L 6 SB 5202/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 13 SB 7002/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 5202/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. November 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) mit 50 und damit die Schwerbehinderteneigenschaft.

Der 1966 geborene Kläger ist verheiratet und hat zwei volljährige Kinder, die noch zu Hause leben. Er reiste 1981 aus der Türkei in die Bundesrepublik Deutschland ein und ist mittlerweile deutscher Staatsangehöriger. Er absolvierte hier den Hauptschulabschluss und steht seit 1984 in einem Arbeitsverhältnis mit der R. B. GmbH. 1999 erfolgte eine sechsmonatige innerbetriebliche Qualifikation. Von 2001 bis 2003 war er von der Erfüllung seiner Arbeitspflicht freigestellt und wurde, finanziert durch die heutige Bundesagentur für Arbeit, zum Industriemechaniker qualifiziert. Seit 2013 arbeitet er von 6 bis 14 Uhr im Frühschichtdienst. Zuletzt war er wegen Erkrankungen auf internistischem Fachgebiet arbeitsunfähig.

Beim Kläger war aufgrund des im Verfahren S 22 SB 3366/12 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) am 14. Februar 2013 geschlossenen Vergleiches wegen Funktionsbeeinträchtigungen durch eine seelische Störung, ein Bronchialasthma, eine Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen und degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit Bescheid vom 3. März 2014 der GdB mit 30 seit 13. Januar 2012 festgestellt worden.

Aufgrund der vom Kläger bereits am 1. Juni 2013 beantragten Neufeststellung des GdB forderte der Beklagte Befundberichte des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. L., der Fachärztin für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. T., des Hals-, Nasen- und Ohren (HNO)-Arztes Dr. P. sowie des Arztes für Orthopädie Dr. B. an, welche im März und Mai 2014 vorgelegt wurden.

Dr. L. führte aus, der Kläger befinde sich seit Juni 2013 in seiner psychiatrischen Behandlung. Zuvor sei er viele Jahre bei Dr. H. in nervenärztlicher Behandlung gewesen. Außerdem sei eine ambulante psychotherapeutische Behandlung durchgeführt worden. Beim Kläger liege eine mittelgradig bis schwer ausgeprägte depressive Störung vor. Früher seien depressive Schübe aufgetreten, welche sich mittlerweile chronifiziert hätten. Es habe sich eine deutlich depressiv gefärbte Grundstimmung gefunden. Es sei zu rezidivierend auftretenden diffusen Ängsten gekommen. Affektiv sei der Kläger nicht schwingungsfähig gewesen. Er habe zum Grübeln geneigt. Es hätten erhebliche Ein- und Durchschlafstörungen bestanden. Der Kläger habe von Albträumen berichtet. Der Antrieb und das Interesse seien reduziert gewesen. Er habe angegeben, Menschen gegenüber schnell gereizt zu reagieren, weswegen er sich immer mehr zurückgezogen habe. Innerfamiliär hätten ebenfalls deutliche Probleme bestanden. Soziale Aktivitäten seien gemieden worden. Dadurch seien deutliche soziale Anpassungsstörungen begründet.

Dr. T. teilte mit, beim Kläger liege ein exogen allergisches Asthma bronchiale vor, welches während der Expositionszeit mit einem inhalativen Beta-2-Sympathikomimetikum, einem hochpotenten topischen Kortisonpräparat, und einem Antiallergikum behandelt worden sei. Es handele sich um ein chronisches Atemwegsleiden, wiederholt habe eine obstruktive Lungenventilationsstörung vorgelegen.

Dr. P. diagnostizierte unter Vorlage eines Tonaudiogrammes von Ende November 2011 einen beidseitigen Tinnitus bei leichter Innenohrhochtonschwerhörigkeit.

Dr. B. ging, bei altersentsprechenden degenerativen Veränderungen, von statischen Rückenbeschwerden bei einem Bandscheibenvorfall im Bereich L5/S1 aus. Hierdurch sei es im alltäglichen und beruflichen Leben des Klägers zu einer verminderten Belastbarkeit gekommen. Es habe ein Beckengeradstand mit abgeflachter Lordose vorgelegen. Die Lendenwirbelsäule sei in Seitneigung in der Beweglichkeit um die Hälfte eingeschränkt gewesen. Der Finger-Boden-Abstand habe 40 cm betragen. Das Zeichen nach Schober sei mit 10/12 cm gemessen worden. Die paravertebrale Muskulatur sei verspannt gewesen. Nach röntgenologischer Untersuchung habe sich neurologisch kein pathologischer Befund gezeigt.

Mit Bescheid vom 8. Juli 2014 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers, gestützt auf die versorgungsärztliche Einschätzung von Dr. K. von Juni 2014, ab, eine wesentliche Änderung sei nicht eingetreten. Der angenommene Gesamt-GdB von 30 stütze sich auf die Funktionsbeeinträchtigungen wegen einer seelischen Störung und einem chronischen Schmerzsyndrom. Das Bronchialasthma, die Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen sowie die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und die Funktionsbehinderung in diesem Bereich seien jeweils nicht höher als mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 17. November 2014 zurückgewiesen.

Hiergegen hat der Kläger am 16. Dezember 2014 beim SG Klage erhoben, welches schriftliche sachverständige Zeugenaussagen bei dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. D. sowie Dr. T. und Dr. B. eingeholt hat, die im Februar 2015 vorgelegt worden sind.

Dr. D. hat ausgeführt, der Kläger befinde sich seit April 2004 laufend in seiner Behandlung. Mit der Einschätzung der versorgungsärztlichen Einschätzung stimme er, abgesehen von einer fehlenden leichten Hypertonie, überein. Weiter aufgetreten sei auch eine Reizblase mit Urgesymptomatik. Der Bluthochdruck sei medikamentös einstellbar, wenn der Kläger seine Medikamente einnehme. Wegen dieser Erkrankung bestünden keine Leistungsbeeinträchtigungen, auch keine Augenhintergrundveränderungen.

Von Dr. D. sind verschiedene Fremdbefundberichte vorgelegt worden. Der Leitende Oberarzt der Orthopädischen Klinik Markgröningen G. hat nach der ambulanten Untersuchung des Klägers am 5. Februar 2015 eine Zervikobrachialgie beidseits mit multietageren Osteochondrosen diagnostiziert. Die Röntgenaufnahmen der Halswirbelsäule in zwei Ebenen mit Funktionsaufnahmen von November 2014 hätten ausgeprägte Osteochondrosen in den Bereichen C4/5, C5/6 und C6/7 mit geringgradiger Instabilität im Segment C4/5 gezeigt. Im Bericht von Oktober 2014 hat er eine Lumbalgie bei Osteochondrose im Bereich L5/S 1 diagnostiziert. Die Schmerzen seien vom Kläger unter Einnahme von Ibuprofen mit 7 bis 8 von 10 angegeben worden. Bei der klinischen Untersuchung habe sich bezogen auf die unteren Muskelgruppen ein Kraftgrad von 5 ergeben. Das Lasègue-Zeichen sei negativ gewesen. Über dem beidseitigen IliosakralgeL. habe kein Druckschmerz bestanden. Ihm hätten Magnetresonanztomogramme (MRT) der Lendenwirbelsäule vorgelegen, worauf sich keine spinale Enge, indes eine geringe Dehydratation der Bandscheiben auf Höhe L3/4 und L4/5 gezeigt habe.

Der Facharzt für Orthopädie Dr. W. hat bereits Anfang August 2013 berichtet, bei Erhebung der Befunde im Bereich der Lendenwirbelsäule habe der Kläger aggraviert. Das Lasègue-Zeichen sei negativ gewesen. Der Finger-Boden-Abstand habe 30 cm betragen. Er habe eine chronische Lumboischialgie und einen Bandscheibenvorfall im Bereich L5/S1 links diagnostiziert. Der Augenarzt Dr. K. hat Anfang Dezember 2014 eine Hyperopie (ICD-10 H52.0) diagnostiziert. Es habe ein altersentsprechender, regelrechter Befund mit kleinem Pigmentfleck rechts bestanden. Ein Anhalt für eine ophthalmologische Ursache der Sehstörung habe sich nicht gefunden, möglicherweise begründe sie die Aura einer Migräne. Der Visus sei auf beiden Seiten mit 1,0 gemessen worden. Der Arzt für Innere Medizin und Gastroenterologie Dr. K. hat Anfang Oktober 2014 den Verdacht auf eine Fettleberhepatitis (ICD-10 K76.0) diagnostiziert, demgegenüber einen Morbus Wilson (ICD-10 E83.0), eine Hämochromatose (ICD-10 E83.1), eine serologische Zöliakie (ICD-10 K90.0) und eine Hepatitis B und C (ICD-10 B16.9) ausgeschlossen. Die aktuelle Medikation habe aus Ibuprofen, 600 mg (0-0-1) und Schlaftabletten bestanden.

Der Facharzt für Urologie Sch. hat Anfang Februar 2015 eine obstruktive Prostata mit Zeichen einer beginnenden chronischen Blasenentleerungsstörung diagnostiziert. Nach dem sonographischen Befund habe die Blase restharnfrei geleert werden können. Es sei ein Therapieversuch mit Tamsulosin gestartet worden.

Dr. T. hat kundgetan, sie habe den Kläger bis Februar 2014 behandelt. Es habe zuletzt ein chronisches Asthma bronchiale vorgelegen. Eine bronchiale Hyperreagibilität habe indes nicht nachgewiesen werden können. Die Lungenfunktion sei gering beeinträchtigt gewesen.

Dr. B. hat unter Beifügung unter anderem des Befundberichtes des Facharztes für Diagnostische Radiologie Dr. L. nach dem MRT der Lendenwirbelsäule von Ende Juli 2014 geäußert, beim Kläger liege ein chronisches rezidivierendes Zervikobrachialsyndrom mit Spondylarthrose im Bereich C5 und ein Zustand nach einem Bandscheibenvorfall im Bereich L5/S1 vor. Die degenerativen Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule mit wechselnden Gefühlsstörungen in den oberen Extremitäten seien wegen der erheblichen Bewegungseinschränkung in diesem Bereich mittelgradig. Es sei zudem zu einer Ausstrahlung in beide Beine und wechselnden Sensibilitätsstörungen im Segment L5/S1 mit Schwäche gekommen.

Das SG hat des Weiteren den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Nach der ambulanten Untersuchung des Klägers am 30. Juni 2015 hat er ausgeführt, dieser leide an einer Persönlichkeitsstörung mit selbstunsicheren, narzisstischen und depressiven Zügen sowie an einer Somatisierungsstörung in Form einer somatoformen Schmerzstörung. Den Teil-GdB bewerte er insoweit mit 30. Zum Tagesablauf habe der Kläger angegeben, er stehe um 5 Uhr auf, um eine Stunde später mit der Frühschicht beginnen zu können. Die Arbeitsstelle liege 5 km entfernt. Nach der Arbeitstätigkeit ruhe er sich aus. Er sehe fern, lese und trinke mit seiner Frau Tee. Gelegentlich gehe er mit ihr spazieren. Alle zwei Wochen besuche er seine Eltern, die er unterstütze. Neben seinen Schwestern, die sich eigentlich um diese kümmerten, kaufe er mit ein. Mit seiner Frau fahre er in den Urlaub, auch nach Griechenland oder Spanien; vor kurzem sei er auch allein in sein Heimatland gefahren. Die Stimmungslage sei etwas dysphorisch gewesen, mit eingeschränkter affektiver Schwingungsfähigkeit. Der Antrieb sei im Wesentlichen ohne Befund gewesen. Der Kläger führe eine Gesprächstherapie bei Dr. L. fünf- bis sechsmal pro Jahr durch und sei medikamentös mit Cymbalta, 60 mg und Trazodon, 100 mg behandelt worden. Zur Untersuchung sei er mit dem Personenkraftwagen angereist. Auf neurologischem Fachgebiet seien keine wesentlichen funktionellen Beeinträchtigungen festzustellen gewesen, weder zentral oder radikulär noch sonstig peripher-neurologisch. Paresen hätten sich nicht gezeigt. Die von Dr. L. angenommene schwere depressive Störung habe sich anlässlich der gutachterlichen Untersuchung und im Übrigen nach den vorliegenden Befunden nach Aktenlage nicht objektivieren lassen. Dementsprechend seien auch keine intensivierten Behandlungsmaßnahmen erfolgt, welche dieser erfahrene Nervenarzt beim Vorliegen einer schwerwiegenden Störung sicherlich eingeleitet hätte.

Nach dem vom Kläger im erstinstanzlichen Verfahren noch vorgelegten Befundbericht des Leitenden Oberarztes G. sind nach der ambulanten Untersuchung am 23. April 2015 ein beidseitiges Zervikobrachialgiesyndrom, linksbetont, Osteochondrosen in den Bereichen C4/5 und C5/6 sowie eine beidseitige Foramenenge im Bereich C5/6 diagnostiziert worden. Die neu aufgetretenen Entleerungsstörungen der Blase und des Mastdarmes seien anamnestisch verneint worden. Es habe eine etwas eingeschränkte Beweglichkeit im Bereich der Halswirbelsäule bestanden. Alle Kennmuskeln der oberen Extremitäten hätten einen Kraftgrad von 5/5 aufgewiesen. Sensibilitäts- oder Reflexausfälle hätten nicht bestanden. Dr. B. hat Anfang August 2015 dargelegt, beim Kläger habe eine fortgeschrittene degenerative Veränderung in den Bereichen der Hals- und Lendenwirbelsäule bestanden. Das Gangbild sei leicht verlangsamt und nicht hinkend, das Lasègue-Zeichen negativ gewesen. Ein Druckschmerz über dem IliosakralgeL. habe beidseits nicht vorgelegen. Nach dem MRT der Lendenwirbelsäule habe sich keine spinale Enge gezeigt. In den Segmenten L3/4 und L4/5 sei eine geringe Dehydration der Bandscheiben festgestellt worden. Der objektive Befund habe nicht den geäußerten Beschwerden entsprochen.

Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 30. November 2015 abgewiesen. Gegenüber der letzten bestandskräftigen Feststellung des GdB mit 30 habe sich keine wesentliche Verschlechterung ergeben, weshalb sich ein höherer nicht begründen lasse.

Hiergegen hat der Kläger am 17. Dezember 2015 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt und im Wesentlichen vorgetragen, die Gesundheitsbeeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule seien nicht ausreichend bewertet worden. Dr. B. habe insbesondere eine Druckdolenz am Ausgang des Nervus ischiadicus links und ein positives Lasègue-Zeichen linksseitig bei 40° festgestellt. Daneben habe im Segment S1 eine wechselnde Sensibilitätsstörung bestanden. Wegen der Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule sei ihm durch den Leitenden Oberarzt G. zu einer Operation geraten worden. Dr. B. habe gegenüber dem SG geäußert, er gehe von mittleren Bewegungseinschränkungen in den Bereichen der Hals- und Lendenwirbelsäule aus. Hieraus lasse sich eine Verschlechterung im Bereich des Rumpfes ableiten. Es lägen mittelgradige funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vor, welche mit einem Teil-GdB von 30 zu bewerten seien. Daneben leide er an einem Tinnitus. Hinzu komme eine Migräne, diese wahrscheinlich mit Aura. Sie trete drei- bis fünfmal im Monat für etwa zwei bis drei Tage auf. Zudem sehe er nach dem Aufstehen morgens immer Punkte. Wegen der von Dr. L. angenommenen deutlichen sozialen Anpassungsstörungen sei insoweit ein Teil-GdB von 40 angemessen. Auf sein eigenes Kostenrisiko solle kein Gutachten eingeholt werden, die vorliegenden medizinischen Befundunterlagen stützten hinreichend einen Gesamt-GdB von 50.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 30. November 2015 und den Bescheid vom 8. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. November 2014 aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, bei ihm unter Abänderung des Bescheides vom 3. März 2014 den Grad der Behinderung mit 50 ab 8. März 2014 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Er trägt im Wesentlichen vor, ein höherer Gesamt-GdB als 30 sei nicht begründbar.

Der Kläger ist in der nichtöffentlichen Sitzung beim LSG am 20. Mai 2016 gehört und auf die Aussichtslosigkeit seines Rechtsmittels hingewiesen worden. Er hat unter anderem mitgeteilt, zuletzt wegen hohem Blutdruck und Schwindelerscheinungen arbeitsunfähig erkrankt gewesen zu sein. Die Schlaf- und Konzentrationsstörungen stünden in Zusammenhang mit seiner psychiatrischen Erkrankung.

Er hat danach weitere medizinische Dokumente vorgelegt. Dr. T. hat Ende Mai 2016 berichtet, bei der aktuellen Untersuchung sei eine Kortisonstoßbehandlung erforderlich gewesen. Eine engmaschige Blutgas- und Lungenfunktionskontrolle sei dringend notwendig. Es habe aktuell ein exazerbiertes allergisches Asthma bronchiale vorgelegen, welches wie bislang behandelt werde. Dr. B. hat dem Kläger Ende Juni 2016 attestiert, dass der Finger-Boden-Abstand 40 cm betragen habe. Im Bereich der Lendenwirbelsäule sei die Vor- und Rückneigung mit 0-20-30° und die Rotation in Seitneigung mit 30-0-30° Grad gemessen worden. Der Kinn-Jugulum-Abstand habe 2/25 cm betragen. Die Rotation im Bereich der Halswirbelsäule sei bis 30-0-30° und die Seitneigung bis 20-0-20° möglich gewesen. Es habe eine Muskelverspannung vorgelegen. Beim Kläger hätten chronische Beschwerden in Form eines Postnukleotomiesyndroms nach einem Bandscheibenvorfall im Bereich L5/S1 bestanden. Neurologisch hätten sich keine pathologischen Zeichen gezeigt. Es lägen mittelgradige funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt mit häufigen und rezidivierenden Bewegungseinschränkungen ohne Instabilität vor, welche mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten seien.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG), ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 SGG), aber unbegründet. Das SG hat die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, vgl. zur Klageart BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 25 m. w. N.) zulässige Klage zu Recht abgewiesen, soweit mit ihr die Verpflichtung des Beklagten zur Feststellung des GdB mit 50 verfolgt worden ist. Der Kläger hat ab dem 8. März 2014 keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 30, wie ihn der Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 3. März 2014 bereits zuerkannt hat. Daher ist die angefochtene Verwaltungsentscheidung rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Gegenstand der Klage ist nach der Konkretisierung des Klägers im Berufungsverfahren ein Anspruch auf Neufeststellung des GdB mit 50 ab 8. März 2014 aufgrund einer geltend gemachten Verschlimmerung desjenigen Gesundheitszustandes, der dem bestandskräftigen Bescheid vom 3. März 2014 zugrunde lag. Diesem Anspruch steht der Bescheid vom 8. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. November 2014 entgegen, da ihn das SG nicht zumindest teilweise aufgehoben hat. Die gerichtliche Nachprüfung richtet sich, bezogen auf die tatsächlichen Verhältnisse, in Fällen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rz. 34; vgl. auch BSG, Urteil vom 12. November 1996 - 9 RVs 5/95 -, BSGE 79, 223 (225) zum selben Beurteilungszeitpunkt bei der isolierten Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung).

Grundlage für den Klageanspruch ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten der Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Dabei liegt eine wesentliche Änderung vor, soweit der Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht mehr so erlassen werden dürfte, wie er ergangen war. Die Änderung muss sich nach dem zugrundeliegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken. Das ist bei einer tatsächlichen Änderung nur dann der Fall, wenn diese so erheblich ist, dass sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führt. Von einer wesentlichen Änderung ist im vorliegenden Zusammenhang bei einer Verschlechterung im Gesundheitszustand des Klägers auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 folgt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11.November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 12). Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt - teilweise - aufzuheben und durch die zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG, Urteil vom 22. Oktober 1986 - 9a RVs 55/85 -, juris, Rz. 11 m. w. N.). Die Feststellung einer wesentlichen Änderung setzt einen Vergleich der Sach- und Rechtslage bei Erlass des - teilweise - aufzuhebenden Verwaltungsaktes und zum Zeitpunkt der Überprüfung voraus (vgl. BSG, Urteil vom 2. Dezember 2010 - B 9 V 2/10 R -, juris, Rz. 38 m. w. N.; Schütze, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 48 Rz. 4).

Bei dem Bescheid vom 3. März 2014 über die Feststellung des GdB mit 30 seit 13. Januar 2012, der in Ausführung des gerichtlichen Vergleiches beim SG im Verfahren S 22 SB 3366/12 erging, handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 31 m. w. N.). Eine Regelung im Sinne des § 31 SGB X ist nach der Rechtsprechung des Senats auch darin zu sehen, dass der Ausführungsbescheid den gerichtlichen Vergleich richtig umsetzt; mit der Folge, dass ein solcher Bescheid Regelungscharakter hat. Haben die Parteien einen gerichtlichen Vergleich geschlossen, so entspricht es zudem regelmäßig ihrem Willen, dass sie nur eine Einigung über den Gesundheitszustand im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses erzielen, aber keine Regelung für die Zukunft treffen und sich insbesondere nicht des Rechts begeben wollen, auf Änderungen etwa durch eine Herabsetzungen oder Neufeststellung zu reagieren (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 29. April 2014 - L 6 VK 934/12 -, juris, Rz. 20). In den tatsächlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheides vom 3. März 2014 vorlagen, ist indes keine wesentliche Änderung eingetreten. Die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen des Klägers bedingen ab 8. März 2014 weiterhin keinen höheren Gesamt-GdB als 30.

Der Anspruch des Klägers richtet sich nach § 69 Abs. 1 und 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Danach stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG (bis 30. Juni 2011: § 30 Abs. 17 BVG) erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Von dieser Ermächtigung hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Gebrauch gemacht und die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.

Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes" oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.

Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).

Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer unbenannten Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzel-fall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R -, juris, Rz. 13). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.

In Anwendung dieser durch den Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze und unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen des Klägers auch nach dem 7. März 2014 keinen höheren als den bereits mit Bescheid vom 3. März 2014 festgestellten GdB von 30 begründen.

Das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" hat einen Teil-GdB von 20 zur Folge.

In Anlehnung an die VG, Teil B, Nr. 3.7, wonach Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen mit einem GdB von 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40 sowie bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einen GdB von 80 bis 100 zu bewerten sind, rechtfertigen die wegen der Erkrankung des Klägers auf psychiatrischem Fachgebiet bestehenden Funktionsstörungen keinen höheren GdB als 20, da eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nicht objektiviert ist. Die von Dr. L. in seinem im Wege des Urkundenbeweises (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. Zivilprozessordnung - ZPO) verwerteten Bericht von März 2014 angenommene schwere depressive Störung hat sich anlässlich der gutachterlichen Untersuchung bei dem Sachverständigen Dr. P. und nach den sonstigen sich in den Akten befindenden medizinischen Befunddokumenten nicht objektivieren lassen. Hiergegen spricht, wie Dr. P. schlüssig ausgeführt hat, dass keine intensivierten Behandlungsmaßnahmen erfolgt sind, welche Dr. L. als erfahrener Nervenarzt beim Vorliegen einer schwerwiegenden Störung erwartungsgemäß eingeleitet hätte. Dieser hat demgegenüber lediglich über eine im Frühjahr 2014 bereits abgeschlossene ambulante psychotherapeutische Behandlung berichtet. Unabhängig der weiteren diagnostischen Einordnung der Erkrankung zumindest als mittelgradig ausgeprägte depressive Störung, wie von Dr. L. vorgenommen, oder - neben dem psychosomatischen Krankheitsbild einer zum Formenkreis der somatoformen Störungen gehörenden Somatisierungsstörung (vgl. ICD-10-GM-2016 F45.-) - als Persönlichkeitsstörung mit selbstunsicheren, narzisstischen und depressiven Zügen, wie nach der Expertise von Dr. P., resultieren hieraus bei finaler Betrachtung (vgl. VG, Teil A, Nr. 2 a), insbesondere wegen der noch erhaltenen Tagesstruktur und der möglichen beruflichen Tätigkeit im Frühschichtdienst, nur solche alle Lebensbereiche betreffenden Funktionsbeeinträchtigungen, dass allenfalls ein GdB von 20 angemessen ist. Zum Zeitpunkt der gutachterlichen Untersuchung bei Dr. P. Mitte des Jahres 2015 stand der Kläger um 5 Uhr auf, um eine Stunde später mit der Frühschicht beginnen zu können. Seine Arbeitsstelle liegt 5 km entfernt. Nach der Arbeitstätigkeit ruhte er sich aus. Er sah fern und trank mit seiner Frau Tee. Gelegentlich ging er mit ihr spazieren. Alle zwei Wochen besuchte er seine Eltern, die er unterstützte. Neben seinen Schwestern, die sich eigentlich um diese kümmerten, kaufte er mit ein. Die Stimmungslage war lediglich etwas dysphorisch, mit eingeschränkter affektiver Schwingungsfähigkeit. Der Antrieb war im Wesentlichen ohne Befund. Der soziale Rückzug ist demzufolge allenfalls diskret ausgeprägt, zur Familie indes überhaupt nicht zu verzeichnen. Das Interessenspektrum mit den Hobbys Lesen, Fernsehen und Spaziergängen ist erhalten. Der Kläger kann Reisen unternehmen, auch alleine, was der Senat der Anamnese von Dr. P. entnimmt. Der noch von Dr. L. Anfang März 2014 für die Zeit seiner Behandlung ab Juni 2013 beschriebene psychopatholgische Befund hat sich daher nach der gezielten gutachterlichen Untersuchung des Sachverständigen Dr. P. nicht in seinem gesamten Umfang bestätigt. Die zu diesem Zeitpunkt verordneten Antidepressiva Cymbalta, 60 mg mit dem Wirkstoff Duloxetin und Trazodon, 100 mg weisen ebenfalls nicht auf eine stärker behindernde Störung hin. Der Kläger ist zwar zuletzt arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Wie er in der nichtöffentlichen Sitzung beim LSG im Mai 2016 mitteilte, indes wegen hohem Blutdruck und Schwindelerscheinungen, also nicht wegen der psychiatrischen Erkrankung.

Eine Migräne (VG, Teil B, Nr. 2.3) ist von keiner Ärztin und keinem Arzt bislang diagnostiziert worden, weshalb bereits keine der beim Kläger vorhandenen Funktionsstörungen auf diese Erkrankung zurückgeführt werden kann und sich der Teil-GdB für das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" deswegen folglich nicht erhöht. Der Augenarzt Dr. K. hat nach seinem Bericht von Anfang Dezember 2014 eine vom Kläger beschriebene Sehstörung, welche dieser im Berufungsverfahren neben der Weitsichtigkeit als Punktesehen nach dem morgendlichen Aufstehen konkretisiert hat, fachfremd nur als mögliche Aura einer Migräne angeführt. Der Hausarzt Dr. D. hat diese Diagnose indes nicht gestellt. Überdies hat der Kläger weder den Facharzt auch für Neurologie Dr. L. oder die Fachärztin auch für Innere Medizin Dr. T. mit diesem Krankheitsbild konfrontiert noch sonst fachkundige Hilfe deswegen in Anspruch genommen, was bei der behaupteten Ausprägung zu erwarten gewesen wäre.

Die beim Kläger wegen der Gesundheitsstörungen an den Haltungs- und Bewegungsorganen vorliegenden Funktionsbehinderungen bedingen in Bezug auf das Funktionssystem "Rumpf" einen Teil-GdB von 20.

Nach den VG, Teil B, Nr. 18.1 wird der GdB für angeborene und erworbene Schäden an den Haltungs- und Bewegungsorganen entscheidend bestimmt durch die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen (Bewegungsbehinderung und Minderbelastbarkeit) sowie die Mitbeteiligung anderer Organsysteme. Die üblicherweise auftretenden Beschwerden sind dabei mitberücksichtigt. Außergewöhnliche Schmerzen sind gegebenenfalls zusätzlich zu werten (vgl. VG, Teil A, Nr. 2 j). Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Gelenke können schwerwiegender als eine Versteifung sein. Bei Haltungsschäden und/oder degenerativen Veränderungen an Gliedmaßengelenken und an der Wirbelsäule (z. B. Arthrose, Osteochondrose) sind auch Geschwellungen, muskuläre Verspannungen, Kontrakturen oder Atrophien zu berücksichtigen. Mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z. B. degenerativer Art) allein rechtfertigen noch nicht die Annahme eines GdB. Ebenso kann die Tatsache, dass eine Operation an einer Gliedmaße oder an der Wirbelsäule (z. B. Meniskusoperation, Bandscheibenoperation, Synovialektomie) durchgeführt wurde, für sich allein nicht die Annahme eines GdB begründen. Bei den entzündlich-rheumatischen Krankheiten sind unter Beachtung der Krankheitsentwicklung neben der strukturellen und funktionellen Einbuße die Aktivität mit ihren Auswirkungen auf den Allgemeinzustand und die Beteiligung weiterer Organe zu berücksichtigen.

Nach den VG, Teil B, Nr. 18.9 ergibt sich der GdB bei angeborenen und erworbenen Wirbelsäulenschäden (einschließlich Bandscheibenschäden, Scheuermann-Krankheit, Spondylolisthesis, Spinalkanalstenose und dem so genannten "Postdiskotomiesyndrom") primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Der Begriff Instabilität beinhaltet die abnorme Beweglichkeit zweier Wirbel gegeneinander unter physiologischer Belastung und die daraus resultierenden Weichteilveränderungen und Schmerzen. So genannte "Wirbelsäulensyndrome" (wie Schulter-Arm-Syndrom, Lumbalsyndrom, Ischialgie sowie andere Nerven- und Muskelreizerscheinungen) können bei Instabilität und bei Einengungen des Spinalkanals oder der Zwischenwirbellöcher auftreten. Für die Bewertung von chronisch-rezidivierenden Bandscheibensyndromen sind aussagekräftige anamnestische Daten und klinische Untersuchungsbefunde über einen ausreichend langen Zeitraum von besonderer Bedeutung. Im beschwerdefreien Intervall können die objektiven Untersuchungsbefunde nur gering ausgeprägt sein. Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität haben einen GdB von 0 zur Folge. Gehen diese mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) einher, ist ein GdB von 10 gerechtfertigt. Ein GdB von 20 ist bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) vorgesehen. Liegen schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt vor (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ist ein Teil-GdB von 30 angemessen. Ein GdB-Rahmen von 30 bis 40 ist bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorgesehen. Besonders schwere Auswirkungen (etwa Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst [z.B. Milwaukee-Korsett]; schwere Skoliose [ab ca. 70° nach Cobb]) eröffnen einen GdB-Rahmen von 50 bis 70. Schließlich ist bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB-Rahmen zwischen 80 und 100 vorgesehen. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen - oder auch die intermittierenden Störungen bei der Spinalkanalstenose - sowie Auswirkungen auf die inneren Organe (etwa Atemfunktionsstörungen) sind zusätzlich zu berücksichtigen. Bei außergewöhnlichen Schmerzsyndromen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (z. B. Postdiskotomiesyndrom) ein GdB über 30 in Betracht kommen.

Beim Kläger liegen im Bereich der Wirbelsäule aufgrund der sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. B. von Februar 2015 und seinem aktuellen Attest von Ende Juni 2016 sowie den Berichten des Leitenden Oberarztes G. bei einem Beckengeradstand mit abgeflachter Lordose ein beidseitiges chronisches, rezidivierendes Zervikobrachialgiesyndrom, linksbetont, mit Spondylarthrose im Bereich C5, Osteochondrosen in den Bereichen C4/5, C5/6 und C6/7, mit geringgradiger Instabilität im Segment C4/5, eine beidseitige Foramenenge im Bereich C5/6 sowie chronische Beschwerden wegen eines Postnukletomiesyndroms, also persistierenden Beschwerden, nach einem Bandscheibenvorfall im Segment L5/S1 vor. Die morphologischen Veränderungen der Bandscheiben im Abschnitt L3 bis L5, wie sie der Facharzt für Diagnostische Radiologie Dr. L. im Juli 2014 festgestellt hat, sind indes ohne weitergehende Pathologie gewesen. Hieraus resultieren mittelgradige funktionelle Auswirkungen nur im Bereich der Halswirbelsäule, wie der sachverständige Zeuge Dr. B. nachvollziehbar dargelegt hat. Nach seiner klinischen Untersuchung sind der Kinn-Jugulum-Abstand mit 2/25 cm (Referenzwert: 0/18 cm; vgl. hierzu und zu den folgenden Daten Buckup, Klinische Tests an Knochen, GeL.en und Muskeln, 5. Aufl. 2012, S. 23 ff.) sowie hinsichtlich dieses Wirbelsäulenabschnittes nach der Neutral-0-Methode die Rotation mit 30-0-30° (in Mittelstellung 80-0-80°) und das Seitneigen mit 20-0-20° (45-0-45°) festgestellt worden. Trotz der von dem Leitenden Oberarzt G. im April 2015 beschriebenen nur etwas eingeschränkten Beweglichkeit der Halswirbelsäule, ist damit jedenfalls aktuell das mittelgradige Ausmaß der Funktionseinschränkung objektiviert worden. Damit in Einklang steht, dass Dr. B. Anfang August 2015 die degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule als fortgeschritten bezeichnet hat. Für den Bereich der Lendenwirbelsäule sind demgegenüber, auch unter Berücksichtigung des Bandscheibenvorfalls L5/S1 sowie der morphologischen Veränderungen im Bereich L3 bis L5, lediglich geringe funktionelle Auswirkungen nachgewiesen. Die für diesen Wirbelsäulenabschnitt von Dr. B. zuletzt angegebenen Werte nach der Neutral-0-Methode für die Rückneigung mit 30° (0-30°) und für das Seitneigen mit 30-0-30° (30 bis 40°-0-30 bis 40°) liegen immer noch im Normbereich. Unter Zugrundelegung des Finger-Boden-Abstandes mit 40 cm, wobei insoweit weitere klinische Funktionsprüfungen nicht durchgeführt worden sind, sowie der von ihm beschriebenen Ausstrahlung in beide Beine und der wechselnden Sensibilitätsstörungen im Segment L5/S1 sind dann geringe funktionelle Auswirkungen objektiviert, ein stärkeres Ausmaß jedoch nicht erwiesen. Entgegen der Auffassung des Klägers hat Dr. B. die Funktionsstörungen im Bereich der Lendenwirbelsäule noch nicht als mittelgradig angesehen, wie er aktuell in seinem Attest deutlich herausgestellt hat. Neurologisch sind überdies keine pathologischen Zeichen zu erkennen gewesen. Soweit der Kläger angeführt hat, Dr. B. habe ein positives Lasègue-Zeichen linksseitig bei 40° festgestellt, so ist dies durch die medizinischen Befundunterlagen widerlegt. Nach dessen Bericht hat sich neurologisch kein positiver Befund erheben lassen. Im August 2015 hat er von einem negativen Zeichen berichtet. Aktuell hat er ebenfalls keinen krankhaften neurologischen Befund erkennen können. Das Lasègue-Zeichen ist bei den von Dr. W. im August 2013 und dem Leitende Oberarzt G. im November 2014 durchgeführten Untersuchungen gleichsam negativ gewesen, weshalb ein Dehnungsschmerz im Bereich der Spinalnervenwurzeln der Rückenmarkssegmente L4 bis S2 und des Nervus ischiadicus nicht objektiviert worden ist. Weiter hat über dem Iliosakralgelenk beidseits kein Druckschmerz vorgelegen. Ferner hat der Sachverständige Dr. P. weder Paresen noch wesentliche funktionelle Beeinträchtigungen auf neurologischem Fachgebiet festgestellt. Damit in Einklang steht, dass bei den vom Leitenden Oberarzt G. durchgeführten Untersuchungen im Jahre 2015 alle Kennmuskeln der oberen Extremitäten einen Kraftgrad von 5/5 aufwiesen. Zudem hatten keine Sensibilitäts- oder Reflexausfälle bestanden. Außergewöhnliche Schmerzen, die zusätzlich zu berücksichtigen wären (VG, Teil A, Nr. 2 j; st. Rspr. vgl. Urteil des Senats vom 26. Februar 2015 - L 6 SB 2969/14 -, juris, Rz. 56), sind nicht nachgewiesen. Beim Kläger ist bislang keine intensive schmerztherapeutische Behandlung durchgeführt worden, er hat lediglich zeitweise Ibuprofen, 600 mg (0-0-1) eingenommen, worauf Dr. K. Anfang Oktober 2014 hingewiesen hat. Unerheblich ist, dass der Leitende Oberarzt G. dem Kläger, wie er vorgetragen hat, wegen der Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule zu einer Operation geraten haben soll. Denn selbst durchgeführte Eingriffe an der Wirbelsäule begründen allein nicht die Annahme eines GdB (VG, Teil B, Nr. 18.1). Die mittelgradigen funktionellen Auswirkungen im Bereich der Halswirbelsäule und die geringen funktionellen Funktionsstörungen im Bereich der Lendenwirbelsäule sind mit einem GdB von 20 ausreichend bewertet.

Das Funktionssystem "Herz-Kreislauf" erreicht keinen höheren Teil-GdB als 10. Nach der Vorbemerkung zu den VG, Teil B, Nr. 9 ist für die Bemessung des GdB weniger die Art einer Herz- oder Kreislaufkrankheit maßgeblich als die Leistungseinbuße. Bei der Beurteilung des GdB ist zunächst von dem klinischen Bild und von den Funktionseinschränkungen im Alltag auszugehen. Mangels Hinweis auf eine Organbeteiligung ist vorliegend ein höherer Teil-GdB als 10 nach den VG, Teil B, Nr. 9.3 bei fehlenden mehrfachen diastolischen Blutdruckwerten über 100 mmHg trotz Behandlung, welche sich den vorliegenden medizinischen Befundunterlagen nicht entnehmen lassen, nicht gerechtfertigt. Der sachverständige Zeuge Dr. D. hat schlüssig dargestellt, dass die Erkrankung beim Kläger leichter Ausprägung und unter Hinweis darauf, dass dieser die verordnete Arznei nicht regelmäßig einnehme, jedenfalls medikamentös einstellbar sowie weder mit einer Leistungsbeeinträchtigung noch einer Augenhintergrundveränderung verbunden ist. Er maß den Blutdruck bei angewandter Medikation mit 139/82 mmHg, demgegenüber bei fehlender Einnahme der Tabletten mit 167/102 mmHg. Ein höherer Teil-GdB als 10 lässt sich danach nicht begründen.

Das Funktionssystem "Ohren" bedingt ebenfalls keinen höheren Teil-GdB als 10. Dr. P. hat im Mai 2014 einen beidseitigen Tinnitus bei leichter Innenohrhochtonschwerhörigkeit diagnostiziert. Die vom Kläger im Berufungsverfahren zunächst mit den Ohrgeräuschen in Zusammenhang gebrachten Schlaf- und Konzentrationsstörungen, welche er in der nichtöffentlichen Sitzung beim LSG Ende Mai 2016 auf konkrete Nachfrage des Berichterstatters demgegenüber nicht mehr hierauf zurückgeführt hat, sind ohnehin allenfalls psychovegetative Begleiterscheinungen, welche nach den VG, Teil B, Nr. 5.3 insoweit einen GdB von 10 überhaupt erst stützen. Auch Dr. D. hat lediglich eine nur leichte Ausprägung angenommen. Die diagnostizierte beidseitige Innenohrhochtonschwerhörigkeit, welcher nach dem von Dr. P. vorgelegten Tonaudiogramm von Ende November 2011 unter Berücksichtigung der 4-Frequenztabelle nach Röser 1973 (VG, Teil B, Nr. 5.2.2) Tonhörverluste von rechts 14 % (3 + 5 + 2 +4) und links 2 % (0 + 0 + 0 + 2) zugrunde liegen, begründen nach den VG, Teil B, Nr. 5.2.4 jeweils eine Normalhörigkeit und haben einen GdB von 0 zur Folge. Damit rechtfertigt das Funktionssystem "Ohren" allenfalls einen Teil-GdB von 10.

Das Funktionssystem "Harnorgane" hat einen Teil-GdB von unter 10 zur Folge. Die Beurteilung des GdB bei Schäden der Harnorgane richtet sich nach der Vorbemerkung zu den VG, Teil B, Nr. 12 nach dem Ausmaß der Störungen der inkretorischen und exkretorischen Nierenfunktion und/oder des Harntransportes, das durch spezielle Untersuchungen zu erfassen ist. Daneben sind die Beteiligung anderer Organe (z. B. Herz/Kreislauf, Zentralnervensystem, Skelettsystem), die Aktivität eines Entzündungsprozesses, die Auswirkungen auf den Allgemeinzustand und die notwendige Beschränkung in der Lebensführung zu berücksichtigen. Nach den VG, Teil B, Nr. 12.2.2 sind bei Entleerungsstörungen der Blase (auch durch Harnröhrenverengung) Begleiterscheinungen (z. B. Hautschäden, Harnwegsentzündungen) gegebenenfalls zusätzlich zu berücksichtigen. Der Facharzt für Urologie Sch. diagnostizierte zwar Anfang Februar 2015 eine obstruktive Prostata mit Zeichen einer beginnenden chronischen Blasenentleerungsstörung. Nach dem sonographischen Befund hat die Blase indes restharnfrei geleert werden können. Gegenüber dem Leitenden Oberarzt G. sind vom Kläger im April 2015 anamnestisch nicht nur Entleerungsstörungen des Mastdarmes, sondern auch der Blase verneint worden. Die zwischenzeitlich aufgetretene Reizblase mit Urgesymptomatik hat sich offensichtlich mittels der Therapie durch Tamsulosin gut behandeln lassen. Für den GdB maßgebliche Funktionsstörungen auf urologischem Fachgebiet sind daher nicht objektiviert worden.

Das Funktionssystem "Atmung" erreicht gleichermaßen keinen Teil-GdB von 10. In Bezug auf das von der sachverständigen Zeugin Dr. T. diagnostizierte Asthma bronchiale (ICD-10-GM-2016 J45.-) hat bislang keine bronchiale Hyperreagibilität nachgewiesen werden können. Die Lungenfunktion ist bis zuletzt, bei gleichbleibender Behandlungsintensität, nur gering beeinträchtigt gewesen. Daher ist nach den VG, Teil B, Nr. 8.5 ein GdB von wenigstens 10 nicht erreicht.

Auch sonst sind keine Gesundheitsstörungen nachgewiesen worden, derentwegen einem Funktionssystem zuzuordnende Einschränkungen vorliegen, welche überhaupt erst geeignet wären, den Gesamt-GdB zu erhöhen. Die korrigierte Sehschärfe auf beiden Augen ist von Dr. K. mit jeweils 1,0 gemessen worden (vgl. VG, Teil B, Nr. 4.3) Der Arzt für Innere Medizin und Gastroenterologie Dr. K. hat Anfang Oktober 2014 lediglich den Verdacht auf eine Fettleberhepatitis (ICD-10-GM-2016 K76.0) diagnostiziert, demgegenüber einen Morbus Wilson (ICD-10-GM-2016 E83.0), eine Hämochromatose (ICD-10-GM-2016 E83.1), eine serologische Zöliakie (ICD-10-GM-2016 K90.0) sowie eine Hepatitis B und C (ICD-10-GM-2016 B16.9) sogar ausgeschlossen.

Unter Berücksichtigung der Grundsätze für die Bildung des Gesamt-GdB, wonach insbesondere einzelne Teil-GdB-Werte nicht addiert werden dürfen (VG, Teil A, Nr. 3 a) und grundsätzlich leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen (VG, Teil A, Nr. 3 d ee), ist im Falle des Klägers der Gesamt-GdB aus den Teil-GdB von jeweils 20 für die Funktionssysteme "Gehirn einschließlich Psyche" und "Rumpf" zu bilden und erreicht daher auch nach dem 7. März 2014 weiterhin lediglich 30.

Daher war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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