L 11 AS 39/14 NK

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 39/14 NK
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Satzungen der Stadt Neumünster zur Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft im SGB II- und SGB XII-Bereich vom 28. November 2013 und 17. September 2015 sind unwirksam.
2. Für die Bestimmung der angemessenen Wohnfläche nach § 22b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II gelten im Ausgangspunkt dieselben Grundsätze wie für die Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises (Vorliegen eines "schlüssigen Konzepts").
3. Die angemessenen Wohnflächen dürfen auch im Rahmen der Satzungsgebung nur auf Basis einer ausreichenden Datengrundlage abweichend von den Flächengrenzen im sozialen Wohnungsbau bestimmt werden. Das Datenmaterial muss im Regelfall Aussagen über die Größe der Wohnungen zulassen, die von der Referenzgruppe der unteren Einkommensschichten tatsächlich bewohnt werden.
4. Wird die angemessene Wohnfläche fehlerhaft bestimmt, hat dies die Unwirksamkeit der Satzung insgesamt zur Folge.
Die Satzungen der Antragsgegnerin zur Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft im SGB II- und SGB XII-Bereich vom 28. November 2013 und 17. September 2015 sind unwirksam. Die Antragsgegnerin erstattet der Antragstellerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit zweier Satzungen zur Bestimmung der Höhe der angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft nach §§ 22 a ff. Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).

Die am. 1977 geborene Antragstellerin stand bereits früher seit 1. Januar 2005 mit ihren beiden Töchtern C F (geboren am. 1999) und J B (geboren am. 2004) beim Dienstleistungszentrum Neumünster im laufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Zum 1. Oktober 2007 verzog sie mit ihren Töchtern nach W am R. Am 2. August 2009 beantragte sie beim Dienstleistungszentrum Neumünster erneut Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und steht dort bzw. seit 1. Januar 2011 beim Jobcenter Neumünster im laufenden Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende.

Sie bewohnt seit 1. August 2009 in der S straße mit ihren beiden Töchtern eine ca. 97 m² große Mietwohnung mit 3 Zimmern, einer Abstellkammer, Küche, Flur und Bad für die sie zunächst eine Kaltmiete von 430,00 EUR zuzüglich einer monatlichen Vorauszahlung für Betriebs- und Heizkosten in Höhe von 170,00 EUR zu zahlen hatte. Der Umzug in diese Wohnung war ohne Zustimmung des Dienstleistungszentrums Neumünster erfolgt. Das Dienstleistungszentrum bzw. später das Jobcenter Neumünster berücksichtigte als Bedarf für Unterkunft und Heizung zunächst durchgehend einen Betrag von insgesamt 500,00 EUR. Seit 1. Januar 2011 betrug die monatliche Gesamtmiete 640,00 EUR (430,00 EUR netto kalt zzgl. 210,00 EUR Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung). Seit 1. Januar 2012 betrug die monatliche Gesamtmiete 730,00 EUR (430,00 EUR netto kalt zzgl. 300,00 EUR Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung). Seit 1. Januar 2013 betrug die monatliche Gesamtmiete 720,00 EUR (430,00 EUR netto kalt zzgl. 290,00 EUR Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung). Seit 1. Dezember 2013 betrug die monatliche Gesamtmiete weiterhin 720,00 EUR (450,00 EUR netto kalt zzgl. 270,00 EUR Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung).

Am 26. November 2013 beschloss die Ratsversammlung der Antragsgegnerin mit 37 Ja-Stimmen bei 3 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen folgende Satzung:

"Satzung der Stadt Neumünster zur Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft im SGB II- und im SGB XII-Bereich (KdU-Satzung)

Auf Grund der §§ 22a bis 22c Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende - in der Fassung der Bekanntmachung vom 13.05.2011 (BGBI. I S. 850), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21.03.2013 (BGBI. I S. 556), i. V. m. § 2a des Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und des § 6b Bundeskinder¬geldgesetz (AG-SGB II/BKKG) vom 27.05.2011, zuletzt geändert durch Gesetz vom 27.04.2012 (GVOBI. Schl.-H. S. 509), und §§ 4, 20 der Gemeindeordnung für Schleswig¬-Holstein (Gemeindeordnung - GO -) in der Fassung vom 28.02.2003 (GVOBI. Schl.-H. S. 57), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.02.2013 (GVOBI. Schl.-H. S. 72) wird nach Beschlussfassung durch die Ratsversammlung vom 26.11.2013 folgende Satzung erlassen:

§ 1 Anwendungsbereich

(1) Diese Satzung regelt für das Gebiet der Stadt Neumünster die Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (§§ 22, 22a SGB II). (2) Diese Satzung gilt nach § 35a Satz 1 SGB XII auch für die Stadt Neumünster als örtli¬chem Träger der Sozialhilfe.

§ 2 Datenerhebung, -auswertung und -überprüfung

(1) Zur Bestimmung der angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft sind geeignete statistische Daten erhoben und ausgewertet und im Januar 2013 ein schlüssiges Kon¬zept erstellt worden. (2) Zur Methodik der Datenerhebung und -auswertung wird auf die Begründung verwie¬sen. Diese ist als Anlage Bestandteil dieser Satzung (§ 22c Abs. 1 SGB II). (3) Die Stadt Neumünster wird die durch Satzung bestimmten Werte für die Unterkunft einschließlich der erhobenen und ausgewerteten Daten mindestens alle zwei Jahre überprüfen und gegebenenfalls neu festsetzen (§ 22c Abs. 2 SGB II).

§ 3 Angemessenheit der Unterkunftskosten

(1) Maßgeblicher örtlicher Vergleichsraum ist das gesamte Stadtgebiet der Stadt Neu¬münster. Bei dem Stadtgebiet der Stadt Neumünster handelt es sich um einen ausrei¬chend großen Raum der Wohnbebauung, der Auf Grund seiner räumlichen Nähe und seiner verkehrstechnischen und sozialen Infrastruktur einen insgesamt betrachtet ho¬mogenen Lebens- und Wohnbereich bildet. (2) Unterkunftskosten umfassen die Nettokaltmiete und die kalten Betriebskosten (Ne¬benkosten). Als angemessene Kosten der Unterkunft werden im Stadtgebiet Neumünster folgende Werte festgesetzt:

1 2 3 4 5 6 Anzahl der Personen pro Bedarfsgemeinschaft Abstrakt angemessene Wohnungsgröße Nettokaltmiete pro m2 Kalte Betriebskosten (Nebenkosten) pro m2 Addition Nettokaltmiete und kalte Betriebskosten pro m2 Bruttokaltmiete (Produkt aus Spalte 2 und 5, gerundet) 1 Person 45 m2 4,86 EUR 1,48 EUR 6,34 EUR 286,00 EUR 2 Personen 55 m2 4,65 EUR 1,43 EUR 6,08 EUR 335,00 EUR 3 Personen 70 m2 4,70 EUR 1,36 EUR 6,06 EUR 425,00 EUR 4 Personen 80 m2 4,71 EUR 1,29 EUR 6,00 EUR 480,00 EUR 5 Personen 90 m2 4,60 EUR 1,37 EUR 5,97 EUR 538,00 EUR 6 Personen 100 m2 4,64 EUR 1,19 EUR 5,83 EUR 583,00 EUR

Bei mehr als 6 Personen in einer Bedarfsgemeinschaft findet eine Angemessenheits¬prüfung im Einzelfall statt. Hierbei ist insbesondere die aktuelle Wohnungsmarktlage zu berücksichtigen.

§ 4 Besondere Bedarfe für die Unterkunft

(1) Gemäß § 22b Absatz 3 SGB II soll für Personen mit einem besonderen Bedarf für Un¬terkunft und Heizung eine Sonderregelung getroffen werden. Diese ergibt sich aus den folgenden Absätzen. (2) Für Personen, die das 25. Lebensjahr (U25) noch nicht vollendet haben und aus dem elterlichen Haushalt ausziehen wollen, wird abweichend eine Wohnfläche von bis zu 35 m2 als angemessen anerkannt.

Anzahl der Personen pro Bedarfsgemeinschaft Abstrakt angemessene Wohnungsgröße Nettokaltmiete pro m2 Kalte Betriebskosten (Nebenkosten) pro m2 Addition Nettokaltmiete und kalte Betriebskosten pro m2 Bruttokaltmiete (Produkt aus Spalte 2 und 5, gerundet) 1 Person U 25 35 m2 5,11 EUR 1,54 EUR 6,65 EUR 233,00 EUR

Maßgebend für die Bestimmung der angemessenen Wohnfläche sind die Wohnungs¬größen, die ein vergleichbarer Personenkreis, der nicht mehr bei den Eltern wohnt und sich noch in der beruflichen Orientierungsphase oder Ausbildung bzw. Studium befin¬det, üblicherweise bewohnt. (3) Für alle anderen Personen unter 25 Jahren (z.B, in einer Bedarfsgemeinschaft mit Partner/in oder eigenen Kind/ern oder Einzelpersonen, die sich bereits wirtschaftlich nachhaltig mit eigener Wohnung selbst unterhalten haben) gelten für die angemietete Wohnung die nach § 3 angemessenen Wohnflächen nach Personenzahl. (4) Für Personen, die auf Grund ihres Alters ab Vollendung des 60. Lebensjahres, einer dauerhaften Krankheit, Behinderung oder Pflegebedürftigkeit einen höheren Wohnbe¬darf haben, ist die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft abweichend von § 3 nach der Besonderheit des Einzelfalles festzulegen. (5) Einen besonderen Bedarf für Unterkunft haben weiterhin Personen, die regelmäßig, mindestens vierzehntägig, und über Nacht das Umgangsrecht mit ihrem minderjähri¬gen Kind ausüben und deswegen einen ungedeckten, erhöhten Raumbedarf haben (§ 22b Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB II). Der erhöhte Raumbedarf ist in der Regel erst ge¬geben, wenn das minderjährige Kind das dritte Lebensjahr vollendet hat. Für jedes minderjährige Kind ist die Anzahl der Personen pro Bedarfsgemeinschaft für die um¬gangsbedingt angemessenen Aufwendungen der Unterkunft nach § 3 um eine halbe Stufe zur nächsthöheren Personenzahl zu erhöhen.

§ 5 Heizkosten

Die Angemessenheit der Heizkosten richtet sich nach dem jährlich aktualisierten Bun¬desweiten Heizspiegel. Als angemessen wird hierbei maximal der höchste Wert aus der Spalte "erhöht" der jeweiligen Heizungsart nach Gebäudefläche anerkannt.

§ 6 Besonderheiten für energetisch sanierten Wohnraum

Weist der Vermieter nach, dass er Wohnraum energetisch saniert hat und hierdurch Heizkosteneinsparungen vorliegen oder zu erwarten sind, gelten abweichend von § 3 die nachfolgenden Sätze als angemessen:

1 2 3 4 5 6 Anzahl der Personen pro Bedarfsgemeinschaft Abstrakt angemessene Wohnungsgröße Nettokaltmiete pro m2 Kalte Betriebskosten (Nebenkosten) pro m2 Addition Nettokaltmiete und kalte Betriebskosten pro m2 Bruttokaltmiete (Produkt aus Spalte 2 und 5, gerundet) 1 Person 45 m2 5,17 EUR 1,39 EUR 6,56 EUR 296,00 EUR 2 Personen 55 m2 5,10 EUR 1,13 EUR 6,23 EUR 343,00 EUR 3 Personen 70 m2 5,17 EUR 1,12 EUR 6,29 EUR 441,00 EUR 4 Personen 80 m2 4,71 EUR 1,29 EUR 6,00 EUR 480,00 EUR 5 Personen 90 m2 4,60 EUR 1,37 EUR 5,97 EUR 538,00 EUR 6 Personen 100 m2 4,64 EUR 1,19 EUR 5,83 EUR 583,00 EUR 1 Person U25 35 m2 5,50 EUR 1,37 EUR 6,87 EUR 241,00 EUR

§ 7 Inkrafttreten

Diese Satzung tritt am 01.12.2013 in Kraft."

Als Anlage zur Satzung (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 KdU-Satzung 2013) lag ein "Schlüssiges Konzept" bei, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 444 ff. der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen wird. Die Satzung wurde vom Oberbürgermeister der Antragsgegnerin am 28. November 2013 ausgefertigt und am 30. November 2013 im Holsteinischen Courier bekannt gemacht.

Mit Schreiben vom 5. Februar 2014 forderte das Jobcenter Neumünster die Antragstellerin zur Senkung der Unterkunftskosten auf. Sie wies die Antragstellerin darauf hin, dass derzeit Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 500,00 EUR (inklusive Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung) berücksichtigt würden. Entsprechend der hier streitgegenständlichen Satzung der Antragsgegnerin zur Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft im SGB II- und SGB XII-Bereich vom 28. November 2013 (KdU-Satzung 2013) sei für einen Dreipersonenhaushalt nunmehr eine Bruttokaltmiete von 425,00 EUR angemessen. Die Bruttokaltmiete, die die Antragstellerin zu zahlen habe, betrage zurzeit 585,00 EUR und liege damit erheblich über den angemessenen Unterkunftskosten. Das Jobcenter Neumünster forderte die Antragstellerin daher auf, ihre Unterkunftskosten bis zum 31. Juli 2014 auf den angemessenen Betrag abzusenken. Nach Ablauf von 5 Monaten könne für die derzeitige Wohnung nur noch ein Bedarf in angemessener Höhe berücksichtigt werden.

Am 14. März 2014 beantragte die Antragstellerin, den damals aktuellen Bewilligungsbescheid vom 9. Januar 2014 sowie sämtliche Bewilligungsbescheide rückwirkend bis zum 1. Januar 2013 zu überprüfen und zurückzunehmen, soweit mit diesen Bescheiden nicht die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung berücksichtigt worden sind. Die seit 1. Dezember 2013 geltende KdU-Satzung 2013 sei unwirksam und werde zurzeit im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens auf ihre Gültigkeit hin überprüft. Bis zum Inkrafttreten der KdU-Satzung 2013 habe die Antragsgegnerin überhaupt nicht über ein schlüssiges Konzept verfügt. Deshalb seien die Werte der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Zuschlags von 10 Prozent zu berücksichtigen. Danach habe die Kaltmiete in Höhe von 526,90 EUR zuzüglich Heizkosten als angemessen zu gelten.

Mit Bescheid vom 12. Juni 2014 entsprach das Jobcenter Neumünster dem Überprüfungsantrag der Antragstellerin für den Zeitraum 1. Januar 2013 bis 30. November 2013 in vollem Umfang sowie für den Zeitraum seit dem 1. Dezember 2013 teilweise insoweit, als nunmehr Unterkunftskosten in Höhe von 425,00 EUR zuzüglich der angemessenen Heizkosten berücksichtigt wurden. Mit vier weiteren Bescheiden vom 12. Juni 2014 sollte diese Entscheidung umgesetzt werden. Und zwar für den Zeitraum 1. Januar 2013 bis 31. Januar 2013, 1. Februar 2013 bis 31. Juli 2013, 1. August 2013 bis 31. Januar 2014 und 1. Februar 2014 bis 30. Juni 2014. Der Antragstellerin und ihrer Tochter C wurden für den Zeitraum 1. Januar 2013 bis 30. November 2013 um monatlich 47,50 EUR höhere Leistungen sowie für den Zeitraum 1. Dezember 2013 bis 30. Juni 2014 um monatlich 83,33 EUR höhere Leistungen bewilligt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 400 ff. der Leistungsakte des Jobcenters Bezug genommen. Gegen diese Bescheide legte die Klägerin am 14. Juli 2014 Widerspruch ein. Die Widerspruchsverfahren wurden zunächst ruhend gestellt.

Auch in der Folgezeit berücksichtigte das Jobcenter Neumünster bei seinen Bewilligungsentscheidungen zugunsten der Antragstellerin und ihrer zwei Töchter Bedarfe für Unterkunft in Höhe von insgesamt 425,00 EUR sowie Heizkosten in tatsächlicher Höhe, so mit Bewilligungsbescheid vom 27. Juni 2014 für den Zeitraum 1. August 2014 bis 31. Januar 2015 (Bl. 409 der Leistungsakte des Jobcenters), mit Bewilligungsbescheid vom 6. Januar 2015 für den Zeitraum 1. Februar 2015 bis 31. Januar 2016 (Bl. 434 der Leistungsakte des Jobcenters) und mit Bewilligungsbescheid vom 22. Januar 2016 (und Änderungsbescheiden vom 10. und 17. Februar 2016) für den Zeitraum 1. Februar 2016 bis 31. Januar 2017 (Bl. 475 ff. der Leistungsakte des Jobcenters). Lediglich für den Zeitraum 1. Oktober 2015 bis 31. Januar 2016 waren wegen des vorübergehenden Einzugs eines weiteren Mitbewohners die tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt und kopfteilig auf vier Personen verteilt worden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Änderungsbescheid vom 20. Oktober 2015 (Bl. 457 der Leistungsakte des Jobcenters) Bezug genommen.

Bereits am 22. April 2014 hat die Antragstellerin beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht einen Normenkontrollantrag gestellt. Zur Begründung hat sie zunächst im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Antragsgegnerin entgegen § 2 der KdU-Satzung 2013 nicht über ein schlüssiges Konzept verfüge. Es ergebe sich aus dem Konzept nicht hinreichend deutlich, welche Vermieter zur Bestimmung des Konzepts genau befragt worden seien. Bei der Berechnung der Mietobergrenze habe die Antragsgegnerin auch nicht in einer Weise auf einen gewichteten arithmetischen Mittelwert der gehobenen Bestandsmieten zurückgegriffen, wie dies vom Bundessozialgericht bevorzugt werde. Auch seien die Angebotsmieten bei der Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises nicht hinreichend und nicht zutreffend berücksichtigt worden. Zu Unrecht habe die Antragsgegnerin auch die angemessene Wohnfläche um jeweils 5 m² gegenüber den sonst geltenden Förderobergrenzen im sozialen Wohnungsbau reduziert. Nur in Ballungsräumen könne in der Regel davon ausgegangen werden, dass die von Personen im Niedrigeinkommensbereich bewohnten Wohnungen durchschnittlich kleiner seien als die Werte der aktuellen Wohnraumförderung. Statistische Daten zeigten, dass dies im Gebiet der Antragsgegnerin nicht der Fall sei. Auch die Regelungen für Personen unter 25 Jahren und die Bestimmung zu den Heizkosten entspreche nicht den Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Nachdem die Antragsgegnerin zwischenzeitlich bereits eine weitere Satzung zur Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft im SGB II- und SGB XII-Bereich vom 7. November 2014 (KdU-Satzung 2014) erlassen hatte, die zum 1. Dezember 2014 in Kraft getreten war und gleichzeitig die KdU-Satzung 2013 hatte außer Kraft treten lassen (§ 6 KdU-Satzung 2014; wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 74 f. der Gerichtsakte Bezug genommen), hat die Ratsversammlung der Antragsgegnerin am 15. September 2015 einstimmig folgende weitere Satzung beschlossen:

Tenor:

"Satzung der Stadt Neumünster zur Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft im SGB II- und im SGB XII-Bereich (KdU-Satzung)

Auf Grund der §§ 22a bis 22c Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende - in der Fassung der Bekanntmachung vom 13.05.2011 (BGBI. I S. 850), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 24.06.2015 (BGBI. I S. 974), i.V.m. § 2a des Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und des § 6b Bundeskinder¬geldgesetz (AG-SGB II/BKKG) vom 27.05.2011, zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 10.12.2014 (GVOBI. Schl.-H. S. 473), und §§ 4, 27 Abs. 1, 28 Satz 1 Nr. 2 der Gemeindeordnung für Schleswig¬-Holstein (Gemeindeordnung - GO -) in der Fassung vom 28.02.2003 (GVOBI. Schl.-H. S. 57), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 05.05.2015 (GVOBI. Schl.-H. S. 105) wird nach Beschlussfassung durch die Ratsversammlung vom 15.09.2015 folgende Satzung erlassen:

§ 1 Anwendungsbereich

(1) Diese Satzung regelt für das Gebiet der Stadt Neumünster die Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft (§§ 22, 22a SGB II). (2) Diese Satzung gilt nach § 35a Satz 1 SGB XII auch für die Stadt Neumünster als örtli¬chem Träger der Sozialhilfe.

§ 2 Datenerhebung, -auswertung und -überprüfung

(1) Zur Bestimmung der angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft sind geeignete statistische Daten erhoben und ausgewertet und im Januar 2013 ein schlüssiges Kon¬zept erstellt worden. (2) Zur Methodik der Datenerhebung und -auswertung wird auf die Begründung verwie¬sen. Diese ist als Anlage Bestandteil dieser Satzung (§ 22c Abs. 1 SGB II). (3) Die Stadt Neumünster wird die durch Satzung bestimmten Werte für die Unterkunft einschließlich der erhobenen und ausgewerteten Daten mindestens alle zwei Jahre überprüfen und gegebenenfalls neu festsetzen (§ 22c Abs. 2 SGB II).

§ 3 Angemessenheit der Unterkunftskosten

(1) Maßgeblicher örtlicher Vergleichsraum ist das gesamte Stadtgebiet der Stadt Neu¬münster. Bei dem Stadtgebiet der Stadt Neumünster handelt es sich um einen ausrei¬chend großen Raum der Wohnbebauung, der Auf Grund seiner räumlichen Nähe, seiner verkehrstechnischen und sozialen Infrastruktur einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet. (2) Unterkunftskosten umfassen die Nettokaltmiete und die kalten Betriebskosten (Nebenkosten). Als angemessene Kosten der Unterkunft werden im Stadtgebiet Neumünster folgende Werte festgesetzt:

1 2 3 4 5 6 Anzahl der Personen pro Bedarfsgemeinschaft Abstrakt angemessene Wohnungsgröße Nettokaltmiete pro m2 Kalte Betriebskosten (Nebenkosten) pro m2 Addition Nettokaltmiete und kalte Betriebskosten pro m2 Bruttokaltmiete (Produkt aus Spalte 2 und 5, gerundet) 1 Person 45 m2 5,00 EUR 1,64 EUR 6,64 EUR 299,00 EUR 2 Personen 55 m2 4,77 EUR 1,60 EUR 6,37 EUR 351,00 EUR 3 Personen 70 m2 4,82 EUR 1,52 EUR 6,34 EUR 444,00 EUR 4 Personen 80 m2 4,83 EUR 1,44 EUR 6,27 EUR 502,00 EUR 5 Personen 90 m2 4,72 EUR 1,53 EUR 6,25 EUR 563,00 EUR 6 Personen 100 m2 4,76 EUR 1,33 EUR 6,09 EUR 609,00 EUR

Bei mehr als 6 Personen in einer Bedarfsgemeinschaft findet eine Angemessenheits¬prüfung im Einzelfall statt. Hierbei ist insbesondere die aktuelle Wohnungsmarktlage zu berücksichtigen.

§ 4 Besondere Bedarfe für die Unterkunft

(1) Gemäß § 22b Absatz 3 SGB II soll für Personen mit einem besonderen Bedarf für Unterkunft und Heizung eine Sonderregelung getroffen werden. Diese ergibt sich aus den folgenden Absätzen. (2) Für Personen, die auf Grund ihres Alters ab Vollendung des 60. Lebensjahres, einer dauerhaften Krankheit, Behinderung oder Pflegebedürftigkeit einen höheren Wohnbedarf haben, ist die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft abweichend von § 3 nach der Besonderheit des Einzelfalles festzulegen. (3) Einen besonderen Bedarf für Unterkunft haben weiterhin Personen, die regelmäßig, mindestens vierzehntägig, und über Nacht das Umgangsrecht mit ihrem minderjährigen Kind ausüben und deswegen einen ungedeckten, erhöhten Raumbedarf haben (§ 22b Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB II). Der erhöhte Raumbedarf ist in der Regel erst gegeben, wenn das minderjährige Kind das dritte Lebensjahr vollendet hat. Für jedes minderjährige Kind ist die Anzahl der Personen pro Bedarfsgemeinschaft für die umgangsbedingt angemessenen Aufwendungen der Unterkunft nach § 3 um eine halbe Stufe zur nächsthöheren Personenzahl zu erhöhen.

§ 5 Besonderheiten für energetisch sanierten Wohnraum

Weist der Vermieter nach, dass er Wohnraum energetisch saniert hat und hierdurch Heizkosteneinsparungen vorliegen oder zu erwarten sind, gelten abweichend von § 3 die nachfolgenden Sätze als angemessen:

1 2 3 4 5 6 Anzahl der Personen pro Bedarfsgemeinschaft Abstrakt angemessene Wohnungsgröße Nettokaltmiete pro m2 Kalte Betriebskosten (Nebenkosten) pro m2 Addition Nettokaltmiete und kalte Betriebskosten pro m2 Bruttokaltmiete (Produkt aus Spalte 2 und 5, gerundet) 1 Person 45 m2 5,73 EUR 1,45 EUR 6,90 EUR 324,00 EUR 2 Personen 55 m2 5,30 EUR 1,23 EUR 6,53 EUR 360,00 EUR 3 Personen 70 m2 5,38 EUR 1,22 EUR 6,60 EUR 462,00 EUR 4 Personen 80 m2 4,90 EUR 1,41 EUR 6,31 EUR 505,00 EUR 5 Personen 90 m2 4,78 EUR 1,49 EUR 6,27 EUR 565,00 EUR 6 Personen 100 m2 4,83 EUR 1,30 EUR 6,12 EUR 613,00 EUR

§ 6 Inkrafttreten

Diese Satzung tritt am 01.10.2015 in Kraft. gleichzeitig tritt die Satzung der Stadt Neumünster zur Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft im SGB II- und SGB XII- Bereich vom 07.11.2014 außer Kraft."

Als Anlage ist auch dieser Satzung (KdU-Satzung 2015) ein schlüssiges Konzept beigefügt worden, das nach § 2 Abs. 2 Satz 2 KdU-Satzung 2015 Bestandteil der Satzung geworden ist. Wegen der Einzelheiten des Konzepts wird auf Bl. 89 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen.

Die KdU-Satzung 2015 ist am 17. September 2015 durch den Oberbürgermeister der Antragsgegnerin ausgefertigt und am 24. September 2015 im Holsteinischen Courier ortsüblich bekannt gemacht worden.

Mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2015 hat die Antragstellerin den Normenkontrollantrag auch ausdrücklich auf diese Satzung der Antragsgegnerin zur Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft im SGB II- und im SGB XII-Bereich vom 17. September 2015 erstreckt. Sie hat ihr bisheriges Vorbringen auch im Hinblick auf diese Satzung weiter vertieft.

Sie beantragt,

die Satzungen der Antragsgegnerin zur Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft im SGB II- und im SGB XII-Bereich vom 28. November 2013 und vom 17. September 2015 für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie hält die Satzung für rechtmäßig.

Dem Senat haben die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin und die die Antragstellerin betreffenden Leistungsakten des Jobcenters vorgelegen. Auf diese Akten und auf die Gerichtsakte wird wegen des der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalts ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Normenkontrollanträge haben Erfolg.

I. Gegenstand des Normenkontrollverfahrens ist sowohl die Satzung der Antragsgegnerin zur Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft im SGB II- und SGB XII-Bereich vom 28. November 2013 (KdU-Satzung 2013) als auch die Satzung der Antragsgegnerin zur Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft im SGB II- und SGB XII-Bereich vom 17. September 2015 (KdU-Satzung 2015), auf die die Antragstellerin den Normenkontrollantrag mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2015 erweitert hat. Diese Erweiterung ist nach § 99 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als Klageänderung zulässig, weil die Antragsgegnerin in die Änderung des Antrags eingewilligt, sich insbesondere mit Schriftsatz vom 16. November 2015 auf den erweiterten Antrag sachlich eingelassen hat (vgl. § 99 Abs. 2 SGG).

Nicht Gegenstand des Normenkontrollverfahrens ist dagegen die Satzung der Antragsgegnerin zur Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft im SGB II- und SGB XII-Bereich vom 7. November 2014 (KdU-Satzung 2014) geworden. Die Antragstellerin hat ihren Normenkontrollantrag weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung auch auf diese Satzung erweiterst. Eine solche ausdrückliche Klagänderung wäre jedoch erforderlich gewesen, denn die Antragsgegnerin hat vorliegend jeweils unter vollständiger Aufhebung der Vorgängersatzung eine neue, rechtlich eigenständige KdU-Satzung in Kraft gesetzt. Es liegt daher auch nicht die Fallgestellung des § 99 Abs. 3 SGG vor, wonach die KdU-Satzung 2014 mit der KdU-Satzung 2013 in der Weise mitangefochten gelten könnte, dass eine Erstreckung des Antrags auch auf diese Satzung nicht als Klage- bzw. Antragsänderung anzusehen wäre. Dies wär nur dann denkbar, wenn die angegriffene Satzung zwischenzeitlich lediglich durch Änderungssatzungen geändert worden wäre.

II. Die Normenkontrollanträge sind zulässig. Die Anträge sind nach § 55 a Abs. 1 SGG statthaft. Die Antragstellerin begehrt die Verwerfung zweier Satzungen nach § 22 a Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in Verbindung mit § 2 a des Schleswig-Holsteinischen Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und des § 6 b Bundeskindergeldgesetz (AG-SGB II/BKGG).

Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Den Antrag kann jede natürliche Person stellen, die geltend macht, durch die Anwendung der Rechtsvorschrift in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden (§ 55 a Abs. 2 Satz 1 SGG). Ausreichend ist – wie bei der Klagebefugnis (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG) – zumindest die Möglichkeit einer Rechtsverletzung; es reicht allerdings sogar eine nur drohende Rechtsverletzung aus. Dies ist hier der Fall. Die Antragstellerin ist von den angegriffenen Satzungen betroffen. Sie hat in ihrem Geltungszeitraum beim Jobcenter Neumünster durchgehend im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestanden. Für die mit ihren beiden minderjährigen Töchtern bewohnte ca. 95 m² große Dreizimmerwohnung im Gebiet der Antragsgegnerin hat sie im Jahr 2013 eine Bruttowarmmiete von monatlich 730,00 EUR gezahlt. Zum 1. Dezember 2013 hat die Bruttowarmmiete 720,00 EUR betragen und ist danach im Wesentlichen unverändert geblieben. Abzüglich Heizkosten in Höhe von etwa monatlich 150,00 EUR errechnet sich daraus ein Unterkunftsbedarf von monatlich ca. 570,00 EUR brutto kalt, der seitens des Jobcenters – mit Ausnahme des kurzen Zeitraums der Wohnnutzung durch vier Personen im Zeitraum Oktober 2015 bis Januar 2016 – auf Grundlage der angegriffenen Satzungen nur in Höhe von 425,00 EUR gedeckt worden ist. Vor diesem Hintergrund kann auch eine Rechtsverletzung nicht von vornherein ausgeschlossen werden, weil die Antragstellerin bei Unwirksamkeit der angegriffenen Satzungen – die sie substantiiert geltend macht – nach Maßgabe der §§ 19 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 Satz 1, 22 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zumindest zeitweise Anspruch auf höhere Leistungen unter Berücksichtigung eines Bedarfs von bis zu 526,90 EUR (bis 31. Dezember 2015) bzw. in tatsächlicher Höhe (seit 1. Januar 2016) haben könnte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach höchstrichterlicher Rechtsprechung bei endgültigem Fehlen eines schlüssigen Konzepts als Angemessenheitsobergrenze der für den Wohn-ort maßgebliche Tabellenwert nach § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zuzüglich eines zehnprozentigen Sicherheitszuschlags zugrunde zu legen ist (vgl. nur BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 – B 4 AS 87/12 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 73). Für Neumünster (Mietstufe III) errechnet sich daraus für den Zeitraum bis Ende 2015 der o.g. Wert; der sich für den Zeitraum ab 1. Januar 2016 auf Grundlage des § 12 WoGG in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Wohngeldrechts und zur Änderung des Wohnraumförderungsgesetzes vom 2. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1610) rechnerisch ergebende Wert von 619,30 EUR liegt bereits oberhalb der tatsächlichen kalten Unterkunftskosten.

III. Die Normenkontrollanträge sind auch begründet. Die Satzungen der Antragsgegnerin zur Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft im SGB II- und SGB XII-Bereich vom 28. November 2013 und 17. September 2015 (KdU-Satzungen 2013 und 2015) sind ungültig; die sind daher für unwirksam zu erklären (§ 55 a Abs. 5 Satz 2 SGG).

1. Allerdings besteht eine dem Grunde nach hinreichende gesetzliche Ermächtigung zum Erlass der angegriffenen Satzungen. Nach § 22 a Abs. 1 Satz 1 SGB II können die Länder die Kreise und kreisfreien Städte durch Gesetz dazu ermächtigen, durch Satzung zu bestimmen, in welcher Höhe die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in ihrem Gebiet rechtmäßig sind. Von dieser Ermächtigung hat das Land Schleswig-Holstein durch § 2 a des Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und des § 6 b Bundeskindergeldgesetz (AG-SGB II/BKGG) vom 27. Mai 2011 (GVOBl. Schl.-H. S. 146) umfassend Gebrauch gemacht.

2. Beide Satzungen sind auch formell rechtmäßig. Sie genügen insbesondere den bundes- und landesrechtlichen Anforderungen an das Verfahren der Satzungsgebung. Die Satzungsbeschlüsse sind von der zuständigen Ratsversammlung (§§ 27 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5, 28 Satz 1 Nr. 2 Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein (GO) mit der erforderlichen Stimmenmehrheit (§ 39 Abs. 1 GO) angenommen worden. Die Satzungen sind ferner auch vom Oberbürgermeister ausgefertigt (§ 2 Abs. 2 GO) und jeweils ortsüblich im Holsteinischen Courier bekannt gemacht worden. Die Bekanntmachung hat auch das so genannte "Schlüssige Konzept" umfasst, das als Anlage zu § 2 Abs. 2 KdU-Satzung 2013 und 2015 Gegenstand der Satzung geworden ist. Insoweit ist auch dem spezifischen Begründungserfordernis der §§ 22 b Abs. 2 Satz 1, 22 c Abs. 1 Satz 4 SGB II entsprochen worden. Weitere verfahrensrechtliche Wirksamkeitsvoraussetzungen wie etwa ein Zustimmungserfordernis der zuständigen obersten Landesbehörde (§ 22 a Abs. 1 Satz 2 SGB II) sieht das schleswig-holsteinische Landesrecht nicht vor.

3. Beide KdU-Satzungen sind jedoch materiell rechtswidrig. § 3 Abs. 2 und § 6 KdU-Satzung 2013 bzw. § 3 Abs. 2 und § 5 KdU-Satzung 2015 sind mit § 22 b Abs. 1 i.V.m. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II unvereinbar, soweit die Antragsgegnerin die angemessenen Wohnflächen jeweils abweichend von den landesrechtlichen Förderbestimmungen im sozialen Wohnungsbau festgesetzt hat. (dazu unter a). Weil diese niedrigeren Werte Eingang in die Produktbildung zur Bestimmung der preislichen Angemessenheitsgrenze gefunden haben, ist die Festsetzung der angemessenen Bruttokaltmiete insgesamt unwirksam (dazu unter b), obwohl die Ermittlung des angemessenen Quadratmeterpreises für sich genommen den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept genügt und materiell nicht zu beanstanden ist (dazu unter c). Die Unwirksamkeit der §§ 3 Abs. 2 und 6 KdU-Satzung 2013 bzw. der §§ 3 Abs. 2, 5 KdU-Satzung 2015 führt, weil die verbleibenden Vorschriften für sich genommen keinen eigenständigen Regelungsgehalt mehr aufweisen, zur Unwirksamkeit der Satzungen insgesamt (dazu unter d). Deshalb bedarf es keiner besonderen Feststellung mehr, dass § 5 KdU-Satzung 2013 auch mit § 22 b Abs. 1 Satz 2 SGB II unvereinbar ist (dazu unter e) und § 4 Abs. 2 KdU-Satzung 2013 gegen § 22 b Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II verstößt (dazu unter f). Ob die Regelungen des § 4 Abs. 4 KdU-Satzung 2013 bzw. § 4 Abs. 2 KdU-Satzung 2015 mit § 22 b Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II vereinbar sind, kann ebenso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob § 4 Abs. 5 KdU-Satzung 2013 bzw. § 4 Abs. 3 KdU-Satzung 2015 mit § 22 b Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB II vereinbar sind (dazu unter g).

a) Die Bestimmung der abstrakt angemessenen Wohnfläche in § 3 Abs. 2 und § 6 KdU-Satzung 2013 bzw. in § 3 Abs. 2 und § 5 KdU-Satzung 2015 für Bedarfsgemeinschaften mit einer Person auf 45 m2, mit zwei Personen auf 55 m2 mit drei Personen 70 m2, mit vier Personen auf 80 m2, für fünf Personen auf 90 m2 und für sechs Personen auf 100 m2 ist durch § 22 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II nicht gedeckt, weil die Festsetzungen den materiellen Anforderungen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II an die Angemessenheit der Wohnfläche nicht entsprechen.

Die angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft werden in der Grundsicherung für Arbeitsuchende wie bereits zuvor in der Sozialhilfe in ständiger Rechtsprechung nach Maßgabe der Produkttheorie bestimmt. Preislich angemessen ist eine Wohnung, für die Aufwendungen maximal in Höhe eines Betrags zu tätigen sind, der sich aus dem Produkt aus abstrakt angemessenem Quadratmeterpreis und abstrakt angemessener Wohnfläche errechnet (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 10/06 R – BSGE 97, 213 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, Rn. 24). Angemessen ist dabei generell eine Wohnung, die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 18/06 RBSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, Rn. 20) und – mit Blick (auch) auf die Wohnungsgröße – einen "bescheidenen Zuschnitt" hat (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 RBSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, Rn. 14). Insoweit hat das Bundessozialgericht von vorherein Bezug genommen auf die Flächengrenzen in den landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen über die Förderung des sozialen Wohnungsbaus (vgl. (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 10/06 R – BSGE 97, 213 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, Rn. 24), obwohl es erkannt hat, dass damit auf Festlegungen der einzelnen Länder zurückgegriffen wird, deren Maßstäbe weitgehend unklar sind und deren Zwecke nicht mit dem der Angemessenheitsprüfung in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II übereinstimmen (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 RBSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, Rn. 15 f.).

In Reaktion auf diese Rechtsprechung ermächtigt § 22 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II dazu, in der Satzung zu bestimmen, welche Wohnfläche entsprechend der Struktur des örtlichen Wohnungsmarktes als angemessen anerkannt wird. Ziel dieser Regelung ist es, den Rückgriff auf die empirisch wenig tragfähigen und auf die konkreten örtlichen Gegebenheiten keine Rücksicht nehmenden landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen über die Förderung des sozialen Wohnungsbaus und die dort reglementierten Flächengrenzen zumindest im Rahmen der Satzungsgebung obsolet zu machen (vgl. Luik, in: Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 22 b Rn. 3). Schon aus dem Gesetzeswortlaut ("entsprechend der Struktur des örtlichen Wohnungsmarktes") und der Entstehungsgeschichte (vgl. BT-Drucks. 17/3404, S. 101) folgt jedoch, dass der Träger die Bestimmung der angemessenen Wohnfläche auch im Rahmen der Satzungsgebung nicht im Wege freihändiger, kommunalpolitisch motivierter Setzung vornehmen darf, sondern dass es belastbare Daten über den örtlichen Wohnungsmarkt geben muss, um von den Flächengrenzen im sozialen Wohnungsbau abweichen zu können (LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14. Juli 2015 – L 6 AS 41/15 B ER). Hinzu kommt, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung aus dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz [GG]) zu Recht erhöhte Verfahrensanforderungen an die Konkretisierung des abstrakt angemessenen Unterkunftsbedarfs durch untergesetzliche Normsetzung abgeleitet hat (BSG, Urteil vom 17. Oktober 2013 – B 14 AS 70/12 RBSGE 114, 257 = SozR 4-4200 § 22 a Nr 1, Rn. 34). Dementsprechend muss auch die abweichende Wohnflächenfestsetzung im Rahmen einer Satzung – ausgehend vom Kriterium des "bescheidenen Zuschnitts" – wie die Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises auf einem schlüssigen Konzept beruhen (vgl. zum schlüssigen Konzept allgemein BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 RBSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 30), d.h. auf einem planmäßigen Vorgehen im Sinne einer Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich ort- und zeitbedingter Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum (vgl. Knickrehm, SozSich 2015, 287, 289).

Die Bestimmung der angemessenen Wohnfläche im Rahmen eines schlüssigen Konzepts orientiert sich dabei nach Überzeugung des erkennenden Senats im Ausgangspunkt an denselben Grundsätzen wie die Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises. Generell gehen der Begriff des schlüssigen Konzepts und die hinter ihm stehende Idee von "kontrollierter Methodenfreiheit bei Methodenvielfalt" (Knickrehm, a.a.O, S. 287) aus. Der kommunale Träger ist nicht von vornherein an eine bestimmte Methodik gebunden, sondern kann nach Maßgabe der vorliegenden oder für ihn erreichbaren Erkenntnisquellen aus mehreren denkbaren Methoden diejenige auswählen, die nach seiner Einschätzung eine sachgerechte Aussage über die angemessene Wohnfläche erlaubt.

Dabei müssen das Konzept des Trägers und die ihm zugrunde liegenden Daten (absolute) Aussagen darüber zulassen, welche Wohnungsgrößen in seinem Gebiet als angemessen gelten können, wobei zur Bestimmung des "bescheidenen Zuschnitts" auf die Referenzgruppe der unteren Einkommensschichten, die nicht auf staatliche Transferleistungen angewiesen sind abzustellen ist (vgl. zu § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II BSG, Urteil vom 22. August 2012 – B 14 AS 13/12 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 64, Rn. 30 ). Nicht den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept genüg es hingegen genügen, die angemessenen Wohnflächen – ohne empirische Aussagen zu den tatsächlichen Wohn- und Lebensverhältnissen unterer Einkommensschichten vor Ort – lediglich relativ abweichend von den Flächengrenzen im sozialen Wohnungsbau festzusetzen, wenn empirische Daten lediglich die Annahme rechtfertigen, dass im Gebiet des kommunalen Trägers allgemein größere oder kleinere Wohnungen vorhanden sind als im Landesdurchschnitt. Denn die Gründe für die Wohnungsgröße in einer bestimmten Region sind vielfältig und hängen insbesondere auch mit der Haushaltsgröße und den Bevölkerungsstrukturen zusammen. Angesichts der aus dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum folgenden Anforderungen gilt dies jedenfalls, im vorliegenden Falle sind jeweils 5 m2 (vgl. Nr. 3.2.2 der Verwaltungsbestimmungen zum Schleswig-Holsteinischen Wohnraumförderungsgesetz [VB-SHWoFG] vom 22. August 2012 [Amtsbl. Sch.-H. 2012, S. 790, berichtigt S. 970]) – von den Werten der landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus nach unten abgewichen werden soll. Weil diese Werte nicht auf einer empirisch tragfähigen und validen Datengrundlage beruhen, zugrundlegend anderen Zwecken als der Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten i.S. des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhoben wurden und keine Aussage darüber zulassen, in welchen Wohnungsgrößen Bezieher unterer Einkommen in Schleswig-Holstein wohnen, ist es methodisch unzulässig und damit konzeptionell unschlüssig, diesen Wert als Basiswert zugrunde zu legen und die angemessene Wohnfläche relativ abweichend vom landesweiten Wert zu bestimmen. Vom Erfordernis statistischer Erhebungen über den von Niedrigeinkommensbeziehern bewohnten Wohnraum geht wohl auch das Schrifttum aus, wenn eine Orientierung an den Wohnflächen empfohlen wird, "die auf dem örtlichen Markt für Haushalte im Niedrigeinkommensbereich ohne Transferleistungsbezug üblich sind" (Piepenstock, in: jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 22 b Rn. 19) und wenn gefordert wird, dass Satzungsregelungen auf "hinreichend realitätsgerechten und nachvollziehbaren Erhebungen zum typischen Wohnbedarf der jeweils betroffenen Gruppen von Personen" gestützt sein müssen (so Knickrehm, SozSich 2015, 287, 292 hier zu Regelungen i.S. von § 22 b Abs. 3 SGB II).

Diesen Anforderungen wird das Konzept der Antragsgegnerin zur Bestimmung der angemessenen Wohnfläche nicht gerecht.

Zur Begründung der Festsetzung der angemessenen Wohnflächen besagt Ziff. 3.1 ("Ermittlung angemessener Wohnraumgrößen") der Anlage zu § 2 Abs. 2 der KdU-Satzung 2013 wie auch der KdU-Satzung 2015, dass die Festlegungen auf dem erhobenen Datenbestand beruhten, der ausreichend Wohnraum für jede Personengruppe ausweise. Es werde davon ausgegangen, dass bei Hochrechnung der Stichprobe auf den Gesamtwohnungsbestand für alle Bedarfsgruppen ausreichend Wohnraum zur Verfügung stehe. Dafür streite, dass die statistische Durchschnittsgröße der Haushalte im Gebiet der Antragsgegnerin bei 2,1 Personen liege, der Anteil der Wohnungen mit für Ein- und Zweipersonenhaushalte als angemessen anerkannten Wohnungsgrößen (also bis 55 m2) im Vergleich bei 46 Prozent liege.

Diese bei der Konzeptbildung berücksichtigten Daten lassen keinerlei Rückschlüsse darauf zu, welche durchschnittlichen Wohnflächen Ein-, Zwei- oder gar Mehrpersonenhaushalte in Neumünster nutzen. Vielmehr geht die Antragsgegnerin im Ansatz vom vorhandenden (Miet-)Wohnraum aus und argumentiert damit, (theoretisch) alle Ein- und Zweipersonenhaushalte in Wohnungen bis zu 55 m2 Größe unterbringen zu können, da diese Wohnungen nach ihrer Erhebung 46 Prozent des Mietwohnungsmarktes ausmachen und die Durchschnittshaushaltsgröße in Neumünster 2,1 Personen betrage. Implizit will die Antragsgegnerin damit offenbar aussagen, dass Haushalte mit 2,0 oder weniger Personen weniger als die Hälfte der Wohnungen benötigten. Schon dieser Rückschluss ist – worauf der 6. Senat schon im Rahmen eines Eilverfahrens hingewiesen hatte (LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14. Juli 2015 – L 6 AS 41/15 B ER) – indes nicht plausibel. Denn statistisch ist es ohne Weiteres möglich, dass bei einer durchschnittlichen Haushaltsgröße von 2,1 Personen (weit) mehr als die Hälfte aller Wohnungen von Ein- und Zweipersonenhaushalten genutzt wird. Tatsächlich waren im Jahr 2011 in Neumünster 74,5 Prozent aller privaten Haushalte entweder Ein- oder Zweipersonenhaushalte (Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein [Hrsg.], Zensus 2011 – Bevölkerung und Haushalte, Kreisfreie Stadt Neumünster am 9. Mai 2011, S. 33). Der Zensus lässt daher vermuten, dass Ein- und Zweipersonenhaushalte tatsächlich durchschnittlich auf größeren Flächen wohnen als von der Antragsgegnerin in ihren Konzepten als angemessen zugrunde gelegt hat. Auch dies ist letztlich durch die im Rahmen des Zensus 2011 erhobenen Daten gestützt, denen zufolge nur 12 Prozent der Einpersonenhaushalte auf unter 40 m2 wohnen, während 38 Prozent der Einpersonenhaushalte auf einer Fläche von 40 bis 59 m2 leben und den verbleibenden 50 Prozent der Einpersonenhaushalte sogar Wohnflächen von mehr als 60 m2 zur Verfügung stehen (Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein [Hrsg.], Zensus 2011 – Gebäude und Wohnungen sowie Wohnverhältnisse der Haushalte, Kreisfreie Stadt Neumünster am 9. Mai 2011, S. 19 f.). Zwar ist denkbar und nicht unwahrscheinlich, dass gerade die relevante Vergleichsgruppe der Bezieher unterer Einkommen auf tendenziell kleineren Flächen wohnt. Ohne eine Erhebung der spezifischen Wohn- und Lebensverhältnisse gerade dieser Vergleichsgruppe ist jedoch eine schlüssige Festsetzung der Wohnflächen in der von der Antragsgegnerin vorgenommenen Weise nicht zulässig.

Auch die Ergänzung der Begründung der abweichenden Wohnflächenfestsetzung mit Schriftsatz vom 9. Februar 2016 führt nicht dazu, dass der Senat nach den genannten Maßstäben vom Vorliegen eines schlüssigen Konzepts ausgehen könnte.

Dabei ist zweifelhaft ob die Erwägungen, die die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 9. Februar 2016 gegenüber dem Senat zur Rechtfertigung der Abweichung von Landesausführungsbestimmungen im sozialen Wohnungsbau vorgetragen hat, bei der Bewertung des schlüssigen Konzepts überhaupt beachtlich sind. In Frage steht die Beachtlichkeit der nur schriftlich ergänzten Erwägungen vor allem deshalb, weil der Satzung nach § 22 b Abs. 2 Satz 1 SGB II eine Begründung beizufügen ist, in der darzulegen ist, wie die Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung ermittelt wird (§ 22 b Abs. 2 Satz 2 SGB II). Die Begründung ist deshalb Bestandteil der Satzung (Luik, in: Eicher, a.a.O., § 22 b Rn. 8). Der nachgeschobene Begründungsteil weist jedoch die Form der Satzung nicht auf und hat an der demokratischen Legitimation des Satzungsbeschlusses durch die Ratsversammlung keinen Anteil. Andererseits entspricht das (zulässige) Nachschieben von Gründen allgemein sozialverwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen (vgl. § 41 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X]) und führt auch in anderen Rechtsbereichen – dort allerdings kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung – eine unvollständige Begründung nicht zur Unwirksamkeit der Satzung (vgl. z.B. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Baugesetzbuch (BauGB); hier ersetzt die bloße Auskunftserteilung die unvollständige Begründung, § 214 Abs. 1 Satz 2 BauGB). Einer Entscheidung dieser Frage bedarf es allerdings schon deshalb nicht, weil die Festsetzungen der angemessenen Wohnflächen abweichend von den Flächengrenzen im sozialen Wohnungsbau auf 45 m² für Einpersonenhaushalte, 55 m² für Zweipersonenhaushalte, 70 m² für Dreipersonenhaushalte, 80 m² für Vierpersonenhaushalte, 90 m² für Fünfpersonenhaushalte und 100 m² für Sechspersonenhaushalte auch dann nicht auf einem schlüssigen Konzept beruht, wenn man die von der Antragsgegnerin nachgeschobenen Begründungselemente zugrunde legte.

Zentraler Gesichtspunkt der seitens der Antragsgegnerin ergänzten Begründung ist, dass die durchschnittliche Wohnungsgröße in ihrem Gebiet nur 78,4 m2 betrage, während sie im Landesdurchschnitt bei 87,9 m2 liege. Dafür sei zum einen maßgeblich, dass nur 40,7 Prozent der Wohnungen im Stadtgebiet auf Ein- und Zweifamilienhäuser entfiele (gegenüber 53,9 Prozent im Landesdurchschnitt), zum anderen gehöre in Neumünster ein erheblicher Teil der Wohnungen zum Wohnungsbestand größerer Wohnungsunternehmen, die ganz überwiegend kleinere Wohnungen anbieten würden. So wiesen in Neumünster 54,1 Prozent des Bestands der größeren Wohnungsbauunternehmen eine Fläche von unter 60 m2 auf, während im Landesdurchschnitt nur 40 Prozent der Wohnungen unter 60 m2 groß seien. Im Übrigen zeige auch eine aktuelle interne Auswertung, dass die tatsächliche Wohnungsbelegung der unteren Einkommensgruppen der Struktur des Wohnungsmarktes entspreche. Danach wohnten 46 Prozent aller leistungsbeziehenden Haushalte (SGB-II-Leistungen, SGB-XII-Leistungen und Wohngeld) in Wohnungen mit einer Wohnfläche von unter 55 m2.

Auch dieser Begründungsansatz ist zur Rechtfertigung der vorgenommenen Festsetzung der Wohnflächengrenzen ungeeignet. Denn auch die hier in Bezug genommenen Daten lassen keinen Rückschluss darauf zu, auf welcher Wohnfläche der durchschnittliche Haushalt der jeweiligen Haushaltsgröße allgemein bzw. der durchschnittliche Haushalt der jeweiligen Haushaltsgröße in einem bestimmten (unteren) Einkommenssegment wohnt. Soweit die Antragsgegnerin diesen Bezug über die statistische Auswertung des Wohnungsbestands der im Bezug von existenzsichernden Leistungen oder von Wohngeld stehenden Haushalte herzustellen versucht, gelingt auch dies schon im Ansatz nicht, weil damit ebenfalls keine Aussage über die durchschnittliche Wohnungsgröße bestimmter Haushaltstypen erzielbar ist. Zweifel an der Aussage, dass Bezieher von Grundsicherungsleistungen durchschnittlich Wohnraumgrößen von 45 m2 für Ein- und unter 55 m2 für Zweipersonenhaushalte nutzen – für die größeren Haushalte legt die Antragsgegnerin gar keinen Begründungsansatz vor –, ergeben sich vielmehr daraus, dass nach den Ermittlungen der Antragsgegnerin lediglich 47 Prozent der Bedarfsgemeinschaften auf unter 55 m2 wohnen, während nach der aktuellen Grundsicherungsstatistik von 5.524 SGB-II-Bedarfsgemeinschaften im Leistungsbezug beim Jobcenter Neumünster insgesamt 73 Prozent Ein- (2.990 Bedarfsgemeinschaften) oder Zweipersonenbedarfsgemeinschaften (1.041 Bedarfsgemeinschaften) sind (Bundesagentur für Arbeit [Hrsg.], Arbeitsmarkt in Zahlen – Statistik der Grundsicherung für Arbeitsuchende, Bedarfsgemeinschaften und deren Mitglieder, Juni 2016, Ziffer 3.1). Aus dieser Gegenüberstellung folgt, dass eine große Zahl der aus ein oder zwei Personen bestehenden Bedarfsgemeinschaften in Wohnungen lebt, die größer als 55 m² sind. Überdies hat das Bundessozialgericht – zur Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises – bereits entschieden, dass besondere Anforderungen zu stellen sind, wenn als Datengrundlage nur Wohnungen von Leistungsbeziehern zugrunde gelegt werden, um ein selbstreferenzielles System zu verhindern (BSG, Urteil vom 6. Oktober 2011 – B 14 AS 131/10 R, Rn. 22). Nach diesen Maßstäben wäre es zweifelhaft, ob aus einem – hier ohnehin nicht ermittelbaren – Durchschnittswert der sich für die einzelnen Bedarfsgemeinschaftsgrößen ergebenden Wohnflächen ohne weiteres auf die Angemessenheit der Wohnfläche für die jeweilige Haushaltsgröße geschlossen werden könnte.

Selbst wenn man schließlich – entgegen der oben dargestellten wohl herrschenden Meinung – eine gegenüber den Werten der Wohnraumförderungsbestimmungen lediglich relativ abweichende Festsetzung der Flächengrenzen für zulässig erachten wollte, würden die Festsetzungen der Antragsgegnerin hier nach Überzeugung des erkennenden Senats nicht auf einem schlüssigen Konzept beruhen. Der Senat braucht sich deshalb zum dargelegten Meinungsstand nicht abschließend zu verhalten. Die Daten geben nämlich auch keinen generellen Aufschluss darüber, dass in Neumünster allgemein substanziell kleiner gewohnt wird als im Landesdurchschnitt. Zwar mag es zutreffen, dass die durchschnittliche Wohnung in Neumünster eine Wohnfläche von 78,4 m² hat, während die durchschnittliche Wohnung im Land Schleswig-Holstein 87,9 m² aufweist – die seitens der Antragsgegnerin angegebene Quelle (Statistik-Profile für Kreise und Städte Schleswig-Holstein, 2012, Nord.regional, Band 14, S. 29) ist im Internet nicht mehr abrufbar. Die städtische Siedlungsstruktur der Stadt Neumünster legt dieses Ergebnis jedoch durchaus nahe. Die durchschnittliche Wohnungsgröße sagt allerdings für sich noch nichts darüber aus, dass die jeweiligen Haushaltstypen tatsächlich auch kleiner wohnen. Für derartige Aussagen wäre es erforderlich, die durchschnittlichen Wohnungsgrößen in Relation zu setzen zur durchschnittlichen Zahl der Bewohner einer Wohnung. Hier aber zeigt sich, dass in Neumünster 42,9 Prozent der privaten Haushalte Einpersonenhaushalte sind, während die Singlehaushalte im Landesdurchschnitt lediglich 36,1 Prozent aller Haushalte ausmachen. Allein diese Differenz von 6,8 Prozentpunkten relativiert die Aussagekraft der Flächendifferenz zwischen der Durchschnittswohnung in der Stadt Neumünster und im Landesdurchschnitt für die durchschnittliche Wohnungsgröße der einzelnen Haushaltstypen erheblich.

b) Die fehlerhafte Festsetzung der angemessenen Wohnfläche hat die Unwirksamkeit des § 3 Abs. 2 bzw. des § 6 KdU-Satzung 2013 und des § 3 Abs. 2 bzw. des § 5 KdU-Satzung 2015 insgesamt zur Folge. Die Bestimmung lediglich des angemessenen Quadratmeterpreises kann nicht alleine stehen, weil in der Satzung zwingend zu bestimmen ist, in welcher Höhe Aufwendungen für die Unterkunft als angemessen anerkannt werden (§ 22 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II). Damit ist das Produkt essenzieller Bestandteil der Satzung. Ist es nicht richtig berechnet, führt dies zur Nichtigkeit der betreffenden Satzungsbestimmung.

c) Deshalb bedarf es an sich keiner vertieften Auseinandersetzung mehr mit der Frage, ob die Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises auf einem schlüssigen Konzept beruht. Davon geht der Senat allerdings nach Prüfung des Konzepts der Antragsgegnerin und der ihm zugrunde liegenden Daten und nach den Überzeugenden Einlassungen der Antragsgegnerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung grundsätzlich aus und folgt damit der im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes getroffenen vorläufigen Einschätzung des 6. Senats (LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14. Juli 2015 – L 6 AS 41/15 B ER); einschränkend ist auch hier lediglich darauf hinzuweisen, dass sich bei zutreffender Festsetzung der angemessenen Wohnungsgrößen auch die Zuordnung einzelner Wohnungen zu den jeweiligen Größenklassen verschieben und daraus eine leicht abweichende, tendenziell niedrigere Kappungsgrenze errechnen dürfte.

Schlüssig in diesem Sinne ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. erstmals BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 RBSGE 104, 192 = SozR 4 4200 § 22 Nr 30, Rn. 19) ein Konzept, wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt:

• Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung), • es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße, • Angaben über den Beobachtungszeitraum, • Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel), • Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten, • Validität der Datenerhebung, • Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und • Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Die Datenerhebung bezieht sich ausschließlich auf das Gebiet der Stadt Neumünster und ist nach dem Konzept der Antragsgegnerin, das als Anlage zu § 2 Abs. 2 der jeweiligen Satzung anliegt, auch über den gesamten Vergleichsraum erfolgt. Dies zeigt sich auch daran, dass die Antragsgegnerin Angebotswohnungen in allen 10 Stadtteilen der Stadt Neumünster ermittelt hat. (vgl. Ziffer 3.4.5 des Konzepts).

Auch der Beobachtungsgegenstand ist im Sinne der Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung im "Schlüssigen Konzept" der Antragsgegnerin hinreichend definiert: Die Antragsgegnerin hat zunächst nachvollziehbar Wohnungen des untersten Standards aus der Beobachtung ausgenommen und dabei einerseits so genannte Substandard-Wohnungen (Wohnungen ohne Bad, WC oder Dusche/Wohnungen ohne Zentralheizung), andererseits auch Leerstände unberücksichtigt gelassen. Die Antragsgegnerin hat desweiteren darauf verzichtet, zur Ermittlung der angemessenen Kosten allein auf den einfachen Wohnungsstandard abzustellen. Auch Wohnungen in guter Wohnlage sind in die Ermittlungen einbezogen worden. Die Abgrenzung zwischen angemessener und unangemessener Miete ist anhand des Niveaus von Bestands- und Angebotsmieten vorgenommen worden, womit den Vorgaben des § 22c Abs. 1 Satz 3 SGB II wie auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 – B 4 AS 44/14 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 85, Rn. 22) Rechnung getragen worden ist. Bei der Ermittlung des angemessenen Quadratmeterpreises ist die erforderliche Differenzierung nach Wohnflächen vorgenommen worden, wobei allerdings die gemäß § 22 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II um jeweils 5 m² reduzierten Wohnflächen zu Grunde gelegt worden sind, ohne dass die Wohnflächenreduzierung auf einem tragfähigen schlüssigen Konzept beruht hätte. Dies wird die Antragsgegnerin bei einer Neuauflage ihres schlüssigen Konzepts zu berücksichtigen haben.

Das Konzept enthält auch Angaben über den Beobachtungszeitraum. Die Datenerhebung für den Wohnungsbestand der befragten Wohnungsgesellschaften und der großen privaten Vermieter ist zum Stichtag 1. November 2012 erfolgt. Zusätzlich wurden Angebotsmieten des freien Wohnungsmarktes in der Zeit von September 2012 bis Januar 2013 erhoben. Diese Erhebungen liegen auch noch der Satzung vom 17. September 2015 zu Grunde. Gemäß Anlage zu § 2 Abs. 2 der KdU-Satzung 2015 ist mit der Überprüfung der Werte im Januar 2015 begonnen worden. Insgesamt ist die Aktualität der Datengrundlage für die KdU-Satzung 2015 zwar bereits grenzwertig zumal die Überprüfung nach § 2 Abs. 3 der jeweiligen Satzung alle 2 Jahre zu erfolgen hat. Allerdings sieht das schlüssige Konzept zur KdU-Satzung 2015 (wie auch bereits das zur KdU-Satzung 2013) einen Anpassungsmechanismus vor, der sich an den Steigerungen der Grundmieten und der Betriebskosten der befragten großen Vermieter orientiert. Dabei handelt es sich dabei um einen Anpassungsmechanismus, der den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts in seinem Regelsatz-Urteil (BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvR 1/09 u.a. – BVerfGE 125, 175) entspricht, weil er nicht etwa an sachfremde Kriterien wie beispielsweise den Verbraucherpreisindex anknüpft. Dieser Anpassungsmechanismus hat dazu geführt, dass z.B. der Bruttoquadratmeterpreis für Wohnungen bis 45 m² von ehemals 6,34 EUR (KdU-Satzung 2013) auf 6,64 EUR (KdU-Satzung 2015) gestiegen ist.

Auch was die Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung anbelangt, hegt der Senat keine durchgreifenden Bedenken. Die Antragsgegnerin hat in Ermangelung eines qualifizierten Mietspiegels eine Erhebung in Kooperation mit den Wohnungsgesellschaften und den großen privaten Vermietern durchgeführt. Die Vorgehensweise haben die Vertreter der Antragsgegnerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung nochmals vertiefend erläutert und insbesondere überzeugend dargelegt, dass mit der Befragung von insgesamt 81 Vermietern eine breite Datenbasis geschaffen worden ist. Trotz der den Vermieter zugesicherten Anonymität hegt der Senat keine Zweifel an der Aussagekraft der erhobenen Rohdaten. Auch der Verzicht auf eine ergänzende Mieterbefragung ist für den Senat nachvollziehbar, haben die Vertreter der Antragsgegnerin doch überzeugend ausgeführt, dass Mieterbefragungen einerseits tendenziell eine geringe Rücklaufquote hätten und andererseits das Risiko geborgen hätten, identische Wohnungen doppelt zu erheben. Dies entspricht dem allgemeinen Erfahrungswissen des Gerichts.

Die Datenerhebung ist valide. Der Umfang der einbezogenen Daten ist repräsentativ und übersteigt bei weitem die Anforderungen, die das Bundessozialgericht an die Datenerhebung stellt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 – B 14/7b AS 44/06 R – FEVS 60, 145, zit n. juris, Rn. 16) und die insbesondere auch der Erstellung von qualifizierten Mietspiegeln zu Grunde gelegt werden. Die Antragsgegnerin hat Daten für 9.556 Wohnungen erhoben, die für die einzelnen Bedarfsgemeinschaftsgrößen zusammengefasst sind. Damit bildet die Antragsgegnerin ca. 39 Prozent des Gesamtbestandes von ca. 24.400 Wohnungen (ohne Ein- und Zweifamilienhäuser) in ihrem Gebiet ab. Dies ist statistisch mehr als ausreichend.

Die so erhobenen Daten hat die Antragsgegnerin auch in schlüssiger Weise in ihrem Unterkunftskonzept verarbeitet. Zur Ermittlung der angemessenen Nettokaltmiete je Personengruppe hat die Antragsgegnerin alle erhobenen Daten in die Berechnung einfließen lassen. Zur Bestimmung des unteren Marktsegments hat sie eine Kappungsgrenze gebildet und diese auf 40 Prozent festgelegt. Die Berechnung dieses 40-Prozent-Werts mag im Einzelnen zu beanstanden sein. Insbesondere wäre es sachgerechter gewesen, hätte die Antragstellerin von vornherein auf den Prozentsatz der Bezieher existenzsichernder Leistungen in Neumünster und nicht auf den landesweiten Durchschnitt der Bezieher von Mindestsicherungssystemen abgestellt. Aus diesem Prozentsatz (9,5 Prozent) und aus den unteren 20 Prozent der verbleibenden Einkommensgruppen (effektiv 18,1 Prozent der Gesamtheit) errechnet sich jedoch eine Kappungsgrenze von nur 27,6 Prozent, die auf 40 Prozent erheblich aufgestockt worden ist, um einerseits Schwankungen bei der Bemessung des unteren Segments auszugleichen und andererseits mit der sozialpolitischen Motivation, eine Ghettoisierung zu verhindern. Die Vertreter der Antragsgegnerin haben dazu befragt in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt, über die Werte für Neumünster zunächst nicht verfügt zu haben. Infolge von Nachermittlungen müsse der Wert der sich rechnerisch ergebenden Kappungsgrenze von 27,6 Prozent wegen der etwas höheren Quote von Beziehern existenzsichernder Leistungen in Neumünster auf 32,8 Prozent korrigiert werden. Auch dieser Wert, an dessen rechnerischer Richtigkeit zu zweifeln keine Veranlassung besteht, unterschreitet die gesetzte Kappungsgrenze aber immer noch deutlich. Insgesamt liegt die Kappungsgrenze (höchster Quadratmeterpreis der unteren 40 Prozent der nach dem Quadratmeterpreis geschichteten Wohnungen der jeweiligen Größenklasse) im überörtlichen Vergleich tendenziell hoch und bezieht einen größeren Anteil an Wohnungen in das angemessene Marktsegment ein, als dies etwa – ebenfalls noch mit Billigung des Gerichts (vgl. LSG Schleswig-Holstein, Urteile vom 19. Mai 2014 – L 6 AS 146/13 – SchlHA 2014, 477, Rn. 82 [nach juris] und vom 25. März 2015 – L 6 AS 166/12, Rn. 120 [nach juris]) – in Kiel der Fall ist. Dabei sind allerdings die unterschiedlichen Konzepte nur bedingt miteinander vergleichbar. Während in Kiel gewichtete Durchschnittswerte einzelner Mietspiegelfelder zu Grunde gelegt worden sind, die ausgehend vom niedrigsten Wert mindestens 1/3 aller Wohnungen erfassen, ist hier eine Kappungsgrenze gesetzt worden, die sicherstellt, dass 40 Prozent der berücksichtigten Wohnungen einen niedrigeren Quadratmeterpreis aufweisen als der zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze berücksichtigte Wert.

Davon ausgehend sind auch die angemessenen kalten Betriebskosten (Nebenkosten) pro Quadratmeter grundsätzlich mithilfe eines schlüssigen Konzepts ermittelt worden. Die Antragsgegnerin hat als kalte Betriebskosten des jeweiligen Segments den Durchschnittswert aller Wohnungen festgesetzt, die unterhalb der Kappungsgrenze lagen. Die Berücksichtigung von Durchschnittswerten wird von der höchstrichterlichen Rechtsprechung akzeptiert. Zwar bezieht sich die BSG-Rechtsprechung auf Gesamtdurchschnittswerte und nicht nur auf Durchschnittswerte derjenigen Wohnungen, die nach Maßgabe der Nettokaltmieten in die Berechnung der Angemessenheitsgrenze eingeflossen sind (BSG, Urteile vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 42, Rn. 34 und vom 22. August 2012 – B 14 AS 13/12 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 64, Rn. 27). Allerdings spricht überwiegendes dafür, dass die Betriebskosten für diese Wohnungen zumindest nicht nach unten hin wesentlich vom Durchschnitt der Gesamtbetriebskosten abweichen. Dafür spricht auch, dass der für das Jahr 2014 maßgebliche, auf der Grundlage von Erhebungen aus den Jahren 2012 und 2013 errechnete Wert von 1,48 EUR ziemlich genau dem im Mietspiegel 2012 der Landeshauptstadt Kiel festgestellten Durchschnittswert entspricht (vgl. LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19. Mai 2014 – L 6 AS 146/13 – SchlHA 2014, 477, Rn. 112 [nach juris]). Letztlich ist das Anknüpfen an den Durchschnittswert der zur Bestimmung des unteren Marktsegments herangezogenen Wohnungen sogar sachgerechter als ein Rückgriff auf den gesamten Wohnungsbestand. An der empirisch richtigen Erhebung der Betriebskosten hat der Senat keine Zweifel. Die Vertreter der Antragsgegnerin haben in der mündlichen Verhandlung das System der Erhebung überzeugend erläutert und eingeräumt, dass lediglich bei einem Vermieter Wasser und Abwasser vom Mieter direkt an die Stadtwerke zu zahlen seien und deshalb nicht hätten miterhoben werden können. Sie haben jedoch ebenfalls überzeugend dargelegt, dass Wohnungen dieses Vermieters lediglich zu 1,4 Prozent unterhalb der Kappungsgrenze in die Stichprobe eingegangen seien und der Fehler deshalb – zumal er nur eine Betriebskostenart betreffe – vernachlässigt werden könne. Der Senat teilt diese Einschätzung.

d) Die Unwirksamkeit des § 3 Abs. 2 und des § 6 KdU-Satzung 2013 sowie des §§ 3 Abs. 2 und des § 5 KdU-Satzung führt zur Unwirksamkeit der Satzung insgesamt, weil eine geltungserhaltende Reduktion nicht möglich ist. Zentrale Gegenstände einer Satzung zur Bestimmung der Höhe der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach §§ 22 a ff. SGB II ist die zwingend Bestimmung der angemessenen Wohnfläche (§ 22 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II) und die – darauf aufbauende – zwingende Bestimmung der Höhe der als angemessen anerkannten Aufwendungen für die Unterkunft (§ 22 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II). Weitere Gegenstände der Satzung sind entweder optional zulässig – wie insbesondere die Bestimmung der Höhe der angemessenen Aufwendungen für die Heizung (§ 22 b Abs. 1 Satz 2 SGB II; dazu BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 – B 14 AS 53/13 RBSGE 116, 94 = SozR 4-4200 § 22 a Nr 2, Rn. 46) – oder typischerweise zwingend – wie insbesondere Sonderregelungen für Personen mit besonderen Bedarfen (§ 22 b Abs. 3 SGB II); sie knüpfen aber jeweils an die (wirksame) Regelung der angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft nach § 22 b Abs. 1 Satz 1 SGB II an. Besonders deutlich zeigt sich dies am Wortlaut des § 22 b Abs. 1 Satz 2 SGB II, der besagt, dass in der Satzung "auch" – aber eben nicht allein – die Höhe der als angemessen anerkannten Aufwendungen für die Heizung geregelt werden kann. Ohne eine wirksame Regelung zur Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft sind damit auch im vorliegenden Fall alle weiteren Regelungen hinfällig; keine von ihnen kann allein stehen bleiben.

e) Dessen ungeachtet ist § 5 KdU-Satzung 2013 mit § 22 b Abs. 1 Satz 2 SGB II (i.V.m. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II) unvereinbar und daher auch für sich genommen unwirksam. Die Regelung sieht vor, dass sich die Angemessenheit der Heizkosten nach dem jährlich aktualisierten Bundesweiten Heizspiegel richtet und dass hierbei maximal der höchste Wert aus der Spalte "erhöht" der jeweiligen Heizungsart nach Gebäudefläche anerkannt wird. Eine solche Vorgehensweise zur Regelung der Höhe der angemessenen Heizkosten hat das Bundessozialgericht mit Hinweis darauf für unvereinbar mit höherrangigem Recht erklärt, dass der sich aus dem Heizspiegel ergebenden Grenzwert nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung lediglich die konkret-individuelle Angemessenheitsprüfung der Heizkosten zum Gegenstand habe, während Gegenstand einer Satzungsregelung nach § 22 b Abs. 1 Satz 2 SGB II notwendig die abstrakt-generelle Bestimmung angemessener Heizkosten für das Gebiet des jeweiligen kommunalen Trägers sei, für das die Werte des Bundesweiten Heizspiegels nicht repräsentativ seien (BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 – B 14 AS 53/13 RBSGE 116, 94 = SozR 4-4200 § 22 a Nr 2, Rn. 45). Dieser Rechtsprechung schließt sich nicht nur der erkennende Senat an. Auch die Antragsgegnerin hat mit Rücksicht auf diese höchstrichterliche Rechtsprechung (vgl. Drucksache Nr. 0352/2013/DS der Stadt Neumünster, S. 2) mit Inkraftsetzung der KdU-Satzung 2014 von einer abstrakt generellen Regelung der Heizkosten abgesehen. In der ebenfalls streitgegenständlichen KdU Satzung 2015 findet sich folglich eine solche Regelung nicht mehr.

f) § 4 Abs. 2 KdU-Satzung 2013 ist überdies mit § 22 b Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II unvereinbar und damit ebenfalls für sich genommen unwirksam. Diese Vorschrift regelt für den Personenkreis der alleinstehenden "Unter 25jährigen" ohne Kind/er, die sich noch nicht nachhaltig wirtschaftlich selbständig mit eigener Wohnung unterhalten haben, die Angemessenheitsgrenze bezogen auf die Wohnungsgröße und im Anschluss daran die Bruttokaltmiete abweichend dergestalt, dass eine Wohnungsgröße von nur 35 m2 und daraus folgend eine Bruttokaltmiete von 233,00 EUR als angemessen anerkannt wird.

§ 22 b Abs. 3 Satz 1 SGB II bestimmt, dass bei Erlass einer Satzung über die angemessenen Wohnkosten für Personen mit einem besonderen Bedarf für Unterkunft und Heizung bereits auf der abstrakten Ebene eine Sonderregelung getroffen werden soll. Nach den Gesetzesmaterialien soll dies für Personen mit einem typischerweise besonders abgesenkten oder erhöhten Bedarf für Unterkunft und Heizung gelten, wobei der Gesetzgeber davon ausgeht, dass ein abgesenkter Bedarf auch in der Berufsfindungsphase bestehen könne (BT-Drucks. 17/3404, S. 102).

Zweifelhaft ist aber bereits, ob besondere Bedarfe einzelner Personengruppen auf abstrakter Ebene überhaupt in einer Weise geregelt werden können, dass das menschenwürdige Existenzminimum im Bereich des Wohnens in jedem Einzelfall sichergestellt ist. Die höchstrichterliche Rechtsprechung sieht dies zu recht kritisch (BSG, Urteile vom 22. August 2012 – B 14 AS 13/12 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 64, Rn. 23, vom 11. Dezember 2012 – B 4 AS 44/12 RNZS 2013, 389, Rn. 15 und vom 14. April 2011 – B 8 SO 19/09 R – SozR 4-3500 § 29 Nr 2, Rn. 17) und ordnet die Frage des abweichenden Bedarfs dogmatisch bei der konkreten Angemessenheit ein (grundlegend BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 RBSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, Rn. 35), weil die Bedarfslagen im jeweiligen Einzelfall ganz unterschiedlich ausfallen können und sich einer abstrakt-generellen Regelung durch Satzung weitestgehend entziehen. § 22 b Abs. 3 SGB II ist demensprechend eher im Sinne einer Öffnungsklausel zu verstehen für den Fall, dass bestimmte Bedarfslagen eine besondere Bemessung des Bedarfs für Unterkunft und Heizung verlangen (vgl BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012 – B 4 AS 44/12 RNZS 2013, 389, Rn. 15, so auch Groth, in: Groth/Luik/Siebel-Huffmann, Das neue Grundsicherungsrecht, 2011, Rn. 372;). Schon dies spricht gegen die Zulässigkeit einer abstrakten Regelung für Unter-25-Jährige, bei denen – vorbehaltlich des § 4 Abs. 3 KdU-Satzung 2013 – ohne weitere Differenzierung ein abweichender Bedarf statuiert wird.

Entscheidend ist jedoch, dass ohne ausdrückliche Entscheidung des Bundesgesetzgebers abstrakte, nicht wohnungsmarkt- und realitätsbezogene, sondern lediglich auf sozialpolitischen Wertungen beruhende Bedarfsabsenkungen aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zulässig sind (vgl. Berlit, in: Münder, LPK-SGB II, 5. Aufl. 2013, § 22 b Rn. 40; Luik, in: Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 b Rn. 11). In diesem Sinne hat das Bundessozialgericht festgestellt, dass die aus dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums abzuleitenden Verfahrensanforderungen an die Konkretisierung des abstrakt angemessenen Unterkunftsbedarfs durch untergesetzliche Normsetzung auch für Sonderregelungen für besondere Bedarfe nach § 22 b Abs. 3 SGB II gelten. Danach müssen Regelungen i.S. von § 22 b Abs. 3 SGB II auf hinreichend realitätsgerechte und nachvollziehbare Erhebungen zum typischen Wohnbedarf der jeweils betroffenen Gruppen von Personen mit besonderen Bedarfen für Unterkunft (und ggf. Heizung) gestützt sein und es ist kenntlich zu machen, von welchem Sonderbedarf der Normgeber dabei ausgegangen ist (BSG, Urteil vom 17. Oktober 2013 – B 14 AS 70/12 RBSGE 114, 257 = SozR 4-4200 § 22 a Nr 1, Rn. 35). Unzureichend zur Erfassung der sozialen Wirklichkeit sind hingegen Schätzungen pauschaler Werte "ins Blaue hinein" ohne gesicherte empirische Grundlage (BSG, a.a.O., Rn. 26).

Unter Zugrundelegung dieser Anforderungen genügt die Regelung des § 4 Abs. 2 KdU-Satzung 2013 für "Unter 25jährige" den Anforderungen des § 22 b Abs. 3 SGB II an die abstrakt abweichende Bedarfsfestsetzung nicht, da die abgesenkten Wohnfläche für diesen Personenkreis nicht auf einer empirischen Grundlage beruht sondern auf allgemeinen Annahmen zu den Lebensverhältnissen junger Erwachsener. Die Antragsgegnerin hat darauf letztlich mit der Streichung der Regelungen des § 4 Abs. 2 und 3 KdU-Satzung mit Inkrafttreten der KdU-Satzung 2014 reagiert. Auch wenn die Begründung dafür in eine etwas andere Richtung geht – die Antragsgegnerin argumentiert damit, dass Wohnraum im Preissegment bis 233,00 EUR nicht ständig zur Verfügung stehe (Drucksache Nr. 0352/2013/DS der Stadt Neumünster, S. 3) – steht die Unwirksamkeit des § 4 Abs. 2 KdU-Satzung 2013 zwischen den Beteiligten im Ergebnis inzwischen außer Streit.

g) Ob die Regelungen des § 4 Abs. 4 KdU-Satzung 2013 bzw. § 4 Abs. 2 KdU-Satzung 2015 (besondere Bedarfe für ältere, dauerhaft kranke, pflegebedürftige und behinderte Menschen) mit § 22 b Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II vereinbar sind, kann ebenso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob § 4 Abs. 5 KdU-Satzung 2013 bzw. § 4 Abs. 3 KdU-Satzung 2015 (besondere Bedarfe für Personen, die das Umgangsrecht mit einem minderjährigen Kind ausüben) mit § 22 b Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB II vereinbar sind. Auch diese Regelungen sind zumindest deshalb unwirksam, weil sie als Annexregelungen zu einer unwirksamen Festsetzung der angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft ergangen sind. Der Senat sieht von einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit diesen Regelungen auch deshalb ab, weil bei der Antragstellerin besondere Bedarfslagen im Sinne dieser Regelungen nicht auftreten.

IV. Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Sie orientiert sich am Ausgang des Verfahrens

V. Gründe, die gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten, sieht der Senat nicht.
Rechtskraft
Aus
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