L 20 SO 249/16 B ER und L 20 SO 250/16 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 43 SO 154/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 SO 249/16 B ER und L 20 SO 250/16 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 04.04.2016 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtschutzes die vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII.

Die 1970 geborene Antragstellerin ist bulgarische Staatsangehörige und lebt seit 2006 in der Bundesrepublik.

Nach den bisher vorliegenden Informationen leidet sie an verschiedenen internistischen Erkrankungen und an einer Einschränkung der Sehfähigkeit. Vom 15. bis 18.03.2014 befand sie sich in stationärer Krankenhausbehandlung. Dabei wurden eine Exsikkose infolge Nahrungs- und Flüssigkeitskarenz mit hyperglykämischer Entgleisung, ein akutes Nierenversagen, eine diabetische Nephropathie, ein Verdacht auf nephrotisches Syndrom sowie mikrozytäre hypochrome Anämien festgestellt. Als Vorerkrankungen wurden diagnostiziert eine Hypoglykämie (Diabetes mellitus Typ 1, proliferative diabetische Retinopathie und diabetische Makulapathie beidseits - Zustand nach Augen-OP 02/2014, diabetische Nephropathie mit Verdacht auf nephrotisches Syndrom) sowie ein paroxysmales Vorhofflimmern mit spontaner Konversion in Sinusrhythmus, Trikuspidalklappeninsuffizienz Grad I-II. Nach den Feststellungen des Versorgungsamtes der Beklagten besteht bei der Klägerin seit Juni 2015 ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 mit den Merkzeichen "G", "H", "Bl" und "RF".

Das Amtsgericht Dortmund richtete für die Antragstellerin im März 2013 eine Betreuung mit dem Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge, Vermögensangelegenheiten, Vertretung bei Behörden und Ämtern, Wohnungsangelegenheiten sowie Entgegennahme und Öffnen der Post in diesem Rahmen ein.

2014 bezog die Antragstellerin, die im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin wohnt, vom Jobcenter D Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Das Jobcenter stellte die Leistungen mit Ablauf des Monats September 2014 ein, nachdem in einem Gutachten der Agentur für Arbeit Dortmund vom 03.02.2014 festgestellt worden war, dass die Klägerin voraussichtlich länger als sechs Monate, aber nicht auf Dauer täglich weniger als drei Stunden arbeitsfähig war. Nähere Informationen dazu, aufgrund welcher Feststellungen die Agentur für Arbeit zu dieser Beurteilung gelangte, sind den Akten nicht zu entnehmen.

Ab Oktober 2014 gewährte die Antragsgegnerin der Antragstellerin monatsweise Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII.

Auf ein Ersuchen der Antragsgegnerin gemäß § 45 S. 1 SGB XII vom 27.08.2015 stellte die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Mitteldeutschland unter dem 22.12.2015 fest, die Antragstellerin könne noch leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung mit gewissen weiteren qualitativen Einschränkungen in einem zeitlichen Umfang von mehr als drei Stunden täglich verrichten. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Feststellung der DRV Mitteldeutschland wird auf Blatt 247 f. der Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen.

Unter Hinweis auf die Feststellung der DRV Mitteldeutschland teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin in einem Schreiben ohne Rechtsbehelfsbelehrung vom 26.01.2016 mit, sie werde mit Ablauf des Monats Februar 2016 keine Leistungen mehr an die Antragstellerin erbringen, weil diese die Voraussetzungen des § 41 Abs. 3 SGB XII nicht (mehr) erfülle. Es bestehe jedoch ein Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gegenüber dem Jobcenter. Einen entsprechenden Antrag möge die Antragstellerin dort einreichen.

Mit Schreiben vom 27.01.2016 bat die Antragstellerin - vertreten durch ihren Bevollmächtigten und Betreuer - um Übersendung der Feststellung der DRV Mitteldeutschland und wies darauf hin, dass sie erblindet sei.

Am 09.03.2015 hat sich die Antragstellerin - ebenfalls anwaltlich vertreten durch ihren Betreuer - mit einem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes an das Sozialgericht Dortmund gewandt. Gleichzeitig hat sie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten für das Eilverfahren beantragt. In der Sache hat sie geltend gemacht, die DRV Mitteldeutschland könne die von der Antragsgegnerin behauptete Feststellung nicht getroffen haben. Es laufe zwar ein Rentenverfahren, das aber noch nicht abgeschlossen sei. Von einem Gutachten wisse die Antragstellerin nichts. Sie leide an verschiedenen Gesundheitsstörungen, sei schwerbehindert und erblindet. Ihr stünden außer den von der Antragsgegnerin zu zahlenden Sozialhilfeleistungen keine weiteren Mittel zur Bedarfsdeckung zur Verfügung.

Die Antragsgegnerin hat eingewandt, die Antragstellerin habe weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund geltend gemacht. Im Rahmen ihrer Entscheidung über einen Leistungsanspruch der Antragstellerin sei sie an die Feststellung der DRV Mitteldeutschland gebunden (§ 45 S. 2 SGB XII). Zwischen ihr und dem Jobcenter Dortmund bestehe im Übrigen eine Überleitungsvereinbarung, um den Leistungsberechtigten einen nahtlosen Wechsel der Leistungsträger zu ermöglichen. Dieser Vereinbarung entsprechend sei der Bevollmächtigte der Antragstellerin schon im Januar 2016 auf die Beendigung der Leistungsgewährung hingewiesen worden. Zeitgleich sei eine entsprechende Mitteilung an das Jobcenter ergangen. Schließlich habe die Antragstellerin keinen Widerspruch gegen die Einstellung der Sozialhilfeleistungen eingelegt.

Mit Beschluss vom 04.04.2016 hat das Sozialgericht Dortmund den Eilantrag und den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren abgelehnt. Die Voraussetzungen des § 86b Abs. 2 S. 2 SGG seien nicht erfüllt. Es fehle bereits an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches. Gemäß § 21 S. 1 SGB XII erhielten Personen, die nach dem SGB II als Erwerbsfähige dem Grunde nach leistungsberechtigt seien, keine Leistungen für den Lebensunterhalt. Die Antragstellerin könne zur Überzeugung des Gerichts nach summarischer Prüfung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein. Sie sei daher nicht voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI, sondern nach § 8 Abs. 1 SGB II erwerbsfähig. Medizinische aussagekräftige Hinweise auf eine volle Erwerbsminderung lägen nicht vor. Entsprechende Unterlagen habe die Antragstellerin nicht überreicht. Vor allem sei eine volle Erwerbsminderung nicht von der zuständigen Rentenversicherung bestätigt. Das Ersuchen an die DRV Mitteldeutschland bestätige - unter Berücksichtigung der Sehbeeinträchtigung der Antragstellerin - vielmehr deren Erwerbsfähigkeit. Es greife daher die sogenannte Nahtlosigkeitsregelung des § 44a Abs. 1 S. 7 SGB II. Danach sei bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende zur Leistung verpflichtet. § 44a Abs. 1 S. 7 SGB II ordne auch nicht nur eine bloß vorläufige Leistungspflicht i.S.d. § 43 SGB I an. Die danach von dem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu erbringenden Leistungen seien im Außenverhältnis zu den Leistungsberechtigten als endgültig anzusehen. Das Tatbestandsmerkmal der Erwerbsfähigkeit werde fingiert. Nach § 44a Abs. 1 S. 7 SGB II bestehe die Leistungspflicht bis zur "Entscheidung über den Widerspruch". Bei einer engen Auslegung wäre der Widerspruch eines anderen Trägers also Voraussetzung für die Anwendung der Nahtlosigkeitsregelung. Dies hätte jedoch zur Folge, dass bei einer negativen Feststellung der Erwerbsfähigkeit kein Anspruch bestünde, wenn der andere Träger seine Zuständigkeit noch gar nicht geprüft habe oder seine Zuständigkeit bestreite, ohne Widerspruch zu erheben. Die Leistungsberechtigten würden dann keine existenzsichernden Leistungen erhalten, was nicht mit dem Zweck der Nahtlosigkeitsregelung vereinbar sei. Daher seien die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende über den Wortlaut des § 44a Abs. 1 S. 7 SGB II hinaus verpflichtet, auch ohne das Vorliegen eines Widerspruchs Leistungen entsprechend der Nahtlosigkeitsregelung zu erbringen, wenn sie zwar vom Fehlen der Erwerbsfähigkeit ausgingen, die Zuständigkeit aber nicht mit dem nach ihrer Auffassung zuständigen Träger geklärt hätten. Die Träger der Sozialhilfe seien demgegenüber nicht zur Klärung der Zuständigkeit verpflichtet. Sie dürften Leistungsberechtigte, die sie für erwerbsfähig hielten, an das Jobcenter verweisen, ohne vorher Kontakt mit diesem aufzunehmen. Auch in einem solchen Fall habe das Jobcenter Leistungen aufgrund der Nahtlosigkeitsregelung zu erbringen, sofern die übrigen Leistungsvoraussetzungen erfüllt seien. Letztlich werde die Erwerbsfähigkeit der Leistungsberechtigten so lange fingiert, bis der Träger der anderen Leistung seine Zuständigkeit anerkannt habe oder über seinen Widerspruch entschieden worden sei (Bezugnahme auf Knapp in jurisPK-SGB II, 4. Auflage 2015, §44a Rn. 70 ff. m.w.N.; BSG, Urteil vom 02.04.2014 - B 4 AS 26/13 R). Eine Leistungspflicht der Antragsgegnerin bestehe somit eindeutig nicht. Der Antragstellerin stünden vielmehr Leistungen nach dem SGB II zu. Auf die Leistungspflicht des Jobcenters sei die Antragstellerin bereits im Schreiben der Antragsgegnerin vom 26.01.2016 hingewiesen worden, habe aber bislang dort keinen Leistungsantrag gestellt. Einer Beiladung des Jobcenters habe es nicht bedurft, da der Antrag dort noch ausstehe und somit das Rechtsschutzbedürfnis für eine vorläufige Verpflichtung des Jobcenters zur Leistungserbringung fehle (Bezugnahme auf Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 86b Rn. 26b). Die Kammer gehe davon aus, dass das Jobcenter nach entsprechender Antragstellung unter Berücksichtigung der oben dargestellten rechtlichen Lage zeitnah Leistungen an die Antragstellerin erbringen werde. Prozesskostenhilfe sei mangels Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung nicht zu gewähren.

Gegen die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes sowie von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren richtet sich die am 03.05.2016 eingelegte Beschwerde der Antragstellerin. Sie begehrt ferner Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten für das Beschwerdeverfahren. Mit der Beschwerdeschrift legt sie (vorsorglich erneut) Widerspruch gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 26.01.2016 ein. Schon die Erwiderung auf den Einstellungsbescheid vom 26.01.2016 in dem anwaltlichen Schreiben vom 27.01.2016 sei als Widerspruch zu werten. Ferner könne die DRV Mitteldeutschland unmöglich eine Feststellung über die Erwerbsfähigkeit der Antragstellerin getroffen haben, da hierfür eine Untersuchung hätte stattfinden müssen; eine solche Untersuchung habe es aber nie gegeben. Davon gehe selbst das Sozialgericht in dem angefochtenen Beschluss nicht aus. Die Argumentation des Sozialgerichts mit Blick auf § 54a SGB II (gemeint wohl: § 44a SGB II) und § 43 SGB I greife nicht. Es komme allein auf eine Prognose an, inwiefern in der Hauptsache eine Erwerbsfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit der Antragstellerin festgestellt werden könne. Da entgegen den Behauptungen der Antragsgegnerin eine solche Feststellung durch die DRV Mitteldeutschland bisher nicht vorliege, hätte das Sozialgericht prognostisch sowie im Hinblick darauf, dass die Antragstellerin seit über eineinhalb Jahren Leistungen nach dem SGB XII beziehe und zwischenzeitlich erblindet sei, dem Antrag stattgeben müssen.

Die Antragsgegnerin hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin, der Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen ist.

II.

1. Die gemäß §§ 172, 173 statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde in der Eilsache ist unbegründet.

Gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer solchen Regelungsanordnung setzt voraus, dass der Antragsteller sowohl das Bestehen eines materiell-rechtlichen Anspruchs auf die begehrte Leistung (Anordnungsanspruch) als auch die Eilbedürftigkeit einer gerichtlichen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft (i.S.v. überwiegend wahrscheinlich; vgl. u.a. BVerfG vom 29.07.2003 - 2 BvR 311/03, in NVwZ 2004, 95 f.) macht (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund allerdings nicht isoliert nebeneinander. Es besteht vielmehr zwischen beiden eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils zu verringern sind und umgekehrt.

Darüber hinaus können sich aus Art. 19 Abs. 4 GG besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens ergeben, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Die Gerichte müssen in solchen Fällen bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache, also dem Bestehen eines Anordnungsanspruchs, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen. Das gilt insbesondere, wenn das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht. Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen (vgl. zu alledem BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05).

Davon ausgehend ist der angefochtene Beschluss des Sozialgerichts im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Zwar mag der Anordnungsanspruch als offen anzusehen sein. Denn bei der Prüfung der Leistungsvoraussetzungen in einem etwaigen Klageverfahren könnte nicht allein auf die Nahtlosigkeitsregelung bzw. die aktuelle Feststellung der DRV Mitteldeutschland vom 22.12.2015 abgestellt werden; vielmehr wäre - veranlasst etwa durch den der Antragstellerin zuerkannten GdB von 100 einschließlich der Merkzeichen "G", "H", "Bl" und "RF" - unabhängig davon zu ermitteln, ob entgegen der Beurteilung durch die DRV doch eine volle Erwerbsminderung der Antragstellerin vorliegt (vgl. hierzu Blüggel in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 45 Rn. 62).

Selbst bei unterstellter Offenheit des Ausgangs des Hauptsacheverfahrens ist jedoch das vom Sozialgericht für die einstweilige Leistungszuständigkeit gefundene Ergebnis unter dem Gesichtspunkt der Folgenabwägung zutreffend. Zu Recht hat es in seiner Entscheidung ausgeführt, dass der Gesetzgeber für den (nicht seltenen) Fall der vorübergehenden Unsicherheit, ob ein Leistungsberechtigter nach seinem Leistungsvermögen dem Leistungsregime des SGB II oder aber dem des SGB XII zuzuordnen ist, durch die Nahtlosigkeitsregelung in § 44a Abs. 1 S. 7 SGB II Vorsorge getroffen hat (vgl. dazu auch Blüggel in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 44a Rn. 62 ff.). Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Gründe ab (§ 142 Abs. 2 S. 3 SGG).

Vor diesem Hintergrund hätte es der Antragstellerin (bzw. ihrem anwaltlichen Betreuer) oblegen, sich - entsprechend dem Hinweis der Antragsgegnerin in dem Schreiben vom 26.01.2016 - zur Sicherstellung eines ununterbrochenen Leistungsbezuges unmittelbar an das Jobcenter zu wenden. Der Umstand, dass sie dieser Obliegenheit nicht nachgekommen ist, kann im Rahmen der Folgenabwägung zu ihrem Nachteil berücksichtigt werden (vgl. Keller a.a.O. Rz. 29a).

Dass eine materielle Leistungsverpflichtung des Jobcenters hier aus anderen Gründen, insbesondere mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Leistungsberechtigung von EU-Ausländern im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ausgeschlossen sein könnte (vgl. dazu BSG, Urteile vom 03.12.2015 - B 4 AS 43/15 R, B 4 AS 44/15 R und B 4 AS 59/13 R; vom 16.12.2015 - B 14 AS 15/14 R, B 14 AS 18/14 R und B 14 AS 33/14 R; vom 20.01.2016 - B 14 AS 35/15 R), ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Immerhin hat die Antragstellerin bis 2014 schon Leistungen vom Jobcenter bezogen. Da sie zudem keine medizinischen Unterlagen vorgelegt hat, die ein sofortiges gerichtliches Einschreiten bzw. eine sofortige Leistungsverpflichtung der Antragsgegnerin gebieten würden, geht die Folgenabwägung insgesamt zu ihrem Nachteil aus.

Eine Beiladung und ggf. vorläufige Verpflichtung des Jobcenters zur Leistung kam nicht in Betracht, weil sich das Begehren der Antragstellerin ausdrücklich allein auf die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII beschränkt.

2. Ist danach die Beschwerde im Eilverfahren nicht begründet, so gilt dies ebenso für die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren. Das Sozialgericht hat vielmehr das Vorliegen hinreichender Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO zu Recht verneint. Auch insoweit ist die Beschwerde daher zurückzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich zur Entscheidung zum einstweiligen Rechtsschutz aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 S. 1 SGG, zur Beschwerde hinsichtlich der Prozesskostenhilfe aus § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.

4. Prozesskostenhilfe steht mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung (§ 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO) auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu.

5. Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).

Dr. Weßling-Schregel Dr. Kniesel Ottersbach
Rechtskraft
Aus
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