S 72 KR 2210/13

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
72
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 72 KR 2210/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 521/15
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Beweislastumkehr bei Krankenhausvergütung, wenn sich das Vorliegen der Voraussetzungen für die Auffangversicherung nicht mehr feststellen lässt.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 15.329,51 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.02.2011 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um Krankenhausbehandlungskosten in Höhe von 15.329,51 EUR.

Die Klägerin betreibt das X Krankenhaus in Berlin. Am 06.12.2010 nahm dieses den 1951 ge-borenen Herrn (nachfolgend "Patient") über die Ambulanz als Notfall auf. Der Patient wurde bis zu seinem Tod am 12.12.2010 intensivmedizinisch versorgt. Der Patient war bis 1996 bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Im Jahr 2004 hatte die Beklagte Leistungen gem. § 264 SGB V erbracht. Mit Ablauf des 31.12.2004 endeten sämtliche Betreuungen nach § 264 SGB V – so auch die des Patienten -, weil zum 01.01.2005 das Sozialgesetzbuch 2. Buch - SGB II in Kraft trat. Anschließend wurde der Patient nicht erneut vom SGB XII-Träger bei der Beklagten angemeldet. Im Oktober 2005 hatte der Patient Leistungen nach dem SGB II beim Jobcenter Berlin Mitte beantragt, die aufgrund mangelnder Mitwirkung mit Versagungsbescheid vom 24.11.2005 versagt wurden. Wovon der Patient seinen Lebensunterhalt ab Januar 2004 bestritt, ist nicht bekannt. In der Noteinweisung und dem Patientenstammblatt ist die AOK Berlin-Brandenburg, die Rechtsvorgängerin der Beklagten, als Kostenträgerin angegeben.

Die Klägerin unternahm nach der Aufnahme des Patienten Ermittlungsbemühungen zur Klärung der Frage des zuständigen Kostenträgers. Er wandte sich telefonisch an die Barmer GEK; die TK, die KKH, die BKK City, die IKK, die DAK und die BKK Siemens sowie das Bezirksamt Mitte von Berlin, das Jobcenter Berlin Mitte und die Obdachlosenstelle. Sämtliche Bemühungen blieben ohne Erfolg. Den noch im Dezember 2010 vom Kläger an das Bezirksamt Berlin Mitte gestellten Antrag auf Kostenübernahme lehnte dieses unter Hinweis auf den Nachranggrundsatz des Sozialgesetzbuch 12. Buch – SGB XII mit Schreiben vom 06.01.2011 ab.

Im Januar 2011 übermittelte die Klägerin der Beklagten einen Antrag auf Übernahme der Kosten der stationären Behandlung, den die Beklagte mit Schreiben vom 03.02.2011 ablehnte. Der Patient sei im Oktober 2010 angeschrieben worden, ob die Voraussetzungen für eine Auf-fangversicherung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch 5. Buch – SGB V vorlägen. Er habe hierauf nicht geantwortet. Es bedürfe der Mitwirkung des Patienten. In dem darauf weiter folgenden Schriftverkehr verblieb die Beklagte bei ihrer Position.

Mit ihrer am 25.10.2013 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Er macht geltend, der Patient sei bis 2004 bei der AOK Berlin-Brandenburg gesetzlich kran-kenversichert gewesen, was die Beklagte telefonisch bestätigt habe. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass seit 2004 kein Versicherungsschutz bei einer anderen Krankenkasse bestanden hätte. Die Versicherungspflicht des Patienten ergebe sich aus § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB V. Aufgrund des Untersuchungsgrundsatzes nach § 20 Sozialgesetzbuch 10. Buch - SGB X ob-liege es auch der Beklagten aufzuklären, ob der Patient nach 2004 anderweitig versichert war. Wenn der Beklagten der Nachweis einer anderweitigen Versicherung nicht gelinge, gehe dies zu ihren Lasten. Für die Entstehung der Versicherung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bestehe keine Mitwirkungspflicht des Versicherten. Für die Annahme eines Versicherungsschutzes bei der Beklagten würden ausreichende Anhaltspunkte genügen. Diese lägen hier vor, da die Be-klagte in der Noteinweisung und auf dem Patienten-Stammblatt als Kostenträger angegeben worden sei. Aus § 188 Abs. 4 SGB V könnten keine Rückschlüsse gezogen werden, da es sich insoweit um eine freiwillige Versicherung handele. Von einer freiwilligen Mitgliedschaft sei beim Patienten aber nicht auszugehen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 15.329,51 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.02.2011 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie weist darauf hin, dass der Patient bis 1996 bei ihr versichert gewesen sei und danach bis 2004 nach § 264 SGB V bei ihr gemeldet war. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass nach 1996 keine weitere Krankenversicherung oder Absicherung gegen das Risiko der Krankheit bestanden habe. Wenn ein Versicherter seinen Mitwirkungspflichten nicht nach-komme, könne der Nichtnachweis der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zu Lasten der Beklagten gehen. Die Beklagte sei zur Prüfung der Voraussetzungen auf die Angaben des Betroffenen angewiesen. Der Gesetzgeber habe erst zum 01.08.2013 die Rechtslage mit Einführung der obligatorischen Anschlussversicherung gem. § 188 Abs. 4 SGB V geändert.

In der mündlichen Verhandlung teilte die Beklagte mit, dass aus ihren Unterlagen ersichtlich ist, dass der Patient im Jahr 1996 unverheiratet war.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Be-teiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, weil es sich um einen Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis handelt, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen und die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (vgl. BSG, Urteil vom 17.05.2000, Az.: B 3 KR 33/99 R; BSG, Urteil vom 10.04.2008, Az.: B 3 KR 19/05 R; BSG, Urteil vom 20.11.2008, Az.: B 3 KN 4/08 KR R).

Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 15.329,51 EUR.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Vergütungsanspruch, dessen Höhe rechnerisch nicht angegriffen wird, ist § 109 Abs. 4 SGB V in Verbindung mit § 7 Satz 1 Nr. 2 Krank-hausentgeltgesetz (KHEntgG) sowie dem zwischen den Beteiligten geltenden Krankenhaus-behandlungsvertrag nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V.

Danach entsteht der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung und damit korres-pondierend die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 S 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (stRspr. des BSG, vgl. zuletzt Urteil vom 14.10.2014, B 1 KR 26/13 R, Rn. 8 bei juris m.w.N.). Der Behandlungspflicht zugelassener Krankenhäuser im Sinne von § 109 Abs. 4 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung in §§ 16, 17 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) in der Pflegesatzvereinbarung zwischen Krankenkasse und Krankenhausträger festgelegt wird (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009, Az.: B 3 KR 12/08 R).

Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert dabei in aller Regel mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Demgemäß müssen beim Versicherten bei der Aufnahme in das Krankenhaus grundsätzlich die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sowie Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vorliegen. Eine Krankenkasse ist nach § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm der jeweiligen Pflegesatzvereinbarung verpflichtet, die vereinbarten Entgelte zu zahlen, wenn eine Versorgung im Krankenhaus durchgeführt und iS von § 39 SGB V erforderlich (gewesen) ist (vgl. BSG, Urteil vom 10.04.2008, B 3 KR 19/05 R, Rn. 13 bei juris).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze besteht eine Zahlungspflicht der Beklagten. Streitig sind insoweit allein die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, namentlich, ob im Behand-lungszeitraum eine Mitgliedschaft des Patienten bei der Beklagten bestand.

Unter Würdigung sämtlicher vorliegender Ermittlungsergebnisse und des festgestellten Sach-verhalts spricht viel dafür, dass nach der unstreitig bis 31.12.2004 bestehenden Zuständigkeit der Beklagten für den Patienten keine anderweitige Absicherung des Patienten gegen das Risiko der Krankheit erfolgte und der Patient ab Januar 2005 gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 lit. a SGB V in der in 2010 geltenden Fassung gesetzlich pflichtversichertes Mitglied der Beklagten war. Nach dieser Vorschrift besteht Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung für Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und zuletzt gesetzlich krankenversichert waren. Diese Vorschrift ist im Zusammenhang mit der Konkurrenzregelung des § 5 Abs. 8a SGB V zu lesen. Diese schließt eine Versicherungspflicht gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V aus, wenn die betreffende Person nach Absatz 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 versichert ist. Gleiches gilt für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes.

Nach dem Stand der Ermittlungen gibt es keine Anhaltspunkte für eine anderweitige Absicherung des Patienten im Krankheitsfall seit dem 01.01.2005 oder dafür, dass er nicht "zuletzt" gesetzlich krankenversichert i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 13 lit. a) SGB V gewesen wäre. Der Patient hatte insbesondere keinen Anspruch auf Leistungen zur Hilfe bei Krankheit gem. § 48 SGB XII oder auch nur auf Grundsicherungsleistungen allgemein gem. § 41 Abs. 1 SGB XII.

Anspruchsberechtigt sind nach dieser Vorschrift ältere und dauerhaft voll erwerbsgeminderte Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht aus Einkommen und Vermögen nach den §§ 82 bis 84 und 90 bestreiten können; dies aber nur dann, wenn sie Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beantragen. Folglich ist Voraussetzung für einen Anspruch ein entsprechender Antrag (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.05.2011 (L 12 SO 60/09), Rn. 81 bei juris m.w.N.). Es ist nicht ersichtlich und wird von der Beklagten auch nicht behauptet, dass der Patient einen solchen Antrag nach dem 31.12.2004 gestellt hätte. Das LSG Nordrhein-Westfalen hat in dem zitierten Urteil festgestellt, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der Versicherungspflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V durch § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V abstrakt vom Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall ausgeht, wenn Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII empfangen (d.h. beansprucht) werden können. Der Patient empfing jedoch im Zeitpunkt der stationären Behandlung keine Leistungen nach dem SGB XII, d.h. weder hat sie solche Leistungen tatsächlich erhalten, noch konnte er – mangels konstitutiven Leistungsantrags – Leistungen nach dem SGB XII beanspruchen. Folglich hat die Klägerin auch keinen Anspruch gegen den Sozialhilfeträger gem. § 25 SGB XII, da der Patient nicht leistungsberechtigt war.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Patient aus sonstigem Grunde anderweitig gegen das Risiko der Krankheit abgesichert gewesen wäre. Die von der Klägerin und dem Sozialgericht durchgeführten Ermittlungen bei Krankenkassen, SGB XII-Träger und SGB II-Träger, der Ob-dachlosenstelle und dem Einwohnermeldeamt sind sämtlich erfolglos geblieben. Es war auch nicht zu ermitteln, wo der Patient zuletzt seinen Wohnsitz hatte. Bei dieser Sachlage ist nicht ersichtlich, auf welcher tatbestandlichen Grundlage ein weiteres Krankenversicherungsverhältnis hätte begründet werden können. Ob dies bereits ausreichend ist, das Fehlen einer anderweitigen Absicherung als gegeben anzunehmen (so in einem vergleichbaren Fall Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24. März 2015 – L 1 KR 204/13 –), kann dahin stehen. Denn jedenfalls liegt unter den dargelegten Umständen die Beweislast für eine anderweitige Absicherung bei der Beklagten.

Grundsätzlich geht nach den Grundsätzen der Verteilung der objektiven Beweislast, die die Rechtsprechung des BSG entwickelt hat, die Unerweislichkeit einer Tatsache im Zweifel zu-lasten des Beteiligten, der aus ihr eine ihm günstige Rechtsfolge herleitet (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 27/13 R –, Rn. 18 bei juris m.w.N.). Dies wäre hier die Klägerin.

Eine Beweislastumkehr kann nicht bereits deshalb angenommen werden, wenn die Beklagte ihrer gem. § 20 SGB X bestehenden Amtsermittlungspflicht nur unzureichend nachgekommen wäre (vgl. hierzu LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. November 2007 – L 23 SO 119/06 –, Rn. 25, juris; s. auch BVerwG, Beschluss vom 30. Dezember 1996 – 5 B 202/95 –, Rn. 6, juris). Sie folgt zur Überzeugung der Kammer jedoch aus dem Sinn und Zweck der Auffangversicherung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V und der Systematik der gesetzlichen Regelung.

Die Vorschrift ist mit Wirkung zum 1.4.2007 in das SGB V eingeführt worden (Art. 1 Nr. 2 GKV-WSG). In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/3100 S. 94/95) wird hierzu ausgeführt: "Die Regelung begründet eine Versicherungspflicht für Personen, die keinen Anspruch auf eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall haben und die zuletzt gesetzlich krankenversichert gewesen sind. Hierdurch wird für diesen Personenkreis das politische Ziel der Koali-tionsfraktionen umgesetzt, dass in Deutschland niemand ohne Schutz im Krankheitsfall sein soll. Deutschland hat im Gegensatz zu den meisten anderen europäischen Ländern keine Einwohnerversicherung. Vielmehr wird der Schutz im Krankheitsfall in einem pluralistisch ge-gliederten System gewährt, dessen wesentliche Träger die gesetzliche und die private Kran-kenversicherung sind. Auf Grund des Fehlens einer umfassenden Versicherungspflicht für alle Einwohner ist nicht ausgeschlossen, dass Personen weder die Zugangsvoraussetzungen zur gesetzlichen Krankenversicherung erfüllen, noch die Möglichkeit haben, eine private Kranken-versicherung abzuschließen, beziehungsweise den Versicherungsschutz in ihrem bisherigen System – etwa durch die Nichtzahlung der Beiträge oder Prämien – verloren haben ... Die Zahl der Menschen, die ohne Absicherung im Krankheitsfall sind, hat in den letzten Jahren spürbar zugenommen. In einem modernen Sozialstaat ist es jedoch nicht hinnehmbar, dass eine größere Zahl von Menschen ohne Absicherung im Krankheitsfall ist."

Dieses klare gesetzgeberische Ziel würde verfehlt werden, würde die Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht greifen, wenn zwar ein anderweitiger Krankenversicherungsschutz nicht festgestellt, aber auch nicht sicher ausgeschlossen werden kann. Denn wäre eine Patientin zur Erbringung des Nachweises darüber verpflichtet, dass sie nicht anderweitig abgesichert ist und würde die Auffangversicherung bei fehlendem Nachweis nicht eingreifen, bestünde weiter die Gefahr der Nichtversicherung. Das LSG Berlin-Brandenburg hat in einer solchen Fallkonstellation deshalb auch darauf hingewiesen, dass der Annahme einer Mitgliedschaft gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht entgegen gehalten werden könne, dass die Person die materielle Beweislast für den Tatbestand der Auffangversicherung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V trage, weil sie daraus eine für sie günstige Rechtsfolge herleite, solange sich daraus die Folge ergäbe, dass sie – wenn auch nur vorübergehend – entgegen dem eindeutigen gesetzgeberischen Zweck des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V und des § 193 Abs. 3 VVG ohne Krankenversicherungsschutz bliebe (Beschluss vom 11. Mai 2015 – L 9 KR 103/15 B ER –, Rn. 12, juris).

Für eine Beweislastumkehr spricht weiter die Regelung des § 5 Abs. 8a SGB V, wonach nach Absatz 1 Nr. 13 nur dann keine Versicherungspflicht besteht, wenn eine Absicherung nach Absatz 1 Nr. 1 bis 12 oder nach § 10 SGB V besteht oder wenn Leistungen nach dem SGB XII oder dem Asylbewerberleistungsgesetz bezogen werden. Unter Berücksichtigung des geschilderten Zwecks des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V spricht dies für ein Verständnis des § 5 Abs. 8a SGB V dahin, dass diese Ausschlussvorschrift nur eingreift, wenn einer der Ausschlusstat-bestände – nachgewiesenermaßen – vorliegt.

Dafür, dass die betroffene Person nicht nachweisbelastet ist, spricht schließlich auch die For-mulierung in dem Rundschreiben der Spitzenverbände der Gesetzlichen Krankenkassen vom 20.03.2007 zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung der bisher Nichtversicherten nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V zum 1. April 2007. Dort wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Prüfung der Voraussetzungen zum Vorliegen von Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V und § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 12 SGB XI der zuständigen Krankenkasse obliegt und diese für die Feststellung, ob zuletzt eine gesetzliche oder eine private Krankenversicherung oder keine von diesen Absicherungen im Krankheitsfall bestanden hat, alle ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten auszuschöpfen hat (S. 13, 22). Kann die Krankenkasse danach eine anderweitige Absicherung nicht feststellen, dürfte sie gehalten sein, die Pflichtversicherung durchzuführen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten steht die Regelung des § 188 Abs. 4 SGB V der An-nahme einer Beweislastumkehr bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht entgegen, sondern spricht – im Gegenteil – für eine solche Beurteilung. Zutreffend weist die Klägerin insoweit darauf hin, dass diese Regelung allein die Fortsetzung einer beendeten Versicherungspflicht oder Familienversicherung als freiwillige Versicherung etabliert und deshalb im hier zu beurteilenden Fall, in dem der Patient, soweit bekannt, zuletzt Leistungen nach dem SGB XII bezog und in diesem Rahmen Leistungen der Krankenhilfe über § 48 SGB XII i. V. m. § 264 SGB V erhielt, nicht einschlägig ist. In der Regelung des § 188 Abs. 4 S. 2 SGB V kommt jedoch erneut deutlich das gesetzgeberische Ziel, für jeden Einwohner Krankenversicherungsschutz sicherzustellen, zum Ausdruck. Aus der Gesetzesbegründung zu § 188 Abs. 4 SGB V geht hervor, dass die Einführung der Regelung auf den Erwägungen beruhte, zum einen der Grundsatz des Vorrangs der freiwilligen Versicherung vor der nachrangigen Versicherungspflicht zu stärken und zum anderen die Entstehung hoher Beitragsschulden bei Personen, bei denen die Versicherungspflicht gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V erst zu einem sehr späten Zeitpunkt festgestellt wurde, zu vermeiden (BT-Drs. 17/13947, S. 27). Durch die Regelung des § 188 Abs. 4 SGB V wird das Problem einer unerkannt gebliebenen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung seit 1. August 2013 dadurch verringert, dass der ehemals Pflichtversicherte nach § 188 Abs. 4 Satz 1 SGB V automatisch freiwillig weiterversichert wird. Der Gesetzgeber hat sich, wie aus § 188 Abs. 4 S. 2 SGB V deutlich wird, für den geregelten Fall einer beendeten Versicherungspflicht oder Familienversicherung entschieden, dass eine freiwillige Versicherung nur dann nicht zustande kommt, wenn das Bestehen einer anderweitigen Versicherung vom Mitglied nachgewiesen wird. Er hat damit eine Regelung getroffen, wonach im Zweifel Krankenversicherungsschutz in Form einer freiwilligen Versicherung besteht. Allein die hier getroffene Beurteilung der Beweislast, wonach im Zweifel eine Mitgliedschaft gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V anzunehmen ist, wird der gesetzgeberischen Intention eines lückenlosen Krankenversicherungsschutzes gerecht.

Wenn nach alledem die versicherte Person selbst nicht nachweisverpflichtet ist, muss sich auch ein Krankenhaus bei der Abrechnung auf die Auffangversicherung berufen können, wenn eine anderweitige Absicherung gegen das Risiko der Krankheit nicht festzustellen ist. Eine Ausnahme von der grundsätzlich eintretenden Beweislastumkehr dürfte in Fällen, in denen ein Krankenhaus sich hierauf beruft, lediglich dann gerechtfertigt sein, wenn das Krankenhaus selbst keinerlei Ermittlungen durchgeführt hat und die Wahl des in Anspruch genommenen Krankenversicherungsträgers willkürlich erscheint, d.h. nicht auf einer hinreichenden Tatsa-chengrundlage beruht. Das ist hier jedoch nicht festzustellen. Die Klägerin hat vor Inanspruchnahme der Beklagten umfangreiche Ermittlungen durchgeführt.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 12 Abs. 5 Berliner Vertrages über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung gemäß § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V vom 1. November 1994 (Krankenhausvertrag).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Rechtskraft
Aus
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