sozialhilfe vom zuständigen Träger tatsächlich bereits abgelehnt wurde (Krasney/Udsching, a.a.O., Rdnr. 19; Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl., Rdnr. 23b zu § 97).
Es sind hier keine Umstände ersichtlich, derentwegen eine Verweisung auf den Sozialhilfeanspruch nicht zumutbar wäre. Eine solche hat die Bf. nach Sachlage erst nach Erlass der angegriffenen Entscheidung des SG beantragt. Die Ausführungen zu eventuellen Anfragen über die Vermögensverhältnisse der Angehörigen betreffen tatsächlich nur Erstattungsansprüche gegen den Ehegatten oder Verwandte ersten Grades (vgl. § 90 Bundessozialhilfegesetz) und sie sind im Übrigen auch nicht geeignet die Unzumutbarkeit zu begründen, denn hierauf könnte sich (fast) jeder berufen, der auf einen Anspruch gegen den Sozialhilfeträger verwiesen wird. Entsprechend hat die Bf. nunmehr auch einen solchen Antrag gestellt. Diesen nicht bereits zuvor gestellt zu haben, stellt eine persönliche Entscheidung der Bf. dar. Eine Ablehnung der Sozialhilfe ist - bisher - nicht erfolgt, vielmehr die Prüfung des Anspruchs eingeleitet worden.
Der ohne Erlass der einstweiligen Anordnung entstehende Schaden ist für die Bf. auch nicht irreversibel. Soweit nach abschlie
ßender Prüfung die Bg. - oder ggf. das Gericht - zu dem Ergebnis gelangte, dass ein Anspruch auf Alhi bestanden habe, wäre die Leistung ab dem 04.02.2000 nachzuzahlen.
Bei dieser Sachlage muss der Senat nicht weiter darauf eingehen, ob dem Begehren der Bf. auch das Fehlen eines Anordnungsanspruches entgegensteht. Eine Verpflichtung der Bg. zur Zahlung von Alhi im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes setzt u.a. voraus, dass die Bf. verfügbar war und ist. Die Ablehnung der Alhi im Falle der Bf. beruht aber derzeit und auch bereits seit dem 05.02.2000 - unabhängig von der Frage der Bedürftigkeit - auf der fehlenden Arbeitslosigkeit wegen einer selbstständigen Tätigkeit. Die Wahrscheinlichkeit eines Erfolges in der Hauptsache kann bisher nach Aktenlage weder positiv angenommen, noch definitiv verneint werden. Es erscheint durchaus sachgerecht, hierzu u.a. auch wesentlich auf die Feststellungen der Staatsanwaltschaft abzustellen.
Für den "Hilfsantrag" auf Erlass des Widerspruchsbescheides zu dem Widerspruch vom 28.03.2000 besteht kein Anordnungsgrund, da allein durch dessen Verzögerung weder schwere und unzumutbare Nachteile noch ein irreversibler Schaden entsteht.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus der analogen Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist endgültig, § 177 SGG.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beschwerdeführerin (Bf.) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) seit dem 05.02.2000, hilfsweise zumindest die Verbescheidung ihres Widerspruchs vom 28.03.2000.
Die Bf. bezog zunächst Arbeitslosengeld (Alg) ab dem 15.12.1992. Vom 09.05.1994 bis zum 17.03.1995 bezog sie aufgrund einer beruflichen Bildungsmaßnahme Unterhaltsgeld (Uhg). Mit Bescheid vom 16.03.1995 gewährte ihr die Beschwerdegegnerin (Bg.) wieder Alg bis zum 15.07.1995. In der Zeit vom 17.07.1995 bis zum 31.12.1995 hatte sie eine Beschäftigung im Rahmen einer AB-Maßnahme in der L ... GmbH. Ab dem 01.01.1996 bewilligte die Bg. erneut Alg und ab dem 05.02.1997 Anschluss-Alhi. Diese wurde ihr in den beiden folgenden Jahren - unterbrochen von einem etwa 4-monatigen Unterhaltsgeldsbezug im Sommer 1997 - jeweils längstens zum 05.02. des Folgejahres weiterbewilligt.
Am 11.01.2000 beantragte die Bf. erneut die Weiterbewilligung von Arbeitslosenhilfe bis zum 04.02.2001. Da die Bg. aufgrund von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen Anhaltspunkte gegeben sah, die für die selbstständige Tätigkeit der Bf. in einem Fuhrunternehmen sprachen, lehnte sie die Weiterbewilligung über den 04.02.2000 hinaus unter Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit von mehr als 15 Stunden wöchentlich durch Bescheid vom 23.03.2000 ab. Hiergegen legte die Bf. am 29. März 2000 (Verwaltungsakte, Band II, S ...) Widerspruch ein. Über diesen ist bisher nicht entschieden.
Mit mehreren Schreiben vom 26.04.2000 teilte die Bg. der Bf. mit, sie habe vom 01.05.1994 bis zum 04.02.2000 Alg bzw. Alhi und teilweise Uhg zu Unrecht bezogen. Nach dem Ergebnis einer Außenprüfung sei sie in diesem Zeitraum mehr als kurzzeitig beschäftigt gewesen. Da die Anspruchsvoraussetzungen somit nicht vorgelegen hätten, habe sie den überzahlten Betrag sowie Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge zu erstatten. Die Überzahlung habe sie durch unvollständige oder falsche Angaben verursacht. Mit mehreren Bescheiden vom 04.08.2000 hob die Bg. die Leistungsbewilligungen für den Zeitraum vom 01.05. bis zum 04.02.2000 auf. Die Anspruchsvoraussetzungen für Alg seien entfallen (§ 48 SGB X) bzw. hätten bei der Alhi und dem Uhg jeweils von Anfang an nicht vorgelegen (§ 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB X). Gegen die Zahlungserinnerung des beitreibenden Landesarbeitsamtes Sachsen legte die Bf. am 16.08.2000 "Beschwerde und Erinnerung" ein. Das Landesarbeitsamt wertete dies als Widerspruch gegen diese Aufhebungs- und Rücknahme- sowie Erstattungsbescheide und reichte diesen an die ständige Widerspruchsstelle weiter. Auch über diesen ist bisher nicht entschieden.
Am 22.09.2000 hat die Bf. bei dem SG Dresden unter Hinweis auf ihre wirtschaftliche Situation den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Damit hat sie zunächst die Verpflichtung der Bf. zum Erlass eines Widerspruchsbescheides, gleichzeitig aber auch die Gewährung von Alhi begehrt. Vor Erteilung des Widerspruchsbescheides würden ihr keine Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz gewährt, diese seien auch von der zuständigen Sozialbehörde bisher verweigert worden.
Das Sozialgericht Dresden (SG) hat den Antrag durch Beschluss vom 02. November 2000 abgelehnt. Für die beantragte Verbescheidung der eingelegten Widersprüche durch Erlass einer einstweiligen Anordnung bestehe kein Anordnungsgrund, da sich insofern im Vergleich zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren keine Nachteile ergäben. Im Übrigen sei eine Vorwegnahme der Hauptsache im Anordnungsverfahren unzulässig. Soweit die Bf. Alhi begehre, könne sie auf die Deckung des existenzsichernden Lebensbedarfs durch Sozialhilfe verwiesen werden.
Hiergegen die Bf. am 13.11.2000 Beschwerde eingelegt.
Sie dürfe nicht auf die Inanspruchnahme von Sozialhilfe verwiesen werden. Bei einer Beantragung von Sozialhilfe werde regelmäßig bei dem nächsten Angehörigen nach den Vermögensverhältnissen gefragt. Auch eine Anfrage bei deren Arbeitgebern sei nicht ausgeschlossen. Da die Angehörigen der Bf. zudem einen Betriebskredit beantragt hätten, bestünde bereits aus taktischen Erwägungen keine Möglichkeit der Hilfegewährung durch das Sozialamt.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Sächsischen Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Die Beschwerdeführerin beantragt (sinngemäß),
den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 02. November 2000 aufzuheben und die Beschwerdegegnerin - im Wege der einstweiligen Anordnung - zu verpflichten, der Beschwerdeführerin Arbeitslosenhilfe in gesetzlicher Höhe zu gewähren, sowie hilfsweise, die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, die eingelegten Widersprüche vom 28.03.2000 und 16.08.2000 zu verbescheiden.
Die Beschwerdegegnerin beantragt (sinngemäß),
die Beschwerde zurückzuweisen.
Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens hat die Bf. mitgeteilt, sie habe nunmehr doch am 01.12.2000 einen Antrag auf Sozialhilfe beim Landratsamt K ... gestellt. Die Prüfung des Sachverhaltes nehme jedoch längere Zeit in Anspruch.
Weiter hat die Bg. auf Anfrage mitgeteilt, es sei deshalb noch nicht zu einem Erlass der Widerspruchsbescheide gekommen, weil die abschließenden Entscheidungen maßgeblich von den Ergebnissen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen die Bf. abhingen. Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft G ... habe dieses bislang noch nicht abgeschlossen werden können, weil noch weitere Zeugenvernehmungen sowie die Sichtung und Auswertung beschlagnahmter Unterlagen ausstehe.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verfahrensakten beider Instanzen und die Leistungsakte der Bg. Bezug genommen.
II.
Die zulässige und statthafte (§§ 172, 173 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) Beschwerde ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG im Ergebnis den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Bf. hat keinen Anspruch auf Zahlung von Alhi im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.
Allerdings hat das SG hier das Begehren der Bf. unzutreffend bewertet. Dieses wäre sachgerecht auszulegen gewesen. Auch wenn dies aus dem Text der Antragsschrift vom 18.09.2000 nicht klar hervorgeht, so geht es der Bf.- entgegen der Formulierung - speziell in diesem Verfahren auf Gewährung von einstweiligen Rechtsschutz wesentlich um die Leistung der Arbeitslosenhilfe als solcher. Dies macht sie auch durch die wiederholte Betonung der Mittellosigkeit und Existenzgefährdung deutlich. Allein ein Erlass eines rechtsmittelfähigen Widerspruchsbescheides kann aber der Bf. zur Deckung des Lebensbedarfes nicht weiterhelfen. Daher ist ihr Begehren so zu verstehen, dass der Antrag auf Erlass des Widerspruchsbescheides - als allenfalls hilfsweise - zurücktritt.
Zutreffend hat das SG als Rechtsgrundlage für den Erlass einer einstweiligen Anordnung § 123 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) analog angewandt. Vorläufiger Rechtsschutz wird - abgesehen von den Fällen des § 97 Abs. 2 - SGG durch die §§ 80, 5 und 123 VwGO - analog - gewährt (BVerfGE 46, 166; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2. Aufl., Kap. IV, Rdnr. 114; Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, Rdnr. 134 zu § 97). (Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die genannte Entscheidung verwiesen.)
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist die einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zu erlassen, wenn der vom Bf. geltend gemachte Anspruch - im vorliegenden Fall auf Alhi - nach summarischer Prüfung mit Wahrscheinlichkeit besteht (Anordnungsanspruch) und wenn durch die einstweilige Anordnung wesentliche Nachteile abgewendet oder eine drohende Gefahr verhindert wird (Anordnungsgrund). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist im sozialgerichtlichen Verfahren einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren, wenn dem Betroffenen bei einem Abwarten bis zur Entscheidung der Hauptsache unzumutbare und möglicherweise irreversible Nachteile drohen (BVerfGE 46, 166; Krasney/Udsching a.a.O., Rdnr. 114). Sinn eines Beschlusses im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist aber eine vorläufige Regelung. Das SG hat daher zu Recht ausgeführt, die Vorwegnahme der Hauptsache, im Sinne der Schaffung eines endgültigen Zustandes durch vollständige Befriedigung des Anspruchs, sei im Anordnungsverfahren grundsätzlich nicht möglich. Eine solche ist jedoch dann hinzunehmen, wenn sie nötig ist, um effektiven Rechtsschutz zu gewähren. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die ohne Erlass der einstweiligen Anordnung eintretenden Schäden für den Bf. unzumutbar und die Folgen nicht reparabel wären. Gleiches gilt, wenn der Rechtsschutz in der Hauptsache zu spät käme. Zusätzliche Voraussetzung ist, dass ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht (Krasney/Udsching, a.a.O., Rdnr. 120).
Ob ein Anordnungsgrund vorliegt, wenn der Bf. die Möglichkeit offen steht, Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen, ist umstritten. Das BVerfG (BVerfGE 46, 166, 179) sieht in diesen Fällen regelmäßig kein Bedürfnis für den Erlass einstweiliger Anordnungen. Gegen einstweilige Leistungsanordnungen bei diesem Sachverhalt spricht grundsätzlich, dass die Bf. bei einem Unterliegen in der Hauptsache die zu Unrecht erhaltenen Leistungen zu erstatten hat, während ihr die Sozialhilfe in jedem Fall verbleibt. Ausnahmsweise kann ein Anordnungsgrund dann vorliegen, wenn die beanspruchten Leistungen erheblich über dem Sozialhilfeniveau liegen und die Bf. bei einer Verweisung auf die Sozialhilfe schwerwiegende und unzumutbare Vermögensdispositionen treffen müsste. Anders stellt sich die Situation auch dann dar, wenn die Gewährung von Sozialhilfe vom zuständigen Träger tatsächlich bereits abgelehnt wurde (Krasney/Udsching, a.a.O., Rdnr. 19; Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl., Rdnr. 23b zu § 97).
Es sind hier keine Umstände ersichtlich, derentwegen eine Verweisung auf den Sozialhilfeanspruch nicht zumutbar wäre. Eine solche hat die Bf. nach Sachlage erst nach Erlass der angegriffenen Entscheidung des SG beantragt. Die Ausführungen zu eventuellen Anfragen über die Vermögensverhältnisse der Angehörigen betreffen tatsächlich nur Erstattungsansprüche gegen den Ehegatten oder Verwandte ersten Grades (vgl. § 90 Bundessozialhilfegesetz) und sie sind im Übrigen auch nicht geeignet die Unzumutbarkeit zu begründen, denn hierauf könnte sich (fast) jeder berufen, der auf einen Anspruch gegen den Sozialhilfeträger verwiesen wird. Entsprechend hat die Bf. nunmehr auch einen solchen Antrag gestellt. Diesen nicht bereits zuvor gestellt zu haben, stellt eine persönliche Entscheidung der Bf. dar. Eine Ablehnung der Sozialhilfe ist - bisher - nicht erfolgt, vielmehr die Prüfung des Anspruchs eingeleitet worden.
Der ohne Erlass der einstweiligen Anordnung entstehende Schaden ist für die Bf. auch nicht irreversibel. Soweit nach abschlie
ßender Prüfung die Bg. - oder ggf. das Gericht - zu dem Ergebnis gelangte, dass ein Anspruch auf Alhi bestanden habe, wäre die Leistung ab dem 04.02.2000 nachzuzahlen.
Bei dieser Sachlage muss der Senat nicht weiter darauf eingehen, ob dem Begehren der Bf. auch das Fehlen eines Anordnungsanspruches entgegensteht. Eine Verpflichtung der Bg. zur Zahlung von Alhi im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes setzt u.a. voraus, dass die Bf. verfügbar war und ist. Die Ablehnung der Alhi im Falle der Bf. beruht aber derzeit und auch bereits seit dem 05.02.2000 - unabhängig von der Frage der Bedürftigkeit - auf der fehlenden Arbeitslosigkeit wegen einer selbstständigen Tätigkeit. Die Wahrscheinlichkeit eines Erfolges in der Hauptsache kann bisher nach Aktenlage weder positiv angenommen, noch definitiv verneint werden. Es erscheint durchaus sachgerecht, hierzu u.a. auch wesentlich auf die Feststellungen der Staatsanwaltschaft abzustellen.
Für den "Hilfsantrag" auf Erlass des Widerspruchsbescheides zu dem Widerspruch vom 28.03.2000 besteht kein Anordnungsgrund, da allein durch dessen Verzögerung weder schwere und unzumutbare Nachteile noch ein irreversibler Schaden entsteht.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus der analogen Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist endgültig, § 177 SGG.
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