S 32 AS 5114/12

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 32 AS 5114/12
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Soweit bewilligte und zur Auszahlung gelangte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (teilweise) aufgehoben und zurückgefordert werden, kommt es nicht darauf an, ob das zugeflossene Einkommen (hier: Betriebskostengutschrift), auf dem die Aufhebung beruht, als bereites Mittel zur Verfügung stand, weil das Existenzminimum in dem von der Aufhebung umfassten Zeitraum durch die zunächst erbrachten Leistungen gesichert war und eine nachträgliche Rückforderung sich darauf nicht auswirkt.
I.Die Rücknahme- und Erstattungsbescheide des Beklagten vom 19. Januar 2012 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 3. Juli 2012 werden dahingehend abgeän-dert, dass die Erstattungsforderung gegen die Klägerin auf 265,69 EUR und die Er-stattungsforderung gegen den Kläger auf 265,70 EUR reduziert wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. II. Der Beklagte hat 3/10 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger zu tragen. III. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen Rücknahme- und Erstattungsbescheide des Beklagten, mit denen die ihnen gewährten Leistungen für Unterkunft und Heizung wegen Anrechnung einer Betriebskostengutschrift für den Monat April 2008 vollständig und für den Monat Mai 2008 teilweise zurückgefordert wurden.

Die in den Jahren 1950 bzw. 1948 geborenen Kläger, die als Eheleute eine Bedarfsgemein-schaft bildeten, bezogen seit dem Jahr 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch II – Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II). Im streitgegenständlichen Zeitraum (April bis Mai 2008) bewohnten sie eine Wohnung in. Die Grundmiete betrug monatlich 336,60 EUR. Hinzu kam eine einheitliche Nebenkosten-vorauszahlung von monatlich 198,- EUR.

Die Klägerin betrieb als Selbständige ein Schreib- und Spielwarengeschäft. Das daraus erzielte Einkommen schwankte. Der Kläger, der bei der Vermieterin der von den Klägern bewohnten Wohnung als Hausmeister angestellt war, erzielte monatlich ein Einkommen von 176,- EUR (vgl. Schriftsatz des Klägervertreters vom 19. Juli 2013).

Auf einen entsprechenden Fortzahlungsantrag der Kläger lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 27. Februar 2008 die Bewilligung von Leistungen für den Zeitraum vom 1. Februar bis 31. Juli 2008 wegen fehlender Hilfebedürftigkeit ab (Bl. 360 Vw-Akte). Gegen diesen Bescheid legten die Kläger am 7. März 2008 Widerspruch ein (Bl. 365 Vw-Akte) und machten mit Antrag vom 11. April 2008 beim Sozialgericht Dresden die Gewährung einstweiligen Rechtschutzes geltend. Daraufhin verpflichtete das Sozialgericht Dresden den Beklagten mit Beschluss vom 24. Juni 2008, Az.: S 3 AS 1751/08 ER, an die Kläger vorläufig Leistungen für den Zeitraum vom 11. bis 30. April 2008 in Höhe von 151,06 EUR und für den Zeitraum von Mai bis September 2008 in Höhe von monatlich 226,60 EUR zu erbringen (Bl. 388 Vw-Akte). In Umsetzung dieses Beschlusses bewilligte der Beklagte den Klägern mit Bescheid vom 2. Juli 2008 vorläufig entsprechende Leistungen für den Zeitraum vom 11. April bis zum 30. September 2008 (Bl. 426 Vw-Akte). Gegen diesen Bescheid legten die Kläger am 4. August 2008 Widerspruch ein (Bl.429 Vw-Akte).

Dem Widerspruch vom 7. März 2008 gegen den Bescheid vom 27. Februar 2008 half der Beklagte ab, indem er den Klägern mit Bescheid vom 5. September 2009 vorläufig Leis-tungen für den Zeitraum vom 1. Februar bis 31. März 2008 in Höhe von monatlich 226,60 EUR und für den Zeitraum vom 1. bis 10. April 2008 in Höhe von 75,53 EUR bewilligte. Daraufhin erhoben die Kläger am 19. November 2008 Klage gegen den Bescheid vom 27. Februar 2008 in Gestalt des Abhilfebescheids vom 5. September 2008 und begehrten für den Zeitraum vom 1. Februar bis 10. April 2008 die Gewährung von Leistungen in gesetz-licher Höhe (Az. des SG Dresden: S 32 AS 5748/08).

Den Widerspruch vom 4. August 2008 gegen den Bewilligungsbescheid vom 2. Juli 2008, der den Zeitraum vom 11. April bis zum 30. September 2008 umfasste, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2009 zurück. Dagegen erhoben die Kläger am 2. März 2009 Klage und begehrten für den vorgenannten Zeitraum die Gewährung von Leistungen in gesetzlicher Höhe (Az. des SG Dresden: S 32 AS 988/09).

In den beiden vorgenannten sozialgerichtlichen Verfahren teilte der Beklagte jeweils mit Schriftsatz vom 17. November 2009 mit, dass zwischenzeitlich die erforderlichen Unterla-gen vorlägen, um über das Einkommen der Klägerin aus selbständiger Tätigkeit abschlie-ßend entscheiden zu können, wofür um Fristverlängerung gebeten wurde. In der Folge erließ der Beklagte am 12. Januar 2010 zwei als Änderungsbescheide bezeichnete Bescheide, mit denen zum einen für den Zeitraum vom 1. Februar bis zum 10. April 2008 und zum anderen für den Zeitraum vom 11. April bis zum 30. September 2008 ohne Vorläufigkeitsvorbehalt Leistungen von monatlich 474,21 EUR für die Monate Februar bis April 2008 (für den Zeitraum vom 1. bis 10. April 2008 anteilig 158,07 EUR und für den Zeitraum vom 11. bis zum 30. April 2008 anteilig 316,14 EUR) sowie von monatlich 671,47 EUR für die Monate Mai bis September 2008 bewilligt wurden. Die darin enthaltenen Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung betrugen im gesamten Zeitraum von Februar bis September 2008 für die Klägerin und den Kläger monatlich jeweils 205,80 EUR (für den Zeitraum vom 1. bis 10. April 2008 anteilig jeweils 68,60 EUR und für den Zeitraum vom 11. bis zum 30. April 2008 anteilig jeweils 137,20 EUR), insgesamt also monatlich 411,60 EUR. Bei der Berechnung der Leistungen wurde wie folgt Einkommen der Kläger berücksichtigt: Beim Kläger fand im gesamten Zeitraum von Februar bis September 2008 monatlich ein Einkommen von 176,- EUR aus dessen nichtselbständiger Tätigkeit Berücksichtigung (bereinigt nach Abzug des Grund- und des Erwerbstätigenfreibetrags auf 60,80 EUR). Bei der Klägerin betrug das berücksichtigte Einkommen aus selbständiger Tätigkeit im Zeitraum von Februar bis April 2008 monatlich 725,74 EUR (bereinigt nach Abzug des Grund- und des Erwerbstätigenfreibetrags auf 500,59 EUR) und im Zeitraum von Mai bis September 2008 monatlich 479,16 EUR (bereinigt nach Abzug des Grund- und des Erwerbstätigenfreibetrags auf 303,33 EUR). Die beiden gerichtlichen Verfahren endeten jeweils durch angenommene Anerkenntnisse, die den Inhalt der Änderungsbescheide vom 12. Januar 2010 zum Gegenstand hatten.

Der Beklagte bat im Rahmen eines anderen Widerspruchsverfahrens die Kläger mit Schreiben vom 3. August 2011 um Einreichung der Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2005 bis 2010. Daraufhin wurde am 31. August 2011 unter anderem die Betriebskos-tenabrechnung vom 17. März 2008 für den Zeitraum vom 1. April 2006 bis zum 17. März 2007 an den Beklagten übermittelt. Diese wies ein Guthaben von 754,87 EUR aus, das der Vermieter mit offenen Mietschulden verrechnet hatte (Bl. 1077 Vw-Akte). Daraufhin hörte der Beklagte die Kläger jeweils mit Schreiben vom 7. November 2011 zu einer etwaigen Teilaufhebung der bewilligten Leistungen nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X we-gen grob fahrlässiger Unvollständigkeit der gemachten Angaben und Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung sowie einer daraus folgenden Erstattung von Leistungen für den Monat April 2008 in Höhe von jeweils 205,80 EUR und für den Monat Mai in Höhe von 171,62 EUR (Klägerin) bzw. 171,65 (Kläger) an. Von der Stellungnah-memöglichkeit haben die Kläger – soweit aus der Akte ersichtlich – keinen Gebrauch ge-macht.

Daraufhin erließ der Beklagte die streitgegenständlichen Rücknahme- und Erstattungsbe-scheide vom 19. Januar 2012, mit denen gestützt auf die Vorschriften der §§ 40 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X, § 330 Abs. 2 SGB III Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung für den Monat April 2008 jeweils in Höhe von 205,80 EUR und für den Monat Mai 2008 in Höhe von 171,62 EUR (Klägerin) bzw. 171,65 (Kläger) aufgehoben und zurückgefordert wurden. Der gegen diese Bescheide durch die Kläger jeweils am 23. Februar 2012 eingelegte Widerspruch wurde jeweils durch Widerspruchsbescheid vom 3. Juli 2012 zurückgewiesen.

Gegen die Rücknahme- und Erstattungsbescheide des Beklagten vom 19. Januar 2012 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 3. Juli 2012 haben die Kläger am 2. August 2012 jeweils gesondert Klage erhoben. Die beiden Verfahren sind mit Beschluss vom 21. Juni 2016 gemäß § 113 Abs. 1 SGG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbun-den worden.

Die Kläger sind der Auffassung, dass es sich bei dem Betriebskostenguthaben wegen der Verrechnung mit Mietschulden nicht um bereite Mittel handele und daher im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II eine aufwandsmindernde Berücksichtigung ausscheide. Im Üb-rigen sei das Betriebskostenguthaben, soweit es überhaupt zu berücksichtigen wäre, von den tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung und nicht – wie vom Beklagten vor-genommen – von den als angemessen anerkannten Unterkunfts- und Heizkosten in Abzug zu bringen. Darüber hinaus habe der Beklagte zu Unrecht die tatsächlichen Kosten der Un-terkunft und Heizung nicht in vollem Umfang als angemessen anerkannt. Insbesondere sei den Klägern ein Umzug in eine kostengünstigere Wohnung bereits deshalb nicht zumutbar gewesen, weil der Kläger dann seine Hausmeisterstelle beim Vermieter verloren hätte und damit sein Erwerbseinkommen entfallen wäre. Schließlich sei das Einkommen der Klägerin nicht bereinigt worden. Diese habe aus der selbständigen Tätigkeit im April 2008 ein Einkommen von 500,59 EUR und im Mai 2008 in Höhe von 303,33 EUR erzielt. Nach der Bereinigung um den Grund- und den Erwerbstätigenfreibetrag verbleibe ein anrechenbarer Betrag von 320,47 EUR im April 2008 und von 162,66 EUR im Mai 2008.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

die Rücknahme- und Erstattungsbescheide vom 19. Januar 2012 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 3. Juli 2012 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Anrechnung des Betriebskostenguthabens auf den Bedarf für Kosten der Unterkunft und Heizung in den Monaten April und Mai 2008 zu Recht erfolgt sei. Die Aufrechnung durch den Vermieter sei unwirksam. Der Aufrech-nungserklärung fehle die hinreichende Bestimmtheit. Außerdem unterliege das Betriebs-kostenguthaben nicht der Pfändung, so dass eine Aufrechnung gegen diese Forderung un-zulässig sei. Indem die Kläger es hingenommen hätten, dass der Vermieter das Guthaben mit Mietrückständen verrechne, hätten sie ihr Einverständnis mit der Vorgehensweise des Vermieters zum Ausdruck gebracht, was einem Realisieren der Forderung gleichstehe. Außerdem komme es auf die Realisierbarkeit der Betriebskostengutschrift nicht an, weil die Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung für die Monate April und Mai 2008 ohne Anrechnung des Betriebskostenguthabens an die Kläger zur Auszahlung gelangt seien und damit zur Bedarfsdeckung zur Verfügung gestanden hätten. Richtigerweise sei allerdings – insoweit wird dem Vorbringen der Kläger zugestimmt – das Betriebskostenguthaben von den tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung und nicht von den als angemessen anerkannten Unterkunfts- und Heizkosten in Abzug zu bringen.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG jeweils schriftlich zugestimmt (Schriftsatz des Beklagten vom 22. März 2016, Schriftsatz der Kläger vom 20. Juni 2016).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf die Gerichts-akte des vorliegenden Verfahrens, die beigezogenen Gerichtsakten der Verfahren S 32 AS 988/09 und S 32 AS 5748/08 sowie die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten (sechs Bände), 07402 BG 0020225, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Gericht entscheidet mit Zustimmung der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG.

II.

Die Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet.

1. Die Klage ist als Anfechtungsklage gegen die streitgegenständlichen Rücknahme- und Erstattungsbescheide des Beklagten vom 19. Januar 2012 in Gestalt der Widerspruchsbe-scheide vom 3. Juli 2012 nach § 54 Abs. 1 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

2. Die Klage ist begründet, soweit die teilweise Rücknahme der Leistungsbewilligung für die Monate April und Mai 2008 sowie die daraus sich ergebenden Erstattungsforderungen über den aus dem Tenor ersichtlichen Umfang hinausgehen. Insoweit sind die angefochte-nen Bescheide rechtswidrig und verletzten die Kläger in ihren Rechten.

a) Rechtsgrundlage der angefochtenen Rücknahme- und Erstattungsbescheide sind Rege-lungen der §§ 40 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 sowie § 50 SGB X, § 330 Abs. 2 SGB III.

Soweit das Betriebskostenguthaben in Höhe von 754,87 EUR aus der Betriebskostenab-rechnung vom 17. März 2008 in den Leistungsmonaten April und Mai 2008 nach § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung (nachfolgend: a.F.) bedarfsmindernd zu berücksichtigen ist, stellen sich die "Änderungsbescheide" vom 12. Januar 2010, mit denen die Leistungen zuletzt festgesetzt worden waren, als von Anfang an rechtswidrig dar.

Mit den "Änderungsbescheiden" vom 12. Januar 2010 waren die den Klägern bewilligten Leistungen bereits endgültig festgesetzt worden, so dass die streitgegenständlichen Rück-nahme- und Erstattungsbescheide auf der Grundlage der §§ 40 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X, § 330 Abs. 2 SGB III ergehen konn-ten, ohne dass es darauf ankommt, ob man von einem Vorrang der endgütigen Leistungs-festsetzung ausgeht, soweit dafür die Voraussetzungen vorliegen (dazu BSG, Urteil vom 29. April 2015, B 14 AS 31/14 R; Juris). Zwar wird in den "Änderungsbescheiden" vom 12. Januar 2010 keine Rechtsgrundlage genannt. Auch enthalten diese Bescheide keinen ausdrücklichen Hinweis darauf, dass es sich um die endgültige Festsetzung der bis dahin lediglich vorläufig bewilligten Leistungen handelt. Bei der Auslegung der vorgenannten Bescheide ist jedoch zu berücksichtigen, dass in den beiden – die Leistungszeiträume vom 1. Februar bis 10. April 2008 und vom 11. April bis zum 30. September 2008 betreffenden – seinerzeit anhängigen sozialgerichtlichen Verfahren, Aktenzeichen S 32 AS 5748/08 und S 32 AS 988/09, jeweils mit Schriftsatz des Beklagten vom 17. November 2009 unter Be-antragung einer entsprechenden Fristverlängerung darauf hingewiesen wurde, dass zwi-schenzeitlich die erforderlichen Unterlagen vorlägen, um über das Einkommen der Klägerin aus selbständiger Tätigkeit abschließend entscheiden zu können, und in der Folge die "Änderungsbescheide" vom 12. Januar 2010 erlassen und in die vorgenannten gerichtlichen Verfahren (mit der Folge der Erledigung durch angenommene Anerkenntnisse) einbezogen wurden. Damit war bei verständiger Würdigung sämtlicher Umstände ohne weiteres erkennbar, dass die Bescheide vom 12. Januar 2012, in denen jeweils die "Änderung des Anrechnungsbetrages auf Grund von Einkommen aus selbständiger Beschäftigung" als "eingetretene Änderung" angegeben war, die endgültige Festsetzung der Leistungen zum Gegenstand hatten.

b) Die angefochtenen Rücknahme- und Erstattungsbescheide sind formell rechtmäßig. Ins-besondere wurden die Kläger vor Erlass dieser Bescheide ordnungsgemäß angehört (vgl. § 24 Abs. 1 SGB X).

c) In materieller Hinsicht sind die angefochtenen Rücknahme-und Erstattungsbescheide teilweise rechtswidrig. Zwar war das Betriebskostenguthaben in Höhe von 754,87 EUR aus der Betriebskostenabrechnung vom 17. März 2008 in den Leistungsmonaten April und Mai 2008 nach § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II a.F. bedarfsmindernd zu berücksichtigen; aller-dings hatte die Anrechnung auf den tatsächlichen Bedarf für Kosten der Unterkunft und Heizung zu erfolgen, so dass die Rücknahme der bewilligten Leistungen rechtswidrig ist, soweit durch die vorgenommene Anrechnung auf den vom Beklagten als angemessen an-gesehenen Bedarf für Unterkunft und Heizung die Leistungen für den Monat Mai 2008 zu weitgehend reduziert wurden (dazu nachfolgend aa)). Die Leistungsberechnung im Übri-gen, insbesondere die Anrechnung des erzielten Einkommens aus Erwerbstätigkeit, erfolgte rechtsfehlerfrei (dazu nachfolgend bb)). Auch stehen Gesichtspunkte des Vertrauens-schutzes der teilweisen Rücknahme der gewährten Leistungen nicht entgegen (dazu nach-folgend cc)). Soweit die Rücknahme für den Monat Mai 2008 rechtswidrig ist, reduzieren sich auch die entsprechenden Erstattungsforderungen gegen die Kläger (dazu nachfolgend dd)).

aa) Bei dem Betriebskostenguthaben handelt es sich trotz der vom Vermieter vorgenom-menen "Verrechnung" mit Mietschulden um Einkommen, das nach § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II a.F. bedarfsmindernd zu berücksichtigen war (dazu (1)). Das Guthaben dürfte den Klägern auch als "bereites Mittel" zur Verfügung gestanden haben, wobei es darauf nach Auffassung der Kammer in der vorliegenden Erstattungskonstellation nicht entscheidend ankommt (dazu (2)). Unter Berücksichtigung des Betriebskostenguthabens ist der Bedarf der Kläger für die Kosten der Unterkunft und Heizung im April 2008 gedeckt und im Mai 2008 auf 145,91 EUR (Kläger) bzw. 145,90 EUR (Klägerin) reduziert (dazu (3)).

(1) Das in der Betriebskostenabrechnung vom 17. März 2008 ausgewiesene Guthaben in Höhe von 754,87 EUR ist als Einkommen i.S. von § 11 Abs. 1 SGB II i.V.m. mit der Son-derregelung des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II a.F. und nicht als Vermögen zu berücksichti-gen. Einkommen i.S. des § 11 Abs. 1 SGB II ist grundsätzlich alles, was jemand – wie hier – nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält und Vermögen, was er bereits vor Antragstel-lung hatte. Auch für Rückerstattungen von Betriebs- und Heizkostenvorauszahlungen kommt es auf den Zeitpunkt des Zuflusses als Differenzierungskriterium zwischen Ein-kommen und Vermögen an (vgl. BSG, Urteil vom 16. Mai 2012, B 4 AS 132/11 R, Rn. 16, Juris).

Nach § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II a.F. mindern Rückzahlungen und Guthaben, die den Kos-ten der Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, die nach dem Monat der Rückzahlung oder Gutschrift entstandenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Mit der unkla-ren Formulierung "mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung" wird zum Ausdruck gebracht, dass eine unmittelbare Anrechnung der Guthaben auf die Kosten der Unterkunft und Heizung ohne Berücksichtigung der Absetzbeträge des § 11 Abs. 2 SGB II a.F. (bzw. § 11 b SGB II n.F.), nicht jedoch eine abweichende individuelle Bedarfsfestsetzung bei den Kosten der Unterkunft und Heizung des Folgemonats erfolgen soll. § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II a.F. ist eine Sonderregelung zur Anrechnung von Einkommen i.S. des § 11 SGB II, die eingeführt wurde, um den mit der Einkommensberücksichtigung nach § 11 SGB II häufig einhergehenden Abzug der Versicherungspauschale zu vermeiden und zugleich die Anrechnung des Guthabens dem kommunalen Träger zugute kommen zu lassen (zum Ganzen: BSG, Urteil vom 16. Mai 2012, a.a.O., Rn. 17).

Das den Klägern zustehende Betriebskostenguthaben stellt mithin grundsätzlich berück-sichtigungsfähiges Einkommen dar. Das gilt im Grundsatz trotz der vom Vermieter vorge-nommenen "Verrechnung" des Guthabens mit offenen Mietforderungen, weil darin wegen der damit verbundenen Befreiung von Verbindlichkeiten ein "wertmäßiger Zuwachs" in Form eines entsprechenden in Geld ausdrückbaren wirtschaftlichen Werts liegt (vgl. BSG, Urteil vom 16. Mai 2012, a.a.O., Rn. 20 f.).

(2) Allerdings setzt die Berücksichtigungsfähigkeit eines Betriebskostenguthabens als Ein-kommen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts des Weiteren voraus, dass dem Leistungsberechtigten "bereite Mittel" zur Bedarfsdeckung zur Verfügung stehen, woran es fehle, wenn das Guthaben "aus Rechtsgründen überhaupt nicht oder nicht ohne weiteres" zu realisieren ist; dies sei im Hinblick darauf beachtlich, dass keine freiwillige Schuldentilgung durch den Leistungsberechtigten vorliege, wenn der Vermieter aufrechne und damit von einem (vermeintlichen) Gestaltungsrecht Gebrauch mache (BSG, Urteil vom 16. Mai 2012, a.a.O., Rn. 22).

(a) Die Kammer ist freilich der Auffassung, dass es darauf, ob ein Betriebskostenguthaben ohne weiteres in rechtlicher Hinsicht realisierbar ist und damit "bereite Mittel" vorliegen, in Erstattungskonstellationen nicht ankommt. Der Grund dafür, dass ein zugeflossenes Einkommen nur anrechenbar ist, wenn es als "bereites Mittel" zur Verfügung steht, liegt darin, dass die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II der Siche-rung des Existenzminimums dienen. Die Verweigerung existenzsichernder Leistungen wäre mit Art. 1 i.V.m. Art. 20 GG nicht vereinbar. Um das verfassungsrechtlich gewährleistete Existenzminimum sicherzustellen, kann Einkommen nur dann anspruchsmindernd angerechnet werden, wenn es zur Deckung des Lebensbedarfs tatsächlich zur Verfügung steht; eine Anrechnung fiktiven Einkommens, etwa bei dessen vorherigen Verbrauch zu anderen Zwecken, ist ausgeschlossen (etwa BSG, Urteil vom 29. November 2012, B 14 AS 33/12 R, Rn. 14 m.w.N., Juris). Vielmehr kommen bei zweckwidriger Einkommensver-wendung, die zum Fehlen "bereiter Mittel" führt, allenfalls Ersatzansprüche nach § 34 SGB II (vgl. BSG, Urteil vom 29. November 2012, a.a.O., Rn. 17 f.) oder ggf. die Verhängung entsprechender Sanktionen (vgl. § 31 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 31 a SGB II) in Betracht.

Die Sicherung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Existenzminimums spielt aber in Erstattungskonstellationen, wie hier vorliegend, gerade keine Rolle (dazu BSG, Urteil vom 29. November 2012, a.a.O., Rn. 15). Den Klägern wurden für den Zeitraum, in dem der Bedarf bestand, hier also für die Monate April und Mai 2008, entsprechende Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung bewilligt und ausgezahlt. Durch die nachträgli-che teilweise Rücknahme der Leistungsbewilligung und die darauf beruhende Rückforde-rung von Leistungen wird daher die Sicherung des Existenzminimums im vorgenannten Zeitraum nicht tangiert. Vielmehr standen die Leistungen damals tatsächlich zur Verfü-gung. Es wird lediglich für die Zukunft eine Verbindlichkeit gegenüber dem Beklagten begründet, die bei wirtschaftlicher Betrachtung an die Stelle der Mietschulden tritt, mit denen der Vermieter die Verrechnung vorgenommen hat. Die Sicherung des Existenzmi-nimums ist davon nicht betroffen. Im Hinblick auf etwaige Vollstreckungsmaßnahmen des Beklagten gelten zugunsten der Kläger entsprechende Pfändungsschutzvorschriften. Auch eine Aufrechnung des Beklagten mit etwaigen künftigen Leistungsansprüchen der Kläger wäre nur in den Grenzen möglich, die in § 43 SGB II geregelt sind. Durchgreifende verfas-sungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die Sicherstellung des Existenzminimums be-stehen dagegen nicht (vgl. BSG, Urteil vom 9. März 2016, B 14 AS 20/15 R, Juris).

Im Ergebnis besteht daher kein Grund, in Erstattungskonstellationen die Anrechnung eines Betriebskostenguthabens nach § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II a.F., das Einkommen darstellt, dann einzuschränken, wenn es nicht als "bereites Mittel" zur Verfügung steht.

(b) Im Übrigen dürfte es sich bei dem Betriebskostenguthaben aus der Betriebskostenab-rechnung vom 17. März 2008 um "bereite Mittel" im Sinne der Rechtsprechung des Bun-dessozialgerichts handeln. Denn es sind keine Gründe dafür ersichtlich, dass das Guthaben "aus Rechtsgründen überhaupt nicht oder nicht ohne weiteres" zu realisieren gewesen wäre.

(aa) Die Aufrechnung des Vermieters mit Mietschulden der Kläger gegen die Betriebskos-tengutschrift war von Anfang an unwirksam. Insoweit kann dahinstehen, ob überhaupt eine hinreichend bestimmte Aufrechnungserklärung gemäß § 388 BGB vorlag. Jedenfalls war die Aufrechnung nach § 394 BGB unwirksam, weil das Betriebskostenguthaben eines Empfängers von Leistungen nach dem SGB II nicht der Pfändung unterliegt (BSG, Urteil vom 16. Oktober 2012, B 14 AS 188/11 R; BGH, Urteil vom 20. Juni 2013, IX ZR 310/12; jeweils Juris). Denn damit würden dem Betroffenen jene Mittel entzogen, die sodann vom Staat als Sozialleistung zu erbringen wären.

(bb) Es ist Beziehern von Leistungen nach dem SGB II grundsätzlich zumutbar, gegenüber dem Vermieter, der ein Betriebskostenguthaben mit Mietrückständen verrechnet, den we-gen der Unwirksamkeit der Aufrechnung bestehenden Auszahlungsanspruch geltend zu machen. Daran fehlt es hier. Die Kläger können sich auch nicht darauf berufen, dass der Beklagte die ihm ggf. obliegende Unterstützung bei der Durchsetzung der Ansprüche ge-genüber dem Vermieter (dazu BSG, Urteil vom 16. Mai 2012, B 4 AS 132/11 R, Rn. 24, Juris) nicht geleistet hätte. Da die Kläger die Betriebskostenabrechnung vom 17. März 2008 nicht nach deren Erhalt, sondern erst deutlich später nach Aufforderung durch den Beklagten im Laufe des Jahres 2011 bei diesem eingereicht haben, geht die ausgebliebene Unterstützung zu ihren Lasten (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24. November 2015, L 7 AS 1148/14, Rn. 36, Juris).

(3) Die Berücksichtigung des Betriebskostenguthabens in Höhe von 754,87 EUR aus der Betriebskostenabrechnung vom 17. März 2008 hat nach § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II a.F. ab dem der Gutschrift folgenden Monat, also ab April 2008, dergestalt zu erfolgen, dass die Anrechnung auf die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erfolgt (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013, B 14 AS 83/12 R, Rn. 11 ff., Juris).

Die Bruttowarmmiete der Kläger betrug im Jahr 2008 monatlich 534,60 EUR. Nicht zu den Kosten der Unterkunft und Heizung waren seinerzeit allerdings die in der Brutto-warmmiete enthaltenen Kosten der Warmwasserbereitung zu rechnen, weil dafür nach der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Rechtslage ein Anteil in der Regelleistung enthalten war. Daher ist von der Bruttowarmmiete die sog. Warmwasserpauschale von jeweils 5,63 EUR in Abzug zu bringen (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008, B 14/11b AS 15/07 R, Rn. 25, Juris). Die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger für Kosten der Unterkunft und Heizung betrugen daher monatlich 523,34 EUR. Bei Anrechnung des Betriebskostengut-habens von 754,87 EUR sind diese Aufwendungen für den Monat April 2008 vollständig gedeckt. Für den Monat Mai 2008 verbleibt danach von dem Betriebskostenguthaben ein Restbetrag von 231,53 EUR. Rechnet man diesen auf die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung im Monat Mai 2008 an, reduziert sich der Bedarf für Kosten der Unterkunft und Heizung auf 291,81 EUR. Insoweit handelt es sich bei einem Zweiperso-nenhaushalt ersichtlich um angemessene Aufwendungen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F., so dass es keiner Klärung bedarf, ob die vom Beklagten der Leistungsbewilli-gung zugrunde gelegte Angemessenheitsgrenze den Anforderungen an ein sog. schlüssiges Konzept entspricht. Aufgeteilt auf die Kläger ergeben sich für den Monat Mai 2008 ver-bleibende Bedarfsanteile von 145,91 EUR (Klägerin) bzw. 145,90 EUR (Kläger).

bb) Abgesehen von der Betriebskostenanrechnung ist die den "Änderungsbescheiden" vom 12. Januar 2010 und gleichermaßen den angefochtenen Bescheiden zugrunde liegende Leistungsberechnung nicht zu beanstanden. Diese ist im vorliegenden Verfahren zu über-prüfen, weil keine Beschränkung des Streitgegenstandes auf die Kosten der Unterkunft und Heizung vorliegt. Einer entsprechenden Anregung des Gerichts sind die Kläger nicht gefolgt.

Für die Kläger wurde zutreffend gemäß § 20 Abs. 2 und 3 SGB II a.F. i.V.m. der Be-kanntmachung über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 Zweites Buch Sozialge-setzbuch vom 18. Juni 2007 für die Zeit ab 1. Juli 2007 jeweils ein Regelbedarf in Höhe von monatlich 312,- EUR zugrunde gelegt.

Das Einkommen des Klägers von monatlich 176,- EUR (brutto = netto) wurde korrekt um den Grundfreibetrag (100,- EUR gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II a.F.) und den Erwerbs-tätigenfreibetrag (20% von 76,- EUR, d.h. 15,20 EUR gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II a.F.) bereinigt, so dass ein anrechenbares Einkom-men von 60,80 EUR zu berücksichtigen war.

Hinsichtlich des Einkommens der Klägerin aus selbständiger Tätigkeit hat der Beklagte unter Zugrundelegung der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen für den Zeitraum Feb-ruar bis April 2008 ein monatliches Einkommen von 725,74 EUR und für den Zeitraum Mai bis September 2008 ein monatliches Einkommen von 479,16 EUR ermittelt. Es ist weder von den Klägern vorgetragen noch ersichtlich, dass dabei die betrieblichen Einnah-men und Ausgaben aus der selbständigen Tätigkeit der Klägerin nicht korrekt berücksich-tigt worden wären. Der Beklagte hat das Einkommen aus selbständiger Tätigkeit auch zu-treffend jeweils um den Grundfreibetrag nach § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II a.F. und den Er-werbstätigenfreibetrag nach 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II a.F. bereinigt. Für April 2008 ist von dem Einkommen in Höhe von 725,74 EUR neben dem Grundfreibetrag von 100,- EUR ein Erwerbstätigenfreibetrag von 125,15 EUR (20% von 625,74 EUR) in Abzug zu bringen, so dass das bereinigte Einkommen 500,59 EUR beträgt. Im Hinblick auf den Monat Mai 2008 errechnet sich ein Erwerbstätigenfreibetrag von 75,83 EUR (20% von 379,16 EUR), der neben dem Grundfreibetrag von 100,- EUR von dem Einkommen in Höhe von 479,16 EUR abziehen ist, so dass ein bereinigtes Ein-kommen von 303,33 EUR verbleibt.

Soweit die Kläger geltend machen, das monatliche – noch zu bereinigende – Einkommen der Klägerin betrage 500,59 EUR im April 2008 (bereinigt: 320,47 EUR) und 303,33 EUR im Mai 2008 (bereinigt: 162,66 EUR), liegt ersichtlich eine Verwechslung mit dem durch den Beklagten bereits bereinigten Einkommen vor. Anders ist nicht zu erklären, dass exakt jene Beträge als unbereinigtes Einkommen angegeben werden, die sich aus der – insoweit zutreffenden – Berechnung des Beklagten als bereinigtes Einkommen ergeben. Letztlich begehren daher die Kläger die nochmalige Absetzung des Grund- und des Erwerbstätigen-freibetrags, wofür keine rechtliche Grundlage besteht.

cc) Die Kläger können sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Das Betriebskosten-guthaben in Höhe von 754,87 EUR aus der Betriebskostenabrechnung vom 17. März 2008 wurde bei der endgültigen Festsetzung der Leistungen für den Zeitraum April und Mai 2008 mittels der "Änderungsbescheide" vom 12. Januar 2010 nur deshalb nicht berücksich-tigt, weil es die Kläger pflichtwidrig unterlassen hatten, die Betriebskostenabrechnung nach Erhalt dem Beklagten vorzulegen. Es musste sich für die Kläger zumindest aufdrän-gen, dass es sich bei der Betriebskostenabrechnung um einen Umstand handelte, der für die Feststellung der ihnen zustehenden Leistungen, die unter anderem für die Kosten der Un-terkunft und Heizung erbracht wurden, von Belang und daher dem Beklagten mitzuteilen war. Daher beruht die rechtswidrige Begünstigung der Kläger durch die "Änderungsbe-scheide" vom 12. Januar 2010 auf Angaben der Kläger, die sie im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hatten. Das wurde von den anwaltlich vertretenen Klägern auch nicht in Frage gestellt.

Die teilweise Rücknahme der mit den "Änderungsbescheiden" vom 12. Januar 2010 bewil-ligten Leistungen für die Monate April und Mai 2008 erfolgte innerhalb eines Jahres seit Kenntnis des Beklagten von den Tatsachen, die die Rücknahme rechtfertigten (§ 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X), und damit rechtzeitig. Die Tatsachenkenntnis lag mit Einreichung der Ne-benkostenabrechnung am 31. August 2011 vor. Die streitgegenständlichen Rücknahme- und Erstattungsbescheide wurden bereits am 19. Januar 2012 erlassen.

dd) Die Kläger haben die ihnen gewährten Leistungen für die Monate April und Mai 2008 nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten, soweit die Leis-tungsbewilligung nach §§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X, § 330 Abs. 2 SGB III aufzuheben war.

Für den Monat April 2008 verbleibt es dabei, dass die Leistungen für Kosten der Unter-kunft und Heizung in vollem Umfang der Aufhebung unterliegen und daher insoweit die Kläger zur Erstattung verpflichtet sind (jeweils in Höhe von 205,80 EUR).

Für den Monat Mai 2008 erhielten die Kläger Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von jeweils 205,80 EUR. Die Klägerin hat nunmehr noch einen Anspruch auf Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 145,91 EUR, so dass von ihr ein Betrag von 59,89 EUR zu erstatten ist. Der Anspruch des Klägers auf Leistungen für Unterkunft und Heizung reduziert sich auf 145,90 EUR, so dass sich seine Erstattungspflicht auf 59,90 EUR beläuft.

Insgesamt ergeben sich daher verbleibende Erstattungsforderungen gegen die Klägerin in Höhe von 265,69 EUR und gegen den Kläger in Höhe von 265,70 EUR.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache. Mit der Klage wurde eine Reduzierung der ursprünglichen Rücknahme und Erstattung von insgesamt 754,87 EUR, die in vollem Umfang angefochten wurde, auf nunmehr 531,39 EUR erreicht. Daraus ergibt sich eine Erfolgsquote von etwa 3/10.

IV.

Die Berufung bedarf der Zulassung, weil die Klage einen auf eine Geldleistung (für nicht mehr als ein Jahr Dauer) gerichteten Verwaltungsakt betrifft und der Wert des Beschwer-degegenstandes für die Beteiligten jeweils den Betrag von 750,- EUR nicht übersteigt (vgl. § 144 Abs. 1 SGG). Hier war die Berufung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen. Soweit die Kammer die Entscheidung darauf stützt, dass die Berücksichtigung eines Betriebskostenguthabens nach § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II in Erstattungskonstellationen nicht erfordere, dass insoweit "bereite Mittel" vorliegen (siehe Ziffer II. 2. c) aa) (2) der Entscheidungsgründe), hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung. Zugleich dürfte darin eine entscheidungserhebliche Abweichung vom Urteil des Bundessozialgerichts vom 16. Mai 2012, B 4 AS 132/11 R, liegen, weil dort im Hinblick auf das Erfordernis "bereiter Mittel" nicht zwischen Bewilligungskonstellationen einerseits, in denen ein existenznotwendiger Bedarf ungedeckt bleiben würde, und Erstattungskonstellationen andererseits, in denen die Bedarfsdeckung erfolgte, differenziert wird.
Rechtskraft
Aus
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