Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 40 AS 4460/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 2381/16 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 01.12.2016 geändert. Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Antragstellern Leistungen zur Deckung des Regelbedarfs für die Zeit vom 23.11.2016 bis zum 28.02.2017 nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren. Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller in beiden Rechtszügen zu 2/3 zu erstatten. Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Q aus W bewilligt.
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.
Der am 00.00.1952 geborene Antragsteller zu 1), seine 1969 geborene Ehefrau sowie die beiden 2004 und 2005 geborenen Kinder, die Antragsteller zu 2) bis 4), sind syrische Staatsangehörige. Seit Ende Dezember 2015 halten sie sich in der Bundesrepublik Deutschland auf. Mit Bescheid vom 18.03.2016 erkannte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Antragsteller nach § 3 AsylG als Flüchtlinge an. Mit Zuweisungsentscheidung gemäß § 50 Abs. 4 AsylG vom 24.05.2016 wies die Landesdirektion Sachsen den Antragsteller zu 1) sowie die Antragsteller zu 3) und 4) dem Landkreis Meißen zu. Der Antrag der Antragsteller vom 07.07.2016 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG wurde am 12.07.2016 durch das Landratsamt Meißen positiv beschieden, am 09.08.2016 wurden die Aufenthaltstitel an die Antragsteller überreicht. Die durch das Landratsamt Meißen gewährten Leistungen nach dem AsylbLG wurden mit Wirkung zum 31.08.2016 eingestellt (Bescheid vom 03.08.2016).
Am 15.08.2016 beantragte der Antragsteller zu 1) beim Antragsgegner für sich, seine Ehefrau und die beiden Kinder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Antragsteller sind seit dem 10.08.2016 in O gemeldet und haben dort eine Wohnung bezogen. Mit Bescheid vom 17.10.2016 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern für die Zeit vom 01.09.2016 bis zum 31.10.2016 vorläufig nach § 43 Abs. 1 SGB I Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts i.H.v. insgesamt 1.491,52 EUR monatlich.
Mit Bescheid vom 08.11.2016 lehnte der Antragsgegner den Antrag vom 15.08.2016 auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II sodann ab und verwies zur Begründung auf seine fehlende örtliche Zuständigkeit nach § 36 SGB II. Nach Rücksprache mit dem Ausländeramt unterlägen alle Personen der Bedarfsgemeinschaft der Wohnsitzzuweisung nach § 12a AufenthG und dürften sich nicht in Nordrhein-Westfalen aufhalten. Zuvor hatte das Amt für Ausländerangelegenheiten des Kreises W die Antragsteller mit Schreiben vom 03.11.2016 unter Bezugnahme auf § 12a Abs. 1 AufenthG dazu aufgefordert, den Wohnsitz wieder im Landkreis Meißen zu nehmen. Hiergegen ist ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (27 L 3892/16) anhängig.
Am 23.11.2016 haben die Antragsteller beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts über den 31.10.2016 hinaus zu erbringen.
Mit Beschluss vom 01.12.2016 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unter Hinweis auf die sich aus § 36 Abs. 2 SGB II ergebende örtliche Unzuständigkeit des Antragsgegners abgelehnt.
Gegen den ihnen am 05.12.2016 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am 09.12.2016 Beschwerde eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragsteller ist teilweise begründet.
Den Antragstellern steht für die Zeit vom 23.11.2016 bis zum 28.02.2017 ein Anspruch auf einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Form des Regelbedarfs zu (1.). Ein Anspruch auf einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung auch von Leistungen für Unterkunft und Heizung i.S.v. § 22 SGB II besteht nicht (2.). Ebenso besteht kein Anspruch der Antragsteller auf Leistungen für die Zeit vor Antragstellung bei Gericht (3.).
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruches (d.h. eines materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird) sowie das Vorliegen des Anordnungsgrundes (d.h. der Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bzw. die besondere Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
1. Die Antragsteller haben hinsichtlich der von ihnen begehrten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Form des Regelbedarfs ab Antragstellung bei Gericht einen Anordnungsanspruch und -grund glaubhaft gemacht. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun der überwiegenden Wahrscheinlichkeit, d.h. der guten Möglichkeit, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können. Es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (vgl. zum Begriff der Glaubhaftmachung BSG, Beschlüsse vom 07.04.2011 - B 9 VG 15/10 B - und vom 08.08.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr. 4).
Die Antragsteller zu 1) und 2) haben das Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II für die Zeit ab dem 23.11.2016 glaubhaft gemacht. Sie haben das 15. Lebensjahr vollendet, die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II) und sind erwerbsfähig im Sinne von §§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 8 SGB II. Anhaltspunkte für eine gesundheitliche Einschränkung ihrer Erwerbsfähigkeit liegen nicht vor. Die Antragsteller zu 1) und 2) haben ferner ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB II i.V.m. § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I.
Auch die Hilfebedürftigkeit der Antragsteller i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 9 SGB II ist glaubhaft gemacht. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Vorliegend erscheinen dem Senat die Angaben der Antragsteller zur Hilfebedürftigkeit nachvollziehbar und glaubhaft. In ihrer Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse haben sie angegeben, weder über Einkommen noch über Vermögen zu verfügen. Auch im Übrigen liegen nach Aktenlage keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die Antragsteller ab Antragstellung bei Gericht über unbekanntes Einkommen oder Vermögen verfügt haben könnten. Sobald den Antragstellern das beantragte Kindergeld bewilligt ist, wird dieses leistungsmindernd als Einkommen zu berücksichtigen sein.
Die Leistungsausschlüsse des § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II greifen zu Ungunsten der Antragsteller nicht ein (§ 7 Abs. 1 S. 3 SGB II).
Die Antragsteller zu 3) und 4) erfüllen die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 S. 2 SGB II.
Der Antragsgegner ist für den geltend gemachten Anspruch nach §§ 36 Abs. 1, 44b SGB II auch örtlich zuständig. Dabei kann offen bleiben, ob die Antragsteller im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners ihren "gewöhnlichen Aufenthalt" haben. Grundsätzlich hat jemand nach § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Die Antragsteller halten sich mindestens seit dem 10.08.2016 in O auf und haben, wie sich ihrem Vorbringen entnehmen lässt, den Willen, sich dort dauerhaft niederzulassen. Gegen einen dortigen gewöhnlichen Aufenthalt der Antragsteller könnte die durch das Integrationsgesetz vom 31.07.2016 (BGBl. I 1939) eingeführte Wohnsitzregelung in § 12a Abs. 1 AufenthG sprechen. Diese Vorschrift, die auch für die Antragsteller gilt, weil sie nach dem 01.01.2016 als Flüchtlinge anerkannt worden sind (§ 12a Abs. 7 AufenthG), bestimmt, dass ein Ausländer, der - wie die Antragsteller - als Flüchtling i.S.v. § 3 Abs. 1 AsylG anerkannt worden ist, verpflichtet ist, für den Zeitraum von drei Jahren ab Anerkennung in dem Land seinen gewöhnlichen Aufenthalt (Wohnsitz) zu nehmen, in das er zur Durchführung seines Asylverfahrens oder im Rahmen seines Aufnahmeverfahrens zugewiesen worden ist. Insoweit wird die Auffassung vertreten, dass ein Ausländer einen gewöhnlichen Aufenthalt nur dort begründen könne, wo nach den Vorschriften des Ausländerrechts das nicht nur vorübergehende Verweilen zugelassen sei; einen gewöhnlichen Aufenthalt an einem anderen Ort könne er grundsätzlich nur dann begründen, wenn dies mit Billigung der Ausländerbehörde geschehe (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.07.2014 - L 14 AS 1569/14 B ER; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschlüsse vom 06.06.2013 - L 13 AS 122/13 B ER und vom 12.03.2013 - L 13 AS 51/13 B ER). Andererseits hat das Bundessozialgericht zu § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB II entschieden, dass ein gewöhnlicher Aufenthalt im Bundesgebiet nach dieser Vorschrift nicht im Sinne der sog. Einfärbungslehre von rechtlichen Erfordernissen zum Aufenthaltsstatus abhängig gemacht werden könne (BSG, Urteil vom 30.01.2013 - B 4 AS 54/12 R - BSGE 113, 60). Aus welchen Gründen für die Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts im Sinne von § 36 SGB II andere Maßstäbe gelten sollen als im Rahmen von § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB II, erschließt sich nicht ohne Weiteres, so dass bei Ausländern auch unabhängig von einer Wohnsitzauflage die tatsächlichen Verhältnisse maßgeblich sein dürften (vgl. Aubel in jurisPK-SGB II, § 36 Rn. 18). Selbst wenn vorliegend aber davon auszugehen sein sollte, dass es an einem gewöhnlichen Aufenthalt der Antragsteller im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners fehlt, weil die Ausländerbehörde gegebenenfalls berechtigt ist, den Wohnsitz der Antragsteller zwangsweise nach T zu verlegen, also nicht zu erwarten ist, dass die Antragsteller sich dauerhaft in O aufhalten, so ist der Antragsgegner angesichts des tatsächlichen Aufenthalts der Antragsteller in O jedenfalls nach § 36 Abs. 1 S. 4 SGB II örtlich zuständig (vgl. auch LSG NRW, Beschluss vom 13.05.2015 - L 12 AS 573/15 B ER, L 12 AS 574/15 B).
Aus § 36 Abs. 2 S. 1 SGB II in der ab dem 06.08.2016 geltenden Fassung des Integrationsgesetzes ergibt sich vorliegend nichts anderes. Diese Regelung ordnet an, dass abweichend von § 36 Abs. 1 SGB II für die Leistungserbringung der Träger zuständig ist, in dessen Gebiet die leistungsberechtigte Person nach § 12a Abs. 1 bis 3 AufenthG ihren Wohnsitz zu nehmen hat. Hieraus lässt sich indes eine Unzuständigkeit des Antragsgegners nicht ableiten. Denn die in § 12a Abs. 1 AufenthG angeordnete gesetzliche Pflicht begründet ohne Umsetzung durch die Erteilung einer konkret-individuellen Wohnsitzauflage im Sinne von § 12a Abs. 2 und 3 AufenthG keine von § 36 Abs. 1 SGB II abweichende örtliche Zuständigkeit (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 12.12.2016 - L 7 AS 2184/16 B ER, L 7 AS 2185/16 B; Aubel, a.a.O., § 36 Rn. 36.10).
Der Gesetzgeber wollte mit dem neuen § 36 Abs. 2 SGB II eine ausschließliche örtliche Zuständigkeit der Agentur für Arbeit und des kommunalen Trägers am Ort eines nach § 12a AufenthG zugewiesenen Wohnorts begründen. Auf den gewöhnlichen oder tatsächlichen Aufenthalt soll es bei diesen Personen für die Bestimmung der Zuständigkeit des Leistungsträgers nicht ankommen (BT-Drs. 18/8615, S. 33/34). Entsprechend sollen leistungsberechtigte Personen einen Antrag nach § 37 SGB II auf Leistungen nach dem SGB II nur bei dem Jobcenter stellen können, in dessen Gebiet die leistungsberechtigte Person ihren Wohnsitz zu nehmen hat, und nur dort Leistungen erhalten (BT-Drs. 18/8615 S. 34). Allerdings ist zu beachten, dass § 12a Abs. 1 AufenthG die betreffende ausländische Person nicht einem bestimmten kommunalen Gebiet zuweist, sondern dem gesamten Staatsgebiet eines Landes (vorliegend Sachsen). Ist eine Wohnsitzregelung nach § 12a Abs. 1 AufenthG getroffen worden, sollen - soweit der Wohnsitz im zugewiesenen Land genommen worden ist - wiederum die allgemeinen Regelungen des § 36 Abs. 1 SGB II gelten (BT-Drs. 18/8615, S. 34). Damit ist innerhalb des zugewiesenen Landes dasjenige Jobcenter zuständig, in dessen Gebiet sich die betreffende ausländischen Person gewöhnlich oder tatsächlich aufhält. Die Antragsteller halten sich indes nicht (mehr) im Land T auf. Was nun gelten soll, wenn ausländische Personen ihren tatsächlichen Aufenthalt außerhalb des Gebietes des Bundeslandes, dem sie nach § 12a Abs. 1 AufenthG zugewiesen sind, genommen haben, bleibt letztlich unklar. Ausgehend von dem Willen des Gesetzgebers, mit dem neuen § 36 Abs. 2 SGB II eine ausschließliche örtliche Zuständigkeit der Agentur für Arbeit und des kommunalen Trägers am Ort eines nach § 12a AufenthG zugewiesenen Wohnorts zu begründen, müsste die Vorschrift des § 36 Abs. 2 S. 1 SGB II i.V.m. § 12a Abs. 1 AufenthG in diesen Fällen so zu verstehen zu sein, dass die Zuständigkeit von Jobcentern außerhalb des zugewiesenen Landes insgesamt ausgeschlossen sein soll, denn nur so käme der Verweisung auf § 12a Abs. 1 AufenthG eine eigenständige Bedeutung zu. Jedoch hat ein solcher Wille des Gesetzgebers keinen Niederschlag in der gesetzlichen Regelung gefunden. Gegen eine solche Auslegung sprechen Wortlaut und Systematik des § 36 Abs. 2 SGB II (Aubel, a.a.O.): § 36 Abs. 2 S. 1 SGB II bestimmt positiv, welches Jobcenter zuständig ist. Damit unterscheidet sich diese Vorschrift von § 36 Abs. 2 S. 2 HS. 1 SGB II, der ausdrücklich eine negative Zuständigkeitsregelung enthält, also die Zuständigkeit eines bestimmten Jobcenters ausschließt. Als positive Zuständigkeitsregelung geht § 36 Abs. 2 S. 1 SGB II im Falle einer - wie hier - fehlenden Wohnsitzauflage nach § 12a Abs. 2 oder 3 AufenthG (die Zuweisungsentscheidung gemäß § 50 Abs. 4 AsylG vom 24.05.2016 ersetzt nicht eine Wohnsitzauflage nach § 12a Abs. 2 oder 3 AufenthG) - indes ins Leere. Denn § 36 Abs. 2 S. 1 SGB II bezieht sich ebenso wie § 36 Abs. 1 SGB II auf das Gebiet eines Jobcenters und damit in der Sache auf das Gebiet eines kommunalen Trägers. § 12a Abs. 1 AufenthG weist die betreffende ausländische Person jedoch gerade nicht einem bestimmten kommunalen Gebiet zu, sondern lediglich einem Bundesland. Die Verweisung auf § 12a Abs. 1 AufenthG in § 36 Abs. 2 S. 1 SGB II kann deshalb nur als Klarstellung verstanden werden, dass eine positive Wohnsitzauflage nach § 12a Abs. 2 oder 3 AufenthG, die nach Kenntnis des Senats nur von einer begrenzten Anzahl der Bundesländer auferlegt wird (vgl. hierzu § 12a Abs. 9 AufenthG), eine bestehende Pflicht nach § 12a Abs. 1 AufenthG voraussetzt. Ohne konkrete positive Wohnsitzauflage enthält § 36 Abs. 2 S. 1 SGB II jedoch keine von § 36 Abs. 1 SGB II abweichende Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit.
Eine positive Wohnsitzauflage nach § 12a Abs. 2 oder 3 AufenthG ist im Falle der Antragsteller nicht ergangen. Insbesondere ergibt sich eine solche auch nicht aus ihren Aufenthaltstiteln. Ohne konkrete positive Wohnsitzauflage nach § 12a Abs. 2 oder 3 AufenthG obliegt es den Antragstellern jedenfalls leistungsrechtlich nicht, ihren Aufenthalt wieder nach T zu verlagern, um dort die örtliche Zuständigkeit eines Jobcenters zu begründen. Für die Durchsetzung der ausländerrechtlichen Pflicht zur Wohnsitznahme in einem bestimmten Bundesland und die Grundsicherungsträger nicht zuständig. Das obliegt den Ausländerbehörden.
Soweit in einer Weisung des BMAS vom 28.09.2016 zur Zuständigkeit von Jobcentern für Personen mit einer Wohnsitzregelung nach § 12a Abs. 1 bis 4 AufenthG davon ausgegangen wird, dass eine leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt bei der Zuweisung in ein Bundesland nach § 12a Abs. 1 AufenthG nicht außerhalb des zugewiesenen Bundeslandes begründen und Leistungen ausschließlich in dem zugewiesenen Bundesland erhalten könne, findet sich für diese Annahme de lege lata keine ausreichende Rechtsgrundlage. Die Leistungsvoraussetzungen und etwaige Leistungsausschlüsse ergeben sich aus § 7 SGB II. Die örtliche Zuständigkeit nach § 36 SGB II ist keine Leistungsvoraussetzung (vgl. BSG, Urteil vom 17.10.2013 - B 14 AS 58/12 R - BSGE 114, 249).
Keine anspruchsausschließende Bedeutung hat im vorliegenden Fall § 77 SGB II i.V.m. § 7 Abs. 4a SGB II in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung, wonach Leistungen nicht erhält, wer sich ohne Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners außerhalb des in der Erreichbarkeits-Anordnung vom 23. Oktober 1997 (ANBA 1997, 1685), geändert durch die Anordnung vom 16. November 2001 (ANBA 2001, 1476), definierten zeit- und ortsnahen Bereiches aufhält und die übrigen Bestimmungen dieser Anordnung entsprechend gelten. Die Anwendung dieser Bestimmungen setzt voraus, dass ein Jobcenter örtlich zuständig ist, für das der Arbeitsuchende erreichbar sein muss. Aus den obigen Darlegungen folgt aber, dass in T derzeit kein Jobcenter für die Antragsteller örtlich zuständig ist.
Der Anordnungsgrund ist im Hinblick auf das Fehlen von existenzsichernden Leistungen glaubhaft gemacht.
Der Senat hat den Zeitraum der Verpflichtung des Antragsgegners auf den Zeitraum bis zum 28.02.2017 begrenzt, um einer möglicherweise zu erwartenden konkreten Wohnsitzauflage nach § 12a Abs. 2 und 3 SGB II durch die zuständige Behörde nicht vorzugreifen. Ergeht eine solche nicht, wird der Antragsgegner bei Glaubhaftmachung der übrigen Anspruchsvoraussetzung auch über diesen Zeitraum hinaus verpflichtet sein, Leistungen an die Antragsteller zu erbringen.
2. Hinsichtlich der Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung haben die Antragsteller einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Zur Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes für eine Verpflichtung des Leistungsträgers hinsichtlich der Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung bedarf es des substantiierten und nachvollziehbaren Vortrages, dass baldige Wohnungs- und Obdachlosigkeit droht (vgl. hierzu etwa Beschlüsse des Senats vom 26.10.2015 - L 19 AS 1623/15 B ER, L 19 AS 1624/15 B - und vom 05.05.2014 - L 19 AS 632/14 B ER m.w.N.). Ein Anordnungsgrund ist damit im Regelfall erst bei Nachweis der Rechtshängigkeit einer Räumungsklage gegeben (vgl. Beschlüsse des Senats vom 24.06.2015 - L 19 AS 360/15 B ER und vom 06.07.2015 - L 19 AS 931/15 B ER - mit Darstellung des Meinungsstandes). Selbst eine fristlose Kündigung reicht für die Bejahung der Eilbedürftigkeit regelmäßig nicht aus. Dies ist im Hinblick auf den gesetzlich vorgesehenen Schutzmechanismus zur Abwendung eines drohenden Wohnungsverlustes wegen Mietrückständen auch verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 30.07.2007 - 1 BvR 535/07 unter Hinweis auf § 22 Abs. 5 S. 1 und 2, Abs. 6 SGB II in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung, seither § 22 Abs. 9 SGB II; vgl. auch §§ 543 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 3, 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB).
Eine derartige konkrete Gefährdung der Unterkunft ergibt sich aus dem Vorbringen der Antragsteller nicht. Zwar ist ihnen mit Schreiben der Vermieterin vom 10.10.2016 die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses ausgesprochen worden, eine Räumungsklage ist bislang aber, soweit ersichtlich, noch nicht erhoben worden.
3. Soweit die Antragsteller Leistungen (auch) für die Zeit vor dem 23.11.2016 und damit für die Vergangenheit begehren, fehlt es ebenfalls an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes. Ein solcher ist in der Regel nicht gegeben, soweit Antragsteller Leistungen für einen im Zeitpunkt der Antragstellung beim erstinstanzlichen Gericht (hier dem 23.11.2016) bereits zurückliegenden Zeitraum begehren (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse des Senats vom 20.01.2014 - L 19 AS 2306/13 B ER, vom 29.09.2013 - L 19 AS 1285/13 B ER und vom 14.07.2010 - L 19 AS 912/10 B ER). Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren sollen nur diejenigen Mittel zur Verfügung gestellt werden, die zur Behebung einer aktuellen, d.h. gegenwärtigen Notlage erforderlich sind. Nur ausnahmsweise, wenn die Nichtgewährung der begehrten Leistung in der Vergangenheit noch in die Gegenwart fortwirkt und infolge dessen eine aktuelle Notlage besteht, kann von diesem Grundsatz eine Ausnahme gemacht werden. Gesichtspunkte, die in diesem Einzelfall ein Abweichen vom Grundsatz gebieten können, sind nicht ersichtlich. Einen in die Gegenwart fortwirkenden Nachteil, infolge dessen eine aktuelle Notlage besteht, machen die Antragsteller mit ihrem Beschwerdevorbringen selbst nicht geltend.
Die Antragsteller sind nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen außerstande, die Kosten der Prozessführung aufzubringen (§ 73a SGG i.V.m. § 115 ZPO), so dass ihnen ratenfrei Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen und der zu ihrer Vertretung bereite Rechtsanwalt beizuordnen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.
Der am 00.00.1952 geborene Antragsteller zu 1), seine 1969 geborene Ehefrau sowie die beiden 2004 und 2005 geborenen Kinder, die Antragsteller zu 2) bis 4), sind syrische Staatsangehörige. Seit Ende Dezember 2015 halten sie sich in der Bundesrepublik Deutschland auf. Mit Bescheid vom 18.03.2016 erkannte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Antragsteller nach § 3 AsylG als Flüchtlinge an. Mit Zuweisungsentscheidung gemäß § 50 Abs. 4 AsylG vom 24.05.2016 wies die Landesdirektion Sachsen den Antragsteller zu 1) sowie die Antragsteller zu 3) und 4) dem Landkreis Meißen zu. Der Antrag der Antragsteller vom 07.07.2016 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG wurde am 12.07.2016 durch das Landratsamt Meißen positiv beschieden, am 09.08.2016 wurden die Aufenthaltstitel an die Antragsteller überreicht. Die durch das Landratsamt Meißen gewährten Leistungen nach dem AsylbLG wurden mit Wirkung zum 31.08.2016 eingestellt (Bescheid vom 03.08.2016).
Am 15.08.2016 beantragte der Antragsteller zu 1) beim Antragsgegner für sich, seine Ehefrau und die beiden Kinder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Antragsteller sind seit dem 10.08.2016 in O gemeldet und haben dort eine Wohnung bezogen. Mit Bescheid vom 17.10.2016 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern für die Zeit vom 01.09.2016 bis zum 31.10.2016 vorläufig nach § 43 Abs. 1 SGB I Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts i.H.v. insgesamt 1.491,52 EUR monatlich.
Mit Bescheid vom 08.11.2016 lehnte der Antragsgegner den Antrag vom 15.08.2016 auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II sodann ab und verwies zur Begründung auf seine fehlende örtliche Zuständigkeit nach § 36 SGB II. Nach Rücksprache mit dem Ausländeramt unterlägen alle Personen der Bedarfsgemeinschaft der Wohnsitzzuweisung nach § 12a AufenthG und dürften sich nicht in Nordrhein-Westfalen aufhalten. Zuvor hatte das Amt für Ausländerangelegenheiten des Kreises W die Antragsteller mit Schreiben vom 03.11.2016 unter Bezugnahme auf § 12a Abs. 1 AufenthG dazu aufgefordert, den Wohnsitz wieder im Landkreis Meißen zu nehmen. Hiergegen ist ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (27 L 3892/16) anhängig.
Am 23.11.2016 haben die Antragsteller beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts über den 31.10.2016 hinaus zu erbringen.
Mit Beschluss vom 01.12.2016 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unter Hinweis auf die sich aus § 36 Abs. 2 SGB II ergebende örtliche Unzuständigkeit des Antragsgegners abgelehnt.
Gegen den ihnen am 05.12.2016 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am 09.12.2016 Beschwerde eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragsteller ist teilweise begründet.
Den Antragstellern steht für die Zeit vom 23.11.2016 bis zum 28.02.2017 ein Anspruch auf einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Form des Regelbedarfs zu (1.). Ein Anspruch auf einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung auch von Leistungen für Unterkunft und Heizung i.S.v. § 22 SGB II besteht nicht (2.). Ebenso besteht kein Anspruch der Antragsteller auf Leistungen für die Zeit vor Antragstellung bei Gericht (3.).
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruches (d.h. eines materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird) sowie das Vorliegen des Anordnungsgrundes (d.h. der Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bzw. die besondere Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
1. Die Antragsteller haben hinsichtlich der von ihnen begehrten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Form des Regelbedarfs ab Antragstellung bei Gericht einen Anordnungsanspruch und -grund glaubhaft gemacht. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun der überwiegenden Wahrscheinlichkeit, d.h. der guten Möglichkeit, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können. Es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (vgl. zum Begriff der Glaubhaftmachung BSG, Beschlüsse vom 07.04.2011 - B 9 VG 15/10 B - und vom 08.08.2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr. 4).
Die Antragsteller zu 1) und 2) haben das Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II für die Zeit ab dem 23.11.2016 glaubhaft gemacht. Sie haben das 15. Lebensjahr vollendet, die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II) und sind erwerbsfähig im Sinne von §§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 8 SGB II. Anhaltspunkte für eine gesundheitliche Einschränkung ihrer Erwerbsfähigkeit liegen nicht vor. Die Antragsteller zu 1) und 2) haben ferner ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB II i.V.m. § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I.
Auch die Hilfebedürftigkeit der Antragsteller i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 9 SGB II ist glaubhaft gemacht. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Vorliegend erscheinen dem Senat die Angaben der Antragsteller zur Hilfebedürftigkeit nachvollziehbar und glaubhaft. In ihrer Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse haben sie angegeben, weder über Einkommen noch über Vermögen zu verfügen. Auch im Übrigen liegen nach Aktenlage keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die Antragsteller ab Antragstellung bei Gericht über unbekanntes Einkommen oder Vermögen verfügt haben könnten. Sobald den Antragstellern das beantragte Kindergeld bewilligt ist, wird dieses leistungsmindernd als Einkommen zu berücksichtigen sein.
Die Leistungsausschlüsse des § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II greifen zu Ungunsten der Antragsteller nicht ein (§ 7 Abs. 1 S. 3 SGB II).
Die Antragsteller zu 3) und 4) erfüllen die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 S. 2 SGB II.
Der Antragsgegner ist für den geltend gemachten Anspruch nach §§ 36 Abs. 1, 44b SGB II auch örtlich zuständig. Dabei kann offen bleiben, ob die Antragsteller im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners ihren "gewöhnlichen Aufenthalt" haben. Grundsätzlich hat jemand nach § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Die Antragsteller halten sich mindestens seit dem 10.08.2016 in O auf und haben, wie sich ihrem Vorbringen entnehmen lässt, den Willen, sich dort dauerhaft niederzulassen. Gegen einen dortigen gewöhnlichen Aufenthalt der Antragsteller könnte die durch das Integrationsgesetz vom 31.07.2016 (BGBl. I 1939) eingeführte Wohnsitzregelung in § 12a Abs. 1 AufenthG sprechen. Diese Vorschrift, die auch für die Antragsteller gilt, weil sie nach dem 01.01.2016 als Flüchtlinge anerkannt worden sind (§ 12a Abs. 7 AufenthG), bestimmt, dass ein Ausländer, der - wie die Antragsteller - als Flüchtling i.S.v. § 3 Abs. 1 AsylG anerkannt worden ist, verpflichtet ist, für den Zeitraum von drei Jahren ab Anerkennung in dem Land seinen gewöhnlichen Aufenthalt (Wohnsitz) zu nehmen, in das er zur Durchführung seines Asylverfahrens oder im Rahmen seines Aufnahmeverfahrens zugewiesen worden ist. Insoweit wird die Auffassung vertreten, dass ein Ausländer einen gewöhnlichen Aufenthalt nur dort begründen könne, wo nach den Vorschriften des Ausländerrechts das nicht nur vorübergehende Verweilen zugelassen sei; einen gewöhnlichen Aufenthalt an einem anderen Ort könne er grundsätzlich nur dann begründen, wenn dies mit Billigung der Ausländerbehörde geschehe (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.07.2014 - L 14 AS 1569/14 B ER; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschlüsse vom 06.06.2013 - L 13 AS 122/13 B ER und vom 12.03.2013 - L 13 AS 51/13 B ER). Andererseits hat das Bundessozialgericht zu § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB II entschieden, dass ein gewöhnlicher Aufenthalt im Bundesgebiet nach dieser Vorschrift nicht im Sinne der sog. Einfärbungslehre von rechtlichen Erfordernissen zum Aufenthaltsstatus abhängig gemacht werden könne (BSG, Urteil vom 30.01.2013 - B 4 AS 54/12 R - BSGE 113, 60). Aus welchen Gründen für die Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts im Sinne von § 36 SGB II andere Maßstäbe gelten sollen als im Rahmen von § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB II, erschließt sich nicht ohne Weiteres, so dass bei Ausländern auch unabhängig von einer Wohnsitzauflage die tatsächlichen Verhältnisse maßgeblich sein dürften (vgl. Aubel in jurisPK-SGB II, § 36 Rn. 18). Selbst wenn vorliegend aber davon auszugehen sein sollte, dass es an einem gewöhnlichen Aufenthalt der Antragsteller im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners fehlt, weil die Ausländerbehörde gegebenenfalls berechtigt ist, den Wohnsitz der Antragsteller zwangsweise nach T zu verlegen, also nicht zu erwarten ist, dass die Antragsteller sich dauerhaft in O aufhalten, so ist der Antragsgegner angesichts des tatsächlichen Aufenthalts der Antragsteller in O jedenfalls nach § 36 Abs. 1 S. 4 SGB II örtlich zuständig (vgl. auch LSG NRW, Beschluss vom 13.05.2015 - L 12 AS 573/15 B ER, L 12 AS 574/15 B).
Aus § 36 Abs. 2 S. 1 SGB II in der ab dem 06.08.2016 geltenden Fassung des Integrationsgesetzes ergibt sich vorliegend nichts anderes. Diese Regelung ordnet an, dass abweichend von § 36 Abs. 1 SGB II für die Leistungserbringung der Träger zuständig ist, in dessen Gebiet die leistungsberechtigte Person nach § 12a Abs. 1 bis 3 AufenthG ihren Wohnsitz zu nehmen hat. Hieraus lässt sich indes eine Unzuständigkeit des Antragsgegners nicht ableiten. Denn die in § 12a Abs. 1 AufenthG angeordnete gesetzliche Pflicht begründet ohne Umsetzung durch die Erteilung einer konkret-individuellen Wohnsitzauflage im Sinne von § 12a Abs. 2 und 3 AufenthG keine von § 36 Abs. 1 SGB II abweichende örtliche Zuständigkeit (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 12.12.2016 - L 7 AS 2184/16 B ER, L 7 AS 2185/16 B; Aubel, a.a.O., § 36 Rn. 36.10).
Der Gesetzgeber wollte mit dem neuen § 36 Abs. 2 SGB II eine ausschließliche örtliche Zuständigkeit der Agentur für Arbeit und des kommunalen Trägers am Ort eines nach § 12a AufenthG zugewiesenen Wohnorts begründen. Auf den gewöhnlichen oder tatsächlichen Aufenthalt soll es bei diesen Personen für die Bestimmung der Zuständigkeit des Leistungsträgers nicht ankommen (BT-Drs. 18/8615, S. 33/34). Entsprechend sollen leistungsberechtigte Personen einen Antrag nach § 37 SGB II auf Leistungen nach dem SGB II nur bei dem Jobcenter stellen können, in dessen Gebiet die leistungsberechtigte Person ihren Wohnsitz zu nehmen hat, und nur dort Leistungen erhalten (BT-Drs. 18/8615 S. 34). Allerdings ist zu beachten, dass § 12a Abs. 1 AufenthG die betreffende ausländische Person nicht einem bestimmten kommunalen Gebiet zuweist, sondern dem gesamten Staatsgebiet eines Landes (vorliegend Sachsen). Ist eine Wohnsitzregelung nach § 12a Abs. 1 AufenthG getroffen worden, sollen - soweit der Wohnsitz im zugewiesenen Land genommen worden ist - wiederum die allgemeinen Regelungen des § 36 Abs. 1 SGB II gelten (BT-Drs. 18/8615, S. 34). Damit ist innerhalb des zugewiesenen Landes dasjenige Jobcenter zuständig, in dessen Gebiet sich die betreffende ausländischen Person gewöhnlich oder tatsächlich aufhält. Die Antragsteller halten sich indes nicht (mehr) im Land T auf. Was nun gelten soll, wenn ausländische Personen ihren tatsächlichen Aufenthalt außerhalb des Gebietes des Bundeslandes, dem sie nach § 12a Abs. 1 AufenthG zugewiesen sind, genommen haben, bleibt letztlich unklar. Ausgehend von dem Willen des Gesetzgebers, mit dem neuen § 36 Abs. 2 SGB II eine ausschließliche örtliche Zuständigkeit der Agentur für Arbeit und des kommunalen Trägers am Ort eines nach § 12a AufenthG zugewiesenen Wohnorts zu begründen, müsste die Vorschrift des § 36 Abs. 2 S. 1 SGB II i.V.m. § 12a Abs. 1 AufenthG in diesen Fällen so zu verstehen zu sein, dass die Zuständigkeit von Jobcentern außerhalb des zugewiesenen Landes insgesamt ausgeschlossen sein soll, denn nur so käme der Verweisung auf § 12a Abs. 1 AufenthG eine eigenständige Bedeutung zu. Jedoch hat ein solcher Wille des Gesetzgebers keinen Niederschlag in der gesetzlichen Regelung gefunden. Gegen eine solche Auslegung sprechen Wortlaut und Systematik des § 36 Abs. 2 SGB II (Aubel, a.a.O.): § 36 Abs. 2 S. 1 SGB II bestimmt positiv, welches Jobcenter zuständig ist. Damit unterscheidet sich diese Vorschrift von § 36 Abs. 2 S. 2 HS. 1 SGB II, der ausdrücklich eine negative Zuständigkeitsregelung enthält, also die Zuständigkeit eines bestimmten Jobcenters ausschließt. Als positive Zuständigkeitsregelung geht § 36 Abs. 2 S. 1 SGB II im Falle einer - wie hier - fehlenden Wohnsitzauflage nach § 12a Abs. 2 oder 3 AufenthG (die Zuweisungsentscheidung gemäß § 50 Abs. 4 AsylG vom 24.05.2016 ersetzt nicht eine Wohnsitzauflage nach § 12a Abs. 2 oder 3 AufenthG) - indes ins Leere. Denn § 36 Abs. 2 S. 1 SGB II bezieht sich ebenso wie § 36 Abs. 1 SGB II auf das Gebiet eines Jobcenters und damit in der Sache auf das Gebiet eines kommunalen Trägers. § 12a Abs. 1 AufenthG weist die betreffende ausländische Person jedoch gerade nicht einem bestimmten kommunalen Gebiet zu, sondern lediglich einem Bundesland. Die Verweisung auf § 12a Abs. 1 AufenthG in § 36 Abs. 2 S. 1 SGB II kann deshalb nur als Klarstellung verstanden werden, dass eine positive Wohnsitzauflage nach § 12a Abs. 2 oder 3 AufenthG, die nach Kenntnis des Senats nur von einer begrenzten Anzahl der Bundesländer auferlegt wird (vgl. hierzu § 12a Abs. 9 AufenthG), eine bestehende Pflicht nach § 12a Abs. 1 AufenthG voraussetzt. Ohne konkrete positive Wohnsitzauflage enthält § 36 Abs. 2 S. 1 SGB II jedoch keine von § 36 Abs. 1 SGB II abweichende Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit.
Eine positive Wohnsitzauflage nach § 12a Abs. 2 oder 3 AufenthG ist im Falle der Antragsteller nicht ergangen. Insbesondere ergibt sich eine solche auch nicht aus ihren Aufenthaltstiteln. Ohne konkrete positive Wohnsitzauflage nach § 12a Abs. 2 oder 3 AufenthG obliegt es den Antragstellern jedenfalls leistungsrechtlich nicht, ihren Aufenthalt wieder nach T zu verlagern, um dort die örtliche Zuständigkeit eines Jobcenters zu begründen. Für die Durchsetzung der ausländerrechtlichen Pflicht zur Wohnsitznahme in einem bestimmten Bundesland und die Grundsicherungsträger nicht zuständig. Das obliegt den Ausländerbehörden.
Soweit in einer Weisung des BMAS vom 28.09.2016 zur Zuständigkeit von Jobcentern für Personen mit einer Wohnsitzregelung nach § 12a Abs. 1 bis 4 AufenthG davon ausgegangen wird, dass eine leistungsberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt bei der Zuweisung in ein Bundesland nach § 12a Abs. 1 AufenthG nicht außerhalb des zugewiesenen Bundeslandes begründen und Leistungen ausschließlich in dem zugewiesenen Bundesland erhalten könne, findet sich für diese Annahme de lege lata keine ausreichende Rechtsgrundlage. Die Leistungsvoraussetzungen und etwaige Leistungsausschlüsse ergeben sich aus § 7 SGB II. Die örtliche Zuständigkeit nach § 36 SGB II ist keine Leistungsvoraussetzung (vgl. BSG, Urteil vom 17.10.2013 - B 14 AS 58/12 R - BSGE 114, 249).
Keine anspruchsausschließende Bedeutung hat im vorliegenden Fall § 77 SGB II i.V.m. § 7 Abs. 4a SGB II in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung, wonach Leistungen nicht erhält, wer sich ohne Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners außerhalb des in der Erreichbarkeits-Anordnung vom 23. Oktober 1997 (ANBA 1997, 1685), geändert durch die Anordnung vom 16. November 2001 (ANBA 2001, 1476), definierten zeit- und ortsnahen Bereiches aufhält und die übrigen Bestimmungen dieser Anordnung entsprechend gelten. Die Anwendung dieser Bestimmungen setzt voraus, dass ein Jobcenter örtlich zuständig ist, für das der Arbeitsuchende erreichbar sein muss. Aus den obigen Darlegungen folgt aber, dass in T derzeit kein Jobcenter für die Antragsteller örtlich zuständig ist.
Der Anordnungsgrund ist im Hinblick auf das Fehlen von existenzsichernden Leistungen glaubhaft gemacht.
Der Senat hat den Zeitraum der Verpflichtung des Antragsgegners auf den Zeitraum bis zum 28.02.2017 begrenzt, um einer möglicherweise zu erwartenden konkreten Wohnsitzauflage nach § 12a Abs. 2 und 3 SGB II durch die zuständige Behörde nicht vorzugreifen. Ergeht eine solche nicht, wird der Antragsgegner bei Glaubhaftmachung der übrigen Anspruchsvoraussetzung auch über diesen Zeitraum hinaus verpflichtet sein, Leistungen an die Antragsteller zu erbringen.
2. Hinsichtlich der Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung haben die Antragsteller einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Zur Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes für eine Verpflichtung des Leistungsträgers hinsichtlich der Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung bedarf es des substantiierten und nachvollziehbaren Vortrages, dass baldige Wohnungs- und Obdachlosigkeit droht (vgl. hierzu etwa Beschlüsse des Senats vom 26.10.2015 - L 19 AS 1623/15 B ER, L 19 AS 1624/15 B - und vom 05.05.2014 - L 19 AS 632/14 B ER m.w.N.). Ein Anordnungsgrund ist damit im Regelfall erst bei Nachweis der Rechtshängigkeit einer Räumungsklage gegeben (vgl. Beschlüsse des Senats vom 24.06.2015 - L 19 AS 360/15 B ER und vom 06.07.2015 - L 19 AS 931/15 B ER - mit Darstellung des Meinungsstandes). Selbst eine fristlose Kündigung reicht für die Bejahung der Eilbedürftigkeit regelmäßig nicht aus. Dies ist im Hinblick auf den gesetzlich vorgesehenen Schutzmechanismus zur Abwendung eines drohenden Wohnungsverlustes wegen Mietrückständen auch verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 30.07.2007 - 1 BvR 535/07 unter Hinweis auf § 22 Abs. 5 S. 1 und 2, Abs. 6 SGB II in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung, seither § 22 Abs. 9 SGB II; vgl. auch §§ 543 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 3, 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB).
Eine derartige konkrete Gefährdung der Unterkunft ergibt sich aus dem Vorbringen der Antragsteller nicht. Zwar ist ihnen mit Schreiben der Vermieterin vom 10.10.2016 die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses ausgesprochen worden, eine Räumungsklage ist bislang aber, soweit ersichtlich, noch nicht erhoben worden.
3. Soweit die Antragsteller Leistungen (auch) für die Zeit vor dem 23.11.2016 und damit für die Vergangenheit begehren, fehlt es ebenfalls an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes. Ein solcher ist in der Regel nicht gegeben, soweit Antragsteller Leistungen für einen im Zeitpunkt der Antragstellung beim erstinstanzlichen Gericht (hier dem 23.11.2016) bereits zurückliegenden Zeitraum begehren (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse des Senats vom 20.01.2014 - L 19 AS 2306/13 B ER, vom 29.09.2013 - L 19 AS 1285/13 B ER und vom 14.07.2010 - L 19 AS 912/10 B ER). Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren sollen nur diejenigen Mittel zur Verfügung gestellt werden, die zur Behebung einer aktuellen, d.h. gegenwärtigen Notlage erforderlich sind. Nur ausnahmsweise, wenn die Nichtgewährung der begehrten Leistung in der Vergangenheit noch in die Gegenwart fortwirkt und infolge dessen eine aktuelle Notlage besteht, kann von diesem Grundsatz eine Ausnahme gemacht werden. Gesichtspunkte, die in diesem Einzelfall ein Abweichen vom Grundsatz gebieten können, sind nicht ersichtlich. Einen in die Gegenwart fortwirkenden Nachteil, infolge dessen eine aktuelle Notlage besteht, machen die Antragsteller mit ihrem Beschwerdevorbringen selbst nicht geltend.
Die Antragsteller sind nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen außerstande, die Kosten der Prozessführung aufzubringen (§ 73a SGG i.V.m. § 115 ZPO), so dass ihnen ratenfrei Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen und der zu ihrer Vertretung bereite Rechtsanwalt beizuordnen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved