L 31 AS 1974/15

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
31
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 91 AS 2746/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 31 AS 1974/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Was unter einer erfolgreichen Vermittlung zu verstehen ist, bestimmt sich maßgeblich nach dem Inhalt des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins (AVGS), der vom objektiven Empfangshorizont auszulegen ist.
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6. Juli 2015 und die Bescheide des Beklagten vom 7. November 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2013 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.000 Euro zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des gesamten Rechtsstreits einschließlich des Beigeladenen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 1.000 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Auszahlung der ersten Rate aus einem Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein (AVGS).

Unter dem 9. Mai 2012 schloss die Klägerin mit dem Beigeladenen einen Vermittlungsvertrag, wonach Ziel der Vermittlungstätigkeit der Abschluss eines Arbeitsvertrages zwischen einem Arbeitgeber und dem Beigeladenen, dessen Beruf in dem Vertrag als Fachinformatiker-Systemintegration angegeben ist und der zu diesem Zeitpunkt Leistungsempfänger auf der Grundlage des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II) war. In Ziffer 2 des Vertrages war die Vergütungsregelung bei erfolgreicher Vermittlung enthalten und in Ziffer 3 war geregelt, dass eine Vermittlung nach Ziffer 2 als erfolgreich gilt, wenn der Klient die Arbeitsstelle tatsächlich antritt und Lohn/Gehalt/Honorar erhält. Die Klägerin hatte zu diesem Zeitpunkt das Gewerbe "Arbeitsvermittlung, Personalberatung" angemeldet.

Unter dem 11. Mai 2012 stellte der Beklagte für den Beigeladenen einen AVGS aus, der für die Maßnahme "Arbeitsvermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung" für die Zeit vom 11. Mai 2012 bis 31. August 2012 (Gültigkeitszeitraum des Gutscheins) eine Förderzusicherung enthielt. Hinsichtlich der Auszahlungsvoraussetzungen für die Vermittlungsvergütung ist dort Folgendes festgelegt:

"Die Vermittlungsvergütung wird ( ) unter folgenden Voraussetzungen an den Träger (private Arbeitsvermittlung) gezahlt: • Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung bzw. in eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum innerhalb der Gültigkeitsdauer des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins. • mindestens sechswöchige Dauer der vermittelten Beschäftigung • Nachweis durch die Vermittlungs- und Beschäftigungsbestätigung • Einlösung des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins mit dem erforderlichen Nachweis innerhalb der gesetzlichen Ausschlussfrist".

Weiterhin ist darin geregelt, dass die Vermittlungsvergütung in zwei Raten gezahlt wird, wobei die erste Rate in Höhe von 1.000 Euro für die sechswöchige Dauer der vermittelten Beschäftigung gezahlt werden soll. Weiterhin enthält der AVGS den Hinweis, dass der Beigeladene für die Förderleistung keinen Vermittlungsvertrag mit dem Träger abschließen muss.

Die Klägerin ist nach dem Zertifikat der D GmbH mit Wirkung vom 9. August 2012 eine zugelassene Trägerin nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Unter dem 31. August 2012 schlossen der Beigeladene und die O GmbH Berlin einen unbefristeten Arbeitsvertag mit Beginn des Arbeitsverhältnisses am 1. September 2012. Darin wurde der Beigeladene als IT-Systemadministrator mit einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich und einem monatlichen Bruttogehalt in Höhe von 1.600 Euro angestellt. Der Beigeladene gab an, dort ca. zwei Jahre tätig gewesen zu sein.

Mit Eingang 22. Oktober 2012 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die erste Rate der Vermittlungsvergütung. Hierzu überreichte sie eine Vermittlungs- und Beschäftigungsbestätigung des Arbeitgebers des Beigeladenen vom 17. Oktober 2012, wonach das Beschäftigungsverhältnis seit dem 1. September 2012 ununterbrochen bestanden hätte.

Mit Bescheid vom 7. November 2012 lehnte der Beklagte die Auszahlung der Vermittlungsvergütung mit der Begründung ab, dass der Beigeladene die vermittelte Beschäftigung nicht innerhalb der Gültigkeitsdauer des AVGS aufgenommen habe. Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2013 als unbegründet zurück.

Mit Urteil vom 6. Juli 2015 hat das Sozialgericht Berlin die anschließende Klage abgewiesen. Der Vermittlungserfolg im Sinne des § 45 Abs. 6 Satz 3 SGB III sei der Beginn des Beschäftigungsverhältnisses und nicht der Abschluss des Arbeitsvertrages. Der so zu verstehende Vermittlungserfolg sei nicht innerhalb der Gültigkeitsdauer des Vermittlungsgutscheines eingetreten, sondern erst einen Tag danach, nämlich am 1. September 2012.

Gegen das der Klägerin am 11. Juni 2015 zugestellte Urteil hat sie am 11. August 2015 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt.

Sie macht geltend, dass nach den Ausführungen des Bundessozialgerichts im Urteil vom 23. Februar 2011 (B 11 AL 11/10 R) für das Entstehen des Vergütungsanspruchs auch auf den Abschluss eines Arbeitsvertrags abgestellt werden könne. Dieser sei am 31. August 2015 und damit innerhalb des Gültigkeitszeitraums des AVGS geschlossen worden. Diese Betrachtungsweise stimme auch mit der Geschäftsanweisung der Bundesagentur für Arbeit im streitgegenständlichen Bereich überein, wonach die Vermittlung mit dem Tag des Abschlusses des Arbeitsvertrages bzw. der konkreten schriftlichen Einstellungszusage des Arbeitgebers als erfolgt gelte. Zwar müssten danach grundsätzlich die Vermittlung und die Arbeitsaufnahme innerhalb der im AVGS festgelegten zeitlichen Befristung erfolgen, die Geschäftsanweisung enthalte jedoch auch ausdrücklich die Regelung, dass dann, wenn der Tag der Arbeitsaufnahme unmittelbar nach dem Ende der zeitlichen Befristung liegen würde, die Agentur für Arbeit im Einzelfall entscheiden solle, ob aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs die Vermittlungsvergütung gezahlt werde. Diese Einzelfallentscheidung habe weder der Beklagte noch das Sozialgericht getroffen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6. Juli 2015 und den Bescheid des Beklagten vom 7. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin die erste Rate der Vermittlungsvergütung aus dem dem Beigeladenen ausgestellten Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein vom 11. Mai 2012 in Höhe von 1.000 Euro auszuzahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie denjenigen des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen. Diese lagen in der mündlichen Verhandlung und bei der Entscheidung vor.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und begründet.

Das angegriffene Urteil des Sozialgerichts Berlin ist aufzuheben. Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 7. November 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin daher in ihren Rechten (vgl. 54 Abs. 1, 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Klägerin hat Anspruch auf eine Vermittlungsvergütung gegen den Beklagten aus dem streitgegenständlichen Vermittlungsgutschein.

Da der Beklagte über den Anspruch der Klägerin durch Verwaltungsakt entschieden hat, ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG statthaft.

Anspruchsgrundlage ist über die Verweisungsnorm des § 16 Abs. 1 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) § 45 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) - beide in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20. Dezember 2011 (BGBl I S. 2854) -, der in Bezug auf einen Vergütungsanspruch des privaten Arbeitsvermittlers aus einem Vermittlungsgutschein an die Stelle des § 421 g SGB III in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung (a. F.) getreten ist.

Wie schon nach der bisherigen Rechtslage ist der Vermittlungsvertrag zwischen (privaten) Vermittlern und Arbeitsuchenden in § 296 SGB III geregelt. Anknüpfend daran regelt nunmehr § 45 SGB III die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitslosen, Arbeitsagentur und privatem Arbeitsvermittler. Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III können Arbeitslose bei Teilnahme an Maßnahmen gefördert werden, die ihre berufliche Eingliederung durch Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung unterstützen (Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung). Die Förderung umfasst nach § 45 Abs. 1 Satz 4 SGB III die Übernahme der angemessenen Kosten für die Teilnahme, soweit dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Die Agentur für Arbeit kann nach § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB III dem Berechtigten das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Förderung nach Abs. 1 bescheinigen und Maßnahmeziel und -inhalt festlegen (Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein - AVGS). Der AVGS kann nach § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB III zeitlich befristet sowie regional beschränkt werden. Der AVGS berechtigt nach § 45 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 SGB III im vorliegenden Zusammenhang zur Auswahl eines Trägers, der eine ausschließlich erfolgsbezogene vergütete Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung anbietet. Der ausgewählte Träger nach Satz 3 Nr. 2 hat gemäß § 45 Abs. 4 Satz 5 SGB III der Agentur für Arbeit den AVGS nach erstmaligem Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen vorzulegen. Die Vergütung richtet sich gemäß § 45 Abs. 6 Satz 1 SGB III nach Art und Umfang der Maßnahme und kann aufwands- oder erfolgsbezogen gestaltet sein; eine Pauschalierung ist zulässig. § 83 Abs. 2 SGB III, wonach die Leistungen unmittelbar an den Träger der Maßnahme ausgezahlt werden können, gilt gemäß § 45 Abs. 6 Satz 2 SGB III entsprechend. Bei einer erfolgreichen Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung durch einen Träger nach Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 beträgt gemäß § 45 Abs. 6 Satz 3 SGB III die Vergütung 2000 Euro. Die Vergütung nach den Sätzen 3 und 4 wird gemäß § 45 Abs. 6 Satz 5 SGB III in Höhe von 1.000 Euro nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt.

Zunächst geht der Senat auch nach der Gesetzesänderung durch das Gesetz vom 20. Dezember 2011 (a.a.O.) davon aus, dass der private Arbeitsvermittler - wie nach der Rechtslage zu § 421 g SGB III a. F. - weiterhin einen eigenen öffentlich-rechtlichen Zahlungsanspruch gegen den Beklagten aus dem Vermittlungsgutschein hat. Wie bereits der 25. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg im Urteil vom 12. Juni 2015 (L 25 AS 1835/14, Rdnr. 33, juris), geht auch der hier erkennende Senat nicht davon aus, dass die fehlende Übernahme des § 421 g Abs. 2 Satz 4 SGB III a. F., wonach die Leistung unmittelbar an den Vermittler gezahlt wurde, die weitreichende Konsequenz haben soll, dass der private Vermittler nunmehr lediglich noch einen abgeleiteten Vergütungsanspruch des Beigeladenen geltend machen kann. In diesem Zusammenhang ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass sich die Rechtslage insoweit nicht geändert hat, als dass der Arbeitsvermittler seinen privatrechtlichen Vergütungsanspruch gegen den Arbeitslosen nicht durchsetzen kann, weil gemäß § 296 Abs. 4 Satz 2 SGB III die Vergütung nach Vorlage des Vermittlungsgutscheins bis zu dem Zeitpunkt gestundet ist, in dem die Agentur für Arbeit nach Maßgabe von § 45 Abs. 6 - wie bereits zuvor nach § 421 g SGB III a. F - gezahlt hat. Dies ist nach wie vor ein wesentlicher Grund dafür, dem Arbeitsvermittler einen eigenen Zahlungsanspruch zuzuerkennen. Zudem ist die Regelung des § 421 g Abs. 2 Satz 4 SGB III a. F. durch die Verweisung auf § 83 Abs. 2 SGB III in § 45 Abs. 6 Satz 2 SGB III überflüssig geworden. Das Schweigen in der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucksache 17/6277, S. 92 f.) bestätigt die gefundene Rechtsauffassung. Sie entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur vorherigen Rechtslage (vgl. BSG, Urteil vom 11. März 2014 - B 11 AL 19/12 R -, Rdnr. 14, juris). Dementsprechend enthält auch der streitgegenständliche AVGS vom 11. Mai 2012 den Hinweis, dass dem vom Beigeladenen beauftragten Träger im Fall der erfolgreichen Vermittlung nach den Bedingungen des AVGS die Vermittlungsvergütung auf Antrag gezahlt wird.

Die Klägerin hatte die Arbeitsvermittlung zum Zeitpunkt der Vermittlung als Gegenstand ihres Gewerbes angezeigt. Gemäß § 443 Abs. 3 Satz 4 SGB III besteht ein Anspruch auf Vergütung für die Arbeitsvermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung nach § 45 Abs. 4 Satz 3 in Nr. 2 SGB III für bis einschließlich 31. Dezember 2012 erfolgte Vermittlungen nur unter dieser Voraussetzung.

Der von Gesetzes wegen (vgl. § 45 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 und Abs. 6 Satz 3 SGB III) geforderte Vermittlungserfolg ist vorliegend auch innerhalb der Gültigkeitsdauer des AVGS eingetreten. Wie sich aus § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. Satz 3 SGB III ergibt, ist der Vermittlungserfolg dabei die Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich. Diese gesetzlichen Maßgaben enthält auch der im Verhältnis zwischen dem Beklagten und dem Beigeladenen als Verwaltungsakt anzusehende AVGS vom 11. Mai 2012 (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11. März 2014 - B 11 AL 19/12 R-, Rdnr. 17, juris). Dabei ist das, was unter einer (erfolgreichen) Vermittlung zu verstehen ist, maßgeblich nach dem Inhalt des AVGS, wie er vom objektiven Empfängerhorizont auszulegen ist, zu bestimmen. Der Arbeitsvermittler darf sich auf die Angaben in dem als Verwaltungsakt anzusehenden AVGS verlassen (so hinsichtlich des Geltungszeitraums ausdrücklich: BSG, Urteil vom 6. Mai 2008 - B 7/7 a AL 8/07 R-, a.a.O.; Rademacker in Hauck/Noftz, SGB III, a.a.O. Rdnr. 161). Bei der Auslegung dieser behördlichen Erklärung ist vom Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten auszugehen, der die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (§ 133 BGB; vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 26. Juni 2014 - B 2 U 17/13 R -, juris).

Vorliegend gibt der Gutschein als Zahlungsvoraussetzung lediglich die Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung an. Einschränkende Angaben - etwa die Maßgeblichkeit des Arbeitsbeginns - enthält der Gutschein nicht. Die Klägerin durfte deshalb zu recht davon ausgehen, dass unter "Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung" der Abschluss eines Arbeitsvertrages zu verstehen ist, jedenfalls dann, wenn - wie hier - der tatsächliche Beschäftigungsbeginn im auf den Vertrag folgenden Monat liegt. Diese Sichtweise entspricht dem Sinn und Zweck der Vermittlungsgutscheine. Das Instrument wurde geschaffen, um die Beklagte hinsichtlich der Vermittlung von Hilfebedürftigen zu unterstützen und im Ergebnis dadurch die Zahlen der auf staatliche Unterstützung Angewiesenen zu senken. Dieses Ziel wird mit dem Abschluss eines Arbeitsvertrages, dem unmittelbar die Aufnahme der Beschäftigung folgt, Genüge getan. Andernfalls wäre der Gutschein regelmäßig in seinem letzten Gültigkeitsmonat wirkungslos, was nicht beabsichtigt sein kann. Denn dem Abschluss eines Arbeitsvertrages folgt in der Regel die Arbeitsaufnahme zum ersten Arbeitstag des Folgemonats.

Soweit sich der Beklagte auf die Fachlichen Hinweise zu den Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach § 16 Abs. 1 SGB II i. V. m. § 45 SGB III beruft, ist zunächst festzustellen, dass diese Hinweise das Gericht nicht binden. Zudem liegen dem Gericht im maßgeblichen Bereich zwei ab April 2012 geltende, sich widersprechende Arbeitsanweisungen vor, von denen eine offenbar im SGB II-Bereich und eine im Bereich des SGB III gelten soll. Nach den o.g. Fachlichen Hinweisen zum SGB II soll eine erfolgreiche Vermittlung vorliegen, wenn die Vermittlung während der Gültigkeitsdauer des AVGS getätigt wurde, das vermittelte Beschäftigungsverhältnis versicherungspflichtig ist, der Arbeitsvertrag während der Gültigkeit des AVGS geschlossen und das Beschäftigungsverhältnis innerhalb dieser Gültigkeit begonnen wurde (3.1). Demgegenüber bestimmen die zum streitigen Zeitpunkt maßgeblichen Hinweise allein zu § 45 SGB III, dass die Vermittlung mit dem Tag des Abschlusses des Arbeitsvertrages bzw. der konkreten schriftlichen Einstellungszusage des Arbeitgebers als erfolgt gilt und dass die Vermittlung und die Arbeitsaufnahme innerhalb der im AVGS festgelegten zeitlichen Befristung erfolgen sollen (Maßnahmen bei einem Träger (private Arbeitsvermittlung - MPAV) nach § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III, hier Nr. 45.15 (4). Hieraus wird deutlich, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt offenbar keine verlässliche, gleichmäßige Verwaltungspraxis bestand. Vor diesem Hintergrund war der Beklagte jedoch gehalten, die aus seiner Sicht bestehenden Auszahlungsvoraussetzungen, hier das, was er unter einer die Auszahlung bewirkenden Vermittlung versteht, konkret in den AVGS zu übernehmen. Dass er dies unterlassen hat, schafft vorliegend einen Vertrauenstatbestand zugunsten der Klägerin in eine ihr günstige Auslegung des AVGS. Die wie ausgeführt zu verstehende Vermittlung lag im Geltungszeitraum des Gutscheins, der Arbeitsvertrag wurde am 31. August 2012 geschlossen, die Beschäftigung unmittelbar im Folgemonat aufgenommen.

Auch die übrigen im AVGS benannten Voraussetzungen liegen vor. Das Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen war versicherungspflichtig und umfasste 40 Wochenstunden. Es dauerte zum Zeitpunkt des Auszahlungsbegehrens bereits sechs Wochen an, was die Klägerin durch die Vermittlungs- und Beschäftigungsbestätigung der Arbeitgeberin des Beigeladenen nachgewiesen hat.

Nach alledem ist die Berufung erfolgreich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung. Es entspricht der Billigkeit, auch die Kosten des Beigeladenen dem unterliegenden Beklagten aufzuerlegen. Er hat durch seine Angaben in der mündlichen Verhandlung das Verfahren gefördert.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 3 Gerichtskostengesetz (GKG).

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil ein Grund hierfür nicht vorliegt (§ 160 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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