L 9 U 5003/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 1189/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 5003/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Oktober 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Unfallereignisses als Arbeitsunfall.

Die 1959 geborene Klägerin erlitt während der Arbeitsschicht als Monteurin am 07.04.2014 einen Unfall, als ihr ein Kollege mit dem Gabelstapler über den Fuß fuhr. Zu dem Unfall kam es, als die Klägerin um 17:45 Uhr und damit 15 Minuten vor ihrer nächsten regulären Pause ihren Arbeitsplatz verließ und dabei den Fuß- und Fahrweg zwischen ihrem Arbeitsplatz und dem Schichtführerbüro betrat. Sie wurde beim Betreten der Fahrbahn sogleich von dem Gabelstapler ihres Kollegen, dem Zeugen K. erfasst, der nicht ausreichend Zeit hatte, sein Fahrzeug abzubremsen. Der Gabelstapler befand sich vor dem Unfall in einer Art "totem Winkel", da eine Stellwand mit betrieblichen Nachrichten den Arbeitsplatz der Klägerin von dem Fahrweg abgrenzte. Die Klägerin sah den Gabelstapler nicht, als dieser hinter ihrem Arbeitsplatz vorbeifuhr, und der Gabelstaplerfahrer K. sah die Klägerin nicht, als diese sich anschickte, die Fahrbahn zu betreten.

Im Durchgangsarztbericht des Dr. K. vom 08.04.2014 wurde als Erstdiagnose eine Quetschung des rechten Fußes angegeben.

Nach der noch am Unfalltag erfolgten Sofortmeldung des Arbeitgebers, der Firma E. GmbH in O., hatte sich die Klägerin von ihrem Arbeitsplatz auf den Weg nach draußen (Ausgang am Schichtführerbüro) begeben, um eine Zigarette zu rauchen. Da sie die Fahrbahn betreten habe, ohne zu schauen, habe der Zeuge K. nicht ausreichend schnell bremsen können, wodurch es zur Kollision mit dem Stapler gekommen sei. Die Klägerin habe mehrmals wiederholt, dass den Kollegen K. keine Schuld an dem Unfall treffe, da sie den Fahrweg ohne Umsicht betreten habe. Die Klägerin sei stets ansprechbar gewesen und aufgrund der Schwellung mit Verdacht auf Knochenbruch vom Rettungsdienst nach M. gefahren worden. Die Unfallsofortmeldung wurde vom Vorgesetzten der Klägerin, Herrn D., ausgefüllt.

Die Beklagte forderte die behandelnden Ärzte umgehend auf, die Behandlung zu ihren Lasten abzubrechen, da ein Arbeitsunfall nicht vorliege. Mit Bescheid vom 15.04.2014 stellte die Be-klagte fest, dass kein versicherter Arbeitsunfall vorliege, da sich das Unfallgeschehen auf dem Weg zu einer Zigarettenpause ereignet habe. Das Handeln habe daher nicht im inneren Zusammenhang mit der betrieblichen versicherten Tätigkeit gestanden.

Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 23.04.2014 Widerspruch ein mit der Begründung, entgegen den Ausführungen in dem angegriffenen Bescheid habe sich der Unfall während eines Ganges zur Toilette ereignet. Zum Zeitpunkt des Unfalls sei keine Pausenzeit gewesen, da die Pause erst um 18.00 Uhr beginne. Da sie gewusst habe, dass die Pause bevorstand, habe sie ihre Zigaretten bereits zur Toilette mitgenommen. Die Annahme der Beklagten scheine naheliegend, treffe jedoch nicht zu.

Die Beklagte verwies auf die Unfallsofortmeldung des Arbeitgebers und bat die Klägerin um Vorlage einer Skizze, aus der die Unfallstelle, die Raucherecke sowie die Toilettenräume ersichtlich sind. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin übersandte sodann mit Schreiben vom 08.08.2014 einen Hallenplan des Arbeitgebers und führte dazu aus, die Klägerin habe an der Linie 2 in der Endkontrolle gearbeitet. Die Klägerin habe sich, bevor sie den ersten Schritt außerhalb des gekennzeichneten Bereiches gesetzt habe, ordnungsgemäß darüber vergewissert, ob ein Stapler unterwegs gewesen sei. Da hinter dem Durchgang bei der Endkontrolle eine Schattenwand angebracht gewesen sei, habe sie den Stapler, der sich zu diesem Zeitpunkt in einer Art "totem Wickel" befand, nicht gesehen. Die Klägerin habe sich auf dem Weg zu den Toiletten P340016 befunden, da die Toiletten P340027 sich gerade im Umbau befunden hätten. Nach der Toilette wäre die Klägerin aufgrund der anstehenden Pause um 18:00 Uhr in den Aufenthaltsraum P340022 gegangen. Erst zum Ende der Pause wäre die Klägerin an die frische Luft, um eine Zigarette zu rauchen.

Auf Nachfrage der Beklagten teilte der stellvertretende Abteilungsleiter Sicherheitsmanagement des Arbeitgebers, Herr K., am 12.09.2014 mit, dass die Angaben, die der Vorgesetzte D. in der Unfallsofortmeldung gemacht habe, auf den Aussagen beider Unfallbeteiligter beruhten, und dass dies Herrn D. so berichtet worden sei.

Mit Schreiben vom 14.10.2014 trug der Bevollmächtigte der Klägerin vor, nach eigener Rücksprache mit dem Zeugen K. habe dieser lediglich vermutet, dass die Klägerin auf dem Weg zu einer Zigarettenpause gewesen sei. Hierzu könne der Zeuge K. direkt befragt werden. Auf Anfrage der Beklagten teilte der Zeuge K. daraufhin am 04.11.2014 schriftlich mit, die Klägerin sei ihm in das linke Rad gelaufen. Auf die Frage, ob die Klägerin Angaben gemacht habe, wohin sie zum Unfallzeitpunkt gehen wollte, gab er an, das wisse er nicht. Der ebenfalls befragte Zeuge D. teilte unter dem 04.11.2014 mit, der Unfall habe sich direkt vor seinem Büro ereignet. Er habe sofort von Herrn K. davon Kenntnis erhalten. Die Klägerin habe sich "nach draußen" begeben wollen, am Büro des Schichtführers vorbei. Sie sei unachtsam gewesen und habe den heranfahrenden Staplerfahrer übersehen. Auf die Frage, ob die Klägerin Angaben gemacht habe, wohin sie gehen wollte, antwortete er, die Klägerin habe angegeben, eine Zigarette rauchen zu wollen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.03.2015 wies der Beklagte den Widerspruch zurück unter Hinweis auf die Angaben in dem Unfallsofortmeldebogen, welche identisch mit den späteren Aussagen des Arbeitgebers seien.

Am 10.04.2015 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und zur Begründung ausgeführt, die Aussagen des Zeugen D. stützten sich auf die des Zeugen K., welcher einen Gang zur Zigarettenpause gerade nicht bestätigt habe. Da es sich bei dem Gang zur Toilette um Arbeitszeit handele, liege eine betriebliche Tätigkeit vor.

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 27.10.2015 ist die Klägerin persönlich angehört worden, die Zeugen K. und D. sind vernommen worden. Ausweislich der vom SG gefertigten Niederschrift hat die Klägerin im Wesentlichen angegeben, sie habe wegen eines Produktionsstopps um 17:45 Uhr ihren Arbeitsplatz verlassen, um zur Toilette zu gehen und habe dabei die Zigaretten für die anschließende Pause ab 18:00 Uhr bereits mitgenommen. Der Weg zum Rauchen und der zur Toilette wäre der gleiche gewesen. Man gehe zum Rauchen immer erst in den Pausenraum und von dort aus nach draußen, um zu rauchen. Sie habe sich bei einer Kollegin zur Toilette abgemeldet, könne aber nicht mehr sagen, wer das war. Ausweislich der vom SG gefertigten Niederschrift hat der Zeuge K. angegeben, die Klägerin habe bei dem Unfall ihre Zigaretten in der Hand gehabt, sie habe jedoch nichts dazu gesagt, wohin sie gerade gehen wollte. Die Zigaretten seien dann auf den Boden gefallen. Er habe damals dem Zeugen D. gesagt, dass er vermute, dass die Klägerin auf dem Weg zum Rauchen gewesen sei. Nach dem Unfall hätten ihre Brille und ihr Zigarettenpäckchen auf dem Boden gelegen. Sie hätten die Klägerin an diesem Tag nicht gefragt, mit welcher Absicht sie losgegangen sei. Der Zeuge D. hat angegeben, der Unfall sei gleich vor seinem Büro in der Fertigungshalle passiert. Er sei als einer der ersten zum Unfallort gerannt und habe erste Hilfe geleistet. Er könne heute nicht mehr genau sagen, woraus sich sein Eindruck gebildet habe, dass die Klägerin unterwegs war, um eine Zigarette zu rauchen. Er könne auch nicht mehr sagen, ob er ihr die Frage gestellt habe, in welcher Absicht sie unterwegs gewesen sei. Er könne aber sagen, dass er den Unfallbericht mit der Angabe, die Klägerin habe die Absicht gehabt, eine Zigarette zu rauchen, so verfasst habe, wie er das Unfallgeschehen nach dem Gespräch mit der Klägerin und dem Zeugen K. beurteilt habe. Im Betrieb könne jeder im Rahmen der persönlichen Verteilzeiten entscheiden, wann er eine Zigarette rauche. In der Werkhalle bestehe Rauchverbot, um die Halle herum seien Raucherplätze im Freien. Hinter seinem Hallenbüro befinde sich im Außenbereich ein viel näher gelegener Raucherplatz.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf die Verfahrensakte des SG (Bl. 32 ff.) Bezug genommen. Dabei ist der Hallenplan mit dem dort eingezeichneten Arbeitsplatz der Klägerin gemeinsam in Augenschein genommen worden.

Mit Urteil vom 27.10.2015 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, eine versicherte Tätigkeit zum Zeitpunkt des Unfalls der Klägerin vom 07.04.2914 sei nicht nachgewiesen, weswegen die Feststellung eines bei der Beklagten versicherten Arbeitsunfalls ausscheide. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens und der Beweisaufnahme sei ein Gang zur Toilette nicht nachgewiesen. Vielmehr sei nach der Aktenlage, der Vernehmung der Zeugen und auch nach dem persönlichen Eindruck von der Klägerin durchaus möglich und sogar naheliegend, dass ein Gang zur Zigarettenpause vor Beginn der regulären Pausenzeit im Rahmen der persönlichen Verteilzeit der Klägerin vorgelegen habe. Mehrere Indizien sprächen dafür, dass die Klägerin sich zum Zeitpunkt ihres Unfalls auf dem Weg zu einer Raucherpause befunden habe. Das Einlegen einer Zigarettenpause sei jedoch grundsätzlich dem privaten Bereich zuzuordnen, weil es regelmäßig unabhängig von jeglicher betrieblicher Tätigkeit durchgeführt werde (Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.07.2003 - L 17 (15) U 300/01 - (juris)). Etwas anderes gelte für den Gang zur Toilette mit dem Ziel, die Notdurft zu verrichten, weil der Versicherte durch die Anwesenheit auf der Betriebsstätte gezwungen sei, seine Notdurft an einem anderen Ort zu verrichten, als er dies von seinem häuslichen Bereich aus getan hätte. Zudem handele es sich bei der Notdurft anders als bei der Zigarettenpause um eine regelmäßig unaufschiebbare Handlung, die der Fortsetzung der Arbeit direkt im Anschluss daran diene und somit auch im mittelbaren Interesse des Arbeitgebers liege. Die Feststellungslast bzw. "Beweislast" für das Vorliegen einer versicherten Tätigkeit liege bei der Klägerin. Hiernach sei das Vorliegen einer versicherten Tätigkeit nicht nachgewiesen. Dabei komme den ersten Einlassungen der Beteiligten nach einem Unfall besondere Bedeutung zu, weil diese zeitnah erfolgt seien und davon auszugehen sei, dass hierbei weitergehende rechtliche und wirtschaftliche Überlegungen eine geringere Rolle gespielt hätten als bei Aussagen, die nach ablehnenden Bescheiden einer Behörde getätigt worden sind. Insoweit stehe fest, dass in der Unfallsofortmeldung von einer Zigarettenpause die Rede war, was der Zeuge D. und der Sicherheitsbeauftragte K. nach Rückfrage der Beklagten zu einem späteren Zeitpunkt auch ausdrücklich noch einmal schriftlich bestätigt hätten. Dieser Eindruck werde dadurch bestätigt, dass die Klägerin bei ihrem Unfall eine Packung Zigaretten bei sich trug, welche durch den Zusammenprall auf den Boden geschleudert wurde. Der Zeuge D. habe auch glaubwürdig in der mündlichen Verhandlung versichert, dass er von der damaligen Richtigkeit seiner Ausführungen ausgehe, auch wenn er inzwischen in nachvollziehbarer Weise eine geringere Erinnerung an den damaligen Vorfall angegeben habe. Auch unter Berücksichtigung eines möglichen wirtschaftlichen Eigeninteresses des Schichtführers D., seinen Arbeitgeber vor Belastungen im Rahmen des Beitragsausgleichs in der gesetzlichen Unfallversicherung zu schützen, erscheine dessen Aussage insgesamt glaubhaft.

Zwar habe auch der Zeuge K. glaubhaft mitgeteilt, dass er sich nicht mehr an eine Aussage der Klägerin zu ihren konkreten Absichten beim Betreten des Fahr- und Fußweges erinnern könne. Soweit dieser rückblickend in der mündlichen Verhandlung ausgesagt habe, dass er damals lediglich vermutet habe, die Klägerin habe eine Zigarettenpause einlegen wollen, rechtfertige dies keine andere Beurteilung. Denn in der schriftlichen Aussage des Zeugen gegenüber der Beklagten vom 04.11.2014 habe dieser bereits mitgeteilt, keine Angaben über die Motivation der Klägerin machen zu können. Bereits zum damaligen Zeitpunkt sei der Zeuge in nachvollziehbarer Weise nicht mehr in der Lage gewesen, hierzu genaue Angaben zu machen. Dies sei auch deswegen glaubhaft, weil der Zeuge überzeugend erklärt habe, dass ihm der versicherungsrechtliche Unterschied zwischen einem Gang zur Zigarettenpause und einem Weg zur Toilette nicht bewusst gewesen sei. Die Kammer gehe hierbei davon aus, dass die anderslautende aktenkundige Auskunft des Zeugen K. nicht Eingang in die Verwaltungsakte gefunden hätte, wenn der Zeuge nicht Gründe gehabt hätte, eine solche Aussage zu tätigen. In dieser Situation sei dem Umstand Bedeutung beizumessen, dass der Hinweis auf eine beabsichtigte Zigarettenpause zweifach zeitnah Eingang in die Verwaltungsakten gefunden habe, wobei nicht erkennbar sei, warum ein solcher Umstand von einem der Beteiligten hätte erfunden werden sollen. Zudem indiziere nicht nur das Beisichtragen von Zigaretten durch die Klägerin die Absicht des Einlegens einer Zigarettenpause. Der Kammer sei sich allerdings dessen bewusst, dass der Umstand, dass die Zigarettenpackung bei dem Unfall auf den Boden geschleudert worden sei, in den beiden Zeugen möglicherweise die Fehlvorstellung einer bevorstehenden Zigarettenpause hervorgerufen habe, weil das Bild an der Unfallstelle diesen Eindruck nahelegte. Allerdings ergebe sich ein weiterer objektiver Hinweis auf eine unmittelbar bevorstehende Zigarettenpause auch daraus, dass es zum Unfallzeitpunkt um 17:45 Uhr zu einem Produktionsstillstand gekommen war, die Klägerin also naheliegend überlegen musste, was sie in dieser Zeit bis zu der um 18:00 Uhr anstehenden nächsten Pause tun sollte. Für den Gang zum Pausenraum um 17:45 Uhr sei es zu früh gewesen, und auch ein Gang zur Toilette hätte keinen nahtlosen zeitlichen Anschluss an die um 18:00 Uhr beginnende Pause ermöglicht. Der zeitliche Ablauf scheine insoweit plausibel, wenn man von einem beabsichtigten Gang zur Raucherpause - im Rahmen der persönlichen Verteilzeit - mit anschließender, um 18:00 Uhr beginnender allgemeiner Pause ausgehe.

Ein zusätzlicher objektiver Hinweis auf eine bevorstehende Raucherpause sei die Tatsache, dass ausweislich des vorliegenden Hallenplans das Betreten des Fuß- und Fahrwegs an der Unfallstelle nicht zwingend gewesen sei, um zur Toilette oder zum Pausenraum zu gelangen. Denn insoweit hätte der Klägerin auch ein rückwärtiger anderer Weg zur Verfügung gestanden, der nicht länger gewesen wäre. Demgegenüber habe die Klägerin den Fuß- und Fahrweg an einer Stelle betreten, welche sich auf dem kürzesten Weg zu dem nächstgelegenen Raucherbereich befand, welcher außen vor der Halle neben dem Schichtführerbüro zur Verfügung gestanden habe. Demgegenüber seien die Aussagen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung durchaus dadurch geprägt gewesen, dass sie einen für sich günstigen Ausgang des Verfahrens wünsche.

Nach den Grundsätzen der objektiven Beweis- oder Feststellungslast gehe es zu Lasten der Klägerin, dass sich ihre Handlungstendenz bei dem Unfallereignis vom 07.04.2014 nicht hinreichend deutlich habe nachweisen lassen (vgl. BSG, Urteil vom 02.12.2008 - B 2 U 26/06 R -; Bayerisches LSG, Urteil vom 12.04.2011 - L 3 U 525/10 - ( juris Rdnr. 21)). Bei einem dem Arbeitsunfall gleichgestellten Wegeunfall fehle es an dem geforderten sachlichen Zusammenhang zur eigentlichen versicherten Tätigkeit, wenn der Versicherte nur dieselbe Strecke benutze, die er als Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit gewöhnlich benutzt, dies aber aus anderem Grund tue (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 02.01.2012 - L 3 U 115/09 - (juris)). Es sei daher unbeachtlich, dass die Klägerin gegebenfalls nach ihrer Zigarettenpause sogleich den neben dem Raucherbereich gelegenen Pausenraum aufsuchen wollte.

In dem Fall, dass nach der Zigarettenpause sogleich die Toilette und/oder der Pausenraum aufgesucht werden sollte(n), sei auch nicht vom Vorliegen eines Versicherungsschutzes unter dem Aspekt einer gemischten Tätigkeit oder einer gemischten Motivationslage auszugehen. Eine gemischte Tätigkeit habe nicht vorgelegen. Eine gemischte Motivationslage bzw. gespaltene Handlungstendenz bei einer einheitlichen Tätigkeit sei dann versichert, wenn das konkrete Geschehen hypothetisch auch ohne die private Motivation des Handelns vorgenommen worden wäre, wenn also die Verrichtung nach den objektiven Umständen in ihrer konkreten, tatsächlichen Ausgestaltung ihren Grund in der versicherten Handlungstendenz finde (Bayerisches LSG, Urteil vom 26.03.2015 - L 17 U 409/14 - (juris Rdnr. 21)). Letztere Voraussetzung sei nicht erfüllt, weil jedenfalls ohne die Zigarettenpause der konkrete Weg erst zu einem späteren Zeitpunkt zurückgelegt worden wäre.

Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 06.11.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 03.12.2015 Berufung eingelegt und ihr bisheriges Vorbringen im Wesentlichen wiederholt und vertieft.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Oktober 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. März 2015 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 7. April 2014 ein bei der Beklagten versicherter Arbeitsunfall war.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung informatorisch angehört und die Zeugen K. und D. nochmals vernommen, jeweils unter Inaugenscheinnahme des vorliegenden Hallenplanes. Wegen der Einzelheiten wird auf die hierüber gefertigten Niederschriften Bezug genommen.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen. Wegen der beschriebenen Örtlichkeiten wird auf den in der Verfahrensakte des SG (Bl. 5) beigefügten Hallenplan Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass der streitbefangene Unfall ein Arbeitsunfall war.

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Abs. 1 Satz 2). Für einen Arbeitsunfall ist danach im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls einer versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung wesentlich ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis) verursacht hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis wesentlich einen Gesundheitserstschaden des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität) (vgl. BSG, Urteile vom 29.11.2011 - B 2 U 10/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 42 und vom 18.01.2011 - B 2 U 9/10 R - BSGE 107, 197 = SozR 4-2700 § 2 Nr. 17 Rdnr. 10 und vom 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 30 Rdnr. 10 m.w.N.).

Zunächst muss also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der sog. innere Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (st. Rspr. BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr. 92; BSG SozR 2200 § 548 Nrn. 82, 95, 97; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 27; BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 38). Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77 = SozR 2200 § 548 Nr. 70; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 32). Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 19). Maßgeblich ist die Handlungstendenz des Versicherten (BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 4 und Nr. 17), so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalles bestätigt wird (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 90). Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis zu erbringen; bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit als erbracht angesehen werden können (BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1 m.w.N.). Eine Tatsache ist hiernach nachgewiesen, wenn sie in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (BSG, Urteil vom 22.09.1977 - 10 RV 15/77 - m.w.N. (juris)). Es muss also sicher feststehen, dass im Unfallzeitpunkt eine - noch - versicherte Tätigkeit ausgeübt wurde (BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr. 84 m.w.N.). Lässt sich nicht feststellen, ob der Versicherte bei einer Verrichtung verunglückt ist, die - wenn feststellbar - in innerem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gestanden hätte, trifft die objektive Beweislast für das Vorliegen dieser Verrichtung den Versicherten (BSG, Urteil vom 20.02.2001 - B 2 U 6/00 R -; SozR 3-2200 § 548 Nr. 19; BSG, Urteil vom 28.06.1984 - 2 RU 54/83 - HV-Info 1984, Nrn. 15, 40; BSGE 58, 76, 79 = SozR 2200 § 548 Nr. 70; s. auch BVerfG SozR 2200 § 548 Nr. 36).

Nach diesen Grundsätzen hat das SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die von der Klägerin beanspruchte Feststellung eines Arbeitsunfalls dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf die begehrte Feststellung nicht besteht, weil sich nicht mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit feststellen lässt, dass der Unfall in Ausübung einer versicherten Tätigkeit, nämlich eines sog. Betriebsweges (Arbeitsunfall gemäß § 8 Abs. 1 SGB VII) geschah. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Würdigung der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme uneingeschränkt an und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab.

Der Senat teilt die Auffassung, dass die Klägerin die Beweislast für die "Verrichtung zur Zeit des Unfalls" trifft, der insoweit erforderliche Vollbeweis aber nicht erbracht ist. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, unterscheidet sich der vorliegende Fall von den Fällen, in denen grundsätzlich eine versicherte Tätigkeit vorliegt und die Beklagte sich auf ein Abweichen hiervon beruft; in diesen zuletzt genannten Fällen liegt die Feststellungslast für eine Abweichung von einer grundsätzlich als versichert nachgewiesenen Tätigkeit bei dem Träger der Unfallversicherung. Bezogen auf Unfälle auf Wegen ergibt sich hieraus, dass die grundsätzliche Unsicherheit über das Vorliegen einer versicherten Tätigkeit zu Lasten des jeweiligen Klägers geht, der die Beweislast dafür trägt, dass es sich um einen Betriebsweg handelt (BSG, Urteil vom 19.03.1991 - 2 RU 45/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 8; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.11.2011 - L 10 U 1421/10 - (juris Rdnr. 28); vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 02.01.2012 - L 3 U 115/09 - (juris Rdnr. 40)). Ist demgegenüber der Antritt eines beschäftigungsmotivierten Weges erwiesen, trägt der Versicherungsträger die Feststellungslast für die Behauptung, der Versicherte habe diese Strecke mit privater Handlungstendenz zurückgelegt, weil insofern eine anspruchsvernichtende Tatsache geltend gemacht wird (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2007 - B 2 U 23/05 R - ( juris Rdnr. 27); LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 12.06.2013 - L 3 U 5415/11 (juris; Rdnr. 32 ) und vom 24.11.2011 - L 6 U 5773/09 -; Hessisches LSG, Urteil vom 29.04.2014 - L 3 U 110/11 - (juris, Rdnr. 50); Schwerdtfeger, in Lauterbach, SGB VII, § 8 Rdnr. 497, Stand April 2012).

Hiervon ausgehend stellt der Senat fest, dass der Unfall während einer von der Klägerin selbst bestimmten Arbeitsunterbrechung (Pause) in den Räumlichkeiten ihres Arbeitgebers eintrat, als die Klägerin wegen eines Produktionsstopps den Bereich ihres Arbeitsplatzes im Bereich der Endkontrolle verlassen hatte. Dieser Umstand begründet indessen für sich genommen nicht den Versicherungsschutz. Verunglückt ein Versicherter während einer Arbeitspause infolge einer Tätigkeit, die er während der Pause ausübt, besteht der innere Zusammenhang nur, wenn diese Tätigkeit dem Betrieb zu dienen bestimmt war (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 15; Brackmann/Krasney, SGB VII, 12. Aufl., § 8 Rdnr. 69 m.w.N.). Während bei einer Arbeitspause zum Verrichten der Notdurft der Versicherungsschutz grundsätzlich aufrechterhalten bleibt (vgl. BSG SozR 2-2200 § 548 Nrn. 35, 97), sind Arbeitsunterbrechungen zum Zwecke privater Verrichtungen wie Lesen, Rauchen, Luftschnappen/Bewegung grundsätzlich dem privaten Lebensbereich zuzuordnen, weil sie regelmäßig unabhängig von jeglicher betrieblicher Tätigkeit durchgeführt werden oder notwendig werden. Namentlich für das Rauchen gilt nach der Rechtsprechung des BSG, dass der Konsum von Genussmitteln gegenüber der Einnahme fester oder flüssiger Nahrung weit mehr persönlichen Angewohnheiten entspringt (vgl. BSGE 12, 254, 255 = SozR Nr. 27 zu § 543 RVO a.F.; BSG SozR Nr. 15 zu § 550 RVO; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 38), so dass ein Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit nur beim Nachweis besonderer Umstände angenommen werden kann (BSGE 12, 254, 256 = SozR, a.a.O.). Einen solchen Ausnahmefall hat das BSG für einen Raucher erwogen, für den das Rauchen in der jeweiligen Situation so unabweisbar notwendig wie das Stillen des Hungers hätte sein können (BSGE 12, a.a.O.), das beabsichtigte Rauchen also zur Weiterarbeit für den betroffenen Versicherten notwendig war (BSG SozR Nr. 15 zu § 550 RVO). Dass die Klägerin sich in einer derartigen Situation befunden hat und das möglicherweise beabsichtigte Rauchen für sie zur Weiterarbeit notwendig war, hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt behauptet.

Eine den Versicherungsschutz nicht unterbrechende Handlungstendenz der Klägerin im Unfallzeitpunkt lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen. Zwar kommt nach dem Vorbringen der Klägerin die Sachverhaltsvariante in Betracht, dass sich diese auf dem Weg zur Toilette befand. Diese ist aber nicht die einzige Möglichkeit; insbesondere ergeben sich für diese Variante keine greifbaren Beweise oder Anhaltspunkte über den reinen zeitlichen und räumlichen Anknüpfungspunkt hinaus, dass sich die Versicherte auf einem Weg befand, den sie - möglicherweise auch - wählte, wenn sie zur Toilette bzw. zum Pausenraum ging.

Der zeitlich-räumliche Kontext ist nicht ausreichend zur Erbringung des Vollbeweises für die versicherte Tätigkeit. Allein der Umstand, dass ein Unfall - wie hier - auf dem Betriebsgelände oder gar unmittelbar am Arbeitsplatz eines Versicherten eingetreten ist, begründet den inneren Zusammenhang noch nicht, denn der bloße Aufenthalt des versicherten Arbeitnehmers dort reicht zur Annahme des Versicherungsschutzes nicht aus. In der gesetzlichen Unfallversicherung besteht mangels entsprechender gesetzlicher Regelungen außerhalb der See- und Binnenschifffahrt (vgl. dort §§ 838 und 552 RVO) kein sogenannter Betriebsbann (vgl. BSGE 14, 197, 199 = SozR Nr. 38 zu § 542 RVO; BSG SozR 2200 § 548 Nrn. 15 und 20; BSGE 42, 129, 131 = SozR 2200 § 548 Nr. 22; BSG SozR 3-2200 § 548 Nrn. 22 und 38; von Wulffen in Festschrift für Otto Ernst Krasney, 1997, 791, 792), so dass auch im Falle der Einwirkung besonderer, dem Betrieb eigentümlicher Gefahren Unfälle bei eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten nicht versichert sind. Vielmehr ist stets erforderlich, dass der Arbeitnehmer im Unfallzeitpunkt einer versicherten Tätigkeit nachging, indem er betriebsdienliche Zwecke verfolgte oder zumindest eine Tätigkeit ausübte, die den Zwecken des Unternehmens zu dienen bestimmt war (vgl. BSG SozR Nr. 22 zu § 548 RVO; BSG SozR 2200 § 539 Nr. 119; BSG SozR 3-2200 § 548 Nrn. 22 und 38).

Für den erforderlichen Nachweis eines inneren Zusammenhangs mit der betrieblichen Tätigkeit bedürfte es objektiver Nachweise für eine dahingehende Handlungstendenz, an denen es aber fehlt. Vielmehr legen bereits die in der Verwaltungsakte der Beklagten befindlichen Schilderungen, insbesondere die vom Zeugen D. aufgrund der unfallnahen Angaben der Klägerin und des Zeugen K. erstellte Unfallsofortmeldung und dessen schriftliche Angaben vom 04.11.2014 nahe, dass die Klägerin im Unfallzeitpunkt 17:45 Uhr aus eigenwirtschaftlichen Gründen auf dem Fuß- und Fahrweg in der Werkhalle unterwegs war in der Absicht, die durch einen Produktionsstillstand bedingte Zwangspause zu einer im Rahmen der persönlichen Verteilzeit möglichen Raucherpause zu nutzen, bevor dann um 18:00 Uhr die nächste allgemeine Pause anstand. Hierbei spielt es - worauf das SG hingewiesen hat - keine maßgebliche Rolle, ob die Klägerin für die Zigarettenpause den nächstgelegenen Raucherbereich aufsuchen wollte, der sich außen vor der Halle neben dem Schichtführerbüro befand oder ob sie zu einem anderen, in der Nähe der (geöffneten) Toilette oder des Pausenraums gelegenen Raucherbereich gehen wollte. Denn maßgeblich für das Vorliegen eines sachlichen Zusammenhangs zur eigentlichen versicherten Tätigkeit ist nicht die benutzte Wegstrecke, sondern die konkrete Handlungstendenz.

Der Senat vermochte auch aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme und dem von den angehörten bzw. vernommenen Personen gewonnenen persönlichen Eindruck nicht die Überzeugung zu gewinnen, dass die Klägerin im Unfallzeitpunkt eine betriebsdienliche Handlungstendenz verfolgte. Die (nochmals) gehörten Zeugen K. und D. haben die von der Klägerin auch vor dem Senat wiederholte Behauptung, sie sei unterwegs zur Toilette gewesen, nicht bestätigt. Im Gegenteil stützen die glaubhaften Aussagen der Zeugen die bereits in der Unfallsofortmeldung dokumentierte Sachverhaltsversion, wonach die Klägerin den Fahrweg in der Absicht betrat, eine Raucherpause einzulegen, wobei - ohne dass dies entscheidungserheblich wäre - manches dafür spricht, dass sie hierfür den direkt gegenüber liegenden Raucherbereich neben dem Schichtleiterbüro aufsuchen wollte, den sie nach den übereinstimmenden Angaben der Zeugen - und entgegen ihrem eigenen Vorbringen - auch ansonsten jedenfalls gelegentlich zum Rauchen nutzte. Dafür, dass die Klägerin auf dem Weg zur Raucherpause verunglückte, sprechen diverse Details in den im Kern übereinstimmenden und widerspruchsfreien Aussagen der Zeugen K. und D. So gab der Zeuge K. - wie offenbar bereits in der Vernehmung vor dem SG - an, er habe schon beim Zufahren auf den Bereich des Arbeitsplatzes der Klägerin, wo diese stand und sich mit einer Kollegin unterhielt, gesehen, dass diese eine einzelne Zigarette in der einen Hand hielt (und eine Zigarettenschachtel in der anderen Hand). Die Zigaretten seien nach dem Unfall auf dem Boden gelegen. Das Halten einer einzelnen Zigarette direkt vor dem Unfall spricht bei lebensnaher Betrachtung ganz stark dafür, dass die Handlungstendenz der Klägerin darauf gerichtet war, als nächstes - und nicht erst im Anschluss an den Gang zur Toilette und zum Pausenraum - eine Zigarettenpause einzulegen. Gestützt wird die Aussage des Zeugen K. durch die des Zeugen D., der sich auf Nachfrage daran erinnerte, dass der Zeuge K. ihm bereits direkt nach dem Unfall gesagt habe, Frau G. habe vor dem Unfall eine Zigarette in der Hand gehalten. Der Zeuge K. hat zudem angegeben, dass der Durchgang neben dem Arbeitsplatz der Klägerin entgegen deren Vorbringen nicht durch Paletten verstellt war, so dass es dieser - anders als beim Gang zum gegenüber liegenden Raucherbereich - möglich gewesen wäre, die rückwärtigen Toiletten- und Pausenräume zu erreichen, ohne den Fahrweg betreten zu müssen. Der Nachweis für eine betriebsdienliche Handlungstendenz der Klägerin im Unfallzeitpunkt ist unter diesen Umständen nicht erbracht.

Es liegt vorliegend auch keine Konstellation vor, in welcher eine "Beweislastumkehr" oder jedenfalls eine Beweiserleichterung zu Lasten der Klägerin zu bejahen ist. "Beweiserleichterungen" kommen nach der klarstellenden Rechtsprechung des BSG (Urteil v. 31.01.2012 - B 2 U 2/11 R -, in Juris, dort Rdnr. 23, m.w.N. und zu den Voraussetzungen der Annahme sog. "Beweiserleichterungen" in Fällen ungeklärter Umstände) nur in Betracht, wenn der Versicherte den räumlichen Bereich, in dem er zuletzt die versicherte Tätigkeit verrichtet hat, nicht verlassen und dort kurz zuvor versicherte Tätigkeiten verrichtet hat. Die Klägerin hatte jedoch ihren eigentlichen Arbeitsplatz für die von ihr selbst bestimmte Pause verlassen, ohne dass nachgewiesen ist, dass zu diesem Zeitpunkt aufgrund ihrer Handlungstendenz noch ein Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit bestand. Es verbleibt daher bei den allgemeinen Regeln der materiellen Beweislast. Danach trägt derjenige, der ein Recht - hier Feststellung eines Arbeitsunfalls - für sich beansprucht, nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten der Ermittlung die materielle Beweislast für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen dieses Rechts (vgl. BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196, 198 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 Rdnr. 10 m.w.N. und vom 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 30 Rdnr. 10 m.w.N.). Bei Tatsachen, die das Gericht nur mit dem Überzeugungsgrad des Vollbeweises feststellen darf, schaden rein theoretische Zweifel, die immer vorliegen können, nicht (BSG, Urteil vom 31.01.2012 a.a.O. Rdnr. 28). Insbesondere liegt keine Konstellation vor, in welcher trotz Nichtaufklärbarkeit des genauen Geschehensablaufs ein Anscheinsbeweis zu Gunsten einer versicherten Tätigkeit spricht. Denn neben einer feststellbaren betriebsbezogenen Handlungstendenz der Klägerin (Gang zur Toilette) fehlt es aus den oben dargestellten Gründen, insbesondere der anderen in Betracht kommenden, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats sogar deutlich wahrscheinlicheren Handlungsvariante (Gang zur Raucherpause) an dem Erfahrungssatz des Inhalts, dass es sich angesichts des von ihr gewählten Weges und der sonstigen Umstände nur um eine versicherte Verrichtung zur Zeit des Unfalls gehandelt haben kann.

Der innere Zusammenhang kann auch nicht nach den Grundsätzen des Mitwirkens einer gefährlichen Betriebseinrichtung angenommen werden. Da es - wie ausgeführt - einen sogenannten Betriebsbann in der allgemeinen Unfallversicherung nicht gibt, ist es für den Versicherungsschutz nicht maßgebend, ob betriebliche Gefahren - hier der auf demselben Weg fahrende Gabelstapler - beim Unfall mitgewirkt haben, sondern ob der Unfall bei der versicherten Tätigkeit, also während einer Verrichtung geschah, die im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht (BSG, Urteil vom 20.02.2001 - B 2 U 6/00 R - HVBG-INFO 2001, 1111; SozR 3-2200 § 548 Nr. 22 m.w.N.). Diese Grundsätze gelten nur dann nicht, wenn eine besondere Betriebsgefahr auf den mit einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit befassten Versicherten im räumlich-zeitlichen Bereich seines Arbeitsplatzes (z.B. Explosion in unmittelbarer Nähe des Arbeitsplatzes während eines privaten Telefongesprächs) einwirkt, ohne dass diese private Verrichtung wesentlich zur Bedrohung durch die zum Unfall führende Betriebsgefahr beigetragen hat (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 22 m.w.N.; BSG, Urteil vom 18.04.2000 - B 2 U 7/99 R - HVBG-Info 2000, 1846). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Hätte sich die Klägerin nicht auf den Fuß- und Fahrweg begeben, wäre sie nicht mit dem Gabelstapler zusammengestoßen. Zudem hatte sie spätestens mit dem Betreten dieses Weges den räumlich-zeitlichen Bereich ihres Arbeitsplatzes verlassen.

Schließlich kommt auch ein Versicherungsschutz aufgrund einer sogenannten gemischten Tätigkeit nicht in Betracht. Dabei handelt es sich um Tätigkeiten, die sowohl privaten unversicherten als auch betrieblichen Interessen zu dienen bestimmt sind, was eintreten kann, wenn sich eine Tätigkeit nicht aufteilen lässt (vgl. BSG, Urteil vom 22.08.2000 - B 2 U 18/99 R - HVBG-Info 2000, 2611). Vorliegend lässt sich allerdings nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass die Klägerin jedenfalls auch eine betriebliche Interessen zu dienen bestimmte Tätigkeit im Unfallzeitpunkt ausgeübt hat.

Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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