Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 15 KR 2840/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 3883/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Versicherte der GKV, die unheilbar an Krebs erkrankt sind, haben keinen Anspruch gegen die Krankenkasse auf Durchführung einer palliativen Therapie in einer nicht zugelassenen Privatklinik.
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 28.07.2015 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 10.350 EUR festgesetzt
Tatbestand:
Die Kläger begehren die Kostenerstattung für eine stationäre Behandlung in einer Privatklinik iHv 10.350 EUR.
Die 1948 geborene M. S. (im Folgenden: Versicherte) war bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Die Kläger sind die Erben (Ehemann und Söhne) der am 31.12.2011 verstorbenen Versicherten. Die Versicherte erkrankte im Juli 2008 an einem Mamma-Karzinom beidseits. Nach Segmentresektion und Axilladissektion rechts, Segmentresektion links im Juli 2008 sowie Axilladissektion links im September 2008 erhielt die Versicherte bis Januar 2009 Chemotherapie nach dem TAC-Schema. Von Februar 2009 bis März 2010 erfolgte eine Hormontherapie mit Arimidex®, im März und April 2009 zudem Bestrahlungen. Im Februar 2010 wurde ein Mammakarzinomrezidiv beidseits festgestellt. Nach Skin Sparing Mastektomie beidseits im März 2010 erfolgte eine Hormontherapie mit Aromasin® bis Dezember 2010. Im Oktober 2010 wurden subkutane Metastasen festgestellt. Im November 2010 erfolgte eine bilaterale Mastektomie beidseits mit Nachresektion im Dezember 2010 bei R1-Situation (mikroskopischer Residualtumor). Ab Dezember 2010 erfolgte eine Behandlung mit Tamoxifen und ab Januar 2011 eine nichtinvasive Induktionstherapie und Misteltherapie. Im April 2011 trat ein erneutes Rezidiv mit Infiltration der Thoraxwand mit pleuraler Beteiligung, Pleuraerguss und Pericarderguss auf. Bei einer Untersuchung im Tumorzentrum H. am 18.04.2011 wurde die Situation als palliativ beurteilt.
Mit Schreiben vom 24.04.2011 (Eingang bei der Beklagten am 26.04.2011) beantragte die Versicherte die Kostenübernahme für eine ab 27.04.2011 geplante stationäre Behandlung in der H. K. für ganzheitliche immunbiologische Therapie GmbH & Co KG in B. M. (im Folgenden: H. Klinik). Mit Attest vom 04.05.2011 bescheinigte die H. Klinik, dass eine intensive immunbiologische Therapie unter stationären Bedingungen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung aus ärztlicher Sicht unbedingt erforderlich sei, um den weiteren Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen. Das Behandlungskonzept bestehe aus biologischer Basistherapie zur Entgiftung und Regeneration des Organismus, Immuntherapie, vollwertiger, vorwiegend vegetarischer Kost zur Optimierung des Stoffwechsels, seelischer Betreuung zur Stärkung von Gesundungswillen und Persönlichkeit und wo nötig konventioneller Therapie. Der Kostenträger werde um eine Leistungszusage für stationäre Krankenhausbehandlung im Rahmen einer Einzelfallentscheidung gebeten.
Die H. Klinik ist kein zugelassenes Krankenhaus iSv § 108 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), sondern eine Privatklinik, für die zusätzlich ein Versorgungsvertrag mit den gesetzlichen Krankenkassen nach § 111 SGB V (als Rehabilitationseinrichtung) besteht.
Die Beklagte holte ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein und lehnte mit Bescheid vom 24.05.2011 die Kostenübernahme ab. Es handele sich um eine reine Privatklinik. Alternative Behandlungsmöglichkeiten in Kliniken mit Kassenzulassung stünden zur Verfügung und seien vor Behandlungsbeginn mündlich mitgeteilt worden.
Mit ihrem Widerspruch vom 31.05.2011 machte die Versicherte geltend, die anderen Behandlungsvorschläge wären für die Beklagte auch nicht kostengünstiger gewesen. Die genannten alternativen Behandlungsmöglichkeiten (R. und Ö.) seien nicht gleichwertig wie in der immunbiologischen H. Klinik. Nicht ohne Grund seien dort 25% der Patienten aus der ganzen Welt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.07.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine stationäre Behandlung in einer Privatklinik (ohne Versorgungsvertrag) könne nur unter den Voraussetzungen des § 13 SGB V oder bei Vorliegen einer akut lebensbedrohlichen Situation erstattet werden, wenn schulmedizinische Behandlungsmethoden ausgeschöpft seien. Über § 13 Abs 3 SGB V (Kasse könne eine dringend notwendige Behandlung nicht sicherstellen) komme eine Kostenerstattung nicht in Betracht, denn es seien der Versicherten Behandlungsalternativen aufgezeigt worden. Eine akut lebensbedrohliche Situation habe nicht vorgelegen und schulmedizinische Behandlungsmöglichkeiten seien vorhanden.
Hiergegen richtet sich die am 03.08.2011 zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobene Klage. Zum Zeitpunkt der Behandlung in der H. Klinik habe eine akut lebensbedrohliche Situation vorgelegen, schulmedizinische Behandlungsmöglichkeiten seien nicht mehr vorhanden gewesen. Eine Chemotherapie hätte die Versicherte nach Meinung der Ärzte vermutlich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr überlebt. Zudem sei der Versicherten in einem Telefonat mit einem Mitarbeiter der Beklagten vor Beginn der Behandlung zugesichert worden, dass die Kosten für die Behandlung übernommen würden. Die Versicherte hat Rechnungen der H. Klinik vorgelegt über insgesamt 45 Tagessätze à 230 EUR vom 27.04.2011 bis 08.06.2011, 15./16.06.2011 und 28. bis 30.06.2011, insgesamt 10.350 EUR. Nach dem Tod der Versicherten am 31.12.2011 haben die Kläger als Erben das Verfahren fortgeführt.
Mit Urteil vom 28.07.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V seien nicht erfüllt, denn die Versicherte hätte ohne weiteres auch in einem zugelassenen Krankenhaus behandelt werden können. § 108 SGB V beschränke die Erbringung von Krankenhausleistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung auf einen umgrenzten Kreis dafür qualifizierter und besonders berechtigter (zugelassener) Krankenhäuser. Dies diene der Sicherstellung der Leistungserbringung. Die H. Klinik sei nach eigenen Angaben kein zugelassenes Krankenhaus iSv § 108 SGB V. Ein Kostenerstattungsanspruch komme auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Systemversagens oder der Versorgungslücke in Betracht. Die vorliegende Erkrankung hätte sowohl schulmedizinisch als auch in Bezug auf eine alternative Behandlungsmethode in einem zugelassenen Krankenhaus behandelt werden können. Dass die Versicherte nicht in den aufgezeigten Vertragskrankenhäusern R. oder Ö. habe behandelt werden wollen, führe nicht zur Annahme einer Versorgungslücke. Auch die Voraussetzungen nach § 2 Abs 1a SGB V seien nicht erfüllt, denn es hätten dem medizinischen Standard entsprechende Leistungen zur Verfügung gestanden. Ein Anspruch könne auch nicht aus einer vermeintlich fernmündlichen Zusage hergeleitet werden, denn nach § 34 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) seien Zusicherungen nur schriftlich möglich. Von einer akuten Notfallsituation könne im April 2011 nicht ausgegangen werden, da bei der Versicherten bereits 2010 ein Rezidiv des Mammakarzinoms diagnostiziert worden sei.
Gegen das ihrer Bevollmächtigten am 11.08.2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 11.09.2015 eingelegte Berufung der Kläger. Am 06.04.2011 habe sich durch eine PET-Untersuchung ein neuer Befund und sehr dringender Handlungsbedarf ergeben. Prof. Dr. K. in B. C. habe bei der Besprechung am 12.04.2011 aufgrund des schlechten Gesundheitszustands der Versicherten von einer weiteren Chemotherapie abgeraten und eine Hormontherapie verschrieben (Kosten 4.000 EUR). Die Versicherte habe am 18.04.2011 eine Beratung im nationalen Tumorzentrum in H. bei Prof. Dr. S. in Anspruch genommen. Erst dort sei ihr gesagt worden, dass eine weitere Hormonbehandlung wegen Hormonresistenz der Metastasen keinen Sinn mache. Sinnvolle schulmedizinische Behandlungsmöglichkeiten hätten nicht mehr bestanden. Behandlungsziel sei vor allem die Verbesserung des Allgemeinzustandes gewesen, was in normalen Krankenhäusern nicht gewährleistet sei, da dort wieder eine Chemotherapie eingesetzt worden wäre. In den Folgetagen (19. bis 21.04.2011) habe die Versicherte mit dem Kläger zu 1) die Kliniken Ö. und H. angesehen und sich über die Behandlungsmöglichkeiten informiert. Danach seien die Versicherte und der Kläger zu 1) überzeugt gewesen, dass die H. Klinik am geeignetsten sei. Über die Osterfeiertage (22. bis 25.04.2011) habe sich der Gesundheitszustand und die Atemnot der Versicherten derart verschlechtert, dass dringender Handlungsbedarf bestanden habe. In Ö. habe man die Versicherte nach Auskunft der zuständigen Ärztin so nicht aufnehmen können, erst nach Verbesserung des Allgemeinzustands. Es sei von dort auch eingeräumt worden, dass am Wochenende kein Onkologe zur Verfügung stehe und erforderlichenfalls die Patienten in das Klinikum P. gebracht würden. Am 27.04.2011 sei vor Aufnahme telefonisch die Zusage der Kostenübernahme durch die Beklagte erfolgt. Schließlich könne ein Patient nicht darauf verwiesen werden, er habe die schulmedizinischen Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft, wenn diese mit großer Wahrscheinlichkeit zum Tode geführt hätten. Die Kriterien des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Kostenübernahme für nicht-schulmedizinische Leistungen seien erfüllt. Mit der Therapie in der H. Klinik hätten die Beschwerden gebessert werden sollen, was erstaunlich gut gelungen sei. Eine Notfallsituation habe selbstverständlich vorgelegen und eine echte Behandlungsalternative zur H. Klinik habe nicht bestanden. Ein Anspruch ergebe sich auch unter dem Gesichtspunkt, dass vor allem auch Leistungen aus dem Reha-Bereich erbracht worden seien. Insoweit bestehe ein Versorgungsvertrag mit der H. Klinik.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 28.07.2015 und den Bescheid der Beklagten vom 24.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.07.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Klägern die Kosten für die stationäre Behandlung der Versicherten in der H. Klinik iHv 10.350 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Erörterungstermin am 08.03.2016 haben die Beteiligten einen für die Beklagte widerruflichen Vergleich geschlossen über die Erstattung von 1.812,70 EUR (fiktive DRG-Abrechnung). Am 31.03.2016 hat die Beklagte den Vergleich widerrufen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Kläger, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 24.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.07.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen.
Die Kläger haben keinen Anspruch auf Erstattung der durch die stationäre Behandlung der Versicherten zwischen dem 27.04. und 30.06.2011 in der Privatklinik H. Klinik entstandenen Kosten iHv insgesamt 10.350 EUR.
Ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs 2 SGB V kommt vorliegend schon von vornherein nicht in Betracht, da die Versicherte nicht das Kostenerstattungsverfahren gewählt hatte. Keiner der von ihr im Zusammenhang mit der begehrten Kostenerstattung für die stationäre Behandlung in der H. Klinik gegenüber der Beklagten abgegebenen Erklärungen kann ein entsprechender Erklärungswert beigemessen werden.
Auch die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V sind nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Erstattung von Kosten für eine notwendige, selbstbeschaffte Leistung, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Fall 1) oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind (Fall 2). Ein Anspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V setzt in beiden Regelungsalternativen einen entsprechenden Primärleistungsanspruch voraus, also einen Sach- oder Dienstleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse und geht in der Sache nicht weiter als ein solcher Anspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl Bundessozialgericht (BSG) 24.09.1996, 1 RK 33/95, BSGE 79, 125 = SozR 3-2500 § 13 Nr 11; BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12; BSG 14.12.2006, B 1 KR 8/06 R, BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12).
Der Anspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 2 ist zudem nur gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (BSG 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R, Breithaupt 2010, 914 mwN). Der Versicherte darf sich insbesondere nicht – unabhängig davon, wie die Entscheidung der Krankenkasse ausfällt – von vornherein auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung bei einem nicht zugelassenen Leistungserbringer festgelegt haben (BSG 16.12.2008, B 1 KR 2/08 R, juris). Mögliche Anhaltspunkte für eine solche Festlegung können etwa die Vereinbarung eines Behandlungs- oder Operationstermins oder das Verhalten des Versicherten bei der Antragstellung sein (Brandts in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 13 SGB V RdNr 89 ff mwN).
Die Versicherte ist vorliegend nicht berechtigt gewesen, zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung die stationäre Behandlung in einem nicht zugelassenen Krankenhaus in Anspruch zu nehmen.
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach § 13 Abs 1 SGB V darf die Krankenkasse anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs 2 SGB V) Kosten nur erstatten, soweit es das SGB V oder das Neunte Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) vorsieht. Die Krankenbehandlung umfasst unter anderem die Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V) durch zugelassene Krankenhäuser (§§ 39 Abs 1 Satz 2, 108 SGB V). Nach der Rechtsprechung des BSG ist eine Kostenerstattung wegen der Inanspruchnahme einer Leistung eines krankenversicherungsrechtlich nicht zugelassenen Leistungserbringers grundsätzlich ausgeschlossen (BSG 15.04.1997, 1 RK 4/96, BSGE 80, 181, SozR 3-2500 § 13 Nr 14; 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180, SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Die H. Klinik ist unstreitig kein zugelassenes Krankenhaus iSv § 108 SGB V. Schon allein aus diesem Grund kommt die Kostenerstattung mangels eines entsprechenden Primärleistungsanspruchs nicht in Betracht.
Die Regelung des § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V will Versicherten einerseits die Möglichkeit eröffnen, sich eine von der Krankenkasse geschuldete, aber als Naturalleistung nicht erhältliche Behandlung selbst zu beschaffen, andererseits jedoch die Befolgung des Naturalleistungsgrundsatzes dadurch absichern, dass eine Kostenerstattung nur erfolgt, wenn tatsächlich eine Versorgungslücke besteht. Eine Versorgungslücke besteht nicht, wenn der Versicherte eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch nehmen kann, aber nicht will (zum Ganzen BSG 03.07.2012, B 1 KR 6/11 R, BSGE 111, 137). Nur wenn die rechtswidrige Leistungsablehnung der Krankenkasse eine privatärztliche Selbstbeschaffung durch den Versicherten erzwingt, ziehen die Bestimmungen für privatärztliche Leistungen und nicht diejenigen für das Naturalleistungssystem die Grenzen für die Verschaffung einer entsprechenden Leistung (vgl BSG 11.09.2012, B 1 KR 3/12 R, BSGE 111, 289 = SozR 4-2500 § 27 Nr 23); der Leistungserbringer muss jedoch die entsprechende Qualifikation zur Ausübung der Heilkunde besitzen (BSG 20.02.2004, B 1 KR 10/03 B, juris).
So liegt der Fall hier indes nicht. Bei der Versicherten war die Krebserkrankung im April 2011 in einem derart fortgeschrittenen Stadium, dass eine Aussicht auf Heilung nicht mehr bestand und eine palliative Situation eingetreten war. Dies ergibt sich ausdrücklich aus dem Bericht von Prof. Dr. S. vom Tumorzentrum H. vom 18.04.2011. Dies war auch der Versicherten bekannt. Der Kläger zu 1) hat im Erörterungstermin am 08.03.2016 ausgeführt, dass Prof. Dr. S. geraten habe, eine gute Alternativbehandlung zu suchen, um das Immunsystem zu stärken und eine bessere Lebensqualität zu erreichen. Schulmedizinische Behandlungen in Form von Chemotherapie oder Hormonbehandlung wurden von den behandelnden Ärzten nicht mehr als sinnvoll erachtet. Eine palliative stationäre Behandlung wäre jedoch auch mit den von der Versicherten favorisierten alternativen Behandlungsmöglichkeiten in den zugelassenen Krankenhäusern in R. und Ö. möglich gewesen. Der Senat entnimmt dies den gutachterlichen Ausführungen des MDK vom 05.05.2011. Dass ggf eine Behandlung in einem anderen Krankenhaus zur Behandlung des Pleuraergusses zuvor notwendig gewesen wäre – wie von den Klägerin bezüglich einer Behandlung in Ö. vorgetragen – steht dem nicht entgegen. Im Übrigen war auch während der Behandlung in der H. Klinik in B. M. zeitweise die Verlegung in andere Krankenhäuser erforderlich. Es trifft auch keinesfalls zu, dass in Vertragskliniken zwingend eine Chemotherapie durchgeführt worden wäre. Eine solche ist ohne Einwilligung des Patienten nicht möglich. Es ist zwar verständlich, dass die Versicherte in der sehr schwierigen persönlichen Situation die aus ihrer Sicht optimale Versorgung in der H. Klinik in Anspruch genommen hat, eine Kostenübernahme nach § 13 Abs 3 SGB V kommt bei fehlender Versorgungslücke jedoch nicht in Betracht.
Auch unter dem Gesichtspunkt der Inanspruchnahme von Rehabilitationsleistungen ergibt sich nichts anderes. Zwar enthält das Behandlungskonzept der H. Klinik (Blatt 35 bis 65 SG-Akte) sicherlich Elemente, die auch im Rahmen einer Reha-Maßnahme erbracht werden. Insgesamt ist hier jedoch keine Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt worden, sondern eine stationäre Krankenhausbehandlung. Dies wird von der H. Klinik auch selbst ausdrücklich so dargestellt im Rahmen des Attestes vom 04.05.2011, mit dem allein eine Leistungszusage für eine stationäre Krankenhausbehandlung beantragt wurde. Mangels Erbringung von Leistungen zur stationären Rehabilitation kann daher auch nicht eine Kostenübernahme (nach dem geringeren Tagessatz für Reha-Leistungen) im Hinblick auf das Bestehen eines Versorgungsvertrags nach § 111 SGB V erfolgen.
Die Kläger können sich auch nicht auf einen sozialrechtlicher Herstellungsanspruch infolge einer fehlerhaften Beratung berufen. Die in § 13 Abs 3 SGB V und § 15 Abs 1 SGB IX geregelten Ansprüche auf Kostenerstattung stellen sich als abschließende gesetzliche Regelung der auf dem Herstellungsgedanken beruhenden Kostenerstattungsansprüche im Krankenversicherungsrecht dar; für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ist daneben kein Raum (BSG 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Auch eine Zusicherung der Kostenübernahme liegt nicht vor. Aus den Akten lässt sich schon kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass der Versicherten über die in Aussicht gestellte Prüfung einer Einzelfallentscheidung hinaus irgendwelche konkreten Zusagen gemacht wurden. Dies kann jedoch dahinstehen, denn eine wirksame Zusicherung bedarf nach § 34 SGB X der Schriftform, die hier unstreitig nicht vorliegt.
Auch aus den Grundrechten ergibt sich regelmäßig kein verfassungsrechtlicher Anspruch gegen die Krankenkassen auf Bereitstellung bestimmter und insbesondere spezieller Gesundheitsleistungen. Die gesetzlichen Krankenkassen sind nicht von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist. Zwar hat sich die Gestaltung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung an der objektiv-rechtlichen Pflicht des Staates zu orientieren, sich schützend und fördernd vor die Rechtsgüter des Art 2 Abs 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) zu stellen. Entsprechende Leistungspflichten werden aber nur in Fällen der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung angenommen, sofern eine dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechende Behandlungsmethode nicht existiert (BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5; BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, SozR 4-2500 § 25 Nr 12). Der Gesetzgeber hat den vom BVerfG formulierten Anforderungen an eine grundrechtsorientierte Auslegung der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung in Bezug auf neue Behandlungsmethoden im Fall einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen oder zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, mit dem am 01.01.2012 in Kraft getretenen § 2 Abs 1a SGB V (Gesetz vom 22.11.2011, BGBl I 22983) Rechnung getragen. Eine Leistungsanspruch besteht danach auch für Leistungen, welche vom allgemeinen Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V abweichen, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: 1. Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor; 2. bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung und 3. bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
Die Versicherte war unstreitig an einem lebensbedrohlichen Mammakarzinom mit Metastasen erkrankt, wie sich übereinstimmend aus sämtlichen vorliegenden ärztlichen Unterlagen ergibt. Die Frage, ob eine alternative Behandlungsmethode von der gesetzlichen Krankenversicherung zu finanzieren ist, darf nicht losgelöst davon betrachtet werden, was die anerkannte medizinischem Standard entsprechende Behandlung zu leisten vermag und was die alternative Behandlung zu leisten vorgibt. Zur Klärung der Frage, ob eine Behandlung mit Mitteln der Schulmedizin in Betracht kommt und inwieweit Behandlungsalternativen zur Verfügung stehen, ist zunächst das konkrete Behandlungsziel zu klären. Bietet die Schulmedizin nur palliative Behandlungsmöglichkeiten an, weil sie jede Möglichkeit einer kurativen Behandlung als aussichtslos betrachtet, kommt ein Anspruch auf eine alternative Behandlungsmethode allerdings nur dann in Betracht, wenn eine auf Indizien gestützte Aussicht auf einen über die palliative Standardtherapie hinausreichenden Erfolg besteht (BVerfG vom 26.02.2013, 1 BvR 2045/12, juris).
Im vorliegenden Fall war im April 2011 eine palliative Situation eingetreten, eine Heilung war nicht mehr möglich. Das Behandlungsziel bestand allein in der Linderung von Beschwerden und Verbesserung der Lebensqualität. Etwas anderes gibt auch die H. Klinik nicht vor, durch ihr spezielles Behandlungskonzept leisten zu können. Ebenso war auch der Versicherten und ihrem Ehemann klar, dass mit der durchgeführten Behandlung in der H. Klinik keine Heilung erreicht werden konnte. Eine palliative Therapie bei unheilbarer Krebserkrankung ist jedoch in verschiedener Form durchaus in zugelassenen Kliniken möglich. Auch unter grundrechtsorientierter Auslegung ist die Beklagte daher nicht verpflichtet, die Kosten für die palliative Therapie nach dem speziellen Konzept der H. Klinik zu erstatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Erben der Versicherten sind nach § 183 Satz 1 SGG nicht kostenprivilegiert. Da es nicht um laufende Geldleistungen geht, liegt eine Sonderrechtsnachfolge iSv § 56 Sozialgesetzbuch Erstes Buch nicht vor. Der Kostenerstattungsanspruch ist im Rechtssinne zwar auf "laufende" Geldleistungen gerichtet, wenn er über mehrere Zeitabschnitte selbst beschaffte Leistungen betrifft (grundlegend BSG 03.07.2012, B 1 KR 6/11 R, BSGE 111, 137). Ein solcher Fall liegt aber nicht vor, wenn es – wie hier - um die Kostenerstattung für eine konkrete stationäre Krankenhausbehandlung geht. Bei Aufnahme des Verfahrens durch einen sonstigen Rechtsnachfolger – hier die Erben – bleibt das Verfahren nur in dem Rechtszug kostenfrei (§ 183 Satz 2 SGG). Anders als das danach gerichtskostenfreie Verfahren vor dem SG unterfällt das Berufungsverfahren somit der Kostenregelung des § 197a SGG.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 197a SGG iVm § 52 Abs 3 GKG und entspricht dem Wert der streitigen Forderung.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 10.350 EUR festgesetzt
Tatbestand:
Die Kläger begehren die Kostenerstattung für eine stationäre Behandlung in einer Privatklinik iHv 10.350 EUR.
Die 1948 geborene M. S. (im Folgenden: Versicherte) war bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Die Kläger sind die Erben (Ehemann und Söhne) der am 31.12.2011 verstorbenen Versicherten. Die Versicherte erkrankte im Juli 2008 an einem Mamma-Karzinom beidseits. Nach Segmentresektion und Axilladissektion rechts, Segmentresektion links im Juli 2008 sowie Axilladissektion links im September 2008 erhielt die Versicherte bis Januar 2009 Chemotherapie nach dem TAC-Schema. Von Februar 2009 bis März 2010 erfolgte eine Hormontherapie mit Arimidex®, im März und April 2009 zudem Bestrahlungen. Im Februar 2010 wurde ein Mammakarzinomrezidiv beidseits festgestellt. Nach Skin Sparing Mastektomie beidseits im März 2010 erfolgte eine Hormontherapie mit Aromasin® bis Dezember 2010. Im Oktober 2010 wurden subkutane Metastasen festgestellt. Im November 2010 erfolgte eine bilaterale Mastektomie beidseits mit Nachresektion im Dezember 2010 bei R1-Situation (mikroskopischer Residualtumor). Ab Dezember 2010 erfolgte eine Behandlung mit Tamoxifen und ab Januar 2011 eine nichtinvasive Induktionstherapie und Misteltherapie. Im April 2011 trat ein erneutes Rezidiv mit Infiltration der Thoraxwand mit pleuraler Beteiligung, Pleuraerguss und Pericarderguss auf. Bei einer Untersuchung im Tumorzentrum H. am 18.04.2011 wurde die Situation als palliativ beurteilt.
Mit Schreiben vom 24.04.2011 (Eingang bei der Beklagten am 26.04.2011) beantragte die Versicherte die Kostenübernahme für eine ab 27.04.2011 geplante stationäre Behandlung in der H. K. für ganzheitliche immunbiologische Therapie GmbH & Co KG in B. M. (im Folgenden: H. Klinik). Mit Attest vom 04.05.2011 bescheinigte die H. Klinik, dass eine intensive immunbiologische Therapie unter stationären Bedingungen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung aus ärztlicher Sicht unbedingt erforderlich sei, um den weiteren Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen. Das Behandlungskonzept bestehe aus biologischer Basistherapie zur Entgiftung und Regeneration des Organismus, Immuntherapie, vollwertiger, vorwiegend vegetarischer Kost zur Optimierung des Stoffwechsels, seelischer Betreuung zur Stärkung von Gesundungswillen und Persönlichkeit und wo nötig konventioneller Therapie. Der Kostenträger werde um eine Leistungszusage für stationäre Krankenhausbehandlung im Rahmen einer Einzelfallentscheidung gebeten.
Die H. Klinik ist kein zugelassenes Krankenhaus iSv § 108 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), sondern eine Privatklinik, für die zusätzlich ein Versorgungsvertrag mit den gesetzlichen Krankenkassen nach § 111 SGB V (als Rehabilitationseinrichtung) besteht.
Die Beklagte holte ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein und lehnte mit Bescheid vom 24.05.2011 die Kostenübernahme ab. Es handele sich um eine reine Privatklinik. Alternative Behandlungsmöglichkeiten in Kliniken mit Kassenzulassung stünden zur Verfügung und seien vor Behandlungsbeginn mündlich mitgeteilt worden.
Mit ihrem Widerspruch vom 31.05.2011 machte die Versicherte geltend, die anderen Behandlungsvorschläge wären für die Beklagte auch nicht kostengünstiger gewesen. Die genannten alternativen Behandlungsmöglichkeiten (R. und Ö.) seien nicht gleichwertig wie in der immunbiologischen H. Klinik. Nicht ohne Grund seien dort 25% der Patienten aus der ganzen Welt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.07.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine stationäre Behandlung in einer Privatklinik (ohne Versorgungsvertrag) könne nur unter den Voraussetzungen des § 13 SGB V oder bei Vorliegen einer akut lebensbedrohlichen Situation erstattet werden, wenn schulmedizinische Behandlungsmethoden ausgeschöpft seien. Über § 13 Abs 3 SGB V (Kasse könne eine dringend notwendige Behandlung nicht sicherstellen) komme eine Kostenerstattung nicht in Betracht, denn es seien der Versicherten Behandlungsalternativen aufgezeigt worden. Eine akut lebensbedrohliche Situation habe nicht vorgelegen und schulmedizinische Behandlungsmöglichkeiten seien vorhanden.
Hiergegen richtet sich die am 03.08.2011 zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobene Klage. Zum Zeitpunkt der Behandlung in der H. Klinik habe eine akut lebensbedrohliche Situation vorgelegen, schulmedizinische Behandlungsmöglichkeiten seien nicht mehr vorhanden gewesen. Eine Chemotherapie hätte die Versicherte nach Meinung der Ärzte vermutlich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr überlebt. Zudem sei der Versicherten in einem Telefonat mit einem Mitarbeiter der Beklagten vor Beginn der Behandlung zugesichert worden, dass die Kosten für die Behandlung übernommen würden. Die Versicherte hat Rechnungen der H. Klinik vorgelegt über insgesamt 45 Tagessätze à 230 EUR vom 27.04.2011 bis 08.06.2011, 15./16.06.2011 und 28. bis 30.06.2011, insgesamt 10.350 EUR. Nach dem Tod der Versicherten am 31.12.2011 haben die Kläger als Erben das Verfahren fortgeführt.
Mit Urteil vom 28.07.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V seien nicht erfüllt, denn die Versicherte hätte ohne weiteres auch in einem zugelassenen Krankenhaus behandelt werden können. § 108 SGB V beschränke die Erbringung von Krankenhausleistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung auf einen umgrenzten Kreis dafür qualifizierter und besonders berechtigter (zugelassener) Krankenhäuser. Dies diene der Sicherstellung der Leistungserbringung. Die H. Klinik sei nach eigenen Angaben kein zugelassenes Krankenhaus iSv § 108 SGB V. Ein Kostenerstattungsanspruch komme auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Systemversagens oder der Versorgungslücke in Betracht. Die vorliegende Erkrankung hätte sowohl schulmedizinisch als auch in Bezug auf eine alternative Behandlungsmethode in einem zugelassenen Krankenhaus behandelt werden können. Dass die Versicherte nicht in den aufgezeigten Vertragskrankenhäusern R. oder Ö. habe behandelt werden wollen, führe nicht zur Annahme einer Versorgungslücke. Auch die Voraussetzungen nach § 2 Abs 1a SGB V seien nicht erfüllt, denn es hätten dem medizinischen Standard entsprechende Leistungen zur Verfügung gestanden. Ein Anspruch könne auch nicht aus einer vermeintlich fernmündlichen Zusage hergeleitet werden, denn nach § 34 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) seien Zusicherungen nur schriftlich möglich. Von einer akuten Notfallsituation könne im April 2011 nicht ausgegangen werden, da bei der Versicherten bereits 2010 ein Rezidiv des Mammakarzinoms diagnostiziert worden sei.
Gegen das ihrer Bevollmächtigten am 11.08.2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 11.09.2015 eingelegte Berufung der Kläger. Am 06.04.2011 habe sich durch eine PET-Untersuchung ein neuer Befund und sehr dringender Handlungsbedarf ergeben. Prof. Dr. K. in B. C. habe bei der Besprechung am 12.04.2011 aufgrund des schlechten Gesundheitszustands der Versicherten von einer weiteren Chemotherapie abgeraten und eine Hormontherapie verschrieben (Kosten 4.000 EUR). Die Versicherte habe am 18.04.2011 eine Beratung im nationalen Tumorzentrum in H. bei Prof. Dr. S. in Anspruch genommen. Erst dort sei ihr gesagt worden, dass eine weitere Hormonbehandlung wegen Hormonresistenz der Metastasen keinen Sinn mache. Sinnvolle schulmedizinische Behandlungsmöglichkeiten hätten nicht mehr bestanden. Behandlungsziel sei vor allem die Verbesserung des Allgemeinzustandes gewesen, was in normalen Krankenhäusern nicht gewährleistet sei, da dort wieder eine Chemotherapie eingesetzt worden wäre. In den Folgetagen (19. bis 21.04.2011) habe die Versicherte mit dem Kläger zu 1) die Kliniken Ö. und H. angesehen und sich über die Behandlungsmöglichkeiten informiert. Danach seien die Versicherte und der Kläger zu 1) überzeugt gewesen, dass die H. Klinik am geeignetsten sei. Über die Osterfeiertage (22. bis 25.04.2011) habe sich der Gesundheitszustand und die Atemnot der Versicherten derart verschlechtert, dass dringender Handlungsbedarf bestanden habe. In Ö. habe man die Versicherte nach Auskunft der zuständigen Ärztin so nicht aufnehmen können, erst nach Verbesserung des Allgemeinzustands. Es sei von dort auch eingeräumt worden, dass am Wochenende kein Onkologe zur Verfügung stehe und erforderlichenfalls die Patienten in das Klinikum P. gebracht würden. Am 27.04.2011 sei vor Aufnahme telefonisch die Zusage der Kostenübernahme durch die Beklagte erfolgt. Schließlich könne ein Patient nicht darauf verwiesen werden, er habe die schulmedizinischen Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft, wenn diese mit großer Wahrscheinlichkeit zum Tode geführt hätten. Die Kriterien des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Kostenübernahme für nicht-schulmedizinische Leistungen seien erfüllt. Mit der Therapie in der H. Klinik hätten die Beschwerden gebessert werden sollen, was erstaunlich gut gelungen sei. Eine Notfallsituation habe selbstverständlich vorgelegen und eine echte Behandlungsalternative zur H. Klinik habe nicht bestanden. Ein Anspruch ergebe sich auch unter dem Gesichtspunkt, dass vor allem auch Leistungen aus dem Reha-Bereich erbracht worden seien. Insoweit bestehe ein Versorgungsvertrag mit der H. Klinik.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 28.07.2015 und den Bescheid der Beklagten vom 24.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.07.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Klägern die Kosten für die stationäre Behandlung der Versicherten in der H. Klinik iHv 10.350 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Erörterungstermin am 08.03.2016 haben die Beteiligten einen für die Beklagte widerruflichen Vergleich geschlossen über die Erstattung von 1.812,70 EUR (fiktive DRG-Abrechnung). Am 31.03.2016 hat die Beklagte den Vergleich widerrufen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Kläger, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 24.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.07.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen.
Die Kläger haben keinen Anspruch auf Erstattung der durch die stationäre Behandlung der Versicherten zwischen dem 27.04. und 30.06.2011 in der Privatklinik H. Klinik entstandenen Kosten iHv insgesamt 10.350 EUR.
Ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs 2 SGB V kommt vorliegend schon von vornherein nicht in Betracht, da die Versicherte nicht das Kostenerstattungsverfahren gewählt hatte. Keiner der von ihr im Zusammenhang mit der begehrten Kostenerstattung für die stationäre Behandlung in der H. Klinik gegenüber der Beklagten abgegebenen Erklärungen kann ein entsprechender Erklärungswert beigemessen werden.
Auch die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V sind nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Erstattung von Kosten für eine notwendige, selbstbeschaffte Leistung, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Fall 1) oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind (Fall 2). Ein Anspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V setzt in beiden Regelungsalternativen einen entsprechenden Primärleistungsanspruch voraus, also einen Sach- oder Dienstleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse und geht in der Sache nicht weiter als ein solcher Anspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl Bundessozialgericht (BSG) 24.09.1996, 1 RK 33/95, BSGE 79, 125 = SozR 3-2500 § 13 Nr 11; BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12; BSG 14.12.2006, B 1 KR 8/06 R, BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12).
Der Anspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 2 ist zudem nur gegeben, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, die selbst beschaffte Leistung notwendig ist und die Selbstbeschaffung eine rechtlich wirksame Kostenbelastung des Versicherten ausgelöst hat (BSG 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R, Breithaupt 2010, 914 mwN). Der Versicherte darf sich insbesondere nicht – unabhängig davon, wie die Entscheidung der Krankenkasse ausfällt – von vornherein auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung bei einem nicht zugelassenen Leistungserbringer festgelegt haben (BSG 16.12.2008, B 1 KR 2/08 R, juris). Mögliche Anhaltspunkte für eine solche Festlegung können etwa die Vereinbarung eines Behandlungs- oder Operationstermins oder das Verhalten des Versicherten bei der Antragstellung sein (Brandts in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 13 SGB V RdNr 89 ff mwN).
Die Versicherte ist vorliegend nicht berechtigt gewesen, zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung die stationäre Behandlung in einem nicht zugelassenen Krankenhaus in Anspruch zu nehmen.
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach § 13 Abs 1 SGB V darf die Krankenkasse anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs 2 SGB V) Kosten nur erstatten, soweit es das SGB V oder das Neunte Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) vorsieht. Die Krankenbehandlung umfasst unter anderem die Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V) durch zugelassene Krankenhäuser (§§ 39 Abs 1 Satz 2, 108 SGB V). Nach der Rechtsprechung des BSG ist eine Kostenerstattung wegen der Inanspruchnahme einer Leistung eines krankenversicherungsrechtlich nicht zugelassenen Leistungserbringers grundsätzlich ausgeschlossen (BSG 15.04.1997, 1 RK 4/96, BSGE 80, 181, SozR 3-2500 § 13 Nr 14; 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180, SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Die H. Klinik ist unstreitig kein zugelassenes Krankenhaus iSv § 108 SGB V. Schon allein aus diesem Grund kommt die Kostenerstattung mangels eines entsprechenden Primärleistungsanspruchs nicht in Betracht.
Die Regelung des § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V will Versicherten einerseits die Möglichkeit eröffnen, sich eine von der Krankenkasse geschuldete, aber als Naturalleistung nicht erhältliche Behandlung selbst zu beschaffen, andererseits jedoch die Befolgung des Naturalleistungsgrundsatzes dadurch absichern, dass eine Kostenerstattung nur erfolgt, wenn tatsächlich eine Versorgungslücke besteht. Eine Versorgungslücke besteht nicht, wenn der Versicherte eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch nehmen kann, aber nicht will (zum Ganzen BSG 03.07.2012, B 1 KR 6/11 R, BSGE 111, 137). Nur wenn die rechtswidrige Leistungsablehnung der Krankenkasse eine privatärztliche Selbstbeschaffung durch den Versicherten erzwingt, ziehen die Bestimmungen für privatärztliche Leistungen und nicht diejenigen für das Naturalleistungssystem die Grenzen für die Verschaffung einer entsprechenden Leistung (vgl BSG 11.09.2012, B 1 KR 3/12 R, BSGE 111, 289 = SozR 4-2500 § 27 Nr 23); der Leistungserbringer muss jedoch die entsprechende Qualifikation zur Ausübung der Heilkunde besitzen (BSG 20.02.2004, B 1 KR 10/03 B, juris).
So liegt der Fall hier indes nicht. Bei der Versicherten war die Krebserkrankung im April 2011 in einem derart fortgeschrittenen Stadium, dass eine Aussicht auf Heilung nicht mehr bestand und eine palliative Situation eingetreten war. Dies ergibt sich ausdrücklich aus dem Bericht von Prof. Dr. S. vom Tumorzentrum H. vom 18.04.2011. Dies war auch der Versicherten bekannt. Der Kläger zu 1) hat im Erörterungstermin am 08.03.2016 ausgeführt, dass Prof. Dr. S. geraten habe, eine gute Alternativbehandlung zu suchen, um das Immunsystem zu stärken und eine bessere Lebensqualität zu erreichen. Schulmedizinische Behandlungen in Form von Chemotherapie oder Hormonbehandlung wurden von den behandelnden Ärzten nicht mehr als sinnvoll erachtet. Eine palliative stationäre Behandlung wäre jedoch auch mit den von der Versicherten favorisierten alternativen Behandlungsmöglichkeiten in den zugelassenen Krankenhäusern in R. und Ö. möglich gewesen. Der Senat entnimmt dies den gutachterlichen Ausführungen des MDK vom 05.05.2011. Dass ggf eine Behandlung in einem anderen Krankenhaus zur Behandlung des Pleuraergusses zuvor notwendig gewesen wäre – wie von den Klägerin bezüglich einer Behandlung in Ö. vorgetragen – steht dem nicht entgegen. Im Übrigen war auch während der Behandlung in der H. Klinik in B. M. zeitweise die Verlegung in andere Krankenhäuser erforderlich. Es trifft auch keinesfalls zu, dass in Vertragskliniken zwingend eine Chemotherapie durchgeführt worden wäre. Eine solche ist ohne Einwilligung des Patienten nicht möglich. Es ist zwar verständlich, dass die Versicherte in der sehr schwierigen persönlichen Situation die aus ihrer Sicht optimale Versorgung in der H. Klinik in Anspruch genommen hat, eine Kostenübernahme nach § 13 Abs 3 SGB V kommt bei fehlender Versorgungslücke jedoch nicht in Betracht.
Auch unter dem Gesichtspunkt der Inanspruchnahme von Rehabilitationsleistungen ergibt sich nichts anderes. Zwar enthält das Behandlungskonzept der H. Klinik (Blatt 35 bis 65 SG-Akte) sicherlich Elemente, die auch im Rahmen einer Reha-Maßnahme erbracht werden. Insgesamt ist hier jedoch keine Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt worden, sondern eine stationäre Krankenhausbehandlung. Dies wird von der H. Klinik auch selbst ausdrücklich so dargestellt im Rahmen des Attestes vom 04.05.2011, mit dem allein eine Leistungszusage für eine stationäre Krankenhausbehandlung beantragt wurde. Mangels Erbringung von Leistungen zur stationären Rehabilitation kann daher auch nicht eine Kostenübernahme (nach dem geringeren Tagessatz für Reha-Leistungen) im Hinblick auf das Bestehen eines Versorgungsvertrags nach § 111 SGB V erfolgen.
Die Kläger können sich auch nicht auf einen sozialrechtlicher Herstellungsanspruch infolge einer fehlerhaften Beratung berufen. Die in § 13 Abs 3 SGB V und § 15 Abs 1 SGB IX geregelten Ansprüche auf Kostenerstattung stellen sich als abschließende gesetzliche Regelung der auf dem Herstellungsgedanken beruhenden Kostenerstattungsansprüche im Krankenversicherungsrecht dar; für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ist daneben kein Raum (BSG 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Auch eine Zusicherung der Kostenübernahme liegt nicht vor. Aus den Akten lässt sich schon kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass der Versicherten über die in Aussicht gestellte Prüfung einer Einzelfallentscheidung hinaus irgendwelche konkreten Zusagen gemacht wurden. Dies kann jedoch dahinstehen, denn eine wirksame Zusicherung bedarf nach § 34 SGB X der Schriftform, die hier unstreitig nicht vorliegt.
Auch aus den Grundrechten ergibt sich regelmäßig kein verfassungsrechtlicher Anspruch gegen die Krankenkassen auf Bereitstellung bestimmter und insbesondere spezieller Gesundheitsleistungen. Die gesetzlichen Krankenkassen sind nicht von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist. Zwar hat sich die Gestaltung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung an der objektiv-rechtlichen Pflicht des Staates zu orientieren, sich schützend und fördernd vor die Rechtsgüter des Art 2 Abs 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) zu stellen. Entsprechende Leistungspflichten werden aber nur in Fällen der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung angenommen, sofern eine dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechende Behandlungsmethode nicht existiert (BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5; BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, SozR 4-2500 § 25 Nr 12). Der Gesetzgeber hat den vom BVerfG formulierten Anforderungen an eine grundrechtsorientierte Auslegung der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung in Bezug auf neue Behandlungsmethoden im Fall einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen oder zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, mit dem am 01.01.2012 in Kraft getretenen § 2 Abs 1a SGB V (Gesetz vom 22.11.2011, BGBl I 22983) Rechnung getragen. Eine Leistungsanspruch besteht danach auch für Leistungen, welche vom allgemeinen Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V abweichen, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: 1. Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor; 2. bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung und 3. bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
Die Versicherte war unstreitig an einem lebensbedrohlichen Mammakarzinom mit Metastasen erkrankt, wie sich übereinstimmend aus sämtlichen vorliegenden ärztlichen Unterlagen ergibt. Die Frage, ob eine alternative Behandlungsmethode von der gesetzlichen Krankenversicherung zu finanzieren ist, darf nicht losgelöst davon betrachtet werden, was die anerkannte medizinischem Standard entsprechende Behandlung zu leisten vermag und was die alternative Behandlung zu leisten vorgibt. Zur Klärung der Frage, ob eine Behandlung mit Mitteln der Schulmedizin in Betracht kommt und inwieweit Behandlungsalternativen zur Verfügung stehen, ist zunächst das konkrete Behandlungsziel zu klären. Bietet die Schulmedizin nur palliative Behandlungsmöglichkeiten an, weil sie jede Möglichkeit einer kurativen Behandlung als aussichtslos betrachtet, kommt ein Anspruch auf eine alternative Behandlungsmethode allerdings nur dann in Betracht, wenn eine auf Indizien gestützte Aussicht auf einen über die palliative Standardtherapie hinausreichenden Erfolg besteht (BVerfG vom 26.02.2013, 1 BvR 2045/12, juris).
Im vorliegenden Fall war im April 2011 eine palliative Situation eingetreten, eine Heilung war nicht mehr möglich. Das Behandlungsziel bestand allein in der Linderung von Beschwerden und Verbesserung der Lebensqualität. Etwas anderes gibt auch die H. Klinik nicht vor, durch ihr spezielles Behandlungskonzept leisten zu können. Ebenso war auch der Versicherten und ihrem Ehemann klar, dass mit der durchgeführten Behandlung in der H. Klinik keine Heilung erreicht werden konnte. Eine palliative Therapie bei unheilbarer Krebserkrankung ist jedoch in verschiedener Form durchaus in zugelassenen Kliniken möglich. Auch unter grundrechtsorientierter Auslegung ist die Beklagte daher nicht verpflichtet, die Kosten für die palliative Therapie nach dem speziellen Konzept der H. Klinik zu erstatten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Erben der Versicherten sind nach § 183 Satz 1 SGG nicht kostenprivilegiert. Da es nicht um laufende Geldleistungen geht, liegt eine Sonderrechtsnachfolge iSv § 56 Sozialgesetzbuch Erstes Buch nicht vor. Der Kostenerstattungsanspruch ist im Rechtssinne zwar auf "laufende" Geldleistungen gerichtet, wenn er über mehrere Zeitabschnitte selbst beschaffte Leistungen betrifft (grundlegend BSG 03.07.2012, B 1 KR 6/11 R, BSGE 111, 137). Ein solcher Fall liegt aber nicht vor, wenn es – wie hier - um die Kostenerstattung für eine konkrete stationäre Krankenhausbehandlung geht. Bei Aufnahme des Verfahrens durch einen sonstigen Rechtsnachfolger – hier die Erben – bleibt das Verfahren nur in dem Rechtszug kostenfrei (§ 183 Satz 2 SGG). Anders als das danach gerichtskostenfreie Verfahren vor dem SG unterfällt das Berufungsverfahren somit der Kostenregelung des § 197a SGG.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 197a SGG iVm § 52 Abs 3 GKG und entspricht dem Wert der streitigen Forderung.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
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