L 9 AS 192/14

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 1 AS 467/12
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AS 192/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Wesentliches Lernziel nach den schulrechtlichen Bestimmungen des Landes Hessen ist die Versetzung in die nächste Jahrgangsstufe bzw. ein ausreichendes Leistungsniveau.

2. Die Stabilisierung eines (noch) befriedigenden Leistungsniveaus zur Verhinderung des Abrutschens auf die Notenstufe "ausreichend" stellt ohne Hinzutreten besonderer Umstände kein wesentliches Lernziel im Sinne des § 28 Abs. 5 SGB II dar.
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 16. Dezember 2013 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von dem Beklagten ergänzende Lernförderung nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II).

Der 2000 geborene Kläger bezog mit seinen gemeinsam sorgeberechtigten Eltern (und seinem Bruder) laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

Im Frühjahr 2012 beantragte er, vertreten durch seine Eltern, Leistungen für Bildung und Teilhabe in Form der ergänzenden Lernförderung für das Fach Englisch. Er besuchte zu diesem Zeitpunkt die 5. Klasse der D-Schule in A-Stadt. Die Fachlehrerin, die Zeugin E. (E.), bescheinigte dazu unter dem 11. Januar 2012, bei dem Kläger bestehe Lernförderbedarf in einem Umfang von ein bis zwei Stunden wöchentlich. Die Leistungen des Klägers seien "noch im schwach befriedigenden Bereich".

Der Kläger erhielt anschließend in der Zeit von März bis September 2012 Englischunterricht durch die F. Schülerhilfe GbR in A-Stadt.

Mit Bescheid vom 26. März 2012 lehnte der Beklagte den Antrag ab, da das Erreichen der wesentlichen Lernziele nicht gefährdet sei. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 2012 zurück.

Der Kläger hat durch seine Mutter am 23. Mai 2012 beim Sozialgericht Darmstadt Klage erhoben. Nach Hinweis und Anfrage des Gerichts zur Klagebefugnis und zu den Sorgerechtsverhältnissen hat der Vater des Klägers die Mutter zur alleinigen Prozessführung bevollmächtigt. Zur Begründung der Klage hat der Kläger geltend gemacht, er sei auf entsprechende Leistungen angewiesen gewesen, auch wenn damals die Versetzung (noch) nicht gefährdet gewesen sei.

Der Beklagte ist dem Begehren des Klägers entgegengetreten. Das wesentliche Lernziel in der jeweiligen Klassenstufe sei regelmäßig die Versetzung in die nächste Klassenstufe bzw. ein ausreichendes Leistungsniveau. Ausweislich der Gesetzesbegründung sei die Regelung des § 28 Abs. 5 SGB II restriktiv ausgestaltet und nur in Ausnahmefällen anzuwenden.

Das Sozialgericht hat die Fachlehrerin des Klägers, Frau E., schriftlich als Zeugin befragt. Diese hat mit Schreiben vom 1. November 2012 erklärt, mit "noch schwach befriedigender Bereich" habe sie einen der Note 3- entsprechenden Leistungsstand beschrieben. Ein Absinken der Note auf 4 ohne Nachhilfe sei zu erwarten gewesen, ein Absinken auf 5 zum damaligen Zeitpunkt nicht. Eine Versetzungsgefährdung sei nicht auszumachen gewesen. Defizite seien eindeutig sowohl in den mündlichen als auch in den schriftlichen Leistungen des Klägers feststellbar gewesen, was durch die zweite Klassenarbeit (Note 5) bestätigt worden sei. Aus ihrer Sicht sei es zum damaligen Zeitpunkt notwendig gewesen, frühzeitig dieser "Negativtendenz" entgegenzuwirken, und sinnvoll, dem Kläger rechtzeitig Fördermaßnahmen zukommen zu lassen. Nach ihrer damaligen Einschätzung wären zur Stabilisierung auf Note 3 zwei Stunden Nachhilfe pro Woche notwendig gewesen.

Mit Urteil vom 16. Dezember 2013 hat das Sozialgericht den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 26. März 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2012 verurteilt, dem Kläger Leistungen für ergänzende Lernförderung im gesetzlichen Umfang zu gewähren. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, die Klage sei zulässig und begründet. Der Kläger habe einen Anspruch auf ergänzende Lernförderung. Der Bescheid vom 26. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2012 sei daher rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten.

Bei dem geltend gemachten Anspruch handele es sich um einen Individualanspruch des Kindes (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 2013 - B 4 AS 12/13 R -). Die (zunächst allein) von der Mutter des Klägers erhobene Klage sei unter Berücksichtigung des sogenannten Meistbegünstigungsgrundsatzes dahingehend auslegen, dass die Klage für den Kläger habe erhoben werden sollen. Die Leistungen für Bildung und Teilhabe könnten isoliert gerichtlich geltend gemacht werden. In zeitlicher Hinsicht seien nur Leistungen für die im Jahr 2012 in Anspruch genommene Lernförderung Gegenstand des Verfahrens. Hinsichtlich des Bedarfs, der aktuell jedenfalls nach Auffassung der Eltern des Klägers wiederum bestehe, hätten diese im Rahmen der mündlichen Verhandlung einen neuen Antrag gestellt. Über diesen habe der Beklagte noch nicht entschieden. Die Einbeziehung entsprechender Leistungsansprüche in das hiesige Klageverfahren sei daher weder möglich noch sinnvoll.

Die Klage sei kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) statthaft. Bei dem Anspruch auf ergänzende Lernförderung aus § 28 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 5 SGB II handele es sich um einen gebundenen Anspruch. Diesen müsse (und könne) der Kläger teilweise in Form eines Kostenerstattungs-, teilweise in Form eines Freistellungsanspruchs geltend machen, weil der hier streitige Zeitraum, in dem er die Lernförderung bei einem Drittanbieter in Anspruch genommen habe, bereits abgelaufen sei und es daher jetzt (nur noch) um die Erstattung der bereits vom Kläger aufgebrachten und die Übernahme der noch offenen Zahlungen gehen könne.

Die Klage sei auch im Übrigen zulässig. Der selbst auf Grund seines Alters nicht prozessfähige (dazu § 71 SGG) Kläger sei durch seine beiden Eltern im Verfahren ordnungsgemäß vertreten (vgl. dazu § 1629 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Halbsatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -). Die Klageschrift sei zwar zunächst nur von der Mutter des Klägers unterzeichnet worden; die Klage sei dennoch - durch die Genehmigung der Klageerhebung durch den Vater als dem anderen Sorgeberechtigten - wirksam erhoben worden. Im Übrigen bestünden keine Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage; insbesondere sei sie nach Durchführung des notwendigen Vorverfahrens beim zuständigen Gericht form- und fristgerecht erhoben.

Die Klage sei schließlich auch begründet. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch sei § 28 Abs. 5 SGB II (in der ab 1. April 2011 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 - BGBl. I 850, 852). Die Kammer sei dabei zunächst davon überzeugt, dass der Kläger - wiederum vertreten durch seine Eltern, wobei insoweit § 38 Abs. 1 SGB II eingreife - rechtzeitig den nach § 37 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II notwendigen Antrag gestellt habe. Nach den Angaben der Mutter des Klägers habe sie den Antrag noch im Februar 2011 gestellt. Auch in der Sache lägen die Anspruchsvoraussetzungen vor. Der Leistungsberechtigte könne die Leistung bei einem Geschehensablauf wie dem hiesigen in Form eines Kostenerstattungs- bzw. Freistellungsanspruchs geltend machen. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB II würden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft nach den nachfolgenden Absätzen der Vorschrift gesondert berücksichtigt. Hierzu gehöre nach § 28 Abs. 5 SGB II bei Schülerinnen und Schülern eine die schulischen Angebote ergänzende angemessene Lernförderung, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich sei, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen. Die vom Kläger in Anspruch genommene Lernförderung sei zunächst notwendig und geeignet gewesen, um die wesentlichen Lernziele zu erreichen. Dabei handele es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe. Die in diesem Rahmen vom Leistungsträger zu treffende Prognoseentscheidung sei daher vom Gericht voll zu überprüfen. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 17/4304 S. 105, richtig: BT-Drucks. 17/3404 S. 105) berücksichtige die Vorschrift, dass auch außerschulische Lernförderung als Sonderbedarf vom Anspruch auf Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums erfasst sein könne. Diese sei als Mehrbedarf allerdings nur in Ausnahmefällen geeignet und erforderlich und damit notwendig. In der Regel sei sie nur kurzzeitig notwendig, um vorübergehende Lernschwächen zu beheben. Sie solle unmittelbare schulische Angebote lediglich ergänzen. Die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Lernförderung beziehe sich auf das wesentliche Lernziel, das sich wiederum im Einzelfall je nach Schulform und Klassenstufe aus den schulrechtlichen Bestimmungen des jeweiligen Landes ergebe. Das wesentliche Lernziel in der jeweiligen Klassenstufe sei regelmäßig die Versetzung in die nächste Klassenstufe bzw. ein ausreichendes Leistungsniveau. Verbesserungen zum Erreichen einer besseren Schulartempfehlung stellten regelmäßig keinen Grund für Lernförderung dar. Es sei eine auf das Schuljahresende bezogene prognostische Einschätzung unter Einbeziehung der schulischen Förderangebote zu treffen. Liege die Ursache für die vorübergehende Lernschwäche in unentschuldigtem Fehlen oder vergleichbaren Ursachen und bestünden keine Anzeichen für eine nachhaltige Verhaltensänderung, sei Lernförderung ebenfalls nicht erforderlich. Diese (teilweise) engen Formulierungen aus der Gesetzesbegründung, die sich an der Versetzung in die nächste Klassenstufe orientierten, hätten allerdings nicht durchgängig Eingang in den Gesetzestext gefunden. Maßgeblich sei vielmehr der Verweis auf die jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen, auf die daher bei der Beurteilung, ob die Lernförderung erforderlich sei, zurückgegriffen werden müsse.

Allgemeine Grundsätze für die schulische Bildung enthalte § 2 Abs. 3 des Hessischen Schulgesetzes (Hess. SchulG). Danach soll die Schule den Schülerinnen und Schülern die dem Bildungs- und Erziehungsauftrag entsprechenden Kenntnisse, Fähigkeiten und Werthaltungen vermitteln. Die Schülerinnen und Schüler sollen insbesondere lernen, (1.) sowohl den Willen, für sich und andere zu lernen und Leistungen zu erbringen, als auch die Fähigkeit zur Zusammenarbeit und zum sozialen Handeln zu entwickeln, [ ], (4.) sich Informationen zu verschaffen, sich ihrer kritisch zu bedienen, um sich eine eigenständige Meinung zu bilden und sich mit den Auffassungen anderer unvoreingenommen auseinandersetzen zu können, (5.) ihre Wahrnehmungs-, Empfindungs- und Ausdrucksfähigkeiten zu entfalten und (6.) Kreativität und Eigeninitiative zu entwickeln. Zudem sollen die Schulen die Schülerinnen und Schüler darauf vorbereiten, ihre Aufgaben als Bürgerinnen und Bürger in der Europäischen Union wahrzunehmen (§ 2 Abs. 4 Hess. SchulG). Dabei sei Schule nach § 3 Abs. 6 Hess. SchulG so zu gestalten, dass die gemeinsame Erziehung und das gemeinsame Lernen aller Schülerinnen und Schüler in einem möglichst hohen Maße verwirklicht werde und jede Schülerin und jeder Schüler unter Berücksichtigung der individuellen Ausgangslage in der körperlichen, sozialen und emotionalen sowie kognitiven Entwicklung angemessen gefördert werde. Es sei Aufgabe der Schule, drohendem Leistungsversagen und anderen Beeinträchtigungen des Lernens, der Sprache sowie der körperlichen, sozialen und emotionalen Entwicklung mit vorbeugenden Maßnahmen entgegenzuwirken. Der Weg, auf dem diese allgemeinen Grundsätze konkretisiert würden, sei in § 4 Abs. 1 Hess. SchulG geregelt: Verbindliche Grundlage für den Unterricht seien danach Pläne (Kerncurricula), die übergangs- und abschlussbezogene Bildungsstandards mit fachspezifischen Inhaltsfeldern (Kern von Lernbereichen) verknüpften und lernzeitbezogene Kompetenzerwartungen einschließlich der zugrundeliegenden Wissensstände enthielten. Die Bildungsstandards und Kerncurricula seien durch das Hessische Kultusministerium definiert; konkret sei das Kerncurriculum für die Sekundarstufe I - Gymnasium - für die modernen Fremdsprachen einschlägig (Bildungsstandards und Inhaltsfelder - Das neue Kerncurriculum für Hessen - Sekundarstufe I - Gymnasium - Moderne Fremdsprachen). Dort (S. 5 der entsprechenden Broschüre) heiße es zu den konzeptionellen Grundlagen dieser schulrechtlichen Bestimmungen: "Das neue Kerncurriculum für Hessen ist die verbindliche curriculare Grundlage für den Unterricht an hessischen Schulen in allen Fächern der Primarstufe und der Sekundarstufe I. Wesentliches Merkmal und Anliegen seiner Konzeption ist die Darstellung eines kumulativen Kompetenzaufbaus von Jahrgang 1 bis zur Jahrgangsstufe 10 in einem einheitlichen Format. Im Mittelpunkt steht das, was alle Kinder und Jugendlichen am Ende ihrer schulischen Laufbahn (bzw. nach bestimmten Abschnitten ihres Bildungsweges) können und wissen sollen. Dies führt zur Beschreibung von Kompetenzen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt von allen Lernenden erwartet werden." Neben den konkreten fachlichen würden dort die überfachlichen Kompetenzen besonders herausgestellt. So werde auf S. 8 ausgeführt: "Im Entwicklungsprozess der Lernenden kommt dem Aufbau überfachlicher Kompetenzen eine besondere Bedeutung zu. Dabei geht es um ein Zusammenwirken von Fähigkeiten und Fertigkeiten, personalen und sozialen Dispositionen sowie Einstellungen und Haltungen. Den Lernenden wird hierdurch ermöglicht, in der Schule, in ihrem privaten und auch in ihrem künftigen beruflichen Leben Herausforderungen anzunehmen und erfolgreich und verantwortungsvoll zu meistern. Zu einer Entwicklung in diesem Sinne tragen alle Fächer gemeinsam bei." Dies werde (auf S. 11) weiter und in Bezug auf das hier in Rede stehende Fach Englisch (und die anderen modernen Fremdsprachen) konkretisiert; danach sei das "Erlernen moderner Fremdsprachen ( ) ein wichtiger Beitrag zur Persönlichkeitsbildung und befähigt zur Mitwirkung an gemeinschaftlichen Aufgaben in Schule, Beruf und Gesellschaft. Nahezu alle gesellschaftlichen Prozesse sind sprachlich-diskursiv gefasst. In den offenen Gesellschaften eines zusammenwachsenden Europas und einer globalisierten Welt erlangt Diskursfähigkeit dadurch eine große und zunehmende Bedeutung für den Alltag vieler Menschen. Dazu ist es notwendig, kommunikative, transkulturelle und sprachlernbezogene Kompetenzen aufzubauen, die für ein erfolgreiches und verantwortungsvolles Handeln erforderlich sind." Dem "Einstieg" in das Erlernen fremder Sprachen komme dabei im Lernprozess erhebliches Gewicht zu (vgl. S. 12). Auch werde die besondere Bedeutung des Englischen hervorgehoben (S. 12): "Englisch ist Lingua Franca und wird als internationale Verkehrs-, Handels- und Wissenschaftssprache verwendet. Der schulische Englischunterricht trägt diesem Aspekt in vielfältiger Art und Weise Rechnung, indem er auf konkrete sprachliche Handlungskontexte vorbereitet und damit Anwendungsbezüge ins Zentrum rückt." Aus alldem werde deutlich, dass eine ausschließliche Orientierung an der Versetzung in die nächste Klassenstufe den Vorgaben der schulrechtlichen Bestimmungen nicht gerecht werde. Das ergebe sich schon auf Grund der dort herausgestellten besonderen Bedeutung überfachlicher Kompetenzen und der fehlenden Jahrgangsorientierung des Curriculums (vgl. S. 30, wo "lernzeitbezogene Kompetenzerwartungen" - erst - für das Ende der Jahrgangsstufe 6 formuliert seien, nicht aber für die Jahrgangsstufe 5, in der sich der Kläger befunden habe). Konkret sei überdies die hohe Bedeutung, die die schulrechtlichen Bestimmungen dem Erlernen der ersten modernen Fremdsprache zumessen würden, von erheblichem Gewicht für die Bestimmung der wesentlichen Lernziele im Sinne des § 28 Abs. 5 SGB II. Die (Gefährdung der) Versetzung könne somit nicht das einzige, wenn auch ein wichtiges Kriterium für die Beurteilung der Erforderlichkeit zusätzlicher Lernförderung sein. Vielmehr verlange der Verweis auf die schulrechtlichen Bestimmungen die Beantwortung der Frage, ob die zusätzliche Lernförderung notwendig und geeignet sei, um der Schülerin oder dem Schüler zu ermöglichen, die lernzeitbezogenen Kompetenzerwartungen zum gegebenen Zeitpunkt zu erreichen. Damit werde eine Beurteilung der konkreten Lernsituation und der schulischen Entwicklung des einzelnen Schülers sowie der möglichen Auswirkungen der Lernförderung auf die weitere Entwicklung notwendig.

Ausgehend von diesen Grundsätzen und den Vorgaben der von § 28 Abs. 5 SGB II ausdrücklich in Bezug genommenen schulrechtlichen Bestimmungen halte die Kammer im konkreten Einzelfall - in Übereinstimmung mit der Einschätzung der zuständigen Fachlehrerin, der die Kammer erhebliche Bedeutung beimesse - eine zusätzliche Lernförderung für notwendig: Der Kläger habe damals den Einstieg in das (gymnasiale) Erlernen der ersten Fremdsprache bewältigen müssen; dieser Schritt stelle, auch wenn dem erste Erfahrungen mit dem sogenannten Grundschulenglisch vorausgegangen seien, eine besondere Herausforderung dar. Die erfolgreiche Bewältigung dieser Situation sei für die weitere Schullaufbahn (und das Erlernen weiterer Fremdsprachen) von herausragender Bedeutung (vgl. hierzu S. 11 f. des Kerncurriculums). Obwohl die Versetzung des Klägers zu dem Zeitpunkt, als der Beklagte prognostisch über die Erforderlichkeit der Lernförderung zu entscheiden gehabt habe, auch nach Einschätzung der Fachlehrerin nicht gefährdet gewesen sein möge, stimme die Kammer daher mit deren Beurteilung überein, dass in dieser Lernsituation das absehbare Absinken von einem noch schwach befriedigenden Niveau das Erreichen der wesentlichen Lernziele gefährdet habe. Ein Ausgleich mit schulischen Mitteln und Angeboten sei nach Einschätzung der Zeugin, an der zu zweifeln die Kammer keinen Anlass habe und die auch von dem Beklagten nicht in Frage gestellt werde, nicht möglich. Auch hätten die Eltern des Klägers, die nach ihren glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung beide kein Englisch könnten, ihm nicht helfen können, die Defizite aufzuarbeiten. Im Ergebnis sei daher die Förderung des Klägers durch ergänzende Lernförderung notwendig gewesen. Wiederum ausgehend von der Einschätzung der Fachlehrerin, die sich schriftlich als Zeugin geäußert und im Verwaltungsverfahren Stellung genommen habe, habe die Kammer weiter keine Zweifel, dass ergänzende Lernförderung in dem von ihr empfohlenen Umfang geeignet gewesen wäre, dem Kläger das Erreichen der wesentlichen Lernziele zu ermöglichen. Schon weil es sich dabei um eine prognostische Entscheidung handele, sei insoweit nicht von Belang, dass nach Einschätzung der Eltern des Klägers aktuell (wieder) ein Bedarf an Lernförderung bestehe, ohne dass es insoweit darauf ankäme, ob dies auf die hier streitige Ablehnung zurückzuführen sei. Bedenken gegen die Angemessenheit der Lernförderung habe der Beklagte nicht geltend gemacht und seien auch sonst nicht ersichtlich.

Gegen das dem Beklagten am 25. Februar 2014 zugestellte Urteil hat dieser am 24. März 2014 beim Hessischen Landessozialgericht die von dem Sozialgericht zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung hat der Beklagte ausgeführt, zur Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "wesentliche Lernziele" komme es, da von den vier bekannten Methoden der Gesetzesauslegung die grammatikalische Auslegung kein klares Ergebnis biete und sich weder aus dem Regelungszusammenhang noch aus dem Sinn und Zweck der Norm die wesentlichen Lernziele bestimmen ließen, in besonderem Maße auf die Gesetzesbegründung an. Danach sei das wesentliche Lernziel in der jeweiligen Klassenstufe regelmäßig die Versetzung in die nächste Klassenstufe bzw. ein ausreichendes Leistungsniveau (BT-Drucks. 17/3404, S. 105), wenn auch unter dem Vorbehalt, dass sich aus den schulrechtlichen Bestimmungen nichts anderes ergebe. Demgegenüber stelle das Gericht in seiner Begründung unter Verweis auf § 4 Abs. 1 Hess. SchulG insbesondere auf die Pläne (Kerncurricula) ab, die übergangs- und abschlussbezogene Bildungsstandards nach Abs. 2 mit fachspezifischen Inhaltsfeldern (Kern von Lernbereichen) verknüpfen und lernzeitbezogene Kompetenzerwartungen einschließlich der zu Grunde liegenden Wissensstände enthalten. Aus der daraus hervorgehenden Betonung überfachlicher Kompetenzen, der Bedeutung des Faches Englisch und besonders des Einstiegs in die modernen Fremdsprachen wolle das Gericht herleiten, dass eine ausschließliche Orientierung an der Versetzung in die nächste Klassenstufe den Vorgaben der schulrechtlichen Bestimmungen nicht gerecht werde. In Übereinstimmung mit dem Gutachten der Fachlehrerin sei daher die Auffassung vertreten worden, dass zusätzliche Lernförderung notwendig sei.

Dem Gericht werde dahingehend zugestimmt, dass die Versetzung in die nächsthöhere Klassenstufe nur im Regelfall das wesentliche Lernziel sei. Es seien Ausnahmen denkbar, wie z.B. bei einem von Legasthenie/Dyskalkulie betroffenen Schüler (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 14. Dezember 2011 - L 7 AS 43/12 B ER -) oder wenn ein Kind, das früher eine Förderschule besucht habe, jetzt den Hauptschulabschluss erreicht habe und nun sogar den qualifizierenden Schulabschluss erreichen wolle (SG Wiesbaden, Beschluss vom 3. Januar 2012 - S 23 AS 899/11 ER -). Ein solcher Ausnahmefall sei hier nicht erkennbar, vielmehr liege hier der Normalfall eines Schülers vor, der nach dem Übertritt aufs Gymnasium den dort gestellten Anforderungen gerecht werden wolle. Da die wesentlichen Lernziele nach § 28 Abs. 5 SGB II durch die schulrechtlichen Bestimmungen festgelegt würden, bestehe auch Übereinstimmung darin, dass hier die Kerncurricula von Bedeutung seien. Hierbei verkenne das Gericht jedoch nach Auffassung des Beklagten, dass die Versetzung in die nächsthöhere Jahrgangsstufe für den Regelfall das Erreichen der wesentlichen Lernziele anzeige. Die Leistungen der Schülerinnen und Schüler würden nach § 73 Abs. 1 Satz 1 Hess. SchulG durch Noten oder Punkte bewertet, soweit die Leistungen für die Erteilung von Zeugnissen und entsprechenden Nachweisen erheblich seien. Dabei bedeute eine Bewertung mit befriedigend, dass die Leistung im Allgemeinen den Anforderungen entspreche (§ 73 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 Hess. SchG), mit ausreichend, dass die Leistung zwar Mängel aufweise, aber im Ganzen den Anforderungen noch entspreche (§ 73 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 Hess. SchulG). Nach § 74 Abs. 1 Hess. SchulG werde der Leistungsstand der Schülerinnen und Schüler unter Angabe der Leistungsbewertung in den einzelnen Fächern in Zeugnissen, schriftlichen Berichten oder in anderer, dem Bildungsgang entsprechender Form ausgewiesen. Die Prüfungsergebnisse, die sich im Zwischen- und Halbjahreszeugnis niederschlügen, sollten mithin das Leistungsniveau der Schüler wiedergeben, wobei sich die Beurteilungsmaßstäbe gerade an den wesentlichen Lernzielen ausrichteten. Hiervon abzuweichen könne in Ausnahmefällen - wie den oben zitierten - geraten sein, ferner auch dann, wenn eine ausreichende Note nur sehr knapp erreicht werde. Wenn jedoch auch nach Meinung der beurteilenden Lehrkraft ein Absinken höchstens auf die Notenstufe 4 zu befürchten sei und auch sonst kein besonderer Fall vorliege, bestehe kein Grund, für das Erreichen eines höheren Leistungsniveaus Leistungen der Lernförderung in Anspruch zu nehmen. Vielmehr sei die Versetzung in die nächsthöhere Jahrgangsstufe ein Zeichen dafür, dass die im Curriculum festgesetzten Lernziele auch erreicht worden seien. Dies gelte besonders in einem Fall wie diesem, in dem der Ausgleich einzelner mangelhafter Noten durch mindestens befriedigende Noten nicht zur Diskussion stehe.

Dem Gericht könne bei seinen Schlussfolgerungen aus dem Kerncurriculum auch im Übrigen nicht gefolgt werden. Die Bedeutung des Englischen sei selbstverständlich, dass allerdings der Englischunterricht eine höhere Bedeutung hätte als andere Fächer (Mathematik, Deutsch, weitere moderne Fremdsprachen), lasse sich aus den Kerncurricula nach Auffassung des Beklagten nicht herleiten. Dass überfachliche Kompetenzen vermittelt werden sollten, ändere nichts an der Bedeutung der Bewertung und Zeugnisse als Ausdruck dafür, ob die Lernziele erreicht worden seien.

Aus der schriftlichen Aussage der Zeugin E. ergebe sich nichts anderes. Danach sei die Nachhilfe erforderlich gewesen, um den Schüler auf Notenstufe 3 zu stabilisieren. Das Erreichen der Notenstufe 3 gehe aber über die erforderlichen Lernziele hinaus, da bereits die Notenstufe 4 anzeige, dass die Ziele erreicht worden seien.

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 16. Dezember 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).

Die zulässige Berufung ist begründet.

Das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 16. Dezember 2013 kann keinen Bestand haben. Der Bescheid des Beklagten vom 26. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2012 ist rechtmäßig, so dass der Kläger nicht beschwert ist (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Bewilligung ergänzender Lernförderung nach §§ 19 Abs. 2, § 28 Abs. 1 und Abs. 5 SGB II. Nach § 28 Abs. 5 SGB II (in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 - BGBl. I 850) wird bei Schülerinnen und Schülern eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen.

Das Sozialgericht hat zwar zutreffend angenommen, dass es sich vorliegend um einen Individualanspruch des Klägers handelt, der auch isoliert geltend gemacht werden kann, ferner, dass die Leistung in Form eines Kostenerstattungs- bzw. Freistellungsanspruchs begehrt werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 2013 - B 4 AS 12/13 R - SozR 4-4200 § 28 Nr. 8) und der Antrag rechtzeitig vor Aufnahme der außerschulischen Lernförderung gestellt wurde.

Anders als das Sozialgericht sieht aber der Senat die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 5 SGB II nicht als gegeben an. Zwar handelt es sich bei dem von dem Kläger in Anspruch genommenen Englischunterricht bei der Schülerhilfe GbR um eine die schulischen Angebote ergänzende Lernförderung, da an der von dem Kläger besuchten Schule keine ergänzende Lernförderung im Fach Englisch angeboten wurde.

Die Lernförderung muss aber geeignet und zusätzlich erforderlich sein, die wesentlichen Lernziele zu erreichen. Diese ergeben sich im Einzelfall je nach Schulform und Klassenstufe aus den schulrechtlichen Bestimmungen des jeweiligen Landes (BT-Drucks. 17/3404 S. 105). Der Kläger des vorliegenden Verfahrens hat die fünfte Klasse des gymnasialen Bildungsgangs einer kooperativen Gesamtschule (Sekundarstufe I) besucht. Wesentliches Lernziel bis zum Abschluss des gewählten Bildungsganges ist jeweils das Erreichen der Versetzung in die nächste Jahrgangsstufe. Nach § 75 Abs. 1 Hess. Schulgesetz in der ab 1. August 2011 geltenden Fassung (GVBl. I S. 267) i. V. m. § 17 der Verordnung zur Gestaltung des Schulverhältnisses (VOGSV) vom 19. August 2011 (ABl. S. 546), zuletzt geändert durch Verordnung vom 29. April 2014 (ABl. S. 234), wird die Schülerin oder der Schüler in die nächste Jahrgangsstufe versetzt, wenn die Leistungen in allen Fächern mindestens mit ausreichend bewertet werden (Nr. 1) oder trotz nicht ausreichender oder nicht erbrachter Leistungen in einzelnen Fächern eine erfolgreiche Teilnahme am Unterricht des nächsthöheren Schuljahrgangs unter Berücksichtigung der Lernentwicklung der Schülerin oder des Schülers zu erwarten ist (Nr. 2). In welchen Fällen nicht ausreichende Leistungen im Sinne des § 75 Abs. 1 Nr. 2 Hess. SchulG ausgeglichen werden können oder unberücksichtigt bleiben, regelt § 17 Abs. 3 VOGSV i. V. m. der Anlage 1 (Richtlinien für die Versetzung in den einzelnen Schulformen, II. 4, gymnasialer Bildungsgang). Ist damit für die Versetzung in der Regel ein im Durchschnitt ausreichendes Leistungsniveau erforderlich, stellt das Erreichen eines ausreichenden Leistungsniveaus auch ein wesentliches Lernziel dar. Davon geht auch der Gesetzgeber aus. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 17/3404, S. 105) sei das wesentliche Lernziel in der jeweiligen Klassenstufe regelmäßig die Versetzung in die nächste Klassenstufe bzw. ein ausreichendes Leistungsniveau. Auch in Rechtsprechung und Literatur besteht - ungeachtet der Frage der konkreten Ausgestaltung der schulrechtlichen Bestimmungen des jeweiligen Landes überwiegend Einigkeit, dass die Versetzung in die nächste Klassenstufe bzw. ein ausreichendes Leistungsniveau wesentliche Lernziele im Sinne des § 28 Abs. 5 SGB II sind (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschlüsse vom 22. Juni 2015 - L 13 AS 107/15 B ER - und vom 28. Februar 2012 - L 7 AS 43/12 B ER -; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 26. März 2014 - L 6 AS 31/14 B ER -; SG Dresden, Urteil vom 6. Januar 2014 - S 48 AS 5789/12 -; SG Dortmund, Urteil vom 20. Dezember 2013 S 19 AS 1036/12 -; SG Marburg, Beschluss vom 1. November 2012 - S 5 AS 213/12 ER -; SG Wiesbaden, Beschluss vom 3. Januar 2012 - S 23 AS 899/11 ER -; SG Bremen, Beschluss vom 14. April 2011 - S 23 AS 357/11 ER -; Luik in: Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 28 Rn. 42; a. M. Voelzke in: Hauck/Noftz, SGB II, Stand: Juli 2015, § 28 Rn. 80).

Andere, über die Versetzung in die nächste Klassenstufe bzw. ein ausreichendes Leistungsniveau hinausgehende Lernziele, für deren Erreichung der Kläger eine ergänzende Lernförderung beanspruchen könnte, vermag der Senat den schulrechtlichen Bestimmungen des Landes Hessen nicht zu entnehmen. Mit dem Sozialgericht ist zwar davon auszugehen, dass neben der Versetzung in die nächste Klassenstufe bzw. einem ausreichenden Leistungsniveau unter besonderer Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls auch andere Lernziele in Betracht kommen können, z. B. eine Verbesserung des Leistungsniveaus bei Vorliegen einer Legasthenie oder Dyskalkulie (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 12. Januar 2015 - L 2 AS 622/14 B ER -; SG Marburg, Beschluss vom 1. November 2012 s. o.; SG Bremen, Beschluss vom 14. April 2011 s. o.; Lenze in: LPK-SGB II, 5. Aufl. 2013, § 28 Rn. 28). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Nach den eindeutigen, für den Senat nachvollziehbaren Aussagen der fachkundigen Zeugin E., die auch von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogen werden, hätten sich die Leistungen des Klägers im Fach Englisch "noch im schwach befriedigenden Bereich" bewegt. Mit "noch schwach befriedigender Bereich" habe sie einen der Note 3- entsprechenden Leistungsstand beschrieben. Ein Absinken der Note auf 4 ohne Nachhilfe sei zu erwarten gewesen; ein Absinken auf 5 zum damaligen Zeitpunkt nicht. Eine Versetzungsgefährdung habe nicht bestanden. Nach ihrer damaligen Einschätzung wären zur Stabilisierung auf Note 3 zwei Stunden Nachhilfe pro Woche notwendig gewesen. Nach der im Rahmen der Prognoseentscheidung zu berücksichtigenden Aussage der Fachlehrerin bestand daher die Notwendigkeit der Lernförderung in der Stabilisierung eines befriedigenden Leistungsniveaus im Fach Englisch. Dabei handelt es sich aber nicht um ein wesentliches Lernziel im Sinne des § 28 Abs. 5 SGB II. Denn die Stabilisierung einer besser als ausreichend bewerteten Notenstufe ist nicht anders einzustufen als die bloße Verbesserung von Notenstufen oder eine Verbesserung des Notendurchschnitts allgemein, die nicht als wesentliche Lernziele anerkannt werden (vgl. Luik in: Eicher, SGG, 3. Aufl. 2013, § 28 Rn. 42). Gleiches gilt nach dem Willen des Gesetzgebers für Verbesserungen zum Erreichen einer besseren Schulartempfehlung, die regelmäßig keinen Grund für Lernförderung darstelle (vgl. BT-Drucks. 17/3404, S. 105).

Andere Lernziele ergeben sich auch nicht aus den vom Sozialgericht in Bezug genommenen Kerncurricula, Lehrplänen und Bildungsstandards. Mit dem Sozialgericht ist zwar davon auszugehen, dass die §§ 2 und 3 Hess. SchulG allgemeine Grundsätze für die schulische Bildung enthalten, die u. a. durch die in §§ 4, 4a Hess. SchulG geregelten Kerncurricula (dabei handelt es sich um Pläne, die verbindliche Grundlage für den Unterricht sind), Lehrpläne (soweit für Unterrichtsfächer, Lernbereiche oder Aufgabengebiete Kerncurricula nicht bestimmt sind) und Bildungsstandards (die die wesentlichen Ziele der pädagogischen Arbeit enthalten, ausgedrückt als Lernergebnisse der Schülerinnen und Schüler für die einzelnen Fächer) konkretisiert werden. Die Kerncurricula, Lehrpläne und Bildungsstandards legen aber nur allgemein die Ziele und Kompetenzerwartungen fest und beschreiben zum einen Kompetenzen, die bis zu bestimmten Abschnitten des jeweiligen Bildungsweges erworben sein sollten (lernzeitbezogene Kompetenzerwartungen), zum anderen legen die Bildungsstandards die Leistungsanforderungen zum Abschluss eines Bildungsganges fest (vgl. Hessisches Kultusministerium, Bildungsstandards und Inhaltsfelder, Das neue Kerncurriculum für Hessen, Sekundarstufe I - Gymnasium, Moderne Fremdsprachen, Teil A 1, S. 5, abrufbar unter www.kultusministerium.hessen.de). Den Kerncurricula, Lehrplänen und Bildungsstandards kann aber ein weitergehendes Lernziel, etwa das Erreichen einer bestimmten Notenstufe, nicht entnommen werden. Insoweit hat der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass die Versetzung in die nächsthöhere Jahrgangsstufe für ein Erreichen der im Curriculum festgesetzten Lernziele spricht. Diese erfordert aber nicht den Nachweis befriedigender Leistungen. Die Leistungen der Schülerinnen und Schüler, die nach § 73 Abs. 1 Satz 1 Hess. SchulG für die Erteilung von Zeugnissen erheblich sind, werden nach § 73 Abs. 4 Satz 1 Hess. SchulG durch Noten oder Punkte bewertet. Dabei bedeutet eine Bewertung mit "befriedigend", dass die Leistung im Allgemeinen den Anforderungen entspricht (§ 73 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 Hess. SchulG), mit "ausreichend", dass die Leistung zwar Mängel aufweist, aber im Ganzen den Anforderungen noch entspricht (§ 73 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 Hess. SchulG). Die Versetzung in die nächste Klassenstufe, wird bereits mit ausreichenden Leistungen erreicht (vgl. § 75 Abs. 1 Hess. SchulG).

Wird aber das wesentliche Lernziel, die Versetzung in die nächste Klassenstufe bzw. ein ausreichendes Leistungsniveau prognostisch auch ohne ergänzende Lernförderung erreicht, fehlt es im Übrigen auch an der Erforderlichkeit der ergänzenden Lernförderung.

Ein Anspruch auf ergänzende Landesförderung ergibt sich daher auch nicht daraus, dass der Kläger damals den Einstieg in das (gymnasiale) Erlernen der ersten Fremdsprache hat bewältigen müssen, zumal sich die Situation des Klägers insoweit nicht von der seiner Mitschülerinnen und Mitschüler unterschieden hat. Auch dem Umstand, dass die Eltern des Klägers über keine Kenntnisse der englischen Sprache verfügen und ihren Sohn daher auf diesem Gebiet nicht unterstützen konnten, vermag angesichts der prognostischen Beurteilung der Fachlehrerin, dass die Versetzung in die nächste Klassenstufe auch ohne ergänzende Lernförderung erreicht werden kann, keinen Leistungsanspruch zu begründen. Eine ergänzende Lernförderung mag aus der Sicht des Klägers und der Schule wünschenswert und sinnvoll erscheinen; nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 17/3404 S. 105) soll die Vorschrift des § 28 Abs. 5 SGB II aber auch für den Bereich der außerschulischen Lernförderung lediglich den Anspruch auf Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums sicherstellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen. Die wesentlichen Lernziele ergeben sich aus den landesrechtlichen Bestimmungen und unterliegen daher nicht der Überprüfung des Revisionsgerichts (vgl. § 162 SGG). Die Frage der Erforderlichkeit einer zusätzlichen Lernförderung kann nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände im Einzelfall entschieden werden.
Rechtskraft
Aus
Saved