S 2 SO 152/14

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 2 SO 152/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung eines höheren Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung.

Der am 00.00.1954 geborene Kläger leidet unter Sarkoidose, einer granulatösen Lungenerkrankung, im Stadium III. Ausweislich des Attestes seiner behandelnden Ärztin Frau Dr. M-S vom 01.07.2014 ist eine Ernährung mit dem hochkalorischen Produkt Respifor erforderlich. Der Kläger benötige dies, um sein Gewicht zu halten. Er habe in den letzten Wochen bereits vier Kilogramm an Gewicht verloren.

Mit Bescheid vom 19.12.2013 war dem Kläger seinerzeit ergänzende Grundsicherung für das vorangegangene Zeitintervall vom März 2013 bis zum Februar 2014 bewilligt worden. Diese Bewilligung umfasste neben dem Mehrbedarf bei Merkzeichen G auch einen individuellen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von 90 Euro.

Mit Bescheid vom 26.02.2014 bewilligte die Beklagte sodann den Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung für das Zeitintervall März 2014 bis Februar 2015 nur noch in Höhe von 39,10 Euro unter Verweis auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins. Für die Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 26.02.2014 Bezug genommen.

Dagegen erhob der Kläger Widerspruch. Ihm sei der Mehrbedarf für Krankenkost von bisher 90 Euro auf 39,10 Euro gekürzt worden. Die Empfehlungen des Deutschen Vereins stützten sich jedoch auf die Möglichkeit sich durch Vollkost hinreichend zu ernähren. Er benötige jedoch eine spezifische Diät, die täglich 3,50 Euro, monatlich 106,45 Euro koste. Er leide unter Sarkoidose im Stadium III mit Untergewicht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 04.06.2014 wies der Kreis Lippe den Widerspruch zurück. Nach Rückfrage beim Gesundheitsamt könne die hochkalorische Nahrung für den Kläger keine Gewichtszunahme erzielen, da er unter einem Sauerstoffmangel leide und daher eine Sauerstofftherapie durchzuführen sei. Für die Einzelheiten wird auf den Inhalt des Widerspruchsbescheids Bezug genommen.

Mit der dagegen erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Anliegen weiter.

Er beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 26.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheids vom 04.06.2014 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm einen weiteren Mehrbedarf von 67,35 Euro wegen kostenaufwändiger Ernährung zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf ihre bisherigen Ausführungen.

Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die beigezogene Akte des Verwaltungsverfahrens.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger ist nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beschwert. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 26.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.06.2014 ist rechtmäßig und der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Der Kläger hat keinen weiteren Anspruch auf Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung gegenüber der Beklagten. Der Anspruch auf Übernahme weiterer Ernährungskosten für hochkalorische Nahrung ergibt sich im vorliegenden Fall weder aus dem Aspekt der Krankenhilfe noch aus dem Aspekt des Mehrbedarfs.

Um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern, werden gemäß § 48 SGB XII Leistungen zur Krankenbehandlung entsprechend dem Dritten Kapitel Fünften Abschnitt Ersten Titel des Fünften Buches erbracht. Die Regelungen zur Krankenbehandlung nach § 264 des Fünften Buches gehen den Leistungen der Hilfe bei Krankheit nach Satz 1 vor.

Der Kläger begehrt nicht nur einen Mehrbedarf für eine kostenaufwändige Ernährung im Rahmen der üblichen Vollkost. Denn dieser Mehrbedarf von 90 Euro monatlich wurde dem Kläger bereits bewilligt. Sondern der Kläger begehrt aufgrund der bei ihm vorliegenden sehr schwerwiegenden Lungenerkrankung im Stadium III mit konsekutivem Untergewicht Leistungen des Sozialhilfeträgers für einen weitergehenden Bedarf.

Die Verordnung hochkalorischer Nahrungsergänzung im Rahmen der Therapie dieser schweren Erkrankung, sei es ausschließlich - oder wie die Beklagte meint beurteilen zu können -, kombiniert mit der Gabe von Sauerstoff, fällt in den Aufgabenbereich der behandelnden Ärzte als verordnender Stelle und der Krankenkasse als Kostenträger, wenn eine höherkalorische Ernährung im Rahmen der Vollkost gegebenenfalls unter erhöhtem Konsum von hochkalorischen Produkten wie beispielsweise etwa Schokolade oder Nüssen und auch die Beigabe von hochkalorischen, geschmacktsneutralem, kostengünstigem Maltodextrin bei der Zubereitung von Speisen tatsächlich nicht mehr ausreicht.

In einem solch schwerwiegenden Fall einer Mangelernährung, die dann eine Elementardiät erforderlich macht, fällt es gegebenenfalls in den Zuständigkeitsbereich der Krankenkasse, die Kosten der besonderen Nahrung zu tragen. Denn Trink- und Sondennahrung sind bei einer fehlenden oder eingeschränkten Fähigkeit zur normalen Ernährung verordnungsfähig nach § 33 Abs. 1 SGB V. Das gilt für jede enterale Nahrungsaufnahme. Enteral ist hier nur die Abgrenzung zur parenteralen Nahrungsaufnahme, was die Gabe der Nahrung durch die direkte Infusion in die Blutbahn wäre. Es ist nicht erforderlich, dass der Patient durch Sondennahrung, also enteral im engeren Sinne, ernährt werden muss.

Nach § 31 Abs. 5 SGB V haben Versicherte Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung, wenn eine diätetische Intervention mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung medizinisch notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V fest, unter welchen Voraussetzungen welche bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung vom Vertragsarzt verordnet werden können. Eine Zusammenstellung der verordnungsfähigen Produkte wird im Bundesanzeiger veröffentlicht. § 34 Abs. 6 SGB V gilt entsprechend. In die Zusammenstellung sollen nur Produkte aufgenommen werden, die die Anforderungen der Richtlinie erfüllen.

Ein Anspruch auf weiteren Mehrbedarf ergibt sich hier auch nicht aus den allgemeinen Bestimmungen zum Mehrbedarf. Älteren und dauerhaft voll erwerbsgeminderten Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach §§ 82 bis 84 und 90 bestreiten können, ist gemäß § 41 Abs. 1 SGB XII auf Antrag Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu leisten. Die Gewährung von Mehrbedarfen ist in § 30 SGB XII, bei Leistungen nach dem Vierten Kapitel in Verbindung mit § 42 Nr.2 SGB XII, geregelt.

Für Personen, die 1. die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder 2. die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind, und durch einen Bescheid der nach § 69 Abs. 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 69 Abs. 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, wird gemäß § 30 Abs. 1 SGB XII ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht. Für werdende Mütter nach der 12. Schwangerschaftswoche wird gemäß § 30 Abs. 2 SGB XII ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht. Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist gemäß § 30 Abs. 3 SGB XII, soweit kein abweichender Bedarf besteht, ein Mehrbedarf anzuerkennen 1. in Höhe von 36 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für ein Kind unter sieben Jahren oder für zwei oder drei Kinder unter sechzehn Jahren, oder 2. in Höhe von 12 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 für jedes Kind, wenn die Voraussetzungen nach Nummer 1 nicht vorliegen, höchstens jedoch in Höhe von 60 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28. Für behinderte Menschen, die das 15. Lebensjahr vollendet haben und denen Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 geleistet wird, wird gemäß § 30 Abs. 4 SGB XII ein Mehrbedarf von 35 vom Hundert der maßgebenden Regelbedarfsstufe anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht. Satz 1 kann auch nach Beendigung der in § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 genannten Leistungen während einer angemessenen Übergangszeit, insbesondere einer Einarbeitungszeit, angewendet werden. Absatz 1 Nr. 2 ist daneben nicht anzuwenden. Für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird gemäß § 30 Abs. 5 SGB XII ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Die Summe des nach den Absätzen 1 bis 5 insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe der maßgebenden Regelbedarfsstufe gemäß § 30 Abs. 6 SGB XII nicht übersteigen. Für Leistungsberechtigte wird gemäß § 30 Abs. 7 SGB XII ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und denen deshalb keine Leistungen für Warmwasser nach § 35 Abs. 4 erbracht werden ( ...).

Hiervon ausgehend sind die Voraussetzungen eines noch weitergehenden Mehrbedarfs für Ernährung nicht erfüllt. Insbesondere kann der weitergehende Mehrbedarf nicht aus § 30 Abs. 5 SGB XII gestützt werden. Insoweit sind die Regelungen zur Krankenhilfe lex specialis. Der allgemeine Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung im Rahmen der Vollkost wird bereits gewährt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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