S 46 KR 1100/17 ER

Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
46
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 46 KR 1100/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Der Antrag wird abgelehnt. 2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Zugehörigkeit der Antragstellerin zur gesetzlichen Krankenversicherung.

Die Antragstellerin ist m. Staatsangehörige und besitzt eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Aktuell ist sie arbeitslos und bezieht Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Sie ist schwanger und erwartet ihr Kind in den nächsten Wochen. Sie ist seit Oktober xxxxx in Deutschland und hat hier studiert.

Während des Studiums war sie bei der M. GmbH im Tarif &132;Student Classic plus&147; bis Anfang des Jahres 2017 krankenversichert (vergleiche Bl. 7-9 der Akte). Diese Krankversicherung endete nach erreichen der Höchstdauer von fünf Jahren. Zuvor war sie bei der C. krankenversichert, die mit der Beigeladenen zusammenarbeitet. Die Antragstellerin heiratet noch in diesem Monat, ihr zukünftiger Ehemann ist bei der Antragsgegnerin krankenversichert, da aber auch er Leistungen nach dem SGB II erhält, ist eine Familienversicherung nicht möglich.

Die Antragstellerin wandte sich zunächst an die Beigeladene, ein privates Krankenversicherungsunternehmen, mit dem Antrag, dort in die private Krankenversicherung aufgenommen zu werden. Mit Schreiben vom 6.6.2017 (Bl. 10 und 11 der Akte) lehnte die Beigeladene dieses Begehren ab. Zur Begründung führte sie zusammengefasst aus, dass die Antragstellerin nicht dem Bereich der privaten Krankenversicherung zuzuordnen sei, sondern zur gesetzlichen Krankenversicherung gehöre. Die zuvor bei der M. GmbH betriebene Krankenversicherung erfülle nicht die Voraussetzungen für eine substitutive Krankenversicherung im Sinne des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG). Es handele sich lediglich um eine Reiseversicherung. Im Übrigen seien Ausländer, die nicht der privaten Krankenversicherung zuzuordnen sind, auch dann nicht im Basistarif der privaten Krankenversicherung zu versichern, wenn wegen einer bestehenden Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts im Rahmen der Aufenthaltsberechtigung eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung besteht.

Der Träger für die Leistungen nach dem SGB II meldete die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin zur gesetzlichen Krankenversicherung an. Mit Schreiben vom 20.3.2017 lehnte die Antragsgegnerin die Mitgliedschaft der Antragstellerin gegenüber dem Leistungsträger und der Antragstellerin ab (vergleiche Bl. 15-12 bis 15 der Verwaltungsakte). Diese Ablehnung stützte sie auf § 5 Abs. 5a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Die Antragstellerin sei vor ihrem Arbeitslosengeld II-Bezug (ALG II-Bezug) der privaten Krankenversicherung zugeordnet gewesen.

Zwischen den Beteiligten war zunächst streitig, ob die Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20.3.2017 fristgerecht Widerspruch eingelegt hat. Da dieser Bescheid jedoch nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, bewertete die Antragsgegnerin den gerichtlichen Antrag im einstweiligen Rechtsschutz als fristgerechten Widerspruch (vergleiche Bl. 61 der Akte).

Mit Schreiben vom 15.6.2017, am gleichen Tag bei dem Gericht eingegangen, stellte die Antragstellerin einen Antrag in einstweiligen Rechtsschutz. Zur Eilbedürftigkeit führte sie aus, dass sich diese schon aus ihrer Schwangerschaft ergäbe, da sie zwar über eine soziale Einrichtung ärztlich versorgt sei, eine Entbindung dort aber nicht möglich sei.

Die Antragstellerin beantragt,

die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin vorläufig Krankenversicherungsschutz zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Hierzu beruft sie sich auf ihr bisheriges Vorbringen. Sie führt weiter aus, dass entsprechend zu § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V entscheidend sei, ob die Versicherung der Antragstellerin bei der M. eine ausreichende Absicherung im Krankheitsfall darstelle. Dies sei auch bei einer Auslandskrankenversicherung der Fall, wenn der Versicherungsvertrag eine Absicherung von mehr als 42 Tagen vorsehe.

Mit Beschluss vom 6.7.2017 hat das Gericht die Beigeladene gemäß § 75 Abs. 2 SGG (SGG) beigeladen.

Die Beigeladene ist der Auffassung, dass die Antragstellerin nicht der privaten Krankenversicherung, sondern der gesetzlichen Krankenversicherung zuzuordnen sei. Sie führt zur Begründung aus, dass die Antragstellerin lediglich im Besitz eines befristeten Aufenthaltstitels sei. Für diese Personen sei der Basistarif der privaten Krankenversicherung nicht geschaffen worden. Dies ergäbe sich zum einen aus § 195 Abs. 3 VVG und aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Sie ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen der Ausnahme des § 5 Abs. 5a SGB V nicht vorlägen. Die vorherige Versicherung der Antragstellerin sei lediglich eine Ausbildungsversicherung, bei der es sich nicht um eine substitutive Krankenversicherung handele. Zwar würden dort Krankheitskosten voll übernommen, die Beiträge würden jedoch nicht nach Art einer Lebensversicherung kalkuliert, was jedoch Voraussetzung des § 12 Abs. 1 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) wäre. Auch könnten diese Versicherungen nicht den Krankenversicherungsschutz der gesetzlichen Krankenversicherung ersetzen, da es sich um eine zeitlich limitierte Krankenversicherung handele. Darüber hinaus gehören die Antragstellerin auch nicht zu den in § 5 Abs. 5 oder § 6 Abs. 1 und 2 SGB V genannten Personen. Es sei für die Beigeladene zwar derzeit nicht erkennbar, ob für die Antragstellerin die Pflicht zur Sicherung des Lebensunterhalts bestehe, so dass sie grundsätzlich nach § 5 Abs. 1 Nr. 13b i.V.m. § 5 Abs. 11 SGB V der gesetzlichen Versicherung zuzuordnen sein könnte, selbst wenn diese Verpflichtung nicht bestehen würde, sei die Antragstellerin dennoch nicht der privaten Krankenversicherung zuzuordnen.

Mit Schreiben vom 7.7.2017 (Bl. 79B der Akte) beteiligte die Antragsgegnerin die Beigeladene am Verwaltungsverfahren.

II.

Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.

Die Beiladung war nach § 75 Abs. 2 notwendig, da eine Entscheidung auch gegenüber der Beigeladenen nur einheitlich ergehen konnte (vgl. zur Beiladung bei Versicherungspflicht in der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung Schmidt, in Ladewig/Keller/Leitherer, § 75, Rn. 10d m.w.N.).

Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1); es kann eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Satz 2). Hierzu bedarf es eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds. Ein Anordnungsgrund ist gegeben, wenn die Entscheidung eilbedürftig ist und es nach den Umständen des Einzelfalls für den Betroffenen unzumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Der Anordnungsanspruch ist der materiell-rechtliche Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht beziehungslos nebeneinander, sondern bilden auf Grund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (Keller, a.a.O., § 86b Rn. 27). Ist das Hauptsacheverfahren offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist ein Antrag auf einstweilige Anordnung auch dann abzulehnen, wenn ein Anordnungsgrund gegeben ist. Ist die Klage hingegen offensichtlich zulässig und begründet, vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. Bei offenem Ausgang der Hauptsache, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist eine Abwägung unter Berücksichtigung der Folgen und Interessen erforderlich (Keller a. a. O. Rn. 29). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind unter Beachtung der objektiven Beweislastverteilung glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 ZPO), die anspruchsbegründenden Tatsachen müssen daher überwiegend wahrscheinlich sein. Anträge nach Abs. 1 und Abs. 2 können schon vor Klageerhebung anhängig gemacht werden (§ 86b Abs. 3 SGG).

Die Antragstellerin hat nach diesem Maßstab zwar die Eilbedürftigkeit der Sache hinreichend glaubhaft gemacht (dazu 1.), ihr steht jedoch kein Anordnungsanspruch gegen die Antragsgegnerin zu. Dieser besteht nur gegen die Beigeladene (dazu 2.), die das Gericht jedoch nicht unmittelbar verpflichten konnte (dazu 3.).

1. Die Eilbedürftigkeit der Sache ergibt sich aus dem Umstand der fortgeschrittenen Schwangerschaft der Antragstellerin (zum Zeitpunkt der Antragsstellung am 15.06.2017 bereits 7. Schwangerschaftsmonat). Zwar erhält sie bis dato kostenlose ärztliche Versorgung über die &132;Praxis ohne Grenzen&147;. Eine Entbindung ist dort jedoch nicht möglich. Wegen der bevorstehenden Geburt ist aber mit Sicherheit absehbar, dass die Antragstellerin in kürzester Zeit ärztlicher Behandlung bedarf.

2. Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin keinen Anordnungsanspruch. Stattdessen hat sie gegen die Beigeladene einen Anspruch auf Abschluss eines Versicherungsvertrages im Basistarif (§ 152 VAG) der privaten Krankenversicherung. Gem. § 193 Abs. 5 Nr. 2 VVG hat der Versicherer allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig sind, nicht zum Personenkreis nach Nummer 1 oder Abs. 3 S. 2 Nr. 3 und 4 gehören und die nicht bereits eine private Krankheitskostenversicherung mit einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen vereinbart haben, die der Pflicht nach Abs. 3 genügt, Versicherung im Basistarif nach § 152 des Versicherungsaufsichtsgesetzes zu gewähren.

Die Antragstellerin hat ihren Wohnsitz in Deutschland und gehört auch nicht zu den in § 193 Abs. 5 Nr. 1 bzw. Abs. 3 S. 2 Nr. 3 und 4 VVG genannten Personen. Nach der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung erhält die Antragstellerin keine Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten oder Siebten Kapitel Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Zwar sind die Kapitel 4, 6 und 7 SGB XII auch auf Empfänger nach dem SGB II anwendbar (vgl. § 5 Abs. 2 S. 1 und 2 SGB II), ob die Antragstellerin diese Leistungen erhält, entzieht sich jedoch der Kenntnis des Gerichts und eine weitere Aufklärung war im einstweiligen Rechtsschutz auch nicht geboten, sondern muss einer möglichen Hauptsache vorbehalten bleiben. Die Antragstellerin ist auch nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig und zwar weder nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a noch nach Abs. 1 Nr. 13b SGB V.

a) Gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V sind Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch beziehen in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist. Die Antragstellerin erhält laufende Leistungen nach dem SGB II (vgl. Bl. 6 d. Verwaltungsakte). Gem. § 5 Abs. 5a SGB V ist nach Absatz 1 Nr. 2a nicht versicherungspflichtig, wer zuletzt vor dem Bezug von Arbeitslosengeld II privat krankenversichert war oder weder gesetzlich noch privat krankenversichert war und zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehört oder bei Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätte. Satz 1 gilt nicht für Personen, die am 31. Dezember 2008 nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherungspflichtig waren, für die Dauer ihrer Hilfebedürftigkeit. Personen nach Satz 1 sind nicht nach § 10 versichert. Personen nach Satz 1, die am 31. Dezember 2015 die Voraussetzungen des § 10 erfüllt haben, sind ab dem 1. Januar 2016 versicherungspflichtig nach Absatz 1 Nummer 2a, solange sie diese Voraussetzungen erfüllen.

Die Antragstellerin war vor ihrem ALG II-Bezug zuletzt bei der M.-GmbH privat Krankenversichert. Dabei handelt es sich um eine substitutive Krankenversicherung im Sinne des § 193 Abs. 3 VVG. Dies ist der Fall wenn, nach dem Versicherungstarif mindestens eine Kostenerstattung für ambulante und stationäre Heilbehandlung umfasst ist und die für tariflich vorgesehene Leistungen vereinbarten absoluten und prozentualen Selbstbehalte für ambulante und stationäre Heilbehandlung für jede zu versichernde Person auf eine betragsmäßige Auswirkung von kalenderjährlich 5.000 Euro begrenzt ist. Ausweislich des Versicherungsscheins der M. GmbH (vgl. Bl. 7-9 d. Akte) trifft dies auf den vorliegenden Fall zu. Demnach handelt es sich auch nicht um eine Reisekrankenversicherung, sondern allenfalls um eine Ausbildungsversicherung, was allerdings für die Klassifizierung als substitutive Krankenversicherung unerheblich ist (§ 195 Abs. 2 VVG). Unerheblich ist in diesem Fall auch, dass die Vertragsdauer auf den 31.01.2017 beschränkt war, denn nach § 195 Abs. 1 S. 1 VVG kann auch eine substitutive Krankenversicherung vorbehaltlich der Abs. 2 und 3 der Vorschrift zeitlich befristet werden, nämlich beispielsweise dann, wenn es sich um eine Ausbildungsversicherung (so hier, da die Antragstellerin sie zum Zwecke der Krankheitskostenversicherung während des Studiums abschloss) handelt oder der Versicherte eine Person mit befristetem Aufenthaltstitel ist. Dies trifft auf die Antragstellerin zu, da sie über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz verfügt. Soweit die Beigeladene hiergegen einwendet, dass eine substitutive Krankenversicherung nach § 146 Abs. 1 VAG (in der Erwiderung der Beigeladenen hieß es § 12 Abs. 1 VAG) voraussetze, dass die Versicherung nach Art einer Lebensversicherung betrieben werde und dass dies in der Versicherungspraxis für die hier fragliche Versicherungsform nicht unterstellt werden könne, ändert dies an der Beurteilung als substitutive Krankenversicherung nichts, da es für die in § 195 Abs. 2 und 3 vorgesehenen Fälle dieses Erfordernisses ausdrücklich nicht bedarf, § 146 Abs. 3 VAG. Nach dessen eindeutigem Wortlaut (und auch des § 195 VVG) kann eine substitutive Krankenversicherung unabhängig von der Art der Kalkulation der Beiträge vorliegen. Es kommt vielmehr einzig auf den Umfang des Versicherungsschutzes an. Dies gilt insbesondere für die Fälle des § 195 Abs. 2 und 3 VVG. Dies gilt erst Recht für die Abgrenzung zu § 5 SGB V.

Diesem Verständnis der Normen steht auch nicht die von der Beigeladenen zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16.07.2017, IV ZR 55/14, entgegen, wonach eine Versicherung im Basistarif nur in Betracht komme, wenn die Person grundsätzlich dem Bereich der privaten Krankenversicherung zuzuordnen sei (vgl. insoweit BGH, a.a.O., Rn. 14 bei juris), denn die Antragstellerin ist &150; im Unterschied zu jener Klägerin &150; durch ihren vorherigen Vertrag mit der M. GmbH (und zuvor der C.) unter Beachtung ihrer Versicherungshistorie jedenfalls eher der privaten als der gesetzlichen Versicherung zuzuordnen. Das Gericht hält die Fälle im Übrigen schon deshalb nicht für vergleichbar, weil jene Klägerin ausweislich des Tatbestandes und der weiteren Entscheidungsgründe nämlich nie Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse oder Kundin einer privaten Krankenversicherung war, da sie zunächst über § 264 SGB V durch den Sozialhilfeträger abgesichert war und damit eher dem sog. dritten Sicherungssystem zuzuordnen war (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 1 und insbesondere Rn. 16 bei juris m.w.N.).

b) Die Antragsstellerin ist auch nicht nach § 5 Abs. 13b SGB V in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig, denn danach ist nur versicherungspflichtig, wer keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hat und bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert war, es sei denn, dass sie zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten. Die Antragstellerin war zuletzt privat krankenversichert (s. unter aa). Die Antragstellerin gehörte nicht zu den in Abs. 5 genannten Personen (hauptberuflich selbständig Erwerbstätige), sie war Promotionsstudentin bzw. sog. &132;post-doc&147;. Sie gehörte schließlich auch nicht zu den § 6 Abs. 1 und Abs. 2 SGB V genannten Personen, was auch die Beigeladene so zutreffend bewertet (vgl. Bl. 97 d. Akte). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 5 Abs. 11 SGB V. Danach werden Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem Aufenthaltsgesetz besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes besteht. Zwar enthält § 5 Abs. 11 SGB V Sonderregelungen für Ausländer, daraus ist aber nicht zwingend zu schlussfolgern, dass diese immer der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V unterliegen. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ist nämlich nach der gesetzgeberischen Konzeption subsidiär. Es ist vielmehr aber auch zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin nicht nur Ausländerin ist, sondern auch SGB II-Bezieherin. Der Gesetzgeber wollte diese Personengruppe aber ausdrücklich nicht zwangsläufig der gesetzlichen Krankenversicherung zuordnen, sondern beabsichtigte eine gleichmäßige Verteilung von SGB II-Beziehern auf die gesetzliche und die private Krankenversicherung (vgl. BT.-Drucks. 16/3100, S. 95). Da die Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13b SGB V aber schon ihrer systematischen Stellung nach der des § 5 Abs. 1 Nr. 2a nachrangig ist und § 5 Abs. 1 Nr. 2a i.V.m. § 5 Abs. 5a die Antragstellerin eindeutig der privaten Krankenversicherung zuordnet, ist für die Auffangversicherung nach § 5 Abs. 13b SGB V jedenfalls in einem Fall wie dem hiesigen, in dem die ausländische Antragstellerin auch Leistungen nach dem SGB II bezieht, kein Raum. § 5 Abs. 11 SGB V kann unter Beachtung des gesetzgeberischen Ziels einer gleichmäßige Verteilung zwischen dem Basistarif und der Auffangversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht dahingehend verstanden werden, dass alle Ausländer, die keiner Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts unterliegen, zwingend der gesetzlichen Krankenversicherung zuzuordnen wären. § 5 Abs. 11 SGB V dient hingegen der Erleichterung der Ermittlungen der Krankenkassen. Sie sollen durch die Vorschrift davon befreit werden, prüfen zu müssen, ob der Unterhalt des Ausländers einschließlich seines Krankenversicherungsschutzes hinreichend gesichert ist. Bei der Prüfung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sollen sie einzig auf die Art des Aufenthaltstitels abstellen können (vgl. SG Berlin, Urt. v. 30.03.2012, S 208 KR 1643/09 WA, Rn. 16 bei juris m.w.N.).

Zwar werden danach von der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Nicht-EU-Ausländer erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem AufenthaltG besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthaltG besteht. [&133;]. Aber auch hier gilt mangels weitergehender Ausnahmeregelungen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V die grundsätzliche Einschränkung, dass Versicherungspflicht eben nur dann eintritt, sofern kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall besteht. Insbesondere lässt sich gerade auch aus der Gesetzesbegründung hierzu (BT-Drs. 16/3100 Seite 95 zu Nr. 2 zu Buchst. d) kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass durch diese Einbeziehung in die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Nicht-EU-Ausländer gegenüber deutschen Staatsbürgern dahingehend privilegiert werden sollten, dass sozialhilfebedürftige Nicht-EU-Ausländer nach § 5 Abs. 11 SGB V grundsätzlich unter Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V stehen, deutsche Staatsbürger dagegen, wenn sie nicht schon bei Eintritt der Sozialhilfebedürftigkeit einen Krankenversicherungsschutz haben, in solchen Fällen auf den Krankenhilfeanspruch nach dem SGB XII verwiesen werden. Vielmehr gilt für Nicht-EU-Ausländer nichts anderes wie für deutsche Staatsbürger, nämlich dass sie, sofern ihre Niederlassungserlaubnis ohne die Verpflichtung, Lebensunterhalt aus eigenem Einkommen bzw. Vermögen zu gewährleisten, erteilt wurde, nur dann der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V unterfallen, wenn keine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 12 SGB V, § 9 SGB V (freiwillige Versicherung) und § 10 SGB V (Familienversicherung) besteht und sie auch keine laufenden Leistungen nach dem SGB XII erhalten. Diese Regelung dient offenkundig nur dazu, genauso wie für deutsche Staatsbürger, auch für Nicht-EU-Ausländer, die nicht ohnehin als Voraussetzung für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis bzw. Aufenthaltserlaubnis verpflichtet waren für ihren Lebensunterhalt selbst zu sorgen, insoweit eine Versicherungspflicht zu begründen, soweit nicht aus anderen Gründen (gesetzliche Versicherungspflicht, freiwillige Versicherung oder Familienversicherung bzw. Erhalt laufender Leistungen u. a. nach dem SGB XII) schon Krankenversicherungsschutz besteht (vorstehend: Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 18. November 2009 &150; L 5 KR 5144/08 &150;, Rn. 45 f. bei juris).

c) Da die Antragstellerin vor ihrem SGB II-Bezug zuletzt im Inland privat krankenversichert war, stellt sich auch nicht die Frage, wie sie zuletzt in ihrem Heimatland versichert gewesen ist. Sie ist aus den vorgenannten Gründen auch nicht dem sog. dritten System der Krankenversicherung zuzuordnen, sondern hat gegen die Beigeladene einen Anspruch auf Aufnahme in den Basistarif.

3. Das Gericht konnte die Beigeladene jedoch nicht unmittelbar selbst nach § 75 Abs. 5 SGG verpflichten. Nach dieser Vorschrift kann ein Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende, ein Träger der Sozialhilfe oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land nach Beiladung verurteilt und damit auch im Wege des Beschlusses verpflichtet werden. Aus der Norm ergibt sich zwar nicht ausdrücklich was unter dem Begriff des Versicherungsträgers zu verstehen ist. Lediglich im Bereich der privaten Pflegeversicherung ist darunter aber wegen der Zuständigkeit der Sozialgerichte (vgl. § 51 Abs. 2 Var. 3 SGG) auch der private Versicherungsträger zu verstehen. Auch für eine entsprechende Anwendung besteht kein Raum, da zwar eine planwidrige Gesetzeslücke besteht aber kein unmittelbares Interesse an einer Verpflichtung der Beigeladenen durch das Sozialgericht besteht. § 75 Abs. 5 SGG verfolgt letztlich prozessökonomische Interessen, dient aber darüber hinaus auch dem Grundsatz der Effektivität des Rechtsschutzes. Das Gericht soll mit § 75 Abs. 5 SGG in die Lage versetzt werden, den Zuständigen zu verurteilen bzw. zu verpflichten. Mit dem hier entscheidungserheblichen § 5 Abs. 2a bzw. Abs. 5a SGB V hat der Gesetzgeber eine klare Abgrenzung zwischen dem Bereich der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung für ALG II-Bezieher geschaffen, wobei die Entscheidung hierüber &150; je nach dem welcher der in Frage kommenden Träger vom potenziellen Mitglied bzw. Kunden im Wege des gerichtlichen Rechtsschutzes angegangen wird &150; entweder in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte oder in die der Sozialgerichte gehört. Beide potenziell zuständigen Gerichtsbarkeiten müssen aber aus prozessökonomischen wie auch Rechtsschutzgesichtspunkten nicht in die Lage versetzt werden, den jeweils Zuständigen (auch wenn es das Konstrukt der Zuständigkeit so im Zivilrecht nicht gibt) zu verpflichten, ohne dass dafür ein weiterer Prozess vor einer anderen Gerichtsbarkeit notwendig würde, denn entsprechend § 141 Abs. 1 Nr. 1 SGG bindet die Entscheidung des Sozialgerichts alle Beteiligten. Gem. § 69 Nr. 3 SGG ist auch der Beigeladene ein Beteiligter. In einem möglichen Prozess vor den Zivilgerichten könnte die Beigeladene also nicht einwenden, worüber das Sozialgericht rechtskräftig entschieden hat. Das Zivilgericht könnte wegen der nicht entgegen dieser Entscheidung judizieren (materielle und subjektive Rechtskraft, § 322 und 325 Zivilprozessordnung [ZPO]).

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved