Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 17 U 590/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 186/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 138/16 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB als unzulässig verworfen.
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 20.11.2014 wird als unzulässig verworfen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin von der Beklagten Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung beanspruchen kann. Die 1966 geborene Klägerin erlitt als Beschäftigte im Imbissrestaurant ihres Ehemannes am 28.02.2007 um 8.00 Uhr einen Arbeitsunfall, als sie - nach ihren Angaben in der Unfallanzeige vom 08.04.2007 und in einem Fragebogen aus April 2008 - beim Treppablaufen im Lokal die letzte Stufe übersprang, ausrutschte und "mit dem Kopf auf den Rücken" fiel. Anschließend verlor sie auf einem Stuhl sitzend das Bewusstsein und stürzte vornüber aufs Gesicht. Als verletzte Körperteile gab sie "Gesicht, Rücken" an. Der nachträglich erstellte D-Arzt-Bericht vom 09.03.2007 (Klinikum Dortmund, stationäre Aufnahme vom 28.02. bis 01.03.2007) berichtet über Schmerzen vor allem an linkem Oberarm und Schulter; Durchblutung, Motorik und Sensibilität waren intakt. Es bestanden eine Prellmarke, Hämatom und Schwellung am Nasenrücken, die Klägerin gab kurze Bewusstlosigkeit an. Im Röntgenbild waren keine frischen knöchernen Verletzungen erkennbar. Diagnose: Schulterprellung links, Verdacht auf (V.a.) Commotio (in späteren Berichten auch: undislozierte Nasenbeinfraktur).
Die Beklagte zog Arztberichte über erfolgte Behandlungen bei. Im Klinikum Dortmund gab die Klägerin am 22.03.2007 orthopädische Behandlung wegen Schmerzen in linker Schulter, Brustwirbelsäule (BWS) und Halswirbelsäule (HWS) an. Die Wirbelsäule (WS) war nicht klopfschmerzhaft. In Nachschauberichten vom 14.04.2007 und 13.06.2007 berichtete der D-Arzt Orth./Chir. D über Schmerzen und Bewegungseinschränkungen der linken Schulter. An weiteren Diagnosen nennt er: Prellung des Kopfes und Prellung sonstiger Teile des Halses, Thoraxprellung. Nervenarzt Dr. E untersuchte die Klägerin am 23.05.2007 und äußerte den V.a. chronische Spannungskopfschmerzen, die nicht Unfallfolge seien, da die Klägerin schon 2003 über identische Beschwerden geklagt habe. Allerdings habe er der Klägerin wegen Zunahme der Verspannungen an der HWS zu Entspannungsübungen geraten. Unter dem 07.08.2007 berichtete D, die Klägerin habe bei ihrem Arbeitsunfall "Nasenbeinbruch, Gesichtsschädelprellung, Gehirnerschütterung, schwere Schulterprellung links sowie Hals- und Brustwirbelsäulenprellung" erlitten. Beschwerden hätten nachfolgend vor allem in BWS und Schulter bestanden. Ab 08.05.2007 habe er das berufsgenossenschaftliche Heilverfahren beendet und wegen anderer Beschwerden Kassenleistungen erbracht, nach erneuten Schulterbeschwerden ab 13.06.2007 habe er das Heilverfahren zum 27.06.2007 abgeschlossen und die Arbeitsunfähigkeit bei Restbeschwerden beendet. In einem späteren Attest für die Beklagte (vom 27.08.2009) bescheinigt D der Klägerin ein Schmerzsyndrom vor allem der HWS, das sich nach einem Arbeitsunfall mit HWK-Fraktur 2007 entwickelt habe.
Die Beklagte ließ die Klägerin von den von ihr ausgewählten Chirurgen Prof. Dr. T (Gutachten vom 13.05.2008) und Neurochirurgen Prof. Dr. I (Gutachten vom 16.03.2009), beide Knappschaftskrankenhaus Bochum, untersuchen und begutachten.
Prof. T stellte eine Einschränkung der Armhebung im Schultergelenk, links gegenüber rechts, seitwärts um 10°, vorwärts um 20° fest. Unfallfolgen seien: Nasenbeinfraktur, Gesichtsprellung, Schulterprellung links, BWS-Prellung. Durch den Unfall sei es zu einer vorübergehenden wesentlichen Verschlimmerung der degenerativ bedingten Impingementsymptomatik der linken Schulter gekommen. Der Unfall habe auch die degenerativen HWS-Veränderungen verschlimmert. Ein im Entlassungsbericht der Klinik für manuelle Therapie in Hamm beschriebener Zustand nach (Z.n.) Fraktur der HWS-Facette C3 sei als Unfallfolge nur auszuschließen, wenn er auf früheren Röntgen-Bildern zu sehen sei.
Prof. Dr. I nannte die gleichen Unfallfolgen. Durch den Unfall sei es zu einer wesentlichen Verschlimmerung der degenerativen WS-Symptomatik und des Impingementsyndroms der linken Schulter gekommen. Die von der Klägerin beschriebenen Cervikocephalgien seien schon 2003, vor dem Unfall, bekannt gewesen und anamnestisch sei insoweit auch kein zeitlicher Zusammenhang belegt. Eine Fraktur bei C3 sei in der Akte nicht belegt, könne aber ggfs. Unfallfolge sein.
Ein nachträglich veranlasstes radiologisches Zusatzgutachten von Prof. Dr. I, Bochum, ergab im MRT keine eindeutige Fraktur sondern - neben diversen Höhenminderungen, arthrotischen Veränderungen und Spondylophyten - eine komplette knöcherne Blockbildung des kleinen Wirbelgelenks C 2/3, die anlagebedingt oder traumatisch sein könne. Prof. Dr. T teilte hierzu unter dem 07.08.2009 mit, die MdE betrage weniger als 10%, unabhängig davon, ob der HWS-Befund schicksalhaft oder traumatisch sei. Nach Beiziehung von Röntgen-Bildern aus der Klinik für manuelle Therapie sah Prof. Dr. T die WS-Veränderungen als eher anlagebedingt an. Gestützt auf diese medizinischen Feststellungen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10.03.2010 die Gewährung von Rente ab, weil keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigendem Grade über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus vorliege. Als Unfallfolgen wurden anerkannt: folgenlos ausgeheilter Nasenbeinbruch sowie Prellungen des Gesichts, der linken Schulter und der BWS. Unfallunabhängig bestehe eine anlagebedingte Störung im Bereich des Facettengelenkes des 3. Halswirbels. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.06.2010 zurück. Wegen dieser Entscheidung hat die Klägerin am 28.07.2010 Klage erhoben. Sie hat die MdE wegen der Unfallfolgen auf mindestens 20 v.H. geschätzt. Sie habe unfallbedingt auch eine strukturelle Verletzung der Halswirbelsäule im Bereich der Gelenkfacette C2/C3 erlitten. Die Klägerin, die im Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) von Rechtsanwältin J-P vertreten worden ist, hat dort schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
den Bescheid vom 10.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2010 teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 28.02.2007 Rente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen. Das SG hat die Klägerin von dem Orthopäden Dr. W untersuchen und begutachten lassen. Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gelangt, dass keine Unfallfolgen mehr vorlägen und die MdE mit unter 10 v.H. zu bemessen sei. Wegen des Ergebnisses der Begutachtung wird auf das Gutachten vom 18.01.2011 und die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen vom 07.06.2011 Bezug genommen. Im Rahmen der Begutachtung hat die Klägerin einen Bericht der Klinik für Manuelle Therapie in Hamm vom 24.08.2010 über stationäre Behandlungen der Klägerin dort in der Vergangenheit vorgelegt. Danach schilderte die Klägerin bei ihrer ersten stationären Aufnahme dort bereits am 16.03.1994 einen Dauerschmerz nach HWS-Schleudertrauma 1991 (Nacken, Kopf, Stirn). Diagnostiziert wurde ein posttraumatisches cervikocephales Syndrom bei Impressionsfraktur der Facette C3 und segmentaler Lockerung C4/5 und C5/6. Bei Entlassung am 12.04.1994 war keine Beschwerdefreiheit eingetreten. In der Epikrise zum zweiten stat. Aufenthalt vom 30.08.2007 bis 20.09.2007 ist vermerkt, die Patientin leide seit 1991 unter rezidivierenden HWS-Beschwerden. Näheres zur Zwischenzeit enthalte die Dokumentation nach Angaben der Klinik nicht. Auf Antrag der Klägerin im Rahmen von § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG ein Gutachten von dem Orthopäden Dr. H eingeholt. Dieser ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die MdE mit 20 v.H. zu bemessen sei. Auf das Gutachten vom 23.02.2013 wird inhaltlich Bezug genommen. Mit Schreiben vom 08.08.2014 hat sich Rechtsanwalt I an das SG gewandt und mitgeteilt, dass er die erkrankte Rechtsanwältin J-P während ihrer Arbeitsunfähigkeit und des anschließenden Mutterschutzes vertrete, weshalb alle weiteren Schriftsätze ihm zuzuleiten seien. Mit Schreiben vom 14.10.2014 hat das SG die Beteiligten zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid anhören wollen. Das Schreiben an Rechtsanwältin J-P kam unzustellbar zurück und wurde sodann Rechtsanwalt I übersandt, der das Empfangsbekenntnis (EB) am 04.11.2014 quittiert hat. Das SG hat die Klage dann durch Gerichtsbescheid vom 20.11.2015 abgewiesen. Es hat ausgeführt, zu Recht habe die Beklagte es abgelehnt, der Klägerin wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 28.02.2007 Rente zu gewähren. Dies ergebe sich zur Überzeugung der Kammer aus den im Feststellungsverfahren eingeholten Gutachten von Prof. Dr. T und Prof. Dr. I sowie aus dem im Gerichtsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. W. Danach habe die Klägerin unfallbedingt einen unverschobenen Nasenbeinbruch erlitten. Nachvollziehbar, aber nicht durch entsprechende spezifische Befunde nachgewiesen, sei eine Prellung der linken Schulter ohne strukturelle Verletzung. Gesundheitsstörungen, die mit Wahrscheinlichkeit ursächlich im Sinne der Entstehung oder Verschlimmerung auf die Primärschäden zurückzuführen seien, lägen nicht vor, so dass keine MdE messbaren Grades bestehe. Eine unfallbedingte strukturelle Verletzung der Halswirbelsäule im Bereich der Gelenkfacette C2/C3 sei nicht mit ausreichender Sicherheit nachgewiesen. Gegen den Unfallzusammenhang sprächen degenerative und muskulär-statische Veränderungen, die die geklagten Beschwerden erklärten. Bereits vor dem infrage stehenden Ereignis hätten bei der Klägerin gesichert Funktionsstörungen und Beschwerden des Bewegungsapparates vorgelegen. Der Bericht der Klinik für Manuelle Therapie Hamm vom 24.08.2010 weise aus, dass der Befund schon lange bekannt war, denn er werde bereits in den Diagnosen, die zu dem stationären Aufenthalt 1994 geführt hätten, erwähnt. Äußere Gewalteinwirkungen, die das Bewegungssegment so schwer treffen, dass es zur knöchernen Verletzung kommt, belasteten nicht nur einseitig die Gelenkfacette, sondern führten zu weiteren strukturellen Verletzungen. Diese lägen jedoch bei der Klägerin nicht vor. Gegen den Unfallzusammenhang spreche zudem der klinische Verlauf. Eine strukturelle Verletzung einer Gelenkfacette der Halswirbelsäule stelle eine schwerwiegende Traumatisierung dar, die zwingend einen entsprechenden Sofortbefund erwarten lasse. Es handele sich um einen Befund, der normalerweise weder von dem Betroffenen selbst noch von dem untersuchenden Arzt übersehen werde. Die im engeren zeitlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall dokumentierten Befunde, insbesondere der Bericht über die anfängliche stationäre Behandlung, enthielten keinerlei Hinweise auf eine derartige, bei einer strukturellen Verletzung der Halswirbelsäule zu erwartende Symptomatik. Die Ausführungen von Dr. H seien demgegenüber nicht überzeugend. Bei im Wesentlichen gleicher Befunderhebung bejahe er die Kausalität und gelange zu einer unfallbedingten MdE um 20 v.H. Dabei beachte er in keiner Weise die Kriterien der gesetzlichen Unfallversicherung. Auch begründe er seine abweichende Einschätzung mit keinem Wort. Er führe aus "Ich habe die Sachlage anders beurteilt, als die genannten Kollegen", nicht jedoch, aus welchen Gründen. Der Gerichtsbescheid ist Rechtsanwalt B I mit Postzustellungsurkunde vom 16.01.2015 zugestellt worden. Am 11.03.2015 hat Rechtsanwalt I unter Vorlage einer Vollmacht für die Klägerin Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist beantragt. Rechtsanwältin J-P habe der Klägerin im laufenden Rechtsstreit vor dem SG mitgeteilt, dass sie in Elternzeit gehe und sie an Rechtsanwalt I verwiesen. Die Klägerin sei davon ausgegangen, dass es sich um einen bestellten Vertreter handele, der sie ordnungsgemäß vertreten werde. Sie habe weder Kontakt mit ihm gehabt, noch eine Vollmacht erteilt. Am 27.02.2015 habe sie von Rechtsanwalt I eine Abschrift des Gerichtsbescheides erhalten. Am 12.03.2015 gingen ein Wiedereinsetzungsantrag und eine Berufungsschrift von Rechtsanwältin J-P ein. Der angefochtene Gerichtsbescheid sei der Klägerin nicht zugestellt worden. Sie - die Rechtsanwältin - sei ab August 2014 wegen Mutterschutz und krankheitsbedingt ausgefallen. Ihre Vertretung habe Rechtsanwalt I übernommen, die Vertretungsakten seien in dessen Kanzlei verbracht worden. Zum 05.01.2015 habe sie ihre Tätigkeit wieder aufnehmen wollen und zu diesem Zweck Akten von Rechtsanwalt I abgeholt, darunter die der Klägerin. Diese habe keinen Gerichtsbescheid enthalten. Mitte Januar habe sie ihre Absicht geändert, um sich um ihre Tochter kümmern zu können und zu diesem Zweck die Akte wieder "in Vertretung" abgegeben. Der Gerichtsbescheid sei im Büro von Herrn I von einer sonst zuverlässigen Bürokraft versehentlich falsch abgeheftet worden, Frist und Vorfrist seien hingegen ordentlich notiert worden. Als die Berufungsfrist anstand, habe die Bürokraft sie zu Recht als erledigt angesehen, weil die Rechtsanwältin die Akte zur Bearbeitung mitgenommen hatte. Auf Nachfrage des Senats bei beiden Anwälten hat Rechtsanwalt I mitgeteilt, er sei allein mandatiert. Eine Vertreterbestellung oder Bevollmächtigung von Rechtsanwalt I im SG-Verfahren sei nicht ersichtlich. Rechtsanwalt I habe selbst nur angegeben, er "mache" die Vertretung. Das SG sei nicht von einer Vertretungssituation ausgegangen, denn es habe noch am 09.08.2014 eine Terminsaufhebung an die vertretene Rechtsanwältin J-P verfügt. Rechtsanwalt I hat eine "Eidesstattliche Versicherung" der Klägerin folgenden Inhalts vom 10.03.2015 vorgelegt:
"Die Bedeutung einer eidesstattlichen Versicherung als Mittel der Glaubhaftmachung vor einem Gericht ist mir bekannt. Ich weiß, daß die Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung strafbar ist, und zwar auch dann, wenn die Unrichtigkeit nur auf Fahrlässigkeit beruhen sollte. In Kenntnis dieser Umstände versichere ich Folgendes an Eides Statt: Ich bin die Klägerin in dem Verfahren S 17 U 5 90/10 des Sozialgerichts Dortmund. Ich wurde zunächst von Frau Rechtsanwältin T J-P vertreten. Als sie in die Elternzeit gegangen ist, wurde ich von ihrem Vertreter, Rechtsanwalt B I vertreten.
Am 25.02.2015 erhielt ich ein Schreiben des Sozialgerichts, in dem mir die Rückzahlung eines Gutachterkostenvorschusses angekündigt wurde. Das Schreiben datiert vom 20.02.2015.
Wegen dieses Schreibens habe ich erst Rechtsanwältin J-P angerufen und dann am 27.02.2015 Rechtsanwalt I aufgesucht, um mir das Schreiben erklären zu lassen. Rechtsanwalt I übergab mir daraufhin in seinem Büro eine Abschrift des Gerichtsbescheids vom 20.11.2014. Diesen Gerichtsbescheid kannte ich bis dahin nicht. Ich wußte auch nicht, dass meine Klage abgewiesen worden war. Ich konnte deshalb auch nicht Berufung einlegen.
Ich habe sodann sofort für den 05.03.2015 einen Termin bei Rechtsanwalt I vereinbart. Diesen Termin konnte ich wegen eines Infektes nicht wahrnehmen. Gesundheitsbedingt konnte ich erst heute zu Rechtsanwalt I kommen." Rechtsanwältin J-P hat sodann unter Vollmachtvorlage mitgeteilt, sie sei für den Wiedereinsetzungsantrag und die Einlegung der Berufung legitimiert. Insoweit müsse sinnvollerweise durch beide Bevollmächtigte agiert werden, da nur dadurch klar werde, dass die Klägerin kein Verschulden treffe. Die Begründung der Berufung bleibe Rechtsanwalt I vorbehalten. Beigefügt hat sie eine anwaltliche Versicherung von Rechtsanwalt I, der den Sachvortrag in der Berufungsschrift von Rechtsanwältin J-P bestätigt und zusätzlich angibt, es sei vor Streichung der Frist aus seinem Fristenkalender nochmals kontrolliert worden, ob die Akte der Klägerin auch unter den von Rechtsanwältin J-P mitgenommenen gewesen sei. Rechtsanwalt I hat parallel die Berufung in der Sache begründet. Das Gutachten von Dr. W reiche für eine Verneinung des Zusammenhangs nicht aus, da für die Beurteilung eines Vorschadens die maßgeblichen Teile des Stützapparats auf den früheren Röntgenbildern nicht erfasst seien und weil anzuzweifeln sei, dass ein so schweres Trauma nach dem Vorfall stärkere Beschwerden bei der Klägerin habe erwarten lassen. Zu Recht lasse deshalb Dr. H diese Umstände außer Acht und bewerte die MdE mit 20%. Der Berichterstatter hat der Klägerin folgenden Hinweis erteilt:
"In pp. sehe ich keine Möglichkeit, der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Nach § 67 SGG ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden gehindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten (Abs. 1). Zutreffend weisen Sie darauf hin, dass Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Klägerin zuzurechnen ist.
Das Sozialgericht (SG) hat Rechtsanwalt I den Gerichtsbescheid vom 20.11.2014 mit Postzustellungsurkunde am 16.01.2015 zugestellt. Rechtsanwalt I hatte dem SG unter dem 8.8.2014 mitgeteilt, dass er die verhandlungs- und reiseunfähige Prozessbevollmächtigte der Klägerin, Rechtsanwältin J-Pr vertrete und alle Schriftsätze ihm zuzuleiten seien. Ausweislich ihrer eidesstattlichen Erklärung wurde die Klägerin mit Beginn der Elternzeit ihrer Bevollmächtigten von Rechtsanwalt I vertreten. Rechtsanwalt I hat anwaltlich versichert, dass zwischen ihm und Rechtsanwältin J-P eine Vertretungskooperation bestand. Die Klägerin hat sich nach eigenen Angaben "darauf verlassen, dass sie dort ordnungsgemäß vertreten werde". Daran, dass Rechtsanwalt I mit ihrem Einverständnis für sie tätig wurde, besteht vor diesem Hintergrund kein Zweifel.
Der von Rechtsanwalt I anwaltlich versicherte Geschehensablauf lässt ein massives Organisationsverschulden sowohl in der Kanzlei I, als auch bei Rechtsanwältin J-P erkennen. Offenbar bestand in der Kanzlei I die allgemeine Anweisung, Fristen in Akten, die Rechtsanwältin J-Pr "mitgenommen" hatte, nicht mehr zu beachten. Ebenso offenbar war im Rahmen der "Vertretungskooperation" offenbar nicht sichergestellt, dass die die von der einen in die andere Kanzlei "mitgenommenen" Akten betreffenden Fristen bei der "Mitnahme" im Fristenkalender der Kanzlei J-P eingetragen wurden. Nur dann konnte die behauptete, aber bisher nicht durch entsprechende eidesstattliche Versicherung der Bürokraft glaubhaft gemachte Verwechslung von Akten verschiedener Verfahren der Klägerin zu einem Rechtsmittelverlust führen.
Vor diesem Hintergrund wird angefragt, ob die Klägerin die unzulässige Berufung zurücknimmt. Um die Klägerin bei dieser Entscheidung nicht in Unkenntnis darüber zu lassen, wie der Senat die Erfolgsaussichten in der Sache bewertet, wird zugleich darauf hingewiesen, dass die Einschätzung der Qualität des Gutachtens von Dr. H durch das Sozialgericht in vollem Umfang überzeugt, so dass auch in der Sache - in Kenntnis der inzwischen vorliegenden Berufungsbegründung - voraussichtlich weder mit weiterer Beweiserhebung noch mit einer stattgebenden Entscheidung gerechnet werden könnte"
Die Klägerin hält die Berufung weiter für zulässig. Das zivilrechtliche Verschulden von Hilfspersonen sei der seinerzeitigen Bevollmächtigten nicht anzurechnen (Verweis auf LSG NRW, Urteil vom 27.02.2010 - L 19 B 29/09 AL). Auch in der Sache sei der Berufung stattzugeben. Gegen das Gutachten von Dr. W spreche, dass in der Krankengeschichte der Krankenkasse keine Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen WS-Beschwerden enthalten seien. Der behandelnde Orthopäde D habe am 06.04.2009 durchgehende Arbeitsunfähigkeit seit dem Arbeitsunfall wegen eines chronischen HWS-, BWS- und LWS-Syndroms nach Sturzereignis bescheinigt. Die Klägerin legt eine Bescheinigung von Dr. H vom 11.04.2016 vor, wonach diesem bei Gutachtenerstellung nicht klar gewesen sei, dass sein Auftrag auch Kausalitätsüberlegungen umfasse. Er begründe deshalb ergänzend seine Auffassung damit, dass anhand der Eigenanamnese der Klägerin vor dem Unfall kein Beschwerdegeschehen bekannt gewesen sei. Die Klägerin habe sich bei dem Unfall eine Impressionsfraktur der Facette C 3 zugezogen, auf der ihre jetzigen Beschwerden beruhten. Das nach einer Fraktur der Facette C3 entstehende typische Beschwerdebild entspreche den jetzt bei der Klägerin festgestellten Beschwerden.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Dortmund vom 20.11.2014 den Bescheid vom 10.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2010 teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 28.02.2007 Rente nach Maßgabe einer MdE um mindestens 20% und der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren,
hilfsweise, weiteren Beweis zu erheben durch Einholung eines Gutachtens zu der Frage, ob der Wirbelbruch bei C3 schon 1994 bestanden hat oder erst durch den Unfall entstanden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen. Mit Beschluss vom 27.10.15 hat der Senat einen Anspruch der Klägerin auf Prozesskostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussicht der Berufung verneint.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung ist unzulässig. Der Gerichtsbescheid vom 20.11.2014 ist der Klägerin am 16.01.2015 wirksam zugestellt worden (dazu 1.). Die erst am 11.03.2015 eingegangene Berufung ist nicht fristgerecht eingelegt worden (dazu 2.). Wiedereinsetzungsgründe sind nicht gegeben (dazu 3.).
1. Nach § 73 Abs. 6 Satz 6 SGG sind Zustellungen, wenn ein Bevollmächtigter bestellt ist, an diesen zu richten. Rechtsanwalt I war zur Überzeugung des Senats Bevollmächtigter in diesem Sinne. Zwar befindet sich keine schriftliche Vollmacht bei den Akten. Bestellung bedeutet aber nicht Vorlage der Vollmacht (Arndt in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 73, Rn. 56 m.w.N.). Das SG hatte von Rechtsanwalt I keine schriftliche Vollmachtvorlage zu fordern (§ 73 Abs. 6 S. 5 SGG). Rechtsanwalt I hatte sich an das SG gewandt und mit dem Hinweis, dass er die erkrankte Klägerbevollmächtigte vertrete, künftig Zustellung an sich gefordert. Hierzu war er berechtigt, wie sich aus der von Rechtsanwältin J-P dargelegten und durch anwaltliche Versicherung glaubhaft gemachten Vertretungsabrede ergibt, die in der Sache mindestens eine Unterbevollmächtigung von Rechtsanwalt I darstellt. Diese kann wegen des gesundheitsbedingt völligen Ausfalls der ursprünglichen Bevollmächtigten nur so verstanden werden, dass Rechtsanwalt I das Mandat an ihrer Stelle eigenständig wie ein Hauptbevollmächtigter zu führen hatte. Auch Rechtsanwalt I hat anwaltlich versichert, dass zwischen ihm und Rechtsanwältin J-P eine Vertretungskooperation bestand. Dass auch aus der Sicht der Klägerin deren Vertretung durch Rechtsanwalt I mit ihrem Wissen und Einverständnis erfolgte, ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung der Klägerin, wonach sie während der Verhinderung ihrer Bevollmächtigten durch Rechtsanwalt I vertreten wurde. Der sinngemäß in der Berufungsbegründung zum Ausdruck gebrachte innere Vorbehalt, sie sei davon ausgegangen, dass es sich bei Rechtsanwalt I um einen bestellten Vertreter handele, der sie ordnungsgemäß vertreten werde, begrenzt als bloßes Motiv die Vollmacht nach außen nicht.
2. Die erst am 11.03.2015 eingelegte Berufung gegen den demnach am 16.01.2015 wirksam zugestellten Gerichtsbescheid ist nach Ablauf der Berufungsfrist eingegangen und wahrt diese deshalb nicht. Gemäß § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung bei dem LSG innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Frist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem SG schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird, § 151 Abs. 2 S. 1 SGG. Keine der genannten Voraussetzungen, die sämtlich die Einhaltung der hier versäumten, am 16.02.2015 abgelaufenen, Monatsfrist erfordern, ist erfüllt.
3. Der Klägerin ist wegen der Versäumung der Berufungsfrist keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 Abs. 1 SGG zu gewähren, denn die Klägerin war nicht, wie diese Vorschrift aber voraussetzt, ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert.
Verschulden ihrer Bevollmächtigten muss sich die Klägerin zurechnen lassen. Dies gilt auch für in Untervollmacht tätige Rechtsanwälte, soweit ihnen zumindest ein Teilbereich des Verfahrens zur selbständigen Erledigung übertragen worden ist (Wolff-Dellen in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 67 Rn. 22). Dies war bei Rechtsanwalt I eindeutig der Fall, denn er hatte während der Abwesenheit der verhinderten Bevollmächtigten das Mandat gänzlich selbständig zu bearbeiten.
Der Senat hält folgenden Geschehensablauf für glaubhaft gemacht: Während der Verhinderung von Rechtsanwältin J-Pr befand sich die Akte der Klägerin in der Kanzlei von Rechtsanwalt I Zum 05.01.2015 wollte Rechtsanwältin J-P ihre Tätigkeit wieder aufnehmen und holte zu diesem Zweck Akten von Rechtsanwalt I ab, darunter die der Klägerin. Diese konnte entsprechend der diesbezüglichen anwaltlichen Versicherung von Rechtsanwältin J-P keinen Gerichtsbescheid enthalten, da dieser erst danach, am 16.01.2015, bei Rechtsanwalt I zugestellt wurde. Anhand der SG-Akten kann nachvollzogen werden, dass Rechtsanwältin J-P nach dem 05.01.2015 keine Mitteilung an das SG veranlasste, dass Zustellungen nun wieder an sie zu bewirken seien. Soweit Rechtsanwältin J-P weiter vorträgt, sie habe Mitte Januar ihre Absicht geändert, um sich um ihre Tochter kümmern zu können, vermag der Senat jedenfalls nicht als glaubhaft gemacht anzusehen, dass sie, wie behauptet, zu diesem Zweck die Akte wieder "in Vertretung" abgegeben hätte. Denn aus der anwaltlichen Versicherung von Rechtsanwalt I geht klar hervor, dass bei Ablauf der ordnungsgemäß im Fristenkalender notierten Rechtsmittelfrist ausdrücklich geprüft wurde, ob die Akte der Klägerin sich unter den von Rechtsanwältin J-P "mitgenommenen" Akten befand und dass dies festgestellt wurde. Der Senat geht deshalb davon aus, dass die Akten der Klägerin sich bei Ablauf der Rechtsmittelfrist am 16.02.2015 entweder noch oder wieder bei Rechtsanwältin J-P befanden.
Der Senat sieht hierin ein massives Organisationsverschulden sowohl in der Kanzlei I, als auch bei Rechtsanwältin J-P. Offenbar bestand in der Kanzlei I, wie sich aus dessen anwaltlich versicherter Hergangsschilderung erschließen lässt, die allgemeine Anweisung, Fristen in Akten, die Rechtsanwältin J-P "mitgenommen" hatte, nicht mehr zu beachten und ohne weiteres zu streichen. Hingegen war in der Kanzlei J-P nicht sichergestellt, dass Zustellungen nach Wiederaufnahme der Tätigkeit nun wieder an sie bewirkt wurden. Außerdem war im Rahmen der "Vertretungskooperation" offenbar nicht sichergestellt, dass die von der einen in die andere Kanzlei "mitgenommene" Akten betreffenden Fristen bei der "Mitnahme" im Fristenkalender der Kanzlei J-P eingetragen wurden.
II. In der Sache wäre die Berufung, ihre Zulässigkeit unterstellt, jedenfalls unbegründet. Der Gerichtsbescheid des SG vom 20.11.2014 ist nicht zu beanstanden. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe in dem angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug genommen. Diese sieht auch der Senat mit den nachstehenden Maßgaben als vollständig zutreffend an und macht sie sich nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage zu Eigen.
Auf fachorthopädischem Gebiet ist der medizinische Sachverhalt durch das Gutachten und die ergänzende Stellungnahme von Dr. W geklärt. Dieses Gutachten hält der Senat - genau wie das SG - aus den im Gerichtsbescheid genannten Gründen für überzeugend. Zur Einholung eines "Obergutachtens", wie von der Klägerin gewünscht, besteht trotz abweichender Auffassung von Dr. H kein Anlass. Einen allgemeinen Anspruch auf Überprüfung von Sachverständigengutachten durch ein "Obergutachten" sehen die Prozessordnungen - auch das Sozialgerichtsgesetz (SGG) - nicht vor (BSG, Beschlüsse vom 17.11.2003 - B 3 P 23/03 B - und 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2013 - L 4 R 401/11; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 103 Rdnr. 11b).
Zu Recht ist das SG der Auffassung von Dr. H nicht gefolgt, denn dieser hat in seinem Gutachten keinerlei Kausalitätsüberlegungen erkennen lassen und sein Fazit, die Halswirbelsäulenbeschwerden der Klägerin seien unfallbedingt, geht über eine bloße Behauptung nicht hinaus. Seine von der Klägerin eingeholte, vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung eingereichte ergänzende Stellungnahme vom 11.04.2016 überrascht zunächst, soweit Dr. H - trotz des ausführlichen Hinweises hierauf in Frage 2 der Beweisanordnung vom 03.12.2012 - angeblich nicht wusste, dass er auch Kausalitätsüberlegungen anzustellen habe. Die jetzt dazu nachgeschobenen Ausführungen Dr. H beruhen ganz entscheidend auf der Annahme, die Klägerin habe bei dem Unfall am 18.02.2007 eine Impressionsfraktur der Facette C3 der HWS erlitten. Diese Annahme ist jedoch durch die Vorbefunde der Klinik für Manuelle Therapie in Hamm v. 24.08.2010, die diesen Bruch anhand der dort noch vorhandenen Behandlungsdokumentation in das Jahr 1994 datieren, klar widerlegt, so dass zum einen Dr. H weiterhin nicht gefolgt werden kann, zumal aber für den Senat auch kein Anlass bestand, der hilfsweisen Beweisanregung der Klägerin zu folgen.
Der von der Klägerin darüber hinaus ins Feld geführte Bericht des Orthopäden und Chirurgen D vom 06.04.2009 gibt ebenfalls keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen. D geht zum einen von falschen Voraussetzungen aus, weil er ausweislich seines weiteren Berichts vom 27.08.2009 ebenfalls unzutreffend unterstellt, die Klägerin habe bei dem Unfall am 18.02.2007 einen HWK-Bruch erlitten. Er bezeichnet zum anderen das HWS-, BWS- und LWS-Syndrom der Klägerin im Hinblick auf den Unfall ausdrücklich als "vorbestehend", mit Behandlung (bei ihm) erstmalig bereits vor dem Unfall am 11.05.2005 und (lediglich) dem Beginn der kontinuierlichen Behandlung "nach einem Arbeitsunfall", ohne dass irgendein kausaler Zusammenhang erkennbar wird. Ohnehin begründet ein rein zeitlicher Zusammenhang keine Eintrittspflicht der Beklagten für die bei der Klägerin vorliegenden Anlage- und Verschleißerkrankungen. Denn Beschwerden und Behandlungsnotwendigkeit aufgrund degenerativer Erkrankungen können bei ausreichendem Fortschreiten der Erkrankung jederzeit erstmals auftreten, auch nach einem Arbeitsunfall. Nachvollziehbar verweist Dr. W darauf, dass sich die Beschwerden der Klägerin im Bewegungsapparat auch ohne einen Unfall durch degenerative Veränderungen erklären lassen. Gleichartige Beschwerden wurden bei der Klägerin schon 1994 festgestellt, wobei Dr. W auch den Umstand herausstellt, dass schon damals auch die Impressionsfraktur des Wirbels C3 festgestellt wurde. Außerdem wäre, wie der Senat ebenfalls dem Gutachten von Dr. W entnimmt, nach dem Unfall bei knöcherner Verletzung ein schwererer als der zeitnah dokumentierte Sofortbefund zu erwarten gewesen.
Es verbleiben damit letztlich als zur Überzeugung des Senats feststehende Unfallfolgen nur die ohne Verursachung einer Minderung der Erwerbsfähigkeit verheilten Gesundheitsschäden Nasenbeinbruch und Schulterprellung links.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) lagen nicht vor. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Dr. Berendes Dr. Bergmann Wolff-Dellen
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin von der Beklagten Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung beanspruchen kann. Die 1966 geborene Klägerin erlitt als Beschäftigte im Imbissrestaurant ihres Ehemannes am 28.02.2007 um 8.00 Uhr einen Arbeitsunfall, als sie - nach ihren Angaben in der Unfallanzeige vom 08.04.2007 und in einem Fragebogen aus April 2008 - beim Treppablaufen im Lokal die letzte Stufe übersprang, ausrutschte und "mit dem Kopf auf den Rücken" fiel. Anschließend verlor sie auf einem Stuhl sitzend das Bewusstsein und stürzte vornüber aufs Gesicht. Als verletzte Körperteile gab sie "Gesicht, Rücken" an. Der nachträglich erstellte D-Arzt-Bericht vom 09.03.2007 (Klinikum Dortmund, stationäre Aufnahme vom 28.02. bis 01.03.2007) berichtet über Schmerzen vor allem an linkem Oberarm und Schulter; Durchblutung, Motorik und Sensibilität waren intakt. Es bestanden eine Prellmarke, Hämatom und Schwellung am Nasenrücken, die Klägerin gab kurze Bewusstlosigkeit an. Im Röntgenbild waren keine frischen knöchernen Verletzungen erkennbar. Diagnose: Schulterprellung links, Verdacht auf (V.a.) Commotio (in späteren Berichten auch: undislozierte Nasenbeinfraktur).
Die Beklagte zog Arztberichte über erfolgte Behandlungen bei. Im Klinikum Dortmund gab die Klägerin am 22.03.2007 orthopädische Behandlung wegen Schmerzen in linker Schulter, Brustwirbelsäule (BWS) und Halswirbelsäule (HWS) an. Die Wirbelsäule (WS) war nicht klopfschmerzhaft. In Nachschauberichten vom 14.04.2007 und 13.06.2007 berichtete der D-Arzt Orth./Chir. D über Schmerzen und Bewegungseinschränkungen der linken Schulter. An weiteren Diagnosen nennt er: Prellung des Kopfes und Prellung sonstiger Teile des Halses, Thoraxprellung. Nervenarzt Dr. E untersuchte die Klägerin am 23.05.2007 und äußerte den V.a. chronische Spannungskopfschmerzen, die nicht Unfallfolge seien, da die Klägerin schon 2003 über identische Beschwerden geklagt habe. Allerdings habe er der Klägerin wegen Zunahme der Verspannungen an der HWS zu Entspannungsübungen geraten. Unter dem 07.08.2007 berichtete D, die Klägerin habe bei ihrem Arbeitsunfall "Nasenbeinbruch, Gesichtsschädelprellung, Gehirnerschütterung, schwere Schulterprellung links sowie Hals- und Brustwirbelsäulenprellung" erlitten. Beschwerden hätten nachfolgend vor allem in BWS und Schulter bestanden. Ab 08.05.2007 habe er das berufsgenossenschaftliche Heilverfahren beendet und wegen anderer Beschwerden Kassenleistungen erbracht, nach erneuten Schulterbeschwerden ab 13.06.2007 habe er das Heilverfahren zum 27.06.2007 abgeschlossen und die Arbeitsunfähigkeit bei Restbeschwerden beendet. In einem späteren Attest für die Beklagte (vom 27.08.2009) bescheinigt D der Klägerin ein Schmerzsyndrom vor allem der HWS, das sich nach einem Arbeitsunfall mit HWK-Fraktur 2007 entwickelt habe.
Die Beklagte ließ die Klägerin von den von ihr ausgewählten Chirurgen Prof. Dr. T (Gutachten vom 13.05.2008) und Neurochirurgen Prof. Dr. I (Gutachten vom 16.03.2009), beide Knappschaftskrankenhaus Bochum, untersuchen und begutachten.
Prof. T stellte eine Einschränkung der Armhebung im Schultergelenk, links gegenüber rechts, seitwärts um 10°, vorwärts um 20° fest. Unfallfolgen seien: Nasenbeinfraktur, Gesichtsprellung, Schulterprellung links, BWS-Prellung. Durch den Unfall sei es zu einer vorübergehenden wesentlichen Verschlimmerung der degenerativ bedingten Impingementsymptomatik der linken Schulter gekommen. Der Unfall habe auch die degenerativen HWS-Veränderungen verschlimmert. Ein im Entlassungsbericht der Klinik für manuelle Therapie in Hamm beschriebener Zustand nach (Z.n.) Fraktur der HWS-Facette C3 sei als Unfallfolge nur auszuschließen, wenn er auf früheren Röntgen-Bildern zu sehen sei.
Prof. Dr. I nannte die gleichen Unfallfolgen. Durch den Unfall sei es zu einer wesentlichen Verschlimmerung der degenerativen WS-Symptomatik und des Impingementsyndroms der linken Schulter gekommen. Die von der Klägerin beschriebenen Cervikocephalgien seien schon 2003, vor dem Unfall, bekannt gewesen und anamnestisch sei insoweit auch kein zeitlicher Zusammenhang belegt. Eine Fraktur bei C3 sei in der Akte nicht belegt, könne aber ggfs. Unfallfolge sein.
Ein nachträglich veranlasstes radiologisches Zusatzgutachten von Prof. Dr. I, Bochum, ergab im MRT keine eindeutige Fraktur sondern - neben diversen Höhenminderungen, arthrotischen Veränderungen und Spondylophyten - eine komplette knöcherne Blockbildung des kleinen Wirbelgelenks C 2/3, die anlagebedingt oder traumatisch sein könne. Prof. Dr. T teilte hierzu unter dem 07.08.2009 mit, die MdE betrage weniger als 10%, unabhängig davon, ob der HWS-Befund schicksalhaft oder traumatisch sei. Nach Beiziehung von Röntgen-Bildern aus der Klinik für manuelle Therapie sah Prof. Dr. T die WS-Veränderungen als eher anlagebedingt an. Gestützt auf diese medizinischen Feststellungen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10.03.2010 die Gewährung von Rente ab, weil keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigendem Grade über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus vorliege. Als Unfallfolgen wurden anerkannt: folgenlos ausgeheilter Nasenbeinbruch sowie Prellungen des Gesichts, der linken Schulter und der BWS. Unfallunabhängig bestehe eine anlagebedingte Störung im Bereich des Facettengelenkes des 3. Halswirbels. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.06.2010 zurück. Wegen dieser Entscheidung hat die Klägerin am 28.07.2010 Klage erhoben. Sie hat die MdE wegen der Unfallfolgen auf mindestens 20 v.H. geschätzt. Sie habe unfallbedingt auch eine strukturelle Verletzung der Halswirbelsäule im Bereich der Gelenkfacette C2/C3 erlitten. Die Klägerin, die im Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) von Rechtsanwältin J-P vertreten worden ist, hat dort schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
den Bescheid vom 10.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2010 teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 28.02.2007 Rente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen. Das SG hat die Klägerin von dem Orthopäden Dr. W untersuchen und begutachten lassen. Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gelangt, dass keine Unfallfolgen mehr vorlägen und die MdE mit unter 10 v.H. zu bemessen sei. Wegen des Ergebnisses der Begutachtung wird auf das Gutachten vom 18.01.2011 und die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen vom 07.06.2011 Bezug genommen. Im Rahmen der Begutachtung hat die Klägerin einen Bericht der Klinik für Manuelle Therapie in Hamm vom 24.08.2010 über stationäre Behandlungen der Klägerin dort in der Vergangenheit vorgelegt. Danach schilderte die Klägerin bei ihrer ersten stationären Aufnahme dort bereits am 16.03.1994 einen Dauerschmerz nach HWS-Schleudertrauma 1991 (Nacken, Kopf, Stirn). Diagnostiziert wurde ein posttraumatisches cervikocephales Syndrom bei Impressionsfraktur der Facette C3 und segmentaler Lockerung C4/5 und C5/6. Bei Entlassung am 12.04.1994 war keine Beschwerdefreiheit eingetreten. In der Epikrise zum zweiten stat. Aufenthalt vom 30.08.2007 bis 20.09.2007 ist vermerkt, die Patientin leide seit 1991 unter rezidivierenden HWS-Beschwerden. Näheres zur Zwischenzeit enthalte die Dokumentation nach Angaben der Klinik nicht. Auf Antrag der Klägerin im Rahmen von § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG ein Gutachten von dem Orthopäden Dr. H eingeholt. Dieser ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die MdE mit 20 v.H. zu bemessen sei. Auf das Gutachten vom 23.02.2013 wird inhaltlich Bezug genommen. Mit Schreiben vom 08.08.2014 hat sich Rechtsanwalt I an das SG gewandt und mitgeteilt, dass er die erkrankte Rechtsanwältin J-P während ihrer Arbeitsunfähigkeit und des anschließenden Mutterschutzes vertrete, weshalb alle weiteren Schriftsätze ihm zuzuleiten seien. Mit Schreiben vom 14.10.2014 hat das SG die Beteiligten zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid anhören wollen. Das Schreiben an Rechtsanwältin J-P kam unzustellbar zurück und wurde sodann Rechtsanwalt I übersandt, der das Empfangsbekenntnis (EB) am 04.11.2014 quittiert hat. Das SG hat die Klage dann durch Gerichtsbescheid vom 20.11.2015 abgewiesen. Es hat ausgeführt, zu Recht habe die Beklagte es abgelehnt, der Klägerin wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 28.02.2007 Rente zu gewähren. Dies ergebe sich zur Überzeugung der Kammer aus den im Feststellungsverfahren eingeholten Gutachten von Prof. Dr. T und Prof. Dr. I sowie aus dem im Gerichtsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. W. Danach habe die Klägerin unfallbedingt einen unverschobenen Nasenbeinbruch erlitten. Nachvollziehbar, aber nicht durch entsprechende spezifische Befunde nachgewiesen, sei eine Prellung der linken Schulter ohne strukturelle Verletzung. Gesundheitsstörungen, die mit Wahrscheinlichkeit ursächlich im Sinne der Entstehung oder Verschlimmerung auf die Primärschäden zurückzuführen seien, lägen nicht vor, so dass keine MdE messbaren Grades bestehe. Eine unfallbedingte strukturelle Verletzung der Halswirbelsäule im Bereich der Gelenkfacette C2/C3 sei nicht mit ausreichender Sicherheit nachgewiesen. Gegen den Unfallzusammenhang sprächen degenerative und muskulär-statische Veränderungen, die die geklagten Beschwerden erklärten. Bereits vor dem infrage stehenden Ereignis hätten bei der Klägerin gesichert Funktionsstörungen und Beschwerden des Bewegungsapparates vorgelegen. Der Bericht der Klinik für Manuelle Therapie Hamm vom 24.08.2010 weise aus, dass der Befund schon lange bekannt war, denn er werde bereits in den Diagnosen, die zu dem stationären Aufenthalt 1994 geführt hätten, erwähnt. Äußere Gewalteinwirkungen, die das Bewegungssegment so schwer treffen, dass es zur knöchernen Verletzung kommt, belasteten nicht nur einseitig die Gelenkfacette, sondern führten zu weiteren strukturellen Verletzungen. Diese lägen jedoch bei der Klägerin nicht vor. Gegen den Unfallzusammenhang spreche zudem der klinische Verlauf. Eine strukturelle Verletzung einer Gelenkfacette der Halswirbelsäule stelle eine schwerwiegende Traumatisierung dar, die zwingend einen entsprechenden Sofortbefund erwarten lasse. Es handele sich um einen Befund, der normalerweise weder von dem Betroffenen selbst noch von dem untersuchenden Arzt übersehen werde. Die im engeren zeitlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall dokumentierten Befunde, insbesondere der Bericht über die anfängliche stationäre Behandlung, enthielten keinerlei Hinweise auf eine derartige, bei einer strukturellen Verletzung der Halswirbelsäule zu erwartende Symptomatik. Die Ausführungen von Dr. H seien demgegenüber nicht überzeugend. Bei im Wesentlichen gleicher Befunderhebung bejahe er die Kausalität und gelange zu einer unfallbedingten MdE um 20 v.H. Dabei beachte er in keiner Weise die Kriterien der gesetzlichen Unfallversicherung. Auch begründe er seine abweichende Einschätzung mit keinem Wort. Er führe aus "Ich habe die Sachlage anders beurteilt, als die genannten Kollegen", nicht jedoch, aus welchen Gründen. Der Gerichtsbescheid ist Rechtsanwalt B I mit Postzustellungsurkunde vom 16.01.2015 zugestellt worden. Am 11.03.2015 hat Rechtsanwalt I unter Vorlage einer Vollmacht für die Klägerin Berufung eingelegt und Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist beantragt. Rechtsanwältin J-P habe der Klägerin im laufenden Rechtsstreit vor dem SG mitgeteilt, dass sie in Elternzeit gehe und sie an Rechtsanwalt I verwiesen. Die Klägerin sei davon ausgegangen, dass es sich um einen bestellten Vertreter handele, der sie ordnungsgemäß vertreten werde. Sie habe weder Kontakt mit ihm gehabt, noch eine Vollmacht erteilt. Am 27.02.2015 habe sie von Rechtsanwalt I eine Abschrift des Gerichtsbescheides erhalten. Am 12.03.2015 gingen ein Wiedereinsetzungsantrag und eine Berufungsschrift von Rechtsanwältin J-P ein. Der angefochtene Gerichtsbescheid sei der Klägerin nicht zugestellt worden. Sie - die Rechtsanwältin - sei ab August 2014 wegen Mutterschutz und krankheitsbedingt ausgefallen. Ihre Vertretung habe Rechtsanwalt I übernommen, die Vertretungsakten seien in dessen Kanzlei verbracht worden. Zum 05.01.2015 habe sie ihre Tätigkeit wieder aufnehmen wollen und zu diesem Zweck Akten von Rechtsanwalt I abgeholt, darunter die der Klägerin. Diese habe keinen Gerichtsbescheid enthalten. Mitte Januar habe sie ihre Absicht geändert, um sich um ihre Tochter kümmern zu können und zu diesem Zweck die Akte wieder "in Vertretung" abgegeben. Der Gerichtsbescheid sei im Büro von Herrn I von einer sonst zuverlässigen Bürokraft versehentlich falsch abgeheftet worden, Frist und Vorfrist seien hingegen ordentlich notiert worden. Als die Berufungsfrist anstand, habe die Bürokraft sie zu Recht als erledigt angesehen, weil die Rechtsanwältin die Akte zur Bearbeitung mitgenommen hatte. Auf Nachfrage des Senats bei beiden Anwälten hat Rechtsanwalt I mitgeteilt, er sei allein mandatiert. Eine Vertreterbestellung oder Bevollmächtigung von Rechtsanwalt I im SG-Verfahren sei nicht ersichtlich. Rechtsanwalt I habe selbst nur angegeben, er "mache" die Vertretung. Das SG sei nicht von einer Vertretungssituation ausgegangen, denn es habe noch am 09.08.2014 eine Terminsaufhebung an die vertretene Rechtsanwältin J-P verfügt. Rechtsanwalt I hat eine "Eidesstattliche Versicherung" der Klägerin folgenden Inhalts vom 10.03.2015 vorgelegt:
"Die Bedeutung einer eidesstattlichen Versicherung als Mittel der Glaubhaftmachung vor einem Gericht ist mir bekannt. Ich weiß, daß die Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung strafbar ist, und zwar auch dann, wenn die Unrichtigkeit nur auf Fahrlässigkeit beruhen sollte. In Kenntnis dieser Umstände versichere ich Folgendes an Eides Statt: Ich bin die Klägerin in dem Verfahren S 17 U 5 90/10 des Sozialgerichts Dortmund. Ich wurde zunächst von Frau Rechtsanwältin T J-P vertreten. Als sie in die Elternzeit gegangen ist, wurde ich von ihrem Vertreter, Rechtsanwalt B I vertreten.
Am 25.02.2015 erhielt ich ein Schreiben des Sozialgerichts, in dem mir die Rückzahlung eines Gutachterkostenvorschusses angekündigt wurde. Das Schreiben datiert vom 20.02.2015.
Wegen dieses Schreibens habe ich erst Rechtsanwältin J-P angerufen und dann am 27.02.2015 Rechtsanwalt I aufgesucht, um mir das Schreiben erklären zu lassen. Rechtsanwalt I übergab mir daraufhin in seinem Büro eine Abschrift des Gerichtsbescheids vom 20.11.2014. Diesen Gerichtsbescheid kannte ich bis dahin nicht. Ich wußte auch nicht, dass meine Klage abgewiesen worden war. Ich konnte deshalb auch nicht Berufung einlegen.
Ich habe sodann sofort für den 05.03.2015 einen Termin bei Rechtsanwalt I vereinbart. Diesen Termin konnte ich wegen eines Infektes nicht wahrnehmen. Gesundheitsbedingt konnte ich erst heute zu Rechtsanwalt I kommen." Rechtsanwältin J-P hat sodann unter Vollmachtvorlage mitgeteilt, sie sei für den Wiedereinsetzungsantrag und die Einlegung der Berufung legitimiert. Insoweit müsse sinnvollerweise durch beide Bevollmächtigte agiert werden, da nur dadurch klar werde, dass die Klägerin kein Verschulden treffe. Die Begründung der Berufung bleibe Rechtsanwalt I vorbehalten. Beigefügt hat sie eine anwaltliche Versicherung von Rechtsanwalt I, der den Sachvortrag in der Berufungsschrift von Rechtsanwältin J-P bestätigt und zusätzlich angibt, es sei vor Streichung der Frist aus seinem Fristenkalender nochmals kontrolliert worden, ob die Akte der Klägerin auch unter den von Rechtsanwältin J-P mitgenommenen gewesen sei. Rechtsanwalt I hat parallel die Berufung in der Sache begründet. Das Gutachten von Dr. W reiche für eine Verneinung des Zusammenhangs nicht aus, da für die Beurteilung eines Vorschadens die maßgeblichen Teile des Stützapparats auf den früheren Röntgenbildern nicht erfasst seien und weil anzuzweifeln sei, dass ein so schweres Trauma nach dem Vorfall stärkere Beschwerden bei der Klägerin habe erwarten lassen. Zu Recht lasse deshalb Dr. H diese Umstände außer Acht und bewerte die MdE mit 20%. Der Berichterstatter hat der Klägerin folgenden Hinweis erteilt:
"In pp. sehe ich keine Möglichkeit, der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Nach § 67 SGG ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden gehindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten (Abs. 1). Zutreffend weisen Sie darauf hin, dass Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Klägerin zuzurechnen ist.
Das Sozialgericht (SG) hat Rechtsanwalt I den Gerichtsbescheid vom 20.11.2014 mit Postzustellungsurkunde am 16.01.2015 zugestellt. Rechtsanwalt I hatte dem SG unter dem 8.8.2014 mitgeteilt, dass er die verhandlungs- und reiseunfähige Prozessbevollmächtigte der Klägerin, Rechtsanwältin J-Pr vertrete und alle Schriftsätze ihm zuzuleiten seien. Ausweislich ihrer eidesstattlichen Erklärung wurde die Klägerin mit Beginn der Elternzeit ihrer Bevollmächtigten von Rechtsanwalt I vertreten. Rechtsanwalt I hat anwaltlich versichert, dass zwischen ihm und Rechtsanwältin J-P eine Vertretungskooperation bestand. Die Klägerin hat sich nach eigenen Angaben "darauf verlassen, dass sie dort ordnungsgemäß vertreten werde". Daran, dass Rechtsanwalt I mit ihrem Einverständnis für sie tätig wurde, besteht vor diesem Hintergrund kein Zweifel.
Der von Rechtsanwalt I anwaltlich versicherte Geschehensablauf lässt ein massives Organisationsverschulden sowohl in der Kanzlei I, als auch bei Rechtsanwältin J-P erkennen. Offenbar bestand in der Kanzlei I die allgemeine Anweisung, Fristen in Akten, die Rechtsanwältin J-Pr "mitgenommen" hatte, nicht mehr zu beachten. Ebenso offenbar war im Rahmen der "Vertretungskooperation" offenbar nicht sichergestellt, dass die die von der einen in die andere Kanzlei "mitgenommenen" Akten betreffenden Fristen bei der "Mitnahme" im Fristenkalender der Kanzlei J-P eingetragen wurden. Nur dann konnte die behauptete, aber bisher nicht durch entsprechende eidesstattliche Versicherung der Bürokraft glaubhaft gemachte Verwechslung von Akten verschiedener Verfahren der Klägerin zu einem Rechtsmittelverlust führen.
Vor diesem Hintergrund wird angefragt, ob die Klägerin die unzulässige Berufung zurücknimmt. Um die Klägerin bei dieser Entscheidung nicht in Unkenntnis darüber zu lassen, wie der Senat die Erfolgsaussichten in der Sache bewertet, wird zugleich darauf hingewiesen, dass die Einschätzung der Qualität des Gutachtens von Dr. H durch das Sozialgericht in vollem Umfang überzeugt, so dass auch in der Sache - in Kenntnis der inzwischen vorliegenden Berufungsbegründung - voraussichtlich weder mit weiterer Beweiserhebung noch mit einer stattgebenden Entscheidung gerechnet werden könnte"
Die Klägerin hält die Berufung weiter für zulässig. Das zivilrechtliche Verschulden von Hilfspersonen sei der seinerzeitigen Bevollmächtigten nicht anzurechnen (Verweis auf LSG NRW, Urteil vom 27.02.2010 - L 19 B 29/09 AL). Auch in der Sache sei der Berufung stattzugeben. Gegen das Gutachten von Dr. W spreche, dass in der Krankengeschichte der Krankenkasse keine Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen WS-Beschwerden enthalten seien. Der behandelnde Orthopäde D habe am 06.04.2009 durchgehende Arbeitsunfähigkeit seit dem Arbeitsunfall wegen eines chronischen HWS-, BWS- und LWS-Syndroms nach Sturzereignis bescheinigt. Die Klägerin legt eine Bescheinigung von Dr. H vom 11.04.2016 vor, wonach diesem bei Gutachtenerstellung nicht klar gewesen sei, dass sein Auftrag auch Kausalitätsüberlegungen umfasse. Er begründe deshalb ergänzend seine Auffassung damit, dass anhand der Eigenanamnese der Klägerin vor dem Unfall kein Beschwerdegeschehen bekannt gewesen sei. Die Klägerin habe sich bei dem Unfall eine Impressionsfraktur der Facette C 3 zugezogen, auf der ihre jetzigen Beschwerden beruhten. Das nach einer Fraktur der Facette C3 entstehende typische Beschwerdebild entspreche den jetzt bei der Klägerin festgestellten Beschwerden.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Dortmund vom 20.11.2014 den Bescheid vom 10.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2010 teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 28.02.2007 Rente nach Maßgabe einer MdE um mindestens 20% und der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren,
hilfsweise, weiteren Beweis zu erheben durch Einholung eines Gutachtens zu der Frage, ob der Wirbelbruch bei C3 schon 1994 bestanden hat oder erst durch den Unfall entstanden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen. Mit Beschluss vom 27.10.15 hat der Senat einen Anspruch der Klägerin auf Prozesskostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussicht der Berufung verneint.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung ist unzulässig. Der Gerichtsbescheid vom 20.11.2014 ist der Klägerin am 16.01.2015 wirksam zugestellt worden (dazu 1.). Die erst am 11.03.2015 eingegangene Berufung ist nicht fristgerecht eingelegt worden (dazu 2.). Wiedereinsetzungsgründe sind nicht gegeben (dazu 3.).
1. Nach § 73 Abs. 6 Satz 6 SGG sind Zustellungen, wenn ein Bevollmächtigter bestellt ist, an diesen zu richten. Rechtsanwalt I war zur Überzeugung des Senats Bevollmächtigter in diesem Sinne. Zwar befindet sich keine schriftliche Vollmacht bei den Akten. Bestellung bedeutet aber nicht Vorlage der Vollmacht (Arndt in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 73, Rn. 56 m.w.N.). Das SG hatte von Rechtsanwalt I keine schriftliche Vollmachtvorlage zu fordern (§ 73 Abs. 6 S. 5 SGG). Rechtsanwalt I hatte sich an das SG gewandt und mit dem Hinweis, dass er die erkrankte Klägerbevollmächtigte vertrete, künftig Zustellung an sich gefordert. Hierzu war er berechtigt, wie sich aus der von Rechtsanwältin J-P dargelegten und durch anwaltliche Versicherung glaubhaft gemachten Vertretungsabrede ergibt, die in der Sache mindestens eine Unterbevollmächtigung von Rechtsanwalt I darstellt. Diese kann wegen des gesundheitsbedingt völligen Ausfalls der ursprünglichen Bevollmächtigten nur so verstanden werden, dass Rechtsanwalt I das Mandat an ihrer Stelle eigenständig wie ein Hauptbevollmächtigter zu führen hatte. Auch Rechtsanwalt I hat anwaltlich versichert, dass zwischen ihm und Rechtsanwältin J-P eine Vertretungskooperation bestand. Dass auch aus der Sicht der Klägerin deren Vertretung durch Rechtsanwalt I mit ihrem Wissen und Einverständnis erfolgte, ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung der Klägerin, wonach sie während der Verhinderung ihrer Bevollmächtigten durch Rechtsanwalt I vertreten wurde. Der sinngemäß in der Berufungsbegründung zum Ausdruck gebrachte innere Vorbehalt, sie sei davon ausgegangen, dass es sich bei Rechtsanwalt I um einen bestellten Vertreter handele, der sie ordnungsgemäß vertreten werde, begrenzt als bloßes Motiv die Vollmacht nach außen nicht.
2. Die erst am 11.03.2015 eingelegte Berufung gegen den demnach am 16.01.2015 wirksam zugestellten Gerichtsbescheid ist nach Ablauf der Berufungsfrist eingegangen und wahrt diese deshalb nicht. Gemäß § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung bei dem LSG innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Frist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem SG schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird, § 151 Abs. 2 S. 1 SGG. Keine der genannten Voraussetzungen, die sämtlich die Einhaltung der hier versäumten, am 16.02.2015 abgelaufenen, Monatsfrist erfordern, ist erfüllt.
3. Der Klägerin ist wegen der Versäumung der Berufungsfrist keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 Abs. 1 SGG zu gewähren, denn die Klägerin war nicht, wie diese Vorschrift aber voraussetzt, ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert.
Verschulden ihrer Bevollmächtigten muss sich die Klägerin zurechnen lassen. Dies gilt auch für in Untervollmacht tätige Rechtsanwälte, soweit ihnen zumindest ein Teilbereich des Verfahrens zur selbständigen Erledigung übertragen worden ist (Wolff-Dellen in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 67 Rn. 22). Dies war bei Rechtsanwalt I eindeutig der Fall, denn er hatte während der Abwesenheit der verhinderten Bevollmächtigten das Mandat gänzlich selbständig zu bearbeiten.
Der Senat hält folgenden Geschehensablauf für glaubhaft gemacht: Während der Verhinderung von Rechtsanwältin J-Pr befand sich die Akte der Klägerin in der Kanzlei von Rechtsanwalt I Zum 05.01.2015 wollte Rechtsanwältin J-P ihre Tätigkeit wieder aufnehmen und holte zu diesem Zweck Akten von Rechtsanwalt I ab, darunter die der Klägerin. Diese konnte entsprechend der diesbezüglichen anwaltlichen Versicherung von Rechtsanwältin J-P keinen Gerichtsbescheid enthalten, da dieser erst danach, am 16.01.2015, bei Rechtsanwalt I zugestellt wurde. Anhand der SG-Akten kann nachvollzogen werden, dass Rechtsanwältin J-P nach dem 05.01.2015 keine Mitteilung an das SG veranlasste, dass Zustellungen nun wieder an sie zu bewirken seien. Soweit Rechtsanwältin J-P weiter vorträgt, sie habe Mitte Januar ihre Absicht geändert, um sich um ihre Tochter kümmern zu können, vermag der Senat jedenfalls nicht als glaubhaft gemacht anzusehen, dass sie, wie behauptet, zu diesem Zweck die Akte wieder "in Vertretung" abgegeben hätte. Denn aus der anwaltlichen Versicherung von Rechtsanwalt I geht klar hervor, dass bei Ablauf der ordnungsgemäß im Fristenkalender notierten Rechtsmittelfrist ausdrücklich geprüft wurde, ob die Akte der Klägerin sich unter den von Rechtsanwältin J-P "mitgenommenen" Akten befand und dass dies festgestellt wurde. Der Senat geht deshalb davon aus, dass die Akten der Klägerin sich bei Ablauf der Rechtsmittelfrist am 16.02.2015 entweder noch oder wieder bei Rechtsanwältin J-P befanden.
Der Senat sieht hierin ein massives Organisationsverschulden sowohl in der Kanzlei I, als auch bei Rechtsanwältin J-P. Offenbar bestand in der Kanzlei I, wie sich aus dessen anwaltlich versicherter Hergangsschilderung erschließen lässt, die allgemeine Anweisung, Fristen in Akten, die Rechtsanwältin J-P "mitgenommen" hatte, nicht mehr zu beachten und ohne weiteres zu streichen. Hingegen war in der Kanzlei J-P nicht sichergestellt, dass Zustellungen nach Wiederaufnahme der Tätigkeit nun wieder an sie bewirkt wurden. Außerdem war im Rahmen der "Vertretungskooperation" offenbar nicht sichergestellt, dass die von der einen in die andere Kanzlei "mitgenommene" Akten betreffenden Fristen bei der "Mitnahme" im Fristenkalender der Kanzlei J-P eingetragen wurden.
II. In der Sache wäre die Berufung, ihre Zulässigkeit unterstellt, jedenfalls unbegründet. Der Gerichtsbescheid des SG vom 20.11.2014 ist nicht zu beanstanden. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe in dem angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug genommen. Diese sieht auch der Senat mit den nachstehenden Maßgaben als vollständig zutreffend an und macht sie sich nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage zu Eigen.
Auf fachorthopädischem Gebiet ist der medizinische Sachverhalt durch das Gutachten und die ergänzende Stellungnahme von Dr. W geklärt. Dieses Gutachten hält der Senat - genau wie das SG - aus den im Gerichtsbescheid genannten Gründen für überzeugend. Zur Einholung eines "Obergutachtens", wie von der Klägerin gewünscht, besteht trotz abweichender Auffassung von Dr. H kein Anlass. Einen allgemeinen Anspruch auf Überprüfung von Sachverständigengutachten durch ein "Obergutachten" sehen die Prozessordnungen - auch das Sozialgerichtsgesetz (SGG) - nicht vor (BSG, Beschlüsse vom 17.11.2003 - B 3 P 23/03 B - und 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19.04.2013 - L 4 R 401/11; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 103 Rdnr. 11b).
Zu Recht ist das SG der Auffassung von Dr. H nicht gefolgt, denn dieser hat in seinem Gutachten keinerlei Kausalitätsüberlegungen erkennen lassen und sein Fazit, die Halswirbelsäulenbeschwerden der Klägerin seien unfallbedingt, geht über eine bloße Behauptung nicht hinaus. Seine von der Klägerin eingeholte, vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung eingereichte ergänzende Stellungnahme vom 11.04.2016 überrascht zunächst, soweit Dr. H - trotz des ausführlichen Hinweises hierauf in Frage 2 der Beweisanordnung vom 03.12.2012 - angeblich nicht wusste, dass er auch Kausalitätsüberlegungen anzustellen habe. Die jetzt dazu nachgeschobenen Ausführungen Dr. H beruhen ganz entscheidend auf der Annahme, die Klägerin habe bei dem Unfall am 18.02.2007 eine Impressionsfraktur der Facette C3 der HWS erlitten. Diese Annahme ist jedoch durch die Vorbefunde der Klinik für Manuelle Therapie in Hamm v. 24.08.2010, die diesen Bruch anhand der dort noch vorhandenen Behandlungsdokumentation in das Jahr 1994 datieren, klar widerlegt, so dass zum einen Dr. H weiterhin nicht gefolgt werden kann, zumal aber für den Senat auch kein Anlass bestand, der hilfsweisen Beweisanregung der Klägerin zu folgen.
Der von der Klägerin darüber hinaus ins Feld geführte Bericht des Orthopäden und Chirurgen D vom 06.04.2009 gibt ebenfalls keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen. D geht zum einen von falschen Voraussetzungen aus, weil er ausweislich seines weiteren Berichts vom 27.08.2009 ebenfalls unzutreffend unterstellt, die Klägerin habe bei dem Unfall am 18.02.2007 einen HWK-Bruch erlitten. Er bezeichnet zum anderen das HWS-, BWS- und LWS-Syndrom der Klägerin im Hinblick auf den Unfall ausdrücklich als "vorbestehend", mit Behandlung (bei ihm) erstmalig bereits vor dem Unfall am 11.05.2005 und (lediglich) dem Beginn der kontinuierlichen Behandlung "nach einem Arbeitsunfall", ohne dass irgendein kausaler Zusammenhang erkennbar wird. Ohnehin begründet ein rein zeitlicher Zusammenhang keine Eintrittspflicht der Beklagten für die bei der Klägerin vorliegenden Anlage- und Verschleißerkrankungen. Denn Beschwerden und Behandlungsnotwendigkeit aufgrund degenerativer Erkrankungen können bei ausreichendem Fortschreiten der Erkrankung jederzeit erstmals auftreten, auch nach einem Arbeitsunfall. Nachvollziehbar verweist Dr. W darauf, dass sich die Beschwerden der Klägerin im Bewegungsapparat auch ohne einen Unfall durch degenerative Veränderungen erklären lassen. Gleichartige Beschwerden wurden bei der Klägerin schon 1994 festgestellt, wobei Dr. W auch den Umstand herausstellt, dass schon damals auch die Impressionsfraktur des Wirbels C3 festgestellt wurde. Außerdem wäre, wie der Senat ebenfalls dem Gutachten von Dr. W entnimmt, nach dem Unfall bei knöcherner Verletzung ein schwererer als der zeitnah dokumentierte Sofortbefund zu erwarten gewesen.
Es verbleiben damit letztlich als zur Überzeugung des Senats feststehende Unfallfolgen nur die ohne Verursachung einer Minderung der Erwerbsfähigkeit verheilten Gesundheitsschäden Nasenbeinbruch und Schulterprellung links.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) lagen nicht vor. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Dr. Berendes Dr. Bergmann Wolff-Dellen
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