L 11 EG 1523/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 EG 2141/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 EG 1523/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15.03.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt höheres Elterngeld im Zeitraum vom 30.12.2014 bis 29.01.2015.

Der 1977 geborene Kläger ist verheiratet und Vater der am 30.12.2014 geborenen Zwillinge N. und T ... Die Familie hat ihren Wohnsitz und ständigen Aufenthalt in ... L ... In der Zeit vom 01.12.2014 bis zum 29.12.2014 arbeitete der Kläger 40 Wochenstunden, vom 30.12.2014 bis zum 29.01.2015 nur 15 Wochenstunden und vom 30.01.2015 bis 31.01.2015 wiederum 40 Wochenstunden. Ausweislich der von ihm vorgelegten Gehaltsabrechnungen erhielt er für den Monat Dezember 2014 ein steuerpflichtiges Bruttoeinkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von insgesamt 7.126,32 EUR. Dieser Betrag ergab sich aus einem Gehaltsanspruch von 7.478,44 EUR abzüglich eines zu viel gezahlten Betrages von 352, 12 EUR. Im Monat Januar 2015 betrug das steuerpflichtige Bruttoeinkommen aus laufendem Arbeitsentgelt 3.538,68 EUR. Darin enthalten sind folgende Zuschläge für Mehrarbeit:

Mehrarbeit Grundvergütung 782,04 EUR Mehrarbeitszuschlag 25 % 65,17 EUR Mehrarbeitszuschlag 50 % 51,21 EUR Gesamt 898,42 EUR

Zusätzlich erhielt der Kläger folgende Zahlungen (brutto):

Urlaubsausgleich 37,28 EUR Sonntagszuschlag 50 % 181,55 EUR Gesamt 218,83 EUR

Am 09.02.2015 beantragte der Kläger Elterngeld bei der Beklagten. Er wies darauf hin, dass die Arbeitgeberin Mehrarbeitszuschläge immer im Folgemonat abrechne und auszahle. Die im Januar 2015 ausgezahlten Mehrarbeitszuschläge habe er in der Zeit vom 01.12. bis 29.12.2014 verdient, sie dürften daher nicht als nachgeburtliches Einkommen berücksichtigt werden. Mit Bescheid vom 25.02.2015 (Blatt 69 Verwaltungsakte) bewilligte die Beklagte dem Kläger Elterngeld für das Kind N. wie folgt:

1. Lebensmonat, 30.12.2014 bis 29.01.2015 695,08 EUR 3. Lebensmonat, 01.03.2015 bis 29.03.2015 2.100,00 EUR 4. Lebensmonat, 30.03.2015 bis 29.04.2015 2.100,00 EUR.

Für den ersten Lebensmonat berechnete die Beklagte das Elterngeld wie folgt (Blatt 67 Verwaltungsakte): Vom durchschnittlichen monatlichen Erwerbseinkommen vor Geburt (gedeckelt auf 2.770,00 EUR wegen Erwerbstätigkeit/Einkommenserzielung während des Elterngeldbezugs) wurde das durchschnittliche monatliche Einkommen im Bezugszeitraum in Höhe von 2.162,19 EUR abgezogen. Aus der Differenz in Höhe von 607,81 EUR errechnete die Beklagte ausgehend von einem Anspruchsfaktor von 65 % einen Anspruch in Höhe von 395,08 EUR zzgl Mehrlingszuschlag in Höhe von 300 EUR, insgesamt in Höhe von 695,08 EUR. Das Einkommen im Bezugszeitraum wurde unter Einbeziehung der im Januar 2015 ausgezahlten Mehrarbeitszuschläge in Höhe von 898,42 EUR ermittelt. Als sonstige Bezüge gewertet und daher nicht berücksichtigt wurden der Urlaubsausgleich und der Sonntagszuschlag von zusammen 218,83 EUR.

Mit einem weiteren (nicht streitgegenständlichen) Bescheid vom 25.02.2015 gewährte die Beklagte dem Kläger Elterngeld für das Zwillingskind T. in Höhe von monatlich 600 EUR für den ersten, dritten und vierten Lebensmonat (Blatt 82 Verwaltungsakte).

Am 03.03.2015 erhob der Kläger Widerspruch gegen den ersten Bescheid vom 25.02.2015, betreffend die Berechnung des Elterngelds für den ersten Lebensmonat und die Anrechnung von Erwerbseinkommen (Blatt 102 Verwaltungsakte). Die Beklagte habe ein zu hohes Einkommen angerechnet. Die berücksichtigten Mehrarbeitszuschläge seien bereits im Dezember 2014 erarbeitet worden und daher im Januar 2015 nicht zu berücksichtigen, auch wenn sie erst im Januar 2015 abgerechnet und ausbezahlt worden seien. In seiner Firma würden die Zuschläge für Mehrarbeit immer erst im Folgemonat abgerechnet und ausbezahlt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2015 (Blatt 137 Verwaltungsakte) wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Für diejenigen Monate nach der Geburt des Kindes, in denen die leistungsberechtigte Person Einkommen aus Erwerbstätigkeit erziele, das durchschnittlich geringer sei als das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, werde das Elterngeld gemäß § 2 Abs 3 BEEG in Höhe des nach § 2 Abs 1 oder 2 BEEG maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt sei dabei höchstens der Betrag von 2.770 EUR anzusetzen. Nach der Geburt habe der Kläger im ersten Lebensmonat ein elterngeldrelevantes Einkommen in Höhe von 2.162,19 EUR erzielt. Dieses sei anzurechnen, weshalb der Anspruch auf Elterngeld 395,08 EUR betrage, zzgl 300 EUR gemäß § 2a Abs 4 BEEG bei Mehrlingsgeburten, somit insgesamt 695,08 EUR.

Hiergegen hat der Kläger am 14.04.2015 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zur Begründung hat er sein bisheriges Vorbringen vertieft. Das Einkommen im ersten Lebensmonat vom 30.12.2014 bis 29.01.2015 sei von der Beklagten unzutreffend berechnet worden. Die mit der Entgeltabrechnung Januar 2015 ausgezahlten steuerpflichtigen Mehrarbeitszuschläge in Höhe von 935,70 EUR seien tatsächlich dem Monat Dezember 2014 zuzurechnen. Die Zuschläge hätten von der Beklagten nicht im Januar 2015 berücksichtigt werden dürfen, weshalb ein entsprechend höherer Elterngeldanspruch bestehe. Maßgeblich sei, wann die Vergütung erarbeitet und nicht wann sie zugeflossen sei. Das Bundessozialgericht (BSG) habe entschieden, dass ein Einkommen auch dann im Bemessungszeitraum erzielt werde, wenn es in diesem Zeitraum erarbeitet, aber erst danach infolge nachträglicher Vertragserfüllung durch den Arbeitgeber tatsächlich zur Auszahlung gelangt sei. Die lohnsteuerrechtliche Betrachtung der Beklagten sei daher rechtswidrig.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Da der Kläger im Bezugszeitraum teilerwerbstätig gewesen sei, sei das in diesem Zeitraum erzielte Einkommen zu berücksichtigen. Die Beklagte habe die in den Lohnbescheinigungen aufgelisteten Beträge, die dort als laufende Bezüge vermerkt seien, zugrunde gelegt. Auch die Mehrarbeitsvergütungen seien dort als laufender Bezug ausgewiesen und folglich im Monat Januar 2015 zu berücksichtigen gewesen. Eine vergleichsweise Probeberechnung ohne Anrechnung der Mehrarbeitszuschläge ergebe einen Anspruch in Höhe von 1.002,20 EUR (bereits gewährte 695,08 EUR + weitere 307,12 EUR).

Mit Urteil vom 15.03.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Er habe keinen Anspruch auf die Gewährung von höherem Elterngeld im Zeitraum vom 30.12.2014 bis zum 29.01.2015. Die Beklagte habe zu Recht die Mehrarbeitszuschläge, die dem Kläger im Januar 2015 zugeflossen seien, als Einkommen bei der Berechnung des Elterngeldanspruchs berücksichtigt. Die Angaben in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers seien Grundlage für die Ermittlung der Einnahmen. Die Mehrarbeitszuschläge seien dort als laufender Arbeitslohn ausgewiesen und abgerechnet worden. Aus der vom Kläger zitierten BSG-Rechtsprechung ergebe sich nichts anderes. Der vom BSG entschiedene Sachverhalt, in dem ein Arbeitgeber vertragswidrig den Arbeitslohn nicht ausbezahlt habe, sei mit der vorliegenden Konstellation nicht vergleichbar. Vorliegend handele es sich um eine laufend praktizierte Abrechnungsweise weshalb eine verzerrte Abbildung der Einkommensverhältnisse weder im Bemessungszeitraum noch im Bezugszeitraum vorliege. Eine Abweichung vom Zuflussprinzip sei nicht geboten. Das SG hat die Berufung zugelassen.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 22.03.2016 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 22.04.2016 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung hat er sein bisheriges Vorbringen vollumfänglich aufrechterhalten. Die Auffassung des SG sei unzutreffend. Maßgeblich sei, wenn die Zahlungen "verdient" worden seien. Eine anderweitig praktizierte Fälligkeits-/Zahlungsregelung könne nicht zu einem nachteiligen Ergebnis für den Kläger führen. Auch im analog zu wertenden Beitragsrecht komme es auf das Entstehungsprinzip an.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15.03.2016 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 25.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.03.2015 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm weiteres Elterngeld für das Zwillingskind N. für den ersten Lebensmonat (30.12.2014 bis 29.01.2015) in Höhe von 307,12 EUR zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat auf die Ausführungen des SG und die Begründung im Widerspruchsbescheid Bezug genommen. Maßgeblich sei das Zuflussprinzip, dh laufender Arbeitslohn sei danach grundsätzlich dem Zeitraum zuzuordnen, in dem er erhalten und versteuert worden sei. Bei der im Januar 2015 ausgezahlten Mehrarbeitsvergütung habe es sich nicht um eine vertragswidrig verspätete Nachzahlung von laufendem Arbeitslohn gehandelt, sondern um eine ständig praktizierte Abrechnungs- und Verfahrensweise. Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass die Mehrarbeitszuschläge, die nach Ansicht des Klägers nicht zu berücksichtigen seien, nicht 935,70 EUR, sondern nur 898,42 EUR betrügen. Der Kläger habe bei seiner Begründung auch den Urlaubsausgleich in Höhe von 37,38 EUR eingerechnet, der jedoch als sonstiger Bezug zu werten und unstreitig nicht zu berücksichtigen sei.

In einem Erörterungstermin am 24.11.2016 hat der Berichterstatter den Sachverhalt mit den Beteiligten in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht eingehend erörtert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die nach den §§ 143, 144 Abs 1 Nr 1, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 25.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.03.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat für den Zeitraum vom 30.12.2014 bis 29.01.2015 keinen Anspruch auf weiteres Elterngeld iHv 307,12 EUR.

Der Anspruch des Klägers auf Elterngeld richtet sich nach dem mit Wirkung zum 01.01.2007 eingeführten BEEG (Gesetz vom 05.12.2006, BGBl I 2748). Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, lebte mit seinen am 30.12.2014 geborenen Söhnen in einem Haushalt, betreute und erzog sie und übte während des Zeitraums vom 30.12.2014 bis 29.01.2015 keine volle, sondern nur eine Teilerwerbstätigkeit aus, die eine wöchentliche Arbeitszeit von 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats nicht überstieg (§ 1 Abs 6 BEEG).

Die Höhe des Elterngeldes bemisst sich nach den §§ 2 ff BEEG in der bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung. § 27 Abs. 1 BEEG (in der aktuellen und seit dem 01.01. 2015 geltenden Fassung) bestimmt, dass für die vor dem 01.01.2015 geborenen oder mit dem Ziel der Adoption aufgenommenen Kinder § 1 BEEG in der bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung weiter anzuwenden ist (Satz 1). Für die vor dem 01.07.2015 geborenen oder mit dem Ziel der Adoption aufgenommenen Kinder sind die §§ 2 bis 22 in der bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung weiter anzuwenden (Satz 2; vgl hierzu Hessisches LSG 22.04.2016, L 5 EG 7/14, juris).

Elterngeld wird gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 und 2 BEEG in Höhe von 67% des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800,00 EUR monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. § 2 Abs 4 BEEG sieht ein Mindestelterngeld in Höhe von monatlich 300,00 EUR vor. Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach § 2 Abs 1 Satz 3 BEEG iVm §§ 2c ff BEEG aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte insb aus nicht selbständiger Arbeit (§ 2 Abs 1 S 1 Nr Einkommenssteuergesetz, EStG).

In den Fällen, in denen das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1.000,00 EUR war, erhöht sich der Prozentsatz von 67% um 0,1 Prozentpunkte für je 2,00 EUR, um die das maßgebliche Einkommen den Betrag von 1.000,00 EUR unterschreitet, auf bis zu 100% (§ 2 Abs 2 Satz 1 BEEG). In den Fällen, in denen das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1.200,00 EUR war, sinkt der Prozentsatz von 67% um 0,1 Prozentpunkte für je 2 EUR, um die das maßgebliche Einkommen den Betrag von 1.200 EUR überschreitet, auf bis zu 65% (§ 2 Abs 2 Satz 2 BEEG).

Der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Geld oder Geldeswert über ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f BEEG ergibt das Einkommen aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit (§ 2c Abs 1 Satz 1 BEEG). Grundlage der Einkommensermittlung sind nach § 2c Abs 2 BEEG ua die entsprechenden monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers.

Für Monate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat, das durchschnittlich geringer ist als das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, wird Elterngeld in Höhe des nach Absatz 1 oder 2 maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt ist dabei höchstens der Betrag von 2 770 Euro anzusetzen. (§ 2 Abs 3 Satz 1 und 2 BEEG).

Die durchschnittlichen monatlichen Einkünfte des Klägers im Bemessungszeitraum (01.12.2014 bis 30.11.2014) betrugen 3.951,70 EUR. Daher ist als Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt nur der Betrag von 2.770 EUR anzusetzen (§ 2 Abs 3 S 2 BEEG). Im hier streitigen Bezugszeitraum vom 30.12.2014 bis 29.01.2015 erzielte der Kläger ein Bruttoeinkommen von 3.168,63 EUR. Dieser Betrag ergibt sich durch Umrechnung des Bruttomonatsgehalts für Dezember 2014 (7.126,32 EUR) auf die Zeit vom 30.12. bis 31.12.2014 (= 179,65 EUR) sowie des Bruttomonatsgehalts für Januar 2015 (3.538,68 EUR) auf den Zeitraum vom 01.01. bis 29.01.2015 (= 2.988,98 EUR), jeweils unter Berücksichtigung einer Wochenarbeitszeit von 15 Stunden. Von diesem Bruttobetrag verbleibt nach Abzug von Steuern (542,88 EUR), Sozialversicherung (380,23 EUR) und Werbungskosten (83,33 EUR) ein anrechenbares Einkommen iHv 2.162,19 EUR. Dabei hat die Beklagte zu Recht die im Januar 2015 abgerechneten und ausbezahlten Mehrarbeitszuschläge als Einkommen im Sinne von §§ 2 Abs 3, 2c BEEG gewertet und der Kläger hat dieses Einkommen auch tatsächlich im 1. Lebensmonat seiner Kinder erzielt. Einer Berücksichtigung im Bezugszeitraum steht nicht entgegen, dass es sich möglicherweise um Arbeitsentgelt handelt, das auf einer Arbeitsleistung beruht, die einige Zeit zuvor erbracht worden war (vgl BSG 30.09.2010, B 10 EG 19/09 R, BSGE 107, 18 = SozR 4-7837 § 2 Nr 6; BSG 03.12.2009, B 10 EG 3/09 R, BSGE 105, 84 = SozR 4-7837 § 2 Nr 4).

Der nach § 2 Abs 3 Satz 1 BEEG maßgebliche Begriff des "Habens von Einkommen aus Erwerbstätigkeit" kann allein vom Wortlaut her unterschiedlich verstanden werden (vgl zum Wortlaut der Vorgängervorschrift "Erzielen von Einkommen aus Erwerbstätigkeit" Senatsurteile vom 21.01.2014 - L 11 EG 5271/12; 18.02.2014 - L 11 EG 327/13), und zwar entweder im Sinne eines tatsächlichen Zuflusses des Einkommens (Zuflussprinzip) oder in dem Sinne, dass in dem maßgeblichen Zeitraum auch die Erwerbstätigkeit, mit der das Einkommen erwirtschaftet oder erarbeitet worden ist, ausgeübt worden sein muss (sog modifiziertes Zuflussprinzip, vgl BSG 29.08.2012, B 10 EG 18/11 R, juris). Der Gesetzgeber hat die Verwendung des Begriffs "haben" statt "erzielen" in § 2 Abs 1 Satz 3 BEEG wie folgt begründet: "Die Umformulierung dient der Klarstellung, dass das elterngeldrechtliche Einkommen auch hinsichtlich der zeitlichen Zuordnung von Einnahmen in Anlehnung an den steuerlichen Einkommensbegriff ermittelt wird. Dementsprechend sind die steuerlichen Grundsätze der zeitlichen Zuordnung von Einnahmen (Zufluss- und Realisationsprinzip, gegebenenfalls unter Berücksichtigung von bereichsspezifischen Besonderheiten wie etwa im Lohnsteuerrecht), zu berücksichtigen. Die Anwendung dieser Grundsätze kann dabei dazu führen, dass in der Bezugszeit zufließendes Einkommen, das durch eine Erwerbstätigkeit in der Bemessungszeit erwirtschaftet wurde, als Einkommen während der Bezugszeit elterngeldmindernd zu berücksichtigen ist" (BT-Drucks 17/9841, S 18).

Im vorliegenden Fall geht der Senat davon aus, dass der Vortrag des Klägers, wonach es einer betrieblichen Übung entsprach, dass Überstundenvergütungen immer erst im Folgemonat ausbezahlt wurden, zutrifft. Daher war eine weitere Aufklärung des Sachverhalts nicht geboten. Das BSG hat die Zuordnung von Einkünften nach dem modifizierten Zuflussprinzip damit begründet, dass die Höhe des Elterngeldes insbesondere nicht von rechtswidrigen Verhaltensweisen des Arbeitgebers abhängig sein soll (BSG 30.9.2010, B 10 EG 19/09 R, BSGE 107, 18 = SozR 4-7837 § 2 Nr 6, RdNr 35) und dass es nicht zu Zufallsergebnissen kommen darf, die die wirtschaftliche Situation des Elterngeldberechtigten im Bemessungszeitraum verzerrt wiedergeben (BSG 26.3.2014, B 10 EG 14/13 R, unter Hinweis auf BT-Drs 17/3030 S 48, BSGE 115, 198). Das Elterngeld kann seine Einkommensersatzfunktion nur erfüllen, wenn seiner Berechnung diejenigen Einkünfte zugrunde gelegt werden, die während des gesetzlich definierten letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes den Lebensstandard des Elterngeldberechtigten geprägt haben (BSG 20.05.2014, B 10 EG 11/13 R, SozR 4-7837 § 2 Nr 26). Steht aber von vornherein fest, dass die Überstundenvergütungen als laufend gezahltes Arbeitsentgelt immer im Folgemonat geschuldet und ausbezahlt werden, können sie erst im Auszahlungsmonat die wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie prägen. Bei dieser Verfahrensweise kommt es auch nicht zu Zufallsergebnissen. Unerheblich ist deshalb, dass Überstundenvergütungen beitragsrechtlich grundsätzlich den Monaten zuzuordnen sind, in denen sie erarbeitet wurden (Senatsurteil vom 20.09.2005, L 11 R 1766/05, juris).

Diese Betrachtung entspricht auch Sinn und Zweck des Elterngeldes. Ziel des Elterngeldes ist es vor allem, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sich Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmern (BT-Drucks 16/1889, S 2, 15; BT-Drucks 16/2454, S 2). Jeder betreuende Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit unterbricht oder reduziert, soll einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für die finanziellen Einschränkungen im ersten Lebensjahr des Kindes erhalten (vgl BT-Drucks 16/1889, S 2, 15; BT-Drucks 16/2454, S 2). Durch die Betreuung des Kindes sollen die Eltern keine allzu großen Einkommenseinbußen befürchten müssen (vgl Bericht der Bundesregierung vom 30.10.2008 über die Auswirkungen des BEEG, BT-Drucks 16/10770, S 5 f). Wie auch andere Entgeltersatzleistungen ist das Elterngeld demnach dazu bestimmt, das zuletzt (vor der Geburt des Kindes) zum Lebensunterhalt dienende Einkommen zu ersetzen (BSG 03.12.2009, B 10 EG 3/09 R, juris-RdNr 33). Eines Ersatzes bedarf es jedoch insoweit nicht, wenn Einkünfte - wie hier - weiter erzielt werden.

Die Berechnung der Beklagten ist nicht zu beanstanden. Vom durchschnittlichen monatlichen Erwerbseinkommen vor Geburt (gedeckelt auf 2.770,00 EUR wegen Erwerbstätigkeit/ Einkommenserzielung während des Elterngeldbezugs) ist das Einkommen im Bezugszeitraum in Höhe von 2.162,19 EUR abzuziehen. Aus der Differenz in Höhe von 607,81 EUR errechnet sich, ausgehend von einem Anspruchsfaktor von 65 %, ein Anspruch in Höhe von 395,08 EUR zzgl Mehrlingszuschlag in Höhe von 300 EUR, insgesamt in Höhe von 695,08 EUR.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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