S 49 AS 1256/14

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Potsdam (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
49
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 49 AS 1256/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
hat die 49. Kammer des Sozialgerichts Potsdam ohne mündliche Verhandlung am 15. Februar 2017 durch die Richterin am Sozialgericht Tichy sowie den ehrenamtlichen Richter Schröder und die ehrenamtliche Richterin Noack für Recht e r k a n n t: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Notwendige außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die anwaltlich vertretenen Kläger wenden sich gegen die Versagung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ab 1. August 2012, die aufgrund fehlender Mitwirkung ergangen ist.

Die Kläger beantragten am 9. August 2012 beziehungsweise erneut am 18. November 2013 formlos Leistungen der Sozialhilfe nach dem SGB XII, hilfsweise Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ab dem 1. August 2012. Mit Schreiben vom 27. August 2012 forderte der Beklagte die Kläger auf, vollständig ausgefüllte Antragsunterlagen unter Fristsetzung einzureichen.

Mit weiterem Schreiben vom 23. Dezember 2013 forderten die Kläger die Zahlung von individuellen Leistungen, und zwar Unterhalt nach der bismarckschen Sozialhilfe nach Art. 120 Grundgesetz, Unterhalt in Form von Besoldung nach dem HLKO, BKO sowie die Menschen- und Völkerrecht. Sie seien als natürliche Personen nach § 1 BGB (alte Fassung) mit der Staatsangehörigkeit "Deutsches Reich" berechtigt und legten unter anderem so genannte vorläufige Staatsangehörigkeitsurkunden der "Zentralverwaltung Freistaat Preußen" und weitere vorläufige Staatsangehörigkeitsurkunden der Familienmitglieder vom August 2013 vor. Anfang Januar 2014 reichten sie die vom Beklagten überlassenen Antragsvordrucke teilweise ausgefüllt und abgeändert zurück. Darin unter dem Stichwort Wohnsitz angegeben: "Wohnort: B, Anschrift: unter Datenschutz wegen Verfolgung politisch Unschuldiger", die Anlage Kosten der Unterkunft ist nicht beigefügt. Eine Krankenversicherung besteht laut Formulareintrag nicht. Das Formular "Angaben zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit" ist mit dem Wort "unfreiwillig" ergänzt und enthält keinerlei Eintragungen zu Einnahmen oder Ausgaben. Als Vermögen wird ein bebautes Hausgrundstück mit einem Verkehrswert von 239.000 Euro angegeben, wobei laut Angabe der Kläger die Selbstnutzung verweigert werde (ohne Nachweise).

Mit Schreiben vom 15. Januar 2014 forderte der Beklagte die Kläger über den Prozessbevollmächtigten zur Mitwirkung im Rahmen des §§ 60 ff SGB I auf und gab an, folgende Unterlagen/bezifferte Angaben noch zu benötigen:

"1. Identitätsprüfung: Zur Identitätsprüfung ist der Personalausweis oder Reisepass der Bundesrepublik Deutschland oder eines anderen Landes für jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft einzureichen. ( ) Weiterhin sind die Geburtsurkunden der Kinder vorzuliegen. 2. Prüfung des gewöhnlichen Aufenthalts: Die Meldebescheinigung ist für jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft einzureichen (gemäß des Schreibens vom 9. Januar 2014 wurden Kosten für Unterkunft und Heizung beantragt. Aus den eingereichten Unterlagen geht jedoch nicht die genaue Anschrift hervor.) 3. Krankenversicherung/Rentenversicherung: Mitgliedsbescheinigung der zuständigen Krankenkasse für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ( ) 4. Prüfung der Einkommensverhältnisse: Kindergeldbescheid für die Kinder sowie ein Nachweis die Pfändung des Kindergeldes. Im Leistungsantrag wurde angegeben, dass Herr H L eine selbständige Tätigkeit ausübt. Hierzu ist die Gewerbeanmeldung einzureichen. Die beiliegenden Anlagen EKS sind für die Vergangenheit, d.h. von August 2012 bis Oktober 2013 mit den abschließenden Angaben zu versehen. ( ) Schriftliche Erläuterung mit entsprechender Nachweisführung, inwiefern Frau A L in die Selbstständigkeit eingebunden ist (z.B. liegt hier ein Anstellungsvertrag vor?) 5. Prüfung der Vermögensverhältnisse: Nachweis über das Eigentum (gemäß der Angaben von Frau L: bebautes Grundstück), Grundbuchauszug, Flurkarte, gegebenenfalls Kaufvertrag oder Verkehrswertgutachten als Nachweis über den Verkehrswert, Bestätigung dass die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft bis auf das bebaute Grundstück und das Kfz über kein anderweitiges Vermögen verfügen (keine Girokonten - wenn auch gepfändet -, Sparbücher, Sparkonten, Fonds, sonstige Wertpapiere oder Spareinlagen, Bausparverträge, Lebens- oder Renten- oder Unfallversicherungen oder Bargeld). Es wird gebeten, dass sowohl Frau Annette Lorenz und Heiko Lorenz in Vertretung auch für die Kinder eine diesbezügliche unterschriebene Erklärung einreichen. 6. Kosten der Unterkunft und Heizung: Mit dem Schreiben vom 9. Januar 2014 wurden entsprechende Kosten geltend gemacht. Es wird um Mitteilung gebeten, wer hier der Vermieter ist sowie um Vorlage einer schriftlichen Bestätigung oder eines Untermietvertrages über dem Bezug der Wohnung und die Erforderlichkeit der Zahlung von Gebühren/Miete oder Untermiete. Es ist nachzuweisen, ab wann die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft dort wohnhaft sind (in der Regel über die Meldebescheinigungen - bereits unter Punkt zwei angefordert). Entsprechende Nachweise über die bisher gezahlten Gebühren oder Ähnliches sind vorzulegen( ) Die Anlage KDU für die jeweiligen Unterkünfte sind ausgefüllt vorzulegen." Der Beklagte setzte den Klägern eine Frist bis zum 7. Februar 2014, legte die auszufüllenden Antragsformulare bei und wies auf die Mitwirkungspflicht nach §§ 60, 66, 67 SGB I hin: "Wurde bis zum genannten Termin nicht reagiert und sind die erforderlichen Unterlagen nicht vollständig eingereicht worden, können die Geldleistungen ganz versagt werden, bis diese nachgeholt wurde."

In Beantwortung der Aufforderung teilten die Kläger mit, eine Identitätsprüfung sei mit den eingereichten Staatsangehörigkeitsurkunden des Freistaats Preußen erfolgt. Die Forderung eines Personalausweises der BRD oder eines Reisepasses sei grundgesetzwidrig. Aus den eingereichten Unterlagen ginge der Wohnsitz, der unter Rechtsbeugung unter Zwangsvertreibung illegal weggenommen wurde, eindeutig hervor. Dieser sei in B gewesen. Eine Anmeldung zu einer Krankenversicherung liege nicht vor, da alle Kosten der Besatzung und Kriegsfolgelasten der Bund trage. Zudem sei von ihnen der zustehende Antrag auf HLKO Leistung nach dem Völkerrecht formlos gestellt worden. Die Ehefrau sei ohne Arbeitsvertrag angestellt, Herr L sei mittellos. Als Kosten für Unterkunft fielen 250 EUR monatlich pauschal für einen Schlafplatz vom 9. August 2012 bis 31. Januar 2013 bei ihr Frau L und Herrn S, P an. Diese Kosten seien aus einem Privatkredit bestritten worden. Mit Bescheid vom 24. März 2014 versagte der Beklagte den Klägern Leistungen ab dem 1. August 2012 ganz. Zur Begründung führte er aus, trotz der Aufforderung vom 5. Januar 2014 fehlender Unterlagen nicht eingereicht worden seien und führte die Punkte aus dem Anforderungsschreiben nochmals auf. Die entsprechenden Anlagen seien dem Anforderungsanschreiben zur Mitwirkung vom 5. Januar 2014 beigefügt worden. Die Kläger seien ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen, sie hätten keinen Grund mitgeteilt, der im Rahmen der Ermessensentscheidung zu ihren Gunsten berücksichtigt werden könnte. Es könnten bereits die Grundvoraussetzungen für den Bezug von Leistungen nach dem SGB II gemäß § 7 SGB II nicht vollständig geprüft werden, mithin die Hilfebedürftigkeit und der gewöhnliche Aufenthalt.

Der Widerspruch durch den Prozessbevollmächtigten der Kläger wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2014 als unbegründet zurückgewiesen. Ergänzend wird ausgeführt, dass zunächst eine Identitätsprüfung der Antragsteller durch Vorlage des Personalausweises oder Reisepasses erforderlich sei, jedoch nicht erfolgt sei. Die von den Klägern eingereichten so genannten vorläufigen Staatsangehörigkeitsurkunden der Zentralverwaltung Freistaat Preußen stellten keine gültige Legitimation dar. Zudem seien Angaben zu Kranken- und Rentenversicherung, zu Einkommens- und Vermögensverhältnissen sowie zu den Kosten der Unterkunft und Heizung ohne Mitwirkung der Kläger nicht zu ermitteln.

Die anwaltlich vertretenen Kläger haben am 26. Mai 2014 Klage vor dem Sozialgericht Potsdam erhoben. Zur Begründung führen sie aus, die Angaben (Mitteilung, seit wann die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft in der angegebenen Wohnung leben sowie Vorlage einer Meldebescheinigung zur Prüfung des gewöhnlichen Aufenthaltsortes) seien nicht von Relevanz für eine Leistungsbewilligung. Zwar stellt das SGB II auf den gewöhnlichen Aufenthaltsort ab, eine Meldebescheinigung gibt jedoch hierüber keinen Aufschluss. Die Mitwirkungspflicht könne nicht so weit gehen, für die Bewilligung unerhebliche Angaben machen zu müssen. Der Bescheid sei deshalb aufzuheben.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

den Bescheid des Beklagten vom 24. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2014 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweisen auf ihre bisherigen Ausführungen.

Die Kläger stellten zudem einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz auf vorläufige Leistungen nach dem SGB II im Februar 2014, der mit Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 14. Februar 2014 abgelehnt wurde. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg wies die Beschwerde gegen die Entscheidung des Sozialgerichts mit Beschluss vom 15. Mai 2014 zurück. Zur Begründung führte der Senat aus, der in dem Verfahren Beigeladene (hier Beklagter) habe in zulässiger Weise die Antragsteller aufgefordert, Identitätsnachweise einzureichen und auf die aus § 60 Abs. 1 Nr. 3 SGB I folgende Mitwirkungspflicht hingewiesen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung mit Schriftsätzen vom 27. Oktober 2016 und vom 3. November 2016 erteilt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte, Band 1 zu BG-Nr. BG, sowie auf die Gerichtsakte in dem Parallelverfahren S 49 AS 241/14 ER Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu vorab ihr Einverständnis erteilt hatten, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

1) Die Klage ist als reine Anfechtungsklage im Sinne von § 54 Absatz 1 S. 1 SGG zulässig. Sie ist unbegründet. Der angegriffene Versagungsbescheid des Beklagten vom 24. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.

Die angefochtenen Bescheide finden ihre Rechtsgrundlage in § 66 Abs. 1 S. 1 SGB I. Diese Norm trifft folgende Regelung: Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind.

Die Kammer ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Beklagte die Kläger in zulässiger Weise zur Vorlage eines gültigen Identitätsnachweises sowie von Geburtsurkunden, Angaben zum gewöhnlichen Aufenthalt und zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen aufgefordert hat und die Grenzen der Mitwirkungspflicht nach § 65 Abs. 1 Nr. 1-3 SGB I nicht überschritten hat.

Die Voraussetzungen nach § 66 Abs. 1 SGB I sind hier erfüllt. Die Kläger sind ihren Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 3 SGB I bei der Klärung der Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 SGB II nicht nachgekommen, denn sie haben ihre Identität nicht durch einen Personalausweis, Reisepass oder ein ähnliches gültiges Identitätsdokument nachgewiesen, Geburtsurkunden der Kinder vorgelegt, Angaben zur Prüfung des gewöhnlichen Aufenthaltes, der Krankenversicherung und der Einkommens- und Vermögensverhältnisse gemacht.

Die Pflicht zur Vorlage eines gültigen Identitätsnachweises ist zwar ausdrücklich weder im SGB II noch im SGB I normiert. Es handelt sich bei dem Erfordernis des Identitätsnachweises aber um eine vom Gesetzgeber stillschweigend vorausgesetzte Anspruchsvoraussetzung, die wegen ihrer Selbstverständlichkeit nicht normiert worden ist. Dass Selbstverständlichkeiten, die das Gesetz voraussetzt, in der schriftlichen Kodifikation keinen Niederschlag finden, ist weder selten noch ungewöhnlich (vergleiche LSG Berlin-Brandenburg, L 31 AS 762/14 B ER vom 15. Mai 2014 in selbiger Angelegenheit unter Verweis auf BSG, Urteile vom 1. Juli 2010, Aktenzeichen: B 13 R 58/09R und B 13 R 74/09 R zum ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal, zitiert nach juris).

Der Gesetzgeber im SGB II wollte nicht die Erbringung von Leistungen an beliebige nicht identifizierbare Personen regeln. Dies ergibt sich schon aus dem Zweck der Existenzsicherung. Soll diese gesichert werden, setzt dies voraus, dass eine solche Existenz überhaupt besteht. Dies setzt den Nachweis voraus, dass bestimmte Existenzbedingungen einer bestimmten konkretisierbaren natürlichen Person im Sinne des § 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) als Subjekt von Rechten und Pflichten zugeordnet werden können. Dies ist dann nicht der Fall, wenn die Antragsteller weder persönlich erscheinen, noch gültige Ausweispapiere vorlegen können, noch sonst gewillt sind, nachvollziehbare Angaben zur Person zu machen. Deutsche Staatsangehörige müssen ab Vollendung des 16. Lebensjahres einen Ausweis zur Feststellung der Identität besitzen (Ausweispflicht nach § 1 Personalausweisgesetz [PAuswG]). Er dient der Feststellung der Person im Sinne des § 1 BGB und der staatsbürgerlichen Pflicht, einen gültigen Identitätsnachweis zu besitzen und einer berechtigten Behörde vorzulegen (§ 1 S. 2 PAuswG) (zitiert aus LSG Berlin-Brandenburg, L 31 AS 762/14 B ER vom 15. Mai 2014).

Die von den Klägern vorgelegten Urkunden erfüllen diese Voraussetzungen indes nicht.

Des Weiteren sind Anforderungen der Geburtsurkunden der Kinder mangels Ausweispflicht vor Vollendung des 16. Lebensjahres das geeignete Mittel zur Feststellung der Identität der Kinder. Diese legten die Kläger nicht vor.

Weitere Angaben zu Einkommens- und Vermögensverhältnissen fehlen bzw. sind nicht belegt worden. Die Anlagen zum Einkommen sind von den Klägern zwar kommentiert worden, jedoch erfolgen keine Eintragungen. Die Angaben zum Vermögen werden nicht belegt.

Der gewöhnliche Aufenthalt wird nicht deutlich. Während die Kläger ihren Wohnsitz –ohne Adressbezeichnung- im Antrag mit B bezeichnen, geben sie eine vorübergehende Gastadresse als Schlafplatz in P an. Zwar konnte der Beklagte eine Meldebescheinigung zur Feststellung des gewöhnlichen Aufenthaltes nicht fordern, da Angaben in der Meldebescheinigung keinen Aufschluss über den tatsächlichen Aufenthalt geben. Gleichwohl konnte nach Auffassung der Kammer der Beklagte verlangen, dass die in der Anlage KdU enthaltenen Angaben zur Wohnung und Kosten unter Vorlage von Mietverträgen oder ggf. Zahlungsnachweisen vorzunehmen sind. Denn neben der Feststellung des gewöhnlichen Aufenthaltsortes im Zuständigkeitsbereich des Beklagten gehört zu der Prüfung der Hilfevoraussetzungen auch die Feststellung des Bedarfs für Kosten der Unterkunft und Heizung. Eine Glaubhaftmachung der Kosten lag dem Beklagten nicht vor.

Gemäß § 66 Abs. 3 SGB I dürfen Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf die Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist. Der in § 66 Abs. 3 SGB I vorgesehene vorherige Hinweis ist eine zwingende Voraussetzung der Versagung. Er soll sicherstellen, dass der Betroffene in Kenntnis der ihm drohenden Folgen seine Haltung überdenkt und durch die spätere Entscheidung nach § 66 SGB I nicht überrascht wird (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23. September 2015 – L 13 AS 170/13 –, Rn. 23, juris). Das Mitwirkungsschreiben des Beklagten vom 15. Januar 2014 enthält diesen Hinweis.

Nachdem die Kläger die von ihnen geforderten Angaben trotz Fristsetzung nicht erbracht hatten, war der Beklagte zur Versagung der beantragten Leistungen berechtigt. Das ihm dabei nach § 66 Abs. 1 SGB I eingeräumte Ermessen hat der Beklagte ordnungsgemäß ausgeübt. Es ist nicht erkennbar, welche für die Kläger sprechenden Gesichtspunkte der Beklagte zu berücksichtigen verpflichtet gewesen wäre, wenn die Kläger mehrfach auf ihre Mitwirkungspflichten hingewiesen worden sind und ihnen die Folgen der Unterlassung deutlich gemacht worden sind (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19. Januar 2011 – L 5 AS 452/10 B ER – juris Rn. 58). Nicht zuletzt wegen des vorläufigen Charakters der Rechtsfolgen des § 66 SGB I darf die Behörde in diesen Fällen die Leistungen auch ganz versagen (LSG Sachsen-Anhalt, a. a. O. – juris Rn. 60). Dies erfordert nicht den Nachweis der Rechtswidrigkeit des Leistungsbezugs, sondern es genügt schon die Verletzung der Mitwirkungspflicht als solche. Dieser Eingriff wird relativiert durch den Umstand, dass nach Nachholung der Mitwirkungshandlung gemäß § 67 SGB I nachträglich die – ggf. tatsächlich zustehenden – Leistungen erbracht werden können (LSG Sachsen-Anhalt, a. a. O.).

Zwar sind die Ausführungen zur Ermessensentscheidung knapp gehalten. Der Beklagte hat aber ausreichend zum Ausdruck gebracht, dass ihm das eingeräumte Ermessen bewusst war und er sich in Abwägung des Sinn und Zwecks der Mitwirkungsvorschriften und dem öffentlichen Interesse an Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit mit den Interessen der Kläger an den Leistungen für die Versagung der Leistungen entschieden hat.

Die Grenzen der Mitwirkung wurden auch nicht überschritten, vgl. § 65 SGB I. Gem. § 65 Abs. 1 Nr. 1-3 SGB I bestehen die Mitwirkungspflichten nicht, wenn 1. ihre Erfüllung nicht in einem angemessen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung steht, 2. ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder 3. der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann.

Der Nachweis der Identität ist aufgrund der hohen monatlichen Leistungen für eine vierköpfige Familie nicht unangemessen. Ein wichtiger Grund für das Verhalten der Kläger ist für das Gericht ebenfalls nicht erkennbar. Allein die Tatsache, dass sie sich nicht als Personal der Bundesrepublik Deutschland sehen und der Meinung sind, Exterritoriale zu sein und eine politische Verfolgung befürchten, führt nicht dazu, dass die von einer Privatperson gefertigten Staatsangehörigkeitsausweise der administrativen Regierung des Freistaates Preußen als Identitätsnachweis ausreichen könnten. Letztlich kann der Beklagte sich die erforderlichen Kenntnisse auch nicht selbst ich einen geringeren Aufwand als die Antragsteller beschaffenen. Die Kläger sind nach Recherchen des Beklagten nicht ordnungsbehördlich angemeldet, Meldeanfragen verblieben erfolglos.

2) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Rechtsmittelbelehrung:

Diese Entscheidung kann mit der Berufung angefochten werden.

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Försterweg 2-6 14482 Potsdam,

schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem

Sozialgericht Potsdam Rubensstraße 8 14467 Potsdam,

schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.

Die Berufungsschrift muss innerhalb der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingehen. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Auf Antrag kann vom Sozialgericht durch Beschluss die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen werden, wenn der Gegner schriftlich zustimmt. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Potsdam schriftlich oder in elektronischer Form zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen. Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.
Rechtskraft
Aus
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