S 14 AS 210/17

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 14 AS 210/17
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Für ein Widerspruchsverfahren gegen eine von der BA festgesetzten Mahngebühr von 10,00 Euro (Mahnbetrag: 1.851,92 Euro) ist bei einem Gebührenrahmen von 50,00 bis 640,00 Euro eine Geschäftsgebühr von 100,00 Euro (doppelte Mindestgebühr) als Vergütung des mit dem Widerspruch gegen den den Mahnbetrag festsetzenden Bescheid des zuständigen Jobcenters vorbefassten Rechtsanwalts angemessen.
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 9. November 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2016 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe der von der beklagten Bundesagentur für Arbeit zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren für ein isoliertes Vorverfahren wegen einer Mahngebühr.

Das zuständige Jobcenter hatte mit Bescheid vom 22.07.2016 gegen die im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) stehende Klägerin Erstattungsforderungen in Höhe von insgesamt 1.851,92 Euro erhoben. Vertreten durch ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten hatte die Klägerin hiergegen Widerspruch eingelegt.

Mit Schreiben vom 26.09.2016 forderte die Beklagte die Klägerin unter Verhängung einer Mahngebühr von 10,00 Euro auf, innerhalb von zwei Wochen den Gesamtbetrag von 1.861,92 Euro zu zahlen, der aus dem Bescheid des zuständigen Jobcenters vom 22.07.2016 resultiere und seit dem 26.08.2016 fällig sei. Bleibe die Zahlung aus, werde die mit weiteren Kosten verbundene zwangsweise Einziehung veranlasst.

Hiergegen erhob der Bevollmächtigte der Klägerin für diese am 09.10.2016 Widerspruch und machte geltend, die Festsetzung der Mahngebühr sei nicht gerechtfertigt, da der Bescheid des Jobcenters vom 22.07.2016 nicht bestandskräftig sei.

Dem folgend hob die Beklagte mit Abhilfebescheid vom 18.10.2016 die Festsetzung der Mahngebühr auf, erkannte die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten als notwendig an und erklärte sich bereit, die der Klägerin im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten zu übernehmen, soweit sie notwendig waren und nachgewiesen würden.

Im nachfolgenden Erstattungsverfahren machte der Bevollmächtigte der Klägerin mit Kostennote vom 21.10.2016 unter Einbeziehung unter anderem einer Geschäftsgebühr nach § 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) i.V.m. Nr. 2302 Vergütungsverzeichnis (VV) zum RVG in Höhe von 180,00 Euro Kosten von 238,00 Euro geltend.

Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 09.11.2016 erkannte die Beklagte unter Berücksichtigung einer Geschäftsgebühr von 150,00 Euro einen Betrag von 202,30 Euro als notwendige Aufwendungen an. Die Erhebung einer Geschäftsgebühr von 180,00 Euro sei unbillig und daher für sie nicht verbindlich. Bei einer Mahngebühr von 10,00 Euro seien die rechtliche Schwierigkeit, der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit und die Bedeutung der Angelegenheit weit unterdurchschnittlich.

Am 09.12.2016 erhob die Klägerin Widerspruch. Ihr Bevollmächtigter führte zur Begründung aus, die Reduzierung der Geschäftsgebühr von 180,00 Euro auf 150,00 Euro durch die Beklagte sei nicht zulässig. Weder der Leistungsträger noch die Gerichte dürfen das Ermessen des Rechtsanwalts durch eigenes Ermessen ersetzen, wenn die Höhe der vom Rechtsanwalt festgesetzten Gebühren die vom Leistungsträger bzw. Gericht für angemessen gehaltene Gebühr die 20 %-Grenze nicht überschreite.

Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 16.12.2016 als unbegründet zurück. Entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten der Klägerin seien bei der anwaltlichen Gebührenbestimmung im vorliegenden Fall die Grundsätze des Toleranzrahmens nicht anzuwenden. Ließe man in einem durchschnittlichen Mahngebührenwiderspruchsverfahren die Anwendung eines Toleranzrahmens grundsätzlich zu, käme man ebenso regelmäßig zu einem jeweils erhöhten Durchschnittsbetrag, womit der vom Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 09.03.2016, Az.: B 14 AS 5/15 R) für billig erachtete Durchschnittsbetrag von 150,00 Euro letztendlich umgangen werden würde. Dies sei wohl rechtsmissbräuchlich.

Hiergegen erhob die Klägerin am 29.12.2016 Klage zum Sozialgericht Augsburg. Zur Begründung wiederholte ihr Bevollmächtigter im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Ergänzend führte er aus, dass im Rahmen der Gebührenbemessung seine Spezialkenntnisse als Fachanwalt für Sozialrecht zu berücksichtigten seien; des Weiteren, dass die Hinzuziehung eines Dolmetschers entbehrlich gewesen sei, weil er russisch spreche. Schließlich sei eine Selbstbindung der Verwaltung eingetreten, da die Beklagte bereits in zahlreichen gleichgelagerten Widerspruchsverfahren eine Geschäftsgebühr von 180,00 Euro akzeptiert habe; zum Nachweis legte er - jeweils anonymisiert - vier Kostenrechnungen aus anderen Angelegenheiten und elf als "nicht rechtsverbindlich" gekennzeichnete Umsatzübersichten seines Geschäftskontos vor.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 09.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.12.2016 zu verurteilen, ihr für das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 26.09.2016 Aufwendungen entsprechend der Kostennote vom 21.10.2016 in Höhe von insgesamt 238,00 Euro zu erstatten.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung höherer Aufwendungen nach § 63 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) als von der Beklagten bewilligt.

Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, einem Widerspruchsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich war. Gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1, 1. Hs. SGB X setzt die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest. Daher ist die Beklagte für die streitige Kostenfestsetzung zuständig.

§ 63 Abs. 2 SGB X bestimmt, dass die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes im Vorverfahren erstattungsfähig sind, wenn die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Die Beklagte hat in der Abhilfeentscheidung vom 18.10.2016 die Zuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig anerkannt.

Gebühren und Auslagen im Sinne von § 63 Abs. 2 SGB X sind nur gesetzliche Gebühren. Die Vergütung (Gebühren und Auslagen) für die anwaltliche Tätigkeit bemisst sich nach dem RVG, vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 RVG, in der hier maßgeblichen Fassung vom 21.12.2015 (BGBl. I 2517, in Kraft getreten am 01.01.2016). Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG bestimmt sich die Höhe der Vergütung nach dem VV (Anlage 1).

Die von der Beklagten mit dem angefochtenen Bescheid vom 09.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.12.2016 getroffene Kostenentscheidung, wonach die Klägerin einen Anspruch auf Kostenerstattung in Höhe von 202,30 Euro hat, verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Aus Sicht der erkennenden Kammer hat die Beklagte die zu erstattenden Gebühren sogar zu hoch angesetzt; angemessen sind vorliegend bei richtiger Anwendung der maßgeblichen Vorschriften nur eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 VV RVG von 100,00 Euro, die Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gemäß Nr. 7002 VV RVG von 20,00 Euro und die entsprechende Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG von 22,80 Euro, mithin insgesamt Gebühren von 142,80 Euro.

Soweit der Klägerbevollmächtigte geltend macht, durch die Anerkennung einer Geschäftsgebühr von 180,00 Euro in anderen Fällen sei eine Selbstbindung der Beklagten eingetreten, kann dem nicht gefolgt werden. Denn bei der Festsetzung der angemessenen Gebühr im Sinne des § 14 Abs. 1 RVG handelt es sich stets um eine Einzelfallentscheidung (Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 24.07.2014, Az.: L 8 AS 267/14 NZB, juris). Eine Selbstbindung der Verwaltung und damit eine Ermessensreduzierung auf Null würde zudem voraussetzen, dass es zur Ausübung des Ermessens bei der Festsetzung der Geschäftsgebühr ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften der Beklagten gab oder gibt, die von dieser im maßgeblichen Zeitpunkt so gehandhabt wurden, dass die beantragte Festsetzung einer ständigen Praxis der Beklagten entsprochen hat (vergleichbar einer ständigen Rechtsprechung). Daran fehlt es vorliegend, wie bereits die zahlreichen Klagen des Bevollmächtigten betreffend die Höhe der von der Beklagten zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren für ein isoliertes Vorverfahren wegen einer Mahngebühr zeigen. Ohne dass es also noch darauf ankommt, bleibt überdies nach dem Vortrag des Klägerbevollmächtigten völlig unklar, ob die von ihm als "gleichgelagert" bezeichneten Fälle tatsächlich mit dem vorliegenden deckungsgleich sind.

Die Höhe einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 VV RVG - einer Rahmengebühr i.S.d. § 14 RVG - ist wie folgt zu bemessen: Nach §§ 3, 14 Abs. 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Rahmengebühr im jeweiligen Einzelfall nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände, z.B. des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit, der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers sowie eines etwaigen besonderen Haftungsrisikos, wobei eine Verbindlichkeit gegenüber dem ausgleichspflichtigen Dritten nicht eintritt, wenn die Gebühr unbillig ist. Bei der Bestimmung der Betragsrahmengebühr ist von der Mittelgebühr auszugehen, die bei einem Normal- bzw. Durchschnittsfall als billige Gebühr zugrunde zu legen ist. Unter einem "Normalfall" ist ein Fall zu verstehen, in dem sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts unter Beachtung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt aller sozialrechtlichen Fälle abhebt (BSG, Urteil vom 01.07.2009, Az.: B 4 AS 21/09 R = SozR 4-1935 § 14 Nr. 2, Rdnr. 24 m.w.N.). Ob ein Durchschnittsfall vorliegt, ergibt sich aus dem Vergleich mit den sonstigen bei den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit anhängigen Streitsachen. Bei Abweichungen von einem Durchschnittsfall kann der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG eine geringere oder höhere Gebühr bis zur Grenze des vorgegebenen Rahmens ansetzen. Hinsichtlich der Überprüfung der Billigkeit einer Gebühr billigt die Rechtsprechung dem Rechtsanwalt einen Toleranzrahmen von bis zu 20 % zu (BSG, a.a.O., Rdnr. 19 m.w.N.). Die in § 14 Abs. 1 RVG aufgezählten fünf Bemessungskriterien stehen selbständig und gleichwertig nebeneinander. Sämtliche Kriterien sind geeignet, ein Abweichen von der Mittelgebühr nach oben oder unten zu begründen. Zudem kann das Abweichen eines Bemessungskriteriums von jedem anderen Bemessungskriterium kompensiert werden (BSG, a.a.O., Rdnr. 38).

Vorliegend ist die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin geltend gemachte Geschäftsgebühr von 180,00 Euro für sein Tätigwerden im Widerspruchsverfahren im Hinblick auf den Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse seiner Auftraggeberin i.S.d. § 14 RVG unbillig und überschreitet auch die Toleranzgrenze von 20 % für die eigenverantwortliche Festsetzung durch den Rechtsanwalt, so dass es auf die diesbezüglichen - aus der Sicht der Kammer dem Grunde nach schlüssigen - Erwägungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid nicht mehr ankommt.

Der sich aus Nr. 2302 VV RVG ergebende Gebührenrahmen beträgt 50,00 bis 640,00 Euro; die Mittelgebühr beläuft sich auf 345,00 Euro und die Schwellengebühr auf 300,00 Euro. Bei wertender Gesamtbetrachtung ist die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin geltend gemachte Geschäftsgebühr von 180,00 Euro bei weitem überhöht; der Ansatz einer Gebühr von 100,00 Euro, dem Doppelten der Mindestgebühr, erscheint als angemessen. Es handelt sich um einen weit unterdurchschnittlichen Fall.

Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit ist als weit unterdurchschnittlich zu bewerten. Bei der Beurteilung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit sind der Arbeits- und Zeitaufwand, den ein Rechtsanwalt in der Sache betrieben hat und den er objektiv auf die Sache verwenden musste, zu würdigen (BSG, a.a.O., Rdnr. 28ff. m.w.N.). Der durchschnittliche Umfang orientiert sich am Leitbild der zugehörigen Verfahrensordnung am Ablauf eines Verfahrens jeweils bezogen auf das in der jeweiligen Gebührenziffer umschriebene Tätigkeitsfeld. Bei der Gebühr nach Nr. 2302 VV RVG ist von dem Leitbild auszugehen, dass ein mit der Sache bislang noch nicht befasster Rechtsanwalt mit der Durchführung des sozialrechtlichen Widerspruchsverfahrens beauftragt wird. Dies erfordert das Betreiben des Verfahrens und eine Einarbeitung in die Sach- und Rechtslage. Die Zahl der gefertigten Schriftsätze, einschließlich ihres Inhalts, kann ein Indiz für den zeitlichen Aufwand der anwaltlichen Tätigkeit darstellen (BSG, a.a.O., Rdnr. 30). Vorliegend hat der - zuvor von der Klägerin bereits mit der Erhebung des Widerspruchs gegen den den Mahnbetrag festsetzenden Erstattungsbescheid des Jobcenters beauftragte - Rechtsanwalt der Beklagten lediglich mit dreizeiliger Widerspruchsbegründung mitgeteilt, dass der Bescheid des Jobcenters nicht bestandskräftig ist. Weitere zeitintensive Tätigkeiten - wie etwa das Lesen und Auswerten von medizinischen Gutachten, das Verfassen von Schriftsätzen, die sich mit komplexen tatsächlichen oder rechtlichen Fragen auseinandersetzen, die Sichtung und Auswertung von Rechtsprechung oder Kommentarliteratur, die Einsicht in Akten oder eine Besprechung mit der Klägerin - waren nicht erforderlich. Insoweit unterscheidet sich die vorliegende Fallkonstellation auch von der Konstellation, die das BSG unter dem 09.03.2016 (Az.: B 14 AS 5/15 R = SozR 4-1300 § 63 Nr. 24) zu entscheiden hatte. Dort war - bei lediglich unterdurchschnittlichem, nicht aber weit unterdurchschnittlichem Umfang der anwaltlichen Tätigkeit - im Ergebnis eine Geschäftsgebühr in Höhe der halben Schwellengebühr (nach damaliger Rechtslage 120,00 Euro, seit 01.01.2016 150,00 Euro) angemessen, weil gerade keine Vorbefassung des Rechtsanwalts mit dem Vorgang vorlag, so dass vor Einlegung des Widerspruchs gegen die Festsetzung der Mahngebühr zumindest eine Besprechung mit der dortigen Klägerin erforderlich war. Vorliegend war eine Besprechung mit der Klägerin entbehrlich, da der Bevollmächtigte der Klägerin selbst Widerspruch gegen den Erstattungsbescheid des Jobcenters erhoben hatte; ein Blick in seine Handakte genügte, um dies zu erkennen. Ohne Belang sind daher sowohl etwaige fehlende deutsche Sprachkenntnisse der Klägerin als auch vorhandene russische Sprachkenntnisse des Bevollmächtigten.

Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ist ebenfalls als weit unterdurchschnittlich zu bewerten. Die vom Umfang zu unterscheidende Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit meint die Intensität der Arbeit (BSG, Urteil vom 01.07.2009, Az.: B 4 AS 21/09 R, Rd- nr. 32). Insoweit ist ein einfacherer Fall als der vorliegende auf dem Gebiet des Sozialrechts kaum denkbar. Aufgrund der Rechtsbehelfsbelehrung ("Gegen die Festsetzung der Mahngebühren ist der Widerspruch zulässig") war für die Einlegung des Widerspruchs nicht einmal die Kenntnis der Rechtsprechung zur Verwaltungsaktqualität der Festsetzung der Mahngebühr (z.B. Urteil vom 26.05.2011, Az.: B 14 AS 54/10 R = SozR 4-4200 § 44b Nr. 3) erforderlich. Es handelte sich zumindest um einen formellen Verwaltungsakt. Im Übrigen wurde im Rahmen des Widerspruchsverfahrens lediglich geltend gemacht, dass der Bescheid, der der Mahnung zugrunde lag, nicht bestandskräftig sei. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen einen Erstattungsbescheid ergibt sich zwanglos aus den gesetzlichen Vorschriften der §§ 86a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), 39 SGB II, so dass auch diesbezüglich keine Recherche in Rechtsprechung oder Kommentarliteratur erforderlich war. Ohne Belang ist daher auch, dass der Klägerbevollmächtigte Fachanwalt für Sozialrecht ist.

Auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin sind als weit unterdurchschnittlich zu bewerten. Die vermögenslose Klägerin war während des streitigen Widerspruchsverfahrens und ist auch gegenwärtig noch auf den Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II angewiesen.

Allein die Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin kann als durchschnittlich bewertet werden, wenn man mit dem BSG (Urteil vom 09.03.2016, Az.: B 14 AS 5/15 R, Rdnrn. 19-22) neben der Mahngebühr von 10,00 Euro auch die Zahlungsaufforderung in Bezug auf den Mahnbetrag selbst in Höhe von 1.851,92 Euro berücksichtigt.

Ein besonderes Haftungsrisiko des Bevollmächtigten der Klägerin und sonstige unbenannte Kriterien, die geeignet wären, zu einer abweichenden Gebührenbemessung zu führen, sind indes nicht erkennbar.

Unter Abwägung aller Kriterien des § 14 RVG, die überwiegend als weit unterdurchschnittlich zu bewerten sind, und der Tatsache, dass allein unterdurchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse die Herabbemessung der Mittelgebühr rechtfertigen können (BSG, Urteil vom 01.07.2009, Az.: B 4 AS 21/09 R, Rdnr. 38), kommt dem Widerspruchsverfahren eine weit unterdurchschnittliche Bedeutung zu, so dass insgesamt - unter Berücksichtigung der immerhin durchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin - der Ansatz einer Geschäftsgebühr von 100,00 Euro, dem Doppelten der Mindestgebühr, angemessen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

Die Berufung ist nicht zulässig. Weder ist die Berufungssumme des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG erreicht, noch sind wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen, § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG. Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß § 144 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich. Insbesondere wird nicht von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abgewichen. Zum einen handelt es sich bei der Festsetzung der angemessenen Gebühr im Sinne des § 14 Abs. 1 RVG stets um eine Einzelfallentscheidung, zum anderen unterscheidet sich die vorliegende Fallkonstellation - wie oben aufgezeigt - in wesentlicher Hinsicht von der Konstellation, die das BSG unter dem 09.03.2016 (Az.: B 14 AS 5/15 R) zu entscheiden hatte
Rechtskraft
Aus
Saved