Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Dortmund (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
35
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 35 AS 5396/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.) Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um die Verpflichtung des Antragsgegners, der Antragstellerin Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu gewähren.
Die am 22.03.1991 in Avezzano/ Italien geborene Antragstellerin ist italienische Staatsangehörige. Sie lebte zwischenzeitlich in Brasilien. Dort begann sie ein Jurastudium, das sie jedoch nicht abschloss. Im Anschluss hieran nahm sie Unterricht an einer englischen Sprachschule und absolvierte eine Berufsausbildung zur Stewardess, die sie auch erfolgreich zu Ende führte. Im Jahr 2012 lernte die Antragstellerin ihren in Deutschland lebenden Freund kennen und reiste am 04.06.2012 in Deutschland ein. Sie war zunächst in einem Eiscafe in Gera beschäftigt. Im Anschluss hieran arbeitete sie in verschiedenen Tätigkeiten, unter anderem als Spielhallenaufsicht. Zuletzt war die Antragstellerin gemäß einem Arbeitsvertrag vom 01.09.2015 bei der XXX– auch als Spielhallenaufsicht beschäftigt. Mit Schreiben vom 07.10.2015 kündigte die Antragstellerin dieses Arbeitsverhältnis fristlos.
Bereits am 11.06.2013 hatte die Antragstellerin beim Antragsgegner Leistungen nach dem SGB II beantragt. Der Antragsgegner gewährte ihr in der Folge – teilweise ergänzend - Leistungen nach dem SGB II, nach Aktenstand zuletzt für den Zeitraum bis zum 30.09.2015.
Am 20.10.2015 stellte die Antragstellerin beim Antragsgegner einen Weiterbewilligungsantrag.
Mit Bescheid vom 08.12.2015 lehnte der Antragsteller den Antrag ab. Da die Antragstellerin ihre letzte Stelle selbst gekündigt habe, wirke ihr Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin aus dieser Stelle nicht fort. Die Antragstellerin sei gemäß § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossen, weil sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergebe. Gegen diesen Ablehnungsbescheid erhob die Antragstellerin am 18.12.2015 Widerspruch. Zunächst habe sie die Stelle nicht selbst gekündigt. Der Arbeitgeber habe ihr nicht den vollen Lohn für den Monat September 2015 ausgezahlt. Als sie diesen im Oktober 2015 hierauf angesprochen habe, habe er einen Gesprächstermin in seinem Büro mit ihr vereinbart. Dort habe er ihr ein vorformuliertes Kündigungsschreiben vorgelegt. Da sie der deutschen Sprache nicht mächtig sei, habe sie das Schreiben für eine arbeitgeberseitige Kündigung gehalten, deren Empfang sie mit ihrer Unterschrift quittieren müsse. Zudem sei der Leistungsausschluss des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 europarechtswidrig und es bestünden erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit des von Bundesrepublik Deutschland erklärten Vorbehalts gegen das Europäische Fürsorgeabkommen (EFA) im Hinblick auf Leistungen nach dem SGB II.
Am 21.12.2015 hat die Antragstellerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel einer vorläufigen Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB II gestellt. Sie bezieht sich auf ihren Vortrag im Widerspruchsverfahren. Eine Bestätigung der Bundesagentur für Arbeit über die Unfreiwilligkeit ihrer Arbeitslosigkeit könne nicht beigebracht werden, dies könne aber nicht zu ihren Lasten gehen.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung aufzugeben, ihr für den Zeitraum ab dem 21.12.2015 vorläufig im Hinblick auf die rechtskräftige Entscheidung im Hauptsacheverfahren S 35 AS 287/16 Leistungen nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren. Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.
Sie wiederholt ihren Vortrag aus dem Ablehnungsbescheid, so auch im zwischenzeitlich erlassenen Widerspruchsbescheid vom 28.12.2015.
Am 20.01.2016 hat die Antragstellerin gegen den Ablehnungsbescheid des Antragstellers vom 08.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2016 Klage erhoben. Diese wird bei der erkennenden Kammer unter dem Aktenzeichen S 35 AS 287/16 geführt.
II.) Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nicht begründet. Eine einstweilige Anordnung kann gemäß § 86b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG hat der Antragsteller im Sinne von § 920 der Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft zu machen, dass ihm der umstrittene und zu sichernde Anspruch (Anordnungsanspruch) zusteht und die Regelung eines vorläufigen Zustands zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Anordnungsgrund). Im vorliegenden Fall fehlt es aber bereits an einem Anordnungsanspruch. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch gegen den Antragsgegner auf die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Auch ein Anspruch der Antragstellerin auf Leistungen nach dem SGB XII scheidet aus, so dass eine Beiladung des dortigen Trägers im Sinne von § 75 Abs.2 SGG nicht geboten war. Die Antragstellerin hat zunächst gegen den Antragsgegner keinen Anspruch auf die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II, weil er vom Leistungsausschluss des § 7 Abs.2 Satz 1 Nr.2 SGB II erfasst ist. Gemäß § 7 Abs.2 Satz 1 Nr.2 SGB II sind Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen von der Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Ein anderweitiges Aufenthaltsrecht der Antragstellerin ist aber nicht ersichtlich. Ein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin gemäß § 2 Abs. 2 Nr.1 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) ist bereits deshalb nicht erkennbar, weil die Antragstellerin zur Zeit nicht erwerbstätig ist. Auch die Tatbestände des § 2 Abs.3 FreizügG/EU, aus denen die Antragstellerin eine Aufrechterhaltung ihrer Arbeitnehmerfreizügigkeit ableiten könnte, greifen nicht. Dieser lautet: Das Recht nach Absatz 1 bleibt für Arbeitnehmer und selbständig Erwerbstätige unberührt bei 1. vorübergehender Erwerbsminderung infolge Krankheit oder Unfall, 2. unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit oder Einstellung einer selbständigen Tätigkeit infolge von Umständen, auf die der Selbständige keinen Einfluss hatte, nach mehr als einem Jahr Tätigkeit, 3. Aufnahme einer Berufsausbildung, wenn zwischen der Ausbildung und der früheren Erwerbstätigkeit ein Zusammenhang besteht; der Zusammenhang ist nicht erforderlich, wenn der Unionsbürger seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren hat. Bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach weniger als einem Jahr Beschäftigung bleibt das Recht aus Absatz 1 während der Dauer von sechs Monaten unberührt."
Die Tatbestände der § 2 Abs.3 Satz 1 Nr.2 FreizügG/EU und §2 Abs.3 Satz 2 FreizügG/EU kommen aber bereits deshalb nicht in Betracht, weil es in beiden unbeschadet des angesichts der aus der Verwaltungsakte hervorgehenden Deutschkenntnisse zweifelhaften Vortrags der Antragstellerin an der hierfür konstitutiven Bestätigung der Bundesagentur für Arbeit über die Unfreiwilligkeit der Arbeitslosigkeit (Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 20. August 2012 – 3 B 202/12 –, juris) fehlt, die nach Angabe der Antragstellerin auch nicht beigebracht werden kann. Ein Daueraufenthaltsrecht gemäß § 4a Abs.1 FreizügG/EU (nach fünfjährigem rechtmäßigen Aufenthalt) kann aufgrund der Einreise des Antragstellerin am 04.06.2012 frühestens am 04.06.2017 entstehen.
Auch die Frage, ob der Antragstellerin momentan ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitsuche gemäß § 2 Abs.2 Nr. 1a FreizügG/EU zusteht, bedarf keiner weiteren Klärung. Danach sind Unionsbürger, die sich zur Arbeitsuche aufhalten, für bis zu sechs Monate und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden, freizügigkeitsberechtigt. Auch wenn dies nicht der Fall sein sollte, wird sie in Anbetracht des Fehlens eines weiteren Aufenthaltsrechts nämlich "erst recht" vom Leistungsausschluss des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II erfasst. Die erkennende Kammer hat hierzu in ihren Beschlüssen vom 05.05.2014 (S 35 AS 772/14 ER und S 35 AS 804/14 ER, veröffentlicht bei juris) und 18.11.2014 (S 35 AS 3929/14 ER, veröffentlicht bei juris) – zum damaligen Zeitpunkt noch im Rahmen einer Folgenabwägung - zu dieser Problematik ausgeführt: "Die ( )Auffassung, zu der auch die erkennende Kammer tendiert, nimmt eine Anwendbarkeit des Leistungsausschlusses gemäß § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB auch auf die Fälle an, in denen ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitsuche nie bestanden hat oder fortgefallen ist und kein anderes Aufenthaltsrecht feststellbar ist (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15.11.2013, L 15 As 365/13 B ER- juris, LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26.03.2014, L 15 As 16/14 B ER-juris, LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.11.2013, L 6 AS 130/13- juris (Rdnr. 36.) Danach erscheint es unter Berücksichtigung des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 Abs.1 des Grundgesetzes (GG) nicht vertretbar, Personen vom Leistungsbezug nach dem SGB II auszuschließen, die ein definiertes Aufenthaltsrecht, nämlich das zur Arbeitssuche besäßen, aber diejenigen einzubeziehen, die über gar kein Aufenthaltsrecht verfügten. Dies erscheine auch unter dem Gesichtspunkt widersinnig, dass bei den Personen, die keine Arbeit suchten oder deren Arbeitssuche objektiv wenig erfolgsgeneigt scheine, die geringste Chance zur Integration in den nationalen Arbeitsmarkt bestehe. Das Argument, dass beide Fallkonstellationen insofern nicht miteinander zu vergleichen seien, als gegen den Ausländer, der kein Aufenthaltsrecht mehr habe, aufenthaltsrechtliche Maßnahmen ergriffen werden könnten, trage nicht. Aufgrund der §§ 5 Abs.5, 6 und 7 des FreizügigG/EU bestehe das Freizügigkeitsrecht nämlich so lange, bis sein Nichtbestehen oder sein Verlust gemäß § 5 Abs.4 FreizügG/ EU festgestellt werden sei. Zudem wird darauf hingewiesen (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.11.2013, a.a.O), dass der genaue Zeitpunkt des Verlust eines Aufenthaltsrechts zum Zweck der Arbeitssuche (so die Einstellung der Arbeitssuche, der Verlust der objektiven Erfolgsaussichten) gar nicht festgestellt werden könne. Die erkennende Kammer tendiert insbesondere deshalb zu der letztgenannten Auffassung, weil Wortlaut und Aufbau des § 7 Abs.1 SGB II darauf hindeuten, dass die Norm "stillschweigend" vom Bestehen eines Aufenthaltsrechts des EU-Ausländers ausgeht. Nach der Definition der allgemeinen (positiven) Voraussetzungen für einen Leistungsbezug nach dem SGB II formuliert § 7 Abs.1 Satz 2 SGB II Leistungsausschlüsse für bestimmte nach § 7 Abs.1 Satz 1 SGB II grundsätzlich leistungsberechtigte Personengruppen. Sowohl die Formulierung im Leistungsausschluss des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ("die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts") als auch im hier streitigen Leistungsausschluss des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II ("deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt"), deuten nach Ansicht der Kammer aber daraufhin, dass der Gesetzgeber alle diejenigen Personengruppen vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausschließen wollte, die nicht zusätzlich zu ("allein") an niedrigschwellige Voraussetzungen angeknüpften Aufenthaltsrechten einen weiteren Aufenthaltstatbestand nachweisen können. Hierfür spricht auch, dass die im Zusammenhang mit § 7 Abs.1 Satz 1 Nr.4 SGB II angesprochene "Einfärbungslehre", die einen legalen Aufenthalt bereits in das Tatbestandsmerkmal des "gewöhnlichen Aufenthalts" hineinlas, zum Zeitpunkt der Formulierung der Norm im Jahr 2004 noch herrschend gewesen sein dürfte. Der Verweis darauf, dass die Ausländerbehörde nach dem Entfallen eines Aufenthaltsrechts den Verlust der Freizügigkeit feststellen und aufenthaltsbeendende Maßnahmen ergreifen könne (so wohl auch Kingreen in Staatsangehörigkeit als Differenzierungskriterium im Sozialleistungsrecht - Zur Vereinbarkeit von § 7 Abs.1 S.2 Nr.2 SGB II mit europäischem Unions- und deutschen Verfassungsrecht, SGb 03/13, 132 (134)), scheint aufgrund der Möglichkeit des EU-Ausländers, sich nach einer kurzfristigen Ausreise gemäß § 2 Abs.5 Satz 1 FreizügG/EU erneut ohne weitere Bedingungen für drei Monate im Bundesgebiet aufhalten zu können, dagegen eher theoretischer Natur zu sein." Bei dieser Einschätzung bleibt es im vorliegenden Verfahren. Zu einer Folgenabwägung sieht die Kammer sich nicht mehr veranlasst, nachdem das BSG in seinem Urteil vom 03. Dezember 2015 – B 4 AS 44/15 R, Rn.19-24, juris) eine planwidrige Lücke in der Vorschrift des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II erkannt und hieraus im Rahmen eines Erst-Recht-Schlusses eine Anwendung des Leistungsausschlusses auch auf Ausländer auf ohne Aufenthaltsrecht abgeleitet hat. Zum Hintergrund der Vorschrift des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II führt das BSG in dem vorgenannten Urteil vom 03. Dezember 2015 – B 4 AS 44/15 R in Rn. 21- juris, aus: "Es sollte von der Option des Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG Gebrauch gemacht werden (BT-Drucks 16/5065 S 234). Für Unionsbürger, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch machen, sollte eine weitere leistungsrechtliche Hürde geschaffen werden, sofern sie wegen des vorbehaltlosen Aufenthalts in den ersten drei Monaten oder allein zum Zweck der Arbeitsuche freizügigkeitsberechtigt sind (BT-Drucks 16/5065 S 234; BT-Drucks 16/688 S 13). Leistungsberechtigt sollten sie nur sein, wenn sie über eine von § 7 Abs 1 S 2 SGB II nicht erfasste Freizügigkeitsberechtigung oder ein sonstiges Aufenthaltsrecht verfügen. Hieraus folgt umgekehrt, dass nicht freizügigkeits- oder aufenthaltsberechtigte Unionsbürger nach dem gesetzgeberischen Plan von vornherein nicht leistungsberechtigt sein sollten." Im Hinblick auf die weitere Argumentation zur Verknüpfung des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II mit Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG wird vollumfänglich auf die überzeugenden Ausführungen des BSG in seinem Urteil vom 03. Dezember 2015 – B 4 AS 44/15 R, Rn. 22- juris verwiesen. Zweifel an der Europarechtskonformität dieser Norm - auch nach Maßgaben der vorgenannten Auslegung - bestehen nach den Urteilen des EuGH in den Rechtssachen Dano (vom 11.11.2014, C 333/13) und Alimanovic (vom 15.09.2015, C 67/14) nicht mehr. In diesen Rechtssachen hat der EuGH in der Sache entschieden, dass ein Mitgliedsstaat Staatsangehörige anderer Mitgliedsstaaten vom Zugang zu Sozialhilfeleistungen ausschließen kann, wenn ihnen gar kein Aufenthaltsrecht nach der RL 2004/38/EG zusteht (Dano) oder wenn ihr Aufenthaltsrecht sich nur aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt (Alimanovic) (vgl. ausführlicher zu der Problematik BSG, Urteil vom 03. Dezember 2015 – B 4 AS 44/15 R, Rn.35, juris). Auch im Hinblick auf die Wirksamkeit des von der Bundesregierung in Bezug auf die Leistungen nach dem SGB II erklärten Vorbehalt gegen das Europäische Fürsorgeabkommen hegt die Kammer keine Bedenken (so auch BSG, Urteil vom 03.Dezember 2015, B 4 AS 59/13 R, noch nicht veröffentlicht). Die Antragstellerin hat auch keinen Anspruch auf die Gewährung von Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Der Träger von Leistungen nach dem SGB XII kam nicht als leistungspflichtig im Sinne von § 75 Abs.2 SGG in Betracht, so dass er nicht beizuladen war. Die Antragstellerin ist als - unstreitig - Erwerbsfähige nämlich gemäß § 21 Satz 1 SGB XII vom Bezug von Leistungen nach dem SGB XII ausgeschlossen. Dieses von der Sichtweise des BSG in seinen Urteilen vom 03.12.2015 (B 4 AS 59/13 R, B 4 AS 43/15 R, B 4 AS 44/15 R), 16.12.2015 (B 4 AS 15/14 R, B 14 AS 18/14 R, B 14 AS 33/14 R) und 20.01.2016 (B 14 AS 15/15 R, B 14 AS 35/15 R) abweichende Ergebnis der Kammer folgt aus dem Wortlaut und Aufbau des § 21 SGB XII, der Gesetzesbegründung sowie dem vom BSG in weiteren Urteilen aufgezeigten systematischen Wechselspiel von SGB II und SGB XII und der in diesem Zusammenhang angenommenen abgrenzenden Funktion des § 21 SGB XII und der in § 7 SGB II vertretenen Leistungsausschlüsse. Bereits der Wortlaut des § 21 Satz 1 SGB XII spricht gegen die vom BSG angenommene Möglichkeit, einem Hilfebedürftigen, dessen mangelnde Anspruchsberechtigung auf Leistungen nach dem SGB II nicht aus dem Merkmal der (ggf. auch "fingierten") Erwerbsunfähigkeit resultiert, Leistungen nach dem SGB XII zu gewähren. Gemäß § 21 Satz 1 SGB XII erhalten Personen, die nach dem Zweiten Buch als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, keine Leistungen für den Lebensunterhalt. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber auf eine Leistungsberechtigung "als Erwerbsfähiger" "dem Grunde nach" abstellt, zeigt für die Kammer aber, dass bereits die positive Feststellung der Anspruchsvoraussetzung des § 7 Abs.1 Satz1 Nr.2 ("erwerbsfähig sind") dazu führen soll, dass ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII ausscheidet. Sowohl das Tatbestandsmerkmal "als Erwerbsfähige" wie auch das Tatbestandsmerkmal "dem Grunde nach" wären nämlich überflüssig, wenn es nicht um das Vorliegen von Erwerbsfähigkeit als zentrales Ausschlusskriterium, sondern um die tatsächliche Leistungsberechtigung bzw. den Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II ginge. Dann hätte vielmehr der bloße Verweis eben auf diese Leistungsberechtigung oder diesen Anspruch nahegelegen. Auch das Vorliegen eines Leistungsausschlusses (so auch gemäß § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II) lässt die Leistungsberechtigung "als Erwerbsfähiger" "dem Grunde nach" nach der Systematik der Norm im Übrigen nicht entfallen, denn während § 7 Abs.1 Satz 1 SGB II die (positiv formulierten) Tatbestandsvoraussetzungen ("dem Grunde nach") für einen Bezug von Leistungen nach dem SGB II benennt, schließen die Regelungen des § 7 Abs.1 Satz 2 SGB II ("ausgenommen sind" ") nach § 7 Abs.1 Satz 1 SGB II leistungsberechtigte Personengruppen wieder vom Leistungsbezug nach dem SGB II aus. Die Voraussetzung eines weiteren Aufenthaltsrechts als "positive Tatbestandsvoraussetzung" hat der Gesetzgeber gerade nicht vorgenommen.
Für die Auslegung der Kammer spricht auch die weitere Systematik des § 21 SGB XII:
Gemäß § 21 Satz 2 SGB XII können Personen, die nicht hilfebedürftig nach § 9 des Zweiten Buches sind, abweichend von Satz 1 Leistungen nach § 36 (SGB XII) erhalten. Auch diese Regelung wäre aber überflüssig, wenn allein die fehlende Leistungsberechtigung nach dem SGB II (unabhängig vom Kriterium der Erwerbsfähigkeit) den Weg in einen Leistungsbezug nach dem SGB XII eröffnen könnte. Schon das Fehlen der in § 7 Abs.1 Satz 1 Nr.3 SGB II als positive Tatbestandsvoraussetzung benannten (und in § 9 SGB II näher definierten) Hilfebedürftigkeit ließe nämlich die Leistungsberechtigung nach dem SGB II entfallen. In § 21 Satz 2 SGB XII ließe sich dann keine Abweichung zu § 21 Satz 1 SGB XII erkennen (so aber der Gesetzeswortlaut).
Weiter beschreibt § 21 Satz 3 SGB XII das zwischen den Trägern von Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII anzuwendende Verfahren, wenn zwischen diesen unterschiedliche Auffassungen über die Zuständigkeit bestehen. Diesbezüglich ist der Träger von Leistungen nach dem SGB XII an die Feststellung einer vollen Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs.2 Satz des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuchs (SGB VI) und nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens an die Entscheidung der Agentur für Arbeit zur Erwerbsfähigkeit gemäß § 44 a Abs.1 SGB II gebunden. Dieses Instrumentarium vermittelt die Auffassung des Gesetzgebers, dass allein die unterschiedliche Einschätzung der Erwerbsfähigkeit als entscheidendes Abgrenzungskriterium zu Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen den Trägern führen kann. Einen Mechanismus für die Bewältigung weiterer möglicher Abgrenzungsfragen (so z.B. für die nach der neuen Rechtsprechung des BSG erforderliche Klärung, ob neben dem Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche noch ein weiteres Aufenthaltsrecht vorliegt) sieht § 21 SGB XII nicht vor. Auch die Gesetzesbegründung zu § 21 SGB XII (BT Drs. 15/1514, S. 57) spricht dafür, dass Erwerbsfähigen der Weg zu Leistungen nach dem SGB XII nicht eröffnet werden soll. Hier heißt es: "Die Regelung setzt nicht voraus, dass jemand tatsächlich Leistungen des anderen Sozialleistungsträgers erhält oder voll erhält, sondern knüpft an die Eigenschaft als Erwerbsfähige oder deren im Zweiten Buch näher bezeichneten Angehörigen an" (vgl. hierzu überzeugend SG Berlin, Urteil vom 11.12.2015, S 149 AS 7191/13, - juris). Dass das Tatbestandsmerkmal der Erwerbsfähigkeit entscheidendes Abgrenzungskriterium zwischen den Leistungssystemen von SGB II und SGB XII sein soll (so auch Coseriu in juris-PK zu § 21 SGB XII, Rn.10, der § 21 SGB XII eine systemabgrenzende Funktion beimisst) führt das BSG auch in seiner Entscheidung vom 03. Dezember 2015 – (Rn.41, - juris) aus. Hier heißt es: "Im Grundsatz gilt für die Systemzuweisung aufgrund der Erwerbszentriertheit des SGB II, dass derjenige, der von dem auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ausgerichteten Leistungssystem des SGB II ausgeschlossen werden soll, dem System des SGB XII zugewiesen wird." Diese Bedeutung der Erwerbsfähigkeit und der Arbeitsmarktnähe des Hilfebedürftigen für seine Zuweisung zu dem seiner ursprünglichen Konzeption nach erwerbszentrierten und arbeitsmarktnahen System des SGB II und dem "arbeitsmarktfernen" System des SGB XII hat das BSG auch in mehreren Entscheidungen herausgearbeitet, auf die es in seinem Urteil vom 03.12.2015 nunmehr zur Begründung seiner Prämisse verweist, dass im Falle des Ausschlusses eines erwerbsfähigen Ausländers von Leistungen gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nach dem SGB II ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII grundsätzlich möglich bleibe (Zitat: "Auf dieser Grundlage hat das BSG bereits für andere in § 7 SGB II geregelte Leistungsausschlüsse ausdrücklich entschieden, dass die "Anwendungssperre" des § 21 S 1 SGB XII nicht greift" Rn.42 (juris)) Eine differenzierte Betrachtung der Leistungsausschlüsse sei erforderlich.
Im Einzelnen nennt das BSG in diesem Zusammenhang folgende Urteile, die alle einen Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs.4 SGB II zum Gegenstand haben:
BSG vom 16.5.2012 - B 4 AS 105/11 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 30 RdNr 20 (Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs.4 SGB II wegen Bezugs einer litauischen Altersrente)
BSG vom 2.12.2014 - B 14 AS 66/13 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 42 RdNr 10, 24 (Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs.4 wegen Unterbringung in einer Klinik)
BSG vom 19.8.2015 - B 14 AS 1/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen - RdNr 47: vorzeitige Altersrente nach Aufforderung durch den Grundsicherungsträger) In dem erstgenannten Urteil vom 16.05.2012 (B 4 AS 105/11 R, Rn.23, - juris) führt das BSG zum Hintergrund des Leistungsausschlusses gemäß § 7 Abs.4 Satz 1 SGB II und im Hinblick auf die Zuordnung der Empfängerin einer ausländischen Rente zum Leistungssystem nach dem SGB XII exemplarisch aus: "Anspruch auf Leistungen haben allerdings grundsätzlich nur erwerbsfähige Hilfebedürftige. Nicht leistungsberechtigt ist, wer nicht erwerbsfähig iS des § 8 Abs 1 SGB II ist. Letzteres ist bei Personen in einer stationären Einrichtung (BSGE 99, 88 = SozR 4-4200 § 7 Nr 7, RdNr 13 f; SozR 4-4200 § 7 Nr 24, RdNr 20) und beim Bezug einer Altersrente (Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 7 RdNr 71) nicht unbedingt der Fall. Bei Beziehern von Altersrenten vor Erreichen des Regelrentenalters - danach sind sie bereits aus Gründen des § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB II nicht mehr leistungsberechtigt - wird jedoch nach der Begründung zur Regelung des § 7 Abs 4 S 1 SGB II typisierend angenommen, sie seien endgültig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden und müssten daher nicht mehr in Arbeit eingegliedert werden (vgl BT-Drucks 15/1749, S 31). Sie benötigen aus diesem Grunde keine Leistungen aus dem System des SGB II mehr. " Weiter heißt es: "( ) denn Erwerbsfähigkeit schließt Leistungen nach dem System des SGB XII gemäß § 21 S 1 SGB XII grundsätzlich aus. Nach § 21 S 1 SGB XII erhalten Personen, die nach dem SGB II als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Wenn jedoch vor dem Hintergrund des systematischen "Wechselspiels" zwischen SGB II und SGB XII Altersrentner vor Vollendung des Regelrentenalters nach deutschem Recht nicht als Erwerbsfähige leistungsberechtigt iS des SGB II sind, kann unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten für Bezieher ausländischer Altersrenten nichts Anderes gelten." Warum im Hinblick auf den Leistungsausschluss des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II nichts anderes gilt als in Bezug auf die in den vorgenannten Urteilen streitgegenständlichen Leistungsausschlüsse des § 7 Abs.4 SGB II (so BSG, Urteil vom 03.12.2015, B 44 AS 15 R, Rn.43,- juris), ist nicht ohne Weiteres zu erkennen: Sämtliche der in den früheren zitierten Urteilen des BSG behandelten Fallkonstellationen sind nämlich solche, in denen der Leistungsausschluss des BSG auf einer "fingierten Erwerbsunfähigkeit" beruht. So führt Coseriu in juris-PK zu § 21 SGB XII zu den Fallkonstellationen des § 7 Abs.4 SGB II aus: "Nach der Rechtsprechung des BSG handelt es sich bei dieser Norm, soweit es die Unterbringung in Einrichtungen betrifft, um eine "verkappte" Regelung der Erwerbsunfähigkeit. Auch bei den übrigen Varianten ist von einem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben auszugehen." Dass die "fingierte Erwerbsunfähigkeit" maßgeblicher Hintergrund der Leistungsausschlüsse des § 7 Abs.4 SGB II ist, ergibt sich plastisch aus der "Unterausnahme" des § 7 Abs.4 Satz 3 Nr.2 SGB II: Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, die einen wöchentlichen Umfang von mindestens 15 Stunden erreicht, hebt die "typisierende Annahme" der Erwerbsunfähigkeit nämlich auch für in einer stationären Einrichtung untergebrachte Hilfebedürftige wieder auf. Liegen die in § 7 Abs.4 SGB II geregelten Leistungsausschlüsse vor, erscheint es vor dem Hintergrund der vorab dargestellten Systemzusammenhangs von SGB und SGB XII auch der erkennenden Kammer geboten, von ihnen erfasste Hilfebedürftige im Rahmen einer teleologischen Reduktion nicht als "Erwerbsfähige" im Sinne von § 21 Satz 1 SGB XII zu behandeln. Maßgebliche Funktion dieser Leistungsausschlüsse ist es nämlich, dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehende Personen nicht dem nach seiner ursprünglichen Zielsetzung auf Aktivierung und Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt ausgerichteten System des SGB II zuzuordnen, sondern in das hiervon unabhängige Grundsicherungssystem des SGB XII zu integrieren. Dieser Hintergrund kann aber für den Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht angenommen werden. Eine Fiktion der Erwerbsunfähigkeit ist aus einem Freizügigkeitsrecht zum Zweck der Arbeitsuche gerade nicht herauszulesen. Vielmehr sollte der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II eine leistungsrechtliche Hürde für den Zugang zu Sozialleistungen schaffen. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Norm nämlich von der Option des Art.24 der RL 2004/38 EG Gebrauch machen, die vorgenannten Personengruppen vom Anspruch auf Sozialhilfe- mithin Leistungen nach dem SGB XII und dem SGB XII - auszuschließen (vgl. hierzu eindringlich und überzeugend BSG, Urteil vom 03.12.2015, B 44 AS 15 R, Rn.21-24 und Rn.48-50, juris). Der Leistungsausschluss sollte in beiden Systemen gleichermaßen greifen (BSG, Urteil vom 03.12.2015, B 44 AS 15 R, Rn.50,- juris). Vor dem Hintergrund dieser sozialpolitischen Zielsetzung hat der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II anders als in den Fällen des § 7 Abs.4 SGB II keine systemabgrenzende, sondern eine "systemausschließende" Funktion. Anders als in den Fällen des § 7 Abs.4 SGB II erscheint es dann aber wenig sachgerecht, von diesem Leistungsausschluss Betroffene dem zu "bedingungslosen" Leistungen zur Grundsicherung führenden Leistungssystem des SGB XII zuzuweisen. Dass aufgrund der Vorschrift des § 21 Satz 1 SGB XII grundsätzlich auch Erwerbsfähigen der Zugang zum SGB XII eröffnet werden sollte, kann auch nicht damit begründet werden, dass die Leistungsausschlüsse der §§ 22 Abs.1, 23 Abs.3 Satz 2 SGB XII ansonsten "leerliefen":
Im Hinblick auf § 22 Abs.1 SGB XII, der Auszubildende, deren Ausbildung nach den Vorschriften des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) und des Dritten Buchs Sozialgesetzbuchs (SGB III) grundsätzlich förderungsfähig ist, vom Bezug von Leistungen nach dem SGB XII ausschließt, ergibt sich dies daraus, dass die Aufnahme einer Ausbildung oder eines Studiums nicht zwangsläufig eine Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 7 Abs.1 Satz 1 Nr.2 SGB II voraussetzt, so dass für diese der Norm des § 7 Abs.5 SGB II entsprechende und aus dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) übernommene Vorschrift auch bei einer Einordnung des § 21 SGB XII als "Anwendungssperre" für Erwerbsfähige ein eigenständiger Regelungsgehalt verbleibt. Dass § 22 Abs.1 SGB XII sich auf nicht erwerbsfähige Auszubildende beziehen soll, hat das BSG in seinem Urteil vom 06.09.2007 (B 14/7b As 36/06 R,-juris) auch ausdrücklich dargestellt. Hier heißt es: "Soweit der Kläger meint, Auszubildende würden nach dem SGB II schlechter gestellt als nach dem SGB XII, weil die Leistungen im besonderen Härtefall nach dem SGB II nur als Darlehen, nach § 22 Abs.1 Satz 2 SGB XII jedoch auch als Beihilfe gewährt werden können, führt dieses ebenfalls nicht zur Erforderlichkeit einer vom SGB XII abweichenden Anwendung des § 7 Abs.5 Satz 1 SGB II. Grund für die unterschiedlichen Leistungsarten ist die Zuordnung zu dem einen oder anderen System, differenziert nach der Erwerbsfähigkeit. Bei dem Erwerbsfähigen kann erwartet werden, dass er die Leistung nach Beendigung der Ausbildung und Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zurückzahlen kann. Diese Aussicht besteht bei dem SGB XII-Leistungsempfänger nicht ohne weiteres, so dass die Leistungsgewährung in Form der Beihilfe berechtigt erscheint." Die gebotene Differenzierung zwischen erwerbsfähigen und nicht erwerbsfähigen Auszubildenden, die die (früher) ungleiche Konzeption der Leistungsausschlüsse der §§ 7 Abs.5 Satz 1 SGB II und 22 Abs.1 Satz 2 SGB XII rechtfertige, wird auch vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 03.09.2014, 1 BvR 1768/11 aufgegriffen.
Auch aus der der Norm des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II entsprechenden 2. Alternative des § 23 Abs.3 Satz 1 SGB XII (Leistungsausschluss für Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt) lässt sich kein Argument gegen eine solche Auslegung der Vorschrift des § 21 Satz 1 SGB XII ableiten. Zunächst ist es nach Auffassung der Kammer bereits dem Grunde nach nicht zulässig, aus der Einführung der auf dem Entwurf des Gesetzes zur Änderung des SGB XII und anderer Gesetze vom 25.09.2006 beruhenden Norm des § 23 Abs.3 Satz 1 SGB XII auf den gesetzgeberischen Willen bei der Konzeption der Norm des § 21 Satz 1 SGB XII (vom 27.12.2003) zu schließen. Überdies führt Coseriu im juris-PK zu § 23 SGB II zur Entstehungsgeschichte des § 23 Abs.3 Satz 1 2.Alt.SGB XII (Rn. 64) aus:
"Der zunächst im SGB XII noch nicht vorgesehene Ausschluss von Leistungen nach dem SGB XII ist mit Wirkung vom 07.12.2006 durch das Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 02.12.2006 eingeführt worden und sollte im Hinblick auf die entsprechende Regelung in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II sicherstellen, dass der von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossene Ausländer keinen Leistungsanspruch nach dem SGB XII herleiten kann. Dies hatte etwa das LSG NRW zu Recht mit der Begründung angenommen, der Ausländer habe dem Grunde nach keinen Leistungsanspruch nach dem SGB II; deshalb greife der Leistungsausschluss des § 21 Abs. 1 SGB XII nicht." Sofern die Einführung des § 23 Abs.3 Satz 1 2. Alt. SGB XII aber als "sicherstellende" gesetzgeberische Reaktion auf eine bereits in der damaligen Rechtsprechung vertretene Auffassung, die über die Anwendung des SGB XII eine faktische Aufhebung des vom Gesetzgeber durch § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II gewünschten Ausschlusses bestimmter Personengruppen vom Sozialleistungsbezug bewirkte, zu verstehen ist, lässt sie sich aber nicht argumentativ gegen die Auslegung des § 21 Satz 1 SGB XII als "Anwendungssperre" für Erwerbsfähige ins Feld führen. In der Gesetzesbegründung des aufgrund des Gesetzes zur 2. Änderung des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuchs vom 24.03.2006 eingeführten § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II (BT Drs. 16/688, S. 13) heißt es zudem: "Auch wenn bei Ausländern die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, das heißt sie zwischen 15 und unter 65 Jahre alt, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben, können dennoch die Leistungen nach diesem Buch durch den neugefassten Satz 2 ausgeschlossen sein. Darüber hinaus kommen dann für diese Personengruppe auch Leistungen des SGB XII wegen § 21 Satz 1 SGB XII nicht in Betracht, da sie dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II ist." Jedenfalls auch zu diesem Zeitpunkt ist der Gesetzgeber mithin noch davon ausgegangen, dass Erwerbsfähige aufgrund der Vorschrift des § 21 Satz 1 SGB XII keine Leistungen nach dem SGB XII beziehen konnten.
Da das Leistungssystem des SGB XII für die Antragstellerin bereits aufgrund der Vorschrift des § 21 Satz 1 SGB XII verschlossen ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Antragstellerin (als Staatsangehörige des EFA-Mitgliedsstaats Italien und aufgrund des Gleichbehandlungsgebots in Art.1 EFA) im Falle eines grundsätzlichen Leistungsanspruchs nach dem SGB XII ein "gebundener" Anspruch oder ein Anspruch auf eine Entscheidung des Leistungsträgers nach dem SGB XII auf die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens nach § 23 Abs.1 Satz 3 SGB XII zur Seite stünde. Das Gericht weist in diesem Zusammenhang aber daraufhin, dass es im Falle der Annahme eines Leistungsausschlusses gemäß § 23 Abs.3 Satz 1 2.Alt. SGB XII keinen Raum mehr für die Gewährung von Leistungen nach § 23 Abs.1 Satz 3 SGB XII sieht. Gemäß § 23 Abs.1 SGB XII ist Ausländern, die sich im Inland tatsächlich aufhalten, Hilfe zum Lebensunterhalt, Hilfe bei Krankheit, Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschaft sowie Hilfe zur Pflege nach diesem Buch zu leisten. Die Vorschriften des Vierten Kapitels bleiben unberührt. Im Übrigen kann Sozialhilfe geleistet werden, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist ( ) Nach § 23 Abs.3 Satz 1SGB XII haben Ausländer, die eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen, oder deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, sowie ihre Familienangehörigen keinen Anspruch auf Sozialhilfe. Bereits nach dem systematischen Aufbau der Vorschrift bezieht sich der in § 23 Abs.3 Satz 1 2.Alt. SGB XII geregelte Leistungsausschluss aber auf die davor aufgeführten Absätze und damit auch auf die Vorschrift des § 23 Abs.1 SGB XII insgesamt – mithin auch auf § 23 Abs.1 Satz 3 SGB XII. Soweit das BSG auf den "unveränderten Wortlaut" des § 23 SGB XII im Verhältnis zum früheren § 120 BSHG und in diesem Zusammenhang maßgeblich auf eine frühere Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 1987 – 5 C 32/85 –, BVerwGE 78, 314-321) verweist (BSG, Urteil vom 03.12.2015, B 44 AS 15 R, Rn.51/52,- juris), ist einzuräumen, dass der Wortlaut des § 120 BSHG zwar unmittelbar vor der Einführung des SGB XII im Wesentlichen dem Wortlaut des § 23 SGB XII entsprach. Die der Entscheidung des BVerwG vom 10.12.1987 zugrundeliegende Fassung des § 120 BSHG war aber in ihren wesentlichen Grundzügen anders gefasst. § 120 Abs.1 BSHG in der Fassung vom 22.12.1983 lautete: "Personen, die nicht Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sind und die sich im Geltungsbereich dieses Gesetzes tatsächlich aufhalten, ist Hilfe zum Lebensunterhalt, Krankenhilfe, Hilfe für werdende Mütter und Wöchnerinnen, Tuberkulosehilfe und Hilfe zur Pflege nach diesem Gesetz zu gewähren; wer sich in den Geltungsbereich dieses Gesetzes begeben hat, um Sozialhilfe zu erlangen, hat keinen Anspruch. Im übrigen kann Sozialhilfe gewährt werden, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist."
Im Gegensatz zu späteren Fassungen des BSHG (ab dem Jahr 1993) ist hier die Möglichkeit der Gewährung von Leistungen im Wege des Ermessens aber nach dem Leistungsausschluss aufgeführt. Diese Systematik konnte in der Tat zu der Annahme berechtigen, dass die Gewährung von Leistungen im Ermessenswege auch im Falle eines Leistungsausschlusses möglich bleiben sollte. Vor diesem Hintergrund bezog sich das BVerwG in dem vom BSG zitierten Urteil auch gerade auf den Wortlaut der Norm des § 120 BSHG. Es führt aus: "Auch aus der Systematik des § 120 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BSHG folgt dieses Verständnis. Der mit "Im übrigen ..." eingeleitete Satz 2 des § 120 Abs. 1 BSHG schließt an den Satz 1 mit seinen b e i d e n Halbsätzen an. Daß sich der Ausschluß vom Rechtsanspruch auf bestimmte Hilfen (zum Beispiel die Eingliederungshilfe), der nach Halbsatz 1 des § 120 Abs. 1 Satz 1 BSHG von vornherein besteht, aus einem Umkehrschluß ergibt, während er im Halbsatz 2 unmittelbar bestimmt ist, ändert nichts an der "Gleichwertigkeit" des Ausschlusses vom Rechtsanspruch als des Tatbestandsmerkmals, an das im anschließenden Satz 2 die Möglichkeit der Hilfegewährung im Einzelfall (in Ausübung von Ermessen) geknüpft ist (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 1987 – 5 C 32/85 –, BVerwGE 78, 314-321, Rn. 14). Unter Berücksichtigung des geänderten Aufbaus der Norm sind die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Überzeugung der Kammer für die Beurteilung der Systematik des § 23 SGB XII nicht mehr heranzuziehen. Weiter geht die Kammer nicht davon aus, dass die Begrifflichkeit des "Anspruchs" in § 23 Abs.3 Satz 1 2. Alt. SGB XII tatsächlich nur den "gebundenen Anspruch" bzw. "Rechtsanspruch" und nicht auch die Gewährung von Leistungen im Ermessenswege gemäß § 23 Abs.1 Satz 3 SGB XII erfassen soll. Dies ergibt sich aus § 17 SGB XII, der die gesetzliche Überschrift "Anspruch" trägt und diese Begrifflichkeit damit definiert. Er lautet wie folgt: "(1) Auf Sozialhilfe besteht ein Anspruch, soweit bestimmt wird, dass die Leistung zu erbringen ist. Der Anspruch kann nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden. (2) Über Art und Maß der Leistungserbringung ist nach pflichtmäßigem Ermessen zu entscheiden, soweit das Ermessen nicht ausgeschlossen wird. Werden Leistungen auf Grund von Ermessensentscheidungen erbracht, sind die Entscheidungen im Hinblick auf die sie tragenden Gründe und Ziele zu überprüfen und im Einzelfall gegebenenfalls abzuändern." Mit dem Begriff "Anspruch" meint das Gesetz nach seinem Sinn und Zweck nicht nur die Forderung gegen den Sozialhilfeträger auf eine Mussleistung, sondern auch Forderungen aus einer eine Ermessensleistung bewilligenden Entscheidung (so ausdrücklich Coseriu in juris-PK zu § 17 SGB XII, Rn.19). Dies ergibt sich für die Kammer insbesondere auch daraus, dass der zweite Absatz des ausweislich seiner Überschrift die Begrifflichkeit des Anspruchs definierenden § 17 SGB XII explizit regelt, in welchem Zusammenhang Leistungsträger bei der Realisierung des Anspruchs Ermessen auszuüben hat und wie dieses Ermessen auszuüben ist. Die Einbeziehung dieser Regelung in die Norm des § 17 SGB II erschiene aber nicht sinnvoll, wenn der Gesetzgeber den Anspruch auf Ermessensentscheidungen nicht in die Definition des Anspruchs einbeziehen wollte. Warum der Begriff des "Anspruchs" in § 23 Abs.3 Satz 2 2.Alt. SGB XII aber von dem des § 17 SGB XII abweichen sollte, ist nicht ersichtlich. Von einem "Rechtsanspruch" ist in § 23 Abs.3 Satz 2 SGB XII indes nicht die Rede. Das BSG weist in seinem Urteil vom 03.12.2015, B 44 AS 15 R, Rn.49,- juris überzeugend daraufhin, dass die Einführung des Leistungsausschlusses des § 23 Abs.3 Satz 1 2.Alt. sicherstellen sollte, dass von einem Leistungsausschluss nach dem SGB II erfasste Ausländer auch aus dem SGB XII keine Ansprüche herleiten konnten. Dieses gesetzgeberische Ziel wird vor dem Hintergrund der nunmehr vom BSG gewählten Auslegung der Norm nur eingeschränkt erreicht.
Die Kammer geht auch nicht davon aus, dass der Ausschluss von Ausländern, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, gegen die Art.1 Abs.1, Art.20 Abs.1 des Grundgesetzes (GG) verstößt (vgl. hierzu umfassend und überzeugend Sozialgericht Dortmund, Beschluss vom 23.11.2015, S 30 AS 3827/15 ER,- juris; Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 05. November 2015 – L 3 AS 479/15 B ER –, juris). Vielmehr hat der Gesetzgeber mit dem Leistungsausschluss für EU-Ausländer, die ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ableiten, den Nachrang des deutschen Sozialleistungssystems gegenüber dem des Herkunftslandes normiert. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 05. November 2015 – L 3 AS 479/15 B ER –Rn.26 , juris). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18.07.2012 (1 BvL 10/10, 1BvL 2/11, juris). Gegenstand dieser Entscheidung ist die Frage, inwiefern der Gesetzgeber bei der Ermittlung der Höhe von Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums (dort: Höhe der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) im Vergleich zu den Leistungen nach dem SGB II und SGB XII) unterschiedliche Bedarfe festsetzen und sich bei dieser Differenzierung am Aufenthaltsstatus der Hilfebedürftigen orientieren darf. Das BVerfG führt in diesem Zusammenhang in Rn.74 (juris) aus: "Falls der Gesetzgeber bei der Festlegung des menschenwürdigen Existenzminimums die Besonderheiten bestimmter Personengruppen berücksichtigen will, darf er bei der konkreten Ausgestaltung existenzsichernder Leistungen nicht pauschal nach dem Aufenthaltsstatus differenzieren. Eine Differenzierung ist nur möglich, sofern deren Bedarf an existenznotwendigen Leistungen von dem anderer Bedürftiger signifikant abweicht und dies folgerichtig in einem inhaltlich transparenten Verfahren anhand des tatsächlichen Bedarfs gerade dieser Gruppe belegt werden kann" In Rn.75 (juris) heißt es: "Ob und in welchem Umfang der Bedarf existenznotwendigen Leistungen für Menschen mit nur vorübergehendem Aufenthaltsrecht in Deutschland ( ) bestimmt werden kann, hängt allein davon ab, ob wegen eines nur kurzfristigen Aufenthalts konkrete Minderbedarfe gegenüber Hilfsempfängern mit Daueraufenthaltsrecht nachvollziehbar festgestellt und bemessen werden können" Das Urteil enthält dagegen keine Aussage darüber, inwiefern es dem Gesetzgeber möglich ist, Personen ohne Aufenthaltsrecht Sozialleistungen zu verwehren (in Rn.74 knüpft es vielmehr an ein bestehendes Aufenthaltsrecht an) oder Personen mit einem bestimmten, näher definierten Aufenthaltsrecht (hier: dem Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche) vom Bezug von Sozialleistungen auszuschließen.
Die Kammer verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die Situation eines Asylbewerbers nicht mit der eines EU-Bürgers vergleichbar ist, der von seinem Freizügigkeitsrecht zum Zweck der Arbeitsuche Gebrauch gemacht hat und in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist. Während ein Asylbewerber, der sich auf eine politische Verfolgung in seinem Heimatland beruft, regelmäßig nicht in sein Herkunftsland zurückkehren kann, ist dies der hier betroffenen Personengruppe grundsätzlich ohne Weiteres möglich. Diese Rückkehr in das Heimatland stellt auch ein zumutbares Mittel zur Selbsthilfe dar, dessen Einforderung das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht verletzt. Das Bundesverfassungsgericht hat in einer gegen den Leistungsausschluss des § 7 Abs.5 Satz 1 SGB II (Leistungsausschluss für Auszubildende) gerichteten Verfassungsbeschwerde die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt (Beschluss vom 08.10.2014, 1 BvR 886/11 (juris)). Es hat in diesem Zusammenhang in Rn.13 ausgeführt: "Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art.1 Abs.1 GG in Verbindung mit Art.20 Abs.1 GG ( ) ist nicht verletzt. Nach § 2 Abs.2 Satz 2 SGB II müssen erwerbsfähige Leistungsberechtigte ihre Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts einsetzen; dies tut der Beschwerdeführer nicht, wenn er studiert. Daher schließt § 7 Abs.5 Satz 1 SGB a.F. im Fall des Beschwerdeführers die Gewährung dieser Grundsicherungsleistungen aus." In Rn.14 heißt es weiter: "Der faktische Zwang, ein Studium abbrechen zu müssen, weil keine Sozialleistungen zur Verfügung stehen, berührt zwar die teilhaberechtliche Dimension des Art.12 Abs.1 in Verbindung mit Art.3 Abs.1 GG und dem Sozialstaatsgebot des Art.20 Abs.1 GG ( ) Der Gesetzgeber hat mit den Vorschriften des Bundesausbildungsförderungsgesetzes jedoch ein besonderes Sozialleistungssystem zur individuellen Förderung der Hochschulausbildung durch den Staat geschaffen, das diese Teilhabe sichern soll." Die erkennende Kammer entnimmt diesen Ausführungen, dass das Bundesverfassungsgericht keinen von dem Hilfebedürftigen möglichen Mitwirkungshandlungen losgelösten, allein aus der Hilfebedürftigkeit und dem tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet resultierenden Anspruch auf Sicherung des Existenzminimums annimmt. Der faktische Zwang, die bisherige Lebensführung zur Sicherung des Existenzminimums ändern zu müssen, führt danach nicht zur Verletzung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, sondern berührt vielmehr das Grundrecht, das diese vom Hilfebedürftigen anvisierte Lebensgestaltung schützt (im Fall 1 BvR 886/11 die dort genannten Grundrechte, hier ggf. Art.2 Abs.1 GG). Nach diesen Maßgaben sieht die Kammer keine Verpflichtung des Gesetzgebers, einen Aufenthalt des Hilfebedürftigen im Bundesgebiet trotz einer ihm möglichen Rückkehr in sein Heimatland durch die Gewährung von Sozialleistungen zu ermöglichen, wenn der Hilfebedürftige über gar kein Aufenthaltsrecht oder nur über ein solches verfügt, dessen Gewährung der nationale Gesetzgeber originär - europarechtlich zulässig - mit der Versagung von Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums verknüpft hat.
Eine Prüfung, inwiefern ein Hilfebedürftiger in seinem Herkunftsland das Existenzminimum nach deutschen Maßstäben sichern kann, ist in diesem Zusammenhang nicht anzustellen. Im Ausländerrecht ist die nachteilige wirtschaftliche Situation im Herkunftsland nämlich kein Maßstab, der zur Gewährung eines Aufenthaltsrechts oder dem Schutz vor einer Abschiebung führen kann. Sofern wirtschaftliche Gesichtspunkte bei der Beurteilung einer Abschiebung ins Herkunftsland nicht die Annahme der Unzumutbarkeit einer Rückkehr rechtfertigen können (vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 06.09.2007, 11 A 633/05 A, Rn.28-32 (juris) zur Zumutbarkeit einer Abschiebung nach Sierra Leone trotz völlig fehlender sozialer Sicherungssysteme und einer Arbeitslosenquote von 70 %), erscheint es zur Überzeugung der Kammer unter Berücksichtigung des Gedankens der Einheit der Rechtsordnung auch nicht gangbar, solche nachteiligen Lebensumstände im Herkunftsland bei der Prüfung der sozialrechtlichen Zumutbarkeit einer Rückkehr ins Feld zu führen. Über die Frage der Antragstellerin gegebenenfalls zustehender Überbrückungsleistungen zur Finanzierung der Rückkehr in ihr Heimatland bzw. des bis dahin noch erforderlichen Aufenthalts war nicht zu entscheiden, weil die Antragstellerin diese nicht beantragt hat. Der Antragstellerin geht es ausweislich ihres Gesamtvorbringens um die Gewährung laufender Leistungen zur Grundsicherung, die ihr einen fortwährenden Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland sichern sollen. Die Kostenentscheidung folgt aus einer analogen Anwendung von § 193 SGG.
Gründe:
I.) Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um die Verpflichtung des Antragsgegners, der Antragstellerin Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu gewähren.
Die am 22.03.1991 in Avezzano/ Italien geborene Antragstellerin ist italienische Staatsangehörige. Sie lebte zwischenzeitlich in Brasilien. Dort begann sie ein Jurastudium, das sie jedoch nicht abschloss. Im Anschluss hieran nahm sie Unterricht an einer englischen Sprachschule und absolvierte eine Berufsausbildung zur Stewardess, die sie auch erfolgreich zu Ende führte. Im Jahr 2012 lernte die Antragstellerin ihren in Deutschland lebenden Freund kennen und reiste am 04.06.2012 in Deutschland ein. Sie war zunächst in einem Eiscafe in Gera beschäftigt. Im Anschluss hieran arbeitete sie in verschiedenen Tätigkeiten, unter anderem als Spielhallenaufsicht. Zuletzt war die Antragstellerin gemäß einem Arbeitsvertrag vom 01.09.2015 bei der XXX– auch als Spielhallenaufsicht beschäftigt. Mit Schreiben vom 07.10.2015 kündigte die Antragstellerin dieses Arbeitsverhältnis fristlos.
Bereits am 11.06.2013 hatte die Antragstellerin beim Antragsgegner Leistungen nach dem SGB II beantragt. Der Antragsgegner gewährte ihr in der Folge – teilweise ergänzend - Leistungen nach dem SGB II, nach Aktenstand zuletzt für den Zeitraum bis zum 30.09.2015.
Am 20.10.2015 stellte die Antragstellerin beim Antragsgegner einen Weiterbewilligungsantrag.
Mit Bescheid vom 08.12.2015 lehnte der Antragsteller den Antrag ab. Da die Antragstellerin ihre letzte Stelle selbst gekündigt habe, wirke ihr Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin aus dieser Stelle nicht fort. Die Antragstellerin sei gemäß § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossen, weil sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergebe. Gegen diesen Ablehnungsbescheid erhob die Antragstellerin am 18.12.2015 Widerspruch. Zunächst habe sie die Stelle nicht selbst gekündigt. Der Arbeitgeber habe ihr nicht den vollen Lohn für den Monat September 2015 ausgezahlt. Als sie diesen im Oktober 2015 hierauf angesprochen habe, habe er einen Gesprächstermin in seinem Büro mit ihr vereinbart. Dort habe er ihr ein vorformuliertes Kündigungsschreiben vorgelegt. Da sie der deutschen Sprache nicht mächtig sei, habe sie das Schreiben für eine arbeitgeberseitige Kündigung gehalten, deren Empfang sie mit ihrer Unterschrift quittieren müsse. Zudem sei der Leistungsausschluss des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 europarechtswidrig und es bestünden erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit des von Bundesrepublik Deutschland erklärten Vorbehalts gegen das Europäische Fürsorgeabkommen (EFA) im Hinblick auf Leistungen nach dem SGB II.
Am 21.12.2015 hat die Antragstellerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel einer vorläufigen Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB II gestellt. Sie bezieht sich auf ihren Vortrag im Widerspruchsverfahren. Eine Bestätigung der Bundesagentur für Arbeit über die Unfreiwilligkeit ihrer Arbeitslosigkeit könne nicht beigebracht werden, dies könne aber nicht zu ihren Lasten gehen.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung aufzugeben, ihr für den Zeitraum ab dem 21.12.2015 vorläufig im Hinblick auf die rechtskräftige Entscheidung im Hauptsacheverfahren S 35 AS 287/16 Leistungen nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren. Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.
Sie wiederholt ihren Vortrag aus dem Ablehnungsbescheid, so auch im zwischenzeitlich erlassenen Widerspruchsbescheid vom 28.12.2015.
Am 20.01.2016 hat die Antragstellerin gegen den Ablehnungsbescheid des Antragstellers vom 08.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2016 Klage erhoben. Diese wird bei der erkennenden Kammer unter dem Aktenzeichen S 35 AS 287/16 geführt.
II.) Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nicht begründet. Eine einstweilige Anordnung kann gemäß § 86b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG hat der Antragsteller im Sinne von § 920 der Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft zu machen, dass ihm der umstrittene und zu sichernde Anspruch (Anordnungsanspruch) zusteht und die Regelung eines vorläufigen Zustands zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Anordnungsgrund). Im vorliegenden Fall fehlt es aber bereits an einem Anordnungsanspruch. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch gegen den Antragsgegner auf die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Auch ein Anspruch der Antragstellerin auf Leistungen nach dem SGB XII scheidet aus, so dass eine Beiladung des dortigen Trägers im Sinne von § 75 Abs.2 SGG nicht geboten war. Die Antragstellerin hat zunächst gegen den Antragsgegner keinen Anspruch auf die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II, weil er vom Leistungsausschluss des § 7 Abs.2 Satz 1 Nr.2 SGB II erfasst ist. Gemäß § 7 Abs.2 Satz 1 Nr.2 SGB II sind Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und ihre Familienangehörigen von der Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Ein anderweitiges Aufenthaltsrecht der Antragstellerin ist aber nicht ersichtlich. Ein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin gemäß § 2 Abs. 2 Nr.1 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) ist bereits deshalb nicht erkennbar, weil die Antragstellerin zur Zeit nicht erwerbstätig ist. Auch die Tatbestände des § 2 Abs.3 FreizügG/EU, aus denen die Antragstellerin eine Aufrechterhaltung ihrer Arbeitnehmerfreizügigkeit ableiten könnte, greifen nicht. Dieser lautet: Das Recht nach Absatz 1 bleibt für Arbeitnehmer und selbständig Erwerbstätige unberührt bei 1. vorübergehender Erwerbsminderung infolge Krankheit oder Unfall, 2. unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit oder Einstellung einer selbständigen Tätigkeit infolge von Umständen, auf die der Selbständige keinen Einfluss hatte, nach mehr als einem Jahr Tätigkeit, 3. Aufnahme einer Berufsausbildung, wenn zwischen der Ausbildung und der früheren Erwerbstätigkeit ein Zusammenhang besteht; der Zusammenhang ist nicht erforderlich, wenn der Unionsbürger seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren hat. Bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach weniger als einem Jahr Beschäftigung bleibt das Recht aus Absatz 1 während der Dauer von sechs Monaten unberührt."
Die Tatbestände der § 2 Abs.3 Satz 1 Nr.2 FreizügG/EU und §2 Abs.3 Satz 2 FreizügG/EU kommen aber bereits deshalb nicht in Betracht, weil es in beiden unbeschadet des angesichts der aus der Verwaltungsakte hervorgehenden Deutschkenntnisse zweifelhaften Vortrags der Antragstellerin an der hierfür konstitutiven Bestätigung der Bundesagentur für Arbeit über die Unfreiwilligkeit der Arbeitslosigkeit (Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 20. August 2012 – 3 B 202/12 –, juris) fehlt, die nach Angabe der Antragstellerin auch nicht beigebracht werden kann. Ein Daueraufenthaltsrecht gemäß § 4a Abs.1 FreizügG/EU (nach fünfjährigem rechtmäßigen Aufenthalt) kann aufgrund der Einreise des Antragstellerin am 04.06.2012 frühestens am 04.06.2017 entstehen.
Auch die Frage, ob der Antragstellerin momentan ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitsuche gemäß § 2 Abs.2 Nr. 1a FreizügG/EU zusteht, bedarf keiner weiteren Klärung. Danach sind Unionsbürger, die sich zur Arbeitsuche aufhalten, für bis zu sechs Monate und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden, freizügigkeitsberechtigt. Auch wenn dies nicht der Fall sein sollte, wird sie in Anbetracht des Fehlens eines weiteren Aufenthaltsrechts nämlich "erst recht" vom Leistungsausschluss des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II erfasst. Die erkennende Kammer hat hierzu in ihren Beschlüssen vom 05.05.2014 (S 35 AS 772/14 ER und S 35 AS 804/14 ER, veröffentlicht bei juris) und 18.11.2014 (S 35 AS 3929/14 ER, veröffentlicht bei juris) – zum damaligen Zeitpunkt noch im Rahmen einer Folgenabwägung - zu dieser Problematik ausgeführt: "Die ( )Auffassung, zu der auch die erkennende Kammer tendiert, nimmt eine Anwendbarkeit des Leistungsausschlusses gemäß § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB auch auf die Fälle an, in denen ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitsuche nie bestanden hat oder fortgefallen ist und kein anderes Aufenthaltsrecht feststellbar ist (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15.11.2013, L 15 As 365/13 B ER- juris, LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26.03.2014, L 15 As 16/14 B ER-juris, LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.11.2013, L 6 AS 130/13- juris (Rdnr. 36.) Danach erscheint es unter Berücksichtigung des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 Abs.1 des Grundgesetzes (GG) nicht vertretbar, Personen vom Leistungsbezug nach dem SGB II auszuschließen, die ein definiertes Aufenthaltsrecht, nämlich das zur Arbeitssuche besäßen, aber diejenigen einzubeziehen, die über gar kein Aufenthaltsrecht verfügten. Dies erscheine auch unter dem Gesichtspunkt widersinnig, dass bei den Personen, die keine Arbeit suchten oder deren Arbeitssuche objektiv wenig erfolgsgeneigt scheine, die geringste Chance zur Integration in den nationalen Arbeitsmarkt bestehe. Das Argument, dass beide Fallkonstellationen insofern nicht miteinander zu vergleichen seien, als gegen den Ausländer, der kein Aufenthaltsrecht mehr habe, aufenthaltsrechtliche Maßnahmen ergriffen werden könnten, trage nicht. Aufgrund der §§ 5 Abs.5, 6 und 7 des FreizügigG/EU bestehe das Freizügigkeitsrecht nämlich so lange, bis sein Nichtbestehen oder sein Verlust gemäß § 5 Abs.4 FreizügG/ EU festgestellt werden sei. Zudem wird darauf hingewiesen (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.11.2013, a.a.O), dass der genaue Zeitpunkt des Verlust eines Aufenthaltsrechts zum Zweck der Arbeitssuche (so die Einstellung der Arbeitssuche, der Verlust der objektiven Erfolgsaussichten) gar nicht festgestellt werden könne. Die erkennende Kammer tendiert insbesondere deshalb zu der letztgenannten Auffassung, weil Wortlaut und Aufbau des § 7 Abs.1 SGB II darauf hindeuten, dass die Norm "stillschweigend" vom Bestehen eines Aufenthaltsrechts des EU-Ausländers ausgeht. Nach der Definition der allgemeinen (positiven) Voraussetzungen für einen Leistungsbezug nach dem SGB II formuliert § 7 Abs.1 Satz 2 SGB II Leistungsausschlüsse für bestimmte nach § 7 Abs.1 Satz 1 SGB II grundsätzlich leistungsberechtigte Personengruppen. Sowohl die Formulierung im Leistungsausschluss des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ("die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts") als auch im hier streitigen Leistungsausschluss des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II ("deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt"), deuten nach Ansicht der Kammer aber daraufhin, dass der Gesetzgeber alle diejenigen Personengruppen vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausschließen wollte, die nicht zusätzlich zu ("allein") an niedrigschwellige Voraussetzungen angeknüpften Aufenthaltsrechten einen weiteren Aufenthaltstatbestand nachweisen können. Hierfür spricht auch, dass die im Zusammenhang mit § 7 Abs.1 Satz 1 Nr.4 SGB II angesprochene "Einfärbungslehre", die einen legalen Aufenthalt bereits in das Tatbestandsmerkmal des "gewöhnlichen Aufenthalts" hineinlas, zum Zeitpunkt der Formulierung der Norm im Jahr 2004 noch herrschend gewesen sein dürfte. Der Verweis darauf, dass die Ausländerbehörde nach dem Entfallen eines Aufenthaltsrechts den Verlust der Freizügigkeit feststellen und aufenthaltsbeendende Maßnahmen ergreifen könne (so wohl auch Kingreen in Staatsangehörigkeit als Differenzierungskriterium im Sozialleistungsrecht - Zur Vereinbarkeit von § 7 Abs.1 S.2 Nr.2 SGB II mit europäischem Unions- und deutschen Verfassungsrecht, SGb 03/13, 132 (134)), scheint aufgrund der Möglichkeit des EU-Ausländers, sich nach einer kurzfristigen Ausreise gemäß § 2 Abs.5 Satz 1 FreizügG/EU erneut ohne weitere Bedingungen für drei Monate im Bundesgebiet aufhalten zu können, dagegen eher theoretischer Natur zu sein." Bei dieser Einschätzung bleibt es im vorliegenden Verfahren. Zu einer Folgenabwägung sieht die Kammer sich nicht mehr veranlasst, nachdem das BSG in seinem Urteil vom 03. Dezember 2015 – B 4 AS 44/15 R, Rn.19-24, juris) eine planwidrige Lücke in der Vorschrift des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II erkannt und hieraus im Rahmen eines Erst-Recht-Schlusses eine Anwendung des Leistungsausschlusses auch auf Ausländer auf ohne Aufenthaltsrecht abgeleitet hat. Zum Hintergrund der Vorschrift des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II führt das BSG in dem vorgenannten Urteil vom 03. Dezember 2015 – B 4 AS 44/15 R in Rn. 21- juris, aus: "Es sollte von der Option des Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG Gebrauch gemacht werden (BT-Drucks 16/5065 S 234). Für Unionsbürger, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch machen, sollte eine weitere leistungsrechtliche Hürde geschaffen werden, sofern sie wegen des vorbehaltlosen Aufenthalts in den ersten drei Monaten oder allein zum Zweck der Arbeitsuche freizügigkeitsberechtigt sind (BT-Drucks 16/5065 S 234; BT-Drucks 16/688 S 13). Leistungsberechtigt sollten sie nur sein, wenn sie über eine von § 7 Abs 1 S 2 SGB II nicht erfasste Freizügigkeitsberechtigung oder ein sonstiges Aufenthaltsrecht verfügen. Hieraus folgt umgekehrt, dass nicht freizügigkeits- oder aufenthaltsberechtigte Unionsbürger nach dem gesetzgeberischen Plan von vornherein nicht leistungsberechtigt sein sollten." Im Hinblick auf die weitere Argumentation zur Verknüpfung des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II mit Art 24 Abs 2 RL 2004/38/EG wird vollumfänglich auf die überzeugenden Ausführungen des BSG in seinem Urteil vom 03. Dezember 2015 – B 4 AS 44/15 R, Rn. 22- juris verwiesen. Zweifel an der Europarechtskonformität dieser Norm - auch nach Maßgaben der vorgenannten Auslegung - bestehen nach den Urteilen des EuGH in den Rechtssachen Dano (vom 11.11.2014, C 333/13) und Alimanovic (vom 15.09.2015, C 67/14) nicht mehr. In diesen Rechtssachen hat der EuGH in der Sache entschieden, dass ein Mitgliedsstaat Staatsangehörige anderer Mitgliedsstaaten vom Zugang zu Sozialhilfeleistungen ausschließen kann, wenn ihnen gar kein Aufenthaltsrecht nach der RL 2004/38/EG zusteht (Dano) oder wenn ihr Aufenthaltsrecht sich nur aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt (Alimanovic) (vgl. ausführlicher zu der Problematik BSG, Urteil vom 03. Dezember 2015 – B 4 AS 44/15 R, Rn.35, juris). Auch im Hinblick auf die Wirksamkeit des von der Bundesregierung in Bezug auf die Leistungen nach dem SGB II erklärten Vorbehalt gegen das Europäische Fürsorgeabkommen hegt die Kammer keine Bedenken (so auch BSG, Urteil vom 03.Dezember 2015, B 4 AS 59/13 R, noch nicht veröffentlicht). Die Antragstellerin hat auch keinen Anspruch auf die Gewährung von Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Der Träger von Leistungen nach dem SGB XII kam nicht als leistungspflichtig im Sinne von § 75 Abs.2 SGG in Betracht, so dass er nicht beizuladen war. Die Antragstellerin ist als - unstreitig - Erwerbsfähige nämlich gemäß § 21 Satz 1 SGB XII vom Bezug von Leistungen nach dem SGB XII ausgeschlossen. Dieses von der Sichtweise des BSG in seinen Urteilen vom 03.12.2015 (B 4 AS 59/13 R, B 4 AS 43/15 R, B 4 AS 44/15 R), 16.12.2015 (B 4 AS 15/14 R, B 14 AS 18/14 R, B 14 AS 33/14 R) und 20.01.2016 (B 14 AS 15/15 R, B 14 AS 35/15 R) abweichende Ergebnis der Kammer folgt aus dem Wortlaut und Aufbau des § 21 SGB XII, der Gesetzesbegründung sowie dem vom BSG in weiteren Urteilen aufgezeigten systematischen Wechselspiel von SGB II und SGB XII und der in diesem Zusammenhang angenommenen abgrenzenden Funktion des § 21 SGB XII und der in § 7 SGB II vertretenen Leistungsausschlüsse. Bereits der Wortlaut des § 21 Satz 1 SGB XII spricht gegen die vom BSG angenommene Möglichkeit, einem Hilfebedürftigen, dessen mangelnde Anspruchsberechtigung auf Leistungen nach dem SGB II nicht aus dem Merkmal der (ggf. auch "fingierten") Erwerbsunfähigkeit resultiert, Leistungen nach dem SGB XII zu gewähren. Gemäß § 21 Satz 1 SGB XII erhalten Personen, die nach dem Zweiten Buch als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, keine Leistungen für den Lebensunterhalt. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber auf eine Leistungsberechtigung "als Erwerbsfähiger" "dem Grunde nach" abstellt, zeigt für die Kammer aber, dass bereits die positive Feststellung der Anspruchsvoraussetzung des § 7 Abs.1 Satz1 Nr.2 ("erwerbsfähig sind") dazu führen soll, dass ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII ausscheidet. Sowohl das Tatbestandsmerkmal "als Erwerbsfähige" wie auch das Tatbestandsmerkmal "dem Grunde nach" wären nämlich überflüssig, wenn es nicht um das Vorliegen von Erwerbsfähigkeit als zentrales Ausschlusskriterium, sondern um die tatsächliche Leistungsberechtigung bzw. den Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II ginge. Dann hätte vielmehr der bloße Verweis eben auf diese Leistungsberechtigung oder diesen Anspruch nahegelegen. Auch das Vorliegen eines Leistungsausschlusses (so auch gemäß § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II) lässt die Leistungsberechtigung "als Erwerbsfähiger" "dem Grunde nach" nach der Systematik der Norm im Übrigen nicht entfallen, denn während § 7 Abs.1 Satz 1 SGB II die (positiv formulierten) Tatbestandsvoraussetzungen ("dem Grunde nach") für einen Bezug von Leistungen nach dem SGB II benennt, schließen die Regelungen des § 7 Abs.1 Satz 2 SGB II ("ausgenommen sind" ") nach § 7 Abs.1 Satz 1 SGB II leistungsberechtigte Personengruppen wieder vom Leistungsbezug nach dem SGB II aus. Die Voraussetzung eines weiteren Aufenthaltsrechts als "positive Tatbestandsvoraussetzung" hat der Gesetzgeber gerade nicht vorgenommen.
Für die Auslegung der Kammer spricht auch die weitere Systematik des § 21 SGB XII:
Gemäß § 21 Satz 2 SGB XII können Personen, die nicht hilfebedürftig nach § 9 des Zweiten Buches sind, abweichend von Satz 1 Leistungen nach § 36 (SGB XII) erhalten. Auch diese Regelung wäre aber überflüssig, wenn allein die fehlende Leistungsberechtigung nach dem SGB II (unabhängig vom Kriterium der Erwerbsfähigkeit) den Weg in einen Leistungsbezug nach dem SGB XII eröffnen könnte. Schon das Fehlen der in § 7 Abs.1 Satz 1 Nr.3 SGB II als positive Tatbestandsvoraussetzung benannten (und in § 9 SGB II näher definierten) Hilfebedürftigkeit ließe nämlich die Leistungsberechtigung nach dem SGB II entfallen. In § 21 Satz 2 SGB XII ließe sich dann keine Abweichung zu § 21 Satz 1 SGB XII erkennen (so aber der Gesetzeswortlaut).
Weiter beschreibt § 21 Satz 3 SGB XII das zwischen den Trägern von Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII anzuwendende Verfahren, wenn zwischen diesen unterschiedliche Auffassungen über die Zuständigkeit bestehen. Diesbezüglich ist der Träger von Leistungen nach dem SGB XII an die Feststellung einer vollen Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs.2 Satz des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuchs (SGB VI) und nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens an die Entscheidung der Agentur für Arbeit zur Erwerbsfähigkeit gemäß § 44 a Abs.1 SGB II gebunden. Dieses Instrumentarium vermittelt die Auffassung des Gesetzgebers, dass allein die unterschiedliche Einschätzung der Erwerbsfähigkeit als entscheidendes Abgrenzungskriterium zu Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen den Trägern führen kann. Einen Mechanismus für die Bewältigung weiterer möglicher Abgrenzungsfragen (so z.B. für die nach der neuen Rechtsprechung des BSG erforderliche Klärung, ob neben dem Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche noch ein weiteres Aufenthaltsrecht vorliegt) sieht § 21 SGB XII nicht vor. Auch die Gesetzesbegründung zu § 21 SGB XII (BT Drs. 15/1514, S. 57) spricht dafür, dass Erwerbsfähigen der Weg zu Leistungen nach dem SGB XII nicht eröffnet werden soll. Hier heißt es: "Die Regelung setzt nicht voraus, dass jemand tatsächlich Leistungen des anderen Sozialleistungsträgers erhält oder voll erhält, sondern knüpft an die Eigenschaft als Erwerbsfähige oder deren im Zweiten Buch näher bezeichneten Angehörigen an" (vgl. hierzu überzeugend SG Berlin, Urteil vom 11.12.2015, S 149 AS 7191/13, - juris). Dass das Tatbestandsmerkmal der Erwerbsfähigkeit entscheidendes Abgrenzungskriterium zwischen den Leistungssystemen von SGB II und SGB XII sein soll (so auch Coseriu in juris-PK zu § 21 SGB XII, Rn.10, der § 21 SGB XII eine systemabgrenzende Funktion beimisst) führt das BSG auch in seiner Entscheidung vom 03. Dezember 2015 – (Rn.41, - juris) aus. Hier heißt es: "Im Grundsatz gilt für die Systemzuweisung aufgrund der Erwerbszentriertheit des SGB II, dass derjenige, der von dem auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ausgerichteten Leistungssystem des SGB II ausgeschlossen werden soll, dem System des SGB XII zugewiesen wird." Diese Bedeutung der Erwerbsfähigkeit und der Arbeitsmarktnähe des Hilfebedürftigen für seine Zuweisung zu dem seiner ursprünglichen Konzeption nach erwerbszentrierten und arbeitsmarktnahen System des SGB II und dem "arbeitsmarktfernen" System des SGB XII hat das BSG auch in mehreren Entscheidungen herausgearbeitet, auf die es in seinem Urteil vom 03.12.2015 nunmehr zur Begründung seiner Prämisse verweist, dass im Falle des Ausschlusses eines erwerbsfähigen Ausländers von Leistungen gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nach dem SGB II ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII grundsätzlich möglich bleibe (Zitat: "Auf dieser Grundlage hat das BSG bereits für andere in § 7 SGB II geregelte Leistungsausschlüsse ausdrücklich entschieden, dass die "Anwendungssperre" des § 21 S 1 SGB XII nicht greift" Rn.42 (juris)) Eine differenzierte Betrachtung der Leistungsausschlüsse sei erforderlich.
Im Einzelnen nennt das BSG in diesem Zusammenhang folgende Urteile, die alle einen Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs.4 SGB II zum Gegenstand haben:
BSG vom 16.5.2012 - B 4 AS 105/11 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 30 RdNr 20 (Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs.4 SGB II wegen Bezugs einer litauischen Altersrente)
BSG vom 2.12.2014 - B 14 AS 66/13 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 42 RdNr 10, 24 (Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs.4 wegen Unterbringung in einer Klinik)
BSG vom 19.8.2015 - B 14 AS 1/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen - RdNr 47: vorzeitige Altersrente nach Aufforderung durch den Grundsicherungsträger) In dem erstgenannten Urteil vom 16.05.2012 (B 4 AS 105/11 R, Rn.23, - juris) führt das BSG zum Hintergrund des Leistungsausschlusses gemäß § 7 Abs.4 Satz 1 SGB II und im Hinblick auf die Zuordnung der Empfängerin einer ausländischen Rente zum Leistungssystem nach dem SGB XII exemplarisch aus: "Anspruch auf Leistungen haben allerdings grundsätzlich nur erwerbsfähige Hilfebedürftige. Nicht leistungsberechtigt ist, wer nicht erwerbsfähig iS des § 8 Abs 1 SGB II ist. Letzteres ist bei Personen in einer stationären Einrichtung (BSGE 99, 88 = SozR 4-4200 § 7 Nr 7, RdNr 13 f; SozR 4-4200 § 7 Nr 24, RdNr 20) und beim Bezug einer Altersrente (Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 7 RdNr 71) nicht unbedingt der Fall. Bei Beziehern von Altersrenten vor Erreichen des Regelrentenalters - danach sind sie bereits aus Gründen des § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB II nicht mehr leistungsberechtigt - wird jedoch nach der Begründung zur Regelung des § 7 Abs 4 S 1 SGB II typisierend angenommen, sie seien endgültig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden und müssten daher nicht mehr in Arbeit eingegliedert werden (vgl BT-Drucks 15/1749, S 31). Sie benötigen aus diesem Grunde keine Leistungen aus dem System des SGB II mehr. " Weiter heißt es: "( ) denn Erwerbsfähigkeit schließt Leistungen nach dem System des SGB XII gemäß § 21 S 1 SGB XII grundsätzlich aus. Nach § 21 S 1 SGB XII erhalten Personen, die nach dem SGB II als Erwerbsfähige oder als Angehörige dem Grunde nach leistungsberechtigt sind, keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Wenn jedoch vor dem Hintergrund des systematischen "Wechselspiels" zwischen SGB II und SGB XII Altersrentner vor Vollendung des Regelrentenalters nach deutschem Recht nicht als Erwerbsfähige leistungsberechtigt iS des SGB II sind, kann unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten für Bezieher ausländischer Altersrenten nichts Anderes gelten." Warum im Hinblick auf den Leistungsausschluss des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II nichts anderes gilt als in Bezug auf die in den vorgenannten Urteilen streitgegenständlichen Leistungsausschlüsse des § 7 Abs.4 SGB II (so BSG, Urteil vom 03.12.2015, B 44 AS 15 R, Rn.43,- juris), ist nicht ohne Weiteres zu erkennen: Sämtliche der in den früheren zitierten Urteilen des BSG behandelten Fallkonstellationen sind nämlich solche, in denen der Leistungsausschluss des BSG auf einer "fingierten Erwerbsunfähigkeit" beruht. So führt Coseriu in juris-PK zu § 21 SGB XII zu den Fallkonstellationen des § 7 Abs.4 SGB II aus: "Nach der Rechtsprechung des BSG handelt es sich bei dieser Norm, soweit es die Unterbringung in Einrichtungen betrifft, um eine "verkappte" Regelung der Erwerbsunfähigkeit. Auch bei den übrigen Varianten ist von einem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben auszugehen." Dass die "fingierte Erwerbsunfähigkeit" maßgeblicher Hintergrund der Leistungsausschlüsse des § 7 Abs.4 SGB II ist, ergibt sich plastisch aus der "Unterausnahme" des § 7 Abs.4 Satz 3 Nr.2 SGB II: Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, die einen wöchentlichen Umfang von mindestens 15 Stunden erreicht, hebt die "typisierende Annahme" der Erwerbsunfähigkeit nämlich auch für in einer stationären Einrichtung untergebrachte Hilfebedürftige wieder auf. Liegen die in § 7 Abs.4 SGB II geregelten Leistungsausschlüsse vor, erscheint es vor dem Hintergrund der vorab dargestellten Systemzusammenhangs von SGB und SGB XII auch der erkennenden Kammer geboten, von ihnen erfasste Hilfebedürftige im Rahmen einer teleologischen Reduktion nicht als "Erwerbsfähige" im Sinne von § 21 Satz 1 SGB XII zu behandeln. Maßgebliche Funktion dieser Leistungsausschlüsse ist es nämlich, dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehende Personen nicht dem nach seiner ursprünglichen Zielsetzung auf Aktivierung und Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt ausgerichteten System des SGB II zuzuordnen, sondern in das hiervon unabhängige Grundsicherungssystem des SGB XII zu integrieren. Dieser Hintergrund kann aber für den Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II nicht angenommen werden. Eine Fiktion der Erwerbsunfähigkeit ist aus einem Freizügigkeitsrecht zum Zweck der Arbeitsuche gerade nicht herauszulesen. Vielmehr sollte der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II eine leistungsrechtliche Hürde für den Zugang zu Sozialleistungen schaffen. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Norm nämlich von der Option des Art.24 der RL 2004/38 EG Gebrauch machen, die vorgenannten Personengruppen vom Anspruch auf Sozialhilfe- mithin Leistungen nach dem SGB XII und dem SGB XII - auszuschließen (vgl. hierzu eindringlich und überzeugend BSG, Urteil vom 03.12.2015, B 44 AS 15 R, Rn.21-24 und Rn.48-50, juris). Der Leistungsausschluss sollte in beiden Systemen gleichermaßen greifen (BSG, Urteil vom 03.12.2015, B 44 AS 15 R, Rn.50,- juris). Vor dem Hintergrund dieser sozialpolitischen Zielsetzung hat der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II anders als in den Fällen des § 7 Abs.4 SGB II keine systemabgrenzende, sondern eine "systemausschließende" Funktion. Anders als in den Fällen des § 7 Abs.4 SGB II erscheint es dann aber wenig sachgerecht, von diesem Leistungsausschluss Betroffene dem zu "bedingungslosen" Leistungen zur Grundsicherung führenden Leistungssystem des SGB XII zuzuweisen. Dass aufgrund der Vorschrift des § 21 Satz 1 SGB XII grundsätzlich auch Erwerbsfähigen der Zugang zum SGB XII eröffnet werden sollte, kann auch nicht damit begründet werden, dass die Leistungsausschlüsse der §§ 22 Abs.1, 23 Abs.3 Satz 2 SGB XII ansonsten "leerliefen":
Im Hinblick auf § 22 Abs.1 SGB XII, der Auszubildende, deren Ausbildung nach den Vorschriften des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) und des Dritten Buchs Sozialgesetzbuchs (SGB III) grundsätzlich förderungsfähig ist, vom Bezug von Leistungen nach dem SGB XII ausschließt, ergibt sich dies daraus, dass die Aufnahme einer Ausbildung oder eines Studiums nicht zwangsläufig eine Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 7 Abs.1 Satz 1 Nr.2 SGB II voraussetzt, so dass für diese der Norm des § 7 Abs.5 SGB II entsprechende und aus dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) übernommene Vorschrift auch bei einer Einordnung des § 21 SGB XII als "Anwendungssperre" für Erwerbsfähige ein eigenständiger Regelungsgehalt verbleibt. Dass § 22 Abs.1 SGB XII sich auf nicht erwerbsfähige Auszubildende beziehen soll, hat das BSG in seinem Urteil vom 06.09.2007 (B 14/7b As 36/06 R,-juris) auch ausdrücklich dargestellt. Hier heißt es: "Soweit der Kläger meint, Auszubildende würden nach dem SGB II schlechter gestellt als nach dem SGB XII, weil die Leistungen im besonderen Härtefall nach dem SGB II nur als Darlehen, nach § 22 Abs.1 Satz 2 SGB XII jedoch auch als Beihilfe gewährt werden können, führt dieses ebenfalls nicht zur Erforderlichkeit einer vom SGB XII abweichenden Anwendung des § 7 Abs.5 Satz 1 SGB II. Grund für die unterschiedlichen Leistungsarten ist die Zuordnung zu dem einen oder anderen System, differenziert nach der Erwerbsfähigkeit. Bei dem Erwerbsfähigen kann erwartet werden, dass er die Leistung nach Beendigung der Ausbildung und Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zurückzahlen kann. Diese Aussicht besteht bei dem SGB XII-Leistungsempfänger nicht ohne weiteres, so dass die Leistungsgewährung in Form der Beihilfe berechtigt erscheint." Die gebotene Differenzierung zwischen erwerbsfähigen und nicht erwerbsfähigen Auszubildenden, die die (früher) ungleiche Konzeption der Leistungsausschlüsse der §§ 7 Abs.5 Satz 1 SGB II und 22 Abs.1 Satz 2 SGB XII rechtfertige, wird auch vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 03.09.2014, 1 BvR 1768/11 aufgegriffen.
Auch aus der der Norm des § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II entsprechenden 2. Alternative des § 23 Abs.3 Satz 1 SGB XII (Leistungsausschluss für Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt) lässt sich kein Argument gegen eine solche Auslegung der Vorschrift des § 21 Satz 1 SGB XII ableiten. Zunächst ist es nach Auffassung der Kammer bereits dem Grunde nach nicht zulässig, aus der Einführung der auf dem Entwurf des Gesetzes zur Änderung des SGB XII und anderer Gesetze vom 25.09.2006 beruhenden Norm des § 23 Abs.3 Satz 1 SGB XII auf den gesetzgeberischen Willen bei der Konzeption der Norm des § 21 Satz 1 SGB XII (vom 27.12.2003) zu schließen. Überdies führt Coseriu im juris-PK zu § 23 SGB II zur Entstehungsgeschichte des § 23 Abs.3 Satz 1 2.Alt.SGB XII (Rn. 64) aus:
"Der zunächst im SGB XII noch nicht vorgesehene Ausschluss von Leistungen nach dem SGB XII ist mit Wirkung vom 07.12.2006 durch das Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 02.12.2006 eingeführt worden und sollte im Hinblick auf die entsprechende Regelung in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II sicherstellen, dass der von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossene Ausländer keinen Leistungsanspruch nach dem SGB XII herleiten kann. Dies hatte etwa das LSG NRW zu Recht mit der Begründung angenommen, der Ausländer habe dem Grunde nach keinen Leistungsanspruch nach dem SGB II; deshalb greife der Leistungsausschluss des § 21 Abs. 1 SGB XII nicht." Sofern die Einführung des § 23 Abs.3 Satz 1 2. Alt. SGB XII aber als "sicherstellende" gesetzgeberische Reaktion auf eine bereits in der damaligen Rechtsprechung vertretene Auffassung, die über die Anwendung des SGB XII eine faktische Aufhebung des vom Gesetzgeber durch § 7 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB II gewünschten Ausschlusses bestimmter Personengruppen vom Sozialleistungsbezug bewirkte, zu verstehen ist, lässt sie sich aber nicht argumentativ gegen die Auslegung des § 21 Satz 1 SGB XII als "Anwendungssperre" für Erwerbsfähige ins Feld führen. In der Gesetzesbegründung des aufgrund des Gesetzes zur 2. Änderung des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuchs vom 24.03.2006 eingeführten § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II (BT Drs. 16/688, S. 13) heißt es zudem: "Auch wenn bei Ausländern die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, das heißt sie zwischen 15 und unter 65 Jahre alt, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben, können dennoch die Leistungen nach diesem Buch durch den neugefassten Satz 2 ausgeschlossen sein. Darüber hinaus kommen dann für diese Personengruppe auch Leistungen des SGB XII wegen § 21 Satz 1 SGB XII nicht in Betracht, da sie dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II ist." Jedenfalls auch zu diesem Zeitpunkt ist der Gesetzgeber mithin noch davon ausgegangen, dass Erwerbsfähige aufgrund der Vorschrift des § 21 Satz 1 SGB XII keine Leistungen nach dem SGB XII beziehen konnten.
Da das Leistungssystem des SGB XII für die Antragstellerin bereits aufgrund der Vorschrift des § 21 Satz 1 SGB XII verschlossen ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Antragstellerin (als Staatsangehörige des EFA-Mitgliedsstaats Italien und aufgrund des Gleichbehandlungsgebots in Art.1 EFA) im Falle eines grundsätzlichen Leistungsanspruchs nach dem SGB XII ein "gebundener" Anspruch oder ein Anspruch auf eine Entscheidung des Leistungsträgers nach dem SGB XII auf die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens nach § 23 Abs.1 Satz 3 SGB XII zur Seite stünde. Das Gericht weist in diesem Zusammenhang aber daraufhin, dass es im Falle der Annahme eines Leistungsausschlusses gemäß § 23 Abs.3 Satz 1 2.Alt. SGB XII keinen Raum mehr für die Gewährung von Leistungen nach § 23 Abs.1 Satz 3 SGB XII sieht. Gemäß § 23 Abs.1 SGB XII ist Ausländern, die sich im Inland tatsächlich aufhalten, Hilfe zum Lebensunterhalt, Hilfe bei Krankheit, Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschaft sowie Hilfe zur Pflege nach diesem Buch zu leisten. Die Vorschriften des Vierten Kapitels bleiben unberührt. Im Übrigen kann Sozialhilfe geleistet werden, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist ( ) Nach § 23 Abs.3 Satz 1SGB XII haben Ausländer, die eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen, oder deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, sowie ihre Familienangehörigen keinen Anspruch auf Sozialhilfe. Bereits nach dem systematischen Aufbau der Vorschrift bezieht sich der in § 23 Abs.3 Satz 1 2.Alt. SGB XII geregelte Leistungsausschluss aber auf die davor aufgeführten Absätze und damit auch auf die Vorschrift des § 23 Abs.1 SGB XII insgesamt – mithin auch auf § 23 Abs.1 Satz 3 SGB XII. Soweit das BSG auf den "unveränderten Wortlaut" des § 23 SGB XII im Verhältnis zum früheren § 120 BSHG und in diesem Zusammenhang maßgeblich auf eine frühere Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 1987 – 5 C 32/85 –, BVerwGE 78, 314-321) verweist (BSG, Urteil vom 03.12.2015, B 44 AS 15 R, Rn.51/52,- juris), ist einzuräumen, dass der Wortlaut des § 120 BSHG zwar unmittelbar vor der Einführung des SGB XII im Wesentlichen dem Wortlaut des § 23 SGB XII entsprach. Die der Entscheidung des BVerwG vom 10.12.1987 zugrundeliegende Fassung des § 120 BSHG war aber in ihren wesentlichen Grundzügen anders gefasst. § 120 Abs.1 BSHG in der Fassung vom 22.12.1983 lautete: "Personen, die nicht Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sind und die sich im Geltungsbereich dieses Gesetzes tatsächlich aufhalten, ist Hilfe zum Lebensunterhalt, Krankenhilfe, Hilfe für werdende Mütter und Wöchnerinnen, Tuberkulosehilfe und Hilfe zur Pflege nach diesem Gesetz zu gewähren; wer sich in den Geltungsbereich dieses Gesetzes begeben hat, um Sozialhilfe zu erlangen, hat keinen Anspruch. Im übrigen kann Sozialhilfe gewährt werden, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist."
Im Gegensatz zu späteren Fassungen des BSHG (ab dem Jahr 1993) ist hier die Möglichkeit der Gewährung von Leistungen im Wege des Ermessens aber nach dem Leistungsausschluss aufgeführt. Diese Systematik konnte in der Tat zu der Annahme berechtigen, dass die Gewährung von Leistungen im Ermessenswege auch im Falle eines Leistungsausschlusses möglich bleiben sollte. Vor diesem Hintergrund bezog sich das BVerwG in dem vom BSG zitierten Urteil auch gerade auf den Wortlaut der Norm des § 120 BSHG. Es führt aus: "Auch aus der Systematik des § 120 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BSHG folgt dieses Verständnis. Der mit "Im übrigen ..." eingeleitete Satz 2 des § 120 Abs. 1 BSHG schließt an den Satz 1 mit seinen b e i d e n Halbsätzen an. Daß sich der Ausschluß vom Rechtsanspruch auf bestimmte Hilfen (zum Beispiel die Eingliederungshilfe), der nach Halbsatz 1 des § 120 Abs. 1 Satz 1 BSHG von vornherein besteht, aus einem Umkehrschluß ergibt, während er im Halbsatz 2 unmittelbar bestimmt ist, ändert nichts an der "Gleichwertigkeit" des Ausschlusses vom Rechtsanspruch als des Tatbestandsmerkmals, an das im anschließenden Satz 2 die Möglichkeit der Hilfegewährung im Einzelfall (in Ausübung von Ermessen) geknüpft ist (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 1987 – 5 C 32/85 –, BVerwGE 78, 314-321, Rn. 14). Unter Berücksichtigung des geänderten Aufbaus der Norm sind die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Überzeugung der Kammer für die Beurteilung der Systematik des § 23 SGB XII nicht mehr heranzuziehen. Weiter geht die Kammer nicht davon aus, dass die Begrifflichkeit des "Anspruchs" in § 23 Abs.3 Satz 1 2. Alt. SGB XII tatsächlich nur den "gebundenen Anspruch" bzw. "Rechtsanspruch" und nicht auch die Gewährung von Leistungen im Ermessenswege gemäß § 23 Abs.1 Satz 3 SGB XII erfassen soll. Dies ergibt sich aus § 17 SGB XII, der die gesetzliche Überschrift "Anspruch" trägt und diese Begrifflichkeit damit definiert. Er lautet wie folgt: "(1) Auf Sozialhilfe besteht ein Anspruch, soweit bestimmt wird, dass die Leistung zu erbringen ist. Der Anspruch kann nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden. (2) Über Art und Maß der Leistungserbringung ist nach pflichtmäßigem Ermessen zu entscheiden, soweit das Ermessen nicht ausgeschlossen wird. Werden Leistungen auf Grund von Ermessensentscheidungen erbracht, sind die Entscheidungen im Hinblick auf die sie tragenden Gründe und Ziele zu überprüfen und im Einzelfall gegebenenfalls abzuändern." Mit dem Begriff "Anspruch" meint das Gesetz nach seinem Sinn und Zweck nicht nur die Forderung gegen den Sozialhilfeträger auf eine Mussleistung, sondern auch Forderungen aus einer eine Ermessensleistung bewilligenden Entscheidung (so ausdrücklich Coseriu in juris-PK zu § 17 SGB XII, Rn.19). Dies ergibt sich für die Kammer insbesondere auch daraus, dass der zweite Absatz des ausweislich seiner Überschrift die Begrifflichkeit des Anspruchs definierenden § 17 SGB XII explizit regelt, in welchem Zusammenhang Leistungsträger bei der Realisierung des Anspruchs Ermessen auszuüben hat und wie dieses Ermessen auszuüben ist. Die Einbeziehung dieser Regelung in die Norm des § 17 SGB II erschiene aber nicht sinnvoll, wenn der Gesetzgeber den Anspruch auf Ermessensentscheidungen nicht in die Definition des Anspruchs einbeziehen wollte. Warum der Begriff des "Anspruchs" in § 23 Abs.3 Satz 2 2.Alt. SGB XII aber von dem des § 17 SGB XII abweichen sollte, ist nicht ersichtlich. Von einem "Rechtsanspruch" ist in § 23 Abs.3 Satz 2 SGB XII indes nicht die Rede. Das BSG weist in seinem Urteil vom 03.12.2015, B 44 AS 15 R, Rn.49,- juris überzeugend daraufhin, dass die Einführung des Leistungsausschlusses des § 23 Abs.3 Satz 1 2.Alt. sicherstellen sollte, dass von einem Leistungsausschluss nach dem SGB II erfasste Ausländer auch aus dem SGB XII keine Ansprüche herleiten konnten. Dieses gesetzgeberische Ziel wird vor dem Hintergrund der nunmehr vom BSG gewählten Auslegung der Norm nur eingeschränkt erreicht.
Die Kammer geht auch nicht davon aus, dass der Ausschluss von Ausländern, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, gegen die Art.1 Abs.1, Art.20 Abs.1 des Grundgesetzes (GG) verstößt (vgl. hierzu umfassend und überzeugend Sozialgericht Dortmund, Beschluss vom 23.11.2015, S 30 AS 3827/15 ER,- juris; Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 05. November 2015 – L 3 AS 479/15 B ER –, juris). Vielmehr hat der Gesetzgeber mit dem Leistungsausschluss für EU-Ausländer, die ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ableiten, den Nachrang des deutschen Sozialleistungssystems gegenüber dem des Herkunftslandes normiert. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 05. November 2015 – L 3 AS 479/15 B ER –Rn.26 , juris). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18.07.2012 (1 BvL 10/10, 1BvL 2/11, juris). Gegenstand dieser Entscheidung ist die Frage, inwiefern der Gesetzgeber bei der Ermittlung der Höhe von Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums (dort: Höhe der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) im Vergleich zu den Leistungen nach dem SGB II und SGB XII) unterschiedliche Bedarfe festsetzen und sich bei dieser Differenzierung am Aufenthaltsstatus der Hilfebedürftigen orientieren darf. Das BVerfG führt in diesem Zusammenhang in Rn.74 (juris) aus: "Falls der Gesetzgeber bei der Festlegung des menschenwürdigen Existenzminimums die Besonderheiten bestimmter Personengruppen berücksichtigen will, darf er bei der konkreten Ausgestaltung existenzsichernder Leistungen nicht pauschal nach dem Aufenthaltsstatus differenzieren. Eine Differenzierung ist nur möglich, sofern deren Bedarf an existenznotwendigen Leistungen von dem anderer Bedürftiger signifikant abweicht und dies folgerichtig in einem inhaltlich transparenten Verfahren anhand des tatsächlichen Bedarfs gerade dieser Gruppe belegt werden kann" In Rn.75 (juris) heißt es: "Ob und in welchem Umfang der Bedarf existenznotwendigen Leistungen für Menschen mit nur vorübergehendem Aufenthaltsrecht in Deutschland ( ) bestimmt werden kann, hängt allein davon ab, ob wegen eines nur kurzfristigen Aufenthalts konkrete Minderbedarfe gegenüber Hilfsempfängern mit Daueraufenthaltsrecht nachvollziehbar festgestellt und bemessen werden können" Das Urteil enthält dagegen keine Aussage darüber, inwiefern es dem Gesetzgeber möglich ist, Personen ohne Aufenthaltsrecht Sozialleistungen zu verwehren (in Rn.74 knüpft es vielmehr an ein bestehendes Aufenthaltsrecht an) oder Personen mit einem bestimmten, näher definierten Aufenthaltsrecht (hier: dem Aufenthaltsrecht zur Arbeitsuche) vom Bezug von Sozialleistungen auszuschließen.
Die Kammer verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die Situation eines Asylbewerbers nicht mit der eines EU-Bürgers vergleichbar ist, der von seinem Freizügigkeitsrecht zum Zweck der Arbeitsuche Gebrauch gemacht hat und in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist. Während ein Asylbewerber, der sich auf eine politische Verfolgung in seinem Heimatland beruft, regelmäßig nicht in sein Herkunftsland zurückkehren kann, ist dies der hier betroffenen Personengruppe grundsätzlich ohne Weiteres möglich. Diese Rückkehr in das Heimatland stellt auch ein zumutbares Mittel zur Selbsthilfe dar, dessen Einforderung das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht verletzt. Das Bundesverfassungsgericht hat in einer gegen den Leistungsausschluss des § 7 Abs.5 Satz 1 SGB II (Leistungsausschluss für Auszubildende) gerichteten Verfassungsbeschwerde die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt (Beschluss vom 08.10.2014, 1 BvR 886/11 (juris)). Es hat in diesem Zusammenhang in Rn.13 ausgeführt: "Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art.1 Abs.1 GG in Verbindung mit Art.20 Abs.1 GG ( ) ist nicht verletzt. Nach § 2 Abs.2 Satz 2 SGB II müssen erwerbsfähige Leistungsberechtigte ihre Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts einsetzen; dies tut der Beschwerdeführer nicht, wenn er studiert. Daher schließt § 7 Abs.5 Satz 1 SGB a.F. im Fall des Beschwerdeführers die Gewährung dieser Grundsicherungsleistungen aus." In Rn.14 heißt es weiter: "Der faktische Zwang, ein Studium abbrechen zu müssen, weil keine Sozialleistungen zur Verfügung stehen, berührt zwar die teilhaberechtliche Dimension des Art.12 Abs.1 in Verbindung mit Art.3 Abs.1 GG und dem Sozialstaatsgebot des Art.20 Abs.1 GG ( ) Der Gesetzgeber hat mit den Vorschriften des Bundesausbildungsförderungsgesetzes jedoch ein besonderes Sozialleistungssystem zur individuellen Förderung der Hochschulausbildung durch den Staat geschaffen, das diese Teilhabe sichern soll." Die erkennende Kammer entnimmt diesen Ausführungen, dass das Bundesverfassungsgericht keinen von dem Hilfebedürftigen möglichen Mitwirkungshandlungen losgelösten, allein aus der Hilfebedürftigkeit und dem tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet resultierenden Anspruch auf Sicherung des Existenzminimums annimmt. Der faktische Zwang, die bisherige Lebensführung zur Sicherung des Existenzminimums ändern zu müssen, führt danach nicht zur Verletzung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, sondern berührt vielmehr das Grundrecht, das diese vom Hilfebedürftigen anvisierte Lebensgestaltung schützt (im Fall 1 BvR 886/11 die dort genannten Grundrechte, hier ggf. Art.2 Abs.1 GG). Nach diesen Maßgaben sieht die Kammer keine Verpflichtung des Gesetzgebers, einen Aufenthalt des Hilfebedürftigen im Bundesgebiet trotz einer ihm möglichen Rückkehr in sein Heimatland durch die Gewährung von Sozialleistungen zu ermöglichen, wenn der Hilfebedürftige über gar kein Aufenthaltsrecht oder nur über ein solches verfügt, dessen Gewährung der nationale Gesetzgeber originär - europarechtlich zulässig - mit der Versagung von Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums verknüpft hat.
Eine Prüfung, inwiefern ein Hilfebedürftiger in seinem Herkunftsland das Existenzminimum nach deutschen Maßstäben sichern kann, ist in diesem Zusammenhang nicht anzustellen. Im Ausländerrecht ist die nachteilige wirtschaftliche Situation im Herkunftsland nämlich kein Maßstab, der zur Gewährung eines Aufenthaltsrechts oder dem Schutz vor einer Abschiebung führen kann. Sofern wirtschaftliche Gesichtspunkte bei der Beurteilung einer Abschiebung ins Herkunftsland nicht die Annahme der Unzumutbarkeit einer Rückkehr rechtfertigen können (vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 06.09.2007, 11 A 633/05 A, Rn.28-32 (juris) zur Zumutbarkeit einer Abschiebung nach Sierra Leone trotz völlig fehlender sozialer Sicherungssysteme und einer Arbeitslosenquote von 70 %), erscheint es zur Überzeugung der Kammer unter Berücksichtigung des Gedankens der Einheit der Rechtsordnung auch nicht gangbar, solche nachteiligen Lebensumstände im Herkunftsland bei der Prüfung der sozialrechtlichen Zumutbarkeit einer Rückkehr ins Feld zu führen. Über die Frage der Antragstellerin gegebenenfalls zustehender Überbrückungsleistungen zur Finanzierung der Rückkehr in ihr Heimatland bzw. des bis dahin noch erforderlichen Aufenthalts war nicht zu entscheiden, weil die Antragstellerin diese nicht beantragt hat. Der Antragstellerin geht es ausweislich ihres Gesamtvorbringens um die Gewährung laufender Leistungen zur Grundsicherung, die ihr einen fortwährenden Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland sichern sollen. Die Kostenentscheidung folgt aus einer analogen Anwendung von § 193 SGG.
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