L 7 AS 973/16 B ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 40 AS 3282/16 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 973/16 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. EU-Ausländern steht ein dem Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II entgegenstehendes anderes Aufenthaltsrecht als das zum Zweck der Arbeitssuche zu, wenn die Kinder eines (ehemals) einer Erwerbstätigkeit nachgehenden Elternteils in der Bundesrepublik Deutschland dauerhaft zur Schule gehen.
2. Eine kurzzeitige Abwesenheit der Kinder außerhalb Deutschlands aus familiären Gründen bewirkt nicht das Erlöschen des eigenständigen Aufenthaltsrechts der Kinder aus Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011 und des daraus abgeleiteten Aufenthaltsrechts der Eltern, wenn die Kinder ihre schulische Ausbildung alsbald fortsetzen.
3. Zur Dauer des Bewilligungszeitraumes im Rahmen einer einstweiligen Anordnung nach § 41 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II n.F.
1. Der Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 14. September 2016 wird aufgehoben. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 21. Oktober 2016 bis zur bestandskräftigen Abweisung des Widerspruchs gegen den Ablehnungsbescheid vom 24. August 2016, längstens bis 31. Januar 2017, in Höhe von monatlich 998,00 EUR zu bewilligen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

2. Der Antragsgegner hat den Antragstellern 7/10 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab 02.09.2016.

Die am 1967 und 1966 geborenen Antragsteller zu 1 und 2 stammen aus Kroatien und sind wie ihre am 2000 (Antragstellerin zu 3), am 2005 (Antragstellerin zu 4) und am 2006 (Antragstellerin zu 5) geborenen Töchter niederländische Staatsangehörige. Der Antragsteller zu 1 ist am 2016 zum Betreuer für seine Ehefrau, die Antragstellerin zu 2, bestellt worden. Am 25.04.2014 reisten sie nach Deutschland ein und bewohnten ein vom Antragsteller zu 1 erworbenes Wohnhaus in der straße in Z ... Die Antragstellerinnen zu 4 und 5 besuchten in Z ... die X ...-Grundschule, die Antragstellerin zu 3 besuchte die Oberschule -Schule in Y ...

Die Antragsteller bezogen mit der weiteren, 1997 geborenen Tochter A ... in der Zeit vom 07.10.2014 bis zum 30.06.2015 Leistungen nach dem SGB II. Der Antragsteller zu 1 war seit der Einreise nach Deutschland mehrfach kurzfristig in Beschäftigungsverhältnissen angestellt. Zuletzt war er als Reinigungskraft bei der Firma W ... Dienstleistungsservice GmbH Y ... vom 04.11.2015 bis zum 06.02.2016 tätig. Auf für Folgezeiträume gestellte Weiterbewilligungsanträge wurden der Bedarfsgemeinschaft wegen des Erlasses von Versagungsbescheiden keine Leistungen nach dem SGB II bewilligt.

Am 23.08.2016 stellten die Antragsteller einen neuerlichen Antrag auf Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II. Sie bewohnen mittlerweile kostenfrei ein Haus in der A-Straße in A ..., welches einem Sohn der Antragsteller zu 1 und 2 (A ...) gehört. Der Umzug nach A ... wurde durch eine gewalttätige Auseinandersetzung am Himmelfahrtstag des Jahres 2016 (05.05.2016) vor dem Haus der Familie in Z ... ausgelöst und erforderlich, weil sich die Antragsteller nach diesen Ereignissen nicht mehr sicher in Z ... und dem dortigen Wohnhaus des Antragstellers zu 1 aufhalten können. Sowohl die Kriminalpolizeiinspektion V ... als auch der Bürgermeister der Stadt Z ... haben in diesem Zusammenhang bestätigt, dass die Familie der Antragsteller nach den Vorfällen aus Sicherheitsgründen nicht nach Z ... zurückkehren sollte. Es kam zu Demonstrationen gegen die Familie mit Rufen "Ausländer raus". Unmittelbar nach diesem Ereignis am Wohnhaus verließen die Antragsteller den Ort. Aufgrund der Traumatisierung und weiterhin bestehender Gefahren für Leib und Leben der Antragsteller besuchten die Antragstellerinnen zu 3 bis 5 bis zum Beginn der Ferien nicht mehr die Schule und waren entsprechend freigestellt. Während der Freistellung von der Schulpflicht lebten die Antragstellerinnen zu 3 bis 5 bei Verwandten in Kroatien, während die Antragsteller zu 1 und 2 durchgängig in Deutschland waren und nach einer Lösung für die Familie suchten.

Mit Bescheid vom 24.08.2016 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 06.08.2016 bis zum 31.07.2017 unter Anwendung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ab, weil ein Aufenthaltsrecht des Antragstellers zu 1 in der Bundesrepublik Deutschland allein zum Zweck der Arbeitssuche bestehe und die Bedarfsgemeinschaft daher von Leistungen ausgeschlossen sei. Gegen den Bescheid legten die Antragsteller durch ihren Prozessbevollmächtigten am 30.08.2016 Widerspruch ein.

Mit Schreiben vom 02.09.2016 hat der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller beim Sozialgericht Chemnitz (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, wonach der Antragsgegner verpflichtet werden sollte, den Antragstellern ab dem 02.09.2016 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren und unverzüglich auszuzahlen. Hilfsweise beantragten die Antragsteller die Verpflichtung des vorsorglich beizuladenden örtlich zuständigen Trägers der Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) zur vorläufigen Zahlung von Leistungen nach dem SGB XII ab dem 02.09.2016. Ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II greife nicht ein, da den Antragstellern ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (VO (EU) Nr. 492/2011) zustehe. Hilfsweise für den Fall, dass den Antragstellern kein solches Aufenthaltsrecht zustehen sollte, ergebe sich die Leistungspflicht des Antragsgegners aus § 43 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) als erstangegangener Träger. Die Antragsteller verfügten über keine finanziellen Reserven, sodass auch ein Anordnungsgrund gegeben sei.

Das SG hat mit Beschluss vom 14.09.2016 den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zurückgewiesen. Zwar neige das Gericht der Auffassung zu, dass den Antragstellern ein Aufenthaltsrecht nach Art. 10 der VO (EU) Nr. 492/2011 zustehe, weshalb kein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II gegeben sei. Damit seien sie dem Grunde nach allein nach dem SGB II leistungsberechtigt und deshalb nach § 21 Satz 1 SGB XII von Leistungen nach dem SGB XII ausgeschlossen. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz sei aber deshalb nicht erfolgreich, weil nicht glaubhaft gemacht worden sei, dass sich die Antragstellerinnen zu 3 bis 5 in Deutschland aufhielten. Aus den vorgelegten Schulbescheinigungen aus August 2016 ergebe sich, dass die Antragstellerinnen zu 4 und 5 momentan vom Schulbesuch entschuldigt seien. Es sei aufgrund der Aussagen des Jugendamtes und des Antragstellers zu 1 davon auszugehen, dass sich die Kinder derzeit in Kroatien aufhalten. Damit sei unklar, ob sie die in Deutschland begonnene Schulausbildung tatsächlich fortsetzen. Auf ein Aufenthaltsrecht nach Art. 10 der VO (EU) Nr. 492/2011 könnten sie sich dann nicht berufen.

Gegen den dem Prozessbevollmächtigten der Antragsteller am 16.09.2016 zugegangenen Beschluss haben diese mit Schreiben vom 20.09.2016 Beschwerde zum Sächsischen Landessozialgericht eingelegt. Darin teilt der Prozessbevollmächtigte mit, dass die Antragstellerinnen zu 3 bis 5 seit dem 10.09.2016 wieder in Deutschland bei den Antragstellern zu 1 und 2 in dem Haus in A ... leben würden. Am 19.09.2016 hätte sich die Bedarfsgemeinschaft rückwirkend zum 05.05.2016 an diese Adresse umgemeldet. Seit dem 20.09.2016 besuchten die Antragstellerinnen zu 4 und 5 nunmehr die Grundschule A ... in den Klassen 3c und 4b. Die Antragstellerin zu 3 besuche seit 21.09.2016 die Oberschule A ... in der Klasse DaZ. Entsprechende Schulbestätigungen vom 20.09.2016 wurden vorgelegt.

Die Antragsteller könnten sich trotz des vorübergehenden, tatsächlichen, entschuldigten Nichtbesuchs der Schule auf das Freizügigkeitsrecht gem. Art. 10 der VO (EU) Nr. 492/2011 berufen. Die Kinder unterliegen grundsätzlich der Schulpflicht. Sie seien lediglich nach § 4 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über den Besuch öffentlicher Schulen im Freistaat Sachsen (Schulbesuchsordnung - SBO) vom 12. August 1994 beurlaubt worden. Auch deutsche Kinder würden bei einer vergleichbaren Bedrohungslage vorübergehend beurlaubt. Bei einer solchen unverschuldeten, zeitlich begrenzten Beurlaubung aus wichtigen Gründen bestehe das Recht aus Art. 10 der VO (EU) Nr. 492/2011 fort. Hilfsweise ergebe sich ein Aufenthaltsrecht jedenfalls aus dem Zweck der Arbeitssuche gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1a des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern – Freizügigkeitsgesetz/EU vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950, 1986), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 22. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2557) geändert worden ist (FreizügG/EU). Dann wäre nach § 43 SGB I der Träger der Leistungen nach dem SGB XII leistungspflichtig.

Der Antragsgegner verweist auf einen Beschluss des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 11.08.2016 – L 3 AS 376/16 B ER, wonach das aus Art. 10 der VO (EU) Nr. 492/2011 abgeleitete Aufenthaltsrecht des Kindes kein weiteres Aufenthaltsrecht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II sei und daher dem Leistungsausschluss nicht entgegenstehe. Es handele sich um ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht als Familienangehöriger, das nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ebenfalls zum Leistungsausschluss führe.

Die Antragsteller beantragen, unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Chemnitz vom 14.09.2016 den Antragsgegner zu verpflichten, den Antragstellern vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren und unverzüglich auszuzahlen, hilfsweise, den örtlich zuständigen Träger der Leistungen nach dem SGB XII zu verpflichten, den Antragstellern vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB XII in gesetzlicher Höhe zu gewähren und unverzüglich auszuzahlen.

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Einzelrichterin lagen die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakten des Antragsgegners (Band I bis V) vor.

II.

Der Senat kann gemäß § 155 Abs. 3 und Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch die Berichterstatterin als Einzelrichter entscheiden, weil die Beteiligten hiermit ihr Einverständnis erklärt haben.

Die zulässige Beschwerde der Antragsteller ist teilweise begründet. Daher ist der Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz aufzuheben. Der Antragsgegner ist im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragstellern vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 21.10.2016 bis zur bestandskräftigen Abweisung des Widerspruchs gegen den Ablehnungsbescheid vom 24.08.2016, längstens bis 31.01.2017, in Höhe von monatlich 998,00 EUR zu bewilligen.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Nach § 172 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 SGG ist die gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte grundsätzlich zulässige Beschwerde nur dann ausgeschlossen, wenn in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Hauptsache der Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 1 SGG bedürfte. Danach bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Die Antragsteller begehren die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für jedenfalls fünf Monate ab dem 02.09.2016 (entsprechend dem ab Antragstellung am 23.08.2016 auf sechs Monate verkürzten Bewilligungszeitraum gemäß § 41 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes ab 01.08.2016) hinsichtlich des Regelbedarfs. Bereits der Regelbedarf der Bedarfsgemeinschaft für nur einen Monat in Höhe von 1.574,00 EUR (jeweils 364,00 EUR für die Antragsteller zu 1 und 2, 306,00 EUR für die Antragstellerin zu 3 und jeweils 270,00 EUR für die Antragstellerinnen zu 4 und 5) überschreitet den Wert des Beschwerdegegenstandes in Höhe von 750,00 EUR. Die Berufung bedürfte daher keiner Zulassung nach § 144 Abs. 1 SGG, weshalb die Beschwerde nach § 172 Abs. 1, 3 SGG statthaft ist.

2. Die Beschwerde der Antragsteller ist auch begründet. Die Antragsteller haben einen Anspruch auf vorläufige Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab dem 21.10.2016. Der Antragsgegner ist insoweit verpflichtet, den Antragstellern den Regelbedarf abzüglich des Einkommens der Bedarfsgemeinschaft für den Zeitraum vom 21.10.2016 bis längstens zum 31.01.2017 vorläufig zu zahlen.

Nach § 86b Abs. 2 S. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 S. 2 SGG). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt grundsätzlich voraus, dass der Antragsteller das Bestehen eines zu sichernden Rechts (den so genannten Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (den so genannten Anordnungsgrund) glaubhaft macht, § 86 b Abs. 2 S. 4 SGG, § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO).

a) Die Antragsteller zu 1 und 2 sind nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II leistungsberechtigt. Sie haben das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II), sie sind erwerbsfähig im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB II (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II), sie haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II) und sie sind auch hilfebedürftig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II), weil sie über kein zu berücksichtigendes Einkommen oder Vermögen verfügen. Die minderjährigen Antragstellerinnen zu 3 bis 5 haben nach § 19 Abs. 1 SGB II einen Anspruch auf Sozialgeld.

b) Die Antragsteller sind nicht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Danach sind (von Leistungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II) ausgeschlossen: 1. Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Abs. 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts, 2. Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, und ihre Familienangehörigen, 3. Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.

Nach der Rechtsprechung des BSG sind – über den Wortlaut der genannten Regelung hinaus – auch diejenigen Unionsbürger "erst-recht" von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgenommen, die über keine materielle Freizügigkeitsberechtigung oder ein anderes materielles Aufenthaltsrecht verfügen. Die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ist insoweit planwidrig lückenhaft, als sie nicht ausdrücklich den Ausschluss auch derjenigen normiert, die über keine materielle Freizügigkeitsberechtigung oder ein anderes materielles Aufenthaltsrecht verfügen, weil sie einen Leistungsausschluss schon für solche Ausländer anordnet, die sich auf eine solche materielle Freizügigkeitsberechtigung im Sinne des Freizügigkeitsgesetzes/EU berufen können (vgl. ausführlich Urteil des BSG vom 03.12.2015 – B 4 AS 44/15, Rn. 19 ff.; BSG, Urteil vom 16.12.2015 – B 14 AS 15/14 R, Rn. 20; BSG, Urteil vom 20.01.2016 – B 14 AS 35/15 R, Rn. 24; BSG, Urteil vom 17.03.2016 – B 4 AS 32/15 R, Rn. 15).

Weiter ist als geklärt anzusehen, dass der nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II normierte, ausnahmslose Ausschluss der Arbeitsuchenden von SGB II-Leistungen auch bereits im Bundesgebiet beschäftigt gewesene Unionsbürgerinnen und Unionsbürger erfasst, die weniger als ein Jahr gearbeitet haben. Haben diese nach Ablauf der Aufrechterhaltung ihrer Erwerbstätigeneigenschaft für den Zeitraum von sechs Monaten erneut ein Aufenthaltsrecht nur (noch) zur Arbeitsuche, steht der nachfolgende ausnahmslose Ausschluss von SGB II-Leistungen unabhängig von der Dauer des rein tatsächlichen gewöhnlichen Aufenthalts der (wieder) Arbeitsuchenden im Bundesgebiet sowie deren familiärer Umstände nach dieser Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) im Einklang mit den europarechtlichen Vorgaben des Art 4 der VO (EG) Nr. 883/2004 und Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG (vgl. BSG, Urteil vom 17.03.2016 – B 4 AS 32/15 R, Rn. 16).

Die Antragsteller leben als sog. EU-Ausländer bereits seit April 2014 in Deutschland, weshalb § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II nicht einschlägig ist. Sie sind auch nicht leistungsberechtigt nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes, § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II. Sie sind aber auch nicht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von Leistungen ausgeschlossen, denn ihr Aufenthaltsrecht ergibt sich nicht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche. Ihnen steht vielmehr ein anderes Aufenthaltsrecht zur Seite, das den Leistungsausschluss von vornherein entfallen lässt. Dieses Aufenthaltsrecht ist nicht nachträglich durch Veränderung der persönlichen Lebensbedingungen verloren gegangen.

Die Antragstellerin zu 2 ist nicht erwerbstätig. Der Antragsteller zu 1 hält sich nach Kündigung seines letzten Arbeitsverhältnisses zum 06.02.2016 zum Zweck der Arbeitssuche in Deutschland auf. Ob der Antragsteller die bei T ... bestehende, unbefristete, geringfügige Beschäftigung (drei Stunden/Woche) weiterhin ausübt, kann dabei offen bleiben, denn der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II greift nicht ein, weil den Antragstellern ein anderes Aufenthaltsrecht als nur das zur Arbeitssuche zusteht.

Aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ergibt sich, dass der Leistungsausschluss von vornherein nicht eingreift, wenn sich ein Ausländer auf ein anderes Aufenthaltsrecht als das zum Zweck der Arbeitsuche berufen kann. Aus dem Aufbau der Norm ist abzuleiten, dass positiv festgestellt werden muss, dass ein Ausländer sich allein zur Arbeitsuche in der Bundesrepublik Deutschland aufhält, denn nur dann kann auch der Leistungsausschluss festgestellt werden (vgl. BSG, Urteil vom 25.01.2012 – B 14 AS 138/11 R, Rn. 21). Vorliegend haben die Antragsteller zu 3 bis 5 ein eigenständiges Aufenthaltsrecht nach Art. 10 der VO (EU) Nr. 492/2011 und die Antragsteller zu 1 und 2 ein davon abgeleitetes Aufenthaltsrecht als Eltern.

Nach Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011 können Kinder eines Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats beschäftigt ist oder beschäftigt gewesen ist, wenn sie im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats wohnen, unter den gleichen Bedingungen wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats am allgemeinen Unterricht sowie an der Lehrlings- und Berufsausbildung teilnehmen. Dieses - historisch an die Arbeitnehmerfreizügigkeit und die Schaffung bestmöglicher Bedingungen für die Integration der Familie des Wanderarbeitnehmers im Aufnahmemitgliedstaat anknüpfende - Ausbildungsrecht des Kindes setzt voraus, dass dieses Kind "in Ausbildung" mit seinen Eltern oder einem Elternteil in einem Mitgliedstaat in der Zeit lebte, in der dort zumindest ein Elternteil als Arbeitnehmer wohnte. Der Erwerb des Ausbildungsrechts ist an den Status als Kind eines Arbeitnehmers gebunden (vgl. BSG, Urteil vom 03.12.2015 – B 4 AS 43/15 R, Rn. 29, 30 m.w.N.). Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH impliziert das Ausbildungsrecht aus Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011 gleichzeitig ein eigenständiges Aufenthaltsrecht der sich weiterhin in Ausbildung befindlichen Kinder, das grundsätzlich bis zum Abschluss der Ausbildung und insbesondere besteht, solange sie tatsächlich im Aufnahmemitgliedstaat in das Schulsystem eingegliedert sind. Soweit und solange die regelmäßig minderjährigen Kinder eines Arbeitnehmers oder ehemaligen Arbeitnehmers für die Wahrnehmung ihrer Ausbildungsrechte aus Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011 weiterhin der Anwesenheit und der Fürsorge des Elternteils bedürfen, um ihre Ausbildung fortsetzen und abschließen zu können, besteht darüber hinaus in gleicher Weise für den Elternteil, der die elterliche Sorge für die Kinder tatsächlich wahrnimmt, ein abgeleitetes Recht auf Aufenthalt aus Art. 10 VO (EG) Nr. 492/2011. Dies hat der EuGH damit begründet, dass die Versagung der Möglichkeit für die Eltern, während der Ausbildung ihrer Kinder im Aufnahmemitgliedstaat zu bleiben, geeignet sein könnte, den Kindern ein - ihnen vom Unionsgesetzgeber zuerkanntes - Recht zu nehmen. Ohne Belang ist, ob die Eltern der betreffenden Kinder inzwischen geschieden sind oder der die elterliche Sorge tatsächlich wahrnehmende Elternteil nicht mehr Wanderarbeitnehmer im Aufnahmemitgliedstaat ist. Die einmal erworbenen Ausbildungs- und Aufenthaltsrechte der Kinder bzw. der (sorgeberechtigten bzw. die tatsächliche Sorge ausübenden) Elternteile bestehen nach der Rechtsprechung des EuGH unabhängig von den in der RL 2004/38/EG festgelegten Voraussetzungen ausreichender Existenzmittel sowie eines umfassenden Krankenversicherungsschutzes (§ 4 FreizügG/EU) fort und sind autonom gegenüber den unionsrechtlichen Bestimmungen anzuwenden, die die Voraussetzungen für die Ausübung des Rechts auf Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat regeln (BSG, Urteil vom 03.12.2015 – B 4 AS 43/15 R, Rn. 31, 32).

Der Antragsteller zu 1 ist mit seiner Familie im April 2014 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und hatte danach Arbeitsgelegenheiten jeweils als Angestellter vom 19.06.2014 bis 10.07.2014 (Zeitarbeitsfirma O ...), vom 07.10.2014 bis 24.10.2014 (P ... Zeitarbeit), vom 17.02.2015 bis 24.02.2015 (N ...), vom 25.02.2015 bis 15.03.2015 (W ... Dienstleistungsservice), vom 16.03.2015 bis 30.09.2015 (N ... KG) und vom 04.11.2015 bis 06.02.2016 (W ... Dienstleistungsservice). Dabei handelte es sich um Beschäftigungen im Sinne von Art. 10 der VO (EG) Nr. 492/2011, während derer die Kinder des Antragstellers zu 1, nämlich die Antragstellerinnen zu 3 bis 5 am allgemeinen Unterricht in der Schule teilnahmen. Aufgrund dieser Beschäftigungen erzielte er auch nicht als "völlig untergeordnet und unwesentlich" anzusehende Einkünfte. Die Antragstellerinnen zu 4 und 5 besuchten die X ...-Grundschule in Z ... und die Antragstellerin zu 3 die -Schule in Y ... Durch diesen Schulbesuch der Kinder, welcher mangels anderweitiger Anhaltspunkte regelmäßig gewesen sein dürfte, und das damit verbundene Ausbildungsrecht der Antragstellerinnen zu 3 bis 5 erlangten diese das eigenständige (autonome) Aufenthaltsrecht nach Art. 10 der VO (EG) Nr. 492/2011. Dieses bestand auch während der Zeiten fort, in denen der Antragsteller zu 1 keiner Erwerbstätigkeit nachging, also auch nach dem 06.02.2016. Nach der Rechtsprechung des EuGH besteht dieses eigenständige Aufenthaltsrecht – unabhängig vom Status der Eltern – bis zum Abschluss der Ausbildung und insbesondere solange fort, wie die Kinder tatsächlich im Aufnahmemitgliedstaat in das Schulsystem eingegliedert sind.

Den Antragstellerinnen zu 3 bis 5 steht das aus Art. 10 der VO (EG) Nr. 492/2011 folgende Aufenthaltsrecht auch noch im streitgegenständlichen Zeitraum, zumindest aber ab 21.10.2016 zu. Zwar hielten sich die Antragstellerinnen zu 3 bis 5 nach den eigenen Angaben der Antragsteller im Zeitraum von Mitte Mai 2016 bis zum 10.09.2016 bei Verwandten in Kroatien und damit nicht im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland auf. Jedoch waren sie – was zumindest nach der Rückkehr nach Deutschland am 10.09.2016 beurteilt werden kann – weiterhin in das hiesige Schulsystem eingegliedert. Aus den Schulbescheinigungen der Antragstellerinnen zu 4 und 5 vom 26.08.2016 lässt sich entnehmen, dass die Kinder "aufgrund der familiären Situation momentan vom Schulbesuch entschuldigt sind". Auch die Antragstellerin zu 3 hatte am 26.08.2016 die Schule (Schuljahresbeginn am 08.08.2016) noch nicht wieder besucht. Aus den im Beschwerdeverfahren vor dem Sächsischen LSG vorgelegten Schulbescheinigungen ergibt sich weiterhin, dass die Antragstellerinnen zu 4 und 5 seit 20.09.2016 und die Antragstellerin zu 3 seit 21.09.2016 nunmehr die Schulen am jetzigen Wohnort (A-Stadt) tatsächlich besuchen. Sie sind daher weiterhin zu Ausbildungszwecken in das Schulsystem eingegliedert und eingeschrieben. Sie nehmen nun auch wieder am Unterricht teil. Anhaltspunkte dafür, dass sie derzeit ihrer Schulpflicht nicht nachkommen, hat die Einzelrichterin nicht. Die viermonatige Unterbrechung (wobei davon sechs Wochen Schulferien waren) hat dabei nicht zu einem Erlöschen des Aufenthaltsrechtes nach Art. 10 der VO (EG) Nr. 492/2011 geführt, denn die Antragstellerinnen waren gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 1 der Sächsischen Schulbesuchsordnung (SächsSBO) in einem besonderen Ausnahmefall – wegen wichtiger persönlicher oder familiärer Gründe – lediglich vom Schulbesuch beurlaubt. Ein viermonatiger Auslandsaufenthalt nach einer gewalttätigen Auseinandersetzung, die die Kinder miterlebt haben, kann jedenfalls nicht ohne weiteres zu der Annahme führen, die Kinder würden gar nicht wieder nach Deutschland zurückkehren und hier ihre Ausbildung fortsetzen und beenden. Im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der Beschwerdeinstanz wäre eine solche Annahme jedenfalls durch das jetzige Fortsetzen der schulischen Ausbildung widerlegt. Das entstandene eigenständige Aufenthaltsrecht aus Art. 10 der VO (EG) Nr. 492/2011 besteht mithin fort.

Dementsprechend können sich die Antragsteller zu 1 und 2 auch auf das aus Art. 10 der VO (EG) Nr. 492/2011 abgeleitete Aufenthaltsrecht wegen der Anwesenheit und der Fürsorge als die sorgeberechtigten und –ausübenden Eltern berufen. Ein aus Art. 10 VO 492/11/EU abgeleitetes Aufenthaltsrecht eines sorgeberechtigten Elternteils endet mithin erst, wenn das aus Art. 10 der VO 492/11/EU aufenthaltsberechtigte Kind seine Ausbildung beendet, volljährig wird, soweit es nicht weiterhin der Anwesenheit und der Fürsorge dieses Elternteils bedarf, oder der Verlust seines Aufenthaltsrechts nach den Vorschriften des FreizügG/EU festgestellt wird. Für die Verlustfeststellung von Aufenthaltsrechten von Unionsbürgern sind ausschließlich die Ausländerbehörden zuständig (Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.01.2016 – L 19 AS 29/16 B ER, Rn. 33).

Damit besteht aber bei den Antragstellern ein anderes Aufenthaltsrecht als das zum Zweck der Arbeitsuche im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II, weshalb der Leistungsausschluss nicht eingreift und folglich der Antragsgegner (und nicht der örtlich zuständige Träger der Leistungen nach dem SGB XII) zur Leistung nach dem SGB II verpflichtet ist. Daher bedurfte es auch keiner Beiladung des Trägers der Leistungen nach dem SGB XII.

Die der Rechtsprechung des BSG (Beschluss vom 03.12.2015 – B 4 AS 43/15 R) entgegenstehende, vom Antragsgegner zitierte Entscheidung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11.08.2016 – L 3 AS 376/16 B ER, kann nicht überzeugen. Dort geht das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz davon aus, dass das aus Art. 10 der VO (EG) Nr. 492/2011 folgende Aufenthaltsrecht der Kinder ein abgeleitetes aus Familienangehörigkeit sei. Ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht könne aber kein anderes Aufenthaltsrecht als das zur Arbeitssuche nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II sein. Dieser restriktiven Auffassung steht indes die VO (EU) Nr. 492/2011 sowie die Rechtsprechung des EuGH entgegen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 03.12.2015 – B 4 AS 43/15 R, Rn. 30). Auch weitere Landessozialgerichte (u.a. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01.07.2016 – L 26 AS 1421/16 B ER; Landessozialgericht Hamburg, Beschluss vom 27.05.2016 – L 4 AS 160/16 B ER; Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29.04.2016 – L 4 AS 182/16 B ER) sehen in Art. 10 der VO (EU) Nr. 492/2011 ein autonomes Aufenthaltsrecht, weshalb der Entscheidung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz nicht zu folgen ist.

c) Bei der Berechnung des Leistungsanspruchs der Bedarfsgemeinschaft sind die Regelbedarfe der in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Antragsteller zu 1 und 2 in Höhe von derzeit jeweils 364,00 EUR monatlich, die Regelbedarfe der Sozialgeld erhaltenden Antragstellerin zu 3 in Höhe von 306,00 EUR monatlich und der Antragstellerinnen zu 4 und 5 in Höhe von jeweils 270,00 EUR monatlich zu berücksichtigen. Damit ergibt sich ein Bedarf der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 1.574,00 EUR monatlich. Kosten der Unterkunft und Heizung sind für die Bedarfsgemeinschaft nicht zu berücksichtigen, da sie nach den eigenen Angaben kostenfrei im Haus A-Straße in A ... leben.

Vom Bedarf sind die monatlich zufließenden Kindergeldbeträge in Höhe von jeweils 190,00 EUR für die Antragstellerinnen zu 3 und 4 sowie in Höhe von 196,00 EUR für die Antragstellerin zu 5, in der Summe 576,00 EUR abzuziehen. Nicht als Einkommen berücksichtigt werden kann der dem Antragsteller zu 1 als Pflegegeld zufließende Betrag in Höhe von 318,00 EUR, § 11 SGB II, § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung – Alg II-V) in der ab 01.08.2016 geltenden Fassung. Weiteres Einkommen der Bedarfsgemeinschaft ist nicht bekannt.

Es ergibt sich ein Leistungsanspruch der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 998,00 EUR monatlich.

d) Hinsichtlich des "Wie" der einstweiligen Anordnung und damit auch deren zeitlichen Begrenzung ist dem entscheidenden Gericht ein Ermessen eingeräumt, § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 938 Abs. 1 ZPO. Die Verpflichtung durch einstweilige Anordnung darf aber nicht über die mögliche Verurteilung in einem Hauptsacheverfahren hinausgehen. Die Einzelrichterin hat sich insoweit davon leiten lassen, dass nach § 41 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II in der ab 01.08.2016 geltenden Fassung der Bewilligungszeitraum insbesondere in den Fällen regelmäßig auf sechs Monate verkürzt werden soll, wenn über den Leistungsanspruch vorläufig entschieden wird. Zwar handelt es sich hier nicht um eine vorläufige Entscheidung nach § 41a SGB II n.F., jedoch ist in den Fällen des einstweiligen Rechtsschutzes mit seinen aus der Sache heraus ergehenden vorläufigen Entscheidungen von der regelmäßigen Verkürzung des Bewilligungszeitraumes ebenso auszugehen, wie in den Fällen, in denen die Höhe des Leistungsanspruches noch nicht feststeht. Die Antragsteller haben am 23.08.2016 Leistungen nach dem SGB II beantragt, weshalb der sechsmonatige Bewilligungszeitraum am 31.01.2017 enden würde, § 37 Abs. 2 Satz 2, § 41 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II. Da die Antragsteller gegen den Ablehnungsbescheid vom 24.08.2016 Widerspruch eingelegt haben, dieser bislang aber nicht beschieden wurde, ist die für die Antragstellerin bestehende gegenwärtige Notlage bis zur bestandskräftigen Entscheidung über den Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid, längstens bis zum 31.01.2017 zu beseitigen.

2. Auch ein Anordnungsgrund ist ab dem Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts gegeben. Die Antragsteller haben ihre finanzielle Notlage durch Vorlage von Kontoauszügen nachgewiesen.

Die Antragsteller haben aber nur einen ab 21.10.2016 bestehenden Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, weshalb der Antrag im Übrigen abzulehnen war. Ein Anordnungsgrund besteht, wenn der Betroffene bei Abwarten bis zur Entscheidung der Hauptsache Gefahr laufen würde, seine Rechte nicht mehr realisieren zu können oder gegenwärtige schwere, unzumutbare, irreparable rechtliche oder wirtschaftliche Nachteile erlitte. Die individuelle Interessenlage des Betroffenen, unter Umständen auch unter Berücksichtigung der Interessen des Antragsgegners, der Allgemeinheit oder unmittelbar betroffener Dritter muss es unzumutbar erscheinen lassen, den bzw. die Betroffenen zur Durchsetzung seines Anspruchs auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen (SächsLSG, Beschluss vom 08.11.2012 – L 7 AS 705/12 B ER).

In einem auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichteten Verfahren beurteilt sich das Vorliegen eines Anordnungsgrundes grundsätzlich nach dem Zeitpunkt, in dem das Gericht über den Antrag entscheidet. Im Beschwerdeverfahren ist dies grundsätzlich der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (SächsLSG, Beschluss vom 23.09.2014 – L 7 AS 986/14 B ER; SächsLSG, Beschluss vom 08.11.2012 – L 7 AS 705/12 B ER). Soweit Leistungen für einen zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufenen Zeitraum beansprucht werden, ist ein Anordnungsgrund regelmäßig gegeben (SächsLSG, Beschluss vom 08.11.2012 – L 7 AS 705/12 B ER).

Den Antragstellern steht ein Anordnungsgrund damit erst ab 21.10.2016 zu. Für einen früheren Zeitpunkt ist ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht worden. Sofern Leistungen für einen zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung in der Vergangenheit liegenden Zeitraum geltend gemacht werden (hier: 02.09.2016 bis 20.10.2016), ist ein Anordnungsgrund nur dann zu bejahen, wenn noch ein gegenwärtiger schwerer unzumutbarer Nachteil besteht, der glaubhaft gemacht wird (SächsLSG, Beschluss vom 08.11.2012 – L 7 AS 705/12 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.04.2006 – L 10 B 136/06 AS-ER). Grundsätzlich besteht ein Anordnungsgrund nicht für Leistungszeiträume vor Stellung des Antrags auf einstweilige Anordnung beim SG (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 04.05.2007 – L 13 AS 32/06 ER).

Einen fortbestehenden schweren unzumutbaren Nachteil aus der Nichtgewährung der Leistungen für den zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Vergangenheit liegenden Zeitraum haben die Antragsteller vorliegend nicht glaubhaft gemacht. Ein solcher ist gegeben, wenn ein besonderer Nachholbedarf besteht, d.h. wenn die Nichtgewährung der begehrten Leistungen in der Vergangenheit auch in Zukunft fortwirkt und weiterhin eine gegenwärtige, die einstweilige Anordnung rechtfertigende Notlage begründet (Phillip, NVWZ 1984,

S.489; Knorr, DÖV 1981, Seite 79; Sächsisches OVG (SächsOVG), Beschluss vom 19.08.1993 – 2 S 183/93, SächsVBl. 1994, Seiten 114, 115; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.05.1980 – 8 B 1376/79, DÖV 1981, Seite 302). Dies kann gegeben sein, wenn die Antragsteller zur Bestreitung ihres notwendigen Lebensunterhalts Verbindlichkeiten eingegangen sind, deren Tilgung unmittelbar bevorsteht (SächsLSG, Beschluss vom 21.01.2008 – L 2 B 621/07 AS-ER; SächsOVG, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; Phillip, a.a.O.; Knorr, a.a.O.). Es ist ferner denkbar, dass vorangegangene Einsparungen nachwirken (OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; SächsOVG, a.a.O.). Die Antragsteller haben schon nicht behauptet Schulden zu haben. Ein Nachholbedarf ist damit nicht ersichtlich.

3. Einer Entscheidung über den hilfsweise gestellten Antrag gegenüber dem örtlich zuständigen Träger für Leistungen nach dem SGB XII bedarf es nicht, da der Hauptantrag Erfolg hat. Deshalb bedurfte es auch keiner Beiladung des Leistungsträgers nach dem SGB XII, § 75 Abs. 2 SGG.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

5. Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).

Lang Richterin am Sozialgericht
Rechtskraft
Aus
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