L 8 AL 1777/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AL 137/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 1777/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Maßgebende Tatsache für die Prüfung einer besonderen Härte bei Eintritt einer Sperrzeit von zwölf Wochen kann auch die vom Gesetzgeber geschaffene Regelung zur abschlagsfreien Rente für langjährig Versicherte sein, die entgegen früheren Rentennovellen keine Übergangsregelung für Personen mit Altersteilzeitvereinbarung enthält, wenn diese Neuregelung den Versicherten von seiner ursprünglichen Absicht, nach der Altersteilzeit direkt Altersrente mit Abschlägen zu beziehen, hat Abstand nehmen lassen. In die Prüfung sind die individuellen Umstände der gebotenen Einzelfallprüfung einzustellen. Wird infolge der genannten Gesetzeslage an der ursprünglichen Absicht, unmittelbar nach Ende des Altersteilarbeitsverhältnisses in Rente zu gehen, nicht mehr festgehalten, entfällt ein gegebenenfalls vorher für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses bestehender wichtiger Grund (so auch LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.06.2016 – L 1 AL 48/15 –).
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 07.04.2016 und die Bescheide der Beklagten vom 19.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.12.2015 insoweit abgeändert, als nur eine Sperrzeit von 6 Wochen ab 01.12.2015 festgestellt wird. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin auch Arbeitslosengeld ab 12.01.2016 bis 22.02.2016 zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte der außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld für die Zeit vom 01.12.2015 bis 22.02.2016, den die Beklagte aufgrund des Eintritts einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe abgelehnt hat, streitig.

Die 1953 geborene Klägerin war seit 1982 als Bürofachkraft bei der Stadt H. beschäftigt. Durch Änderungsvertrag vom 28.11.2006 wurde auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vom 23.07.1996 und des Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeitarbeit (TV ATZ) vom 05.05.1998 der Arbeitsvertrag vom 05.04.1982 zwischen der Stadt Heubach und der Klägerin ab 01.12.2009 in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis umgewandelt. Danach war die Arbeitszeit im Blockmodell zu leisten mit einer Arbeitsphase vom 01.12.2009 bis 30.11.2012 und einer Freizeitphase vom 01.12.2012 bis 30.11.2015. Das Ende des Arbeitsverhältnisses wurde unbeschadet des § 9 Abs. 2 TV ATZ für den 30.11.2015 vereinbart.

Ab 01.09.2011 war die Klägerin ehrenamtlich gegen eine Dienstaufwandsentschädigung als Kirchenpflegerin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von etwa 10 Stunden tätig.

Zum 01.07.2014 trat das Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungsgesetz) in Kraft, mit dem für vor 1953 geborene besonders langjährig Versicherte die Möglichkeit, frühestens ab Vollendung des 63. Lebensjahres abschlagsfrei Altersrente zu beziehen, geschaffen wurde. 1953 geborenen Versicherten wurde eine abschlagsfreie Altersrente ab einem Alter von 63 Jahren und 2 Monaten ermöglicht.

Am 18.08.2015 meldete sich die Klägerin persönlich arbeitssuchend und am 15.09.2015 mit Wirkung zum 01.12.2015 arbeitslos, wobei sie einen Rentenbeginn ab 01.03.2016 mitteilte. Sie legte die Rentenauskunft vom 10.11.2015 vor, worin unter anderem die Möglichkeiten der Inanspruchnahme einer Altersrente für langjährig Versicherte mit Rentenabschlag ab 01.01.2015, ohne Rentenabschlag ab 01.01.2018 und die Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab 01.03.2016 aufgeführt sind.

Mit Bescheid vom 19.11.2015 teilte die Beklagte der Klägerin – ohne vorherige Anhörung – den Eintritt einer Sperrzeit vom 01.12.2015 bis 22.02.2016, die den Anspruch auf Arbeitslosengeld um 180 Tage mindere, mit. Sie habe ihr Beschäftigungsverhältnis bei der Stadt H. durch eigene Kündigung selbst gelöst, wobei sie habe voraussehen müssen, dass sie dadurch arbeitslos würde. Einen wichtigen Grund für ihr Verhalten habe sie nicht mitgeteilt. Mit Bewilligungsbescheid vom 19.11.2015 bewilligte die Beklagte Arbeitslosengeld ab 23.02.2016 bis auf weiteres mit einem Leistungsbetrag von 21,36 EUR, für die Zeit vom 01.12.2015 bis 22.02.2016 setzte sie den Leistungsbetrag auf 0 EUR wegen des Eintritts einer Sperrzeit von 12 Wochen bei Arbeitsaufgabe fest.

Gegen den Bescheid legte die Klägerin unter dem 08.12.2015 unter Berufung auf ein Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 06.07.2015 – S 5 AL 3838/14 – Widerspruch ein. Sie habe beabsichtigt, im unmittelbaren Anschluss an den Altersteilzeitvertrag ab 01.12.2015 Altersrente unter Inkaufnahme eines Abschlages von 7,5 Prozent zu beantragen. Sie habe zum maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Altersteilzeitvertrages nicht wissen können, dass sich später mit der rentenrechtlichen Neufassung ab 01.07.2014 für sie die Möglichkeit eines abschlagsfreien Rentenbezuges ab 01.03.2016 ergeben würde. Wenn sie hiervon nach einer vorangegangenen Rentenberatung nun Gebrauch mache, könne ihr eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Herbeiführung der am 01.12.2015 eingetretenen Arbeitslosigkeit nicht angelastet werden.

Am 21.12.2015 beantragte die Klägerin bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg (DRV Ba.-Württ.) Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab 01.03.2016, die antragsgemäß i.H.v. 1470,17 EUR bewilligt wurde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.12.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Da die Klägerin durch die Vereinbarung mit ihrer Arbeitgeberin ihr unbefristetes Arbeitsverhältnis im Rahmen der Altersteilzeitvereinbarung in ein befristetes Arbeitsverhältnis umgewandelt habe, habe sie ihr Beschäftigungsverhältnis mit der Stadt H. gelöst. Mangels konkreter Aussicht auf eine unmittelbar anschließende Dauerbeschäftigung habe sie die Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Ein wichtiger Grund liege nicht vor. Melde sich der Arbeitslose nach Beendigung seiner Beschäftigung in Altersteilzeit arbeitslos, anstatt planmäßig Altersrente zu beziehen, liege nur ein wichtiger Grund für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses vor, nicht jedoch für das Herbeiführen der Arbeitslosigkeit. Das nachträgliche Abstandnehmen von der ursprünglich geplanten Rentenbeantragung durch Inanspruchnahme der zeitlich erst später möglichen finanziell attraktivsten Rentenoption führe in Abwägung der Interessen der Klägerin mit denen der Versichertengemeinschaft dazu, dass sie sich insgesamt nicht auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes berufen könne.

Mit Bescheid vom 23.02.2016 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 01.03.2016 wegen eines Anspruchs auf Altersrente auf.

Am 13.01.2016 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Ulm (SG). Zur Begründung berief sie sich im Wesentlichen auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren. Ergänzend trug sie vor, dass sie vor ihrer Arbeitslosmeldung noch versucht habe, bei ihrer früheren Arbeitgeberin vom 01.12.2015 bis 29.02.2016 weiter beschäftigt zu werden, was nicht möglich gewesen sei. Sie legte das Schreiben des Bürgermeisters der Stadt H. vom 11.11.2015 (Bl. 3 SG-Akten) vor.

Das SG wies die Klage mit Urteil vom 07.04.2016 ab. Ein wichtiger Grund für das versicherungswidrige Verhalten der Klägerin zum Zeitpunkt der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses sei nicht gegeben. Bei Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung habe objektiv nicht mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden können, dass die Klägerin – quasi bedingungslos – zum 01.12.2015 in die Altersrente wechsele. Insoweit liege lediglich eine subjektive Behauptung vor, nicht jedoch ein objektiver Nachweis.

Am 12.05.2016 hat die Klägerin gegen das ihr am 13.04.2016 zugestellte Urteil Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung nimmt sie auf ihre Ausführungen im Widerspruchs- und Klageverfahren Bezug.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 07.04.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Sperrzeitbescheides vom 19.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.12.2015 und Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 19.11.2015 zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 01.12.2015 bis 22.02.2016 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat die der Klägerin erteilte Rentenauskunft der DRV Ba.-Württ. vom 18.01.2007 beigezogen und die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 30.09.2016 angehört. Die Klägerin hat angegeben, sich im Zusammenhang mit dem Abschluss des Altersteilzeitvertrages bei der Rentenstelle in Aalen über die Möglichkeit und die Bedingungen des Bezugs einer Altersrente ab 01.12.2015 informiert zu haben und sich auch vom Personalratsvorsitzenden diesbezüglich habe beraten lassen. Einen Rentenabschlag von 7,5 Prozent habe sie in Kauf genommen. Zusätzlich zur Altersrente habe sie eine Betriebsrente der ZVK (Zusatzversorgung des Kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg) mit einem entsprechenden Rentenabschlag zu erwarten gehabt.

Wegen weiterer Einzelheiten sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie einen Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte über die Berufung der Klägerin entscheiden, obgleich die Klägerin mit Einlegung der Berufung (Schriftsatz vom 11.05.2016) sinngemäß das Ruhen des Verfahrens beantragt hat. Denn die Beklagte hat einem Ruhen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht zugestimmt, sondern ihre Zustimmung mit Schriftsatz vom 16.06.2016 ausdrücklich verweigert.

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig und teilweise begründet.

Der Sperrzeitbescheid der Beklagten vom 19.11.2015 und der Bewilligungsbescheid vom 19.11.2015 der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.12.2015 sind rechtswidrig, soweit die Beklagte über den 11.01.2016 hinaus eine Sperrzeit und eine Minderung der Anspruchsdauer um mehr als 42 Tage festgestellt und die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 12.01.2016 bis 22.02.2016 abgelehnt hat. Insoweit hat das SG die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und 4 SGG statthafte und zulässige Klage zu Unrecht abgewiesen.

Die Bescheide sind nicht bereits wegen des Fehlens der nach § 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erforderlichen Anhörung formell rechtswidrig, denn die Klägerin hat sich im Widerspruchsverfahren, mithin auf der Basis der in den angefochtenen Bescheiden mitgeteilten Sach- und Rechtslage ausführlich geäußert, weshalb mit der Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 29.11.2012 – B 14 AS 6/12 R, juris Rn. 21), die zunächst fehlende Anhörung durch Nachholung geheilt ist (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X). Nachdem sich die Beklagte im Widerspruchsbescheid mit dem Vorbringen der Klägerin auseinandergesetzt hat, ist der Vortrag der Klägerin auch in die Verwaltungsentscheidung eingeflossen.

In der Zeit vom 01.12.2015 bis 11.01.2016 ist eine Sperrzeit eingetreten, weshalb die Klägerin insoweit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat.

Die Klägerin erfüllt zwar in dieser Zeit alle in §§ 136 ff. SGB III geregelten Voraussetzungen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld. Sie hat sich am 15.09.2015 mit Wirkung zum 01.12.2015 arbeitslos gemeldet, hat nur eine weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassende Erwerbstätigkeit ausgeübt und hat die Anwartschaftszeit erfüllt. Sie konnte und durfte eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung ausüben, wozu sie auch bereit war, und war an jedem Werktag an ihrem Wohnsitz postalisch erreichbar. Sie hat auch kein anrechenbares Nebeneinkommen bezogen. Ihr Einkommen ab 01.12.2015 aus der bereits seit 01.09.2011 10 Stunden wöchentlich ausgeübten Erwerbstätigkeit ist nicht höher als das in den letzten zwölf Monaten zuvor durchschnittlich auf den Monat entfallende Einkommen, weshalb das Nebeneinkommen nach § 155 Abs. 2 SGB II anrechnungsfrei ist.

Der Anspruch der Klägerin ruht jedoch wegen des Eintritts einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe (§ 159 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Eine Sperrzeit von zwölf Wochen wegen Arbeitsaufgabe tritt nach § 159 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 SGB III ein, wenn die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Die Sperrzeit verkürzt sich nach § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 lit. b) SGB III auf 6 Wochen, wenn eine Sperrzeit von 12 Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.

Die Klägerin hat ihr Beschäftigungsverhältnis gelöst, indem sie durch Vereinbarung mit der früheren Arbeitgeberin ihr unbefristetes Arbeitsverhältnis im Rahmen einer Altersteilzeitvereinbarung in ein befristetes umgewandelt hat. Dadurch ist sie nach Ende der Freistellungsphase beschäftigungslos geworden (BSG, Urteil vom 21.07.2009 – B 7 AL 6/08 R). Mit Abschluss des Altersteilzeitvertrages am 28.11.2006 hat sie sich bewusst mit Wirkung zum 01.12.2015 von ihrem Beschäftigungsverhältnis gelöst und dabei Kenntnis davon gehabt, dass sie kein Anschlussarbeitsverhältnis hat und auch keine hinreichend konkrete Aussicht besteht, ein solches Anschlussarbeitsverhältnis aufnehmen zu können. Damit hat sie die für den Eintritt der Sperrzeit maßgebliche Beschäftigungslosigkeit (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 05.08.1999 – B 7 AL 14/99 R, Urteil vom 25.04.2001 – B 11 AL 65/01 R) zum 01.12.2015 bewusst in Kauf genommen. Ob die Klägerin vor Eintritt der Beschäftigungslosigkeit am 01.12.2015 bereits die von ihr erstmals im Widerspruchsverfahren angeführte Entscheidung des Sozialgerichts Karlsruhe vom 06.07.2015 gekannt hatte, worin ihren Angaben zufolge ein mit dem ihren vergleichbares Verhalten als nicht versicherungswidrig beurteilt worden sei, kann dahinstehen. Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit nach § 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB III beziehen sich auf den Zusammenhang zwischen Verhalten und Eintritt der Beschäftigungslosigkeit, die unverschuldet rechtsirrtümliche Annahme eines wichtigen Grunds für das erkennbar kausale Verhalten für die Beschäftigungslosigkeit berührt den in der Vorschrift genannten Verschuldensmaßstab nicht (andere Auffassung wohl Lüdtke in Banafsche u.a, Lehr- und Praxiskommentar SGB III, 2. Aufl., § 159 Rn. 15, wonach der Betroffene in der Lage sein müsse, zu erkennen was von ihm verlangt werde).

Die Klägerin kann sich nicht auf einen wichtigen Grund zur Lösung des Beschäftigungsverhältnisses berufen. Zwar hatte sie zum Zeitpunkt des Abschlusses des Altersteilzeitvertrages einen wichtigen Grund für die Lösung ihres Beschäftigungsverhältnisses, da sie zu diesem Zeitpunkt beabsichtigte, im unmittelbaren Anschluss an die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses in die Altersrente zu wechseln. Sie hat sich dennoch versicherungswidrig verhalten, da sie nicht dieser Absicht entsprechend Altersrente beantragt hat, ohne für die Änderung ihrer Absicht einen wichtigen Grund im Sinne des Sperrzeittatbestandes zu haben.

Für die Beurteilung des wichtigen Grundes ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Lösungstatbestandes abzustellen, vorliegend den Abschluss des Vertrages vom 28.11.2006, der auf die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zum 01.12.2015 abzielte, ohne dass es weiterer Willenserklärungen bedurft hätte. Es wäre mit der Zielsetzung der Sperrzeitregelung nicht vereinbar, würde bei der Prüfung, ob der Versicherte für sein Verhalten einen wichtigen Grund hatte, erst auf ein späteres Verhalten oder Veränderungen abzustellen sein (vgl. BSG, Urteil vom 17.11.2005 – B 11a/11 69/04 R, BSGE 95, 232). Über das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne von § 159 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist unter Berücksichtigung des Ziels der Sperrzeitregelung zu entscheiden (BSG SozR 4-4300 § 144 Nr. 9, Rn. 10). Die Versichertengemeinschaft soll sich gegen Risikofälle wehren, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat, oder an deren Behebung er unbegründet nicht mithilft. Eine Sperrzeit tritt deshalb nur ein, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden konnte. Dies ist nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Arbeitslosen zu beurteilen, sondern ein wichtiger Grund im Sinne des Sperrzeitrechts muss objektiv gegeben sein (vgl. BSG, Urteil vom 14.09.2010 – B 7 AL 33/09 R, SozR 4-4300 § 144 Nr. 21; Urteil vom 17.10.2007 – B 11a AL 51/06 R, BSGE 99, 154; Urteil vom 02.05.2012 – B 11 AL 6/11 R, SozR 4 4300 § 144 Nr. 23).

Im Hinblick auf Sinn und Zweck des Altersteilzeitgesetzes (AltTZG) ist grundsätzlich ein wichtiger Grund für die Arbeitsaufgabe gegeben, wenn ein Arbeitnehmer bei Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung beabsichtigt hatte, nahtlos von der Altersteilzeit in den Rentenbezug zu wechseln und davon auch prognostisch auszugehen war (BSG, Urteil vom 21.07.2009 – B 7 AL 6/08 R). Mit der Einführung der Altersteilzeit hat der Gesetzgeber nämlich das Ziel verfolgt, die Praxis der Frühverrentung durch eine neue sozialverträgliche Möglichkeit eines gleitenden Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand (Altersteilzeitarbeit) abzulösen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn nach der Altersteilzeit auch tatsächlich eine Rente beantragt werden soll. Denn das Ziel des Altersteilzeitgesetzes ist es, eine Nahtlosigkeit zwischen Altersteilzeitbeschäftigung und Rentenbeginn zu erreichen und einen Zwischenschritt über die Arbeitslosigkeit und den Leistungsbezug bei der Beklagten gerade zu vermeiden (BSG, Urteil vom 21.07.2009 a.a.O. unter Verweis auf BR Drucks. 208/96, S. 1, 22, 27; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.02.2014 - L 13 AL 283/12 -, juris, sozialgerichtsbarkeit.de).

Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin vor. Eine Möglichkeit zur Inanspruchnahme einer Altersrente ab 01.12.2015 war tatsächlich gegeben. Die Klägerin hat bereits ab 01.01.2015 die Voraussetzungen für die vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente für langjährig Versicherte erfüllt. Dies war auch bereits bei Abschluss des Altersteilzeitvertrages feststellbar. Insbesondere wurde mit der Rentenauskunft vom 13.01.2007 bestätigt, dass die Klägerin ab 01.01.2015 die Voraussetzungen für die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Rente erfüllt. Entgegen der Auffassung des SG kann es nicht darauf ankommen, dass die Klägerin eine abschlagsfreie Altersrente hätte zu erwarten haben müssen. Würde dies verlangt werden, würde die Möglichkeit des Vorliegens eines wichtigen Grundes bei Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung ad absurdum geführt, da eine abschlagsfreie Rente erst ab Erreichen der Regelaltersgrenze in Betracht käme, wenn nicht das Vorliegen der Schwerbehinderteneigenschaft eine frühere abschlagsfreie Rente ermöglichte. Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld scheidet ohnehin jedoch aus, wenn ein Arbeitnehmer das für die Regelaltersrente erforderliche Lebensjahr erreicht hat (§ 136 Abs. 2 SGB II), so dass die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses mit Wirkung zum Erreichen der Regelaltersgrenze schon per se nicht versicherungswidrig wäre. Damit würde Arbeitnehmern, die sich entsprechend der Gesetzesintention des AltTZG verhalten und vorzeitig Altersrente in Anspruch nehmen wollen, der Abschluss des Altersteilzeitvertrages im Regelfall entgegen dem Zweck des AltTZG vorgeworfen.

Der Senat kann auch feststellen, dass der Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung von der festen Absicht der Klägerin getragen war, ab 01.12.2015 Altersrente in Anspruch zu nehmen. Der Senat hat sich aufgrund der Angaben in der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass sie bei Abschluss des Altersteilzeitvertrages tatsächlich beabsichtigt hat, im unmittelbaren Anschluss an das Ende des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses nahtlos in die Altersrente zu wechseln. Die Feststellung einer inneren, subjektiven Tatsache, wie die konkrete Willensrichtung, von der die nach außen erkennbaren Handlungen einer Person getragen sind, kann grundsätzlich auch auf der Grundlage glaubhafter Angaben der handelnden Person zur vollen richterlichen Überzeugung getroffen werden (vgl. Urteil des Senats vom 29.01.2016 – L 8 AL 2766/13, juris). Die Klägerin hat dem Senat glaubhaft dargelegt, dass sie Ende des Jahres 2006 über Kollegen erfahren habe, dass sich insbesondere für den Geburtsjahrgang 1953 letztmals die Möglichkeit bietet, eine Altersteilzeitvereinbarung abzuschließen. Es seien Gespräche mit Kollegen geführt worden. Der Abschluss von Altersteilzeitvereinbarungen sei auch von ihrer Arbeitgeberin (der Gemeinde H.) unterstützt worden. Über die konkrete Planung habe sie insbesondere mit dem Personalratsvorsitzenden gesprochen, wobei auch darüber gesprochen worden sei, dass es bei einem Wechsel in die Altersrente nach Ende der Altersteilzeitarbeit zu einem Rentenabschlag von 7,5 Prozent komme. Darüber hinaus habe sie sich auch bei der Rentenstelle in A. über die Möglichkeiten des Rentenbezuges ab 01.12.2015 informiert, zumal die Arbeitgeberin die Vorlage einer Rentenauskunft gefordert habe (welche die Klägerin dann tatsächlich aber nicht vorgelegt habe). Sie habe gewusst, dass ihr nach dem Stand im November 2006 eine Altersrente von etwa 1000 EUR zustehe, welche sich durch die noch zurückzulegenden Zeiten noch erhöhe. Sie habe mit einem Abschlag von etwa 100 EUR gerechnet. Darüber hinaus habe sie eine ZVK-Rente von etwa 240 EUR, ebenfalls vermindert um einen Abschlag von 7,5 Prozent, zu erwarten gehabt. Diese Abschläge habe sie in Kauf genommen. Die Klägerin hat damit glaubhaft dargelegt, dass sie sich im Zusammenhang mit dem Abschluss des Altersteilzeitvertrages umfassend über die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Altersrente im unmittelbaren Anschluss an das Altersteilzeitarbeitsverhältnis und die damit verbundenen Bedingungen informiert hat und sie gewillt gewesen ist, unter Inkaufnahme der sich ergebenden finanziellen Auswirkungen unmittelbar in die Altersrente zu wechseln. Dabei hat die Klägerin auch für sie nachteilige Informationen nicht weggelassen, sondern beispielsweise angegeben, sich nicht mehr genau zu erinnern, ob sie bereits vor Abschluss des Altersteilzeitvertrages persönlich bei der Rentenstelle gewesen ist oder sie sich zuvor nur telefonisch informiert hat und erst nach Vertragsschluss persönlich dort gewesen ist. Die Klägerin war nach dem persönlichen Eindruck des Senats auch glaubwürdig. Der Senat ist daher davon überzeugt, dass zur Zeit des Abschlusses des Altersteilzeitvertrages prognostisch davon auszugehen war, dass die Klägerin nahtlos nach Ende des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses in die Altersrente wechselt und damit aus dem Erwerbsleben ausscheidet.

Trotz des Vorliegens eines wichtigen Grundes zum Zeitpunkt des Abschlusses der Altersteilzeitvereinbarung hat sich die Klägerin ohne wichtigen Grund versicherungswidrig verhalten, indem sie nicht entsprechend der früheren Absicht ab 01.12.2015 Altersrente in Anspruch genommen, sondern sich arbeitslos gemeldet hat.

Vorliegend geht der Senat davon aus, dass das Tatbestandsmerkmal der Kausalität des Verhaltens für die Arbeitslosigkeit (Karmanski in Brand, SGB III, 7. Aufl., § 159 Rn. 39; Lüdtke in Banafsche u.a, Lehr- und Praxiskommentar SGB III, 2. Aufl., § 159 Rn. 5) für die Sperrzeit nach § 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB III gegeben ist, wonach in der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses als versicherungswidriges Verhalten die Ursache einer vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführten Arbeitslosigkeit (Beschäftigungslosigkeit) liegt. Das "Lösen" des Beschäftigungsverhältnisses ist nach dem Wortsinn und nach der Gesetzesintention, die ein versicherungswidriges Verhalten in Satz 2 der Vorschrift mit den Nr. 1-7 umschreibt, ein aktives Tun bzw. aktives Mitwirken (Lüdtke a.a.O. Rn. 7, Karmanski a.a.O., Rn. 9, 13). Danach ist der Abschluss des Teilzeitvertrages mit Befristung des Arbeitsverhältnisses der "Lösungsakt" im Sinne der Sperrzeitregelung. Durch den Abschluss des Altersteilzeitvertrages war das Arbeitsverhältnis bereits befristet worden und endete ohne weiteres Zutun der Vertragsparteien am 30.11.2015. Für den Lösungsakt bestand aber ein wichtiger Grund, wie dargelegt. Der Eintritt der Beschäftigungslosigkeit beruht dagegen auf erst nach Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses eingetretenen Umständen, nämlich auf dem späteren Wechsel in der Absicht zum Rentenbeginn. Das aktive Tun der Klägerin war zuletzt nicht auf die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gerichtet, sondern auf das Unterlassen des Rentenantrags, der einen nahtlosen Rentenbezug ermöglicht hätte, und auf die Beantragung einer Rente mit späterem Rentenbeginn. Diese aber allein dem Willen der Klägerin unterliegenden Umstände haben für den Eintritt der Arbeitslosigkeit zwar den letzten Ursachenfaktor gesetzt, jedoch war der Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung unverzichtbarer Mitwirkungsfaktor für den Eintritt der Arbeitslosigkeit. Dies reicht nach Auffassung des Senats auch unter dem Gesichtspunkt, dass eine die Rechte des Versicherten beschränkende Norm grundsätzlich keiner analogen Anwendung zugänglich ist, für die Bejahung der Kausalität des Verhaltens für den Eintritt der Arbeitslosigkeit aus.

Ist sonach die Annahme eines wichtigen Grundes im Zeitpunkt der Lösung eines Beschäftigungsverhältnisses allein durch eine von dem Arbeitnehmer erklärte Absicht eines zukünftigen Verhaltens gerechtfertigt, hält der Arbeitnehmer aber später an seiner Absicht nicht mehr fest, ohne dass sich die die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses rechtfertigenden Umstände geändert hätten, entfällt der wichtige Grund. Das Abstandnehmen der Klägerin von der ursprünglich beabsichtigten Beantragung einer Altersrente ab 01.12.2015 beruhte allein darauf, dass sich mit Inkrafttreten des RV-Leistungsverbesserungsgesetz für die Klägerin die Möglichkeit eröffnet hat, ab Erreichen eines Lebensalters von 63 Jahren und 2 Monaten eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte ohne Abschläge (vgl. § 236b SGB VI) in Anspruch zu nehmen. Dass sich die Klägerin nachvollziehbar für die finanziell günstigere Beantragung der erst ab 01.03.2016 möglichen Altersrente für besonders langjährig Versicherte entschieden hat, ist dennoch nicht geeignet, einen wichtigen Grund für das Abweichen von ihrer früheren Absicht zu begründen und damit insgesamt den für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses wichtigen Grund aufrechtzuerhalten (so auch LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.06.2016 - L 1 AL 48/15 -, juris). Denn die Änderung der Absicht steht gerade nicht im Zusammenhang mit den den wichtigen Grund ursprünglich rechtfertigenden Umständen. Vielmehr war der Klägerin weiterhin eine vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente für langjährig Versicherte (§ 236 SGB VI) mit einem Abschlag von 7,5 Prozent zum 01.12.2015 tatsächlich möglich. Durch die Beantragung von Arbeitslosengeld ab 01.12.2015 trotz der Inanspruchnahme der bereits aus Mitteln der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung geförderten Altersteilzeitarbeit hat die Klägerin aus rein persönlichen finanziellen Gründen erneut die Versichertengemeinschaft belastet. Da sie damit dem Ziel des Altersteilzeitgesetzes, durch die Förderung von Altersteilzeitarbeitsverhältnissen die Versichertengemeinschaft um die bereits vor Erreichen der Altersgrenze für die Regelaltersrente aus dem Erwerbsleben ausgeschiedenen Arbeitnehmer zu entlasten, zuwidergehandelt hat, ist ihr rein finanzielles Interesse nicht geeignet, die Interessen der Versichertengemeinschaft zu überwiegen.

Selbst wenn eine Änderung der den wichtigen Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses rechtfertigenden Absicht, nahtlos in die Altersrente zu wechseln, grundsätzlich durch die sich mit dem RV-Leistungsverbesserungsgesetz bietende günstigere Rentenoption gerechtfertigt werden könnte, kann der Senat vorliegend das Fortbestehen eines wichtigen Grundes nicht feststellen. Denn insofern wäre zu verlangen gewesen, dass die Klägerin, sobald sie ein Abweichen von ihrer früheren Absicht ernsthaft ins Auge gefasst hat, alle zumutbaren Anstrengungen unternimmt, um den Eintritt des Versicherungsfalles zu vermeiden (in diesem Sinne bereits BSG, Urteil vom 20.04.1977 – 7 RAr 112/75, juris, Rn. 16). Die Klägerin hat zwar – nach ihren Angaben auf Anraten der Gewerkschaft – am 11.11.2015 per E Mail bei ihrer früheren Arbeitgeberin um eine Verlängerung ihres Arbeitsverhältnisses um 3 Monate nachgesucht. Nach ihren eigenen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie jedoch bereits viel früher, nämlich im Jahr 2014, von der sich ab 01.03.2016 bietenden Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Altersrente für besonders langjährig Versicherte erfahren. Obgleich sie deswegen Ende des Jahres 2014 eine Rentenberatung in Anspruch genommen hat, womit die Klägerin spätestens zu diesem Zeitpunkt von ihren ursprünglichen Rentenplänen Abstand genommen hat, hat sie nach ihren Angaben, da das Arbeitsverhältnis noch bis November 2015 bestand, nichts weiter unternommen. Daran ändert auch ihre in der mündlichen Verhandlung bekundete Auffassung nichts, im Hinblick auf ihr Alter und dem vermeintlich eingeschränkten Angebot auf Kurzzeitbeschäftigungen seien etwaige Bemühungen ohnehin nicht erfolgversprechend gewesen. Damit ist nicht feststellbar, dass die Klägerin sofort bei Änderung ihrer Absichten Bemühungen unternommen hätte, den Eintritt der Arbeitslosigkeit ab 01.12.2015 zu verhindern.

Damit kann sich die Klägerin zur Zeit des Eintrittes der Arbeitslosigkeit nicht mehr auf einen wichtigen Grund für ihr versicherungswidriges Verhalten berufen, so dass wegen des Lösens des Beschäftigungsverhältnisses eine Sperrzeit gemäß § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III (wegen Arbeitsaufgabe) eingetreten ist.

Der Beginn der Sperrzeit ist von der Beklagten zutreffend bestimmt worden. Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet (§ 159 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Dieses Ereignis ist der Eintritt der Beschäftigungslosigkeit (BSGE 89, 243, 249 = SozR 3 4300 § 144 Nr. 8 S. 18). Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin bereits vor dem Ende der Freistellungsphase, insbesondere bereits ab deren Beginn, uneingeschränkt selbst über ihre Arbeitskraft verfügen durfte. Der Vertrag über Teilzeitarbeit zwischen der Klägerin und ihrer Arbeitgeberin wurde auf Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vom 23.07.1996 (AltTZG) und des TV ATZ vom 05.05.1998 geschlossen. Nach § 6 TV ATZ darf der Arbeitnehmer während des Altersteilzeitverhältnisses keine Beschäftigungen oder selbstständigen Tätigkeiten ausüben, die die Geringfügigkeitsgrenze des § 8 SGB IV überschreiten, es sei denn, diese Beschäftigungen oder selbständigen Tätigkeiten sind bereits innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ständig ausgeübt wurden. Durch Bezugnahme auf den TV ATZ in dem geschlossenen Altersteilzeitvertrag wie auch aus den Regelungen in § 3 und § 4 des Altersteilzeitvertrages ergibt sich die Geltung der Vorschrift des § 6 TV ATZ für das Altersteilzeitarbeitsverhältnis der Klägerin. Nach § 3 des Altersteilzeitvertrages erhält die Klägerin neben dem Arbeitsentgelt Aufstockungsleistungen nach Maßgabe des § 5 TV ATZ für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Diese Leistungen werden wiederum der Arbeitgeberin durch die Bundesagentur für Arbeit gemäß § 4 AltTZG erstattet. Nach § 5 Abs. 3 Satz 1 AltTZG ruht der Anspruch auf Leistungen (Aufstockungsbetrag zum Arbeitsentgelt, Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung), die die Beklagte dem Arbeitgeber erstattet (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AltTZG), wenn der Arbeitnehmer Beschäftigungen oder selbständige Tätigkeiten ausübt, die die Geringfügigkeitsgrenze des § 8 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) überschreiten. Der Anspruch des Arbeitgebers auf diese Leistungen erlischt sogar, wenn er mindestens 150 Kalendertage geruht hat (§ 5 Abs. 3 Satz 2 AltTZG). Entsprechend dieser Vorschrift ist in § 8 TV ATZ das Ruhen des Anspruchs des Arbeitnehmers auf die Aufstockungsleistungen während der Zeit, in der er eine unzulässige Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit im Sinne des § 6 ausübt, und das Erlöschen des Anspruchs bei Ruhen für mindestens 150 Tage vorgesehen. Dass in § 4 des Altersteilzeitvertrages unter anderem die Erstattungspflicht von zu Unrecht an die Arbeitgeberin erbrachten Leistungen der Bundesagentur für Arbeit durch die Klägerin bei Verletzung der Pflicht zur unverzüglichen Mitteilung von Änderungen der sie betreffenden Verhältnisse (wie z.B. die Aufnahme einer mehr als geringfügigen Erwerbstätigkeit) vorgesehen ist, erklärt sich nur dadurch, dass die Klägerin und ihre Arbeitgeberin bei Abschluss des Altersteilzeitvertrages auch von der Geltung der § 6 und 8 TV ATZ ausgegangen sind. Stünden ihr auch während der Ausübung einer Beschäftigung im Sinne von § 6 TV ATZ Aufstockungsleistungen zu, würde sich eine Verpflichtung der Klägerin zur Erstattung von an die Arbeitgeberin wegen der Ausübung einer mehr als geringfügigen Erwerbstätigkeit zu Unrecht erbrachten Leistungen nicht rechtfertigen. War der Klägerin danach eine mehr als geringfügige Tätigkeit während der Altersteilzeitarbeit untersagt, verblieb der Arbeitgeberin mithin ein "Restdirektionsrecht" während der Freistellungsphase, auf das sie nicht verzichtet hat. Auch die Klägerin hatte sich noch nicht von ihrer Arbeitgeberin insgesamt gelöst (vgl. dazu BSG, Urteil vom 18.04.1991 – 7 RAr 106/90, BSGE 68, 236, 240, SozR 3-4100 § 104 Nr. 6, juris, Rn. 24). Sie hat während der Altersteilzeit keine mehr als geringfügige Beschäftigung aufgenommen, sich somit vertragsgemäß verhalten. Zudem hat sie noch vor dem Ende des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses bei ihrer Arbeitgeberin um Weiterbeschäftigung bis 29.02.2016 nachgesucht.

Dass bei der Altersteilzeit im Blockmodell nicht die rein tatsächliche Beschäftigungslosigkeit – wie ansonsten in Sperrzeitfällen – maßgebend ist, ergibt sich aus Sinn und Zweck des Altersteilzeitrechts. Die Arbeitsvertragsparteien treffen Absprachen, die vorsehen, dass der Arbeitnehmer in einem bestimmten Zeitraum keine Arbeitsleistung erbringt (Freistellungsphase); er erhält jedoch das Arbeitsentgelt, das durch eine tatsächliche Arbeit vor oder nach der Freistellungsphase verdient wird (Arbeitsphase). Beschäftigungslosigkeit kann nach dem Ziel derartiger Arbeitszeitkontenmodelle (siehe auch § 7 Abs. 1a SGB IV) nicht eintreten. Es wäre widersprüchlich, die nach dem AltTZG bestehende Möglichkeit der Arbeitszeitgestaltung wie eine Beschäftigung abzusichern, sie sperrzeitrechtlich aber bereits als Beschäftigungslosigkeit zu behandeln. Zeiten fehlender tatsächlicher Beschäftigung bei Altersteilzeit mit Blockfreistellungen führen somit sperrzeitrechtlich nicht zur Beschäftigungslosigkeit (vgl. dazu BSG, Urteil vom 21.07.2009, m.w.N.). Insoweit ist unter Abweichung vom üblichen leistungsrechtlichen Begriff der Beschäftigungslosigkeit eine funktionsdifferente Auslegung erforderlich. Anders als ansonsten im Leistungsrecht des SGB III – etwa bei der Gleichwohlgewährung von Arbeitslosengeld bei rechtlichem Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses trotz Freistellung von der Arbeit, aber fehlender Entgeltzahlung – ist ausschlaggebend nicht die vom SGB III gerade gewollte Absicherung des Arbeitnehmers, sondern die Risikoverteilung zwischen dem Arbeitslosen und der Solidargemeinschaft. Die Mitwirkung des Arbeitnehmers an der Herbeiführung des Versicherungsfalls realisiert sich in Fällen der Altersteilzeit im Blockmodell, solange beide Vertragsparteien an der vertraglichen Regelung festhalten, erst mit dem Ende der Altersteilzeit, also vorliegend der Freistellungsphase (BSG a.a.O., m.w.N.).

Zu Unrecht hat die Beklagte jedoch eine Sperrzeit von 12 Wochen festgestellt. Die Dauer der Sperrzeit beträgt gemäß § 159 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 SGB III zwölf Wochen, sie verkürzt sich nach § 159 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 lit. b) SGB III jedoch auf sechs Wochen, wenn eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde. Dies ist vorliegend der Fall. Maßgebende Tatsachen sind solche, die mit dem Eintritt der Sperrzeit in einem ursächlichen Zusammenhang stehen (BSG, Urteil vom 26.03.1998 – B 11 AL 49/97 R). Hierzu können auch Umstände persönlicher und wirtschaftlicher Art gehören, die zwar von ihrem Gewicht her nicht den Eintritt einer Sperrzeit hindern, jedoch aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls eine Sperrzeit von einer Regeldauer als besonders hart erscheinen lassen (BSG, Urteil vom 23.06.1982 – 7 RAr 89/81). Der Eintritt der Sperrzeit beruht darauf, dass die Klägerin von ihrer im Zeitpunkt der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses einen wichtigen Grund rechtfertigenden Absicht, ab 01.12.2015 Altersrente in Anspruch zu nehmen, Abstand genommen hat. Die Änderung dieser Absicht ist jedoch allein in der vom Gesetzgeber neu eingeführten abschlagsfreien Rente für besonders langjährig Versicherte begründet. Für die Klägerin hat sich hiermit die Möglichkeit ergeben, bereits 3 Monate nach dem bisher geplanten Rentenbeginn eine abschlagsfreie Rente beziehen, anstatt lebenslang einen Abschlag i.H.v. 7,5 Prozent hinnehmen zu müssen. Die Entscheidung für die Verschiebung des Rentenbeginns um 3 Monate entspricht dem von einem wirtschaftlich denkenden Versicherten zu erwartenden Verhalten. Der Gesetzgeber hat weder die Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld im Anschluss an ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis ausgeschlossen, noch eine Übergangslösung für Personen, die eine Altersteilzeitvereinbarung geschlossen haben, um Rente für langjährig Versicherte vorzeitig in Anspruch zu nehmen, kurze Zeit später jedoch bereits die Voraussetzungen für die neu geschaffene Rente für besonders langjährig Versicherte erfüllen, geschaffen. Insbesondere hat der Gesetzgeber die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Rente ausgeschlossen. Angesichts der Höhe des die Klägerin bei einem Rentenbezug ab 01.12.2015 treffenden Rentenabschlags im Verhältnis zu der sich bereits 3 Monate später bietenden abschlagsfreien Rente würde zur Überzeugung des Senats der Eintritt einer 12-wöchigen Sperrzeit eine besondere Härte bedeuten. Da die Klägerin 3 Monate nach dem ursprünglich geplanten Rentenbeginn tatsächlich aus dem Erwerbsleben durch Inanspruchnahme einer Altersrente endgültig ausgeschieden ist, erscheint auch insbesondere in Anbetracht der gesetzlich ausdrücklich angeordneten Verkürzung der Sperrzeit auf 6 Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem sperrzeitbegründenden Ereignis ohne eine Sperrzeit geendet hätte (§ 159 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 lit. b) SGB III), der Eintritt einer 12-wöchigen Sperrzeit im Fall der Klägerin als unverhältnismäßig.

Die Minderung der Anspruchsdauer um 42 Tage folgt aus § 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III. Der Tag des Ereignisses, das die Sperrzeit begründet, ist dabei nicht der Tag des Abschlusses des Altersteilzeitvertrages, sondern der Tag des Eintrittes der Beschäftigungslosigkeit (vgl. auch BSG, Urteil vom 21.07.2009, a.a.O., m.w.N.). Ein Fall des § 148 Abs. 2 Satz 2 SGB III, der das Entfallen der Anspruchsminderung vorsieht, wenn das sperrzeitbegründende Ereignis bei Erfüllung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld länger als ein Jahr zurückliegt, ist demnach nicht gegeben.

Da eine Sperrzeit somit nur vom 01.12.2015 bis 11.01.2016 eingetreten ist und die Klägerin die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld ab 12.01.2016 erfüllt, insbesondere nicht in einem wenigstens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigungsverhältnis stand, war die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 12.01.2016 bis 22.02.2016 zu zahlen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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