S 146 SO 1487/16 ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
146
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 146 SO 1487/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Einnahmen aus strafbaren Handlungen sind nicht als Einkommen im Sinne vom § 82 SGB 12 anzusehen.
I. Die aufschiebende Wirkung der Widersprüche der Antragstellerin vom 3. August 2016 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 18. Juli 2016 und denjenigen vom 20. Juli 2016 wird angeordnet.

II. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe:

I. Die Antragstellerin wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die sofortige Vollziehung zweier Bescheide, mit denen der Antragsgegner die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung teilweise aufhob und die Erstattung überzahlter Leistungen verfügte, wobei er die sofortige Vollziehung dieser Bescheide anordnete.

Die im Jahr 1938 geborene Antragstellerin stammt aus der ehemaligen Sowjetunion und kam als jüdischer Kontingentflüchtling in das Bundesgebiet.

Jedenfalls ab dem 1. April 2011 bezog sie von dem Antragsgegner Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Gleichzeitig bezog sie Leistungen der Hilfe zur Pflege. Mit der ambulanten Pflege der Antragstellerin war der Pflegedienst "M. H. und S. GmbH" beauftragt.

Gegen die Geschäftsführer dieses Pflegedienstes führt die Staatsanwaltschaft (StA) Berlin das Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Betruges. Nach dem Schlussbericht des Polizeipräsidenten in Berlin vom 30. Oktober 2015 (LKA ) geht dieser davon aus, dass eine Vielzahl von Patienten des Pflegedienste Leistungen bestätigt haben, die dieser gar nicht oder in erheblich geringerem Umfang erbracht haben soll. Dafür sollen die Patienten von dem Pflegedienst sog. "Kickback- Zahlungen" erhalten haben, deren Höhe vom Aufwand für den Pflegedienst und der entsprechenden Pflegestufe der Patienten abhängig gewesen sein soll. Aus Sicht des Polizeipräsidenten in Berlin soll der Betrug für die - aus Gründen der Materialfülle ausschließlich überprüften - Monate November 2013 und August 2014 als erwiesen anzusehen sein. Eine ehemalige Mitarbeiterin des Pflegedienstes soll ferner in einer Strafanzeige unter anderem ausgeführt haben: "Es werden Geldzahlungen an Klienten dafür geleistet, dass sie Pflege durch ihre Unterschrift bestätigen, die nicht stattgefunden hat" (siehe LSG Berlin-Brandenburg vom 5. Februar 2016 (L 23 SO 347/15 B ER, juris, Rn.3).

Unter dem 2. November 2015 verfasste ein Angehöriger der vorgenannten Polizeidienststelle, KHK E. unter der Vorgangsnummer einen Schlussbericht, in dem er ausführte, die bei der im Rahmen des vorgenannten Ermittlungsverfahrens durchgeführten Durchsuchung aufgefundenen Unterlagen ließen den Schluss zu, dass die Antragstellerin im November 2013 nur an vier Tagen gepflegt worden sei und am 26. November 2013 eine Klickrückzahlung in Höhe von 330,00 EUR erhalten habe, während der Pflegedienst gegenüber dem Sozialhilfeträger Hat für die in diesem Monat angeblich erbrachten Leistungen 1.094,26 EUR abgerechnet habe. Die Auswertung für den Monat August 2014 habe ergeben, dass die Antragstellerin an fünf Tagen gepflegt worden sei. Am 20. August 2014 habe sie eine Kickback-Zahlung in Höhe von 330,00 EUR erhalten. Die Auswertung eines Kassenbuchs habe ergeben, dass die Antragstellerin im Zeitraum vom 5. Dezember April 2011 bis zum 11. März 2015 insgesamt 15.995,00 EUR an Kickback-Zahlungen von den Pflegedienst erhalten haben.

Der Antragsgegner hörte die Antragstellerin zu der beabsichtigten Aufhebung von Leistungen an.

Mit Bescheid vom 18. Juli 2016 hob der Antragsgegner die mit Bescheid vom 16. Februar 2011 bewilligten Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. April 2011 bis zum 30. September 2011 teilweise der Höhe nach, nämlich in Höhe von 330,00 EUR pro Monat, auf und verfügte die Erstattung eines Betrages in Höhe von 1.980,00 EUR. Zur Begründung führte er an, dass die Antragstellerin in dem Zeitraum monatlich eine Zahlung in Höhe von 330,00 EUR von den Pflegedienst erhalten habe. Das ergebe sich aus den polizeilichen Ermittlungen. Bei diesen Zahlungen handele sich um Einkommen im Sinne von § 82 SGB XII. Als Einkommen im Sinne dieser Vorschrift seien auch Mittel anzusehen, die durch eine Straftat erlangt worden sind. Der Antragsgegner ordnete die sofortige Vollziehung dieses Bescheides an. Zur Begründung führte er aus, dass das öffentliche Interesse das private Interesse an der aufschiebenden Wirkung eines eventuellen Rechtsbehelfs überwiege. Das Land Berlin könne die Außenstände bis zu einer Bestandskraft des angefochtenen Bescheides nicht hinnehmen. Die finanziellen Vorteile seien auch durch deliktisches Handeln erlangt.

Mit Bescheid vom 20. Juli 2016 hob der Antragsgegner eine Vielzahl von Bescheiden über die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für den Zeitraum vom 1. Oktober 2011 bis zum 31. März 2015 teilweise der Höhe nach, nämlich von 330,00 EUR pro Monat, auf und verlangte die Erstattung von 13.860,00 EUR. Zur Begründung führte er aus, dass die Antragstellerin auch in diesem Zeitraum monatliche Zahlungen in Höhe von 330,00 EUR von den Pflegedienst erhalten habe. Auch die sofortige Vollziehung dieses Bescheides wurde angeordnet.

Mit zwei anwaltlichen örtlichen Schreiben jeweils vom 3. August 2016 erhob die Antragstellerin gegen die vorgenannten Bescheide Widerspruch. Zur Begründung führte sie aus, dass die von dem Pflegedienst keinerlei Zahlung erhalten habe. Die Pflegenachweise habe sie im Vertrauen auf deren Richtigkeit und die Redlichkeit des Pflegedienstes unterschrieben.

Am 4. Oktober 2016 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht die Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz beantragt. Zur Begründung trägt sie vor, dass sie von dem Pflegedienst keine Zahlungen in Höhe von 330,00 EUR pro Monat erhalten habe. Die entsprechende Annahme des Antragsgegners sei unzutreffend. Allein die pauschale Bezugnahme auf Kassenbücher sei nicht ausreichend. Ob der Pflegedienst von ihm nicht erbrachte Leistung gegenüber dem Sozialhilfeträger abgerechnet hat, sei der Antragstellerin nicht bekannt.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 3. August 2016 gegen die Rücknahme- und Erstattungsbescheide des Antragsgegners vom 18. Juli 2016 und 20. Juli 2016 wiederherzustellen

und der Antragstellerin Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er bezieht sich auf die angefochtenen Bescheide sowie den Beschluss des Sozialgerichts Berlin in dem Verfahren S 195 SO 1333/16 ER.

II. Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihre Widersprüche vom 3. August 2016 gegen die Bescheide des Antragsgegners vom 18. Juli 2016 und 20. Juli 2016 anzuordnen, hat Erfolg.

Der Antrag ist als Antrag nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und auch begründet. Nach dieser Vorschrift können die Gerichte auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.

Die Widersprüche der Antragstellerin vom 3. August 2016 gegen die Bescheide des Antragsgegners vom 18. Juli 2016 und 20. Juli 2016 haben gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG keine aufschiebende Wirkung, weil der Antragsgegner jeweils deren sofortige Vollziehung angeordnet hat.

Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG ist begründet, wenn 1.) die Anordnung der sofortigen Vollziehung formell rechtswidrig ist oder 2.) das private Interesse des Anfechtenden, den Vollzug des angefochtenen Bescheides bis zur Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen (privates Aussetzungsinteresse), gegenüber dem öffentlichen Interesse an dessen Sofortvollzug (öffentliches Vollzugsinteresse) überwiegt. Keine dieser Voraussetzungen ist hier erfüllt.

Zunächst begegnen die Anordnungen der sofortigen Vollziehung durch den Antragsgegner in den Bescheiden vom 18. Juli 2016 und 20. Juli 2016 keinen formellen Bedenken. Der Antragsgegner, vertreten durch das Bezirksamt Mitte von Berlin, ist als den Verwaltungsakt erlassende Behörde gem. § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG zuständig für die Anordnung des Sofortvollzugs. Der Antragsgegner hat ferner auf den Seiten 3 f. des Bescheides vom 18. Juli 2016 und 4 f. des Bescheides vom 20. Juli 2016 das besondere Interesse an dem Sofortvollzug auch im Sinne des § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG ausführlich schriftlich begründet.

Allerdings überwiegt bei einer Abwägung der widerstreitenden Interessen das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin das Interesse des Antragsgegners an einer sofortigen Vollziehung der Bescheide. Die nötige Abwägung zwischen dem privaten Aussetzungsinteresse und dem öffentlichen Vollzugsinteresse hat sich an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu orientieren, weil am Vollzug eines rechtswidrigen Bescheides in der Regel kein öffentliches Interesse bestehen kann. Bei einem rechtmäßigen Bescheid kann die sofortige Vollziehbarkeit dagegen im öffentlichen Interesse geboten sein. Anders als in den Fällen, in denen das Gesetz die sofortige Vollziehung anordnet (86a Abs. 2 Nr. 1-4 SGG), ist aber im Falle der Anordnung durch die Behörde (§ 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG) ein überwiegendes öffentliches Interesse konkret festzustellen, da das Gesetz im Grundsatz von einer aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ausgeht (§ 86a Abs. 1 S. 1 SGG). Es sind alle Umstände des Einzelfalls, die für und gegen die sofortige Vollziehbarkeit sprechen, gegeneinander abzuwägen, insbesondere das besondere Vollzugsinteresse im Einzelfall, der Umfang der drohenden Rechtsbeeinträchtigung und die Folgen, die der Sofortvollzug eines rechtswidrigen Bescheides einerseits und das Aussetzen des Sofortvollzugs eines rechtmäßigen Bescheides andererseits mit sich bringen würde. Je geringer die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind, umso gewichtiger müssen die sonstigen, gegen den Sofortvollzug sprechenden Umstände sein (vgl. etwa Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 86b, Rn. 12d ff.).

Die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 18. Juli 2016 und 20. Juli 2016 sind nach summarischer Prüfung nicht rechtmäßig.

Ob die Aufhebungsentscheidungen auf § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) – Bescheid vom 18. Juli 2016 oder auf § 45 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 und S. 3 Nr. 2 SGB X – Bescheid vom 20. Juli 2016 - gestützt werden können, bedarf keiner abschließenden Entscheidung.

Bei summarischer Prüfung ist weder der Bewilligungsbescheid vom 16. Februar 2011 nachträglich rechtswidrig geworden noch waren die in der Anlage zu dem Bescheid vom 20. Juli 2016 aufgeführten Bewilligungsbescheide, die den Zeitraum vom 1. Oktober 2011 bis zum 31. März 2015 umfassen, anfänglich rechtswidrig. Mit diesen Bescheiden bewilligte der Antragsgegner der Antragstellerin für die Zeit 1. April 2011 bis zum 31. März 2015 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Diese Leistung erhalten ältere und dauerhaft voll erwerbsgeminderte Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus Einkommen und Vermögen nach § 43 bestreiten können (§ 41 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII)). In dem fraglichen Zeitraum war die Antragstellerin, was zwischen den Beteiligten zutreffend unstreitig ist, auch hilfebedürftig.

Entgegen der Ansicht des Antragsgegners war in dem vorgenannten Zeitraum auf den Bedarf der Antragstellerin allerdings kein Einkommen in Höhe von 330,00 EUR pro Monat anzurechnen.

Hinsichtlich der Anrechnung von Einkommen verweist § 43 Abs. 1 SGB XII auf §§ 82-84 SGB XII.

Sofern die Antragstellerin in dem betreffenden Zeitraum tatsächlich monatlich sog. Kick-Back-Zahlungen des Pflegedienstes M. H. und S. GmbH in Höhe von 330,00 Euro erhalten hat, sind diese nicht nach § 82 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 1 der Durchführungsverordnung zu § 82 SGB XII als Einkommen auf die Grundsicherungsleistungen anzurechnen gewesen.

Nach § 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB XII, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und der Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben oder sowie an Körper oder Gesundheit bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Gemäß § 1 der Durchführungsverordnung gehören zum Einkommen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert ohne Rücksicht auf ihre Herkunft und Rechtsnatur sowie ohne Rücksicht darauf, ob sie zu den Einkunftsarten im Sinne des Einkommensteuergesetzes gehören oder und ob sie der Steuerpflicht unterliegen.

Auf den ersten Blick sind damit auch die sog. Kick-Back-Zahlungen als Einkommen anzusehen. Nach den zitierten Vorschriften scheint es nur darauf anzukommen dass die Einnahmen rein tatsächlich geeignet sind, den Lebensunterhalt jedenfalls teilweise zu sichern. Käme es nur darauf an, so wären die Kick-Back-Zahlungen als Einkommen anzusehen. Aus den genannten Vorschriften, insbesondere aus dem Tatbestandsmerkmal "ohne Rücksicht auf ihre Herkunft und Rechtsnatur" schließt der Antragsgegner, dass auch Einnahmen aus deliktischem Handeln, insbesondere aus Straftaten als Einkommen im Sinne von § 82 Abs. 1 SGB XII anzusehen sind.

Ein solches Verständnis der Vorschrift greift jedoch zu kurz. Bei der gebotenen normativen Betrachtungsweise sind Gewinne aus Straftaten nicht als Einkommen im Sinne von § 82 Abs. 1 SGB XII anzusehen (a. A. VG Frankfurt vom 20. August 2003, 3 G 3283/03, juris, Rn. 6; SG Berlin vom 13. September 2016, S 195 SO 1333/16 ER, unveröffentlicht).

Zu der parallelen Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) hat das Bundessozialgericht (BSG) ausgeführt, dass aus dem Wortlaut dieser Vorschrift keine weitere Definition dessen, was Einkommen sei, folge. Aus dem zweiten Satzteil ergebe sich lediglich, welche Leistungen von vornherein von der Berücksichtigung ausgenommen seien. Mit der bisherigen Rechtsprechung des BSG zur Arbeitslosenhilfe und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerfG) zum Wohngeldrecht könne im Anwendungsbereich von § 11 Abs. 1 SGB II nach Sinn und Zweck der Norm eine von einem Dritten lediglich vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung nicht als Einkommen qualifiziert werden. Das Gericht führt aus: "Nur der "wertmäßige Zuwachs" stellt Einkommen i.S.d. § 11 Abs. 1 SGB II dar; als Einkommen sind nur solche Einnahmen in Geld oder Geldeswert anzusehen, die eine Veränderung des Vermögensstandes dessen bewirken, der solche Einkünfte hat. Dieser Zuwachs muss dem Hilfebedürftigen zur endgültigen Verwendung verbleiben, denn nur dann lässt er seine Hilfebedürftigkeit dauerhaft entfallen. Ein Darlehen, das an den Darlehensgeber zurückzuzahlen ist, stellt damit als nur vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung kein Einkommen dar, auch wenn es als "bereites Mitte" zunächst zur Deckung des Lebensunterhalts verwandt werden könnte (BSG vom 17. Juni 2010, B 14 AS 46/09 R, juris, Rn. 17, m. w. V.)." Auf die rein faktische Bedarfsdeckung komme es nicht an; entscheidend sei allein, ob im Bedarfszeitraum Einkommen tatsächlich und zur endgültigen Verwendung zur Verfügung steht (BSG, a.a.O., Rn.17). Dieser normativen Prämisse hat sich der für das Recht der Sozialhilfe zuständige Senat des BSG angeschlossen (BSG vom 23. August 2013, B 8 SO14/11 R, juris, Rn.25).

Die in Rede stehenden Kick-Back-Zahlungen waren von vornherein nicht zum endgültigen Verbleib im Vermögen der Antragstellerin bestimmt. Da es sich bei ihnen um den Gewinn aus einem Betrug handelte, waren sie mit einer Rückzahlungspflicht belastet, die sich aus § 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 263 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) ergibt.

Aus den von dem Polizeipräsident in Berlin durchgeführten Ermittlungen ergibt sich, dass der Pflegedienst M. H. und S. GmbH gegenüber dem Leistungsträger, also regelmäßig dem Sozialhilfeträger, erbrachte Leistungen abrechnete und sich vergüten ließ, wobei er seinen Kunden - den Beziehern der Leistungen der Hilfe zur Pflege I. S. V. § 61 SGB XII – als Gegenleistung dafür Geld bezahlt, dass sie nicht erbrachte Leistungen als erbracht quittierten. Damit begingen sowohl die Verantwortlichen des Pflegedienstes als auch die Leistungsbezieher gegenüber dem Leistungsträger eine Straftat gemäß § 263 Abs. 1 StGB, weil sie diesen über den Umfang der erbrachten Leistungen täuschten und zu einer entsprechenden Vergütung veranlassten.

Dass aus Straftaten erzielte Einnahmen nicht als Einkommen im Sinne von § 82 SGB XII anzusehen sind, ergibt sich auch aus der Funktion dieser Vorschrift. Diese gestaltet den in § 2 SGB XII niedergelegten Nachranggrundsatz näher aus. Danach erhält Sozialhilfe nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

Die Möglichkeiten der Selbsthilfe, auf die der Leistungsempfänger zur Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit verwiesen werden kann sind dabei begrenzt. Das gibt ergibt sich schon unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung. Der Hilfeempfänger darf nicht auf Einnahmequellen verwiesen werden, die von der Rechtsordnung missbilligt werden. So darf es bedarf es keiner weiteren Begründung, dass der Hilfesuchende vom Leistungsträger nicht auf die Begehung von Straftaten verwiesen werden kann. Wenn dem aber so ist, ist es inkonsequent, Gewinne aus Straftaten als Einkommen im Sinne von § 82 SGB XII auf den sozialhilferechtlichen Bedarf anzurechnen. Anders ausgedrückt sind als Einkommen nur diejenigen Einnahmen anzusehen, die normativ dazu bestimmt ist, den Sozialhilfeträger zu entlasten. Dieser Überlegung steht nicht entgegen, dass Einnahmen aus Schwarzarbeit sehr wohl als Einkommen anzusehen ist. Das beruht darauf, dass Arbeit als solche nicht verboten nur das ist, sondern nur das Nichtabführen von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen.

Da die angefochtenen Bescheide aufzuheben sein werden, steht ihre sofortige Vollziehung nicht im öffentlichen Interesse. Daher bedarf es keiner eingehenden Prüfung, ob die von dem Antragsgegner abgegebenen Begründungen der Anordnung der sofortigen Vollziehung tragfähig sind.

Die gefundene Lösung lässt der Antragsgegner nicht schutzlos zurück, denn die Rückabwicklung der bewilligten Leistungen der Hilfe zur Pflege gemäß §§ 45,48, 50 SGB X steht ihm offen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.
Rechtskraft
Aus
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