S 8 KR 322/16

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 8 KR 322/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
1. Der Bescheid der Beklagten vom 9.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.3.2017 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger eine minimalinvasive adipositaschirurgische Maßnahme (Magenbypass) als Sachleistung zu gewähren.

3. Die Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte den Kläger mit einer Magenbypass-Operation versorgen muss.

Der Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert.

Am 20.1.2014 stellte der Kläger unter Vorlage eines Arztbriefes des Krankenhauses Sachsenhausen einen Antrag auf Kostenübernahme für eine bariatrische Operation. In dem Arztbrief vom 16.12.2013 wurde ausgeführt, dass der Kläger unter Morbider Adipositas Grad III leide sowie unter zahlreichen assoziierten Erkrankungen, wie etwa Diabetis mellitus, Hypertonie, Gicht, Wirbelsäulenerkrankungen. Es liege ein BMI von 43,3 kg/m² vor. In dem Arztbrief werden auf 10 Seiten die Argumente für die Indikation und die Notwendigkeit der Maßnahme und die geplante Operation in Form des Magenbypasses beschrieben. Die gewünschte Maßnahme solle mit der DRG K04A abgerechnet werden soll (vgl. Bl. 1-10 der Verwaltungsakten).

Am 21.1.2014 schrieb die Beklagte den Kläger an und teilte ihm mit, dass sie die Unterstützung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) benötige um über die Kostenübernahme für eine Magenbypass-Operation zu entscheiden. Daher habe man die Unterlagen an den MDK zur Stellungnahme weitergeleitet.

Der MDK forderte daraufhin von dem Kläger weitere Unterlagen an, insbesondere
- einen Fragebogen mit einer eigenen Darstellung des bisherigen Gewichtsverlaufes und der bisherigen Therapieversuche
- eine internistisch-ernährungsmedizinische Stellungnahme zum Ausschluss endokrinischer und anderer internistischer Grunderkrankungen
- eine fachpsychiatrische Stellungnahme zum Ausschluss von Ess-Störungen und anderen psychiatrischer Kontraindikationen
- eine Bescheinigung einer aktuell durchgeführten Ernährungsberatung
- eine Bescheinigung über regelmäßig durchgeführte Bewegungstherapie inkl. Gewichtsverlauf unter der Therapie
- eine Bescheinigung über durchgeführte psychologisch-verhaltenstherapeutische Behandlung mit Angaben zum Therapieverlauf und Einschätzung der Compliance.
Der MDK bat um Vorlage bis zum 3.2.2014. Am 4.2.2014 teilte der MDK der Beklagten mit, dass man ohne die fehlenden Unterlagen nicht entscheiden könne ob eine medizinische Indikation für die Magenbypass-Operation vorliegt.

Daraufhin schrieb die Beklagte die Klägerin an und teilte mit:

"Wir bedauern Ihnen mitteilen zu müssen, dass Ihr Antrag aktuell unbearbeitet vom MDK zurückgekommen ist und die Begutachtung abgebrochen wurde, da Sie nicht alle zur Begutachtung erforderlichen Unterlagen zur Prüfung Ihres Antrages vorgelegt haben. Das Schreiben des MDK über den Abbruch legen wir Ihnen in Kopie bei.

Gerne sind wir bereit Ihren Antrag erneut zu prüfen, wenn Sie die vom MDK angeforderten Berichte einreichen. Bitte senden Sie die gesammelten Unterlagen mit einem Anschreiben direkt an den zuständigen MDK." (vgl. Bl. 18 der Verwaltungsakte)

Am 25.8.2014 übersandte der Kläger die Unterlagen an den MDK. Er teilte mit, dass es ein Kampf gewesen sei, überhaupt die erforderlichen Termine bei den Ärzten zu bekommen um die Unterlagen zu organisieren. Der Kläger stellte seine Leiden noch einmal dar und übersandte insbesondere einen ausgefüllten Fragebogen des MDK und einen Essensplan.

Der MDK sandte die Unterlagen jedoch an den Kläger zurück und teilte ihm mit, dass er sich an die Beklagte wenden solle. Am 18.9.2014 reichte der Kläger die Unterlagen dann bei der Beklagten ein. Am 26.9.2014 gab die Beklagte ein weiteres Gutachten des MDK in Auftrag und informierte den Kläger darüber.

Der MDK erstellte am 8.10.2014 ein Gutachten und kam zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen für die Magenbypass-Operation nicht vorliegen würden. Der Kläger habe zwar seit Jahren zahlreiche Bemühungen unternommen, das Gewicht zu reduzieren. Die durchgeführten Maßnahmen würden jedoch keinem qualifizierten Therapieprogramm entsprechen. Es wurde eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme empfohlen um eine Veränderung des Lebensstils zu erreichen.

Mit Bescheid vom 9.10.2014 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für die Magenbypass-Operation ab. Sie nahm Bezug auf das Gutachten des MDK.

Der Kläger legte Widerspruch ein und legte weitere Unterlagen vor. Das Gutachten den MDK könne er nicht akzeptieren. Man habe ihn noch nicht einmal persönlich untersucht. Er habe in den letzten Jahren alles versucht. Auch eine Rehabilitationsmaßnahme habe er schon durchgeführt. Nur die gewünschte Magenbypass-Operation könne ihm helfen.

Die Beklagte forderte weitere Unterlagen an. Der Kläger teilte mit, dass er dafür Zeit benötige. Er teilte ausdrücklich mit, dass er den Widerspruch jedoch aufrechterhalte. Am 30.11.2015 legte der Kläger weitere Unterlagen vor, insbesondere eine weitere Stellungnahme des Krankenhauses Sachsenhausen, ein psychologisches Gutachten, eine Teilnahmebescheinigung über eine im Jahre 2015 durchgeführte Ernährungsberatung.

Die Beklagte gab ein weiteres Gutachten des MDK in Auftrag. Der MDK kam zu dem Ergebnis, dass er weiterhin die Behandlung nicht empfehlen könne. Es sollten zunächst alle Möglichkeiten am Wohnort ausgeschöpft werden (vgl. Bl. 82 der Verwaltungsakte).

Die Beklagte hörte den Kläger daraufhin an und der Kläger teilte mit, dass er seinen Widerspruch aufrechterhalte.

Der Kläger hat sodann am 14.6.2016 Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt erhoben. Im Laufe des Verfahrens erließ die Beklagte am 13.12.2016 einen Widerspruchsbescheid, mit dem der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen wurde.

Der Kläger ist der Auffassung, dass er seinen Anspruch auf eine Magenbypass-Operation auch auf § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V stützen könne. Die Beklagte habe die maßgebliche 5-Wochen-Frist nicht eingehalten. Die Frist sei auch nicht verlängert worden. Der Kläger verweist auf Rechtsprechung, die seine Auffassung stützen soll, insbesondere auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 8.3.2016 (Az. B 1 KR 25/15 R). Auf die medizinischen Voraussetzungen komme es gar nicht mehr an.

Der Kläger beantragt nunmehr:
1. Der Bescheid der Beklagten vom 9.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.3.2017 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger eine minimalinvasive adipositaschirurgische Maßnahme (Magenbypass) als Sachleistung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, dass die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3a SGB V nicht vorliegen würden. Der Antrag des Klägers sei zwar am 20.1.2014 eingegangen. Man habe jedoch umgehend ein Gutachten des MDK in Auftrag gegeben und der MDK habe ein Gutachten nicht erstellen können, da der Kläger die angeforderten Unterlagen nicht fristgerecht übermittelt habe. In dem Schreiben vom 5.2.2014 sehe man eine Ablehnung des Antrages, so dass man fristgerecht entschieden habe. Es habe auch kein fiktionsfähiger Antrag vorgelegen. Erst nach Einreichung aller Unterlagen am 26.9.2014 habe ein fiktionsfähiger Antrag vorgelegen. Die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 8.3.2016 habe sich mit Psychotherapie befasst und sei nicht ohne weiteres auf bariatrische Operationen übertragbar. Man habe dem Kläger auch einen hinreichenden Grund genannt mit der Zusicherung den Antrag nach Vorlage der Unterlagen erneut zu prüfen. Außerdem habe das Hessische und das Bayrische Landessozialgericht die Auffassung vertreten, dass § 13 Abs. 3a SGB V keinen Sachleistungs- sondern nur einen Kostenerstattungsanspruch begründe. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts könne gegen § 31 Abs. 1 SGB I verstoßen.

Das Gericht erteilte mit Verfügung vom 18.11.2016 einen Hinweis. Darin wurde mitgeteilt, dass unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Voraussetzungen nach § 13 Abs. 3a S. 6 SGBV vorliegen dürften. Die Beklagte blieb bei ihrer Auffassung.

Mit Verfügung vom 13.4.2017 hörte das Gericht dazu an, dass beabsichtigt ist ohne mündliche Verhandlung und durch Gerichtsbescheid zu entscheiden.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden. Der Rechtsstreit bietet nämlich keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten und der Sachverhalt ist als geklärt anzusehen.

Die zulässige Klage ist begründet. Die Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig. Der Kläger hat nach Auffassung des Gerichts einen Anspruch auf Versorgung mit der begehrten Magenbypass-Operation zulasten der Beklagten. Diesen Anspruch kann der Kläger auf § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V stützen.

Im Einzelnen:

1. Die Voraussetzungen von § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V liegen hier vor, weil die Beklagte bis zu ihrer Entscheidung die hier maßgebliche 5-Wochen-Frist des § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V nicht eingehalten hat. Damit greift die gesetzlich vorgesehene Genehmigungsfiktion und die Versorgung des Klägers mit der gewünschten Magenbypass-Operation gilt als genehmigt.

a) Voraussetzung für den Eintritt der Genehmigungsfiktion ist zunächst, dass der Anwendungsbereich des § 13 Abs. 3a SGB V eröffnet ist. In zeitlicher Hinsicht greift die Regelung lediglich für Anträge auf künftig zu erbringende Leistungen, die Versicherte ab dem 26.2.2013 stellen. Hinsichtlich des sachlichen Anwendungsbereichs der Vorschrift gilt, dass Ansprüche auf unmittelbare Geldleistungen und Ansprüche für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation von § 13 Abs. 3a SGB V nicht erfasst sind (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 8.3.2016, Az. B 1 KR 25/15 R).

Des Weiteren sieht der Wortlaut des § 13 Abs. 3a S. 1 bis 7 SGB V hinsichtlich der einzelnen Voraussetzungen für den Eintritt der Genehmigungsfiktion vor:

"Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (Medizinischer Dienst), eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. ( ) Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet."

§ 13 Abs. 3a S. 1 SGB V bestimmt also 2 exakte zeitliche Höchstgrenzen, nämlich die grundsätzlich für die Entscheidung der Krankenkasse geltende 3-Wochen-Frist und ab-weichend davon eine Frist von 5 Wochen, wenn eine gutachtliche Stellungnahme des MDK eingeholt wird. Die Fristen sind sehr kurz bemessen, gerade im Vergleich zu der 6-Monats-Frist, die § 88 Abs. 1 SGG für die Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage vorsieht. Diese Entscheidungsfristen gelten nur für das Antragsverfahren, nicht für das Widerspruchsverfahren. Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes beginnt sowohl der Lauf der 3-Wochen-Frist als auch der 5-Wochen-Frist mit dem Antragseingang. Die Fristen werden gemäß § 26 Abs. 1, 3 S. 1 SGB X in entsprechender Anwendung der §§ 187 ff. BGB berechnet (vgl. jurisPraxiskommentar, 3. Auflage, § 13 SGB V, Rn. 61, 62).

b) Im vorliegenden Fall des Klägers sind alle Voraussetzungen des § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V zum Eintritt der Genehmigungsfiktion für die Versorgung mit der Magenbypass-Operation erfüllt.

Im Einzelnen:

aa) Der sachliche und zeitliche Anwendungsbereich des § 13 Abs. 3a SGB V ist hier eröffnet, da der Kläger seinen Antrag auf die gewünschte Versorgung mit der Magenbypass-Operation am 20.1.2014, somit nach dem 26.2.2013, gestellt hat. Außerdem geht es dem Kläger weder um eine unmittelbare Geldleistung noch um eine Leistung der medizinischen Rehabilitation, sondern um die Bewilligung einer operativen Behandlung in einem Krankenhaus.

bb) Die von dem Kläger begehrte Sachleistung der Versorgung mit der Magenbypass-Operation gilt im vorliegenden Fall auch im Sinne des § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V als genehmigt. Denn die Beklagte hat im vorliegenden Fall die Fristen des § 13 Abs. 3a S. 1 SGB V nicht eingehalten. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen des Gerichts:

(1) Die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des § 13 Abs. 3a SGB V sind in weiten Teilen in der Rechtsprechung und der wissenschaftlichen Literatur umstritten. Das Bundessozialgericht hat zur Auslegung von § 13 Abs. 3a S. 1, 5, 6 SGB V in dem Urteil vom 8.3.2016 (Az. B 1 KR 25/15 R) aber nunmehr insbesondere ausgeführt:

"Der Eintritt der Genehmigungsfiktion (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V) ist in der Erstattungsregelung (§ 13 Abs 3a S 7 SGB V) verkürzend mit den Worten "nach Ablauf der Frist" vorausgesetzt. Gemeint ist nicht jeder Fall des Ablaufs der Fristen nach § 13 Abs 3a S 1 oder S 4 SGB V. Der Erstattungsanspruch setzt nach seinem inneren Zusammenhang mit der Mitteilungspflicht (§ 13 Abs 3a S 5 SGB V) und dem Eintritt der Genehmigungsfiktion (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V) vielmehr voraus, dass die KK keinen oder keinen hinreichenden Grund mitteilte. Nur im Fall grundlos nicht fristgerechter Leistungserbringung kann sich der Versicherte aufgrund der Regelung die erforderliche Leistung selbst beschaffen und Kostenerstattung von der KK verlangen (vgl hierzu auch Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss) zu dem Entwurf eines PatR-VerbG der Bundesregierung, BT-Drucks 17/11710 S 29 f). Der Regelungszweck, Bewilligungsverfahren der KKn zu beschleunigen (vgl hierzu auch Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss) zu dem Entwurf eines PatRVerbG der Bundesregierung, aaO S 29), zielt nicht darauf ab, hinreichend begründete Verzögerungen zu sanktionieren. Die Mitteilung mindestens eines hinreichenden Grundes bewirkt für die von der KK prognostizierte, taggenau anzugebende Dauer des Bestehens zumindest eines solchen Grundes, dass die Leistung trotz Ablaufs der Frist noch nicht als genehmigt gilt. Stellt sich nach Mitteilung einer ersten, sachlich gerechtfertigten Frist heraus, dass diese zunächst prognostizierte Frist sich aus hinreichenden Sachgründen als zu kurz erweist, kann die KK zur Vermeidung des Eintritts der Genehmigungsfiktion dem Antragsteller die hinreichenden Gründe mit der geänderten taggenauen Prognose erneut - ggf wiederholt - mitteilen." (Hervorhebung in Fettdruck durch das Gericht)

Diesen Ausführungen des Bundessozialgerichts schließt sich das Gericht an.

(2) Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Beklagte die hier maßgebliche 3 bzw. 5-Wochen-Frist im Sinne des § 13 Abs. 3a S. 1 SGB V nicht eingehalten hat.

Der Kläger stellte seinen Antrag auf die begehrte Operation jedenfalls am Montag den 20.1.2014. Ob hier die 3-Wochen-Frsit oder die 5-Wochen-Frist maßgeblich ist, kann dahingestellt bleiben, weil die Beklagte auch die 5-Wochen-Frist nicht eingehalten hat. Denn eine Entscheidung hat die Beklage erst am 9.10.2014 getroffen und somit erst nach knapp 10 Monaten.

(3) Soweit die Beklagte sich nunmehr nachträglich auf den Standpunkt stellen will, dass in ihrem Schreiben vom 5.2.2014 bereits eine ablehnende Entscheidung enthalten sei und damit bereits die 3-Wochen-Frist eingehalten sei, stellt sich diese Auffassung der Beklagten für die Kammer als abwegig dar.

Das Schreiben der Beklagten vom 5.2.2014 enthält gerade keine ablehnende Regelung (im Sinne von § 31 S. 1 SGB X). Eine Regelung liegt vor, wenn die Behörde eine potentiell verbindliche Rechtsfolge gesetzt hat, also durch die Maßnahme ohne weiteren Umsetzungsakt Rechte begründet, geändert, aufgehoben oder verbindlich festgestellt hat oder die Begründung, Änderung, Aufhebung oder verbindliche Feststellung solcher Rechte abgelehnt hat (v. Wulffen/Schütze, 8. Auflage, § 31 SGB X, Rn. 23 m.w.N.). Eine Regelung setzt voraus, dass die Behörde auch den Willen hat, verbindlich festzulegen, was für den Einzelnen rechtens sein soll (v. Wulffen/Schütze, 8. Auflage, § 31 SGB X, Rn. 23 m.w.N.). Ob ein Regelungswille, der auf die Setzung einer Rechtsfolge gerichtet ist, vorliegt, kann insbesondere beim Fehlen einer eindeutigen Bezeichnung als Bescheid, Beschluss, Anordnung oder auch bei der Verwendung "bürgernaher" Sprache zweifelhaft sein und ist unter entsprechender Anwendung der Grundsätze über die Auslegung von Willenserklärungen auszulegen. Die Qualifizierung von Verwaltungshandeln als Verwaltungsakt richtet sich nicht danach, von welcher Vorstellung die Behörde ausgegangen ist. Maßgeblich ist vielmehr in Anwendung der für die Auslegung von Willenserklärungen maßgeblichen Grundsätze (§§ 133, 157 BGB) der objektive Sinngehalt ihrer Erklärung, also wie der Empfänger die Erklärung bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalles objektiv verstehen musste. Abzustellen ist auf den Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten (v. Wulffen/Schütze, 8. Auflage, § 31 SGB X, Rn. 24f. m.w.N.). Hier ist auch die äußere Form der Maßnahme mit zu berücksichtigen, also zum Beispiel ob das Schreiben als "Bescheid" bezeichnet wurde oder ob ihm eine eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war (v. Wulffen/Schütze, 8. Auflage, § 31 SGB X, Rn. 25 m.w.N.). Wollte man zu dem Ergebnis kommen, dass eine vorläufige Regelung getroffen werden soll, so muss das Schreiben, um als vorläufiger Verwaltungsakt zu gelten, erkennen lassen, dass er den Gegenstand des Verwaltungsverfahrens nicht endgültig, sondern nur vorläufig bis zu einer abschließenden Entscheidung regeln will (v. Wulffen/Schütze, 8. Auflage, § 31 SGB X, Rn. 27 m.w.N.).

Vor dem Hintergrund dieses Prüfungsmaßstabes ist das Gericht davon überzeugt, dass in dem Schreiben vom 5.2.2014 keine ablehnende Entscheidung zu sehen ist, noch nicht einmal eine "vorläufige" Ablehnung. Dies konnte der Kläger nach objektiviertem Empfängerhorizont nicht so verstehen und auch die Beklagte hat dies nicht so verstanden. Im Einzelnen:

- Zunächst wird in dem Schreiben vom 5.2.2014 lediglich ausgeführt, dass der MDK die Begutachtung abgebrochen habe, weil dem MDK die gewünschten Unterlagen nicht vorlagen. Daraus lässt sich in keinster Weise entnehmen, dass die Beklagte damit eine Ablehnung aussprechen will. Denn zum einen erlässt die Beklagte als Leistungsträger der gesetzlichen Krankenversicherung die Entscheidung über die Bewilligung oder Ablehnung einer Leistung und nicht der MDK. Und zum anderen geht aus dem Schreiben vom 5.2.2014 nicht im Ansatz hervor, dass die gewünschte Leistung abgelehnt werden soll.
- Im Gegenteil: Die Beklagte teilte dem Kläger in dem Schreiben vom 5.2.2014 mit, dass man den (laufenden) Antrag weiter prüfen werde, wenn er die Unterlagen vorlegt. Der Kläger wurde sogar ausdrücklich gebeten, die Unterlagen direkt beim MDK vorzulegen. Dies spricht ganz klar dagegen, dass in dem Schreiben vom 5.2.2014 eine ablehnende Entscheidung gesehen werden kann. Denn wenn die Beklagte wirklich eine Ablehnung hätte aussprechen wollen, hätte sie dem Kläger allenfalls anraten können bei ihr Wiederspruch einzulegen oder bei ihr später mit den Unterlagen einen neuen Antrag zu stellen. Dass die Beklagte hier dem Kläger gerade nicht dies nicht nahe gelegt hat, sondern ihn aufgefordert hat, die Unterlagen direkt dem MDK zu senden, zeigt eindeutig, dass für die Beklagte das Verwaltungsverfahren gerade nicht abgeschlossen war und gerade noch keine ablehnende Entscheidung ergehen sollte.
- Dafür spricht auch das äußere Erscheinungsbild des Schreibens vom 5.2.2014. Es wurde werden mit "Bescheid" oder "Entscheidung" oder "Ablehnung" überschrieben, noch kommt sonst in irgendeiner Form zum Ausdruck das darin eine verbindliche Rechtsfolge gesetzt werden sollte. Auch eine Rechtsbehelfsbelehrung ist darin nicht enthalten.
- Schließlich spricht auch die eigene weitere Vorgehensweise der Beklagten dagegen, dass sie das Schreiben vom 5.2.2014 als ablehnenden Bescheid betrachtet hat. Denn nachdem die Unterlagen des Klägers vorgelegt wurden hat sie weiter ermittelt und sodann am 9.10.2014 einen "Erstbescheid" erlassen. Wenn die Beklagte aber ihr Schreiben vom 5.2.2014 als Ablehnungsbescheid ohne Rechtsbehelfsbelehrung betrachtet hätte, hätte sie entweder eine Widerspruchsverfahren oder ein Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X durchführen müssen. Beides hat sie aber gerade nicht getan. Insofern verhält sich die Beklagte nunmehr widersprüchlich, wenn sie die Auffassung vertreten will, dass das Schreiben vom 5.2.2014 ein ablehnender Bescheid gewesen sein soll. Es ist bezeichnend, dass die Beklagte diese Auffassung auch zum ersten Mal vertreten hat, nachdem sich der Kläger auf § 13 Abs. 3a S. 6 SGB X gestützt hat.

Im Ergebnis ist aus den dargelegten Gründen davon auszugehen, dass es sich bei dem Schreiben der Beklagten vom 5.2.2014 nicht um einen ablehnenden Bescheid handelt. Darin ist keine ablehnende Regelung enthalten. Somit bleibt es dabei, dass die Beklagte die Fristen des § 13 Abs. 3a SGB V nicht eingehalten hat.

(4) Die Beklagte kann sich nach Auffassung der Kammer auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ein hinreichender Grund, nämlich die fehlende Mitwirkung des Klägers, vorgelegen habe, der die Überschreitung der 3 bzw. 5-Wochen-Frist rechtfertige und somit der Genehmigungsfiktion entgegenstehe.

Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass der Kläger eine längere Zeit benötigt hat, um die angeforderten Unterlagen vorzulegen. Dies mag im Grundsatz möglicherweise ein hinreichender Grund für eine längere Bearbeitungszeit darstellen, wobei das Gericht hier schon in Frage stellen mag, ob es tatsächlich ein hinreichender Grund für eine Verlängerung der Frist sein kann, wenn die beklagte Krankenkasse – wie im vorliegenden Fall – von ihren Amtsermittlungspflichten (vgl. §§ 20, 21 SGB X) nur teilweise Gebrauch macht und dann der MDK dem Versicherten aufgibt, umfangreiche ärztliche Berichts und Befunde zu beschaffen. Aber dies kann letztlich dahingestellt bleiben, da das Vorliegen eines hinreichenden Grundes für eine verspätete Entscheidung alleine nicht ausreichend ist, um den Eintritt der Genehmigungsfiktion über die 5-Wochen-Frist hinauszuschieben. Vielmehr sieht § 13 Abs. 3a S. 5, 6 SGB V vor, dass die Krankenkasse dem Leistungsberechtigten

- rechtzeitig und
- schriftlich und
- unter Darlegung der Gründe

mitteilen muss, dass sie die Frist des § 13 Abs. 3a S. 1 SGB V nicht einhalten kann. Dazu hat das Bundessozialgericht in Entscheidung vom 8.3.2016 (Az. B 1 KR 25/15 R) ergänzend ausgeführt:

"Die Mitteilung mindestens eines hinreichenden Grundes bewirkt für die von der KK prognostizierte, tag genau anzugebende Dauer des Bestehens zumindest eines solchen Grundes, dass die Leistung trotz Ablaufs der Frist noch nicht als genehmigt gilt." (Hervorhebung in Fettdruck durch das Gericht)

Diesen Anforderungen ist die Beklagte - unabhängig von der Frage, ob ein hinreichender Grund vorgelegen hat - nicht gerecht geworden. Die Beklagte hat nämlich dem Kläger nicht mitgeteilt, dass sie die 3-Wochen-Frist oder die 5-Wochen-Frist des § 13 Abs. 3a S. 1 SGB V nicht einhalten kann. Dazu findet sich in den Schreiben der Beklagten kein Wort.

Und schließlich hat die Beklagte nicht im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine prognostizierte, taggenaue Dauer angegeben, für die der Eintritt der Genehmigungsfiktion herausgeschoben wird. Daran fehlt es vollends. Im Ergebnis ist die Genehmigungsfiktion im Sinne des § 13 Abs. 3a S. 6 SGBV somit auch deshalb spätestens nach 5 Wochen eingetreten, weil es an einer rechtzeitigen schriftlichen Mitteilung im Sinne von § 13 Abs. 3a S. 5 SGBV fehlt.

cc) Auch die weiteren Voraussetzungen für den Eintritt der Genehmigungsfiktion liegen hier vor.

Insbesondere hat der Kläger einen hinreichend bestimmten Antrag gestellt, der genehmigungsfähig ist. Dazu hat das Bundessozialgericht in der Entscheidung vom 8.3.2016 (Az. B 1 KR 25/15 R) ausgeführt:

"Damit die Leistung im Rechtssinne nach Ablauf der Frist als genehmigt gelten kann, bedarf es eines fiktionsfähigen Antrags. Entsprechend den allgemeinen, in § 42a VwVfG ( ) normierten Grundsätzen ( ...) gilt "eine beantragte Genehmigung ( ) nach Ablauf einer für die Entscheidung festgelegten Frist als erteilt ( ), wenn dies durch Rechtsvorschrift angeordnet und der Antrag hinreichend bestimmt ist". Da der Verwaltungsakt nicht erlassen, sondern fingiert wird, muss sich der Inhalt der fingierten Genehmigung aus dem Antrag in Verbindung mit den einschlägigen Genehmigungsvorschriften hinreichend bestimmen lassen ( ). Die Fiktion kann nur dann greifen, wenn der Antrag so bestimmt gestellt ist, dass die auf Grundlage des Antrags fingierte Genehmigung ihrerseits im Sinne von § 33 Abs 1 SGB X hinreichend bestimmt ist ( ). So lag es hier. Der Klägerantrag auf Gewährung von Psychotherapie als Langzeittherapie im Umfang von 25 Sitzungen war im Rechtssinne hinreichend bestimmt und fiktionsfähig."

Nichts anderes gilt im vorliegenden Fall. Der Antrag des Klägers war hinreichend bestimmt und damit genehmigungsfähig. Aus dem Antrag geht hervor, dass er wegen krankhafter Adipositas eine Magenbypass-Operation begehrt, für die er einen ausführlichen Arztbericht des Krankenhauses Sachsenhausen vorgelegt hat, aus dem sogar hervorgeht, dass für die stationäre Behandlung die DRG-Fallpauschale K04A abgerechnet werden soll. Mehr kann nach Auffassung der Kammer für einen genehmigungsfähigen Antrag nicht gefordert werden.

Soweit die Beklagte dies in Abrede stellt, vermag die Kammer dies nicht nachzuvollziehen. Allein der Umstand, dass das Krankenhaus Sachsenhause seinen Arztbrief "formularmäßig" ausgestellt habe, vermag nichts daran zu ändern, dass der Antrag hinreichend bestimmt und damit genehmigungsfähig war. In vielen Fallkonstellationen erwarten die Krankenkassen gerade formularmäßig gestellte Anträge. Dies kann jetzt nicht zu Lasten des Klägers ins Feld geführt werden. Soweit die Beklagte meint, dass der Antrag erst dann genehmigungsfähig sei, als alle angeforderten Unterlagen vorgelegt worden sind, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Zunächst sei einmal der Hinweis gestattet, dass die Beklagte selbst gar keine weiteren Unterlagen nachgefordert hatte. Die Beklagte hatte nämlich nach Antragseingang am 20.1.2014 überhaupt keine Rückfragen oder weitere Anfragen an den Kläger. Vielmehr hat sie erkannt um welche Leistung es dem Kläger geht und einen Tag später ein Gutachten des MDK in Auftrag gegeben. Dies zeigt, dass auch für die Beklagte der Antrag hinreichend bestimmt war. Wenn die Beklagte meint, dass der Antrag – dann quasi rückwirkend – seine Genehmigungsfähigkeit verliere, nur weil der MDK weitere Unterlagen angefordert hat, vermischt die Beklagte offensichtlich die Frage der Genehmigungsfähigkeit mit der sie selbst treffenden Pflicht zur Amtsermittlung. Es liegt auf der Hand, dass ein Antrag nicht erst dann genehmigungsfähig ist, wenn die Amtsermittlung weitgehend abgeschlossen ist und dass die Auffassung der Beklagten viel zu eng ist. Wollte man dies anders sehen, könnten die Krankenkassen mit immer weiteren Ermittlungsmaßnahmen oder – wünschen die Genehmigungsfähigkeit eines Antrags zeitlich nach hinten hinauszögern, was offensichtlich den Zielen des Gesetzgebers nach einem beschleunigten und transparenten Verfahren, widerspricht.

Im Ergebnis sind also auch diese Argumente der Beklagten nicht überzeugend.

dd) Schließlich ist die vom Kläger als Sachleistung begehrte Magenbypass-Operation auch eine Leistung, die der Kläger im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 8.3.2016 für erforderlich halten darf und die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs des Rechts der Gesetzlichen Krankenversicherung liegt. Dazu hat das Bundessozialgericht in Entscheidung vom 8.3.2016 (Az. B 1 KR 25/15 R) ausgeführt:

"Der Antrag des Klägers betraf eine Leistung, die er für erforderlich halten durfte und die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV lag. Die Gesetzesregelung ordnet diese Einschränkungen für die Genehmigungsfiktion zwar nicht ausdrücklich, aber sinngemäß nach dem Regelungszusammenhang und -zweck an. (.) Die Begrenzung auf erforderliche Leistungen bewirkt eine Beschränkung auf subjektiv für den Berechtigten erforderliche Leistungen, die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV liegen. Einerseits soll die Regelung es dem Berechtigten erleichtern, sich die ihm zustehende Leistung zeitnah zu beschaffen. Andererseits soll sie ihn nicht zu Rechtsmissbrauch einladen, indem sie Leistungsgrenzen des GKV-Leistungskatalogs überwindet, die jedem Versicherten klar sein müssen. ( ) Die beantragte Psychotherapie unterfällt ihrer Art nach dem Leistungskatalog der GKV, wie oben dargelegt. Der Kläger konnte auch aufgrund der fachlichen Befürwortung seines Antrags durch die Diplom-Psychologin und psychologische Psychotherapeutin T die Behandlung für geeignet und erforderlich halten. Der Gedanke an einen Rechtsmissbrauch liegt fern." (Hervorhebung in Fettdruck durch das Gericht)

So verhält es sich auch im vorliegenden Fall. Der Kläger darf die begehrte Magenbypass-Operation - nach dem hier anzulegenden subjektiven Maßstab (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 8.3.2016, Az. B 1 KR 25/15 R) - aufgrund der fachlichen Befürwortung durch das Krankenhaus Sachsenhausen und der weiteren medizinischen Unterlagen subjektiv für erforderlich halten. Die Leistung liegt auch nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskataloges der Gesetzlichen Krankenversicherung. Vielmehr handelt es sich um eine Leistung, die das Recht der Gesetzlichen Krankenversicherung vorsieht, worauf der Kläger zu Recht hingewiesen hat. Ob hier tatsächlich die "medizinischen" Voraussetzungen für eine Magenbypass-Operation vorliegen oder ob die Auffassung des MDK zutreffend ist, vermag die Kammer ohne sachverständige Hilfe nicht zu beurteilen. Darauf kommt es aber auch gar nicht an, da die Genehmigungsfiktion nach dem Willen des Gesetzgebers nur dadurch eintreten soll, dass die Krankenkasse - wie im vorliegenden Fall - die Fristen und die Mitteilungspflichten des § 13 Abs. 3a SGB V nicht einhält. Anhaltspunkte für ein missbräuchliches Verhalten des Klägers liegen nicht vor.

Vor diesem Hintergrund - bzw. vor dem Hintergrund der dargelegten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - vermag auch der Einwand der Beklagten nicht zu überzeugen, dass im vorliegenden Einzelfall die Voraussetzungen für eine Magenbypass-Operation nicht vorliegen würden, wie der MDK festgestellt habe. Denn darauf kann sich die Beklagte hier im Rahmen der Genehmigungsfiktion nicht berufen. Darauf kommt es nämlich für den Eintritt der Genehmigungsfiktion nach den gesetzlichen Vorgaben gerade nicht an, solang die Leistung nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskataloges der Gesetzlichen Krankenversicherung liegt oder missbräuchlich ist, was hier jedoch nicht der Fall ist. Dass bei dieser Gesetzeslage bzw. unter Anwendung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts Versicherte aufgrund der Genehmigungsfiktion Leistungen erhalten, die sie möglicherweise ansonsten wegen des Wirtschaftlichkeitsgebotes oder des Qualitätsgebotes nicht zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung bekommen würden, ist der vom Gesetzgeber vorgesehen "Genehmigungsfiktion" des § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V bzw. der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts immanent, und kann dem Eintritt der Genehmigungsfiktion nicht entgegen gehalten werden, solange nicht die Offensichtlichkeits- oder Missbrauchsschwelle überschritten wird (vgl. dazu auch: juris Praxiskommentar, 3. Auflage, § 13 SGB V, Rn. 71.3).

Soweit die Beklagte meint, dass die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 8.3.2016 nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden könne, so vermag das Gericht dafür keinen nachvollziehbaren Grund zu erkennen.

ee) Die Genehmigungsfiktion gemäß § 13 Abs. 3 a S. 6 SGB V tritt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch nicht nur im Rahmen eines Kostenerstattungsanspruches ein. Der 1. Senat des Bundessozialgerichts hat dazu in der Entscheidung vom 8.3.2016 geäußert, dass § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V auch einen Sachleistungsanspruch vermitteln kann. Dazu heißt es im Urteil des Bundessozialgerichts wörtlich:

"Denn die Genehmigungsfiktion begründet zugunsten des Leistungsberechtigten einen Naturalleistungsanspruch, dem der im Anschluss hieran geregelte, den Eintritt der Genehmigungsfiktion voraussetzende naturalleistungsersetzende Kostenerstattungsanspruch im Ansatz entspricht (vgl § 13 Abs 3a S 7 SGB V). Der Naturalleistungsanspruch kraft Genehmigungsfiktion ermöglicht auch mittellosen Versicherten, die nicht in der Lage sind, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen, ihren Anspruch zu realisieren (vgl LSG NRW Beschluss vom 23.5.2014 - L 5 KR 222/14 B ER - Juris RdNr 7 mwN). Für diese Auslegung spricht schließlich der Sanktionscharakter der Norm (vgl hierzu Entwurf der Bundesregierung eines PatRVerbG, BT-Drucks 17/10488 S 32, zu Art 2 Nr 1)."

Dem schließt sich das Gericht an. Somit kann nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V auch einen Sachleistungsanspruch vermitteln, den der Kläger im vorliegenden sozialgerichtlichen Verfahren auch einklagen kann. Er muss sich nicht darauf verweisen lassen, das Risiko einer Selbstbeschaffung auf eigene Kosten zunächst einzugehen, um dann anschließend auf Kostenerstattung gemäß § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V zu klagen.

Soweit die Beklagte meint, dass die Rechtsprechung gegen § 31 SGB I verstoße, vermag die Kammer dem nicht zu folgen.

ff) Im Ergebnis ist nach Auffassung des Gerichts die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a S. 6 SGB V eingetreten, so dass der Kläger bereits auf dieser Rechtsgrundlage die begehrte Versorgung mit der Magenbypass-Operation als Sachleistung von der Beklagten beanspruchen kann.

2. Im Ergebnis war die Beklagte aus den dargelegten Gründen antragsgemäß zu verurteilen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
Saved