S 40 AS 2577/15

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
40
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 40 AS 2577/15
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Übernahme des Differenzbetrages zwischen den angemessenen und den tatsächlichen Kosten der Unterkunft in Höhe von 118,00 Euro monatlich für den Zeitraum von Oktober 2015 bis einschließlich März 2016.

Die 1975 geborene Klägerin und ihr 2011 geborener Sohn, der Kläger, beantragten nach einer Unterbrechung im April 2012 erneut Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Beklagten. Die Klägerin war damals und ist laufend selbständig erwerbstätig, teilweise ruhte aber diese selbständige Erwerbstätigkeit.

Die Klägerin zahlte damals laut Mietvertrag vom 03.07.2011 monatlich eine Kaltmiete von 750,00 Euro, 40,00 Euro Garagenmiete, 60,00 Euro Vorauszahlungen für Heizung und Warmwasser und 70,00 Euro Vorauszahlungen für die Betriebskosten. Zum 01.12.2013 erhöhte sich die Betriebskostenvorauszahlung auf 100,00 Euro monatlich.

Mit Schreiben vom 20.04.2012 wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass ihre Kaltmiete derzeit mit einem Betrag von 187,41 Euro über der für ihre Haushaltsgröße angemessenen Mietobergrenze von 562,59 Euro liege. Zur Vermeidung einer Übernahme nur der angemessenen Kaltmiete wurde sie gebeten, sich ab sofort intensiv um die Senkung ihrer Unterkunftskosten zu bemühen, z.B. durch Untervermietung, einen Wohnungstausch oder einen Wohnungswechsel, und diese Bemühungen ab Mai 2012 nachzuweisen. Es sei zumutbar, mindestens fünf Nachweise monatlich vorzulegen. Geeignete Nachweise seien zum Beispiel eine Aufstellung über Bewerbungen um Wohnungen, Bestätigungen von Vermietergesellschaften über dort erfolgte Vormerkungen oder selbst aufgegebene Inse-rate.

In der Folgezeit legte die Klägerin für den Zeitraum zwischen Mai 2012 und April 2013 zwischen monatlich einer und neun Bewerbungen um kostenangemessene Wohnungen vor. Die Bewerbungen erfolgten ausschließlich in der Weise, dass die Klägerin sich auf über www. XXXXX ...de angebotene Wohnungen per E-Mail bewarb. Der Text ihrer E- Mail lautet zunächst: " ich würde mich für die angebotene Wohnung interessieren. Ich bin alleinerziehend mit einem Kind und einer Katze und beziehe ALG II. Um einen unnötigen Zeitaufwand vorzubeugen, bitte ich um kurze Rückmeldung, ob unter diesen Kriterien mit einer Vermietung gerechnet werden kann oder nicht "

Nachdem dies nicht zum Erfolg geführt hatte, sicherte der Beklagte mit Schreiben vom 08.04.2013 der Klägerin zu, Wohnungsbeschaffungskosten, insbesondere eine Kaution und Maklerprovision befristet bis 31.07.2013 zu übernehmen. Ab August 2013 seien nur noch die angemessenen Unterkunftskosten anzuerkennen.

Nachweise dazu, dass die Klägerin daraufhin einen Makler mit der Wohnungssuche be-auftragt hat, sind in der Akte nicht vorhanden. Sie legte jedoch im Folgenden für den Zeit-raum Mai 2013 bis September 2013 zwischen drei und sieben monatliche Bewerbungen per E- Mail um Wohnungen, die auf www. XXXXX ...de angeboten wurden, vor. Zwischen-zeitlich hatten diese folgenden Text: " ich möchte gerne aus Zeitgründen vorab anfragen, ob eine Möglichkeit besteht, dieses Objekt mieten zu können, wenn man ALG II erhält? Ich bin alleinerziehend mit einem Kind (zwei Jahre), eine ruhige Katze würde mit einziehen. Eine Bescheinigung des Amtes über eine übernehmende Nettokaltmiete bis zu 562,00 Euro zuzüglich NK sowie die Übernahme einer Kaution und einer Maklergebühr kann vorgelegt werden. Vielen Dank für eine kurze Info !" Auch dies führte nicht zur Anmietung einer kostengünstigeren Wohnung.

Für den Zeitraum von Oktober 2013 bis März 2014 wurden daraufhin vom Beklagten nur noch die angemessenen Unterkunftskosten in Höhe von zunächst monatlich 724 Euro Kaltmiete zuzüglich Betriebs- und Heizkosten sowie Garagenmiete anerkannt (Bewilli-gungsbescheid vom 17.09.2013 und Änderungsbescheide vom 23.07.2014, 05.08.2014 und 09.09.2014). Dieser Zeitraum ist Gegenstand des Verfahrens S 40 AS 2328/14 ge-worden. Die Klägerin trug dort vor, sich auch im Zeitraum ab Oktober 2013 bis März 2014 monatlich um 3- 6 – im Einzelnen nach Adresse, Datum und Preis aufgelistete - Wohnun-gen auf Inserate bei www.XXXXX.de per E- Mail beworben zu haben.

Für den folgenden Bewilligungszeitraum von April bis September 2014 wurden vom Beklagten nur noch die angemessenen Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 724 Euro Bruttokaltmiete zuzüglich Heizkosten und Garagenmiete anerkannt (Bewilligungsbescheid vom 19.03.2014 und Änderungsbescheid vom 23.07.2014). Dieser Zeitraum ist Gegen-stand des Verfahrens S 40 AS 2297/14 geworden. Die Klägerin trug dort vor, sich auch im Zeitraum ab Oktober 2013 bis September 2014 monatlich um 3- 6 – im Einzelnen nach Adresse, Datum und Preis aufgelistete - Wohnungen auf Inserate bei XXXXXX.de per E- Mail beworben zu haben. Für den Zeitraum vom 01.10.2013 bis 30.09.2014 habe die Klä-gerin lediglich 5 Rückmeldungen – allesamt ablehnend – erhalten.

Zum 01.10.2014 wurde die Angemessenheitsgrenze für einen 2-Personen-Haushalt vom Beigeladenen aufgrund einer Nachberechnung (wohl des Prof. Kauermann) vom 30.07.2014 auf 732 Euro monatliche Bruttokaltmiete angehoben.

Für den folgenden Bewilligungszeitraum von Oktober 2014 bis März 2015 wurden vom Beklagten nur noch die angemessenen Unterkunftskosten in Höhe von 724 Euro monat-lich als Bruttokaltmiete zuzüglich Heizkosten und Garagenmiete anerkannt (Bescheide vom 23.09.2014, 23.11.2015). Dieser Zeitraum ist Gegenstand des Verfahrens S 40 AS 2309/15 geworden. Die Klägerin trug dort vor, sich auch im Zeitraum vom 01.10.2014 bis 30.03.2015 monatlich um – im Einzelnen nach Adresse, Datum und Preis aufgelistete - 3- 8 Wohnungen auf Inserate bei www.XXXXXXX per E- Mail beworben zu haben.

Mit Bescheid vom 24.03.2015 wurden für den Zeitraum April und Mai 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes an die Kläger bewilligt. Gegen den Widerspruchsbe-scheid vom 11.09.2015 wurde keine Klage eingelegt.

Für den folgenden Bewilligungszeitraum von Juni bis September 2015 wurden vom Be-klagten nur die angemessenen Unterkunftskosten in Höhe von 724 Euro monatlich als Bruttokaltmiete zuzüglich Heizkosten und Garagenmiete anerkannt (Bescheid vom 27.05.2015). Dieser Zeitraum ist Gegenstand des Verfahrens S 40 AS 1873/15 geworden. Die Klägerin trug dort vor, sich auch im Zeitraum vom 01.06.2015 bis 30.09.2015 monat-lich um – im Einzelnen nach Adresse, Datum und Preis aufgelistete - 4- 7 Wohnungen auf Inserate bei www.XXXXXX.de per E- Mail beworben zu haben.

Auf Weiterbewilligungsantrag vom 17.09.2015, in dem die Klägerin angegeben hatte für den Kläger monatlich 188,00 Euro Kindergeld sowie 283,00 Euro Unterhalt zu beziehen und selbständig erwerbstätig zu sein, wurden den Klägern mit Bescheid vom 07.10.2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum von Oktober 2015 bis einschließlich März 2016 vorläufig bewilligt. An Kosten der Unterkunft waren monatlich eine Grundmiete von 632,00 Euro und Vorauszahlungen für Heizkosten in Höhe von 100,00 Euro und für Nebenkosten in Höhe von 100,00 Euro, insgesamt 832,00 Euro be-rücksichtigt. Beim Kläger wurden 184,00 Euro Kindergeld und 257,00 Euro Unterhalt als Einkommen angerechnet. Bei der Klägerin wurde ein vorläufiger Gewinn in Höhe von mo-natlich 597,50 Euro berücksichtigt, von dem 398,00 Euro angerechnet wurden.

In der vorläufigen Anlage EKS für den Zeitraum 01.01.2015 bis 31.03.2016 hatte die Klä-gerin Betriebseinnahmen von insgesamt 5.000,00 Euro und Betriebsausgaben in Höhe von insgesamt 1.469,44 Euro geltend gemacht, davon 54,40 Euro für betriebliche Fahrten mit dem privaten Kraftfahrzeug. Insgesamt hatte sie 3.530,56 Euro Gewinn für den Gesamtzeitraum angegeben. Die Klägerin hatte am 15.10.2015 ein Strategiekonzept für Selbständige abgegeben. In diesem Zusammenhang hat sie eine Erklärung zum Fahrten-buch unterschrieben, wonach sie darauf hingewiesen wurde, dass ein Fahrtenbuch zeitnah erstellt und in geschlossener Form geführt sein muss. Handschriftlich vermerkte sie darauf "Ich verzichte jedoch auf die Erstellung eines Fahrtenbuches und somit auf die Geltendmachung von Fahrtkosten bei den ohnehin wenigen Geschäftsfahrten. Aus meiner Sicht gesehen ist der Aufwand um einiges größer und aufwendiger als der Nutzen selbst."

Gegen den Bewilligungsbescheid vom 07.10.2015 legte die Klägerin am 20.10.2015 Widerspruch ein. Zur Begründung verwies sie auf die bereits anhängigen Verfahren beim Sozialgericht München S 40 AS 2297/14, S 40 AS 2328/14 und S 40 AS 1873/15. In die-sen Verfahren hatte sie die Absenkung der Kosten der Unterkunft auf die vom Beklagten anerkannte Mietobergrenze gerügt und geltend gemacht, dass es ihr trotz intensiven Suchens nicht möglich gewesen sei, seit Mai 2012 eine kostengünstigere Wohnung anzu-mieten.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 26.10.2015 zurückgewiesen. Die derzeitige Mietobergrenze für einen 2 Personen-Haushalt belaufe sich auf 732,00 Euro Bruttokaltmiete. Die vollständige Übernahme der Grund- Mietkosten scheide aufgrund der vorgenommenen Absenkung aus.

Gegen diesen Widerspruchsbescheid erhob der Bevollmächtigte der Klägerin am 06.11.2015 Klage beim Sozialgericht München. Er trug vor, dass eine Senkung der Unterkunftskosten der Klägerin nicht möglich war und sei. Ein Umzug in eine preiswertere Wohnung sei bisher nicht möglich gewesen, obwohl die Klägerin sich darum nach Kräften bemüht habe. Er legte eine Übersicht über die Bewerbungen der Klägerin um eine preis-günstigere Wohnung für den Zeitraum Oktober 2015 bis Dezember 2015 (zwischen 4 und 11 Bewerbungen monatlich) vor. Alle Anfragen seien auf Inserate bei XXXXXX.de erfolgt, auch auf Angebote von Maklern. Streitig sei allein die Höhe der zu berücksichtigenden Unterkunftskosten.

Der Beklagte legte ein Gutachten des Prof. C. vom 15.03.2012 betreffend die Nettokaltmieten und eine Nachberechnung vom 22.05.2012 betreffend die die Bruttokaltmieten des Beklagten vor, welche im Verfahren L 16 AS 127/10 vor dem Bayerischen Landessozial-gericht betreffend die Mietobergrenze des Beklagten auf Basis des Mietspiegels 2007 eingeholt worden waren.

Auf dieser Basis waren vom Beigeladenen die Mietobergrenzen für die Landeshauptstadt A-Stadt ermittelt worden. Der Beigeladene legte vor ein Gutachten des damaligen Sachverständigen (Prof C.) zur Ermittlung der angemessenen Kosten für die Unterkunft (Mietobergrenzen) vom 15.05.2013 und Nachberechnungen des Prof. C. vom 03.04.2014, in welchen die Berechnungen aus dem Gutachten vom 15.05.2013 in Bestands- und Neumieten aufgeschlüsselt wurden.

Zum Gutachten ist im Einzelnen zu sagen: Die Berechnungen des Sachverständigen beruhten auf den A-Stadt Mietspiegeln 2007, 2011 und 2013. Mietspiegelrelevant waren laut Definition im Mietspiegel Wohnungen, wenn sie innerhalb der letzten vier Jahre vor Erhebung neu vermietet wurden bzw. die Miete neu vereinbart oder geändert wurde. Neben den Nettokaltmieten, die für den Mietspiegel erhoben werden, wurde von TNS Infratest die Bruttokaltmiete (also die Nettokalt-miete zuzüglich der kalten Betriebskosten) in die für die Analyse relevanten Datensätze aufgenommen.

Da die Mietspiegel als Stichtag für die Datenerhebung jeweils den ersten Januar des Vorjahres hatten, wurden die Werte für die Folgejahre mit einem Preissteigerungsindex angepasst. Die Preissteigerungen für die Jahre 2007 bis 2012 wurden anhand der Mietpreissteigerung hochgerechnet. Für das Jahr 2013 wurde, da noch keine Daten von zukünftigen Mietspiegeln vorlagen, die Preissteigerung anhand des Verbraucherpreisindexes des Deutschen Statistischen Bundesamtes ermittelt. Im Gutachten für das Bayerische Landessozialgericht waren die Preissteigerungen ausschließlich anhand des Verbrau-cherpreisindexes des Statistischen Bundesamtes berechnet worden.

Für 2 Personen wurden Mietwohnungen mit der Größe um 65 qm betrachtet, wobei – wie im Gutachten für das BayLSG – zur Gewichtung die sogenannten Kerngewichte ange-wendet wurden. Eine Wohnung mit 65 qm enthält damit das Gewicht 1, kleinere oder grö-ßere Wohnungen erhalten weniger Gewicht, je weiter die Wohnfläche von der Zielgröße 65 qm entfernt ist. Auf dieser Basis wurde – wie im Gutachten für das BayLSG – das 20% - Quantil bestimmt. Das 20%- Quantil gibt die Miete an, die von mindestens 20% der Wohnungen im Mietspiegel unterschritten wird. Dabei wurde ein Vertrauensniveau von 97,5% genommen. Daraus ergab sich für eine Wohnung mit 65 qm Wohnfläche im Jahr 2013 eine Obergrenze von 646,58 Euro. Untersucht wurde auch die Verteilung der Woh-nungen, wobei sich zeigte, dass abgesehen vom Bezirk Altstadt- Lehel in allen Bezirken - jedoch in unterschiedlichem Ausmaß – Wohnungen im unteren 20% Quantil vorhanden waren.

Abschließend führt das Gutachten vom 15.05.2013 aus, dass sich ein deutlicher Unter-schied zwischen Bestands- und Neumieten ergebe. Aus diesem Grund erfolgte mit Datum 03.04.2014 eine Nachberechnung des Prof. C. bezogen auf das 20% Quantil für die Miet-spiegel 2007 und 2013 aufgeschlüsselt nach Bestands- und Neumieten. Daraus ergab sich für das Jahr 2013 für eine Wohnung um die 65 qm Wohnfläche ein Wert für Neumieten in Höhe von 723,44 Euro. Auf dieser Basis bestimmten der Beigeladene und der Beklagten die für die Klägerin ab 01.10.2013 berücksichtigte Mietobergrenze für zwei Personen von 724,00 Euro Bruttokaltmiete.

Auf Nachfrage des Gerichts wurde vom Beigeladenen ein Schreiben des Sachverständigen Prof. C. vom 15.06.2015 vorgelegt, wonach dieser die zum 01.01.2014 erhobenen Daten des Mietspiegels 2015 anhand der Steigerung des Verbraucherpreisindexes der statistischen Bundesamtes für 2015 hochrechnet. Da die Verbraucherpreise zu den Stichtagen 01.01.2014 und 01.01.2015 annähernd identisch gewesen seien, schlug der Sachverständige vor, die Bemessungsgrenze für 2015 unverändert zu 2014 zu belassen.

Der Klägerbevollmächtigte hat dazu vorgetragen, es werde nicht bestritten, dass in A-Stadt der Angemessenheitsgrenze des Beklagten entsprechende Wohnungen angeboten würden. Die Nachberechnungen des Prof. C. vom 03.04.2014 seien allerdings zweifelhaft, da der Wert von 2008 erst 2011 wieder überschritten worden sei. Es werde im Übrigen die besonders hohe Nachfrage gerade nach preisgünstigen Wohnungen nicht berücksichtigt. Die Klägerin konkurriere mit z.B. Kinderlosen und älteren Paaren, die im Allgemeinen als Mietinteressenten bevorzugt würden. Auch Besserverdienende würden günstige Woh-nungen nachfragen. Zu Lasten der Klägerin würde insbesondere zu Buche schlagen, dass diese unverheiratet, alleinerziehend, mit Kleinkind und im ALG II- Bezug sei

Eine endgültige Festsetzung des Leistungsanspruchs für den streitigen Zeitraum Oktober 2015 bis März 2016 ist bisher noch nicht erfolgt.

In der mündlichen Verhandlung vom 10.05.2016 hat die Klägerin vorgetragen, sie habe sich auf Wohnungsangebote bei X-Firma per E- Mail beworben. Als sie die Zusicherung für einen Makler hatte, habe sie bei einem Makler angefragt, aber keinen förmlichen Auftrag erteilt. Um eine öffentlich geförderte Wohnung oder einen Wohnungsberechtigungsschein habe sie sich nicht bemüht, auch Vermietergesellschaften in A-Stadt habe sie nicht kontaktiert. Darauf habe sie niemand hingewiesen, ihr sei gesagt worden, Bewerbungen auf Internetangebote reichten aus. Sie habe ihre Mail- Anfragen immer zeitnah an ihren Sachbearbeiter weitergeleitet, aber nie einen Hinweis erhalten, dass der Text der Anfrage eventuell nicht ausreichen könnte. Sie habe auch in der Zeitung gesucht, aber kein Inserat aufgegeben.

Es bestand Einverständnis zwischen dem Bevollmächtigten der Kläger und der Vertreterin des Beklagten, dass das Ergebnis des Verfahrens auch für eine etwaige endgültige Fest-setzung maßgeblich ist.

Der Bevollmächtige der Kläger beantragte,

den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 07.10.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2015 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, den Klägern weitere Leistungen nach dem SGB II für die Kosten der Unterkunft für den Bewilligungszeitraum vom 01.10.2015 bis 31.03.2016 in Höhe von 118,00 Euro monatlich zu gewähren.

Die Beklagtenvertreterin beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Ak-ten des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage führt in der Sache nicht zum Erfolg.

1. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 So-zialgerichtsgesetz, SGG) zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben. Eine Klage ist auch gegen einen vorläufigen Bewilligungsbescheid zulässig.

2. Streitig ist der vorläufige Bewilligungsbescheid vom 07.10.2015 in Gestalt des Wider-spruchsbescheids vom 26.10.2015. Eine endgültige Festsetzung des Leistungsanspruchs der Kläger ist noch nicht erfolgt. Eine Entscheidung kann hier unabhängig von der Frage ergehen, ob die Voraussetzungen für eine vorläufige Bewilligung noch vorliegen (vgl. BSG Urteil vom 19.08.2015 – B 14 AS 13/14 R), da in der Sitzung Einigkeit bestand, dass das Ergebnis dieses Verfahrens auch für die endgültige Festsetzung maßgeblich sein soll.

3. Die Kläger begehren ausschließlich höhere Kosten der Unterkunft. Eine solche Be-schränkung des Streitgegenstandes ist auch für Zeiträume nach dem 01.04.2011 möglich, da es sich bei der Bewilligung von Kosten der Unterkunft und Heizung um eine abtrennba-re Verfügung handelt (BSG Urteil vom 04.06.2014 - B 14 AS 42/13 R und bei BayLSG Ur-teil vom 22.07.2015 - L 16 AS 502/14). Sie ist auch möglich bei einer Klage gegen eine vorläufige Bewilligung (BSG Urteil vom 06.04.2011-B 4 AS 119/10 R und vom 19.08.2015 – B 14 AS 13/14 R). Streitig ist also allein die Differenz zwischen der tatsächlichen und der angemessenen Bruttokaltmiete in Höhe von monatlich 118 Euro.

3. Ausgehend davon war die Klage abzuweisen. Ein Anspruch auf höhere Kosten der Un-terkunft besteht nicht.

a) An dem Vorliegen der grundsätzlichen Leistungsvoraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 22 Abs. 1 SGB II an die Kläger bestehen keine Zweifel. Die Kläge-rin hat das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht er-reicht, ist erwerbsfähig sind und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II). Sie und ihr mit ihr in Bedarfsge-meinschaft (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II) lebender Sohn, der Kläger, sind auch hilfebedürftig. Das Einkommen des Klägers (188 Euro Kindergeld und 263 Euro Unterhalt monatlich) kann seinen unstreitigen Bedarf (Regelbedarf und unstreitiger Bedarf an Unterkunft und Heizung von 416 Euro monatlich) nicht decken. Der vom Beklagten gemäß den Angaben der Klägerin in der vorläufigen Anlage EKS berücksichtigte vorläufige Gewinn von 398 Eu-ro monatlich reicht nicht aus, um den unstreitigen Restbedarf der Bedarfsgemeinschaft beider Kläger zu decken (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 9 SGB II).

b) Die Kläger haben keinen Anspruch auf weitere 118 EUR Kosten der Unterkunft monatlich. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Soweit die Auf-wendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles ange-messenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II).

Ausgehend davon besteht vorliegend kein Anspruch der Kläger auf Berücksichtigung einer höheren Bruttokaltmiete als 732 Euro monatlich. Die Angemessenheitsgrenzen wurden vom Beigeladenen auf diese Grenze rechtmäßig festgesetzt (vgl. c). Die Kläger haben keine Unmöglichkeit der Anmietung einer kostengünstigeren Wohnung iSv § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II nachgewiesen (vgl. d). Auch das angerechnete Einkommen wurde korrekt berechnet (vgl. e).

c) Zur Überzeugung des Gerichts hat der Beigeladene für den streitigen Zeitraum die auch vom Beklagten herangezogene Angemessenheitsgrenze im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II korrekt und rechtmäßig bestimmt. Das Konzept des Beigeladenen zur Ermittlung der Mietobergrenzen vom 15.05.2013 wurde analog zu einem vom BSG gebilligten (Urteil vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R) Sachverständigengutachten erstellt und durch die Nachberechnung vom 03.04.2014 angepasst. Dieses Vorgehen erfüllt die Anforderungen an ein schlüssiges Konzept iSv § 22 Abs. 1 SGB II.

Bei der Prüfung abstrakter Angemessenheit ist nach der Rechtsprechung des BSG zunächst die abstrakt angemessene Wohnungsgröße (1) und der Wohnungsstandard (2) zu bestimmen, anschließend der räumliche Vergleichsmaßstab festzulegen (3) und dann (4) zu ermitteln, wie viel auf diesem Wohnungsmarkt für eine einfache Wohnung aufzuwen-den ist (st Rspr, vgl. für A-Stadt BSG Urteil vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R).

(1) Der Beigeladene ist im Konzept zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zutref-fenderweise auf Basis der Bayerischen Wohnraumförderbestimmungen vom 11.01.2012 (AllMBl 2012, S. 20), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 27.05.2014 (AllMBl S. 327) iVm § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) von 65 qm als angemessene Wohnraumgröße für einen Zwei-Personen-Haushalt ausgegangen (st Rspr sei BSG Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 18/06 R; vgl. für A-Stadt BSG Urteil vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R).

(2) Die infrage kommenden Wohnungen müssen nach Ausstattung, Lage und Bausub-stanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen, ohne gehobenen Wohnstandard aufzuweisen (st. Rspr seit BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R und Ur-teil vom 11.12.2012 - B 4 AS 44/12 R); jedoch dürfen Referenzwohnungen, die nicht den einfachen, sondern den untersten Standard abbilden, von vornherein nicht zu dem Woh-nungsbestand gehören, der überhaupt für die Bestimmung einer Vergleichsmiete abzubil-den ist. Deshalb dürfen sie in eine Auswertung auch der hinter einem qualifizierten Miet-spiegel stehenden Daten unter dem Blickwinkel des § 22 SGB II nicht einfließen, unab-hängig davon, ob sich in diesem Mietsegment (noch) eine nennenswerte Zahl an Woh-nungen findet (vgl. BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R und vgl. für A-Stadt BSG Urteil vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R). Dies hat der Beigeladene bei der Ermitt-lung der Mietobergrenzen auf Basis der Daten des Münchner Mietspiegels berücksichtigt, da für den Mietspiegel weder Wohnungen in einfacher Wohnlage (Wohnungen in abgelegenen Gebieten mit unzureichender Infrastruktur und/oder Nähe zu größeren Gewerbe- und Industriegebieten, Entsorgungs- oder militärischen Anlagen) noch Wohnungen mit einfachster Ausstattung, deren Toilette, Küche oder Bad von anderen Mietparteien mitbe-nutzt werden, die nicht über Küche und Toilette verfügen, noch Wohnungen im Unterge-schoss herangezogen werden (vgl. jeweils die Definitionen im Münchner Mietspiegel).

(3) Der Beigeladene hat zutreffend das gesamte Gebiet der Landeshauptstadt A-Stadt als räumlichen Vergleichsmaßstab gewählt (vgl. BSG Urteil vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R).

(4) Das von dem vom Beigeladenen beauftragten Sachverständigen gewählte Verfahren zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenzen genügt den Vorgaben des BSG. Nach dessen ständiger Rechtsprechung ist ein Konzept ein planmäßiges Vorgehen iS einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn auch orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Raum (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R) Von der Schlüssigkeit eines Konzepts ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG auszugehen, sofern die folgenden Mindestvoraussetzungen erfüllt sind (vgl BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R und für A-Stadt BSG Urteil vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R):

- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen, - es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, zB welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße, - Angaben über den Beobachtungszeitraum, - Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspie-gel), - Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten, - Validität der Datenerhebung, - Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und - Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

Diese Anforderungen sind im vorliegenden Fall zur Überzeugung des Gerichts erfüllt. Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 10.09.2013 explizit das damals vom BayLSG für A-Stadt eingeholte Gutachten als rechtmäßige Grundlage für die Bestimmung der Ange-messenheitsgrenze anerkannt (BSG Urteil vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R). Das im streitigen Zeitraum geltende Konzept wurde analog diesem Gutachten erstellt mit zwei Unterschieden: Die Hochrechnung der Preise für die Jahre, in denen keine Daten für den Mietspiegel erhoben wurden, erfolgte – soweit möglich – nicht anhand des Preissteige-rungsindexes des Statistischen Bundesamtes, sondern durch eine Berücksichtigung der sich aus den Mietspiegeln ergebenden Mietpreisentwicklung. Zudem wurden im Rahmen der Nachberechnung vom 03.04.2014 nur die im Mietspiegel enthaltenen Neumieten unter Außerachtlassung der im Mietspiegel ebenfalls enthaltenen Bestandsmieten betrachtet, woraus sich ein signifikant höherer Wert für die Mietobergrenze ergab.

Soweit das Konzept des Beigeladenen dem Gutachten des BayLSG entspricht, kann auf die Ausführungen des BSG im Urteil vom 10.09.2013 (B 4 AS 77/12 R) verweisen werden. Dort hat das BSG festgesellt, - dass durch den Rückgriff auf die Daten des A-Stadt Mietspiegels die Datenerhebung auf ein bestimmtes Gebiet (hier: die gesamte Stadt A-Stadt) begrenzt und damit der Vergleichsraum hinreichend eingegrenzt wurde; - dass als Beobachtungsgegenstand der Datenerhebung zutreffend die Bruttokaltmiete gewählt wurde und eine Größenbegrenzung auf Wohnungen "um den" maßgebli-chen Wert (hier 65 qm) mit der vorgenommenen Gewichtung zulässig ist; - dass es hinsichtlich des Beobachtungszeitraums in Ordnung ist, auf die zum Stichtag 01.01. erhobenen Daten des A-Stadt Mietspiegels zurückzugreifen, und dass für die Jahre, in denen keine Daten erhoben werden, die Preissteigerung anhand des Preissteigerungsindexes des Statistischen Bundesamtes errechnet werden kann; - dass der Rückgriff auf den A-Stadt Mietspiegel als Datengrundlage zulässig ist und diese Daten repräsentativ und valide sind; - dass die Festlegung der Mietobergrenze durch Bestimmung der unteren 20 % des preislichen Segments keinen durchgreifenden Bedenken begegnet, weil die Stich-probe eine klare Definition des Untersuchungsgegenstandes nach "unten" (keine Wohnungen des einfachsten Standards) und nach der Größe beinhaltet.

Genau diese Aspekte kennzeichnen auch das im streitigen Zeitraum gültige Konzept des Beigeladenen und Beklagten, so dass an dessen Schlüssigkeit iSv § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II kein Zweifel besteht.

Keine Zweifel bestehen auch an der Schlüssigkeit insofern, als für die Berechnung der Preissteigerung zwischen zwei Mietspiegeln – anders als in dem vom BSG gebilligten Gutachten - auf die Entwicklung des Mietpreises anstelle des allgemeinen Preisindexes abgestellt wird. Denn dies ermöglicht eine realistischere, da an der Entwicklung der Miet-preise und nicht der allgemeinen Verbraucherpreise ausgerichtete Hochrechnung.

Auch im Hinblick darauf, dass dem Konzept des Beklagten nur eine Betrachtung der Neumieten und nicht der im Mietspiegel ebenfalls enthaltenen Bestandsmieten zugrunde liegt, bestehen keine Zweifel an der Schlüssigkeit des Konzepts. Dies stellt eine nachvollziehbare Beschränkung des Beobachtungsgegenstands dar. Die Eingrenzung wurde vor-genommen, weil der Sachverständige in seiner ersten Berechnung vom 15.05.2013 deut-liche Unterschiede zwischen Bestands- und Neumieten festgestellt hatte. Da es bei Leistungsberechtigten jedenfalls im Rahmen der Suche nach einer kostenangemessenen Unterkunft idR um Neuanmietungen geht, ist es konsequent und zugunsten der Leistungsberechtigten, nur Neumieten zu betrachten.

Schließlich wurden die Obergrenzen auch regelmäßig überprüft und ggf. aktualisiert. Dadurch war sichergestellt, dass die Mietobergrenze den aktuellen Verhältnissen ent-spricht. Das ursprüngliche Gutachten basierte auf den Werten bis zum Mietspiegel 2013. Die Nachberechnung vom Juli 2014 auf Basis der mit Stichtag 01.01.2014 erhobenen Da-ten des Mietspiegels 2015 führte zu einer Anhebung der Mietobergrenzen für zwei Perso-nen auf 732 Euro ab 01.10.2014. Die Nachberechnung für 2015 anhand des Preissteige-rungsindex des statistischen Bundesamtes (was vom BSG gebilligt wurde, vgl. oben) führte zu keiner Anpassung, da tatsächlich die Preise sogar leicht gefallen waren.

Damit ist die vom Beklagten anerkannte Mietobergrenze von 732 Euro für den streitigen Zeitraum Oktober 2015 bis März 2016 nicht zu beanstanden. An der tatsächlichen Verfügbarkeit angemessenen Wohnraums (konkrete Angemessenheit) besteht – auch angesichts der von der Klägerin vorgelegten Listen – kein Zweifel. Damit haben die Kläger keinen Anspruch auf Übernahme weiterer Unterkunftskosten über § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II.

d) Die Kläger haben nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass ihnen im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II ein Anspruch auf tatsächliche Unterkunftskosten zu-steht. Ein solcher Anspruch bestünde einerseits, wenn den Klägern eine Senkung der Un-terkunftskosten unzumutbar wäre. Dafür ist hier nichts ersichtlich oder vorgetragen. Zur Überzeugung des Gerichts war es den Klägern auch nicht unmöglich, die Unterkunftskos-ten zu senken.

aa) Es bestehen keine Zweifel daran, dass seit Mai 2012 ausreichend viele Wohnungen unterhalb der vom Beklagten als angemessen anerkannten Mietobergrenze verfügbar waren. Dies ergibt sich bereits aus den von der Klägerin vorgelegten Listen und wurde vom Klägerbevollmächtigten auch nicht bestritten. Zudem ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG davon auszugehen, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu einem an-gemessenen Quadratmeterpreis im örtlichen Vergleichsraum gibt, wenn die Mietober-grenze in einem Verfahren bestimmt wurde, das den Anforderungen des BSG entspricht (BSG Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 30/R und B 14 AS 106/10 R vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R; Luik in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 22 Rn. 118).

bb) Sofern - wie hier - vom Vorhandensein einer ausreichenden Zahl angemessener Wohnungen ausgegangen werden kann, käme die Übernahme tatsächlicher Unterkunfts-kosten nur in Betracht, wenn die Kläger nachgewiesen hätten, dass es Ihnen trotz intensi-ver Suche unter zur Zuhilfenahme aller zumutbaren und erreichbaren Hilfen und Hilfsmittel nicht gelungen ist, seit Mai 2002 eine kostengünstigere Wohnung anzumieten (vgl. Luik in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 22 Rn. 126 und Münder in LPK-SGB II, 11. Auflage 2013, § 122 Rn. 89). Dabei sind wegen des Regel-Ausnahme-Prinzips strenge Anfor-derungen an die Auslegung des Tatbestandsmerkmals "Unmöglichkeit" zu stellen (BSG Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 30/08 R, Luik in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 22 Rn. 126). Ausgehend davon liegt zur Überzeugung des Gerichts keine Unmöglichkeit im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II vor.

Zwar hat die Klägerin über www.XXXXXX.de regelmäßig nach angemessenen Wohnun-gen gesucht. Jedoch erweckt die Art der Bewerbung Zweifel an der Intensität der Kosten-senkungsbemühungen der Klägerin. So hat sie sich auf die Anzeigen lediglich per E-Mail beworben, obwohl viele der Anzeigen auch eine Telefonnummer unter den Kontaktdaten des Anbieters benannten. Der an die Anbieter übersandte Text stellte eine Anfrage dar, ob unter Berücksichtigung ihrer wahrheitsgemäß benannten Einschränkungen (allein er-ziehend mit einem Kind, einer Katze und Alg 2-Bezug) überhaupt eine Vermietung in Be-tracht kommt. Dem Wortlaut nach handelte es sich also eher um Vorab-Anfragen als um konkrete Bewerbungen um einen Besichtigungstermin. Der Klägerin ist zuzugeben, dass der A-Stadt Wohnungsmarkt sehr eng ist und die Konkurrenz auch mit besser Verdienen-den hoch ist. Gerade deshalb ist aber bei angebotenem günstigem Wohnraum zur Über-zeugung des Gerichts ein schnelles und entschlossenes Handeln, insbesondere auch eine sehr zeitnahe Anfrage ggf. per Telefon erforderlich. Dies kann das Gericht beim Handeln der Klägerin nicht ausreichend erkennen. Zwar vermag anfangs das Vorgehen der Klägerin noch hinreichend gewesen sein. Nachdem sie aber mit diesem Vorgehen einein-halb Jahre lang keine Wohnung gefunden hatte, wäre eine Änderung des Vorgehens bei ernsthaftem Willen zur Anmietung einer günstigeren Wohnung zu erwarten gewesen. Die-ser Eindruck deckt sich mit den von der Klägerin berichteten Rückmeldungen für die Zeit von Oktober 203 bis September 2014. In drei von fünf Fällen war der Besichtigungstermin bereits ausgebucht, in einem weiteren Fall war bereits ein anderer Mieter vorgemerkt. Nur in einem Fall wurde sie wegen des Alg 2 - Bezugs als Mieterin abgelehnt. Wenn also er-kennbar ist, dass Anfragen per E-Mail zu spät kommen, wäre eine andere und schnellere zum Beispiel telefonische Bewerbung zu erwarten gewesen.

Letztlich läge aber – selbst wenn man den Text der Bewerbungen auf Inserate bei www.XXXXXX.de als ausreichend erachtete - keine ausreichend intensive Wohnungssu-che der Kläger vor.

Die Klägerin hat keine über die Bewerbungen per E-Mail auf Online-Angebote hinausge-henden Bemühungen um eine kostengünstigere Wohnung unternommen. So hat sie selbst trotz der im Jahr 2013 erteilten Zusicherung der Übernahme von Maklerkosten nach eigenen Angaben lediglich einen Makler kontaktiert und diesem auch keinen förmlichen Auftrag erteilt. Angesichts der Vielzahl von Maklern in A-Stadt kann dies nicht als intensive Wohnungssuche auch unter Zuhilfenahme eines vom Beklagten bezahlten Maklers angesehen werden. Darüber hinaus hat die Klägerin sich weder um eine öffentlich geförderte Wohnung und einen Wohnungsberechtigungsschein gekümmert noch bei-spielsweise bei großen Vermietergesellschaften nachgefragt oder selbst Inserate aufge-geben. Auch deshalb liegt hier zur Überzeugung des Gerichts keine intensive Wohnungs-suche durch die Klägerin unter Einbeziehung aller Hilfen und Hilfsmittel vor.

Ihr Vortrag, von diesen Möglichkeiten nichts gewusst zu haben und davon ausgegangen zu sein, dass Bewerbungen auf Internet-Angebote ausreichen, führt zu keiner anderen Bewertung. Bereits im Informationsschreiben vom 20.04.2012 war die Klägerin darauf hingewiesen worden, dass auch Bestätigungen von Vermietergesellschaften über dort erfolgte Vormerkungen oder selbst aufgegebene Inserate anerkannt werden. Zudem wäre jedenfalls dann, wenn die Wohnungssuche ausschließlich über Internet-Angebote 18 Mo-nate lang nicht zum Erfolg führt, zu erwarten, dass die Klägerin sich über weitere Möglich-keiten zur Anmietung preisgünstigen Wohnraums informiert. Dies ist Obliegenheit der Klägerin. Eine weitergehende Beratung durch den Beklagten, die hier wohl nicht erfolgt ist, wäre zur Überzeugung des Gerichts nicht erforderlich gewesen. So hat die Rechtsprechung wiederholt entschieden, dass die Jobcenter zwar die Verpflichtung trifft, den Leistungsberechtigten darüber aufzuklären, wie und in welcher Weise die Kosten auf den an-gemessenen Betrag gesenkt werden können (BSGE Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 10/06 R). Jedoch ist die Verwaltung im Normalfall nicht verpflichtet, über die Angabe des von ihr als angemessen anzusehenden Mietpreises hinaus den Leistungsempfänger "an die Hand zu nehmen" und ihm im Einzelnen aufzuzeigen, auf welche Weise er die Unter-kunftskosten senken bzw. welche Wohnungen er anmieten kann (BSG Urteil vom 27.02.2008 - B 14/7b AS 70/06 R und vom 19.02.2009 - B4 AS 30/08 R, Luik in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 22 Rn. 122). Daher war der Beklagte hier nicht verpflichtet, über die im Informationsschreiben vom 20.04.2012 enthaltenen Hinweise auf die Möglichkeit der Untervermietung, des Wohnungstausches oder Wohnungswechsel hinausgehend darauf hinzuweisen, welche Möglichkeiten und Wege zur Wohnungssuche zur Verfügung stehen. Das Wissen über Sozialwohnungen und öffentlich geförderten Wohnraum wäre zur Überzeugung des Gerichts leicht über eine Internet-Recherche oder Nachfrage beim Beklagten oder anderen Stellen, z.B. Landeshauptstadt A-Stadt herauszufinden gewesen.

Damit lag hier zur Überzeugung des Gerichts seit Mai 2012 keine intensive Wohnungssu-che unter Nutzung aller möglichen Hilfen vor. Die Klägerin kann sich also nicht darauf berufen, dass trotz Verfügbarkeit einer ausreichenden Zahl angemessener Wohnungen für sie keine solche Wohnung anzumieten war. Das gilt auch hinsichtlich der vom Bevoll-mächtigten behaupteten besonderen Vermittlungshindernisse. Auf diese kann sich nur berufen, wer trotz intensiver Suche keine entsprechende Wohnung anmieten konnte.

cc) Kostensenkungsbemühungen waren den Klägern auch subjektiv möglich (vgl. BSG 17.12.2009 – B 4 AS 19/09 R und Luik in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 22 Rn. 120 ff) Das Kostensenkungsverfahren wurde mit dem Schreiben vom 20.04.2012 korrekt durchgeführt. Die Klägerin wurde darin auf die bestehende Mietobergrenze, die Unangemes-senheit der tatsächlichen Miete und darüber aufgeklärt, wie und in welcher Weise die Kos-ten auf den angemessenen Betrag gesenkt werden könnten, z.B. Untervermietung, Woh-nungswechsel, Wohnungstausch (BSG 7.11.2006 – B 7b AS 10/06 R und Luik in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 22 Rn. 122). Eine darüber hinausgehende Verpflichtung, den Leistungsempfänger "an die Hand zu nehmen" und ihm im Einzelnen aufzuzeigen, auf welche Weise er die Unterkunftskosten senken bzw. welche Wohnungen er anmieten kann, besteht im Normalfall nicht (BSG 27.2.2008 – B 14/7b AS 70/06 R und vom 19.2.2009 – B 4 AS 30/08 R, Luik in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 22 Rn. 122). Un-schädlich ist, dass die vom Beklagten im Schreiben vom 20.04.2012 mitgeteilte Ange-messenheitsgrenze später für den streitigen Zeitraum erhöht wurde. Nach st Rechtspre-chung stellt das Schreiben des Grundsicherungsträgers über die Unangemessenheit der Unterkunftskosten und die Aufforderung zur Kostensenkung lediglich ein Informations-schreiben mit Aufklärungs- und Warnfunktion dar. Hält der Leistungsempfänger die vom Grundsicherungsträger vorgenommene Einschätzung über die Angemessenheit der Kos-ten für nicht zutreffend bzw. einschlägig, so ist der Streit hierüber bei der Frage auszutragen, welche Unterkunftskosten angemessen sind (vgl. BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R unter Hinweis auf BSG vom 20.8.2009 - B 14 AS 41/08 R und vom10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R).

dd) Die Kläger bezogen nach einer Unterbrechung seit Mai 2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Beklagten. Die Übergangsfrist des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II von sechs Monaten war damit im streitigen Zeitraum bereits lange abgelaufen.

Damit ergibt sich auch über § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II kein Anspruch der Kläger auf höhe-re Unterkunftskosten.

e) Ein Anspruch auf höhere Unterkunftskosten ergibt sich auch nicht daraus, dass ein zu hohes Einkommen angerechnet wurde. Der vom Beklagten berücksichtigte Gewinn ent-spricht mit Ausnahme der Fahrtkosten den von der Klägerin in der Anlage EKS gemachten Angaben. Die Fahrtkosten kann die Klägerin nicht geltend machen, da sie nach Belehrung auf die dafür notwendige Führung eines Fahrtenbuchs und damit auf die Geltendmachung der Kosten schriftlich verzichtet hat. Fehler bei der Einkommensberechnung sind nicht ersichtlich und auch nicht gerügt.

Die Klage war deshalb abzuweisen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Sache.

6. Die Berufung ist nicht zulässig, da die Kläger nur in Höhe von insgesamt 708 Euro (118 Euro für 6 Monate) unterlegen sind und damit der Wert des Beschwerdegegenstands nicht die nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG erforderliche Summe von 750 Euro erreicht. Die Berufung wurde nicht zugelassen. Das Urteil weicht weder von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab noch beruht es auf ei-ner solchen Abweichung. Es ist auch keine grundsätzliche Bedeutung der Sache zu erkennen. Das BSG hat über das Gutachten, dem das Konzept des Beigeladenen zur Bestimmung der Mietobergrenzen fast vollständig entspricht, bereits entscheiden und die-ses in allen auch hier relevanten Aspekten gebilligt. Die Maßstäbe zur Beurteilung der Unmöglichkeit iSv § 22 Abs. 3 SGB II sind von der Rechtsprechung hinreichend konkreti-siert; ob sie hier erfüllt sind, ist eine Frage der Wertung des Einzelfalls.
Rechtskraft
Aus
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