Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 AL 92/12
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 259/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Unzulässige Nichtigkeitsfeststellungsklage.
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 08.09.2014 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Entziehungsbescheid vom 21.01.2004 hinsichtlich der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit ab 01.11.2003 bis 22.12.2003.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin auf ihren Antrag vom 18.12.2002 Alhi für die Zeit vom 18.12.2002 bis 03.08.2003 (Bescheid vom 30.01.2003 idF des Bescheides vom 02.07.2003). Für die Zeit vom 10.06.2003 bis 27.06.2003 meldete sich die Klägerin wegen einer beantragten, aber nicht genehmigten Ortsabwesenheit aus dem Leistungsbezug ab. Am 30.06.2003 meldete sie sich erneut persönlich arbeitslos. Die Beklagte bewilligte mit Unterbrechung Alhi für die Zeit ab 28.06.2003 (zuletzt mit Bescheid vom 15.09.2003 für die Zeit ab 02.09.2003). Mit formlosen Schreiben vom 20.11.2003 informierte die Beklagte die Klägerin, dass wegen des Fehlens von Unterlagen und Angaben die Leistung ab 01.11.2003 vorläufig eingestellt werde. Es seien Belege vorzulegen, aus denen sich der Verkehrswert der ausländischen Immobilie ergebe, wie diese finanziert worden sei und wie diese genutzt werde bzw. seit Besitz genutzt worden sei. Bei Unterlassen der geforderten Mitwirkung bis spätestens 12.12.2003 werde die Leistung ganz entzogen. Die Klägerin teilte der Beklagten mit, sie ziehe zum 22.12.2003 nach Polen um. Mangels Mitwirkung entzog die Beklagte die bewilligte Alhi rückwirkend zum 01.11.2003 gemäß § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) mit Bescheid vom 21.01.2004.
U.a. hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und die Zahlung von Alhi vom 01.11.2003 bis 22.12.2003 begehrt (S 13 AL 101/05). Nachdem das SG nur über einen weiteren Streitgegenstand des Verfahrens entschieden hatte (Urteil vom 09.12.2008), hat der Senat im anschließenden Berufungsverfahren (L 10 AL 64/09) - nachdem die Beteiligten mit einem entsprechenden Heraufholen von Prozessresten (konkludent) einverstanden waren - die Klage der Klägerin gegen den Bescheid vom 21.01.2004 abgewiesen (Ziffer II. des rechtskräftigen Urteils vom 24.11.2011). Die Anfechtungsklage, die insofern nach der Konkretisierung durch die Klägerin alleiniges (zulässiges) Klagebegehren sei, sei unzulässig, da der Bescheid mangels Widerspruchseinlegung bestandskräftig geworden sei.
Am 23.04.2012 hat die Klägerin beim SG "Feststellungs-, Untätigkeits- und Verpflichtungsklage wegen des Entziehungsbescheides der Beklagten vom 21.01.2004" erhoben. Sie sei am 23.12.2003 in ihre Heimat zurückgezogen. Der Beklagten sei bekannt gewesen, dass sie dort ein angemessenes Haus besitze. Im Berufungsverfahren L 10 AL 64/09 habe sie mit einer Bescheinigung ihre Eintragung in das Grundbuch nachgewiesen. Aus weiteren vorgelegten Unterlagen folge die Wohnfläche des Hauses mit 100,1 qm. Es werde eigengenutzt. Das Haus sei nicht verwertbar, unabhängig davon, dass für Staatsangehörige aus Nicht-EU-Ländern ihre Wohnhäuser in ihren Heimatländern im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht hätten verwertet werden dürfen. Sie habe alle notwendigen Angaben gemacht, so dass die Beklagte ihren Bescheid ändern und ihren Verpflichtungen nach § 67 SGB I nachkommen müsse. Der angefochtene Bescheid sei abzuändern und Alhi für die Zeit vom 01.11.2003 bis 22.12.2003 zu zahlen. Es handele sich in erster Linie um eine nicht fristgebundene Feststellungsklage und im Anschluss daran um eine Verpflichtungsklage. Die Untätigkeit der Beklagten und die Nichtigkeit des Bescheides vom 21.01.2004 seien festzustellen.
Mit Gerichtsbescheid vom 08.09.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Untätigkeitsklage sei unzulässig, da es insofern an einem offenen Antrag der Klägerin bei der Beklagten fehle. Das Verwaltungsverfahren betreffend die Leistung von Alhi für den Zeitraum 01.11.2003 bis 22.12.2003 sei durch die Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts rechtskräftig abgeschlossen. Die Feststellungsklage sei ebenso unzulässig, da das vorliegende Begehren mit einer Leistungsklage verfolgt werden könne. Für eine zulässige Verpflichtungsklage fehle es an der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens.
Dagegen hat die Klägerin Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Die Feststellungsklage sei zulässig, da das Begehren nicht innerhalb einer Leistungsklage verfolgt werden könne. Unabhängig davon sei sie ihren Mitwirkungspflichten nachgekommen und die Beklagte müsse von Amts wegen die versagten Sozialleistungen nachträglich ganz oder teilweise erbringen. Hier sei die Beklagte untätig.
Die Klägerin beantragt: 1. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 08.09.2014 wird aufgehoben. 2. Es wird festgestellt, dass der angefochtene Bescheid vom 21.01.2004 nichtig ist. 3. Die Beklagte wird unter für nichtig erklärtem bzw. Aufhebung des angefochtenen Bescheides vom 21.01.2004 verurteilt, der Klägerin die Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 01.11.2003 bis 22.12.2003 samt 4% Zinsen ab 01.11.2003 zu bewilligen und auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat sie auf die Ausführungen im Gerichtsbescheid des SG verwiesen.
Mit Beschluss vom 09.11.2015 hat der Senat die Berufung auf den Berichterstatter übertragen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), über die gemäß § 153 Abs 5 SGG durch den Berichterstatter mit den ehrenamtlichen Richtern entschieden werde konnte, ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Streitgegenstand ist vorliegend zunächst der Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des Bescheides vom 21.01.2004. Daneben begehrt die Klägerin alternativ dessen Aufhebung sowie die Zahlung von Alhi für die Zeit vom 01.11.2003 bis 22.12.2003. Aus den Begründungen von Klage und Berufung folgt, dass es ihr zudem um eine Untätigkeitsklage geht.
Eine - nicht fristgebundene - Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 4 SGG (vgl dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 55 Rn 14) in Bezug auf die Nichtigkeit des Bescheides vom 21.01.2004, der einen Verwaltungsakt darstellt, ist bereits unzulässig, da es bei der Klägerin an einem entsprechenden Feststellungsinteresse fehlt. Die Klage gegen den Bescheid vom 21.01.2004 hat der Senat bereits mit Ziffer II. des Urteils vom 24.11.2011 (L 10 AL 64/09) rechtskräftig abgewiesen, so dass diesbezüglich zwischen den Beteiligten bindend feststeht, dass die Entziehung der Leistungen ab 01.11.2003 zu Recht erfolgt ist (§ 77 SGG). Aus der Feststellung der Nichtigkeit könnte die Klägerin daher keine Rechte gegenüber der Beklagten herleiten (vgl LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.12.2007 - L 7 SO 217/07 - juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.06.2007 - L 12 AL 83/06 - juris).
Im Übrigen wäre eine solche Klage jedenfalls unbegründet. Nach § 40 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Ohne Rücksicht auf diese Voraussetzungen ist ein Verwaltungsakt nichtig (§ 40 Abs 2 SGB X), (1.) der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt, (2.) der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt, (3.) den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann, (4.) der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht oder (5.) der gegen die guten Sitten verstößt.
Weder einer der ausdrücklich genannten Nichtigkeitsgründe noch andere Anhaltspunkte liegen vor, aus denen sich die Nichtigkeit der streitgegenständlichen Bescheide ergeben könnte. Alleine - vom Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides aus zu beurteilende (vgl dazu Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Auflage, § 40 Rn 4) - mögliche Ermessensfehler oder die Frage, ob die Klägerin ausreichende Unterlagen vorgelegt hatte bzw. die Vorlage von der Beklagten verlangt werden konnte, stellen keinen besonders schwerwiegenden, offensichtlichen Fehler dar.
Eine Aufhebung des Bescheides vom 21.01.2004 kann die Klägerin auch nicht im Wege der Anfechtungsklage erreichen (§ 54 Abs 1 SGG), da im Hinblick auf die Rechtskraft des Urteils des Senats vom 24.11.2011 (L 10 AL 64/09) dieses einer erneuten Klage auf Aufhebung des Bescheides entgegen steht (Keller, aaO, § 141 Rn 6a). Wegen der bestandskräftigen Entziehung mit Bescheid vom 21.01.2004 besteht folglich kein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Alhi aus dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid. Insofern kommt bereits deshalb weder die Feststellung eines solchen Anspruchs der Klägerin noch eine Verurteilung bzw. Verpflichtung der Beklagten zur Leistung in Betracht.
Soweit die Klägerin auch ein Untätigkeit der Beklagten rügt und insofern eine Änderung des Bescheides vom 21.01.2004 bzw. eine Nachzahlung von Leistungen nach Nachholung der Mitwirkungshandlungen begehrt, könnte sie damit eine Überprüfung des bestandskräftigen Bescheides vom 21.01.2004 nach § 44 SGB X bzw. einen Antrag auf die Nachzahlung nach § 67 SGB I meinen. Die Zulässigkeit einer diesbezüglichen Untätigkeitsklage setzt jedoch nach § 88 Abs 1 Satz 1 SGG einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes voraus, über den die Beklagte nicht entschieden hat. Entsprechende Anträge der Klägerin wurden aber ausweislich der Akten der Beklagten dort bislang nicht gestellt. Hierauf hat auch das SG hingewiesen. Einen Nachweis oder einen konkreten Vortrag hierzu hat die Klägerin im Berufungsverfahren dennoch nicht erbracht.
Die Berufung war demnach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Entziehungsbescheid vom 21.01.2004 hinsichtlich der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit ab 01.11.2003 bis 22.12.2003.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin auf ihren Antrag vom 18.12.2002 Alhi für die Zeit vom 18.12.2002 bis 03.08.2003 (Bescheid vom 30.01.2003 idF des Bescheides vom 02.07.2003). Für die Zeit vom 10.06.2003 bis 27.06.2003 meldete sich die Klägerin wegen einer beantragten, aber nicht genehmigten Ortsabwesenheit aus dem Leistungsbezug ab. Am 30.06.2003 meldete sie sich erneut persönlich arbeitslos. Die Beklagte bewilligte mit Unterbrechung Alhi für die Zeit ab 28.06.2003 (zuletzt mit Bescheid vom 15.09.2003 für die Zeit ab 02.09.2003). Mit formlosen Schreiben vom 20.11.2003 informierte die Beklagte die Klägerin, dass wegen des Fehlens von Unterlagen und Angaben die Leistung ab 01.11.2003 vorläufig eingestellt werde. Es seien Belege vorzulegen, aus denen sich der Verkehrswert der ausländischen Immobilie ergebe, wie diese finanziert worden sei und wie diese genutzt werde bzw. seit Besitz genutzt worden sei. Bei Unterlassen der geforderten Mitwirkung bis spätestens 12.12.2003 werde die Leistung ganz entzogen. Die Klägerin teilte der Beklagten mit, sie ziehe zum 22.12.2003 nach Polen um. Mangels Mitwirkung entzog die Beklagte die bewilligte Alhi rückwirkend zum 01.11.2003 gemäß § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) mit Bescheid vom 21.01.2004.
U.a. hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und die Zahlung von Alhi vom 01.11.2003 bis 22.12.2003 begehrt (S 13 AL 101/05). Nachdem das SG nur über einen weiteren Streitgegenstand des Verfahrens entschieden hatte (Urteil vom 09.12.2008), hat der Senat im anschließenden Berufungsverfahren (L 10 AL 64/09) - nachdem die Beteiligten mit einem entsprechenden Heraufholen von Prozessresten (konkludent) einverstanden waren - die Klage der Klägerin gegen den Bescheid vom 21.01.2004 abgewiesen (Ziffer II. des rechtskräftigen Urteils vom 24.11.2011). Die Anfechtungsklage, die insofern nach der Konkretisierung durch die Klägerin alleiniges (zulässiges) Klagebegehren sei, sei unzulässig, da der Bescheid mangels Widerspruchseinlegung bestandskräftig geworden sei.
Am 23.04.2012 hat die Klägerin beim SG "Feststellungs-, Untätigkeits- und Verpflichtungsklage wegen des Entziehungsbescheides der Beklagten vom 21.01.2004" erhoben. Sie sei am 23.12.2003 in ihre Heimat zurückgezogen. Der Beklagten sei bekannt gewesen, dass sie dort ein angemessenes Haus besitze. Im Berufungsverfahren L 10 AL 64/09 habe sie mit einer Bescheinigung ihre Eintragung in das Grundbuch nachgewiesen. Aus weiteren vorgelegten Unterlagen folge die Wohnfläche des Hauses mit 100,1 qm. Es werde eigengenutzt. Das Haus sei nicht verwertbar, unabhängig davon, dass für Staatsangehörige aus Nicht-EU-Ländern ihre Wohnhäuser in ihren Heimatländern im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht hätten verwertet werden dürfen. Sie habe alle notwendigen Angaben gemacht, so dass die Beklagte ihren Bescheid ändern und ihren Verpflichtungen nach § 67 SGB I nachkommen müsse. Der angefochtene Bescheid sei abzuändern und Alhi für die Zeit vom 01.11.2003 bis 22.12.2003 zu zahlen. Es handele sich in erster Linie um eine nicht fristgebundene Feststellungsklage und im Anschluss daran um eine Verpflichtungsklage. Die Untätigkeit der Beklagten und die Nichtigkeit des Bescheides vom 21.01.2004 seien festzustellen.
Mit Gerichtsbescheid vom 08.09.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Untätigkeitsklage sei unzulässig, da es insofern an einem offenen Antrag der Klägerin bei der Beklagten fehle. Das Verwaltungsverfahren betreffend die Leistung von Alhi für den Zeitraum 01.11.2003 bis 22.12.2003 sei durch die Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts rechtskräftig abgeschlossen. Die Feststellungsklage sei ebenso unzulässig, da das vorliegende Begehren mit einer Leistungsklage verfolgt werden könne. Für eine zulässige Verpflichtungsklage fehle es an der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens.
Dagegen hat die Klägerin Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Die Feststellungsklage sei zulässig, da das Begehren nicht innerhalb einer Leistungsklage verfolgt werden könne. Unabhängig davon sei sie ihren Mitwirkungspflichten nachgekommen und die Beklagte müsse von Amts wegen die versagten Sozialleistungen nachträglich ganz oder teilweise erbringen. Hier sei die Beklagte untätig.
Die Klägerin beantragt: 1. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 08.09.2014 wird aufgehoben. 2. Es wird festgestellt, dass der angefochtene Bescheid vom 21.01.2004 nichtig ist. 3. Die Beklagte wird unter für nichtig erklärtem bzw. Aufhebung des angefochtenen Bescheides vom 21.01.2004 verurteilt, der Klägerin die Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 01.11.2003 bis 22.12.2003 samt 4% Zinsen ab 01.11.2003 zu bewilligen und auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat sie auf die Ausführungen im Gerichtsbescheid des SG verwiesen.
Mit Beschluss vom 09.11.2015 hat der Senat die Berufung auf den Berichterstatter übertragen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), über die gemäß § 153 Abs 5 SGG durch den Berichterstatter mit den ehrenamtlichen Richtern entschieden werde konnte, ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Streitgegenstand ist vorliegend zunächst der Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des Bescheides vom 21.01.2004. Daneben begehrt die Klägerin alternativ dessen Aufhebung sowie die Zahlung von Alhi für die Zeit vom 01.11.2003 bis 22.12.2003. Aus den Begründungen von Klage und Berufung folgt, dass es ihr zudem um eine Untätigkeitsklage geht.
Eine - nicht fristgebundene - Feststellungsklage nach § 55 Abs 1 Nr 4 SGG (vgl dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 55 Rn 14) in Bezug auf die Nichtigkeit des Bescheides vom 21.01.2004, der einen Verwaltungsakt darstellt, ist bereits unzulässig, da es bei der Klägerin an einem entsprechenden Feststellungsinteresse fehlt. Die Klage gegen den Bescheid vom 21.01.2004 hat der Senat bereits mit Ziffer II. des Urteils vom 24.11.2011 (L 10 AL 64/09) rechtskräftig abgewiesen, so dass diesbezüglich zwischen den Beteiligten bindend feststeht, dass die Entziehung der Leistungen ab 01.11.2003 zu Recht erfolgt ist (§ 77 SGG). Aus der Feststellung der Nichtigkeit könnte die Klägerin daher keine Rechte gegenüber der Beklagten herleiten (vgl LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.12.2007 - L 7 SO 217/07 - juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.06.2007 - L 12 AL 83/06 - juris).
Im Übrigen wäre eine solche Klage jedenfalls unbegründet. Nach § 40 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Ohne Rücksicht auf diese Voraussetzungen ist ein Verwaltungsakt nichtig (§ 40 Abs 2 SGB X), (1.) der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt, (2.) der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt, (3.) den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann, (4.) der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht oder (5.) der gegen die guten Sitten verstößt.
Weder einer der ausdrücklich genannten Nichtigkeitsgründe noch andere Anhaltspunkte liegen vor, aus denen sich die Nichtigkeit der streitgegenständlichen Bescheide ergeben könnte. Alleine - vom Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides aus zu beurteilende (vgl dazu Roos in von Wulffen, SGB X, 7. Auflage, § 40 Rn 4) - mögliche Ermessensfehler oder die Frage, ob die Klägerin ausreichende Unterlagen vorgelegt hatte bzw. die Vorlage von der Beklagten verlangt werden konnte, stellen keinen besonders schwerwiegenden, offensichtlichen Fehler dar.
Eine Aufhebung des Bescheides vom 21.01.2004 kann die Klägerin auch nicht im Wege der Anfechtungsklage erreichen (§ 54 Abs 1 SGG), da im Hinblick auf die Rechtskraft des Urteils des Senats vom 24.11.2011 (L 10 AL 64/09) dieses einer erneuten Klage auf Aufhebung des Bescheides entgegen steht (Keller, aaO, § 141 Rn 6a). Wegen der bestandskräftigen Entziehung mit Bescheid vom 21.01.2004 besteht folglich kein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Alhi aus dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid. Insofern kommt bereits deshalb weder die Feststellung eines solchen Anspruchs der Klägerin noch eine Verurteilung bzw. Verpflichtung der Beklagten zur Leistung in Betracht.
Soweit die Klägerin auch ein Untätigkeit der Beklagten rügt und insofern eine Änderung des Bescheides vom 21.01.2004 bzw. eine Nachzahlung von Leistungen nach Nachholung der Mitwirkungshandlungen begehrt, könnte sie damit eine Überprüfung des bestandskräftigen Bescheides vom 21.01.2004 nach § 44 SGB X bzw. einen Antrag auf die Nachzahlung nach § 67 SGB I meinen. Die Zulässigkeit einer diesbezüglichen Untätigkeitsklage setzt jedoch nach § 88 Abs 1 Satz 1 SGG einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes voraus, über den die Beklagte nicht entschieden hat. Entsprechende Anträge der Klägerin wurden aber ausweislich der Akten der Beklagten dort bislang nicht gestellt. Hierauf hat auch das SG hingewiesen. Einen Nachweis oder einen konkreten Vortrag hierzu hat die Klägerin im Berufungsverfahren dennoch nicht erbracht.
Die Berufung war demnach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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