L 4 AS 22/15

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 14 AS 3009/12
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 AS 22/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 10. Dezember 2014 und der Bescheid des Beklagten vom 11. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. November 2012 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin unter Abän-derung des Bescheides vom 20. April 2012 für den Zeitraum vom 1. Mai 2012 bis 31. Oktober 2012 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 924,00 EUR zu zahlen.

Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Instanzen zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens um die Höhe der der Klägerin im Zeitraum von Mai bis Oktober 2012 zu bewilligenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).

Die ... geborene Klägerin stand bei dem Beklagten seit Juni 2011 im SGB II-Leistungsbezug. Sie bewohnte zunächst gemeinsam mit ihrer ... geborenen Tochter N. eine Wohnung im Erdgeschoss eines im Eigentum der Eltern der Klägerin stehenden Zweifamilienhauses in L ... Hierzu existiert ein schriftlicher "Mietvertrag 2011" zwischen der Klägerin und ihrem Vater, wonach die Klägerin ab 1. Januar 2011 eine monatliche Gesamtmiete in Höhe von 286,00 EUR zu zahlen habe (Grundmiete: 156,00 EUR; Betriebskosten: 130,00 EUR). Mit Wirkung vom 1. September 2011 erhöhte sich die Betriebskostenvorauszahlung auf monatlich 140,00 EUR, wovon 94,08 EUR auf Heizkosten entfielen. Die Warmwasserbereitung erfolgte durch eine Gastherme. Mit dem Gasversorger hatte die Klägerin einen gesonderten Vertrag abgeschlossen.

Im Bewilligungsbescheid vom 13. Oktober 2011 (Bewilligungszeitraum Juni bis Oktober 2011) teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass die Heizkosten unangemessen und deshalb nur für einen befristeten Zeitraum als Bedarf anzuerkennen seien. Die Klägerin wurde aufgefordert, die derzeitigen Kosten der Unterkunft spätestens bis 30. April 2012 auf ein angemessenes Maß zu senken. Andernfalls müsse die Klägerin den Differenzbetrag zwischen tatsächlichen und angemessenen Kosten der Unterkunft selbst tragen. Angemessen seien Heizkosten nach dem bundesweiten Heizspiegel für einen Zweipersonenhaushalt mit angemessener Wohnfläche von 60 m².

Die Tochter N., die seit 2008 an der Fachhochschule A. in B. studierte, meldete sich zum 24. November 2011 mit ihrem Hauptwohnsitz nach B. um. Sie hatte dort bereits 2008 eine Mietwohnung bezogen und seitdem die Klägerin jeweils am Wochenende in L. besucht. Auf das Konto der Klägerin wurden monatlich 184,00 EUR Kindergeld für die Tochter überwiesen.

Mit Bescheid vom 20. April 2012 bewilligte der Beklagte der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Oktober 2012 Leistungen in Höhe von monatlich 482,43 EUR, wovon 228,60 EUR auf den Regelbedarf (einschließlich eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs in Höhe von 8,60 EUR) und 253,83 EUR auf die Kosten für Unterkunft und Heizung entfielen. Als Einkommen der Klägerin berücksichtigte der Beklagte das – um eine Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 EUR "bereinigte" – Kindergeld für ihre Tochter. Der Bescheid enthielt einen Hinweis auf die Kostensenkungsaufforderung vom 13. Oktober 2011. Auf dieser Grundlage erhalte die Klägerin ab Mai 2012 nur noch die angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung; demgemäß wurden Heizkosten lediglich in Höhe von 70,83 EUR berücksichtigt.

Am 3. September 2012 beantragte die Klägerin eine Überprüfung "aller ab 01.01.2011 erlassenen Bescheide" nach § 44 des Zehntes Buchs Sozialgesetzbuch – Sozialverwal-tungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Auf Nachfrage des Beklagten konkretisierte die Klägerin am 19. September 2012 ihr Begehren dahingehend, dass sie sich gegen die Anrechnung des Kindergeldes als Einkommen wende. Das Kindergeld sei für ihre Tochter bestimmt; sie müsse deren sämtliche Ausgaben (wie Miete, Versicherungen und Studienge-bühren) zahlen, da ihre Tochter keine anderen Zuwendungen erhalte.

Mit Bescheid vom 11. Oktober 2012 lehnte der Beklagte den Antrag auf Überprüfung des "Bescheides vom 20.04.2012" ab: Das Kindergeld werde dem Kindergeldberechtigten zugeordnet und sei demgemäß bei der Klägerin als Einkommen zu berücksichtigen.

Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch: Sie verfüge nicht über anrechenbares Einkommen aus Kindergeld. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 8 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) sei das Kindergeld für Kinder des Hilfebedürftigen, soweit es nachweislich an das nicht in seinem Haushalt lebende Kind weitergeleitet werde, nicht als Einkommen bedarfsmindernd anzurechnen. Der Lebensmittelpunkt der an der Fachhochschule A. studierenden Tochter sei der Studienort B. gewesen. Das Kindergeld werde durch direkte Zahlungen der Miete am Studienort, die Übernahme von Studiengebühren und Versicherungsbeiträgen von der Klägerin weitergeleitet. Diese Weiterleitung sei mittels Kontoauszügen belegt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 8. November 2012 wies der Beklagte den Widerspruch zurück: Das Kindergeld werde nicht an die Tochter weitergeleitet. Mit der Verwendung zur Zahlung der Miete und weiterer Verbindlichkeiten würden keine Unterhaltspflichten erfüllt. Die Unterhaltspflicht bestehe unabhängig vom Kindergeld. Das Kindergeld werde lediglich auf die Unterhaltssumme angerechnet. Darüber hinaus solle das volljährige Kind selbst über das Kindergeld verfügen können.

Die Klägerin hat am 10. Dezember 2012 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Dessau-Roßlau erhoben, mit der sie die Gewährung von Leistungen ohne Anrechnung des Kindergeldes als Einkommen – im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Argumentation im Widerspruchs-verfahren – weiterverfolgt. Ergänzend hat sie eine Verletzung der Aufklärungs- und Bera-tungspflicht des Beklagten gerügt. Darüber hinaus hat sie im Verlauf des sozialgerichtlichen Verfahrens zusätzlich auch die Übernahme der tatsächlichen Heizkosten in Höhe von 94,08 EUR ab September 2012 geltend gemacht; der Beklagte sei mit dem angegriffenen Bescheid wieder insgesamt in die Sachprüfung eingestiegen.

Mit Urteil vom 10. Dezember 2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass sich die Überprüfung der Leistungsbewilligung auf Grundlage von § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Verbindung mit § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X nur auf die Anrechenbarkeit des Kindergeldes als Einkommen auf den Regelbedarf beziehe. Hierauf sei der Prüfauftrag für das Überprüfungsverfahren bis zur letzten Verwaltungsentscheidung ausdrücklich beschränkt worden. Eine Erweiterung auf die Kosten der Unterkunft erst im Klageverfahren sei nicht zulässig. Der Beklagte habe das Kindergeld in Höhe von monatlich 184,00 EUR (bereinigt um die Versicherungspauschale) zu Recht als Einkommen nach §§ 11 Abs. 1, 19 Abs. 3 Satz 2 SGB II auf den Regelbedarf angerechnet. Grundsätzlich sei dem Kindergeldberechtigten das Kindergeld entsprechend den Regeln des § 62 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Einkommen zuzurechnen. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 8 Alg II-V sei Kindergeld für Kinder des Hilfebedürftigen, soweit es nachweislich an das nicht im Haushalt lebende Kind weitergeleitet werde, nicht als Einkommen anzurechnen. Diese Norm sei als Ausnahmevorschrift zu § 11 SGB II nicht erweiternd auszulegen, so dass eine nur mittelbare Zuwendung durch Begleichung von Verbindlichkeiten davon nicht erfasst sei. Das Kindergeld sei auf das Konto der Klägerin überwiesen worden und dementsprechend der Klägerin zugeflossen. Die Abzweigungsmöglichkeit gemäß § 74 Abs. 1 Satz 3 EStG habe die Klägerin nicht in Anspruch genommen. Im Übrigen sei der Vortrag, dass nur das Kindergeld für die Begleichung der Fixkosten zur Verfügung gestanden habe, zweifelhaft, da auf den Kontoauszügen für frühere Monate Unterhaltszahlungen des Kindsvaters von monatlich 290,00 EUR ersichtlich seien.

Gegen das ihr am 22. Dezember 2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 16. Januar 2015 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, die vom SG vorgenommene Auslegung von § 1 Abs. 1 Nr. 8 Alg II-V widerspreche dem Sinn und Zweck der Norm. Nach der Vorschrift sei sicherzustellen, dass das Kindergeld im Falle der Hilfebedürftigkeit ausschließlich dem Kind zur Verfügung stehe; der Kindergeldberechtigte habe den Steuervorteil des Kindergeldes im Falle einer Hilfebedürftigkeit bei bestehender Unterhaltspflicht dem Kind auch aus einkommensteuerrechtlicher Sicht weiterzuleiten; (nur) wenn dies nicht geschehe, sei eine Einkommensanrechnung vorzunehmen. Die "exorbitante Anforderung" einer separaten Abzweigung wäre bloße Förmelei und mit erheblichem Aufwand verbunden. Darüber hinaus sei der Beklagte seiner Aufklärungs- und Beratungsfunktion nicht nachgekommen, woraus sich ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch ableite. Aus der Vielzahl eingereichter Unterlagen habe der Beklagte erkennen können, dass das Kindergeld zur Erbringung des Unterhalts von der Klägerin verwendet worden sei; vor diesem Hintergrund hätte ein Hinweis zur Abzweigung erteilt werden müssen. Im Übrigen hat die Klägerin erklärt, dass die Übernahme der tatsächlichen Heizkosten nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens sei.

Die Klägerin beantragt sinngemäß nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,

das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 10. Dezember 2014 und den Bescheid des Beklagten vom 11. Oktober 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. November 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom 20. April 2012 für den Zeitraum vom 1. Mai 2012 bis 31. Oktober 2012 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in gesetzlicher Höhe zu zahlen.

Der Beklagte beantragt sinngemäß nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf die Ausführungen im Urteil des SG. Das Vorbringen zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch sei im Übrigen nicht hinreichend substantiiert.

Die Klägerin hat am 21. Juni 2016 durch Vorlage entsprechender Kontoauszüge für den streitgegenständlichen Zeitraum Zahlungen an die GW. in Höhe von 222,00 EUR am 4. Mai sowie in Höhe von je 202,00 EUR am 5. Juni, 3. Juli, 3. August, 3. September und 5. Oktober 2012 belegt. Als Zahlungsgrund war dabei jeweils "Miete N." mit der Angabe des betreffenden Monats vermerkt. Weiterhin hat sie durch die Vorlage der Kontoauszüge Zahlungen in Höhe von je 34,00 EUR an die Stadtwerke B. am 4. Mai, 3. Juli und 5. Oktober 2012 sowie in Höhe von 52,00 EUR am 16. Oktober 2012 (jeweils mit der Angabe des Namens "N." als Zahlungsgrund) nachgewiesen. Am 12. September 2012 erfolgte nach den Kontoauszügen der Klägerin eine Überweisung in Höhe von 40,00 EUR an die Hochschule Anhalt, ebenfalls mit der Angabe "N." im Verwendungszweck.

Der Senat hat in der nichtöffentlichen Sitzung vom 14. Juli 2016 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin N ... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 14. Juli 2016 (Blatt 120 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Beratung des Senats. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwal-tungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Berufung der Klägerin ist form- und fristgemäß gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsge-setz (SGG) erhoben worden. Sie ist auch statthaft im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Der Wert des Beschwerdegegenstandes liegt über 750,00 EUR. Die Klägerin begehrt für den gesamten sechsmonatigen Bewilligungszeitraum höhere Leistungen durch die Nichtberücksichtigung des monatlichen Kindergeldes für ihre Tochter in Höhe von 184,00 EUR als Einkommen. Der Beklagte hat insoweit für jeden Monat einen Betrag in – bereinigter – Höhe von 154,00 EUR angerechnet. Somit zielt das Begehren der Klägerin im Ergebnis auf eine um 154,00 EUR höhere monatliche Leistungsbewilligung ab, woraus sich ein Wert des Beschwerdegegenstandes in Höhe von insgesamt 924,00 EUR ergibt.

2. Der Senat konnte mit dem im Termin vom 14. Juli 2016 erklärten Einverständnis der Beteiligten (Blatt 121 Rückseite der Gerichtsakte) gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.

3. Die Klage ist zulässig, insbesondere als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 54 Rn. 20c m. w. N.) statthaft (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4, § 56 SGG). Bei Klagen wegen Ansprüchen nach § 44 SGB X hat das Gericht auf die Anfechtungsklage über die Ablehnung des geltend gemachten Anspruchs auf Rücknahme zu entscheiden. Auf die mit dieser Anfechtungsklage verbundene Verpflichtungsklage wird über die Verpflichtung des Beklagten zur Rücknahme des früheren Verwaltungsakts und auf eine weitere Verpflichtungsklage die Pflicht zur Neufeststellung ausgeurteilt, sofern nicht diese zweite Verpflichtungsklage – wie hier – entsprechend § 54 Abs. 4 SGG durch eine allgemeine Leistungsklage konsumiert wird (Keller, a. a. O.).

4. Die Klage ist auch begründet. Die durch den angefochtenen Überprüfungsbescheid vom 11. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. November 2012 ausgesprochene Ablehnung der Rücknahme der Bewilligungsentscheidung vom 20. April 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Klägerin hat einen Anspruch auf die teilweise Rücknahme des ursprünglichen Bewilli-gungsbescheides vom 20. April 2012 und auf die Gewährung höherer Leistungen nach dem SGB II ohne Berücksichtigung des (bereinigten) Kindergeldes als Einkommen. Das klageab-weisende Urteil des SG war aufzuheben und der Beklagte antragsgemäß zur Zahlung weiterer Leistungen in der austenorierten Höhe zu verurteilen.

a) Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Verbindung mit § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergan-genheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwal-tungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Erfolgt die Überprüfung aufgrund eines Antrages des Leistungs-berechtigten, löst dieser Antrag zwar grundsätzlich eine Prüfpflicht des Leistungsträgers aus. Der Antrag bestimmt jedoch zugleich auch den Umfang des Prüfauftrags der Verwaltung im Hinblick darauf, ob bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist. Aufgrund oder aus Anlass des Antrags muss sich die Verwaltung im Einzelfall objektiv erschließen, aus welchem Grund – Rechtsfehler und/oder falsche Sachverhaltsgrundlage – nach Auffassung des Leistungsbe-rechtigten eine Überprüfung erfolgen soll. Dazu muss der Antrag konkretisierbar sein, d.h. entweder aus dem Antrag selbst – gegebenenfalls nach Auslegung – oder aus einer Antwort des Leistungsberechtigten aufgrund konkreter Nachfrage des Sozialleistungsträgers muss der Umfang des Prüfauftrags für die Verwaltung bis zum Abschuss des Widerspruchsverfahrens erkennbar werden. Ist dies nicht der Fall, ist der Sozialleistungsträger berechtigt, von einer inhaltlichen Prüfung dieses Antrags abzusehen. Diese Begrenzung des Prüfauftrags der Verwaltung wird durch den Wortlaut, die Gesetzesbegründung sowie den Sinn und Zweck des § 44 SGB X gestützt (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 13. Februar 2014, B 4 AS 22/13 R, juris).

Da die Klägerin den Prüfauftrag vorliegend bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides (als letzter Verwaltungsentscheidung) auf die Problematik der Anrechnung des Kindergeldes als Einkommen begrenzt hatte, konnte sich der Beklagte daher zu Recht auf eine diesbezügliche Überprüfung beschränken. Dieser Gesichtspunkt war nach der konkreten Begründung des Bescheides vom 11. Oktober 2012 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. November 2012) – zutreffenderweise – alleiniger Gegenstand der Entscheidungen des Beklagten. Hierauf ist mithin auch die gerichtliche Sachprüfung beschränkt, da der Gegen-stand des gerichtlichen Verfahrens durch denjenigen des vorangegangenen Verwaltungsver-fahrens und die dabei ergangene behördliche Entscheidung bestimmt wird. Darüber hinaus hat die Klägerin – zuletzt im Termin vom 14. Juli 2016 – nunmehr auch im Berufungsverfahren eine ausdrückliche Beschränkung auf den Umstand der Anrechnung des Kindergeldes als Einkommen erklärt. Bei den somit nicht zur Überprüfung gestellten Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 1 SGB II handelt es sich im Übrigen nach der ab 1. Januar 2011 geltenden Rechtslage – auch "außerhalb" des Zugunstenverfahrens gemäß § 44 SGB X – weiterhin um einen "abtrennbaren" Streitgegenstand (BSG, Urteil vom 17. Februar 2016 – 4 AS 12/15 R).

b) Der Beklagte hat der Klägerin durch unrichtige Rechtsanwendung zu Unrecht zu geringe SGB II-Leistungen bewilligt.

aa) Die Klägerin ist dem Grunde nach leistungsberechtigt nach §§ 7 ff. SGB II. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Berechtigt, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu erhalten, sind nach § 7 Abs. 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Erwerbsfähig ist nach § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Die Klägerin hatte im streitigen Zeitraum das 15. Lebensjahr vollendet, die Altersgrenze nicht erreicht und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Sie war auch erwerbsfähig und verfügte nicht über zu berücksichtigendes Vermögen im Sinne von § 12 SGB II. Auch berücksichtigungsfähiges Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 SGB II hat sie – trotz des Bezuges von Kindergeld für ihre Tochter – nicht erzielt.

bb) Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen zu berücksichtigen. Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II sind laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Auch Kindergeld ist als Einkommen zu berücksichtigen, wie sich aus § 11 Abs. 1 Satz 4 in Verbindung mit Satz 3 SGB II ergibt. Dort ist geregelt, dass Kindergeld unter bestimmten Voraussetzungen als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen ist. Aus dem Gesetz folgt somit, dass Kindergeld Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist. Zu entscheiden ist lediglich, ob die Einkommensanrechnung beim Kindergeldberechtigten (oder beim Kind) zu erfolgen hat.

(1) Eine Ausnahme von der Berücksichtigung des Kindergeldes als Einkommen ergibt sich nicht aus § 11a SGB II. In Betracht kommt einzig die Regelung in § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II. Danach sind Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, nur so weit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Leistungen nach diesem Buch im Einzelfall demselben Zweck dienen. Kindergeld kann bereits gesetzessystematisch nicht unter diese Ausnahmeregelung gefasst werden, weil andernfalls die gesetzgeberische Entscheidung in § 11 Abs. 1 Satz 4 SGB II, dass Kindergeld Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist, gegenstandslos würde. Auch das BSG hat bereits bestätigt, dass das Kindergeld der Existenzsicherung des Kindes dient (vgl. BSG, Urteil vom 10. Mai 2011, B 4 AS 11/10 R, juris) und damit der Sicherung des Lebensunterhaltes wie das Arbeitslosengeld II (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 1 und 3 SGB II) oder das Sozialgeld (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB II). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) wiederum hat es als verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden angesehen, dass es sich beim Kindergeld auch nicht teilweise um eine anderen Zwecken als die Leistungen des SGB II dienende Einnahme handelt, die nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a SGB II (in der bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung, im Folgenden: a. F.) – als zweckbestimmte Einnahme – anrechnungsfrei bleiben müsste (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. März 2010, 1 BvR 3163/09, juris). § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a SGB II a. F. war die weiter gefasste Vorgängerregelung zu der seit 1. April 2011 geltenden Regelung in § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II.

Auch aus den Regelungen in § 62 Abs. 1 EStG und § 1 Abs. 1 des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) ergibt sich kein anderes Ergebnis. In beiden Regelungen ist festgelegt, wer das Kindergeld "für Kinder" oder "für seine Kinder" erhält. Daraus folgt aber nicht, dass Kindergeld einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II, hier den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, dient. Es dient vielmehr der Bedarfsdeckung der Kinder. Wegen der übereinstimmenden Zweckbestimmungen von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II einerseits und Kindergeld andererseits verbleibt es nach den Regelungen und der Systematik des SGB II dabei, dass Kindergeld als Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu behandeln ist. Lediglich im Rahmen von § 11 Abs. 1 Satz 4 SGB II und § 1 Abs. 1 Nr. 8 ALG II-V ist zu klären, ob es als Einkommen beim Kindergeldempfänger oder beim Kind zu berücksichtigen ist (siehe hierzu ausführlich unten unter [3]; vgl. im Übrigen Sächsisches Landessozialgericht [SächsLSG], Beschluss vom 18. Juli 2012, L 3 AS 148/12 B ER, juris).

(2) Das Kindergeld ist nicht nach der Ausnahmeregelung des § 11 Abs. 1 Satz 4 SGB II der Tochter der Klägerin als Einkommen zuzurechnen. Denn dies setzt voraus, dass sie zur Bedarfsgemeinschaft der Klägerin gehört. Zur Bedarfsgemeinschaft des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (vgl. § 7 Abs. 3 Nr. 1 SGB II) gehören gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II die seinem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können. An dieser Haushaltszu-gehörigkeit fehlte es bei der Tochter der Klägerin spätestens ab November 2011, als sie ihren Hauptwohnsitz "endgültig" an den Studienort B. verlegt hatte.

(3) Vorliegend greift indes die Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 1 Nr. 8 Alg II-V ein, nach welcher das Kindergeld als Einkommen nicht der Klägerin, sondern ihrer Tochter zuzurechnen ist, so dass keine Berücksichtigung im Hinblick auf die Leistungsbewilligung durch den Beklagten zu erfolgen hat. Nach dieser Vorschrift ist – außer den in § 11a SGB II genannten Einnahmen – Kindergeld für Kinder des Hilfebedürftigen, soweit es nachweislich an das nicht im Haushalt des Hilfebedürftigen lebende Kind weitergeleitet wird, nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Nach dem Vorbringen der Beteiligten steht – insbesondere auch im Ergebnis des Termins vom 14. Juli 2016 – allein noch diese Rechtsfrage in Streit, ob die – als solche unbestrittene – Begleichung monatlicher Verbindlichkeiten der Tochter durch die Klägerin die Voraussetzungen einer Weiterleitung im hier maßgebenden Sinne erfüllt.

Die Regelung in § 1 Abs. 1 Nr. 8 Alg II-V ist von der Verordnungsermächtigung in § 13 Abs. 1 Nr. 1 SGB II gedeckt. Darin wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen ohne Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung u. a. zu bestimmen, welche weiteren Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind. Dies ist u. a. mit der Regelung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 8 Alg II-V geschehen (s. hierzu auch SächsLSG, a. a. O.).

Zur Überzeugung des Senats ist vorliegend eine Weiterleitung des an die Klägerin gezahlten Kindergeldes an ihre Tochter im Sinne der genannten Norm erfolgt. "Weiterleiten an das Kind" im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 8 Alg II-V bedeutet, dass das Kindergeld so in den Bereich des (volljährigen) Kindes gelangt, dass es zur Existenzsicherung des Kindes, d.h. zur Deckung seiner Bedarfe, eingesetzt werden kann. Wenn hingegen die Bedarfe des Kindes durch Leistungen Dritter, zum Beispiel von sonstigen Familienangehörigen, gedeckt werden und das Kindergeld später nur an diese Dritten zur Refinanzierung der zuvor von diesen an das Kind erbrachten Leistungen dienen, erfolgt keine Weiterleitung "an das Kind". Von einer Weiterleitung kann im Übrigen nur gesprochen werden, wenn diese zeitnah innerhalb eines Monats nach Auszahlung oder Überweisung des Kindergeldes erfolgt (Sächsisches LSG, a. a. O.).

Zur Überzeugung des Senates steht fest, dass die Klägerin den vollständigen Kindergeldbe-trag in jedem der streitgegenständlichen Monate unmittelbar für die grundlegende soziokultu-relle Existenzsicherung ihrer Tochter (einschließlich der Gewährleistung der Absolvierung des Studiums) eingesetzt hat. Dies ist durch die im Berufungsverfahren vorgelegten Kontoauszüge der Klägerin nachgewiesen worden. Hieraus sind die monatlichen Abbuchungen der von der Tochter zu zahlenden Beträge für die Miete der Wohnung in B., die schon allein den Kindergeldbetrag übersteigen, vom Konto der Klägerin (unter ausdrücklicher Angabe des Verwendungszwecks bzw. Zahlungsgrundes) für den streitgegenständlichen Zeitraum Mai bis Oktober 2012 lückenlos ersichtlich. Hinzu kommen die – ebenfalls durch die Kontoauszüge belegten – Zahlungen an die Stadtwerke B. (im Zweimonatsrhythmus) sowie die fälligen Studiengebühren. Mit den genannten Zahlungen auf finanzielle Verpflichtungen der Tochter war das monatliche Kindergeld bereits (mehr als) vollständig aufgebraucht.

Dem vollständigen Verbrauch des Kindergeldes durch die Begleichung von Verbindlichkeiten der Tochter stehen auch nicht Unterhaltszahlungen des Kindsvaters entgegen. Abgesehen davon, dass sich aus den vorliegenden Unterlagen keine "lückenlose" regelmäßige Leistung dieser Zahlungen (monatlich 290,00 EUR) ersehen lässt, waren diese bereits durch eine ebenfalls (jeweils am Monatsanfang) erfolgte "Weiterleitung" eines Betrages von 300,00 EUR an die Tochter zwecks Bestreitung ihrer sonstigen regelmäßigen Ausgaben (z. B. für Lebensmittel, Benzinkosten, Autoversicherung und Lehrbücher) "verbraucht", was im Übrigen von der Tochter in ihrer Zeugenvernehmung bestätigt worden ist und zwischen den Beteiligten nicht streitig ist.

Dem Vorbringen der Klägerin steht es nicht entgegen, dass die monatlichen Überweisungen auf die regelmäßigen finanziellen Verpflichtungen der Tochter für Miete, Studiengebühren und Zahlungen an die Stadtwerke den monatlichen Kindergeldbetrag überschritten haben, obwohl sich die Klägerin als SGB II-Leistungsbezieherin selbst in einer schwierigen finanziellen Situation befunden hat. Es lässt sich aus den Kontoauszügen von Juni bis September 2011 ersehen, dass der Vater der Klägerin mehrmals einen höheren Betrag (500,00 EUR) als "rückzahlbare Stütze" an die Klägerin überwiesen hat (vgl. zur Nichtberücksichtigung solcher Verwandtendarlehen mit Rückzahlungsverpflichtung als Einkommen: BSG, Urteil vom 17. Juni 2010, B 14 AS 46/09 R, juris). Durch die gelegentliche (darlehensweise) finanzielle Unterstützung seitens ihres Vaters, die im Übrigen auch von der Klägerin selbst und der Tochter im Termin vom 14. Juli 2016 bestätigt worden ist, war die Liquidität der Klägerin trotz ihrer nicht unerheblichen Beiträge zur Finanzierung des Studiums der Tochter und auch bei ggf. nicht rechtzeitigen Unterhaltszahlungen des Kindsvaters sichergestellt. Aus den nach Aktenlage ersichtlichen Gesamtumständen ergibt sich darüber hinaus ein nachvollziehbares Gesamtbild, nach dem die Klägerin in erster Linie um die Sicherstellung einer angemessenen Ausbildung ihrer Tochter (als Voraussetzung einer positiven wirtschaftlichen und sozialen Lebensperspektive) bemüht und in diesem Zusammenhang auch bereit war, sich in ihrer eigenen Lebensführung materiell einzuschränken. Vor diesem Hintergrund sieht der Senat keinen Widerspruch zwischen dem – insbesondere auch durch die Kontoauszüge belegten – Vorbringen der Klägerin und ihrer generellen finanziellen Lage.

Mit der somit im Ergebnis jedenfalls gegebenen – vollumfänglichen – "Nutzung" des monatli-chen Kindergeldes von 184,00 EUR allein schon für die (durchgehend innerhalb desselben Monats überwiesene) monatliche Miete der Tochter in Höhe von mindestens 202,00 EUR steht die ausschließliche Verwendung des Kindergeldes für grundlegende Bedarfe der Tochter fest. Damit wurde es tatsächlich zur Existenzsicherung des Kindes eingesetzt. Es fand auch nicht lediglich eine "Refinanzierung" bzw. Erstattung von durch dritte Personen (zuvor) erbrachten Leistungen statt, sondern die Zahlungen erfolgten unmittelbar auf Verbindlichkeiten der Tochter im Zusammenhang mit der Absicherung der grundlegenden Lebensbedürfnisse, insbesondere des Wohnens.

Einer "Weiterleitung an das Kind" kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass das Kindergeld – anders als bei einer Überweisung oder sonstigen "unmittelbaren" Zahlung an die Tochter selbst – nicht in der Weise in ihren Verfügungsbereich gelangt wäre, dass sie eigenverantwortlich über dessen Verwendung hätte entscheiden können. Denn aus den Gesamtumständen lässt sich ohne weiteres entnehmen, dass die direkten Überweisungen an den Vermieter (sowie an die Stadtwerke und die Fachhochschule) in ihrem Interesse und mit ihrem Willen vorgenommen wurden. Es ergibt sich danach in der Sache kein Unterschied zu einer Konstellation, in welcher die Klägerin das Kindergeld zunächst durch Überweisung oder Barzahlung an ihre Tochter weitergeben und diese sodann mit diesen Geldmitteln selbst die Zahlungen an "Dritte" vornehmen würde. Die "Direktüberweisung" an den Vermieter läuft wirtschaftlich auf das gleiche Ergebnis hinaus; sie "überspringt" lediglich einen "Zwischenschritt". Mit diesem Zwischenschritt der zunächst erfolgenden Übergabe bzw. Überweisung an die Tochter, welche sodann hiermit die Mietzahlung bestreitet, wäre nach den oben dargestellten Grundsätzen eine Weiterleitung ohne weiteres gegeben. Eine Auslegung, nach welcher eine "Weiterleitung" nur wegen des Fehlens dieses "Zwischenschritts" nicht gegeben sein sollte, würde sich vor diesem Hintergrund als bloße "Förmelei" darstellen. In wirtschaftlicher und materiellrechtlicher Hinsicht können zur Überzeugung des Senates beide Varianten nicht unterschiedlich beurteilt werden. Es ist ersichtlich nicht Sinn und Zweck des § 1 Abs. 1 Nr. 8 Alg II-V, Eltern und Kinder zu einer möglichst großen Zahl von "Geldbewegungen" anzuhalten, wenn das ökonomisch identische Ergebnis auch durch eine (vom Elternteil aus dem Kindergeld finanzierte) einfache "Direktleistung" an einen Gläubiger des Kindes erfolgen kann. Nach alledem ist auch in der hier gegebenen Sachver-haltskonstellation von einer "Weiterleitung" im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 8 Alg II-V auszugehen, so dass eine Berücksichtigung des Kindergeldes als Einkommen nicht zu erfolgen hat. Auf die – von der Klägerin aufgeworfene – Frage eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kommt es nicht mehr an.

cc) Damit ergibt sich für alle Monate in dem hier in Rede stehenden Bewilligungszeitraum von Mai bis Oktober 2012 folgende Berechnung: Der Bedarf setzt sich zusammen aus dem Regelbedarf von 374,00 EUR, einem ernährungsbedingten Mehrbedarf von 8,60 EUR und angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 253,83 EUR. Hieraus resultiert eine Gesamtbedarfssumme in Höhe von 636,43 EUR. Berücksichtigungsfähiges Einkommen hat die Klägerin hingegen nicht erzielt, so dass sie einen monatlichen Leistungsanspruch in Höhe dieser Gesamtbedarfssumme hat. Im Hinblick auf die bereits bewilligten und gezahlten monatlichen Leistungen in Höhe von je 482,43 EUR ergibt sich ein zusätzlicher Leistungsanspruch in Höhe von 154,00 EUR monatlich, also in Höhe von insgesamt 924,00 EUR für den sechsmonatigen Bewilligungszeitraum. Dieser Betrag entspricht der bislang vom Beklagten – zu Unrecht – angerechneten Kindergeldzahlung abzüglich der Versicherungspauschale von 30 EUR (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

5. Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG liegt nicht vor. Die Revision war insbesondere auch nicht gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Es geht vorliegend um die Frage, ob unter den konkreten Umständen des hier zu entscheidenden Einzelfalls eine "Weiterleitung" im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 8 Alg II-V gegeben ist.
Rechtskraft
Aus
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