Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
SG Lübeck (SHS)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
31
1. Instanz
SG Lübeck (SHS)
Aktenzeichen
S 31 SO 165/15
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Der Bescheid des Beklagten vom 24.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.06.2015 wird aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, den Bescheid vom 22.08.2014 zurückzunehmen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Rücknahme- und Erstattungsentscheidung des Beklagten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).
Die 1977 geborene Klägerin lebte zunächst zusammen mit ihrem 1999 geborenen Sohn im Zuständigkeitsbereich des Beklagten und erhielt von dem Beklagten seit dem 17.05.2011 Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch. Zuletzt richtete sich ein Bescheid vom 28.9.2011 hinsichtlich der Bewilligung von Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) an die Klägerin. Da die Klägerin über eine Erwerbsminderungsrente in Höhe von 711,98 EUR verfügte, war sie in der Lage, ihren Lebensunterhalt nebst dem Mehrbedarf wegen Alleinerziehung und ihre anteiligen Kosten für Unterkunft und Heizung aus ihrem Einkommen sicherzustellen. Ein Bedarf ergab sich jedoch für den Sohn der Klägerin, sodass ausweislich der die Bedarfsberechnung enthaltenden Anlage zum Bescheid vom 28.09.2011 monatlich 246,51 EUR an die Klägerin ausgezahlt wurden. Nach Anhörung mit Schreiben vom 17.07.2014 nahm der Beklagte mit Bescheid vom 22.8.2014 den Bescheid vom 28.9.2011 für die Zeit ab dem 01.07.2012 zurück und forderte von der Klägerin zu Unrecht erhaltene Sozialhilfe in Höhe von 4.202,40 EUR zurück. Zur Begründung gab der Beklagte an, dass die Klägerin am 08.07.2012 geheiratet habe. Ab diesem Zeitpunkt sei der Ehemann der Klägerin zum Unterhalt verpflichtet gewesen. Es habe keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII mehr gegeben. Der Sohn der Klägerin sei am 24.07.2012 verzogen. Somit habe auch für ihn kein Anspruch auf Leistungen mehr bestanden. Die Klägerin habe weder über ihre Hochzeit noch den Umzug des Sohnes informiert. Der Klägerin sei jedoch auch ab dem 01.07.2012 Sozialhilfe in Form von Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt worden. Bei der Berechnung der Hilfe sei davon ausgegangen worden, dass die Klägerin wie im Sozialhilfeantrag angegeben, ledig sei und ihr Sohn bei ihr lebe. Die Klägerin sei verpflichtet gewesen, alle Tatsachen anzugeben, die für die Sozialhilfeleistungen erheblich sind. Der Bescheid vom 28.09.2011 sei danach rechtswidrig und nach § 45 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit zurück zu nehmen. Der Rückforderungsbetrag ermittle sich aus Leistungen vom Juli 2012 bis Dezember 2012 in Höhe von monatlich 233,30 EUR, mithin 1399,80 EUR sowie den Leistungen vom Januar 2013 bis Oktober 2013 in Höhe von monatlich 280,26 EUR, mithin 2802,60 EUR. Ein fristgerechter Widerspruch erfolgte nicht. Am 23.10.2014 stellte die Klägerin bei dem Beklagten einen Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 22.8.2014. Zur Begründung führte sie aus, dass sie nicht in der Lage sei, das Geld zurückzuzahlen. Sie habe nur ihre Rente als Einkommen. Mit Bescheid vom 24.10.2014 lehnte der Beklagte den Überprüfungsantrag ab. Er führte darin aus, die Klägerin habe unter den geänderten Verhältnissen keinen Anspruch auf Leistungen mehr gehabt. Der Überprüfungsantrag sei daher abzulehnen. Hiergegen erhob die Klägerin am 26.10.2014 Widerspruch. Diesen wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01.06.2015 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Klägerin für sich und ihren Sohn ab dem 17.05.2011 laufende Leistungen nach dem Dritten Kapitel SGB XII erhalten habe. Die Klägerin habe selbst über einen Einkommensüberhang verfügt, sodass diese Gewährung in voller Höhe für ihren Sohn erfolgt sei. Nachforschungen im Juli 2013 hätten ergeben, dass der Sohn der Klägerin bereits am 25.7.2012 nach 33397 Rietberg verzogen sei und sie selbst am 8.7.2012 in der Türkei geheiratet habe. Aufgrund der geänderten persönlichen Verhältnisse habe rückwirkend kein Leistungsanspruch bestanden. Die Rücknahme und Erstattungsforderung für die Zeit ab dem 01.07.2012 mit Bescheid vom 22.08.2014 seien rechtmäßig. Zwar sei nicht § 45 SGB X die maßgebende Vorschrift, sondern § 48 SGB X. Es komme eine Aufhebung nach §48 Abs. 1 Satz 2Nummer 2 SGB X in Betracht. Ausgehend von der Annahme des Sozialamtes der Stadt Bad Bramstedt zum Zeitpunkt des Erlasses des Bewilligungsbescheides am 28.9.2011 hätten sich mindestens ab Juli 2012 Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen ergeben. Der Auszug des Sohnes sowie die Heirat der Klägerin und der damit verbundene Wegfall der Leistungsberechtigung würden unter eine Mitteilungspflicht der Klägerin fallen. Gemäß § 50 Abs. 1 SGB X seien erbrachte Leistungen, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, zu erstatten. Für die bezahlten Leistungen ihres Sohnes hafte die Klägerin gesamtschuldnerisch gemäß § 104 SGB XII. Auch diese Beträge seien von der Klägerin im Rahmen des Kostenersatzes für zu Unrecht erbrachte Leistungen anzufordern. Für die Klägerin habe sich in dem Zeitraum vom 01.07.2012 bis zum 30.10.2013 kein überzahlter Betrag ergeben, da die Berechnung für sie einen Einkommensüberhang ergeben habe. Für ihren Sohn betrage der überzahlte Betrag für den gleichen Zeitraum 4.202,40 EUR.
Hiergegen richtet sich die Klägerin mit ihrer am 06.07.2015 beim Sozialgericht Lübeck erhobenen Klage. Zur Begründung führt sie aus, dass sie die geforderte Summe nicht zurückzahlen könne. Das bezogene Sozialgeld sei für die Internatskosten ihres Sohnes aufgebraucht worden. Ihr Einkommen würde zurzeit aus einer kleinen Rente sowie dem Kindergeld bestehen.
Sie beantragt sinngemäß nach ihrem schriftlichen Vorbringen,
den Bescheid des Beklagten vom 24.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.06.2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid vom 22.08.2014 zurückzunehmen.
Der Beklagte beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt er auf seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug.
Mit Verfügung vom 9.12.2016 hat das Gericht den Beteiligten seine Absicht mitgeteilt, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Den Beteiligten ist Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben worden.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht kann den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind zuvor gehört worden (vgl. § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz –SGG-).
Der angefochtene Bescheid vom 24.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.06.2015 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids ist aufzuheben und der Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 22.08.2014 zurückzunehmen.
Der Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, seinen Bescheid vom 22.08.2014 zurückzunehmen.
Rechtsgrundlage des Überprüfungsverfahrens ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Nach dieser Vorschrift ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Die Vorschrift ist analog auf die Fälle anzuwenden, in denen eine Leistungsbewilligung nachträglich zurückgenommen wird (vgl. BSG, Urteil vom 13.02.2014 – B 4 AS 19/13 R, juris Rn. 14; Baumeister, in: jurisPK, § 44 Rn. 65.1, 65.2).
Der Aufhebungsbescheid vom 22.08.2014 ist mangels fristgerechter Widerspruchseinlegung unanfechtbar geworden. Dennoch ist er im Rahmen des Überprüfungsverfahrens nach § 44 Abs 1 SGB X von dem Beklagten zurückzunehmen, da bei Erlass des Bescheides das Recht unrichtig angewandt worden ist.
Der Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 22.08.2014 ist wegen unzureichender Bestimmtheit rechtswidrig.
Der Bestimmtheitsgrundsatz (§ 33 Abs. 1 SGB X) umfasst die Erkennbarkeit des Bescheidadressaten. Aus einem (jeden) Verfügungssatz muss vollständig klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde regeln will und wem gegenüber sie es regeln will (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.01.2017 – L 15 SO 345/16 B ER unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 15.05.2002 – B 6 KA 25/01 R). Dabei muss der Bescheid bei Personen, die nicht selbst verfahrenshandlungsfähig sind, an den gesetzlichen Vertreter übermittelt werden (vgl. Engelmann in von Wulffen, SGB X – Kommentar, 7. Aufl. 2010, § 33 Rdnr. 6). Gerade unter diesen Umständen und bei vorhergegangenem gemeinsamen Leistungsbezug muss aber eindeutig klargestellt werden, (a) wessen Ansprüche betroffen sein sollen und (b) gegenüber wem die Aufhebung erfolgt und von wem deswegen Erstattung gefordert wird. Insofern ist zwar ausreichend, wenn diese Fragen durch Auslegung zu beantworten sind (Engelmann, a.a.O., Rdnr. 4 m.w.N.); Unklarheiten gehen allerdings zu Lasten der Behörde (ebd.). Dies gilt umso mehr, als in diesem Zusammenhang eindeutig geklärt sein muss, gegen wen die Behörde vollstrecken können soll (Hessisches LSG, Urteil vom 26.08.2011 – L 7 SO 13/10, zitiert nach juris Rn. 54; vgl. auch BSG, Urteil vom 21.02.1985 – 11 RA 6/84 in juris). Auch die Formulierung des § 27 Abs. 2 SGB XII ändert nichts daran, dass die jeweiligen Mitglieder einer Einsatzgemeinschaft wie zuvor unter der Geltung des Bundessozialhilfegesetzes Individualansprüche gegen den Sozialhilfeträger haben und derjenige, der nicht bedürftig ist, nicht etwa wegen der gemeinsamen Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens Sozialhilfe beanspruchen könnte. Daraus folgt zugleich auch, dass eine Aufhebung und Erstattung individuell gegenüber jedem Hilfebedürftigen zu erfolgen hat (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.01.2017 – L 15 SO 345/16 B ER, juris Rn. 4).
Diesen Anforderungen genügt der Bescheid vom 22.08.2014 nicht.
Der Wortlaut des Bescheids richtet sich eindeutig gegen die Klägerin selbst und nicht an die Klägerin als Mutter ihres von ihr vertretenen Sohnes und eigentlichen Bescheidadressaten. Die Aufhebung und Rückforderung von Leistungen richtet sich allein gegen sie. Andererseits wurden Leistungen, wie auch im Widerspruchsbescheid vom 01.06.2015 betont, nur an den Sohn der Klägerin geleistet, da die Klägerin selbst über einen Einkommensüberhang verfügte. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass eine klare Leistungszuordnung dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 28.09.2011 nicht eindeutig zu entnehmen ist. Den Bescheid und die Leistungen durfte die Klägerin nur als gesetzliche Vertreterin ihres Sohnes entgegennehmen, für diesen verwalten und zu seinen Gunsten verwenden. Die Undifferenziertheit des Bewilligungsbescheids ändert nichts daran, dass die auf die individuellen Ansprüche des Sohnes der Klägerin erbrachten Leistungen nur von ihm als Begünstigtem und Inhaber des Leistungsanspruchs zurückgefordert werden können (vgl. auch Hessisches LSG, aaO Rn. 59).
Vor diesem Hintergrund ist der Überprüfungsbescheid vom 24.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.06.2015 aufzuheben und die Verpflichtung des Beklagten auszusprechen, den Bescheid vom 22.08.2015 zurückzunehmen.
Schließlich stellt sich danach zum einen nicht mehr die Frage, ob die im Bescheid vom 22.08.2014 genannte Rechtsgrundlage des § 45 SGB X in § 48 SGB X hätte umgedeutet werden können. Zum anderen kann offen bleiben, wie der erstmalige Hinweis des Beklagten in dem ebenfalls nur an die Klägerin gerichteten Widerspruchsbescheid vom 01.06.2015 auf die Rechtsgrundlage des § 104 SGB XII zu bewerten ist. Zwar würde sich die Geltendmachung eines Kostenersatzes originär gegen die Klägerin richten, jedoch setzt diese Vorschrift eine Aufhebung des Bewilligungsbescheids gegen den Leistungsempfänger voraus (vgl. Bieback, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII-Kommentar, 4. Auflage, § 104 Rn. 3). An einer solchen Aufhebungsentscheidung gegenüber dem Sohn der Klägerin, dem die Leistungen zuzuordnen waren, fehlt es jedoch.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Rücknahme- und Erstattungsentscheidung des Beklagten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).
Die 1977 geborene Klägerin lebte zunächst zusammen mit ihrem 1999 geborenen Sohn im Zuständigkeitsbereich des Beklagten und erhielt von dem Beklagten seit dem 17.05.2011 Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch. Zuletzt richtete sich ein Bescheid vom 28.9.2011 hinsichtlich der Bewilligung von Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) an die Klägerin. Da die Klägerin über eine Erwerbsminderungsrente in Höhe von 711,98 EUR verfügte, war sie in der Lage, ihren Lebensunterhalt nebst dem Mehrbedarf wegen Alleinerziehung und ihre anteiligen Kosten für Unterkunft und Heizung aus ihrem Einkommen sicherzustellen. Ein Bedarf ergab sich jedoch für den Sohn der Klägerin, sodass ausweislich der die Bedarfsberechnung enthaltenden Anlage zum Bescheid vom 28.09.2011 monatlich 246,51 EUR an die Klägerin ausgezahlt wurden. Nach Anhörung mit Schreiben vom 17.07.2014 nahm der Beklagte mit Bescheid vom 22.8.2014 den Bescheid vom 28.9.2011 für die Zeit ab dem 01.07.2012 zurück und forderte von der Klägerin zu Unrecht erhaltene Sozialhilfe in Höhe von 4.202,40 EUR zurück. Zur Begründung gab der Beklagte an, dass die Klägerin am 08.07.2012 geheiratet habe. Ab diesem Zeitpunkt sei der Ehemann der Klägerin zum Unterhalt verpflichtet gewesen. Es habe keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII mehr gegeben. Der Sohn der Klägerin sei am 24.07.2012 verzogen. Somit habe auch für ihn kein Anspruch auf Leistungen mehr bestanden. Die Klägerin habe weder über ihre Hochzeit noch den Umzug des Sohnes informiert. Der Klägerin sei jedoch auch ab dem 01.07.2012 Sozialhilfe in Form von Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt worden. Bei der Berechnung der Hilfe sei davon ausgegangen worden, dass die Klägerin wie im Sozialhilfeantrag angegeben, ledig sei und ihr Sohn bei ihr lebe. Die Klägerin sei verpflichtet gewesen, alle Tatsachen anzugeben, die für die Sozialhilfeleistungen erheblich sind. Der Bescheid vom 28.09.2011 sei danach rechtswidrig und nach § 45 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit zurück zu nehmen. Der Rückforderungsbetrag ermittle sich aus Leistungen vom Juli 2012 bis Dezember 2012 in Höhe von monatlich 233,30 EUR, mithin 1399,80 EUR sowie den Leistungen vom Januar 2013 bis Oktober 2013 in Höhe von monatlich 280,26 EUR, mithin 2802,60 EUR. Ein fristgerechter Widerspruch erfolgte nicht. Am 23.10.2014 stellte die Klägerin bei dem Beklagten einen Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 22.8.2014. Zur Begründung führte sie aus, dass sie nicht in der Lage sei, das Geld zurückzuzahlen. Sie habe nur ihre Rente als Einkommen. Mit Bescheid vom 24.10.2014 lehnte der Beklagte den Überprüfungsantrag ab. Er führte darin aus, die Klägerin habe unter den geänderten Verhältnissen keinen Anspruch auf Leistungen mehr gehabt. Der Überprüfungsantrag sei daher abzulehnen. Hiergegen erhob die Klägerin am 26.10.2014 Widerspruch. Diesen wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01.06.2015 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Klägerin für sich und ihren Sohn ab dem 17.05.2011 laufende Leistungen nach dem Dritten Kapitel SGB XII erhalten habe. Die Klägerin habe selbst über einen Einkommensüberhang verfügt, sodass diese Gewährung in voller Höhe für ihren Sohn erfolgt sei. Nachforschungen im Juli 2013 hätten ergeben, dass der Sohn der Klägerin bereits am 25.7.2012 nach 33397 Rietberg verzogen sei und sie selbst am 8.7.2012 in der Türkei geheiratet habe. Aufgrund der geänderten persönlichen Verhältnisse habe rückwirkend kein Leistungsanspruch bestanden. Die Rücknahme und Erstattungsforderung für die Zeit ab dem 01.07.2012 mit Bescheid vom 22.08.2014 seien rechtmäßig. Zwar sei nicht § 45 SGB X die maßgebende Vorschrift, sondern § 48 SGB X. Es komme eine Aufhebung nach §48 Abs. 1 Satz 2Nummer 2 SGB X in Betracht. Ausgehend von der Annahme des Sozialamtes der Stadt Bad Bramstedt zum Zeitpunkt des Erlasses des Bewilligungsbescheides am 28.9.2011 hätten sich mindestens ab Juli 2012 Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen ergeben. Der Auszug des Sohnes sowie die Heirat der Klägerin und der damit verbundene Wegfall der Leistungsberechtigung würden unter eine Mitteilungspflicht der Klägerin fallen. Gemäß § 50 Abs. 1 SGB X seien erbrachte Leistungen, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, zu erstatten. Für die bezahlten Leistungen ihres Sohnes hafte die Klägerin gesamtschuldnerisch gemäß § 104 SGB XII. Auch diese Beträge seien von der Klägerin im Rahmen des Kostenersatzes für zu Unrecht erbrachte Leistungen anzufordern. Für die Klägerin habe sich in dem Zeitraum vom 01.07.2012 bis zum 30.10.2013 kein überzahlter Betrag ergeben, da die Berechnung für sie einen Einkommensüberhang ergeben habe. Für ihren Sohn betrage der überzahlte Betrag für den gleichen Zeitraum 4.202,40 EUR.
Hiergegen richtet sich die Klägerin mit ihrer am 06.07.2015 beim Sozialgericht Lübeck erhobenen Klage. Zur Begründung führt sie aus, dass sie die geforderte Summe nicht zurückzahlen könne. Das bezogene Sozialgeld sei für die Internatskosten ihres Sohnes aufgebraucht worden. Ihr Einkommen würde zurzeit aus einer kleinen Rente sowie dem Kindergeld bestehen.
Sie beantragt sinngemäß nach ihrem schriftlichen Vorbringen,
den Bescheid des Beklagten vom 24.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.06.2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid vom 22.08.2014 zurückzunehmen.
Der Beklagte beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt er auf seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug.
Mit Verfügung vom 9.12.2016 hat das Gericht den Beteiligten seine Absicht mitgeteilt, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Den Beteiligten ist Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben worden.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht kann den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind zuvor gehört worden (vgl. § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz –SGG-).
Der angefochtene Bescheid vom 24.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.06.2015 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids ist aufzuheben und der Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 22.08.2014 zurückzunehmen.
Der Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, seinen Bescheid vom 22.08.2014 zurückzunehmen.
Rechtsgrundlage des Überprüfungsverfahrens ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Nach dieser Vorschrift ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Die Vorschrift ist analog auf die Fälle anzuwenden, in denen eine Leistungsbewilligung nachträglich zurückgenommen wird (vgl. BSG, Urteil vom 13.02.2014 – B 4 AS 19/13 R, juris Rn. 14; Baumeister, in: jurisPK, § 44 Rn. 65.1, 65.2).
Der Aufhebungsbescheid vom 22.08.2014 ist mangels fristgerechter Widerspruchseinlegung unanfechtbar geworden. Dennoch ist er im Rahmen des Überprüfungsverfahrens nach § 44 Abs 1 SGB X von dem Beklagten zurückzunehmen, da bei Erlass des Bescheides das Recht unrichtig angewandt worden ist.
Der Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 22.08.2014 ist wegen unzureichender Bestimmtheit rechtswidrig.
Der Bestimmtheitsgrundsatz (§ 33 Abs. 1 SGB X) umfasst die Erkennbarkeit des Bescheidadressaten. Aus einem (jeden) Verfügungssatz muss vollständig klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde regeln will und wem gegenüber sie es regeln will (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.01.2017 – L 15 SO 345/16 B ER unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 15.05.2002 – B 6 KA 25/01 R). Dabei muss der Bescheid bei Personen, die nicht selbst verfahrenshandlungsfähig sind, an den gesetzlichen Vertreter übermittelt werden (vgl. Engelmann in von Wulffen, SGB X – Kommentar, 7. Aufl. 2010, § 33 Rdnr. 6). Gerade unter diesen Umständen und bei vorhergegangenem gemeinsamen Leistungsbezug muss aber eindeutig klargestellt werden, (a) wessen Ansprüche betroffen sein sollen und (b) gegenüber wem die Aufhebung erfolgt und von wem deswegen Erstattung gefordert wird. Insofern ist zwar ausreichend, wenn diese Fragen durch Auslegung zu beantworten sind (Engelmann, a.a.O., Rdnr. 4 m.w.N.); Unklarheiten gehen allerdings zu Lasten der Behörde (ebd.). Dies gilt umso mehr, als in diesem Zusammenhang eindeutig geklärt sein muss, gegen wen die Behörde vollstrecken können soll (Hessisches LSG, Urteil vom 26.08.2011 – L 7 SO 13/10, zitiert nach juris Rn. 54; vgl. auch BSG, Urteil vom 21.02.1985 – 11 RA 6/84 in juris). Auch die Formulierung des § 27 Abs. 2 SGB XII ändert nichts daran, dass die jeweiligen Mitglieder einer Einsatzgemeinschaft wie zuvor unter der Geltung des Bundessozialhilfegesetzes Individualansprüche gegen den Sozialhilfeträger haben und derjenige, der nicht bedürftig ist, nicht etwa wegen der gemeinsamen Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens Sozialhilfe beanspruchen könnte. Daraus folgt zugleich auch, dass eine Aufhebung und Erstattung individuell gegenüber jedem Hilfebedürftigen zu erfolgen hat (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.01.2017 – L 15 SO 345/16 B ER, juris Rn. 4).
Diesen Anforderungen genügt der Bescheid vom 22.08.2014 nicht.
Der Wortlaut des Bescheids richtet sich eindeutig gegen die Klägerin selbst und nicht an die Klägerin als Mutter ihres von ihr vertretenen Sohnes und eigentlichen Bescheidadressaten. Die Aufhebung und Rückforderung von Leistungen richtet sich allein gegen sie. Andererseits wurden Leistungen, wie auch im Widerspruchsbescheid vom 01.06.2015 betont, nur an den Sohn der Klägerin geleistet, da die Klägerin selbst über einen Einkommensüberhang verfügte. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass eine klare Leistungszuordnung dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 28.09.2011 nicht eindeutig zu entnehmen ist. Den Bescheid und die Leistungen durfte die Klägerin nur als gesetzliche Vertreterin ihres Sohnes entgegennehmen, für diesen verwalten und zu seinen Gunsten verwenden. Die Undifferenziertheit des Bewilligungsbescheids ändert nichts daran, dass die auf die individuellen Ansprüche des Sohnes der Klägerin erbrachten Leistungen nur von ihm als Begünstigtem und Inhaber des Leistungsanspruchs zurückgefordert werden können (vgl. auch Hessisches LSG, aaO Rn. 59).
Vor diesem Hintergrund ist der Überprüfungsbescheid vom 24.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.06.2015 aufzuheben und die Verpflichtung des Beklagten auszusprechen, den Bescheid vom 22.08.2015 zurückzunehmen.
Schließlich stellt sich danach zum einen nicht mehr die Frage, ob die im Bescheid vom 22.08.2014 genannte Rechtsgrundlage des § 45 SGB X in § 48 SGB X hätte umgedeutet werden können. Zum anderen kann offen bleiben, wie der erstmalige Hinweis des Beklagten in dem ebenfalls nur an die Klägerin gerichteten Widerspruchsbescheid vom 01.06.2015 auf die Rechtsgrundlage des § 104 SGB XII zu bewerten ist. Zwar würde sich die Geltendmachung eines Kostenersatzes originär gegen die Klägerin richten, jedoch setzt diese Vorschrift eine Aufhebung des Bewilligungsbescheids gegen den Leistungsempfänger voraus (vgl. Bieback, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII-Kommentar, 4. Auflage, § 104 Rn. 3). An einer solchen Aufhebungsentscheidung gegenüber dem Sohn der Klägerin, dem die Leistungen zuzuordnen waren, fehlt es jedoch.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
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