Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 22 AS 6307/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 5168/15 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes im Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 2. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung des Antragsgegners zur Unterlassung der Äußerung, er sei Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft mit Frau M. B. und den gemeinsamen drei Kindern.
Mit an Frau M. B. gerichtetem Ablehnungsbescheid vom 23.09.2015 führte der Antragsgegner unter anderem aus: " Herr H. ist Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, sodass auch seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse ebenfalls Berücksichtigung finden".
Am 23.11.2015 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Stuttgart (SG) beantragt, durch Erlass einer einstweiligen Anordnung dem Antragsgegner die zitierte Äußerung zu untersagen. Dass er Mitglied der Bedarfsgemeinschaft sei, werde sowohl von ihm als auch von Frau B. bestritten. Es handle sich bei dieser Äußerung um eine Behauptung des Antragsgegners, die jeglicher Grundlage entbehre. Eine bloße Vermutung werde als Tatsache behauptet. Dabei handle es sich um eine vorsätzliche Falschbehauptung ohne jeglichen Beweis, die nur dem Ziel diene, Frau B. und den Kindern Leistungen zu verweigern. Da es sich bei dem Bescheid um eine behördliche Urkunde handle, bestehe auch der Verdacht der Urkundenfälschung im Amt. Er beantrage, dem Antragsgegner bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 5.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu untersagen, wörtlich oder sinngemäß die genannte Behauptung weiterhin aufzustellen und zu verbreiten. Frau B. sei als Zeugin zu einem Termin zu laden.
Mit Beschluss vom 02.12.2015 hat das SG den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes abgelehnt. Zum einen handle es sich bei der angegriffenen Behauptung nicht um eine dem Wahrheitsbeweis zugängliche Tatsachenbehauptung im eigentlichen Sinne, sondern um eine der rechtlichen Bewertung und Würdigung unterliegende Äußerung und Fragestellung. Zum anderen sei eine besondere Eilbedürftigkeit bereits nicht ersichtlich. Der Antrag lasse schon nicht erkennen, dass ohne die begehrte einstweilige Regelung wesentliche Nachteile entstehen könnten. Die im Verwaltungs- (und Gerichts-)verfahren seitens des Antragsgegners getroffenen Äußerungen unterlägen in den einzelnen auf die Gewährung von Leistungen gerichteten Verfahren der gerichtlichen Überprüfung, Bewertung und Würdigung.
Hiergegen richtet sich die am 08.12.2015 beim SG ohne Begründung eingelegte Beschwerde des Antragstellers.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Vorliegend wendet sich der Antragsteller nicht gegen einen Verwaltungsakt des Antragsgegners. Er bezieht sich zwar auf einen Bescheid vom 23.09.2015, wendet sich aber nicht gegen die damit getroffene Regelung, nämlich die an Frau B. gerichtete Ablehnung eines Antrages, sondern gegen ein vom Antragsgegner aufgeführtes Begründungselement in dem Bescheid und begehrt die Verpflichtung des Antragsgegners, eine solche Äußerung zukünftig zu unterlassen. Damit kommt nur eine Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG in Betracht. Für ein Begehren auf künftige Unterlassung eines schlicht hoheitlichen Verwaltungshandelns ist grundsätzlich eine sogenannte Unterlassungsklage als besondere Form der Leistungsklage über den Wortlaut des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG hinaus anerkannt. Bei Unterlassungsklagen kann vorläufiger Rechtschutz nur durch Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt werden (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 86b Rn. 24).
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen hier jedoch nicht vor.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (vgl. z.B. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 01.08.2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17.08.2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Überdies erfordert eine vorbeugende Unterlassungsklage in der Hauptsache und dementsprechend auch ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Rahmen eines vorbeugenden Unterlassungsbegehrens ein qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis. Hierfür muss dargelegt werden, dass das Abwarten einer für die Zukunft (möglicherweise) zu gewärtigenden Beeinträchtigung mit unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre bzw. ein gerade auf die Inanspruchnahme eines vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzinteresse besteht, das regelmäßig nicht gegeben ist, wenn und solange der Kläger auf den nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann (BSG, Urteil vom 24.04.2015 - B 4 AS 39/14 R - Juris).
Hier fehlt es bereits an der Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Es ist weder ersichtlich noch vom Antragsteller vorgetragen oder glaubhaft gemacht, inwieweit er in seinen eigenen Rechten durch die von ihm beanstandete Äußerung des Antragsgegners so unzumutbar beeinträchtigt sein soll bzw. durch eine Wiederholung einer solchen Äußerung beeinträchtigt werden würde, dass die Inanspruchnahme von Eilrechtsschutz gerechtfertigt wäre. Soweit der Antragsteller mit seinem Unterlassungsbegehren mittelbar darauf abzielt, die Ablehnung von Leistungsanträgen von Frau B. oder den Kindern zu verhindern, folgt daraus kein eigenes qualifiziertes Rechtschutzinteresse des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Vielmehr besteht für Frau B. und die Kinder jeweils die Möglichkeit, Rechtsschutz unmittelbar gerichtet auf Leistungsgewährung bzw. gegen etwaige Ablehnungsbescheide in Anspruch zu nehmen. Insoweit verweist der Senat auch auf den bereits zwischen den Beteiligten ergangenen Senatsbeschluss vom 14.12.2015 (L 9 AS 4607/15 ER-B).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar, § 177 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung des Antragsgegners zur Unterlassung der Äußerung, er sei Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft mit Frau M. B. und den gemeinsamen drei Kindern.
Mit an Frau M. B. gerichtetem Ablehnungsbescheid vom 23.09.2015 führte der Antragsgegner unter anderem aus: " Herr H. ist Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, sodass auch seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse ebenfalls Berücksichtigung finden".
Am 23.11.2015 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Stuttgart (SG) beantragt, durch Erlass einer einstweiligen Anordnung dem Antragsgegner die zitierte Äußerung zu untersagen. Dass er Mitglied der Bedarfsgemeinschaft sei, werde sowohl von ihm als auch von Frau B. bestritten. Es handle sich bei dieser Äußerung um eine Behauptung des Antragsgegners, die jeglicher Grundlage entbehre. Eine bloße Vermutung werde als Tatsache behauptet. Dabei handle es sich um eine vorsätzliche Falschbehauptung ohne jeglichen Beweis, die nur dem Ziel diene, Frau B. und den Kindern Leistungen zu verweigern. Da es sich bei dem Bescheid um eine behördliche Urkunde handle, bestehe auch der Verdacht der Urkundenfälschung im Amt. Er beantrage, dem Antragsgegner bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 5.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu untersagen, wörtlich oder sinngemäß die genannte Behauptung weiterhin aufzustellen und zu verbreiten. Frau B. sei als Zeugin zu einem Termin zu laden.
Mit Beschluss vom 02.12.2015 hat das SG den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes abgelehnt. Zum einen handle es sich bei der angegriffenen Behauptung nicht um eine dem Wahrheitsbeweis zugängliche Tatsachenbehauptung im eigentlichen Sinne, sondern um eine der rechtlichen Bewertung und Würdigung unterliegende Äußerung und Fragestellung. Zum anderen sei eine besondere Eilbedürftigkeit bereits nicht ersichtlich. Der Antrag lasse schon nicht erkennen, dass ohne die begehrte einstweilige Regelung wesentliche Nachteile entstehen könnten. Die im Verwaltungs- (und Gerichts-)verfahren seitens des Antragsgegners getroffenen Äußerungen unterlägen in den einzelnen auf die Gewährung von Leistungen gerichteten Verfahren der gerichtlichen Überprüfung, Bewertung und Würdigung.
Hiergegen richtet sich die am 08.12.2015 beim SG ohne Begründung eingelegte Beschwerde des Antragstellers.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Vorliegend wendet sich der Antragsteller nicht gegen einen Verwaltungsakt des Antragsgegners. Er bezieht sich zwar auf einen Bescheid vom 23.09.2015, wendet sich aber nicht gegen die damit getroffene Regelung, nämlich die an Frau B. gerichtete Ablehnung eines Antrages, sondern gegen ein vom Antragsgegner aufgeführtes Begründungselement in dem Bescheid und begehrt die Verpflichtung des Antragsgegners, eine solche Äußerung zukünftig zu unterlassen. Damit kommt nur eine Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG in Betracht. Für ein Begehren auf künftige Unterlassung eines schlicht hoheitlichen Verwaltungshandelns ist grundsätzlich eine sogenannte Unterlassungsklage als besondere Form der Leistungsklage über den Wortlaut des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG hinaus anerkannt. Bei Unterlassungsklagen kann vorläufiger Rechtschutz nur durch Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt werden (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 86b Rn. 24).
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen hier jedoch nicht vor.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (vgl. z.B. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 01.08.2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17.08.2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Überdies erfordert eine vorbeugende Unterlassungsklage in der Hauptsache und dementsprechend auch ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Rahmen eines vorbeugenden Unterlassungsbegehrens ein qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis. Hierfür muss dargelegt werden, dass das Abwarten einer für die Zukunft (möglicherweise) zu gewärtigenden Beeinträchtigung mit unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre bzw. ein gerade auf die Inanspruchnahme eines vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzinteresse besteht, das regelmäßig nicht gegeben ist, wenn und solange der Kläger auf den nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann (BSG, Urteil vom 24.04.2015 - B 4 AS 39/14 R - Juris).
Hier fehlt es bereits an der Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Es ist weder ersichtlich noch vom Antragsteller vorgetragen oder glaubhaft gemacht, inwieweit er in seinen eigenen Rechten durch die von ihm beanstandete Äußerung des Antragsgegners so unzumutbar beeinträchtigt sein soll bzw. durch eine Wiederholung einer solchen Äußerung beeinträchtigt werden würde, dass die Inanspruchnahme von Eilrechtsschutz gerechtfertigt wäre. Soweit der Antragsteller mit seinem Unterlassungsbegehren mittelbar darauf abzielt, die Ablehnung von Leistungsanträgen von Frau B. oder den Kindern zu verhindern, folgt daraus kein eigenes qualifiziertes Rechtschutzinteresse des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Vielmehr besteht für Frau B. und die Kinder jeweils die Möglichkeit, Rechtsschutz unmittelbar gerichtet auf Leistungsgewährung bzw. gegen etwaige Ablehnungsbescheide in Anspruch zu nehmen. Insoweit verweist der Senat auch auf den bereits zwischen den Beteiligten ergangenen Senatsbeschluss vom 14.12.2015 (L 9 AS 4607/15 ER-B).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar, § 177 SGG.
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