L 7 SO 3128/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 SO 6066/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 3128/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Juni 2014 abgeändert. Der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 29. September 2011 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.223,89 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von vier Prozent ab dem 1. Juli 2011 sowie 272,87 EUR zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 70 Prozent, der Beklagte zu 30 Prozent.

Der Streitwert wird für das Klage- und das Berufungsverfahren endgültig auf 7.515,64 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von dem beklagten Sozialhilfeträger die Zahlung von noch 5.636,73 EUR für die Unterbringung und Betreuung des Beigeladenen im Wohnbereich der Klägerin sowie in der Werkstatt für behinderte Menschen der Klägerin im Zeitraum vom 1. April bis 31. Mai 2011.

Die Klägerin ist Trägerin von Einrichtungen der Behindertenhilfe. Sie betreibt u.a. verschiedene Wohneinrichtungen für behinderte Menschen sowie die R. Werkstätten, eine Werkstatt für behinderte Menschen mit verschiedenen Standorten, unter anderem in W ...

Der Beigeladene ist 1988 geboren und erheblich geistig behindert. Er wohnte seit November 2004 in verschiedenen Einrichtungen der Klägerin. Seit dem 1. April 2010 wurde er in einer stationären Außenwohngruppe der Klägerin untergebracht und betreut. Den schriftlicher Vertragsentwurf der Klägerin für einen Heimvertrag, die diese mit Schreiben vom 21. Dezember 2010 an den Beigeladenen sandte, hat der Beigeladene nie zurückgesandt. Ab dem 1. November 2010 wurde der Beigeladene zudem in den Arbeitsbereich der R. Werkstätten (Standort W.) aufgenommen, nachdem er dort zuvor im Berufsbildungsbereich tätig war (Berufsbildungsvertrag vom 10. und 23. November 2008).

Mit Schreiben vom 24. September 2010 erklärte sich der Beklagte gegenüber der Klägerin bereit, die Kosten der Sozialhilfe für den Beigeladenen ab dem 1. April 2010 bis zum 31. August 2010 zu übernehmen und zwar für das Wohnen in Höhe von 85,80 EUR täglich (bis 31. Juli 2010) bzw. 87,28 EUR täglich (ab 1. August 2010), einen Grundbarbetrag in Höhe von "EUR 96,93 Gesamt 93,34 EUR" sowie eine Bekleidungspauschale in Höhe von monatlich 23,01 EUR. Die Vergütung, der Barbetrag und die Bekleidungspauschale werde direkt auf das Konto der Klägerin überwiesen. Die Höhe der Leistung richte sich nach den nach § 75 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) vereinbarten Vergütungen. Im Übrigen finde der Rahmenvertrag nach § 79 SGB XII Anwendung. Die Sozialhilfeleistungen könnten nur gewährt werden, solange die gesetzlichen Voraussetzungen dafür gegeben seien. Ein Versand der Kostenzusage an den Beigeladenen erfolgte ausweislich eines Aktenvermerkes des Beklagten nicht, weil unklar sei, wer dessen Betreuer sei.

Mit Bescheid vom 8. Dezember 2010 verlängerte der Beklagte gegenüber dem Beigeladenen seine bisherigen Kostenzusage für die Dauer des Wohnens in der Einrichtung der Klägerin. Im Übrigen gelte die bisherige Kostenzusage weiter. Mit Schreiben ebenfalls vom 8. Dezember 2010 verlängerte der Beklagte gegenüber der Klägerin seine Kostenzusage vom 24. September 2010 ab dem 1. September 2010 bis zum 31. August 2011 für "Wohnen (GB)".

Mit Bescheid vom 21. März 2011 teilte der Beklagte dem Beigeladenen mit, dass die Kostenzusage aus dem Bescheid vom 8. Dezember 2010 bis zum 31. August 2011 verlängert werde.

Mit weiterem Bescheid vom 21. März 2011 erklärte der Beklagte gegenüber dem Beigeladenen, für die Zeit ab dem 1. November 2010 bis zum 31. Oktober 2012 die Kosten des Besuchs der Werkstatt für behinderte Menschen im Rahmen der Sozialhilfe für Behinderte zu übernehmen. Eine Kopie dieses Bescheides übersandte der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 21. März 2011.

Am 5. April 2011 zog der Beigeladene aus der Wohngruppe aus. Am 7. April 2011 (Schreiben vom 6. April 2011) kündigte der Vater des Beigeladenen, sein Betreuer, den Beigeladenen "aus dem Internat". Das Zimmer sei schon leer geräumt. Die Klägerin bestätigte den Eingang der Kündigung mit Schreiben vom 7. April 2011. Auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen laut Heimgesetz sei die Kündigung zum 31. Mai 2011 wirksam.

Seit dem 19. April 2011 suchte der Beigeladene die Werkstatt nicht mehr auf.

Mit Schreiben vom 2. Mai 2011 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass der Beigeladene "aufgrund der fristgerechten Kündigung des Heimvertrages" auf eigenen Wunsch zum 31. Mai 2011 aus ihrer Einrichtung ausscheide.

Mit Schreiben vom 13. Mai 2011 forderte der Beklagte den Vater des Beigeladenen und die Klägerin auf mitzuteilen, wann der Beigeladene die Einrichtung verlassen habe. Die Heimkosten würden nur übernommen, solange die gesetzlichen Voraussetzungen dafür gegeben seien. Die Kostenzusage ende mit dem Tage, an dem der Beigeladene aus der Einrichtung ausgeschieden sei.

Der Vater des Beigeladenen teilte daraufhin am 18. Mai 2011 telefonisch mit, dass der Beigeladene am 5. April 2011 aus der Einrichtung der Klägerin ausgeschieden sei. Er wohne jetzt zu Hause und habe ein eigenes Zimmer.

Die Werkstatt W. teilte unter dem 26. Mai 2011 sowohl dem Beklagten als auch der Klägerin mit, dass der Beigeladene seit dem 19. April 2011 abwesend sei.

Mit Schreiben vom 31. Mai 2011 übersandte die Klägerin der Beklagten das Kündigungsschreiben des Vaters des Beigeladenen vom 6. April 2011 sowie ihre Kündigungsbestätigung vom 7. April 2011 und teilte mit, der Beigeladene sei unangemeldet und unangekündigt mit Unterstützung seiner Eltern aus seinem Zimmer ausgezogen. Er sei dann aufgefordert worden, schriftlich seinen Heimplatz zu kündigen, was er auch sofort erledigt habe.

Der Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 3. Juni 2011 mit, dass seine Kostenzusage mit dem Ausscheiden des Beigeladenen aus der Betreuung in der Einrichtung der Klägerin zum 5. April 2011 ende. Heimkosten könnten nicht bis zum 31. Mai 2011 übernommen werden, da für ihn – den Beklagten – der Austrittstag maßgebend sei. Mit Schreiben ebenfalls vom 3. Juni 2011 teilte der Beklagte dem Beigeladenen mit, dass seine Kostenzusage mit dem Ausscheiden am 5. April 2011 ende.

Am 8. Juli 2011 (Schreiben vom 7. Juli 2011) machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten offene Kosten der Unterbringung und Betreuung des Beigeladenen geltend. Die Kostenzusage des Beklagten habe im Verhältnis zu ihr – der Klägerin – keineswegs mit dem "Ausscheiden" des Beigeladenen aus der Einrichtung geendet. Die Kostenzusage für den Wohnbereich sei bis zum 31. August 2011, die Kostenzusage für die Werkstatt bis zum 31. Oktober 2012 befristet. Sie seien auch nicht widerrufen worden. Ein automatisches Erlöschen dadurch, dass ein entsprechender Hilfesuchender etwa an der Hilfe nicht mehr in der vereinbarten Form mitwirke, sei weder im Gesetz noch in den Kostenzusagen vorgesehen. Vor allem aber gelte, dass im vertraglichen Verhältnis zwischen ihr und dem Beigeladenen auch für letzteren die Vorschriften des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes (WBVG) gelten würden. Danach könne auch der behinderte Klient Wohn- und Betreuungsverträge nicht einfach fristlos kündigen, sondern sei zumindest an eine Kündigung mit Monatsfrist entsprechend § 11 Abs. 1 WBVG gebunden. Da die Kündigung im vorstehenden Fall offensichtlich erst am 6. April 2011 erfolgt sei, sei sie frühestens Ende Mai 2011 wirksam geworden. Ein fristloser Kündigungsgrund habe nicht bestanden und werde auch von keiner Seite behauptet. Im Übrigen gelte, dass die Erteilung einer Kostenzusage im Rahmen der Eingliederungshilfe auch gegenüber dem Hilfesuchenden zugleich einen Schuldbeitritt des öffentlichen Kostenträgers zur Erfüllung der vertraglichen Zahlungsverpflichtungen des Heimbewohners bzw. behinderten Menschen gegenüber der Einrichtung beinhalte. Auch der Kostenträger bleibe im Falle einer Kündigung oder des Verlassens der Einrichtung durch einen Bewohner solange und in dem Umfang zur Zahlung gegenüber der Einrichtung verpflichtet als sich dies aus den vertraglichen Bestimmungen ergebe. Hinzu komme, dass im vorstehenden Fall die Kostenzusage jedenfalls für den Wohnbereich nicht nur gegenüber dem Klienten, sondern ausdrücklich gegenüber der Einrichtung erklärt worden sei. Aus den vorliegenden Leistungsvereinbarungen ergebe sich nichts Abweichendes. Aus dem Rahmenvertrag ergebe sich nichts dafür, dass bei einem endgültigen Auszug die Pflicht zur Zahlung der Vergütung einfach ohne Beachtung der vertraglichen Bestimmungen bzw. ohne eine förmliche Aufhebung der Kostenzusage entfalle. Es sei deshalb auch nach dem Rahmenvertrag davon auszugehen, dass in diesen Fällen grundsätzlich die volle Vergütung weiter gezahlt werden müsse bis zur ordentlichen Vertragsbeendigung bzw. Beendigung der Wirkung des Schuldbeitritts des Kostenträgers. Das entsprechende Kostenrisiko bei einem plötzlichen vorzeitigen Verlassen der Einrichtung durch einen behinderten Menschen könne auch nicht einfach dem Leistungserbringer aufgebürdet werden. Die vereinbarten Vergütungssätze sähen insoweit auch keinen Ausgleich oder eine sonstige Berücksichtigung vor. Sie habe selbstverständlich ihre Leistungen nicht einfach mit dem Auszug des Beigeladenen beenden können. Der an ihn vermietete Raum bzw. der ihm zur Verfügung gestellte Werkstattplatz habe "unmöglich" einfach sofort anderweitig belegt werden können. Tatsächlich stehe der Wohnplatz bis heute in der entsprechenden Außenwohngruppe leer, da ein Ersatzbewerber bisher nicht vorliege bzw. auch keiner der behinderten Menschen, die sonst in der Einrichtung stationär untergebracht seien, sich für die Außenwohngruppe eigne. Im Übrigen habe selbstverständlich auch das Betreuungspersonal weiter vorgehalten werden müssen. Insoweit entstehe eine gewisse Ersparnis allenfalls bei der Verpflegung bzw. der hauswirtschaftlichen Versorgung. Hier handele es sich aber um Bruchteile des vereinbarten und für den Beigeladenen gezahlten Tagessatzes.

Der Beklagte lehnte die Übernahme der offenen Kosten mit Schreiben vom 1. September 2011 ab. Aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ergebe sich, dass der Sozialhilfeträger durch den Schuldbeitritt als Gesamtschuldner in Höhe der bewilligten Leistung an die Seite des Sozialhilfeempfängers trete. Damit könne der Anspruch des Heimes gegen den Sozialhilfeträger nicht höher sein als der originäre Anspruch des Hilfeempfängers. Daraus ergebe sich, dass der Sozialhilfeträger nur solange zur Zahlung einer bewilligten Leistung verpflichtet sei, bis er seinen Bewilligungsbescheid in Form einer Kostenzusage aufgehoben habe. Dann sei die Basis für das Rechtsverhältnis zwischen dem Sozialhilfeträger und der Einrichtung entfallen. Nach Aufhebung der Kostenzusage bestehe nur noch ein Anspruch auf Zahlung der Vergütung bis zum Ende der Kündigungsfrist nach den vertraglichen Bestimmungen gegen den Heimbewohner selbst. Der konkrete Anspruch des Beigeladenen ergebe sich aus dem Bewilligungsbescheid in Form der Kostenzusage bis zu einem festgesetzten künftigen Zeitpunkt. Dies sei hier für den Bereich Wohnen laut Bescheid vom 8. Dezember 2010 bis zum 31. August 2011 und für die Werkstattkosten laut Bescheid vom 21. März 2011 bis zum 31. Oktober 2012. Der Beigeladene sei am 5. April 2011 aus der Betreuung der Einrichtung ausgeschieden. Die Aufhebung der Kostenzusage nach § 48 SGB X sei in diesem Fall rechtmäßig gewesen. Der Beigeladene habe die Hilfe nicht mehr in Anspruch genommen und die Einrichtung verlassen, sei aber seiner unverzüglichen Mitteilungspflicht darüber gemäß § 60 SGB I nicht nachgekommen. Damit hätten die Tatbestände des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X vorgelegen. Eine andere Entscheidung rechtfertigende Gesichtspunkte seien nicht erkennbar, so dass die Kostenzusage mit Wirkung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben gewesen seien. Dies sei mit Schreiben vom 3. Juni 2011, in dem dem Beigeladenen und der Klägerin mitgeteilt worden sei, dass die Kostenzusage am 5. April 2011 geendet habe, geschehen. Es sei zwar einzuräumen, dass dieses Schreiben nicht in Bescheidform ergangen sei und deshalb vermutlich von der Klägerin nicht als solcher erkannt worden sei. Gemäß § 41 SGB X könne jedoch eine fehlerhafte Begründung nachträglich gegeben werden. Da die Kostenzusage einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung darstelle, habe auch die Aufhebung der Kostenzusage gegenüber dem Leistungserbringer zu erfolgen, sodass der Klägerin ein Widerspruchsrecht zustehe. Es sei dabei beabsichtigt, das Schreiben der Klägerin als Widerspruch zu werten und darüber unter Maßgabe der dargelegten Rechtsauffassung formell zu entscheiden.

Die Klägerin erwiderte, dass der Beklagte verbindliche Kostenzusagen erteilt habe. Diese verbindlichen Kostenzusagen seien bis heute ihr gegenüber nicht widerrufen. Die bisherigen Schreiben des Beklagten stellten keine entsprechenden Verwaltungsakte dar. Insoweit liege auch kein Fall des § 41 SGB X vor. Im Übrigen lägen offensichtlich auch die Voraussetzungen für einen etwaigen "Widerruf" der Kostenzusagen gegenüber der Einrichtung nach § 48 SGB X nicht vor, jedenfalls nicht rückwirkend für den hier noch offenen Leistungszeitraum, der ja in der Vergangenheit liege. Auch die Kostenübernahmeerklärung gegenüber dem Hilfesuchenden selbst, insoweit er einen Schuldbeitritt gegenüber der leistungserbringenden Einrichtung darstellen würde, beinhalte selbstverständlich, dass die Kosten solange zu tragen seien, als die Einrichtung die Leistung tatsächlich rechts- und vertragsgemäß erbringe. Sie habe aber die Leistung für den fraglichen Zeitraum noch erbracht bzw. erbringen müssen. Gründe für eine fristlose Kündigung hätten auch für den Leistungsempfänger nicht vorgelegen. Es wäre mit dem sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis und dem Sachleistungsverschaffungsprinzip nicht vereinbar, wenn einerseits der öffentliche Träger die Sachleistungsverschaffungsverantwortung und damit die Pflicht zur Erbringung dieser Sachleistung und deren Vorhaltung auf den freien leistungserbringenden Träger übertragen könne, ohne andererseits selbst für das Kostenrisiko einstehen zu wollen einschließlich dem, dass bei Fehlverhalten des Hilfeempfängers und noch nicht beendeter vertraglicher Leistungspflicht die leistungserbringende Einrichtung jedenfalls für einen angemessenen Zeitraum im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auch die notwendiger Weise noch entstehenden Kosten erstattet erhalte. Auch aus betriebswirtschaftlichen Gründen könne ein entsprechendes Risiko nicht einseitig auf die die Sachleistung erbringende Einrichtung, die Sachmittel und persönliche Hilfeleistungen ja auch bei einem Fehlverhalten des betreffenden Bewohners bis zur ordnungsgemäßen Beendigung des Vertrages vorhalten müsse, überwälzt werden. Damit würde zugleich auch im Verhältnis zum öffentlichen Leistungsträger ins Belieben eines Hilfesuchenden gestellt werden, ob er eine Maßnahme ohne Einhaltung irgendwelcher Kündigungsfristen einfach verlasse und in eine andere Einrichtung wechsle. Die Klägerin machte zudem Kosten anwaltlicher Inanspruchnahme in Höhe von 661,16 EUR geltend.

Der Beklagte wies den "Widerspruch vom 07.07.2011" mit Widerspruchsbescheid vom 29. September 2011 zurück. Das Schreiben vom 7. Juli 2011 sei als Widerspruch gegen die Aufhebung der Kostenzusage zu werten, da ohne die entsprechende Aufhebung die bisher erteilten Kostenzusagen weiter gelten würden und damit auch die von der Klägerin gewünschte Zahlungspflicht des Sozialhilfeträgers weiter bestehen würde. Die Kostenzusagen vom 8. Dezember 2010 und vom 21. März 2011 stellten Dauerverwaltungsakte dar, so dass § 48 SGB X, der die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Veränderungen der Verhältnisse regele, einschlägig sei. Der Beigeladene sei seiner Pflicht, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich seien, unverzüglich mitzuteilen, nicht nachgekommen. Der Beigeladene und sein Betreuer hätten es versäumt, den Sozialhilfeträger davon zu unterrichten, dass er unter Missachtung der zwischen ihm und der Klägerin vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist ohne weitere Absprache die Einrichtung verlassen habe. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Sozialhilfeträger die Kosten der Unterbringung und Betreuung in der Einrichtung getragen habe, stelle es eine Verletzung seiner Sorgfaltspflicht in außergewöhnlich großem Maße dar, wenn er seinen Auszug aus der Einrichtung dem Sozialhilfeträger nicht mitteile. Zwar habe der Betreuer mitgeteilt, dass er davon ausgehe, dass die Einrichtung dies erledige, darauf hätte er sich aber nicht verlassen dürfen, da er keine diese Annahme rechtfertigenden Anhaltspunkte gehabt habe und die Kostenzusagen mit dem darin enthaltenen Hinweis auf die bestehende Mitteilungspflichten an ihn gerichtet gewesen seien. Umstände, die eine andere Entscheidung als die Aufhebung der Kostenzusagen vom Zeitpunkt des Auszuges an rechtfertigen würden, seien nicht erkennbar, so dass die Aufhebung der Kostenzusage rückwirkend zum Zeitpunkt des Auszuges rechtlich nicht zu beanstanden sei. Bei der Aufhebung handele es sich um einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung, so dass zu prüfen sei, ob durch die Aufhebung der Kostenzusage an den Beigeladenen die Klägerin in ihren Rechten verletzt sei. Aus dem sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis ergebe sich, dass der Sozialhilfeträger nur solange zur Zahlung seiner bewilligten Leistung an den Einrichtungsträger verpflichtet sei, bis er seine Kostenzusage gegenüber dem Hilfeempfänger rechtmäßig aufgehoben habe. Der Anspruch des Einrichtungsträgers könne nicht höher sein als der originäre Anspruch des Hilfeempfängers. Die zwischen der Einrichtung und dem bisherigen Bewohner selbst bestehenden vertraglichen Beziehungen blieben davon unberührt. Sofern danach Kündigungsfristen einzuhalten seien, bestehe ein Anspruch auf Zahlung der Vergütung bis zum Ende der Kündigungsfrist ausschließlich gegen den ehemaligen Heimbewohner selbst. Auch wenn die Haltung der Klägerin nachvollziehbar sei, bestehe kein Anspruch der Klägerin, den entstandenen finanziellen Verlust aus Sozialhilfemitteln bezahlt zu bekommen. Ein Anspruch sei gegen den Beigeladenen selbst geltend zu machen, wenn er die in den vertraglichen Beziehungen zwischen ihm und der Klägerin vereinbarten Kündigungsfristen nicht einhalte.

Am 24. Oktober 2011 hat die Klägerin beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben mit dem Ziel der Aufhebung der Ablehnung der entsprechenden Kostenübernahme im Schreiben vom 13. Mai 2011 und vom 3. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2011 sowie dem Ziel der Verurteilung des Beklagten, ihr 7.515,64 EUR abzüglich eines angemessenen Abschlages für ersparte Aufwendungen und zuzüglich Zinsen von vier Prozent ab dem 1. Juli 2011 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 309,40 EUR zu zahlen. Gründe für eine fristlose Kündigung seitens des Beigeladenen hätten nicht vorgelegen. Entsprechend der neuen Rechtsprechung des BSG sei der Beklagte im Rahmen der Leistungsgewährung nach den Grundsätzen der Sachleistungsverschaffung durch die Klägerin auf Grund ihrer Kostenzusagen dem kombinierten Vertragsverhältnis des Beigeladenen mit der Klägerin insgesamt beigetreten. Im Übrigen habe der Beklagte seine sowieso befristeten Kostenzusagen in keiner Weise widerrufen, weder gegenüber dem Beigeladenen noch ihr gegenüber. Die Kostenzusagen seien unmittelbar auch ihr gegenüber ergangen. Sie hätten deshalb auch formal ihr gegenüber widerrufen werden müssen. Das Schreiben des Beklagten vom 3. Juni 2011 stelle weder einen wirksamen Rücknahmebescheid nach § 45 SGB X noch einen Aufhebungsbescheid nach § 48 SGB X dar – von der fehlenden vorherigen rechtlichen Anhörung einmal ganz abgesehen. Die nachträgliche Erklärung, wonach die Kostenzusage automatisch mit dem Austritt (wann genau?) des Beigeladenen geendet habe, behaupte lediglich die Folgen eines entsprechenden Verwaltungsaktes, ohne dass dieser aber erlassen worden wäre. Im Übrigen lägen aber auch keine sachlichen und rechtlichen Gründe vor, die entsprechende Bescheide nach § 45 bzw. § 48 SGB X vor dem Ablauf der vertraglichen Kündigungszeit zum 31. Mai 2011 rechtfertigen könnten. Bei alledem sei auch zu berücksichtigen, dass vom betriebswirtschaftlichen Risiko her gesehen keinerlei Grund dafür erkennbar sei, warum die freie leistungserbringende Einrichtung auf den entstandenen Kosten sitzen bleiben sollte. Sie habe bereits erklärt, dass auf Grund des vorzeitigen Ausscheidens tatsächlich eine gewisse Ersparnis hinsichtlich der noch bis zum 31. Mai 2011 aufgelaufenen und bis zu diesem Zeitpunkt weiterhin vorzuhaltenen Sach- und Personalleistungen eingetreten sei. Sie habe diese letztlich in die Beurteilung des Gerichts gestellte Ersparnis mit allenfalls 25 Prozent der Kosten veranschlagt – entsprechend dem früheren sogenannten Bettengeld in der stationären Eingliederungshilfe bei vorübergehender Abwesenheit bzw. auch in analoger Anwendung der zivilrechtlichen Regelung des § 326 Abs. 2 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Der Beklagte ist der Klage unter Hinweis auf seinen Widerspruchsbescheid vom 29. September 2011 entgegengetreten.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 25. Juni 2014 abgewiesen. Weder aus den gegenüber dem Beigeladenen ergangenen Bewilligungsbescheiden noch aus den gesetzlichen Regelungen des SGB XII und den zwischen der Klägerin und der Beklagten konkret geltenden Vereinbarungen nach den §§ 75 ff. SGB XII ergebe sich ein eigener Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf die Zahlung weiterer Kosten. Der Beklagte als Sozialhilfeträger sei auf Grund des Schuldbeitritts als Gesamtschuldner an die Seite des Beigeladenen getreten. Dies gelte jedoch nicht mehr für den Zeitraum vom 6. April bis 31. Mai 2011. Der Schuldbeitritt könne nur in Höhe der durch den Beklagten als Sozialhilfeträger dem Hilfeempfänger bewilligten Leistungen bestehen. Vor der Kostenübernahme durch einen Bewilligungsbescheid besitze die Einrichtung nämlich keinen Vergütungsanspruch gegen den Sozialhilfeträger. Einen Anspruch auf die Übernahme des Heimentgeltes gegenüber dem Sozialhilfeträger besitze auch nur der Sozialhilfebedürftige und nicht die Einrichtung selbst. Durch die an den Beigeladenen gerichteten Bewilligungsbescheide vom 8. Dezember 2010 und vom 21. März 2011 sei der Beklagte der auf Grund des Heimvertrages zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen begründeten Zahlungsverpflichtungen im Wege eines kumulativen Schuldbeitritts beigetreten. Der Schuldbeitritt erstrecke sich allerdings nur auf die vom Bewilligungsbescheid der Art und Höhe nach erfassten Leistung sowie für den dort aufgeführten Zeitraum. Der Schuldbeitritt sei demnach nur solange Grundlage eines unmittelbaren Anspruchs des Einrichtungsträgers gegenüber dem Sozialhilfeträger, als im Grundverhältnis ein Bewilligungsbescheid existiere. Mit anderen Worten bedürfe die Beendigung der Kostenzusage gegenüber dem Einrichtungsträger in verfahrensrechtlicher Hinsicht einer Rücknahme oder Aufhebungsentscheidung im Sinne der §§ 45 oder 48 SGB X gegenüber dem Leistungsberechtigten. Insoweit habe der Beklagte die bis dahin bestehenden Bewilligungsbescheide vom 8. Dezember 2010 und 21. März 2011 betreffend den Bereich des Wohnens und der Werkstatt mit Bescheid vom 3. Juni 2011 sowie Widerspruchsbescheid vom 29. September 2011 aufgehoben und damit die Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Beigeladenen und hiermit akzessorisch auch die gegenüber dem Einrichtungsträger beendet. Das Schreiben des Beklagten vom 3. Juni 2011, in dem der Beklagte gegenüber dem Beigeladenen ausgeführt habe, die Kostenzusage ende mit dem Ausscheiden des Beigeladenen zum 5. April 2011, erfülle trotz fehlender Rechtsmittelbelehrung alle konstitutiven Voraussetzungen eines Verwaltungsaktes. Dieser Bescheid stelle gleichzeitig eine Rücknahme oder Aufhebungsentscheidung dar. Insofern sei nicht erforderlich, dass der Verfügungssatz in einer Entscheidungsformel der Begründung voran gestellt werde, es müsse aber jedenfalls eine klare Regelung getroffen werden. Auch wenn sich der Bescheid nicht zur Bestandskraft der bisherigen Bescheide vom 8. Dezember 2010 und vom 21. März 2011 verhalte, so werde unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die bisherigen Kostenzusagen nicht weiter gelten sollten. Der Bescheid vom 3. Juni 2011 habe demnach eine Aufhebungsentscheidung dahingehend getroffen, dass die Kostenzusage ab dem 6. April 2011 seine Wirkung verloren habe. Der dagegen von der Klägerin als Drittanfechtungsberechtigter erhobene Widerspruch sei zu Recht mit Widerspruchsbescheid vom 29. September 2011 als unbegründet zurückgewiesen worden. Die Voraussetzung für eine Rücknahme der Bewilligungsbescheide nach § 48 SGB X sei gegeben. Der gemäß § 60 Abs. 1 SGB I bestehenden Mitteilungspflicht sei der Beigeladene nur unzureichend nachgekommen, denn erst am 18. Mai 2011 sei der Beklagten gegenüber telefonisch der Auszug des Beigeladenen zum 5. April 2011 mitgeteilt worden. Eine Aufhebung rückwirkend zum Zeitpunkt des Auszugs sei demnach nicht zu beanstanden. Schließlich sei auch eine formelle Rechtswidrigkeit der Bescheide nicht erkennbar, da sowohl der Beigeladene mit Schreiben vom 13. Mai 2011 als auch die Klägerin mit Schreiben vom 1. September 2011 zur beabsichtigten Verfahrensweise ausreichend angehört worden seien. Auch aus den das Grundverhältnis zwischen Beigeladenem und Beklagtem prägenden materiellrechtlichen Regelungen des SGB XII ergebe sich kein Zahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte. Die Regelungen des SGB XII seien mit Ausnahme der § 19 Abs. 6 und § 25 SGB XII allein dem Interesse des jeweils Hilfebedürftigen zu dienen bestimmt. Auch auf die Regelungen des Leistungserbringerrechts könne die Klägerin einen Anspruch nicht gründen. Das Gleiche gelte für die konkret zwischen den Beteiligten geltenden Vereinbarungen. Entsprechend bestehe auch kein Anspruch auf Übernahme der vorgerichtlichen Anwaltskosten.

Gegen das ihr am 2. Juli 2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25. Juli 2014 Berufung eingelegt. Unabhängig von der Frage eines Schuldbeitritts des Beklagten zu den vertraglichen Verpflichtungen des Beigeladenen gegenüber der Klägerin sei jedenfalls für den Wohnbereich auch ein unmittelbarer Verwaltungsakt ihr gegenüber in Gestalt der Kostenzusage erfolgt. Aber auch die Zusendung der Kostenübernahme gegenüber dem Beigeladenen für einen bei der Werkstatt von ihm in Anspruch genommenen Werkstattplatz stelle insofern einen zusätzlichen Verwaltungsakt ihr gegenüber dar, als ihr die Kostenübernahmeerklärung nicht nur zur Kenntnis, sondern auch mit der Bitte um Beachtung und gegebenenfalls weitere Veranlassung zugesandt worden sei. Es bestünden zudem erhebliche Bedenken, ob es sich bei dem Schreiben vom 3. Juni 2011 um die Regelung eines konkreten Einzelfalls bzw. konkreter Einzelfälle gehandelt habe. Das Schreiben sei ihr nicht förmlich zugesandt worden. Eine Rechtsmittelbelehrung sei nicht erfolgt. Vor allem aber sei dieses Schreiben offenbar nicht dem eigentlich primär Betroffenen, nämlich dem durch die frühere Kostenzusage als Hilfeempfänger begünstigten Beigeladenen zugesandt worden. Des Weiteren sei der Inhalt des Schreibens unbestimmt. Das Schreiben berichte lediglich davon, dass mitgeteilt worden sei, dass der Beigeladene zum 5. April 2011 aus der Betreuung der Einrichtung ausgeschieden sei. Worauf sich diese Kenntnis konkret begründe, werde nicht genannt. Sie habe jedenfalls für den Wohnbereich der Beklagten erst mit dem 2. Mai 2011 mitgeteilt, dass der Beigeladene dort ausgeschieden sei. Das Schreiben vom 3. Mai 2011 schweige sich daher weiter darüber aus, auf welcher konkreten Rechtsgrundlage mit dem bloßen Ausscheiden des Beigeladenen die Kostenzusage ende. Eine automatische Beendigung einer Kostenzusage durch bloßen faktischen Auszug kenne das Rechtssystem nicht. Eine über die bloße Behauptung, dass durch das faktische Ausscheiden bereits die Kostenzusage geendet habe, hinausgehende notwendige zusätzliche rechtsgestaltende Erklärung seitens des Beklagten enthalte das Schreiben aber gerade noch nicht. Das Schreiben sei auch gänzlich unbestimmt, da unklar sei, welche Kostenzusage angeblich geendet hätte bzw. nun aufgehoben werden sollte. Unklar sei auch, ob die Kostenzusage – "(nicht Kostenzusagen!)" – gegenüber dem Beigeladenen geendet hätten oder auch die verschiedenen Kostenzusagen gegenüber der Klägerin. Das Schreiben vom 3. Juni 2011 sei daher jedenfalls nicht hinreichend bestimmt. Im Übrigen lägen aber auch die Voraussetzungen für die Rücknahme der Bewilligungsbescheide nach § 48 SGB X nicht vor. Für eine Rücknahme auch ihr gegenüber hätten die Tatbestandsvoraussetzungen auch für die Vergangenheit vorliegen müssen. Dies sei aber offensichtlich nicht der Fall, da weder das SG und im Übrigen auch nicht der Beklagte behaupteten, sie hätte als Betroffene im Sinne einer der Tatbestände des § 48 Abs. 1 Nr. 2 bzw. Nr. 4 SGB X ihre Pflichten verletzt. Sie habe innerhalb angemessener Zeit auch im Sinne der Vorschriften des Rahmenvertrages sowohl das Ausscheiden des Beigeladenen aus dem Wohnbereich wie dann auch aus der Werkstatt mitgeteilt. Irgendein Fehlverhalten ihrerseits, das eine Aufhebung der ihr gegenüber erteilten Kostenübernahmeerklärung im Sinne von § 48 SGB X als Betroffene sogar für die Vergangenheit rechtfertigen würde, sei nicht erkennbar. Das SG stelle insoweit hier auch lediglich auf eine Pflichtverletzung des Beigeladenen ab.

Die Klägerin beantragt,

1. das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. Juni 2014 sowie den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 29. September 2011 sowie den Ablehnungsbescheid vom 13. Mai 2011 und gegebenenfalls den Aufhebungsbescheid vom 3. Juni 2011 aufzuheben, 2. den Beklagten zu verpflichten, entsprechend seiner Kostenzusagen vom 8. Dezember 2010 sowie vom 21. März 2011 die für April und Mai 2011 offenen Kosten für die Unterbringung und Betreuung des Beigeladenen in dem Wohnbereich sowie in der Werkstatt für behinderte Menschen in Höhe von insgesamt 5.636,73 EUR zuzüglich vier Prozent Zinsen seit dem 1. Juli 2011 an sie zu zahlen, 3. hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, über die Erstattung der entsprechend geltend gemachten Kosten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden, 4. den Beklagten zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 309,40 EUR zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält an seiner Auffassung fest. Er erachtet die erstinstanzliche Entscheidung als zutreffend.

Der mit Beschluss des Senats vom 11. November 2014 Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich nicht geäußert.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die nach § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft. Sie bedurfte gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht der Zulassung, da die Klägerin Zahlungen von mehr als 750,00 EUR begehrt.

Gegenstand des Verfahrens sind nach den im Berufungsverfahren gestellten Anträgen der Klägerin zum einen die Schreiben des Beklagten vom 13. Mai 2011 und vom 3. Juni 2011 sowie der Widerspruchsbescheid vom 29. September 2011 und zum anderen das Zahlungsbegehren in Höhe von noch 5.636,73 EUR zuzüglich Zinsen und die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten.

2. Die Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Das SG hat die Klage nur teilweise zu Recht abgewiesen. Die Klage ist zulässig und begründet, soweit sie sich gegen den Widerspruchsbescheid vom 29. September 2011 richtet (dazu unter b und 3. a). Soweit sie sich gegen die Schreiben des Beklagten vom 13. Mai 2011 und vom 3. Juni 2011 richtet, ist sie unzulässig (dazu unter a). Hinsichtlich des Leistungsbegehrens ist die Klage zulässig (dazu unter d) und teilweise begründet (dazu unter 3. b bis d), hinsichtlich des Hilfsantrages unbegründet (dazu unter 3. e).

a) Soweit sich die Klage als Anfechtungsklage gegen die Schreiben des Beklagten vom 13. Mai und 3. Juni 2011 richtet, ist sie nicht statthaft.

aa) Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 1. Variante SGG kann durch Klage die Aufhebung eines Verwaltungsaktes begehrt werden (Anfechtungsklage). Verwaltungsakt ist gemäß § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.

bb) Den Schreiben vom 13. Mai und vom 3. Juni 2011 fehlt es jedenfalls an einer Regelung im Sinne von § 31 Satz 1 SGB X. Der Regelungsbegriff des § 31 Satz 1 SGB X erfasst nur einseitige Erklärungen einer Behörde, die auf die rechtsverbindliche Begründung, Änderung, Aufhebung (einschließlich Beeinträchtigung) oder auf die (positive oder negative) Feststellung eines subjektiven öffentlichen Rechts oder einer öffentlich-rechtlichen Pflicht eines anderen Rechtssubjekts (mit unmittelbarer Rechtswirkung diesem gegenüber) gerichtet sind (BSG, Urteil vom 5. September 2006 – B 4 R 71/06 R – juris Rdnr. 17).

Mit dem Schreiben vom 13. Mai 2011 hat der Beklagte bei der Klägerin lediglich angefragt, wann und aus welchen Gründen der Beigeladene aus der Werkstatt für behinderte Menschen der Klägerin ausgeschieden sei. Zugleich hat der Beklagte mitgeteilt, dass seine Kostenzusage mit dem Tag des Ausscheidens des Beigeladenen ende. Aus dieser Formulierung wird nicht hinreichend deutlich, dass es sich um mehr als einen Hinweis auf die eigene Rechtsauffassung handelt, insbesondere wird nicht deutlich, dass die Kostenzusagen vom 21. März 2011 damit aufgehoben werden sollten. Eine solche Aufhebung war dem Beklagten zu diesem Zeitpunkt auch noch gar nicht möglich, da ihm das Datum des Ausscheidens des Beigeladenen aus der Werkstatt noch gar nicht bekannt war, er es vielmehr erst mit diesem Schreiben bei der Klägerin erfragen wollte.

Auch dem Schreiben vom 3. Juni 2011 an die Klägerin mangelt es an einer Regelung. Dieses Schreiben erschöpft sich in der Mitteilung des Beklagten, dass ihre Kostenzusage für die Heimkosten zum 5. April 2011 ende, weswegen die Heimkosten für die Zeit bis zum 31. Mai 2011 nicht übernommen werden könnten. Das Schreiben bringt nicht hinreichend zum Ausdruck, dass die – im Übrigen auch gar nicht benannten – Kostenzusagen vom 21. März 2011 aufgehoben werden sollten. Vielmehr lässt sich das Schreiben auch als bloße Mitteilung der eigenen Rechtsauffassung, dass die Kostenzusage unter einer auflösenden Bedingung stand, verstehen. Die bloße Mitteilung einer Rechtsauffassung stellt jedoch mangels Rechtsbindungswillen keine Regelung dar (BSG, Urteil vom 29. Januar 2003 – B 11 AL 47/02 R – juris Rdnr. 22; Luthe in jurisPK-SGB X, 2013, § 31 Rdnr. 41).

Nicht entscheidend für die rechtliche Einordnung der Schreiben vom 13. Mai und 3. Juni 2011, aber von indizieller Bedeutung für den fehlenden Regelungs- und Rechtsbindungswillen des Beklagten ist der Umstand, dass die Schreiben nicht in die äußere Form eines Verwaltungsaktes gekleidet sind, da sowohl die Bezeichnung "Bescheid" als auch eine Rechtsbehelfsbelehrung im Sinne von § 36 SGB X fehlen (vgl. Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Urteil vom 12. Januar 1973 – VII C 3.71 – juris Rdnr. 18; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Januar 2015 – L 4 KR 2482/13 – juris Rdnr. 28; Luthe in jurisPK-SGB X, 2013, § 31 Rdnr. 57).

Das Schreiben des Beklagten vom 3. Juni 2011 hat auch nicht durch den Widerspruchsbescheid vom 29. September 2011 den Charakter eines Verwaltungsaktes erhalten. Allerdings ist grundsätzlich anerkannt, dass schlichtes Verwaltungshandeln durch einen Widerspruchsbescheid Verwaltungsaktsqualität erlangen kann (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Januar 2015 – L 4 KR 2482/13 – juris Rdnr. 29; Jaritz in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 95 Rdnr. 24 m.w.N.; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 85 Rdnr. 7a). Hierfür reicht es aber nicht aus, dass die Behörde den Widerspruch gegen schlichtes Verwaltungshandeln als zulässig behandelt (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Januar 2015 – L 4 KR 2482/13 – juris Rdnr. 29; a.A. Breitkreuz in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 95 Rdnr. 4). Denn eine fehlerhafte Anwendung des Verfahrensrechts durch eine Behörde kann schlichtem Verwaltungshandeln nicht die Gestalt eines Verwaltungsaktes verleihen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Januar 2015 – L 4 KR 2482/13 – juris Rdnr. 29). Erforderlich ist vielmehr, dass die Behörde im Widerspruchsbescheid den Willen zum Ausdruck bringt, in der Sache selbst zu entscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 1980 – 7 RAr 26/79 – juris Rdnr. 11). Die Regelung, die der Widerspruchsbescheid trifft, muss also über die Entscheidung, den Widerspruch zurückzuweisen (oder zu verwerfen) hinausgehen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Januar 2015 – L 4 KR 2482/13 – juris Rdnr. 29).

Daran fehlt es hier. Die im Verfügungssatz getroffene Regelung erschöpft sich – neben der Kostenentscheidung – in der Zurückweisung des Widerspruchs der Klägerin. Zwar ist in der Betreffzeile von einem "Aufhebungsbescheid vom 03.06.2011" die Rede und auch die Begründung des Widerspruchsbescheides geht davon aus, dass die Kostenzusage mit "Schreiben" vom 3. Juni 2011 aufgehoben worden sei. Dies ist aber nur Ausdruck der (unzutreffenden) Rechtsauffassung des Beklagten, dass es sich bei dem Schreiben vom 3. Juni 2011 trotz fehlender Regelung um einen Verwaltungsakt handele, weswegen sie den Widerspruch auch als zulässig angesehen hat. Auch die weitere Begründung des Widerspruchsbescheides wiederholt und ergänzt die Darlegung der eigenen materiellen Rechtsauffassung der Beklagten, trifft aber keine Regelung und kann daher auch dem Schreiben vom 3. Juni 2011 keinen Regelungscharakter und damit Verwaltungsaktsqualität verleihen.

Die Anfechtungsklage ist auch nicht deswegen statthaft, weil es sich bei den Schreiben des Beklagten vom 13. Mai und 3. Juni 2011 um Verwaltungsakte im (nur) formellen Sinne oder Anscheinsverwaltungsakte handeln würde. Die Rechtsprechung des BSG geht allerdings davon aus, dass eine Anfechtungsklage auch dann statthaft ist, wenn sich der Bürger gegen eine behördliche Maßnahme wendet, die sich dem sogenannten objektiven Adressaten als Verwaltungsakt darstellt, auch wenn es sich materiell nicht um einen Verwaltungsakt handelt (BSG, Urteil vom 5. September 2006 – B 4 R 71/06 R – juris Rdnr. 16; BSG, Urteil vom 13. August 2014 – B 6 KA 6/14 R – juris Rdnr. 25). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Behörde die Überschrift "Bescheid" wählt oder dem Schreiben eine Rechtsbehelfsbelehrung beifügt, nach der der Widerspruch der statthafte Rechtsbehelf sei (vgl. BSG, Urteil vom 5. September 2006 – B 4 R 71/06 R – juris Rdnr. 20).

Diese Voraussetzungen liegen hier indes nicht vor. Für den objektiven Adressaten mussten sich die Schreiben des Beklagten vom 13. Mai und 3. Juni 2011 nicht als formelle Verwaltungsakte darstellen. Wie bereits dargelegt fehlte es nicht nur an den äußeren Indizien wie einer entsprechenden Überschrift und einer Rechtsbehelfsbelehrung. Vielmehr war dem Schreiben darüber hinaus auch kein Regelungswille zu entnehmen. Auch die Klägerin ist stets davon ausgegangen, dass es sich nicht um Verwaltungsakte handelt und hat diese entsprechend nur vorsorglich mit der Klage angegriffen.

b) Die Anfechtungsklage ist nur zulässig, soweit sie sich gegen den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 29. September 2011 richtet. Insofern ist die Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 1. Variante SGG statthaft. Bei einer Entscheidung über einen Widerspruch handelt es sich stets um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X (Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 85 Rdnr. 7). Zwar ist gemäß § 95 SGG, wenn ein Vorverfahren stattgefunden hat, Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt des Widerspruchsbescheides. Ein Widerspruchsbescheid kann daher grundsätzlich nicht isoliert Gegenstand einer Klage sein (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Januar 2015 – L 4 KR 2482/13 – juris Rdnr. 43; Jaritz in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 95 Rdnr. 18, 27). Dies gilt aber unter anderem dann nicht, wenn dem Widerspruch kein Ausgangsverwaltungsakt vorausgegangen ist (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Januar 2015 – L 4 KR 2482/13 – juris Rdnr. 43; Jaritz in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 95 Rdnr. 28 m.w.N.; vgl. auch BSG, Urteil vom 9. Oktober 1984 – 12 RK 18/83 – juris Rdnr. 15). Dies ist hier der Fall, weil es sich bei dem Schreiben des Beklagten vom 3. Juni 2011 nach dem oben Dargelegten gerade nicht um einen Verwaltungsakt handelt.

c) Es kann dahinstehen, ob hinsichtlich der Schreiben vom 13. Mai und 3. Juni 2011 die Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG mit dem Ziel der Feststellung, dass es sich bei diesen Schreiben nicht um Verwaltungsakte handelt, statthaft wäre. Abgesehen davon, dass die anwaltlich vertretene Klägerin keinen Feststellungsantrag gestellt hat, besteht insofern an einer isolierten Feststellung kein Rechtsschutzbedürfnis. Denn die Klägerin kann ihr eigentliches Begehren auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung mit der – ebenfalls erhobenen – Leistungsklage erreichen, in deren Rahmen die Frage der Rechtswirkungen der Schreiben des Beklagten vom 13. Mai und 3. Juni 2011 inzident zu prüfen ist.

d) Die Leistungsklage ist gemäß § 54 Abs. 5 SGG statthaft (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Februar 2016 – L 2 SO 2697/15 – juris Rdnr. 34) und auch im Übrigen zulässig. Eines durch Verwaltungsakt abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens und entsprechend auch eines Vorverfahrens bedurfte es nicht, weil sich die Klägerin und der Beklagte aufgrund der zivilrechtlichen Natur des geltend gemachten Anspruchs (dazu noch unten) im Gleichordnungsverhältnis gegenüberstehen (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2014 – B 8 SO 23/13 R – juris Rdnr. 12).

Die Klägerin hat die Zahlungsansprüche auch konkret beziffert. Dies gilt auch für den geltend gemachten Zinsanspruch.

Ob insofern der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet ist (vgl. BSG, Beschluss vom 18. März 2014 – B 8 SF 2/13 R – juris Rdnr. 5 ff.), hat der Senat gemäß § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz nicht zu prüfen.

3. Die Anfechtungsklage gegen den Widerspruchsbescheid vom 29. September 2011 ist begründet (dazu unter a). Die Leistungsklage ist teilweise begründet (dazu unter b). Dies gilt auch für den Zinsantrag (dazu unter c) und die Klage auf Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten (dazu unter d). Der Hilfsantrag auf Neubescheidung ist unbegründet (dazu unter e).

a) Die Anfechtungsklage gegen den Widerspruchsbescheid vom 29. September 2011 ist begründet. Dieser Widerspruchsbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, denn der Beklagte war zum Erlass dieses Widerspruchsbescheides nicht berechtigt.

Dabei ist nicht entscheidend, dass das Schreiben des Beklagten vom 3. Juni 2011 kein Verwaltungsakt ist und ein Widerspruch daher unstatthaft war. Wird ein Widerspruch erhoben, ist die zuständige Behörde verpflichtet und berechtigt, über diesen Widerspruch auch dann zu entscheiden, wenn dieser unzulässig ist; sie hat den Widerspruch dann als unzulässig zu verwerfen. Im vorliegenden Fall mangelt es aber bereits an einem Widerspruch der Klägerin, so dass der Beklagte nicht berechtigt war, einen Widerspruchsbescheid gegenüber der Klägerin zu erlassen. In dem von dem Beklagten als Widerspruch aufgefassten anwaltlichen Schreiben der Klägerin vom 7. Juli 2011 lag kein Widerspruch. Dieses Schreiben enthielt weder ausdrücklich die Erhebung eines Widerspruchs noch lässt sich diesem Schreiben konkludent entnehmen, dass die Klägerin das Schreiben des Beklagten vom 3. Juni 2011 als Verwaltungsakt aufgefasst hatte, gegen den sie sich nun wenden wollte. Im Gegenteil war es durchweg die Rechtsauffassung der Klägerin, dass die Kostenzusagen des Beklagten weder automatisch geendet haben noch dass sie aufgehoben worden sind.

b) Die allgemeine Leistungsklage ist teilweise begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 635,97 EUR für die Unterbringung des Beigeladenen im Wohnbereich für die Zeit vom 1. bis 7. April 2011 sowie von 1.587,92 EUR für die Betreuung des Beigeladenen in der Werkstatt für die Zeit vom 1. April bis 31. Mai 2011 (insgesamt: 2.223,89 EUR).

aa) Das Leistungserbringungsrecht der Sozialhilfe ist nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat angeschlossen hat (zuletzt Urteil des Senats vom 27. April 2017 – L 7 SO 2669/15 – juris Rdnr. 48 m.w.N.), im Bereich der stationären und teilstationären Leistungen, namentlich bei der Eingliederungshilfe wie auch der Heimpflege, durch das sogenannte sozialhilferechtliche Dreiecksverhältnis geprägt, das die wechselseitigen Rechtsbeziehungen zwischen dem Träger der Sozialhilfe, dem Leistungsberechtigten und dem Leistungserbringer (Einrichtungsträger) sinnbildlich darstellt (BSG, Urteil vom 28. Oktober 2008 – B 8 SO 22/07 R – juris Rdnr. 15). In diesem Verhältnis gehen die Aufgaben der Sozialhilfeträger weit über das reine Reagieren auf individuelle Bedürftigkeit durch Gewährung von Geldleistungen hinaus; die gesetzlichen Regelungen statuieren vielmehr ein Sachleistungsprinzip in der Gestalt einer Sachleistungsverschaffung in einem vorgegebenen gesetzlichen Rahmen (BSG, Urteil vom 28. Oktober 2008 – B 8 SO 22/07 R – juris Rdnr. 15).

Nach § 75 Abs. 2 Satz 1 SGB XII soll der Träger der Sozialhilfe zur Erfüllung der Aufgaben der Sozialhilfe (Gewährleistungspflicht; hier: Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach §§ 53 ff. SGB XII) eigene Einrichtungen und Dienste (zwar) nicht neu schaffen, sondern – soweit vorhanden – auf geeignete Einrichtungen anderer (auch privater) Träger zurückgreifen. Werden die Leistungen der Eingliederungshilfe dann – wie hier – durch eine Einrichtung erbracht, ist der Träger der Sozialhilfe nach § 75 Abs 3 SGB XII zur Übernahme der Vergütung (grundsätzlich nur) verpflichtet, wenn mit dem Träger der Einrichtung oder seinem Verband eine (generelle) Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (jeweils Satz 1 Nr. 1, Leistungsvereinbarung), die Vergütung (jeweils Satz 1 Nr. 2, Vergütungsvereinbarung) sowie die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (jeweils Satz 1 Nr. 3, Prüfungsvereinbarung) besteht (BSG, Urteil vom 28. Oktober 2008 – B 8 SO 22/07 R – juris Rdnr. 16 – auch zum Folgenden). Ist eine solche Vereinbarung nicht abgeschlossen, darf der Träger der Sozialhilfe Leistungen durch diese Einrichtung lediglich in begrenzten Einzelfällen (§ 75 Abs. 4 SGB XII) erbringen, wobei auch insoweit bestimmte individuelle Vereinbarungen ("schriftliche Verpflichtung" der Einrichtung) vorgesehen sind. Das Gesetz sieht außerdem (§ 76 SGB XII) Regelungen über den Inhalt der drei generellen Vereinbarungen und Rahmenverträge auf Landesebene vor (§ 79 SGB XII). Hierin kommt eine Gewährleistungspflicht zum Ausdruck, mit Trägern von Einrichtungen ohne den Anlass einer aktuellen Hilfe in Kontakt zu treten und die erforderlichen Vereinbarungen zu treffen. Auf diese Weise entstehen typische Dreiecksbeziehungen zwischen dem Sozialhilfeträger, dem Leistungserbringer und dem Sozialhilfeempfänger.

In diesem Dreiecksverhältnis erbringt der Sozialhilfeträger nach dem gesetzlichen Gesamtkonzept die ihm obliegende Leistung grundsätzlich nicht als Geldleistung. Er zahlt nicht an den Sozialhilfeempfänger, um diesem die Zahlung des im Heimvertrag vereinbarten Heimentgelts an den Einrichtungsträger zu ermöglichen; vielmehr ist dem Gesetzeskonzept eine Zahlung ohne Umweg über den Sozialhilfeempfänger direkt an die Einrichtung zu entnehmen (BSG, Urteil vom 28. Oktober 2008 – B 8 SO 22/07 R – juris Rdnr. 17). Da der Sozialhilfeträger die Leistungen also nicht selbst erbringt, sondern über die Verträge mit Leistungserbringern eine Sachleistung durch diese sicherzustellen hat, beschreibt der Begriff der Sachleistungsverschaffung die Konstellation besser.

Untrennbarer Bestandteil dieser Sachleistungsverschaffung ist die "Übernahme" der der Einrichtung zustehenden Vergütung (BSG, Urteil vom 28. Oktober 2008 – B 8 SO 22/07 R – juris Rdnr. 22). Dies kommt zwar unmittelbar in §§ 53, 54, 55 SGB XII i.V.m. dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – (SGB IX) ebenso wenig wie in § 61 SGB XII zum Ausdruck; die leistungsrechtlichen Vorschriften werden insoweit jedoch durch die des Leistungserbringungsrechts konkretisiert (§ 75 SGB XII). Dort ist an mehreren Stellen geregelt, wann "Vergütungen übernommen" werden.

"Übernahme" der Unterbringungskosten bedeutet damit Schuldübernahme durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung, allerdings in der Form eines Schuldbeitritts (kumulative Schuldübernahme); denn das Heimgesetz geht von einer fortbestehenden Verpflichtung des Heimbewohners aus (BSG, Urteil vom 28. Oktober 2008 – B 8 SO 22/07 R – juris Rdnr. 25 – auch zum Folgenden). Der Schuldbeitritt hat dann zum einen einen unmittelbaren Zahlungsanspruch der Einrichtung gegen den Sozialhilfeträger, zum anderen einen Anspruch des Hilfeempfängers gegen den Sozialhilfeträger auf Zahlung an die Einrichtung zur Folge. Der Sozialhilfeträger tritt auf diese Weise als Gesamtschuldner in Höhe der bewilligten Leistungen an die Seite des Sozialhilfeempfängers. Die durch den Schuldbeitritt übernommene Verpflichtung des Sozialhilfeträgers teilt die Rechtsnatur der Verpflichtung des Sozialhilfeempfängers, ist also zivilrechtlicher Natur (BSG, Beschluss vom 30. September 2014 – B 8 SF 1/14 R – juris Rdnr. 9 m.w.N.).

Für einen Schuldbeitritt sprechen nach der Rechtsprechung des BSG die Interessen aller an dem Dreiecksverhältnis Beteiligten (BSG, Urteil vom 28. Oktober 2008 – B 8 SO 22/07 R – juris Rdnr. 26 – auch zum Folgenden). Der Sozialhilfeempfänger wird entlastet; der Sozialhilfeträger kann auf diese Weise sicherstellen, dass das Geld dort ankommt, wo es letztlich ankommen soll. Vor allem aber muss der Einrichtung, die sich vorrangig auf Vereinbarungen mit dem Sozialhilfeträger verweisen lassen muss, ein "Gegenwert" für diese Beschränkung geboten werden: Sie erhält zumindest finanzielle Sicherheit.

Vor der Kostenübernahme durch Bewilligungsbescheid besitzt die Einrichtung keinen Vergütungsanspruch gegen den Sozialhilfeträger (BSG, Urteil vom 28. Oktober 2008 – B 8 SO 22/07 R – juris Rdnr. 27). Einen Anspruch auf die Übernahme des Heimentgelts gegenüber dem Sozialhilfeträger besitzt auch nur der Sozialhilfebedürftige, nicht die Einrichtung selbst (BSG, Urteil vom 28. Oktober 2008 – B 8 SO 22/07 R – juris Rdnr. 27).

bb) Ein Schuldbeitritt bewirkt das Entstehen eines Gesamtschuldverhältnisses (vgl. Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 31. März 2016 – III ZR 267/15 – juris Rdnr. 22; BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 – III ZR 304/14 – juris Rdnr. 25). Die Verpflichtung des Beitretenden ist in der Entstehung von der des Schuldners abhängig; nach Begründung der Gesamtschuld kann sich aber das Schuldverhältnis für jeden Gesamtschuldner selbständig und abweichend von dem der anderen Gesamtschuldner entwickeln (vgl. BGH, Urteil vom 31. März 2016 – III ZR 267/15 – juris Rdnr. 22; BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 – III ZR 304/14 – juris Rdnr. 25). Der Sozialhilfeträger ist an den im Bewilligungsbescheid im Grundverhältnis erklärten Schuldbeitritt grundsätzlich gebunden. Diese Bindungswirkung besteht, solange und soweit der der Bewilligung zugrunde liegende (begünstigende) Verwaltungsakt nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (BGH, Urteil vom 31. März 2016 – III ZR 267/15 – juris Rdnr. 25).

Der Leistungserbringer erwirbt einen Zahlungsanspruch allerdings nur auf der Grundlage und im Umfang des im Grundverhältnis des Sozialhilfeträgers zum Leistungsberechtigten erklärten Schuldbeitritts (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21. April 2016 – L 9 SO 226/14 – juris Rdnr. 38). Damit ist der Zahlungsanspruch des Leistungserbringers lediglich akzessorischer Natur (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21. April 2016 – L 9 SO 226/14 – juris Rdnr. 38 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Oktober 2015 – L 9 SO 335/15 B ER – juris Rdnr. 5). Fehlt es an einem zivilrechtlichen Vergütungsanspruch des Leistungserbringers gegenüber dem Leistungsempfänger, ist auch der Sozialhilfeträger nicht zur Zahlung an den Leistungserbringer verpflichtet (vgl. Urteil des Senats vom 27. April 2017 – L 7 SO 2669/15 – juris Rdnr. 49; Urteil des Senats vom 26. Juni 2014 – L 7 SO 5839/10 – n.v.).

cc) Die Schuldbeitritte des Beklagten durch die Bescheide vom 21. März 2011 sind nicht durch Aufhebung wirksam beseitigt worden. Wie bereits dargelegt, fehlt es den Schreiben des Beklagten an die Klägerin vom 13. Mai und vom 3. Juni 2011 an einer entsprechenden Regelung. Für das Schreiben des Beklagten an den Beigeladenen vom 3. Juni 2011 gilt nichts anderes. Das Schreiben erschöpft sich in der Mitteilung, dass, nachdem der Beigeladene zum 5. April 2011 aus der "Betreuung" durch die Klägerin ausgeschieden sei, die "Kostenzusage mit diesem Zeitpunkt" ende. Insofern gilt ebenso wie für das Schreiben des Beklagten vom 3. Juni 2011 an die Klägerin selbst, dass sich dem Schreiben, das überdies weder die Überschrift "Bescheid" oder Ähnliches noch eine Rechtsbehelfsbelehrung (vgl. insofern bereits die Ausführungen oben) enthält, nicht mit der notwendigen Sicherheit entnehmen lässt, dass der Beklagte hierdurch eine Regelung treffen und nicht bloß seine Rechtsauffassung darlegen wollte. Gegen eine Regelungswirkung spricht nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont bereits, dass der Beklagte nicht formuliert hat, dass die Kostenzusage aufgehoben werde, sondern lediglich, dass die Kostenzusage ende. Dies lässt sich auch als bloßer Hinweis auf die (unzutreffende) Auffassung, dass die Kostenzusage unter einer auflösenden Bedingung gestanden habe, verstehen. Zudem ist wiederum nur davon die Rede, dass "unsere Kostenzusage" ende, womit letztlich nicht hinreichend bestimmt ist, auf welche der Kostenzusagen – für den Wohnbereich oder für die Werkstatt – sich dies bezieht.

dd) Für die Unterbringung des Beigeladenen im Wohnbereich geht der Schuldbeitritt indes für die Zeit vom 8. April 2011 bis zum 31. Mai 2011 ins Leere. Denn durch die Kündigungen des (nicht schriftlich geschlossenen) Vertrages über die Heimunterbringung durch den Beigeladenen am 7. April 2011 endeten dessen insofern bestehenden Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Klägerin, so dass auch der Beklagte nicht mehr zur Zahlung verpflichtet war (vgl. Urteil des Senats vom 26. Juni 2014 – L 7 SO 5839/10 – n.v.).

(1) Der Beigeladene hat den lediglich mündlich bzw. konkludent geschlossenen Heimvertrag am 7. April 2011 ausdrücklich und schriftlich gekündigt. Er war zu dieser fristlosen Kündigung auch berechtigt. Zwar gilt gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 WBVG für den Verbraucher eine Kündigungsfrist des Inhalts, dass er zur Kündigung des Heimvertrages nur bis spätestens zum dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf desselben Monats berechtigt ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Vertrag nicht schriftlich geschlossen worden ist. In diesem Fall kann der Verbraucher den Heimvertrag gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 WBVG jederzeit ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Vorliegend ist § 6 Abs. 2 Satz 2 WBVG anzuwenden, da die Klägerin dem Beigeladenen zwar einen schriftlichen Vertragsentwurf überreicht hat, der Beigeladene diesen aber zu keinem Zeitpunkt unterzeichnet und zurückgereicht hat. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann sie sich nicht auf § 11 Abs. 2 Satz 2 WBVG berufen. Nach dieser Norm besteht für den Verbraucher eine Kündigungsfrist von zwei Wochen ab Aushändigung einer Ausfertigung des Vertrages, sofern die Aushändigung erst nach Beginn des Vertragsverhältnisses erfolgte. Die Aushändigung des schriftlichen Vertrages setzt aber voraus, dass ein solcher schriftlicher Vertrag geschlossen worden ist. Daran fehlt es vorliegend mangels Unterzeichnung durch den Beigeladenen. Bei dem ihm überreichten Dokument handelt es sich bis zur beiderseitigen Unterzeichnung nur um einen Vertragsentwurf, nicht aber um den Vertrag selbst. Der Klägerin ist zuzugeben, dass dies missbräuchliches Verhalten des Heimbewohners ermöglicht, da er durch die Weigerung, den schriftlichen Vertrag zu unterzeichnen, das Entstehen von Kündigungsfristen verhindern kann. Dies ist indes die Konsequenz der gesetzlichen Regelungen und kann von der rechtsprechenden Gewalt nicht korrigiert werden.

Eine Kündigung des Heimvertrages kann nicht bereits in dem Auszug aus der Wohngruppe der Klägerin am 5. April 2011 gesehen werden. Zwar können Willenserklärungen auch durch konkludente Handlungen abgegeben werden. Ein solches Verhalten muss für den objektiven Empfängerhorizont aber eindeutig sein. Dies ist in der hiesigen Konstellation nicht der Fall. Es liefe gerade dem Schutz der Leistungsberechtigten zuwider, in jeder derartigen Handlung, zumal wenn sie derart spontan wie im vorliegenden Fall erfolgt, eine das Vertragsverhältnis beendende Erklärung zu sehen. Denn dann würde nicht nur der Vergütungsanspruch des Leistungserbringers entfallen, sondern auch seine Pflicht, den Wohnplatz weiter für den Betroffenen frei zu halten. Würde es sich der Leistungsberechtigte nach wenigen Tagen anders überlegen, was bei derartigem spontanen Verhalten nicht fern liegt, stünde ihm daher keinen Heimplatz mehr zur Verfügung.

Ausgehend von der von der Klägerin vorgelegten Rechnung für April 2011 hat die Klägerin einen Vergütungsanspruch pro Tag von 90,85 EUR, so dass sich für die Zeit vom 1. bis 7. April 2011 ein Betrag von 635,97 EUR ergibt.

(2) Der (ebenfalls nur mündlich bzw. konkludent geschlossene) Werkstattvertrag wurde durch den Beigeladenen hingegen nicht gekündigt. In dem bloßen Nichterscheinen ab dem 19. April 2011 kann eine solche Kündigung nicht gesehen werden. Die bereits oben dargelegten Gründe, die gegen die Deutung des Auszuges aus dem Wohnheim als konkludente Kündigung sprechen, gelten hier erst Recht, da in Bezug auf die Werkstatt keine aktive Handlung vorliegt, sondern allenfalls ein Unterlassen, nämlich das bloße Wegbleiben aus der Werkstatt. Zwar mag aus heutiger Sicht das Verhalten des Beigeladenen den Eindruck vermitteln, dass er ab einem bestimmten Termin nicht mehr in der Werkstatt habe betreut werden wollen. Für die rechtliche Beurteilung seiner Handlung muss es aber auf den objektiven Empfängerhorizont zum damaligen Zeitpunkt angekommen. Die Klägerin konnte aufgrund der bloßen Abwesenheit des Beigeladenen nicht davon ausgehen, dass er den Werkstattvertrag habe kündigen wollen. In diesem Zusammenhang ist auch bemerkenswert, dass die Bevollmächtigte des Beklagten in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, es sei völlig unklar, ab welchem Tag der Beigeladene die Werkstatt nicht mehr aufgesucht habe. Wenn der Beklagte insofern den Sachverhalt selbst aus seiner Sicht nicht hinreichend aufgeklärt hat, erschließt sich nicht, auf welcher tatsächlichen Grundlage er insofern weitere Zahlungen verweigert bzw. – nach seiner Auffassung – sogar die Kostenzusage aufgehoben hat.

Mithin war gegenüber der Klägerin der Beigeladene und entsprechend des Schuldbeitritts auch der Beklagte zur Vergütung der Werkstattbetreuung weiter bis zum 31. Mai 2011 verpflichtet. Die Vergütungsforderungen für April und Mai 2011 belaufen sich nach den von der Klägerin vorgelegten Rechnungen auf 2,117,22 EUR. Da die Klägerin unter dem Gesichtspunkt ersparter Aufwendungen zuletzt pauschal auf 25 Prozent ihrer Forderungen "verzichtet" und also nur 75 Prozent eingeklagt hat, war der Beklagte insofern zur Zahlung eines Betrages von 1.587,92 EUR zu verurteilen.

(3) Ein weitergehender Anspruch der Klägerin folgt auch nicht daraus, dass der Beklagte ein öffentlich-rechtliches abstraktes Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis (§§ 53, 56 SGB X i.V.m. § 780 f. BGB) abgegeben hätte. Der bloßen Kostenzusage des Beklagten kann nicht der Wille entnommen werden, einen neuen abstrakten Schuldgrund zu schaffen (vgl. Urteil des Senats vom 26. Juni 2014 – L 7 SO 5839/10 – m.w.N., n.v.).

c) Der Zinsanspruch beruht auf § 280 Abs. 1 und 2, § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB. Für die vom Beklagten geschuldete Leistung war eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, nämlich der Ablauf des jeweiligen Monats, in dem die Klägerin Leistungen an den Beigeladenen erbracht hat, so dass für April und Mai 2011 die Fälligkeit der Forderungen der Klägerin jedenfalls am 1. Juli 2011 eingetreten ist. Nachdem die Klägerin Zinsen nur ab diesem Zeitpunkt und nur Zinsen in Höhe von vier Prozent geltend gemacht hat, ist nicht darüber zu entscheiden, ob ein früherer und/oder höherer Zinsanspruch besteht.

d) Die Klage ist auch begründet, soweit die Klägerin die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten begehrt, allerdings nur in Höhe von 272,87 EUR.

aa) Dieser Anspruch besteht unter dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzugs (§ 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB). Rechtsverfolgungskosten sind gemäß § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB als adäquat verursachte Verzugsfolge zu erstatten, wenn sie – nach Eintritt des Verzugs – aus Sicht des Forderungsgläubigers zur Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 – III ZR 304/14 – juris Rdnr. 33 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, nachdem der Beklagte die Ansprüche der Klägerin für April und Mai 2011 auch nach Eintritt des Verzuges (siehe oben) nicht erfüllt hat und die Klägerin die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe für erforderlich und zweckmäßig halten durfte, nachdem der Beklagte in seinen Schreiben vom 13. Mai und 3. Juni 2011 wiederholt seine Auffassung, zu weiteren Zahlungen nicht verpflichtet zu sein, zum Ausdruck gebracht hatte.

bb) Der Klägerin steht 1,3 Gebühren aus der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 Vergütungsverzeichnis (VV) zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in der vom 1. Juli 2004 bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung (a.F.) zu, bezogen auf den Gegenstandswert, mit dem die Klägerin letztlich obsiegt hat (2.223,89 EUR). Eine Gebühr bei diesem Gegenstandswert beträgt nach Anlage 2 zum RVG a.F. 161,00 EUR. 1,3 Gebühren betragen mithin 209,30 EUR. Hinzu kommt die Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 2003 VV RVG a.F. in Höhe von 20,00 EUR sowie die Umsatzsteuer auf den addierten Betrag von 229,30 EUR nach Nr. 7008 VV RVG a.F. in Höhe von 43,57, so dass sich ein Gesamvergütungsanspruch von 272,87 EUR ergibt.

e) Der Hilfsantrag der Klägerin schließlich, die Beklagte zu verpflichten, über die Erstattung der entsprechend geltend gemachten und nicht zugesprochenen Kosten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden, ist unbegründet. Mangels insofern bestehenden Zahlungsanspruchs besteht auch insofern kein Anspruch auf Neubescheidung, der ohnehin nur dann in Betracht käme, wenn die vom Beklagten zu treffende Entscheidung keine gebundene Entscheidung, sondern eine Ermessensentscheidung wäre, was hier nicht der Fall ist.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Im vorliegenden Streit zwischen Leistungserbringer und Leistungsträger ist – entgegen der erstinstanzlich vertretenen Auffassung der Klägerin – das Gerichtskostengesetz (GKG) anzuwenden (vgl. BSG, Beschluss vom 18. März 2014 – B 8 SF 2/13 R – juris Rdnr. 13), denn die Klägerin gehört als Leistungserbringer nicht zu den gemäß § 183 SGG kostenprivilegierten Personen. Dem nur geringfügigen Obsiegen der Klägerin entsprach es, ihr die Kosten des Verfahrens zu siebzig Prozent und dem Beklagten zu dreißig Prozent aufzuerlegen. Allerdings waren weder der Klägerin noch dem Beklagten die Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, weil dieser keinen Antrag gestellt hat und eine Kostentragungspflicht daher unbillig wäre (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO).

5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.

6. Die endgültige Streitwertfestsetzung – auch für das erstinstanzliche Verfahren, nachdem das SG keinen Streitwert festgesetzt hat – beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 52 Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1 GKG. Maßgeblich ist der ursprünglich begehrte Betrag von 7.515,64 EUR. Zwar hat die Klägerin diesen Antrag dadurch relativiert, dass sie ihn unter den Vorbehalt eines von dem genannten Betrag vorzunehmenden Abzugs für ersparte Aufwendungen gestellt hat; da sie diesen jedoch anfänglich nicht beziffert hat, führt diese Einschränkung nicht zu einer Reduzierung des Streitwertes. Der Verzinsungsantrag war nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen, da es sich insofern um eine Nebenforderung im Sinne von § 43 Abs. 1 GKG handelt. Auch die geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten waren bei der Streitwertbemessung als Nebenforderungen nicht zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juni 2013 – III ZR 143/12 – juris Rdnr. 11 m.w.N.). Diese Streitwertfestsetzung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved