Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 37 R 89/15
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 979/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von (Zwischen-)Übergangsgeld gemäß § 51 Abs. 1 SGB IX. Voraussetzung für die Weiterzahlung auf der Grundlage von § 51 Abs. 1 SGB IX ist der Abschluss einer Leistung u.a. zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne von §§ 33 ff. SGB IX. Abgeschlossen in dem Sinne ist eine Leistung jedoch nur dann, wenn sie planmäßig, d.h. wie vorgesehen, beendet worden ist. Dahinstehen kann hingegen, ob sie auch erfolgreich abgeschlossen sein muss.
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 29. September 2015 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Übergangsgeld für die Zeit vom 28. August bis 12. November 2012.
Die Beklagte gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 6. Mai 2009 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dem Grunde nach (Bl. 144 Verwaltungsakte [VA] II). Mit Bescheid vom 20. November 2009 (Bl. 175 VA II) bewilligte sie eine Arbeitserprobung beim Berufsförderungswerk Z ... und im Anschluss mit Bescheid vom 29. Juni 2010 eine Umschulung zur Industriekauffrau für die Dauer von 24 Monaten beginnend am 6. Juli 2010 (Bl. 201 VA III). Aufgrund ab dem 3. Februar 2012 anhaltender Arbeitsunfähigkeitszeiten widerrief die Beklagte mit Bescheid vom 10. April 2012 die Maßnahme aus gesundheitlichen Gründen (Bl. 508 VA IV). Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 4. Juni 2012 zurück (Bl. 533 VA IV). Übergangsgeld wurde bis zum 42. Tag der Arbeitsunfähigkeit (15. März 2012) gezahlt (Bl. 546 VA IV).
Nachdem der Medizinische Dienst der Krankenkasse in einem Gutachten vom 16. August 2012 zur Einschätzung eines vollschichtigen Leistungsvermögens gelangte (Bl. 562 VA IV), stellte die Klägerin bei der Beklagten am 28. August 2012 einen Antrag auf weitere Durchführung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie auf Weiterzahlung des Übergangsgeldes (Bl. 554 VA IV). Daraufhin bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 16. Oktober 2012 eine Umschulung zur Industriekauffrau für die Dauer von acht Monaten beginnend am 26. November 2012 (Bl. 577 VA V). Mit Schreiben vom 31. Oktober 2012 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie ab dem 12. November 2012 eine unbefristete Tätigkeit (als Bade- und Saunameisterin) aufnehme und die Maßnahme daher nicht antrete. Die Bewilligung wurde daraufhin mit Bescheid vom 2. November 2012 zurückgenommen (Bl. 585 VA V). Mit Bescheid vom 11. September 2014 (Bl. 837 VA VI) und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 29. Dezember 2014 (Bl. 866 VA VI) lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Weiterzahlung von Übergangsgeld im Zeitraum ab Antragstellung am 28. August 2012 bis zur Aufnahme der unbefristeten Tätigkeit am 12. November 2012 ab. Die Voraussetzungen einer (Weiter-)Zahlung würden nicht vorliegen, weil die Leistungen zur Teilhabe weder nacheinander im Rahmen eines Gesamtplanes gewährt worden seien noch spätestens während der ersten Maßnahme objektiv festgestanden habe, dass weitere Teilhabeleistungen erforderlich seien.
Mit ihrer hiergegen am 20. Januar 2015 vor dem Sozialgericht Dresden erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Es sei die berufliche Rehabilitation der Klägerin für die Dauer von 24 Monaten beabsichtigt gewesen. Nach deren Abbruch aus gesundheitlichen Gründen seien neue Leistungen erforderlich geworden, die aus von ihr nicht zu vertretenen Gründen nicht unmittelbar anschließend ausführbar gewesen seien. Mit Gerichtsbescheid vom 29. September 2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen von § 51 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) lägen nicht vor, weil die vorausgegangenen Leistungen zur Teilhabe nicht abgeschlossen, sondern abgebrochen worden seien. Solche Fälle seien von § 51 Abs. 1 SGB IX gerade nicht erfasst. Ein Anspruch bestehe auch nicht nach § 51 Abs. 3 SGB IX, weil der sich daraus ergebende Anspruch auf Weiterzahlung im Krankheitsfall für sechs Wochen bereits voll ausgeschöpft sei. Zudem sei am 28. August 2012 der Zeitpunkt des planmäßigen Endes der Leistung bereits überschritten. Schließlich lägen die Voraussetzungen des § 51 Abs. 4 SGB IX nicht vor.
Gegen den am 5. Oktober 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 4. November 2015 Berufung eingelegt. Die vom Sozialgericht vorgenommene Auslegung von § 51 Abs. 1 SGB IX sei nicht zwingend. Ausreichend für "Abschluss" sei auch ein endgültiges förmliches Ende. Es sei nicht erkennbar, weshalb kein Anspruch aus § 51 Abs. 3 bzw. 4 SGB IX in Betracht komme.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11. September 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Dezember 2014 zu verurteilen, der Klägerin Übergangsgeld für den Zeitraum 28. August bis 12. November 2012 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Dem Gericht lagen die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakte beider Rechtszüge vor, worauf zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte, ohne mündlich zu verhandeln, entscheiden, weil die Beteiligten hiermit einverstanden sind, §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 29. September 2015 zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 11. September 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Dezember 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von (Zwischen-)Übergangsgeld im streitigen Zeitraum 28. August bis 12. November 2012.
1. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 51 Abs. 1 SGB IX.
Danach wird u.a. das Übergangsgel für den Fall, dass nach Abschluss von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben weitere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich sind, während derer dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld besteht, und dass diese aus Gründen, die die Leistungsempfänger nicht zu vertreten haben, nicht unmittelbar anschließend durchgeführt werden können, für diese Zeit weitergezahlt, wenn 1. die Leistungsempfänger arbeitsunfähig sind und keinen Anspruch auf Krankengeld mehr haben oder 2. ihnen eine zumutbare Beschäftigung aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht vermittelt werden kann.
Wie das Sozialgericht zutreffend angenommen hat, ist Voraussetzung für die Weiterzahlung auf der Grundlage von § 51 Abs. 1 SGB IX zunächst der Abschluss einer Leistung u.a. zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne von §§ 33 ff. SGB IX. Abgeschlossen in dem Sinne ist eine Leistung jedoch nur dann, wenn sie planmäßig, d.h. wie vorgesehen, beendet worden ist (Schlette in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 2. Aufl. 2015, § 51 SGB IX Rn. 12). Dies hat das Bundessozialgerichts (BSG) für die vergleichbare (bis zum 30. Juni 2001 geltende) Vorschrift in § 25 Abs. 3 Nr. 4 SGB VI, wonach Übergangsgeld auch für den Zeitraum erbracht wird, in dem der Versicherte nach Abschluss von medizinischen oder berufsfördernden Leistungen arbeitsunfähig ist und keinen Anspruch auf Krankengeld hat, sofern berufsfördernde Leistungen erforderlich sind, die dem Grunde nach einen Anspruch auf Übergangsgeld bewirken und aus Gründen, die der Versicherte nicht zu vertreten hat, nicht unmittelbar anschließend erbracht werden können, ausdrücklich entschieden (BSG, Urteil vom 12. Juni 2001 – B 4 RA 80/00 R – juris Rn. 21). Dies folge aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, der in der wirtschaftlichen Sicherstellung des Versicherten durch eine Geldleistung während einer von ihm nicht zu vertretenden Reha-Pause zwischen zwei Maßnahmen liege, es sei denn, er bedürfe wegen des Bezuges von Kranken- oder Arbeitsentgelt nicht eines solchen Schutzes (BSG, Urteil vom 12. Juni 2001, a.a.O. Rn. 17). Grund für die Absicherung ist nach Ausführungen des BSG zum einen, dass sich der Versicherte zur Teilnahme an einer vorgesehenen weiteren Maßnahme bereithalten müsse und deshalb in seinen Dispositionsmöglichkeiten eingeschränkt sei. Zum anderen treffe den Versicherungsträger die Verantwortung, dass der nicht wirtschaftlich abgesicherte Betreute während einer für ihn unvermeidbaren Reha-Unterbrechung wirtschaftlich nicht weiter absinke. Deshalb habe er, wenn mehrere Reha-Maßnahmen gleich welcher Art erforderlich seien, sicherzustellen, dass sie nahtlos ineinandergriffen. Gelinge dies aus Gründen, die der schutzbedürftige Betreute nicht zu vertreten habe, nicht, sei er durch die Weitergewährung des Übergangsgeldes wenigstens so zu stellen, als hätte der Leistungsträger seinen Sicherstellungsauftrag erfüllt (BSG, Urteil vom 12. Juni 2001, a.a.O.).
Hieraus wird deutlich, dass die Vorschrift des § 25 Abs. 3 Nr. 4 SGB VI a.F. und damit auch die vergleichbare aktuelle Regelung in § 51 Abs. 1 SGB IX darauf abstellt, dass es sich bei den aufeinanderfolgenden Maßnahmen um sog. gesamtplanfähige und –pflichtige Maßnahmen handelt, die vom Leistungsträger, hätte er einen Gesamtplan aufgestellt, nahtlos hätten gewährt werden müssen (BSG, Urteil vom 12. Juni 2001, a.a.O Rn. 18). Der hier zugrunde liegende Sachverhalt ist jedoch ein anderer. Die Beklagte hatte die erste Maßnahme aus gesundheitlichen Gründen widerrufen, wobei zu diesem Zeitpunkt eine weitere Maßnahme nicht im Raum stand. Es fehlt deshalb bereits an einer Verzögerung bei der Durchführung der zweiten Maßnahme, für die der Rehabilitationsträger ggf. einstehen muss. Das nahtlose Ineinandergreifen einer vorzeitig abgebrochenen Maßnahme und deren späteren Fortsetzung bzw. Wiederaufnahme kommt von vornherein nicht in Betracht. Auf einen vorzeitigen Abbruch hat der Rehabilitationsträger gerade keinen Einfluss, sodass dadurch bedingte Verzögerungen ihm nicht zuzurechnen sind (so auch BSG, Urteil vom 12. Juni 2001, a.a.O Rn. 21). Hieraus folgert das BSG die Voraussetzung einer planmäßigen Beendigung der Maßnahme, weil der Rehabilitationsträger nur in dem Fall für eventuelle Verzögerungen bei der Durchführung einstehen müsse.
Dahinstehen kann, ob der erforderliche "Abschluss" im Sinne von § 51 Abs. 1 SGB IX voraussetzt, dass die Maßnahme erfolgreich beendet wurde (so Schlette a.a.O. Rn. 12; Schütze in Hauck/Noftz, SGB IX, § 51 Rn. 6; a.A. zu § 25 Abs. 3 Nr. 3 SGB VI a.F.: BSG, Urteil vom 23. Februar 2000 – B 5 RJ 38/98 R – juris Rn. 13; zu § 54 Abs. 4 SGB IX auch: LSG BW, Beschluss vom 1. Juli 2011 – L 3 AL 5887/10 – juris Rn. 29). Selbst wenn es nicht darauf ankommen sollte, mit welchem Erfolg die Maßnahme beendet wurde, folgt hieraus nicht im Umkehrschluss, dass im Falle einer – wie auch bei der Klägerin – erfolglosen Beendigung der Rehabilitationsmaßnahme ein Abschluss auch dann anzunehmen ist, wenn die Maßnahme nicht planmäßig endete. Auch eine nicht erfolgreiche Beendigung setzt vielmehr einen planmäßigen Abschluss voraus, weshalb vorzeitig abgebrochene (und deshalb in der Regel nicht erfolgreiche) Maßnahmen gerade nicht ausreichend sind (vgl. BSG, Urteil vom 12. Juni 2001, a.a.O.; LSG BW, Beschluss vom 1. Juli 2011 – L 3 AL 5887/10 – juris Rn. 29; von der Heide in Kossens/von der Heide/Maaß, SGB IX 4. Auflage 2015, § 51 Rn. 9).
2. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus § 51 Abs. 3 oder 4 SGB IX.
Nach § 51 Abs. 3 SGB IX werden für den Fall, dass Leistungsempfänger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben allein aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr, aber voraussichtlich wieder in Anspruch nehmen können, Übergangsgeld und Unterhaltsbeihilfe bis zum Ende dieser Leistungen, längstens bis zu sechs Wochen weitergezahlt. Nach Eintritt von Arbeitsunfähigkeit der Klägerin während der ersten Teilhabeleistung hat die Beklagte entsprechend dieser Vorschrift Übergangsgeld bis zum 42. Tag der Arbeitsunfähigkeit weitergezahlt. Eine über den Zeitraum von sechs Wochen hinausgehende Leistung oder eine nochmalige Zahlung nach Abbruch der Maßnahme sieht das Gesetz nicht vor. Im Gegenteil schränkt die Vorschrift die Zahlung auf den Zeitraum "bis zum Ende dieser Leistungen" ein. Die Leistung endete jedoch mit dem bestandskräftigen Widerruf vom 10. April 2012 und mithin vor dem streitigen Zeitraum ab 28. August 2012. Darüber hinaus wäre die bewilligte Teilhabeleistung auch ohne Widerruf vor diesem Zeitpunkt, am 5. Juli 2012, ausgelaufen.
Nach § 51 Abs. 4 Satz 1 SGB IX werden für den Fall, in dem die Leistungsempfänger im Anschluss an eine abgeschlossene Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben arbeitslos sind, Übergangsgeld und Unterhaltsbeihilfe während der Arbeitslosigkeit bis zu drei Monate weitergezahlt, wenn sie sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben und einen Anspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens drei Monaten nicht geltend machen können. Diese Voraussetzungen liegen ebenfalls nicht vor. Unabhängig davon, ob die Maßnahme erfolgreich abgeschlossen wurde, setzt die Vorschrift jedenfalls wiederum voraus, dass der Leistungsempfänger an der Maßnahme bis zu ihrem vorgesehenen Abschlusszeitpunkt tatsächlich teilgenommen hat. Ein vorzeitiger Abbruch der Maßnahme wie im hier zugrunde liegenden Fall vermag Ansprüche nach Absatz 4 nicht zu begründen (Schlette in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 2. Aufl. 2015, § 51 SGB IX, Rn. 29; von der Heide, a.a.O § 51 Rn. 13 mit der noch weitergehenden Forderung eines erfolgreichen Abschlusses; so zu § 25 Abs. 3 Nr. 3 SGB VI a.F. auch BSG, Urteil vom 23. Februar 2000 – B 5 RJ 38/98 – juris Rn. 13).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Übergangsgeld für die Zeit vom 28. August bis 12. November 2012.
Die Beklagte gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 6. Mai 2009 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dem Grunde nach (Bl. 144 Verwaltungsakte [VA] II). Mit Bescheid vom 20. November 2009 (Bl. 175 VA II) bewilligte sie eine Arbeitserprobung beim Berufsförderungswerk Z ... und im Anschluss mit Bescheid vom 29. Juni 2010 eine Umschulung zur Industriekauffrau für die Dauer von 24 Monaten beginnend am 6. Juli 2010 (Bl. 201 VA III). Aufgrund ab dem 3. Februar 2012 anhaltender Arbeitsunfähigkeitszeiten widerrief die Beklagte mit Bescheid vom 10. April 2012 die Maßnahme aus gesundheitlichen Gründen (Bl. 508 VA IV). Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 4. Juni 2012 zurück (Bl. 533 VA IV). Übergangsgeld wurde bis zum 42. Tag der Arbeitsunfähigkeit (15. März 2012) gezahlt (Bl. 546 VA IV).
Nachdem der Medizinische Dienst der Krankenkasse in einem Gutachten vom 16. August 2012 zur Einschätzung eines vollschichtigen Leistungsvermögens gelangte (Bl. 562 VA IV), stellte die Klägerin bei der Beklagten am 28. August 2012 einen Antrag auf weitere Durchführung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie auf Weiterzahlung des Übergangsgeldes (Bl. 554 VA IV). Daraufhin bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 16. Oktober 2012 eine Umschulung zur Industriekauffrau für die Dauer von acht Monaten beginnend am 26. November 2012 (Bl. 577 VA V). Mit Schreiben vom 31. Oktober 2012 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie ab dem 12. November 2012 eine unbefristete Tätigkeit (als Bade- und Saunameisterin) aufnehme und die Maßnahme daher nicht antrete. Die Bewilligung wurde daraufhin mit Bescheid vom 2. November 2012 zurückgenommen (Bl. 585 VA V). Mit Bescheid vom 11. September 2014 (Bl. 837 VA VI) und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 29. Dezember 2014 (Bl. 866 VA VI) lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Weiterzahlung von Übergangsgeld im Zeitraum ab Antragstellung am 28. August 2012 bis zur Aufnahme der unbefristeten Tätigkeit am 12. November 2012 ab. Die Voraussetzungen einer (Weiter-)Zahlung würden nicht vorliegen, weil die Leistungen zur Teilhabe weder nacheinander im Rahmen eines Gesamtplanes gewährt worden seien noch spätestens während der ersten Maßnahme objektiv festgestanden habe, dass weitere Teilhabeleistungen erforderlich seien.
Mit ihrer hiergegen am 20. Januar 2015 vor dem Sozialgericht Dresden erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Es sei die berufliche Rehabilitation der Klägerin für die Dauer von 24 Monaten beabsichtigt gewesen. Nach deren Abbruch aus gesundheitlichen Gründen seien neue Leistungen erforderlich geworden, die aus von ihr nicht zu vertretenen Gründen nicht unmittelbar anschließend ausführbar gewesen seien. Mit Gerichtsbescheid vom 29. September 2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen von § 51 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) lägen nicht vor, weil die vorausgegangenen Leistungen zur Teilhabe nicht abgeschlossen, sondern abgebrochen worden seien. Solche Fälle seien von § 51 Abs. 1 SGB IX gerade nicht erfasst. Ein Anspruch bestehe auch nicht nach § 51 Abs. 3 SGB IX, weil der sich daraus ergebende Anspruch auf Weiterzahlung im Krankheitsfall für sechs Wochen bereits voll ausgeschöpft sei. Zudem sei am 28. August 2012 der Zeitpunkt des planmäßigen Endes der Leistung bereits überschritten. Schließlich lägen die Voraussetzungen des § 51 Abs. 4 SGB IX nicht vor.
Gegen den am 5. Oktober 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 4. November 2015 Berufung eingelegt. Die vom Sozialgericht vorgenommene Auslegung von § 51 Abs. 1 SGB IX sei nicht zwingend. Ausreichend für "Abschluss" sei auch ein endgültiges förmliches Ende. Es sei nicht erkennbar, weshalb kein Anspruch aus § 51 Abs. 3 bzw. 4 SGB IX in Betracht komme.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11. September 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Dezember 2014 zu verurteilen, der Klägerin Übergangsgeld für den Zeitraum 28. August bis 12. November 2012 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Dem Gericht lagen die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakte beider Rechtszüge vor, worauf zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte, ohne mündlich zu verhandeln, entscheiden, weil die Beteiligten hiermit einverstanden sind, §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 29. September 2015 zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 11. September 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Dezember 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von (Zwischen-)Übergangsgeld im streitigen Zeitraum 28. August bis 12. November 2012.
1. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 51 Abs. 1 SGB IX.
Danach wird u.a. das Übergangsgel für den Fall, dass nach Abschluss von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben weitere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich sind, während derer dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld besteht, und dass diese aus Gründen, die die Leistungsempfänger nicht zu vertreten haben, nicht unmittelbar anschließend durchgeführt werden können, für diese Zeit weitergezahlt, wenn 1. die Leistungsempfänger arbeitsunfähig sind und keinen Anspruch auf Krankengeld mehr haben oder 2. ihnen eine zumutbare Beschäftigung aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht vermittelt werden kann.
Wie das Sozialgericht zutreffend angenommen hat, ist Voraussetzung für die Weiterzahlung auf der Grundlage von § 51 Abs. 1 SGB IX zunächst der Abschluss einer Leistung u.a. zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne von §§ 33 ff. SGB IX. Abgeschlossen in dem Sinne ist eine Leistung jedoch nur dann, wenn sie planmäßig, d.h. wie vorgesehen, beendet worden ist (Schlette in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 2. Aufl. 2015, § 51 SGB IX Rn. 12). Dies hat das Bundessozialgerichts (BSG) für die vergleichbare (bis zum 30. Juni 2001 geltende) Vorschrift in § 25 Abs. 3 Nr. 4 SGB VI, wonach Übergangsgeld auch für den Zeitraum erbracht wird, in dem der Versicherte nach Abschluss von medizinischen oder berufsfördernden Leistungen arbeitsunfähig ist und keinen Anspruch auf Krankengeld hat, sofern berufsfördernde Leistungen erforderlich sind, die dem Grunde nach einen Anspruch auf Übergangsgeld bewirken und aus Gründen, die der Versicherte nicht zu vertreten hat, nicht unmittelbar anschließend erbracht werden können, ausdrücklich entschieden (BSG, Urteil vom 12. Juni 2001 – B 4 RA 80/00 R – juris Rn. 21). Dies folge aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, der in der wirtschaftlichen Sicherstellung des Versicherten durch eine Geldleistung während einer von ihm nicht zu vertretenden Reha-Pause zwischen zwei Maßnahmen liege, es sei denn, er bedürfe wegen des Bezuges von Kranken- oder Arbeitsentgelt nicht eines solchen Schutzes (BSG, Urteil vom 12. Juni 2001, a.a.O. Rn. 17). Grund für die Absicherung ist nach Ausführungen des BSG zum einen, dass sich der Versicherte zur Teilnahme an einer vorgesehenen weiteren Maßnahme bereithalten müsse und deshalb in seinen Dispositionsmöglichkeiten eingeschränkt sei. Zum anderen treffe den Versicherungsträger die Verantwortung, dass der nicht wirtschaftlich abgesicherte Betreute während einer für ihn unvermeidbaren Reha-Unterbrechung wirtschaftlich nicht weiter absinke. Deshalb habe er, wenn mehrere Reha-Maßnahmen gleich welcher Art erforderlich seien, sicherzustellen, dass sie nahtlos ineinandergriffen. Gelinge dies aus Gründen, die der schutzbedürftige Betreute nicht zu vertreten habe, nicht, sei er durch die Weitergewährung des Übergangsgeldes wenigstens so zu stellen, als hätte der Leistungsträger seinen Sicherstellungsauftrag erfüllt (BSG, Urteil vom 12. Juni 2001, a.a.O.).
Hieraus wird deutlich, dass die Vorschrift des § 25 Abs. 3 Nr. 4 SGB VI a.F. und damit auch die vergleichbare aktuelle Regelung in § 51 Abs. 1 SGB IX darauf abstellt, dass es sich bei den aufeinanderfolgenden Maßnahmen um sog. gesamtplanfähige und –pflichtige Maßnahmen handelt, die vom Leistungsträger, hätte er einen Gesamtplan aufgestellt, nahtlos hätten gewährt werden müssen (BSG, Urteil vom 12. Juni 2001, a.a.O Rn. 18). Der hier zugrunde liegende Sachverhalt ist jedoch ein anderer. Die Beklagte hatte die erste Maßnahme aus gesundheitlichen Gründen widerrufen, wobei zu diesem Zeitpunkt eine weitere Maßnahme nicht im Raum stand. Es fehlt deshalb bereits an einer Verzögerung bei der Durchführung der zweiten Maßnahme, für die der Rehabilitationsträger ggf. einstehen muss. Das nahtlose Ineinandergreifen einer vorzeitig abgebrochenen Maßnahme und deren späteren Fortsetzung bzw. Wiederaufnahme kommt von vornherein nicht in Betracht. Auf einen vorzeitigen Abbruch hat der Rehabilitationsträger gerade keinen Einfluss, sodass dadurch bedingte Verzögerungen ihm nicht zuzurechnen sind (so auch BSG, Urteil vom 12. Juni 2001, a.a.O Rn. 21). Hieraus folgert das BSG die Voraussetzung einer planmäßigen Beendigung der Maßnahme, weil der Rehabilitationsträger nur in dem Fall für eventuelle Verzögerungen bei der Durchführung einstehen müsse.
Dahinstehen kann, ob der erforderliche "Abschluss" im Sinne von § 51 Abs. 1 SGB IX voraussetzt, dass die Maßnahme erfolgreich beendet wurde (so Schlette a.a.O. Rn. 12; Schütze in Hauck/Noftz, SGB IX, § 51 Rn. 6; a.A. zu § 25 Abs. 3 Nr. 3 SGB VI a.F.: BSG, Urteil vom 23. Februar 2000 – B 5 RJ 38/98 R – juris Rn. 13; zu § 54 Abs. 4 SGB IX auch: LSG BW, Beschluss vom 1. Juli 2011 – L 3 AL 5887/10 – juris Rn. 29). Selbst wenn es nicht darauf ankommen sollte, mit welchem Erfolg die Maßnahme beendet wurde, folgt hieraus nicht im Umkehrschluss, dass im Falle einer – wie auch bei der Klägerin – erfolglosen Beendigung der Rehabilitationsmaßnahme ein Abschluss auch dann anzunehmen ist, wenn die Maßnahme nicht planmäßig endete. Auch eine nicht erfolgreiche Beendigung setzt vielmehr einen planmäßigen Abschluss voraus, weshalb vorzeitig abgebrochene (und deshalb in der Regel nicht erfolgreiche) Maßnahmen gerade nicht ausreichend sind (vgl. BSG, Urteil vom 12. Juni 2001, a.a.O.; LSG BW, Beschluss vom 1. Juli 2011 – L 3 AL 5887/10 – juris Rn. 29; von der Heide in Kossens/von der Heide/Maaß, SGB IX 4. Auflage 2015, § 51 Rn. 9).
2. Ein Anspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus § 51 Abs. 3 oder 4 SGB IX.
Nach § 51 Abs. 3 SGB IX werden für den Fall, dass Leistungsempfänger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben allein aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr, aber voraussichtlich wieder in Anspruch nehmen können, Übergangsgeld und Unterhaltsbeihilfe bis zum Ende dieser Leistungen, längstens bis zu sechs Wochen weitergezahlt. Nach Eintritt von Arbeitsunfähigkeit der Klägerin während der ersten Teilhabeleistung hat die Beklagte entsprechend dieser Vorschrift Übergangsgeld bis zum 42. Tag der Arbeitsunfähigkeit weitergezahlt. Eine über den Zeitraum von sechs Wochen hinausgehende Leistung oder eine nochmalige Zahlung nach Abbruch der Maßnahme sieht das Gesetz nicht vor. Im Gegenteil schränkt die Vorschrift die Zahlung auf den Zeitraum "bis zum Ende dieser Leistungen" ein. Die Leistung endete jedoch mit dem bestandskräftigen Widerruf vom 10. April 2012 und mithin vor dem streitigen Zeitraum ab 28. August 2012. Darüber hinaus wäre die bewilligte Teilhabeleistung auch ohne Widerruf vor diesem Zeitpunkt, am 5. Juli 2012, ausgelaufen.
Nach § 51 Abs. 4 Satz 1 SGB IX werden für den Fall, in dem die Leistungsempfänger im Anschluss an eine abgeschlossene Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben arbeitslos sind, Übergangsgeld und Unterhaltsbeihilfe während der Arbeitslosigkeit bis zu drei Monate weitergezahlt, wenn sie sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben und einen Anspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens drei Monaten nicht geltend machen können. Diese Voraussetzungen liegen ebenfalls nicht vor. Unabhängig davon, ob die Maßnahme erfolgreich abgeschlossen wurde, setzt die Vorschrift jedenfalls wiederum voraus, dass der Leistungsempfänger an der Maßnahme bis zu ihrem vorgesehenen Abschlusszeitpunkt tatsächlich teilgenommen hat. Ein vorzeitiger Abbruch der Maßnahme wie im hier zugrunde liegenden Fall vermag Ansprüche nach Absatz 4 nicht zu begründen (Schlette in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 2. Aufl. 2015, § 51 SGB IX, Rn. 29; von der Heide, a.a.O § 51 Rn. 13 mit der noch weitergehenden Forderung eines erfolgreichen Abschlusses; so zu § 25 Abs. 3 Nr. 3 SGB VI a.F. auch BSG, Urteil vom 23. Februar 2000 – B 5 RJ 38/98 – juris Rn. 13).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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FSS
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