Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 42 SB 2851/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 SB 268/15 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 22. September 2015 aufgehoben. Dem Kläger wird für das Klageverfahren erster Instanz mit Wirkung ab 14. September 2015 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwalts T L, Sstr., B, gewährt. Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen sind nicht zu leisten. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde des Klägers ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz SGG ) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet, denn das Sozialgericht hat zu Unrecht gemäß §§ 73 a SGG, 114 Zivilprozessordnung (ZPO) die hinreichende Erfolgsaussicht des Prozesskostenhilfegesuchs des Klägers verneint.
Der unbestimmte Rechtsbegriff der hinreichenden Erfolgsaussicht ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verfassungskonform auszulegen. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gebietet in Verbindung mit dem u. a. in Art. 20 Abs. 3 GG zum Ausdruck gebrachten Rechtsstaatsprinzip und dem aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgenden Gebot effektiven Rechtsschutzes eine weitergehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Hierbei braucht der Unbemittelte allerdings nur einem solchen Bemittelten gleichgestellt zu werden, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Dementsprechend darf die Prüfung der Erfolgsaussichten jedenfalls nicht dazu führen, über die Vorverlagerung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe eben dieses Nebenverfahren an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 28. November 2007, 1 BvR 68/07). Deshalb dürfen insbesondere schwierige, bislang nicht geklärte Rechts- und Tatfragen im Prozesskostenhilfeverfahren nicht entschieden werden, sondern müssen über die Gewährung von Prozesskostenhilfe auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung im Hauptsacheverfahren zugeführt werden können (Bundesverfassungsgericht, a.a.O., und Kammerbeschluss vom 4. Juli 1993, 1 BvR 1523/92). Vor diesem Hintergrund ist, ausgehend von dem für das Hauptsacheverfahren zugrunde zu legenden Sachantrag, eine hinreichende Erfolgsaussicht bereits dann gegeben, wenn das Gericht den klägerischen Rechtsstandpunkt aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder für zumindest vertretbar hält bzw. – sofern der Tatsachenstoff noch nicht geklärt ist – eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Rechtsschutzsuchenden ausgehen würde (so BVerfG a.a.O. mit weiteren Nachweisen).
Nach diesen Maßstäben war zum hier maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt der erstmaligen Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags am 14. September 2015 (vollständige Einreichung der Unterlagen zu der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse) die hinreichende Erfolgsaussicht der Klage nicht zu verneinen. Der Sachverhalt ist auf psychiatrischem Gebiet aufzuklären. Denn dem Anspruch des Klägers auf Zuerkennung des Merkzeichens B steht nicht von vornherein die Ablehnung der Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens G durch den Bescheid des Beklagten vom 17. Februar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 2015 entgegen. Der Klage-antrag ist im wohlverstandenen Interesse des anwaltlich nicht vertretenen Klägers dahingehend auszulegen, dass dieser über den bloßen Wortlaut des Antrags hinaus sein bisheriges Begehren, nämlich auch die Zuerkennung des Merkzeichen G, weiter verfolgt. Eine Erfolgsaussicht dieses Klagebegehrens ist im Hinblick auf die Vorgaben in Teil D Nr. 1 lit. f der Anlage zu § 2 VersMedV, mit denen sich der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden nicht auseinandergesetzt hat, nicht von der Hand zu weisen. Der Sachverständige wird weiter zu prüfen haben, ob der Kläger bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge seiner Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen ist (Teil D Nr. 2 lit. b der Anlage zu § 2 VersMedV).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde des Klägers ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz SGG ) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet, denn das Sozialgericht hat zu Unrecht gemäß §§ 73 a SGG, 114 Zivilprozessordnung (ZPO) die hinreichende Erfolgsaussicht des Prozesskostenhilfegesuchs des Klägers verneint.
Der unbestimmte Rechtsbegriff der hinreichenden Erfolgsaussicht ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verfassungskonform auszulegen. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gebietet in Verbindung mit dem u. a. in Art. 20 Abs. 3 GG zum Ausdruck gebrachten Rechtsstaatsprinzip und dem aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgenden Gebot effektiven Rechtsschutzes eine weitergehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Hierbei braucht der Unbemittelte allerdings nur einem solchen Bemittelten gleichgestellt zu werden, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Dementsprechend darf die Prüfung der Erfolgsaussichten jedenfalls nicht dazu führen, über die Vorverlagerung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe eben dieses Nebenverfahren an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (vgl. Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 28. November 2007, 1 BvR 68/07). Deshalb dürfen insbesondere schwierige, bislang nicht geklärte Rechts- und Tatfragen im Prozesskostenhilfeverfahren nicht entschieden werden, sondern müssen über die Gewährung von Prozesskostenhilfe auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung im Hauptsacheverfahren zugeführt werden können (Bundesverfassungsgericht, a.a.O., und Kammerbeschluss vom 4. Juli 1993, 1 BvR 1523/92). Vor diesem Hintergrund ist, ausgehend von dem für das Hauptsacheverfahren zugrunde zu legenden Sachantrag, eine hinreichende Erfolgsaussicht bereits dann gegeben, wenn das Gericht den klägerischen Rechtsstandpunkt aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder für zumindest vertretbar hält bzw. – sofern der Tatsachenstoff noch nicht geklärt ist – eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Rechtsschutzsuchenden ausgehen würde (so BVerfG a.a.O. mit weiteren Nachweisen).
Nach diesen Maßstäben war zum hier maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt der erstmaligen Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags am 14. September 2015 (vollständige Einreichung der Unterlagen zu der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse) die hinreichende Erfolgsaussicht der Klage nicht zu verneinen. Der Sachverhalt ist auf psychiatrischem Gebiet aufzuklären. Denn dem Anspruch des Klägers auf Zuerkennung des Merkzeichens B steht nicht von vornherein die Ablehnung der Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens G durch den Bescheid des Beklagten vom 17. Februar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 2015 entgegen. Der Klage-antrag ist im wohlverstandenen Interesse des anwaltlich nicht vertretenen Klägers dahingehend auszulegen, dass dieser über den bloßen Wortlaut des Antrags hinaus sein bisheriges Begehren, nämlich auch die Zuerkennung des Merkzeichen G, weiter verfolgt. Eine Erfolgsaussicht dieses Klagebegehrens ist im Hinblick auf die Vorgaben in Teil D Nr. 1 lit. f der Anlage zu § 2 VersMedV, mit denen sich der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden nicht auseinandergesetzt hat, nicht von der Hand zu weisen. Der Sachverständige wird weiter zu prüfen haben, ob der Kläger bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge seiner Behinderung regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen ist (Teil D Nr. 2 lit. b der Anlage zu § 2 VersMedV).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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BRB
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