L 6 U 41/10

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 8 U 23/08
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 41/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der Klägerin eine Berufskrankheit der Haut vorliegt.

Die 1967 geborene Klägerin war von 1982 bis zum 16. Mai 2000 als Wirtschaftsgehilfin in einem Magdeburger Hotel tätig. Anschließend übte sie wegen der Erziehung ihrer Kinder über längere Zeit keine berufliche Tätigkeit aus und nahm zum 1. Juli 2005 eine Tätigkeit als Reinigungskraft bei der DPS Dienstleistungsgesellschaft der Pf. S. M. auf. Bei den genannten Stiftungen handelt es sich um ein Krankenhaus.

In einem an die Beklagte gerichteten Hautarztbericht der Fachärztin Dr. W. vom 19. April 2006 berichtete diese, die Klägerin leide an Rötung, Schuppung, Ödemen und Juckreiz an beiden Händen und Unterarmen und im Gesicht. Sie sei seit dem 3. April 2006 in ihrer regelmäßigen Behandlung und arbeitsunfähig. Es fänden sich papulovesikulöse erythematöse konfluierende Herde palmar, an den Fingerseitenkanten und in den Fingerzwischenräumen, an den Unterarmen und einzelne Herde an Oberarmen, Oberschenkeln und im Gesicht. Es bestehe ein Verdacht auf Atopie; der Sohn leide unter Rhinokonjunktivitis. Insgesamt seien nach dem Ergebnis eines Allergietests vom 10. April 2006 als Diagnosen zu stellen: Dyshidrosiformes, papulovesikulöses allergisches Handekzem bei berufsrelevanten Typ IV-Sensibilisierungen gegenüber Nickel, Kobalt, Dibromdicyanobutan, Hydroxymethylpentylcyclohexencarboxaldehyd, Diphenylthioharnstoff, Tolubalsam bei V. a. atopische Diathese. Das Auftreten der Hauterscheinungen während der beruflichen Tätigkeit als Reinigungskraft und der Nachweis berufsrelevanter Allergene sprächen für eine beruflich verursachte Hauterkrankung. Die Klägerin habe unter Verwendung von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln 5-6 Stunden pro Tag Feuchtarbeit unter Verschmutzung durchgeführt. Dabei hätten ihr verschiedene Handschuhe und Fettcremes als Hautschutz- und Hautpflegemittel zur Verfügung gestanden. Zum Hautschutz sei eine Pflegecreme ohne Duft- und Konservierungsstoffe und seien latexfreie Handschuhe bei Feuchttätigkeiten zu empfehlen.

In einem Bericht vom 17. August 2006 teilte die Betriebsärztin mit, bei einer Vorsorgeuntersuchung am 15. November 2005 hätten bei der Klägerin keine Hautentzündungen an den Händen bestanden. Die Klägerin sei vorwiegend im Bereich Orthopädie und im zugehörigen Operationssaal eingesetzt worden. Als Hautschutzmittel sei eine bestimmte Pflegecreme und seien verschiedene Schutzhandschuhe und Baumwollhandschuhe zur Verfügung gestellt worden. Die Bereichsleiterin habe angegeben, die Handschuhe seien von der Klägerin nur "ungern" benutzt worden. Die ersten entzündlichen Hauterscheinungen an den Händen seien zum Jahresende 2005 aufgetreten. Sie selbst halte die Klägerin nicht mehr für geeignet, in der Krankenhausreinigung tätig zu sein. Ihr sei auch bereits die Kündigung ausgesprochen worden.

Nach der gewerbeärztlichen Stellungnahme vom 10. Oktober 2006 erfüllte die angezeigte Erkrankung nicht die Voraussetzungen der Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung. Nachdem mindestens ein halbes Jahr lang keine Hautveränderungen bestanden hätten, seien sie spätestens im April 2006 an den Händen, aber auch an den Oberarmen, Oberschenkeln und im Gesicht aufgetreten. Danach könne weder eine berufsbedingte Erkrankung noch ein Zwang zur Tätigkeitsaufgabe festgestellt werden. Die Diagnose eines allergischen Kontaktekzems erscheine äußerst fraglich, weil im Allergietest nur sehr schwache Reaktionen auf unterschiedliche Stoffe erkannt worden seien. Dies gelte zwar nicht für Nickel, klinisch bedeutsame Hinweise auf eine Nickelallergie fehlten aber.

Mit Bescheid vom 7. November 2006 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie gehe davon aus, die bei ihr aufgetretenen Hauterscheinungen seien im Zusammenhang mit einer atopischen Veranlagung zur Ausbildung von Hauterscheinungen zu sehen. Es seien allergische Überempfindlichkeiten festgestellt worden. Eine Berufskrankheit liege bei ihr nicht vor.

Gegen den Bescheid legte die Klägerin mit Eingangsdatum bei der Beklagten vom 4. Dezember 2006 Widerspruch ein und wies darauf hin, sie habe vor der aktuellen Hauterkrankung nie mit Allergien zu tun gehabt und in einem solchen Zusammenhang auch bisher keinen Hautarzt aufsuchen müssen. Sie sei erst auf energisches Drängen ihrer Krankenkasse ab 1. Oktober 2006 gesund geschrieben worden, da nur unter dieser Voraussetzung die Einleitung einer beruflichen Rehabilitation in Aussicht gestellt worden sei. In regelmäßiger hautärztlicher Behandlung befinde sie sich weiterhin.

Zuvor war bei der Beklagten die Stellungnahme der Abteilung Prävention vom 27. November 2006 eingegangen. Danach war die Klägerin mit Nass- und Trockenreinigungsarbeiten in den Krankenzimmern, Fluren, Sanitärtrakten, Teeküchen und Aufenthaltsräumen befasst. Die Stoffe mit allergischen Positivreaktionen hätten sich in den von ihr verwendeten Reinigungsmitteln und Desinfektionszusätzen nicht nachweisen lassen. Auch zu Nickel-II-Sulfat habe kein Kontakt bestanden.

Nach einem Bericht von Dr. W. vom 29. Dezember 2006 war eine vollständige Erscheinungsfreiheit der Haut nicht eingetreten. Insbesondere an den Fingerzwischenräumen komme es wiederkehrend zu erythematösen vesikulösen Herden.

Die Beklagte zog den Entlassungsbericht über eine Kur der Klägerin vom 27. März bis 24. April 2007 in der Nordseeklinik N. bei, in der die Klägerin unter der Diagnose eines kumulativsubtoxischen Handekzems behandelt worden war. Die Ärzte dort schätzten die Klägerin ein als nicht mehr einsetzbar in einer Tätigkeit als Reinigungskraft. Es sollten keine besonders Haut belastenden Tätigkeiten durchgeführt werden, zu denen mehr als nur gelegentliche Feuchtarbeiten, ein Umgang mit Hautreizstoffen oder grob verschmutzende Tätigkeiten gehörten. Bei entsprechenden Tätigkeiten sei auf einen geeigneten Hautschutz zu achten, wie das Tragen von geeigneten Schutzhandschuhen und die Anwendung von Hautschutzsalben vor Arbeitsbeginn und nach jeder Hautreinigung. Bei der Aufnahme hätten diskrete, unscharf begrenzte Erytheme mit Lichenifikation und Papeln am 3. und 5. Finger der rechten Hand sowie Lichenifikaktion an den Fingerstreckseiten und Handrücken beidseits sowie den Fingerbeugeseiten und der Handinnenfläche links vorgelegen. Nach einer Verschlechterung des Hautzustandes in der Mitte der Rehabilitationsmaßnahme sei bei der Abschlussuntersuchung ein deutlich gebesserter Hautzustand eingetreten. Die Veränderungen an den Händen seien vollständig abgeheilt gewesen. Auch ein Juckreiz habe sich vollständig zurückgebildet. Es sei eine individuelle Hautschutz- und Handschuhberatung durchgeführt worden. Die Klägerin habe Feuchtreinigungsarbeiten privat ohne Schutzhandschuhe erledigt. Ein (näher aufgeführter) Hautschutzplan sei erstellt worden.

Im Rahmen der Kur ist ein Hautarztbericht vom 20. April 2007 erstattet worden. Danach habe die Klägerin in ihrer Tätigkeit auf persönliche Schutzausrüstung in Form von Latexeinmalhandschuhen mit Unterhandschuhen aus Baumwolle, nicht aber auf Hautschutzmittel, Hautreinigungsmittel und Hautpflegemittel zurückgegriffen. Der aktuelle Befund bestehe in diskreten, unscharf begrenzten Erythemen mit Lichenifikationen und Papeln am 3. u. 5. Finger der rechten Hand sowie Lichenifikationen an den Fingerstreckseiten und Handrücken und den Fingerbeugeseiten sowie der Handinnenfläche links. Hinweise auf Atopie bestünden weder anamnestisch noch klinisch. Es handele sich um ein kumulativ subtoxisches Handekzem. Entstehung und Verlauf stellten einen Anhaltspunkt für eine berufliche Verursachung dar.

Die Beklagte hat eine gutachterliche Stellungnahme nach Aktenlage von dem Facharzt für Dermatologie Dr. T. vom 19. August 2007 eingeholt. Er hat ausgeführt, die durchgeführten Epikutanteste könnten mit Ausnahme desjenigen gegenüber Nickel nicht überzeugen, weil sie in der akuten Ekzemphase durchgeführt worden seien. Dabei seien falsch positive Ergebnisse wahrscheinlich. Zudem handele es sich um Stoffe, die keinen Bezug zur versicherten Tätigkeit aufwiesen. Eine beruflich bedingte Kontaktallergie sei als Ekzemursache wahrscheinlich. Eine beruflich bedingte Nickelallergie sei wegen des Tragens von Handschuhen unwahrscheinlich. Dagegen werde eine Ursache für generalisierte und schicksalhaft auftretende Ekzeme deutlich: Der Heuschnupfen des Sohnes, die positive Pricktestung auf Pollen, die trockene Haut, die Hyperlinearität der Hände und die erkennbare Dyshidrosis belegten eine atopische Hautdiathese. Diese könne grundsätzlich alle beschriebenen Hautveränderungen erklären. Neben der Lokalisation des Ekzems (keine Beschränkung auf die Hände) spreche auch der langwierige Verlauf nach Aufgabe der Tätigkeit gegen die berufliche Verursachung. Eine Chronifizierung habe in den wenigen Monaten bis April 2006 noch nicht eintreten können. Allergische Kontaktekzeme hätten sich innerhalb von Wochen völlig zurückgebildet.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2008 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Er führte aus, es habe lediglich eine Allergie gegen Nickel eindeutig nachgewiesen werden können, die jedoch mit der Berufstätigkeit in keinem Zusammenhang stehe. Die nachgewiesene anlagebedingte Atopie erkläre alle vorliegenden Hautveränderungen. Auch der Verlauf der Hauterkrankung spreche gegen einen berufsbedingten Zusammenhang.

Mit der im Februar 2008 beim Sozialgericht Magdeburg eingegangenen Klage hat die Klägerin ihr Anliegen weiter verfolgt.

Das Gericht hat ein Gutachten des Direktors der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie der Universitätsklinik M., Prof. Dr. G., vom 20. November 2008 eingeholt, wegen dessen Inhalt im Einzelnen Bl. 60 - 74 d. A. verwiesen wird. Prof. Dr. G. ist im Wesentlichen zu dem Ergebnis gekommen, bei der Klägerin bestehe eine schwere rezidivierende polyvalente allergische und irritative Kontaktdermatitis bei den Kontaktallergenen Kaliumdichromat, Kobalt(II)chlorid, Nickel(II)-sulfat, Paraben-Mix, Lyral, Methylisothiazolon, Bronopol, Dispers Rot 17). Es handele sich um eine erworbene Kontaktdermatitis, die in engem Zusammenhang mit der Aufnahme der Tätigkeit als Reinigungskraft entstanden und mit der Beendigung der Tätigkeit weitestgehend zur Ruhe gekommen sei. Bei der gutachterlichen Untersuchung der Klägerin hätten sich keine aktuellen Hautveränderungen in einem bedeutsamen Zusammenhang mit den zu klärenden Fragen gezeigt. Es seien noch Reste der Behandlung durch hochpotente Kortikoide im Sinne eines Hautsteroidschadens zu finden gewesen.

Die angegebenen Erscheinungen seien mit überwiegender Wahrscheinlichkeit durch die Belastungen als Reinigungskraft verursacht worden. Sie seien nach Beendigung der Tätigkeit innerhalb von 21 Tagen nahezu komplett abgeheilt. Eine vollständige Abheilung sei aufgrund der bestehenden polyvalenten Kontaktallergie nicht zu erwarten, weil die Allergene im gesamten Lebensumfeld verteilt seien und immer wieder eine Einwirkung stattfinde. Die Klägerin habe nach ihren Angaben ihre Dienstvorgesetzte schon im Dezember 2005 auf ihre Hauterscheinungen aufmerksam gemacht, woraufhin auch eine Rücknahme der Arbeitsbelastung im Nassbereich der Operationssäle vorgenommen worden sei. Gleichwohl hätten sich die Hautveränderungen weiter ausgebreitet. Mit Ausnahme von Arbeitshandschuhen seien keine präventiven Maßnahmen erfolgt.

Er selbst gehe nicht von einer atopischen Diathese aus, zumal Dr. W. im Erlanger Atopiescore eine Punktzahl erhoben habe, nach der eine atopische Hautdiathese unklar sei. Der Pricktest sei bei seiner Untersuchung negativ geblieben. Die eigentlichen Substrate während der beruflichen Tätigkeit seien nie in einer Verdünnungsreihe bei der Klägerin getestet worden. Sie hätten auch jetzt nicht zu einer Testung im Rahmen der Begutachtung beigebracht werden können. Die Annahme, zu Nickel-II-Sulfat habe kein Kontakt bestanden, sei äußerst zweifelhaft. Es sei mit einer Chronizität der Erkrankung zu rechnen, wie sich anhand vorliegender Befundberichte über langfristig bestehende Hautveränderungen herleiten lasse. Die Behandlung habe selbst nach dem April 2006 noch über ein halbes Jahr angedauert. Die Klägerin könne im ausgeübten Beruf nicht mehr tätig werden. Es sei von einer Auswirkung der Allergie mit schwer wiegenden Folgen und einer kumulativen Steigerung nach irritativer Schädigung, mittelgradig, auszugehen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit belaufe sich auf 20 v. H.

Die Beklagte hat dem Gutachten den Einwand entscheidungserheblicher Unrichtigkeiten entgegen gehalten. Es bestünden eindeutige Hinweise auf eine atopische Veranlagung. Eine schnelle komplette Abheilung nach Beginn der Krankschreibung sei gerade nicht festgehalten worden. Die ermittelten Allergene gehörten mehrheitlich nicht zu den Berufsirritantien. Ein Zwang zur Tätigkeitsaufgabe sei angesichts offenkundig nicht ausgeschöpfter vorbeugender Maßnahmen nicht gegeben. Wegen einer beigefügten arbeitsmedizinischen Stellungnahme wird auf Bl. 83 - 85 d. A. Bezug genommen.

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 27. Juli 2009 hat der Sachverständige an seiner Auffassung festgehalten.

Mit Urteil vom 4. Mai 2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Beklagte habe die Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung zu Recht abgelehnt. Es bestünden bereits Zweifel an dem gesetzlich vorausgesetzten Unterlassungszwang, weil die Klägerin nach Aussage der damaligen Vorgesetzten nur ungern Handschuhe getragen habe. Letztlich könne dies aber offen bleiben. Eine schwere Hauterkrankung, die durch eine Dauer von mehr als 6 Monaten gekennzeichnet sei, könne nach dem Gutachten des Sachverständigen nicht vorliegen, weil die erstmals kurz vor Jahresende 2005 aufgetretene Erkrankung nach Beginn der Behandlung im April 2006 innerhalb kurzer Zeit ausgeheilt sein solle. Zwei unabhängige Erkrankungsfälle, die für eine wiederholte Rückfälligkeit vorauszusetzen seien, seien im Falle der Klägerin nicht erkennbar.

Im Gegensatz zum Sachverständigen gehe das Gericht allerdings von einer schweren Hauterkrankung aus.

Die Erkrankung sei jedenfalls nicht auf die belastende Tätigkeit zurückzuführen. Die Klägerin sei nach der Einschätzung der Präventionsabteilung der Beklagten den Stoffen, auf die sie bei den Epikutantestungen positiv reagiert habe, überhaupt nicht ausgesetzt gewesen. Insofern unterstelle der Sachverständige nicht feststehende Sachverhalte. Entgegen seiner Angabe hätten sich die Befunde bei der Klägerin nach dem Ende der Exposition auch nicht gebessert. Dies ergebe sich aus den Befundberichten, wie auch den Erklärungen der Klägerin selbst, die der Sachverständige nicht aus eigenem Wissen widerlegen könne. Die verzögerte Heilung spreche gegen eine Verursachung durch die berufliche Tätigkeit. Zudem sei entgegen der Auffassung des Sachverständigen auch die familiäre Vorbelastung der Klägerin zu berücksichtigen. Von einer bei Behandlungsbeginn schon länger bestehenden Erkrankung könne das Gericht entgegen dem Sachverständigen nicht ausgehen. Bei der betriebsärztlichen Untersuchung am 15. November 2005 hätten sich an den Händen noch keine Hauterscheinungen gezeigt. Auch die Orte des Befalls mit den Befunden sprächen eindeutig gegen eine berufliche Ursache. Wenn der Sachverständige davon ausgehe, die Befunde am Gesicht könnten durch ein Verschmieren mit den Händen sprechen, sei dies noch nachzuvollziehen. Eine Erklärung für die Hauterscheinungen an den Oberarmen und den Oberschenkeln gebe der Sachverständige aber nicht. Dort könne die Klägerin nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht mit Reinigungsmitteln in Berührung gekommen sein.

Soweit der Sachverständige äußere, die Klägerin sei innerhalb von 3 bis 6 Wochen nach Aufgabe der belastenden Tätigkeit nahezu beschwerdefrei gewesen, erkläre sich sein Vorschlag einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 v. H. nicht.

Gegen das ihr am 17. Mai 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 7. Juni 2010 Berufung eingelegt. Sie bezieht sich zunächst auf das Gutachten von Prof. Dr. G., das sie für zutreffend hält. Dagegen lasse sich die Ausbreitung der Hauterkrankung nicht anführen, weil die Erscheinungen einer Allergie nicht auf die Kontaktstellen begrenzt seien. Wegen der auf Anforderung des Gerichts vorgelegten Allergiepässe wird auf Bl. 139 f. d. A. verwiesen.

Die Klägerin hat mitgeteilt, sie habe am 4. Juli 2011 erneut eine Stelle als Reinigungskraft, diesmal an der Universitätsklinik M., angetreten und sei dort dem Desinfektionsmittel Incidin ausgesetzt gewesen. Bei der Arbeit habe sie Latexhandschuhe getragen. Seit dem 5. Juli 2011 leide sie erneut unter einem Kontaktekzem und sei seit dem 11. Juli 2011 arbeitsunfähig. Mit Wirkung zum 31. Juli 2011 sei ein Aufhebungsvertrag geschlossen worden.

Nach einer Tätigkeitspause habe sie im Sommer 2012 eine Tätigkeit als Küchenhilfskraft in einem Altenheim aufgenommen, die unmittelbar – am 9. Juli 2012 – zu Hauterscheinungen geführt habe. Seit dem 1. August 2012 sei sie arbeitsunfähig und zum 5. September 2012 gekündigt worden.

Wegen vorgelegter medizinischer Unterlagen wird auf Bl. 171 f. d. A. und Bl. 184 - 201 d. A. verwiesen. In einem Hautarztbericht vom 12. August 2011 hat Dr. W. berichtet, die Klägerin habe in ihrer zu dieser Zeit ausgeübten Tätigkeit Umgang mit Reinigungs- und Desinfektionsmitteln gehabt und habe 5 bis 6 Stunden pro Arbeitstag Feuchtarbeit verrichtet. Ihr hätten Gummihandschuhe und eine Schutzcreme als Hautschutzmittel zur Verfügung gestanden. Die Schutzcreme habe auch als Hautpflegemittel gedient. In einem weiteren Befundbericht hat sie mitgeteilt, die im Jahr 2012 aufgetretene Erkrankung sei bis zum 21. August des Jahres gebessert und fast abgeheilt gewesen.

Die Klägerin selbst hat auf Befragen durch das Gericht ergänzend angegeben, während ihrer Tätigkeiten in der Krankenhausreinigung habe sie jeweils Gummihandschuhe getragen. Während der Ersterkrankung habe sie nach Auftreten der Hauterscheinungen auch Baumwollhandschuhe untergezogen. Im Übrigen träfen die Berichte von Dr. W. hinsichtlich der Schutzvorkehrungen zu. In der Tätigkeit als Küchenhilfe habe sie Probleme beim Schneiden von Tomaten, Gurken oder Ähnlichem gehabt, vermutlich durch Feuchtigkeit und Säuren. In dieser Tätigkeit habe sie Gummihandschuhe und Fettcremes benutzt, die sie auch zu Hause verwende.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 4. Mai 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 7. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2008 aufzuheben und

festzustellen, dass bei der Klägerin seit dem 3. April 2006 eine Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung vorliegt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie legt Unterlagen zu den Reinigungsmitteln vor, die die Klägerin im Zuge ihrer ersten einschlägigen Beschäftigung verwendet hat. Wegen der Einzelheiten insoweit wird auf Bl. 145 - 168 d. A. Bezug genommen. Dazu führt die Beklagte aus, es ergäben sich keine Hinweise auf die Kontaktallergene, die sich als Testergebnisse gezeigt hätten. Einer der Stoffe sei Inhaltsstoff von Latexhandschuhen. Allerdings habe der entsprechende Stoff bei der Testung durch den Sachverständigen Prof. Dr. G. keine Sensibilisierung ergeben.

Die Beklagte hat eine Stellungnahme ihres Arbeitsmedizinischen Dienstes vom 11. November 2011, Bl. 177 f. d. A., vorgelegt, wonach die Klägerin eine sehr empfindliche Haut angebe. Schon bei einfachen häuslichen Arbeiten wie dem Schälen von Zwiebeln bekomme sie wieder Hauterscheinungen. Auch durch psychische Probleme käme es bei ihr zur Auslösung von Hauterscheinungen. Durch die atopische Veranlagung – so die ärztliche Beurteilung – bestehe bei der Klägerin eine vermehrte Empfindlichkeit gegenüber Haut reizenden Stoffen. Die festgestellten Sensibilisierungen spielten für die berufliche Tätigkeit nur eine untergeordnete Rolle. Die Hauterscheinungen bei der Krankenhausreinigung dürften auf einen unzureichenden Schutz gegen die aggressiven Desinfektionsreiniger zurückzuführen sein. Die verwendeten Einmalhandschuhe seien für diese Tätigkeiten offenbar ungeeignet gewesen. Hier wäre der Einsatz von baumwolltrikotgefütterten Schutzhandschuhen mit hinreichend hoher Stulpe zu empfehlen. Bei normalen Innenraumreinigungsarbeiten habe die Klägerin vor 2005 keine Probleme gehabt. Solche träten mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft nicht auf, wenn die Klägerin eine solche Tätigkeit aufnähme.

Das Gericht hat einen Befundbericht von Dr. W. vom 19. Mai 2013, Bl. 204 - 212 d. A., eingeholt. Aus den Anlagen geht hervor, dass der letzte Ekzemschub im September 2012 abgeheilt gewesen sei.

Das Gericht hat sodann ein Gutachten des Hautarztes, Berufsdermatologen und Allergologen Dr. K. vom 11. August 2014 mit ergänzenden Stellungnahmen vom 5. Januar und 2. Juni 2015 eingeholt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 237 - 279, 292 - 305 und 327 f. d. A. verwiesen. Der Sachverständige ist im Wesentlichen zu dem Ergebnis gelangt, nach Aktenlage habe es sich seit dem 3. April 2006 um ein subtoxisch kumulatives irritatives Handekzem gehandelt. Des Weiteren habe eine Typ IV- Sensibilisierung auf (näher dargestellte) Ekzematogene vorgelegen. Zum Untersuchungszeitpunkt habe noch eine atopische Hautdiathese festgestellt werden können. Die Ekzemkrankheit beider Hände und Unterarme sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit durch die beruflichen hautschädigenden Einwirkungen entstanden und unterhalten worden. Die beruflichen Triggerfaktoren seien in einer anzunehmenden hohen Feuchtbelastung und der zusätzlichen Handdesinfektion zu sehen. Die atopische Diathese habe begünstigend auf die Entwicklung der Hauterkrankung gewirkt. Sie habe aber ohne die beruflichen Triggerfaktoren nicht die Entwicklung einer behandlungsbedürftigen Ekzemkrankheit erwarten lassen. Die Hauterkrankung sei schwer verlaufen, wie sich aus den notwendigen Behandlungsmaßnahmen zu Beginn der Erkrankung ergebe. Zudem sei eine Dauer von mindestens 6 Monaten überschritten worden.

Allerdings habe ein objektiver Zwang zur Unterlassung der versicherten Tätigkeit im April 2006 noch nicht vorgelegen, weil mögliche Präventionsmaßnahmen des zweiten und dritten Grades nicht erschöpfend genutzt worden seien. Auch die Tätigkeiten in den Jahren 2011 und 2012 seien nicht unter Beachtung solcher möglicher Maßnahmen erfolgt. Dem Gutachten von Prof. Dr. G. könne er in bestimmten wesentlichen Teilen nicht zustimmen. Er habe den objektiven Zwang zur Unterlassung der versicherten Tätigkeit nicht näher begründet. Die Bedeutung der Allergene für die Krankheitsentstehung schätze er anders ein, weil es sich nicht um ein primär kontaktallergisches, sondern um ein subtoxisch kumulatives Handekzem handele.

Zur Vermeidung einer Tätigkeitsaufgabe sei zunächst das konsequente Tragen von Dermatril-Handschuhen mit baumwollenen Unterhandschuhen notwendig. Ebenso solle ein geeignetes Hautschutzpräparat (beispielhaft namentlich benannt) konsequent verwendet werden. Das Präparat solle zu Beginn der Arbeit und noch einmal nach etwa 4-5 Stunden Verwendung finden. Auch sei eine regelmäßige Hautpflege mit regenerierend wirkenden, beispielhaft namentlich benannten Produkten zu empfehlen. Handwäsche solle so wenig wie möglich erfolgen, um eine zusätzliche Austrocknung der obersten Hautschicht zu vermeiden. Dazu böten sich besonders milde Reinigungsmittel mit gleichzeitig rückfettender Wirkung (beispielhaft benannt) an.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen seien grundsätzlich geeignet, die Entwicklung irritativer Hautschäden zu verhindern. Weiterhin halte er die Durchführung eines Hautschutzseminars für sinnvoll, um die Präventionsmaßnahmen zu vermitteln. Empfehlenswert sei auch ein stationäres Heilverfahren. Nach statistischen Erkenntnissen und seiner eigenen Erfahrung könne beim konsequenten Einsatz der vorgeschlagenen Produkte und Maßnahmen der Verbleib in der versicherten Tätigkeit nach der Ersterkrankung in bis zu 30 % aller betroffenen Fälle erreicht werden. Im Rahmen von Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung halte er eine berufliche Neuorientierung für sinnvoll. Ein neuerlicher Arbeitsversuch unter den beschriebenen optimierten Bedingungen sei aber grundsätzlich möglich, wobei das Wiederauftreten der Krankheit nicht ausgeschlossen werden könne. In diesem Fall wären die Voraussetzungen zur Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung erfüllt. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v. H. sei bei einem unterstellten Versicherungsfall bei Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit am 1. Oktober 2006 nicht gegeben gewesen. Nach dem Bamberger Merkblatt habe damals (noch) ein leichtes Ausmaß der Hauterscheinungen nach irritativer Schädigung vorgelegen. Auswirkungen einer Allergie hätten nicht zu Grunde gelegen. Danach ergebe sich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 v. H.

Die Beklagte schließt sich dem Gutachten an, nachdem die Anerkennung der Berufskrankheit wegen eines fehlenden objektiven Unterlassungszwanges nicht in Betracht komme.

Die Klägerin ist der Meinung, der Sachverständige Dr. K. begründe keine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich bei Anwendung der vorgeschlagenen Präventionsmaßnahmen im Beruf der Klägerin keine Hauterscheinungen zeigten. Die benannte Wahrscheinlichkeit von 30 % reiche dazu nicht aus. Im Übrigen habe er selbst in seinem Gutachten ausgeführt, eine vergleichbare Tätigkeit solle unbedingt unterbleiben. Dies passe nicht zu seinen Ausführungen zum fehlenden Unterlassungszwang.

In der mündlichen Verhandlung und bei der Entscheidung hat eine Akte der Beklagten als Ausdruck der passiven elektronischen Akte – Az. R 8/04661/06-9 – vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg, weil sie unbegründet ist.

Der Bescheid der Beklagten vom 7. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2008 beschwert die Klägerin nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG, weil die Beklagte darin die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (Anl. 1 BKV – i.d.F.d. VO v. 11.6.2009, BGBl. I S. 1273) zu Recht abgelehnt hat. Denn diese Berufskrankheit liegt bei der Klägerin nicht vor und kann auch vom Gericht nicht nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG festgestellt werden.

Es fehlt für den Anspruch der Klägerin an der Voraussetzung der Nr. 5101 Anl. 1 BKV, wonach ihre Hautkrankheit als beruflich verursachte Krankheit zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben muss, die für die Entstehung, Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, weil Schutzmaßnahmen bei der Arbeit die Aussicht bieten, dass die Tätigkeiten bei der Reinigung in Krankenhäusern, die die Krankheit zum Ausbruch gebracht haben, dauerhaft ohne weitere Schädigung der Haut verrichtet werden können (Zum grundsätzlichen Ausschluss des Unterlassungszwangs durch Schutzmaßnahmen BSG, Urt. v. 9.12.2003 – B 2 U 5/03 R – Juris, Rdnr. 22 ff.).

Die Möglichkeit geeigneter Vorsorgemaßnahmen ergibt sich schlüssig aus dem Gutachten von Dr. K. Dieser hat die Einschätzung abgegeben, durch die Verwendung bestimmter Handschuhe bei der Arbeit, insbesondere die Nutzung baumwollener Unterhandschuhe mit Stulpe und die Nutzung bestimmter Pflege- und Schutzcremes in bestimmter Frequenz ergebe sich eine gute Möglichkeit, das erneute Auftreten von Hauterscheinungen auch in der Tätigkeit in der Krankenhausreinigung zu vermeiden.

Soweit die Klägerin dem entgegenhält, das Gutachten sei schon in sich widersprüchlich, weil der Sachverständige an anderer Stelle ausführt, die erneute Aufnahme einer entsprechenden Tätigkeit sei unbedingt zu vermeiden, führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Es ist schon fraglich, ob es einen Widerspruch darstellt, wenn der Sachverständige im Rahmen von § 3 Abs. 2 BKV das Unterlassen der Tätigkeit befürwortet, weil jedenfalls eine Gefahr im Sinne dieser Vorschrift auch beim Ergreifen der vorgeschlagenen Schutzmaßnahmen fortbesteht. Eine solche ist bei einer Schadenswahrscheinlichkeit von 70 %, von der der Sachverständige ausgeht, jedenfalls weiter vorhanden.

Jedenfalls aber spricht es nicht gegen die im Detail begründete Ablehnung eines Unterlassungszwangs wegen einer Möglichkeit erfolgreicher Präventionsmaßnahmen, wenn der Sachverständige daraus wertend – zudem in anderem Zusammenhang – scheinbar abweichende Schlüsse zieht. An den mit seiner Hilfe ermittelten Tatsachen, wonach die aufgezählten Schutzmaßnahmen mit einer guten Möglichkeit greifen, kann dies nichts ändern. Schließlich geht der Sachverständige in den betroffenen Teilen seines Gutachtens auch nicht durchweg von zutreffenden Tatsachen aus. So begründet er die "äußerst vorsichtige" Prognose im Hinblick auf die betroffene Tätigkeit damit (S. 35 des Gutachtens), das Tragen geeigneter Schutzhandschuhe, ggf. mit baumwollenen Unterhandschuhen, habe die Klägerin zuletzt offensichtlich konsequent durchgeführt. Diese Behauptung trifft nach den eigenen Angaben der Klägerin an anderer Stelle nicht zu, weil sie die beschriebene Handschuhkombination nur nach dem ersten Krankheitsausbruch, aber nie präventiv getragen hat.

Neben dem Sachverständigen haben auch die Ärzte, bei denen die Klägerin sich 2007 in einer Kurbehandlung befunden hat, die gleiche Auffassung vertreten. Diese haben schon damals bei gleicher Diagnosestellung die Verwendung verschiedener Schutz-, Pflege- und Reinigungsmittel und von Schutzhandschuhen mit Baumwollunterziehhandschuhen mit langer Stulpe in einem Hautschutzplan vorgeschlagen und damit auch – bezogen auf besonders Haut belastende Tätigkeiten – "entsprechende Tätigkeiten" nicht ausgeschlossen. Soweit sie besonders Haut belastende Tätigkeiten vorher grundsätzlich insgesamt ausgeschlossen haben, liegt darin kein Widerspruch, weil die vorgeschlagenen Maßnahmen die Hautbelastung unterhalb eines besonderen Maßes verringern sollen. Zudem ergibt sich aus der sozialmedizinischen Beurteilung des Berichts die Auffassung der Ärzte, die vorgeschlagenen Maßnahmen könnten in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit – damals als Reinigungskraft im Krankenhaus Pf. St. – nicht ausreichend berücksichtigt werden. Warum dies so (gewesen) sein soll, ergibt sich aus dem Bericht nicht. Objektive Anhaltspunkte dafür findet der Senat weder im Vortrag der Klägerin selbst noch dem Akteninhalt. Insofern überzeugt die gegenteilige Auffassung Dr. K.s als Gewerbedermatologe.

Die ausführlichen Erwägungen Dr. K.s überzeugen auch gegenüber der gegenteiligen Einschätzung von Prof. Dr. G. Zwar hat dieser die Auffassung vertreten, die Klägerin könne nicht mehr im ausgeübten Beruf tätig werden. Dabei ist er aber davon ausgegangen, die Klägerin habe (auch) baumwollene Unterziehhandschuhe zur Prävention getragen. Dies ist aber – wie die Klägerin im Berufungsverfahren eingeräumt hat – zumindest insoweit nicht richtig, als sie damit erst nach dem Auftreten der ersten Hauterscheinungen begonnen hat. Für diesen Fall ist die Schlussfolgerung Dr. K.s stimmiger, weil das Tragen der Handschuhe während eines Ekzems keine Schlüsse darauf begründen kann, wie die Auswirkungen bei ekzemfreier Haut sind.

Zudem kann der Senat schon deshalb die Schlussfolgerungen Prof. Dr. G.s nicht verwerten, weil er – nicht überzeugend – von einer anderen Diagnose als Dr. K. ausgeht. Während Prof. Dr. G. nämlich eine allergische Ursache des wiederkehrenden Ekzems in den Vordergrund der Diagnosestellung rückt, hält Dr. K. die nachgewiesenen allergischen Reaktionen der Klägerin im Zusammenhang der beruflichen Ekzemverursachung für bedeutungslos. Dazu hat er sich im Einzelnen mit den sensibilisierenden Stoffen aus den vorgenommenen Testungen befasst und schlüssig dargelegt, dass sie nicht typisch im Tätigkeitsumfeld einer Reinigungskraft vorkommen. Eine vergleichbare Zuordnung der Allergene zum beruflichen Umfeld der Klägerin hat Prof. Dr. G. nicht vorgenommen. Nach seinen Ausführungen bleibt die Frage nach dem gerade beruflichen Kontakt zu den Allergenen umso mehr unbeantwortet, weil er selbst darlegt, ein großer Teil davon sei umfassend ("ubiquitär") verteilt und die Klägerin werde ihnen "immer wieder im Leben" ausgesetzt sein.

Schon die Gewerbeärztin hatte demgegenüber mit der überzeugenden Begründung, der Hauttest zeige überwiegend sehr schwache Reaktionen, ein allergisches Kontaktekzem nachvollziehbar für fraglich erklärt. Die Kurärzte haben die gleiche Diagnose wie der Sachverständige gestellt, während Dr. T. bereits darauf hingewiesen hat, die im Sinne einer Allergie getesteten Stoffe wiesen keinen Bezug zur versicherten Tätigkeit auf. Dies alles spricht gegen die Diagnose Prof. Dr. G.s. Im Übrigen hat sich auch seine auf der Diagnose fußende Vorhersage, eine vollständige Erscheinungsfreiheit werde nicht mehr erzielt werden können und eine Chronizität sei zu erwarten, nicht bestätigt. Vielmehr bestätigt die Klägerin dem Sachverständigen Dr. K. zwischen den Krankheitsausbrüchen 2006/07 und 2011 sei es nur selten und kurz zu unbehandelt gebliebenen geringfügigen Erscheinungen gekommen. Dies lässt den Schluss auf lange Phasen einer Abheilung zu.

Die Klägerin hat die von Dr. K. gesehenen Möglichkeiten der Vorsorge noch nicht ausgeschöpft. Sie hat baumwollene Unterziehhandschuhe noch nicht zu den Zeiten verwendet, die vor Ausbruch einer Ekzemerkrankung lagen. Sowohl zum Hautschutz wie auch zur Hautpflege hat sie nach dem Hautarztbericht Dr. W.s vor dem Krankheitsausbruch lediglich Fettcremes verwendet, während spezielle Hautreinigungsmittel keine Verwendung fanden. Die Richtigkeit dieser Angaben hat sie später noch einmal gegenüber dem Gericht bestätigt. Für diesen Fall hat auch Prof. Dr. G. den Schluss gezogen, es seien keine präventiven Maßnahmen erfolgt. Anlässlich ihrer Wiederaufnahme der Tätigkeit 2011 hat sie lediglich Gummihandschuhe getragen, wie sie in der Notfallambulanz des Klinikums M. und gegenüber dem Arbeitsmedizinischen Dienst der Beklagten angegeben hat. Weiterhin benutzte sie nach dem neuerlichen Hautarztbericht von Dr. W. sowohl zu Schutz- als auch zu Pflegezwecken eine einheitliche, nicht näher benannte Schutzcreme. Diese Vorkehrungen erfüllen nicht die Anregungen des 2007 erstellten Hautschutzplans. Insofern ist die vom Sachverständigen und verschiedentlich zuvor geäußerte Auffassung, die Präventionsmaßnahmen seien noch nicht ausgeschöpft, überzeugend.

Es handelt sich nicht um einen Fall, in dem durch den schon erfolgten Eintritt eines Entschädigungsfalls (mit Anspruch auf Verletztenrente) die Prüfung des Unterlassungszwangs gegenstandslos ist. Eine durch Schutzmaßnahmen des Arbeitgebers ermöglichte Fortsetzung der gefährdenden Tätigkeit soll nämlich dann der Anerkennung als Berufskrankheit nicht entgegenstehen (BSG, a.a.O., Rdnr. 21), wenn die Erwerbsfähigkeit des Versicherten durch diese Erkrankung zuvor bereits in einem entschädigungspflichtigen Umfang gemindert war. Dieser Fall ist hier aber schon deshalb nicht betroffen, weil noch nicht feststeht, ob die erwogenen Schutzmaßnahmen im Fall der Klägerin greifen werden. Der Sinn und Zweck der Prüfung des Unterlassungszwangs besteht nämlich jedenfalls auch darin, eine weitere Gefährdung durch ein Verbleiben des Versicherten auf dem gefährdenden Arbeitsplatz zu verhindern. Dieser Gesichtspunkt entfällt, wenn die schädigenden Einwirkungen am Arbeitsplatz durch geeignete Schutzmaßnahmen beseitigt werden (BSG, a.a.O., Rdnr. 22), aber eben auch erst dann. Ist dies lediglich zu erhoffen, schlägt aber später tatsächlich fehl, würde der rechtlich erwünschte Antrieb des Versicherten zum Verlassen seines Arbeitsplatzes, der mit dem Aufschub seiner Anspruchsverwirklichung verbunden ist, nicht mehr zu erzielen sein, wenn die konkrete Prüfung des Aufgabezwangs entfiele.

Die vom Sachverständigen vertretene Möglichkeit einer Tätigkeitsfortsetzung von etwa 30 % reicht entgegen der Meinung der Klägerin zur Verneinung des Unterlassungszwangs aus. Abgesehen davon, dass dieser durch die entsprechende Prognose schon nicht gegen vernünftige Zweifel bewiesen ist, ist es hier auch verhältnismäßig, die Anerkennung der Berufskrankheit von einem weiteren Krankheitsrisiko abhängig zu machen. Die durch eine Tätigkeit in der Krankenhausreinigung auftretenden Ekzemschübe sind nach dem bisherigen Krankheitsverlauf nicht in einer so schweren Form zu erwarten, dass dies rechtlich nicht hingenommen werden könnte. Bei dem 2011 eingetretenen Wiedererkrankungsfall dauerte die Arbeitsunfähigkeit nach Krankheitsbeginn am 5. Juli 2011 bis zum 27. Juli 2011; Krankheitserscheinungen waren bis in den August 2011 nachweisbar. Eine weitere Behandlung ergibt sich aus dem Befundbericht der behandelnden Hautärztin Dr. W. nicht mehr. Dieser Verlauf ist nicht so schwer, dass die Beklagte die Anerkennung der Berufskrankheit nicht von einem entsprechenden Risiko abhängig machen dürfte. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin selbst zweimal ohne Berücksichtigung Haut schützender Vorkehrungen nach dem für sie erstellten Hautschutzplan in gefährdende Tätigkeiten zurückgekehrt ist. Auch von der Tätigkeit als Küchenhilfskraft musste ihr nämlich die Gefährdung geläufig sein, weil nach der Ersterkrankung eine Irritationsneigung der Haut mit Empfindlichkeit gegenüber säuerlichen Nahrungsmitteln vorlag, die sie gegenüber Dr. K. geschildert hat. Da sie in der Tätigkeit Handschuhe nur zu etwa 10 % der Arbeitszeit trug (tragen konnte), wie sie Dr. K. mitgeteilt hat, war die Gefährdung offensichtlich.

Die Kostenentscheidung nach § 193 SGG folgt aus dem Unterliegen der Klägerin.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG liegen nicht vor, da es sich um die tatsächliche Würdigung auf dem Boden der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung handelt.
Rechtskraft
Aus
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