L 32 AS 116/14

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 169 AS 31906/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 32 AS 116/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. November 2013 aufgehoben. Der Beklagte wird unter Änderung der Bescheide vom 4. Oktober 2011 und vom 20. Oktober 2011 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 9. November 2011 verurteilt, den Klägern weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung, nämlich für Oktober 2011 von 83,53 Euro, für November 2011 von 215,72 Euro (132,19 Euro zuzüglich 83,53 Euro) und für Dezember 2011 bis März 2012 von jeweils 83,53 Euro monatlich zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Der Beklagte hat den Klägern die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren von dem Beklagten weitere Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 1. Oktober 2011 bis 31. März 2012 von insgesamt 643,99 Euro.

Die im April 1952 geborene Klägerin zu 1 und der im April 1952 geborene Kläger zu 2, die miteinander verheiratet sind, bewohnten vom 1. Mai 2004 bis 30. September 2010 eine 46,18 m2 große Wohnung im T in Berlin, die zu einem Gebäude gehört, dessen beheizbare Grundfläche 34.278 m2 beträgt und die mittels Fernwärme beheizt wird. Die Gesamtmiete betrug ab 1. Juni 2010 365,94 Euro, bestehend aus Grundmiete von 232,94 Euro, Vorauszahlung Betriebskosten von 50 Euro, Vorauszahlung Heizkosten von 61 Euro und Vorauszahlung Kalt-/ Abwasserkosten von 22 Euro.

Zum 1. Oktober 2010 zogen die Kläger in eine 57,31 m2 große Wohnung mit Balkon in der L-Straße in B, die zu einem Gebäude gehört, dessen beheizbare Grundfläche 20.812 m2 beträgt und die mittels Fernwärme beheizt wird. Die Gesamtmiete beträgt 480,28 Euro, bestehend aus der Nettokaltmiete von 316,37 Euro, Vorauszahlung Betriebskosten von 73,93 Euro, Vorauszahlung Sammelheizung und Warmwasserversorgung von 62,47 Euro und Vorauszahlung Kaltwasser von 27,51 Euro.

Der Beklagte hatte den Klägern für die Zeit vom 1. Juli 2010 bis 30. September 2010 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites (SGB II) zuletzt in Höhe von 146,75 Euro monatlich (ausschließlich Kosten für Unterkunft und Heizung) bewilligt. Dabei waren die Kosten der Unterkunft und Heizung um die in der Regelleistung enthaltene Warmwasserpauschale um jeweils 5,82 Euro gemindert worden (Änderungsbescheid vom 9. Juni 2010).

Auf den im September 2010 gestellten Antrag auf Weiterbewilligung, mit dem die Kläger unter Beifügung eines Auszuges des entsprechenden Mietvertrages auf ihre neue Wohnung ab 1. Oktober 2010 hingewiesen hatte, hatte ihnen der Beklagte mit Bescheid vom 22. September 2010 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Oktober 2010 bis 31. März 2011 in Höhe von 146,75 Euro (ausschließlich Kosten für Unterkunft und Heizung) gewährt. Die Kosten der Unterkunft und Heizung waren um die bereits in der Regelleistung enthaltene Warmwasserpauschale um jeweils 5,82 Euro gemindert worden. Als Kosten der Unterkunft und Heizung waren nur die bisherigen Kosten in Höhe von 365,94 Euro berücksichtigt worden. Als Grund hierfür war die fehlende Zusicherung zum Umzug in die neue Wohnung angegeben worden. Mit Änderungsbescheid vom 5. Mai 2011 hatte der Beklagte für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis 31. März 2011 eine Erhöhung der Leistungen nach dem SGB II um die Kosten der Warmwasserbereitung, soweit diese von den tatsächlichen angemessenen Kosten der Unterkunft abgezogen worden waren, verfügt.

Vor Ablauf des nachfolgenden Leistungszeitraumes vom 1. April 2011 bis 30. September 2011 (Bescheid vom 7. März 2011 in der Fassung des letzten Änderungsbescheides vom 12. Mai 2011) beantragten die Kläger am 15. September 2011 die Weiterbewilligung.

Mit Bescheid vom 4. Oktober 2011 gewährte der Beklagte den Klägern für die Zeit vom 1. Oktober 2011 bis 31. März 2012 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 382,71 Euro monatlich (8,39 Euro für die Klägerin zu 1 und 8,38 Euro für den Kläger zu 2 zur Sicherung des Lebensunterhalts und jeweils 182,97 Euro für Unterkunft und Heizung). Er legte dabei als anerkannte monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung 365,94 Euro zugrunde.

Am 4. Oktober 2011 legten die Kläger die Abrechnung vom 1. September 2011 der Betriebs-, Heiz- Kalt- und Abwasserkosten für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2010 bezüglich der L-Straße mit einer Nachforderung von 132,19 Euro, fällig zum Zeitpunkt der übernächsten Mietzahlung, vor und baten um Übernahme dieser Kosten.

Am 17. Oktober 2011 legten die Kläger außerdem die Abrechnung vom 1. September 2011 über Betriebs-, Heiz-, Kalt- und Abwasserkosten für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 2010 bezüglich des TR über 371,17 Euro vor und baten gleichfalls um Übernahme dieser Kosten.

Mit Änderungsbescheid vom 20. Oktober 2011 gewährte der Beklagte den Klägern Leistungen nach dem SGB II nunmehr für die Zeit vom 1. Oktober 2011 bis 31. Oktober 2011 in Höhe von 753,88 Euro (8,39 Euro für die Klägerin zu 1 und 8,38 Euro für den Kläger zu 2 zur Sicherung des Lebensunterhalts sowie 368,55 Euro für die Klägerin zu 1 und 368,56 Euro für den Kläger zu 2 für Unterkunft und Heizung). Er berücksichtigte hierbei die Nachzahlung aus der Betriebskostenabrechnung über 371,17 Euro.

Mit weiterem Bescheid vom 20. Oktober 2011 lehnte der Beklagte die Übernahme der Nachzahlung aus der weiteren Betriebskostenabrechnung in Höhe von 132,19 Euro ab, da die Kläger ohne Zustimmung umgezogen seien.

Die Kläger legten zum einen gegen den Bescheid vom 4. Oktober 2011 und zum anderen gegen den letztgenannten Bescheid vom 20. Oktober 2011 Widerspruch ein. Zur Begründung führten sie aus: Zwar sei die Festsetzung der Miete auf die Bruttowarmmiete rechtmäßig, da keine Notwendigkeit eines Umzuges habe festgestellt werden können. Allerdings sei die Mietkostenfestsetzung insoweit fehlerhaft, da die zum Zeitpunkt des Umzuges zu zahlenden tatsächlichen Mietkosten um die Kosten der Nachzahlung aus dem letzten Mietverhältnis monatlich anteilig zu ergänzen seien. Damit sei auch die Nachzahlung für die neue Wohnung zu übernehmen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 9. November 2011 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 4. Oktober 2011 zurück: Da der Umzug der Kläger nicht erforderlich gewesen sei, werde nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II nur der bisherige Bedarf an den Kosten für Unterkunft und Heizung anerkannt. Die Nachzahlungsforderung habe zu keiner rückwirkenden Erhöhung des Bedarfs (für die Zeit bis zum 30. September 2010) geführt, denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gehöre die Betriebskostennachzahlung zum aktuellen Bedarf im Fälligkeitsmonat.

Dagegen haben die Kläger am 2. Dezember 2011 Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben.

Sie haben gemeint, die von dem Beklagten vorgenommene Bewertung der Regelung des § 21 Abs. 1 Satz 2 SGB II sei unzutreffend. Diese Vorschrift erfasse auch die sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Nachzahlungen. Sinn und Zweck der Regelung sei nämlich nicht, eine Mietdeckelung hinsichtlich der tatsächlichen Betriebs- und Heizkosten im Zeitpunkt des Umzuges vorzunehmen, sondern die bisher zu zahlenden Unterkunftskosten festzusetzen. Hierzu gehörten auch die Kosten einer Betriebskostennachforderung, da nur diese den tatsächlichen Unterkunftskostenbedarf widerspiegele. Unstreitig habe die Beklagte insoweit den erhöhten Bedarf anerkannt, was im Rahmen der Mietfestsetzung zu berücksichtigen sei. Die Nachzahlung von 371,17 Euro für Januar bis September 2010 ergebe einen monatlichen Betrag von 41,24 Euro und die Nachzahlung von 132,19 Euro für Oktober bis Dezember 2010 ergebe einen monatlichen Betrag von 44,06 Euro, insgesamt somit 85,30 Euro monatlich.

Der Kläger zu 2 leide auch unter Asthma und müsse daher regelmäßig an die frische Luft gehen. Da die frühere Wohnung keinen Balkon gehabt habe, seien die Kläger in die neue Wohnung mit einem Balkon umgezogen. Auf dem Balkon trockneten sie auch ihre Wäsche, denn durch das Trocknen entstünden Dünste, die Asthmaanfälle auslösen könnten. Eine Möglichkeit, die Wäsche im Hof oder in einem Trockenraum aufzuhängen, habe es in der alten Wohnung nicht gegeben. Der Umzug sei nicht auf konkrete Empfehlung eines Arztes erfolgt, so dass ein ärztliches Attest nicht vorgelegt werden könne. Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 9. November 2011 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 20. Oktober 2011 zurück: Nach § 22 Abs. 1 SGB II könnten zwar auch Betriebskostennachzahlungen übernommen werden. Voraussetzung hierfür sei jedoch, dass die Unterkunftskosten in voller Höhe durch den Beklagten gezahlt worden seien. Dies sei jedoch nicht der Fall, da nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II nur die bisherigen Mietkosten aus dem T übernommen würden. Eine Übernahme der Betriebskostennachzahlung für die L-Straße komme daher nicht in Betracht, weil durch die Übernahme der Betriebskostennachzahlung der Sinn und Zweck des Gesetzes, nur die bisherigen Unterkunftskosten bei einem nicht erforderlichen Umzug zu übernehmen, nicht berücksichtigt werden würde, denn der Umweg über die Betriebskostennachzahlung würde wieder zu einer Übernahme der tatsächlichen Mietkosten führen.

Dagegen haben die Kläger am 2. Dezember 2011 Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 87 AS 31908/11 registriert worden ist.

Nach gerichtlichem Hinweis auf eine doppelte Rechtshängigkeit haben die Kläger diese Klage am 9. Mai 2012 für erledigt erklärt.

Mit Urteil vom 14. November 2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen: Die Bescheide vom 4. Oktober 2011 und 20. Oktober 2011 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 9. November 2011 seien rechtmäßig. Der Umzug in die L-Straße sei nicht erforderlich gewesen. Die Kammer habe nicht die Überzeugung zu gewinnen vermocht, dass die Erkrankung des Klägers zu 2 tatsächlich eine zwingende Umzugsnotwendigkeit begründet habe, denn der Hinweis auf die Asthmaerkrankung sei erstmalig in der mündlichen Verhandlung erfolgt. Zudem sei die Anschaffung eines Wäschetrockners, der nach Vorlage eines ärztlichen Attests gegebenenfalls über ein Darlehen des Beklagten hätte finanziert werden können, insofern der preiswertere und effektivere Weg gewesen. Der Beklagte sei bei der Ermittlung des Absenkungsbetrages auch zu Recht von demjenigen Mietzins ausgegangen, der im Zeitpunkt des Umzuges für die vorherige Wohnung angefallen sei. Er sei – zumindest im streitgegenständlichen Zeitraum - nicht gehalten gewesen, die Deckelung zeitlich zu beschränken oder den gedeckelten Betrag an die allgemeine Kostensteigerung auf dem Wohnungsmarkt bzw. die Betriebskostennachforderungen für die frühere Unterkunft anzupassen. Der Rechtsauffassung im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 6. Juni 2013 – L 9 AS 1301/11 schließe sich die Kammer an, zumal der Beklagte bestätigt habe, dass bei bestehender Deckelung der Umzug in eine kostenangemessene Unterkunft nach der Verwaltungspraxis des Beklagten als erforderlich einzustufen wäre. Die Kläger würden die Deckelung bei einem erneuten Unterkunftswechsel daher tatsächlich nicht mitnehmen. Selbst wenn man grundsätzlich eine Dynamisierung befürworten wolle, käme allenfalls eine Gleichstellung mit solchen Leistungsberechtigten in Betracht, die bei erforderlichem Umzug eine kostenunangemessene Wohnung gewählt hätten und daher im Rahmen der Kosten der Unterkunft nur den angemessenen Betrag nach der Wohnungsaufwendungsverordnung (WAV) erhielten. Für diese Personengruppe richte sich die Dynamisierung nach § 22 c Abs. 2 SGB II. Danach müssten die durch Satzung (im Land Berlin durch die WAV) bestimmten Werte für die Unterkunft mindestens alle zwei Jahre und für die Heizung mindestens jährlich überprüft und gegebenenfalls neu festgesetzt werden. Gehe man – gerechnet ab dem Umzug am 1. Oktober 2010 – von diesen Intervallen aus, sei im Fall der Kläger für den hier streitigen Zeitraum die Zweijahresfrist noch nicht verstrichen. Hinsichtlich der Heizkosten wäre zwar eine Dynamisierung zu prüfen gewesen. Jedoch hätten die Kosten für den hier maßgeblichen Energieträger Fernwärme nach dem Bundesheizspiegel im Jahr 2011 unter denjenigen für 2010 gelegen, so dass in tatsächlicher Hinsicht keine Kostensteigerung vorgelegen habe, die sich hätte auswirken können. Schließlich komme auch die Berücksichtigung fiktiver Mieterhöhungen für die bisherige Wohnung nicht in Betracht. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II werde nach einem nicht erforderlichen Umzug nur der bisherige Bedarf anerkannt. Betriebskostennachforderungen erhöhten nicht rückwirkend den bisherigen Bedarf, sondern seien Teil des laufenden Bedarfs im Fälligkeitsmonat. Sei nach alledem die Deckelung dem Grunde wie der Höhe nach nicht zu beanstanden, komme auch eine Übernahme der Betriebskostennachforderung für die neue Wohnung nicht in Betracht.

Gegen das ihren Prozessbevollmächtigen am 13. Dezember 2013 zugestellte Urteil richtet sich die am 10. Januar 2014 eingelegte Berufung der Kläger, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgen.

Sie meinen, es sei fraglich geworden, ob es überhaupt noch auf die Erforderlichkeit des Umzuges ankomme, nachdem das BSG im Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 6/14 R die Deckelung von einer zutreffend ermittelten abstrakten kommunalen Angemessenheitsgrenze für die Unterkunftskosten abhängig gemacht habe. Auch nach der neueren Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 17. Februar 2016 – B 4 AS 12/15 R) könne bei mangelnder Erforderlichkeit des Umzugs eine Deckelung des anzuerkennenden Bedarfs für Unterkunft und Heizung in Höhe des bisherigen Bedarfs nur dann erfolgen, wenn für den örtlichen Vergleichsraum zutreffend ermittelte abstrakte Angemessenheitsgrenzen bestünden. Ein schlüssiges Konzept habe nicht vorgelegen. Maßgebend seien rechtmäßig ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenzen. Auf das vom Sozialgericht Berlin entwickelte Modell (Schifferdeckermodell) komme es daher nicht an.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. November 2013 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung der Bescheide vom 4. Oktober 2011 und vom 20. Oktober 2011 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 9. November 2011 zu verurteilen, den Klägern weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung, nämlich für Oktober 2011 von 85,30 Euro, für November 2011 von 217,49 Euro (132,19 Euro zuzüglich 85,30 Euro) und für Dezember 2011 bis März 2012 von jeweils 85,30 Euro monatlich zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Er meint, das bisher angewandte Schifferdeckermodell als schlüssiges Konzept zur Ermittlung der abstrakt angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung sei ausreichend.

Der Senat hat den Befundbericht des Facharztes für Innere Medizin und Pneumologie Dr. L vom 10. März 2016 nebst Behandlungsunterlagen eingeholt.

Die Kläger meinen, der Befundbericht und die übersandten Unterlagen rechtfertigten aus der gebotenen Sorge um das gesundheitliche Wohlergehen den vorgenommenen Umzug.

Der Beklagte ist der Ansicht, der Umzug sei medizinisch nicht indiziert gewesen. Vielmehr ergebe sich aus dem Bericht des Facharztes für Innere Medizin und Pneumologie Dr. L vom 16. April 2012, dass der letzte Asthmaanfall des Klägers zu 2 vor 15 Jahren nach einer ASS-Einnahme erfolgt sei und dass die Asthmaerkrankung ansonsten seit Jahren immer gut habe therapiert werden können. Hieraus ergebe sich im Umkehrschluss, dass es auch in der alten Wohnung seit mehreren Jahren nicht zu einem Asthmaanfall gekommen sei und auch der letzte Anfall wohl nicht durch mangelnde Frischluft ausgelöst worden sei, sondern eher als Überempfindlichkeit gegenüber einem Medikament einzustufen sein dürfte. Dem Befundbericht sei zu entnehmen, dass der Kläger zu 2 aufgrund seiner Erkrankung gerade nicht an wesentlichen Einschränkungen leide. Es werde im Übrigen auf die überzeugenden Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen. Für genügend Frischluft könne durch regelmäßiges Lüften gesorgt werden. Ein Balkon sei hierfür nur bedingt geeignet. Insbesondere in der kalten Jahreszeit und bei Regenwetter sei das Trocknen von Wäsche auf dem Balkon nicht möglich.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten (Behelfsakten I bis III, ), die bei der Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Die zulässige Berufung ist im Wesentlichen begründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Die Bescheide vom 4. Oktober 2011 und vom 20. Oktober 2011 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 9. November 2011 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten. Die Kläger haben Anspruch auf Gewährung weiterer Leistungen für Unterkunft und Heizung, nämlich für Oktober 2011 von 83,53 Euro, für November 2011 von 215,72 Euro (132,19 Euro zuzüglich 83,53 Euro) und für Dezember 2011 bis März 2012 von jeweils 83,53 Euro monatlich. Insoweit handelt es sich zwar um Kosten der Unterkunft und Heizung, die durch einen nicht erforderlichen Umzug entstanden sind. Die Deckelung der Kosten für Unterkunft und Heizung auf den bisherigen Bedarf dieser Kosten kommt aber gleichwohl nicht in Betracht, weil es an einer zutreffend ermittelten abstrakten kommunalen Angemessenheitsgrenze durch den Beklagten als Leistungsträger fehlt. Diese Bedarfe sind daher, soweit sie angemessen sind, also im oben genannten Umfang, zu übernehmen.

Die Kläger erfüllten die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II (also mindestens das 65. Lebensjahr) noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Zur Bedarfsgemeinschaft gehören u. a. die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (§ 7 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1 SGB II).

Die jeweils im April 1952 geborenen Kläger, die sich damit in den Grenzen der maßgebenden Lebensjahre befinden, waren erwerbsfähig, wie ihre im streitigen Zeitraum ausgeübten Beschäftigungen (der Klägerin zu 1 bei der W R GmbH seit 1. Mai 2011 im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses und des Klägers zu 2 bei der R-Transporte Güterkraft und Umzugsverkehr seit 15. März 2000) zeigen. Die Kläger waren auch hilfebedürftig, denn sie konnten mit ihren Einnahmen aus diesen Beschäftigungen (165 Euro Nettolohn der Klägerin zu 1, 896,93 Euro Nettolohn des Klägers zu 2) ihren Lebensunterhalt nicht ausreichend im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II sichern. Der Senat verweist dazu auf die zutreffende Berechnung im Bescheid vom 4. Oktober 2011. Über insbesondere anrechenbares Vermögen verfügten die Kläger nicht. Sie hatten außerdem ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland.

Die Kläger hatten damit Anspruch auf Arbeitslosengeld II.

Nach § 19 Abs. 1 Sätze 1 und 3 SGB II gilt: Erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhalten Arbeitslosengeld II. Die Leistungen umfassen den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung.

Der Senat hat allerdings ausschließlich über die Bedarfe für Unterkunft und Heizung zu entscheiden, denn die Kläger haben ihr Begehren auf diesen Teil der Verfügung insbesondere im angefochtenen Bescheid vom 4. Oktober 2011 beschränkt; der weitere angefochtene Bescheid vom 20. Oktober 2011 betrifft ohnehin lediglich eine geltend gemachte Nachzahlung solcher Kosten.

Die Beschränkung des Klagebegehrens ist zulässig, denn die Entscheidung über die Kosten der Unterkunft und Heizung stellt (auch weiterhin) eine von der übrigen Regelung im Bescheid über die Gewährung von Arbeitslosengeld II abtrennbare Verfügung im Sinne eines eigenständigen Verwaltungsaktes dar (BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 – B 14 AS 42/13 R, Rdnr. 10, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-4200 § 22 Nr. 78; BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R, Rdnr. 18, abgedruckt in BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1).

Nach § 22 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB II i. d. F. der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl I 2011, 850) - a. F. - gilt: Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt.

Ein Umzug in eine andere Wohnung ist notwendig, wenn die bisherige Wohnung den Unterkunftsbedarf des Hilfebedürftigen nicht (mehr) zu decken vermag. Hierunter fallen vor allem auch gesundheitliche Gründe, die einen Verbleib in der bisherigen Wohnung nicht zulassen (BSG, Urteil vom 17. Februar 2016 – B 4 AS 12/15 R, Rdnr. 16, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-4200 § 22 Nr. 88; BSG Urteil vom 24. November 2011 - B 14 AS 107/10 R, Rdnr. 15, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-4200 § 22 Nr. 5), einen Umzug also unerlässlich machen (BSG, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 6/14 R, Rdnr. 22, zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 119, 1 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 84). Ein Umzug kann zudem als erforderlich angesehen werden, wenn ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund für den Wohnungswechsel vorlag, von dem sich auch ein Nichthilfebedürftiger leiten lassen würde (BSG, Urteil vom 17. Februar 2016 – B 4 AS 12/15 R, Rdnr. 16; BSG Urteil vom 24. November 2011 - B 14 AS 107/10 R, Rdnr. 17).

Ein solcher Grund für einen Umzug lag nicht vor. Insbesondere war ein solcher Umzug nicht aus gesundheitlichen Gründen unerlässlich. Er war auch nicht aus Sorge um das gesundheitliche Wohlergehen erforderlich im weiteren Sinne.

Nach dem Befundbericht des Facharztes für Innere Medizin und Pneumologie Dr. L vom 10. März 2016 bestanden nach den vorliegenden Berichten "wohl" keine wesentlichen Einschränkungen. Diese etwas zurückhaltende Bewertung rührt daher, dass diesem Arzt außer den ihm zur Beantwortung seines Befundberichtes vom Senat aus seiner ehemaligen Beschäftigungspraxis beigezogenen und ihm vorgelegten Lungenfunktionsuntersuchungen keine weiteren Behandlungsunterlagen vorgelegen haben. Diese Lungenfunktionsuntersuchungen, resultierend aus dem Behandlungszeitraum vom 29. September 2008 bis 3. September 2013, die dieser Arzt in dazugehörenden Berichten bewertete, lassen in der Tat wesentliche Einschränkungen nicht erkennen. Es handelt sich dabei insbesondere um Lungenfunktionsuntersuchungen vom 29. September 2008, 8. Dezember 2008, 18. Mai 2009, 7. September 2009, 25. Januar 2010, 9. Juni 2010, 6. September 2010, 16. Dezember 2010, 14. März 2011, 27. Juni 2011, 11. Oktober 2011, 9. Januar 2012 und 16. April 2012, daneben um die nach dem streitigen Zeitraum durchgeführten Lungenfunktionsuntersuchungen vom 11. September 2012 und vom 11. Dezember 2012. Der Bericht des Facharztes für Innere Medizin und Pneumologie Dr. L vom 16. April 2012 benennt, wie alle anderen Berichte auch, als Diagnose ein Asthma bronchiale. Es wird darauf hingewiesen, dass der letzte Asthmaanfall vor 15 Jahren nach ASS-Einnahme auftrat. Die Lungenfunktion (ermittelt durch Bodyplethysmographie) zeigte normale Lungenvolumina. Letztgenannter Befund ergibt sich auch aus dessen Berichten vom 11. Oktober 2011, 6. September 2010, 9. Juni 2010, 25. Januar 2010, 7. September 2009, 18. Mai 2009, 8. Dezember 2008 und 29. September 2008. Diese Befunde, der weit zurückliegende letzte Asthmaanfall und der dafür angegebene Grund, eine Medikamenteneinnahme, schließen, wenn wesentliche Einschränkungen nach dem ehemals behandelnden Facharzt für Innere Medizin und Pneumologie Dr. L sich nicht feststellen lassen, die Notwendigkeit eines Umzuges aus gesundheitlichen Gründen aus. Im Übrigen haben die Kläger im erstinstanzlichen Verfahren selbst darauf hingewiesen, dass der Umzug nicht auf konkrete Empfehlung eines Arztes erfolgt sei. Die vorgetragene Sorge um das gesundheitliche Wohlergehen stellt bei dieser Sachlage weder einen plausiblen, nachvollziehbaren und verständlichen Grund für den Umzug dar, noch ist deswegen dafür eine Erforderlichkeit des Umzuges ersichtlich. Die Zufuhr frischer Luft kann außerhalb der Wohnung erfolgen; dafür bedarf es keines Balkons. Das Trocknen der Wäsche in der bisherigen Wohnung bedingt ebenfalls nicht den Umzug in eine Wohnung mit Balkon. Das Sozialgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass bei Fehlen einer Trocknungsmöglichkeit im Hof oder in einem gesonderten Trockenraum, weswegen die Wäsche in der Wohnung getrocknet werden muss, unter Zugrundelegung sachgerechter Überlegungen daraus nicht die Anmietung einer anderen Wohnung mit Balkon, um dort die Wäsche zu trocknen, sondern die Anschaffung eines Wäschetrockners folgt. Den Weg zu einem solchen Wäschetrockner hat das Sozialgericht aufgezeigt. Ein Nichthilfebedürftiger würde eben diesen Weg gehen und nicht etwa eine andere Wohnung anmieten. Es mag zutreffen, dass durch das Trocknen Dünste entstehen, die Asthmaanfälle auslösen können. Dazu ist es beim Kläger zu 2 trotz des vorgetragenen Trocknens der Wäsche in der bisherigen Wohnung jedoch gerade nicht gekommen, wie der oben genannte Bericht des Facharztes für Innere Medizin und Pneumologie Dr. L vom 16. April 2012 belegt. Nach alledem erweist sich der vorgenommene Umzug als nicht erforderlich.

War der Umzug nicht erforderlich, bedeutet dies, dass die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden angemessenen Aufwendungen erbracht werden. Zeitlich ist als Bezugspunkt der Zeitpunkt des Umzugs maßgeblich. Die Gesamtmieten (Kaltmiete/Betriebskosten/Heizkosten) der alten und der neuen Wohnung zu diesem Zeitpunkt sind dabei zu vergleichen (BSG, Urteil vom 17. Februar 2016 – B 4 AS 12/15 R, Rdnr. 13; BSG, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 6/14 R, Rdnr. 23).

Eine Deckelung des anzuerkennenden Bedarfs für Unterkunft und Heizung in Höhe des bisherigen Bedarfs hat jedoch nur dann zu erfolgen, wenn - insoweit als Tatbestandsvoraussetzung dieser Deckelung - für den örtlichen Vergleichsraum zutreffend ermittelte abstrakte Angemessenheitsgrenzen bestehen (BSG, Urteil vom 17. Februar 2016 – B 4 AS 12/15 R, Rdnr. 18; BSG, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 6/14 R, Rdnr. 23). Das BSG stellt hierbei auf "vom Leistungsträger" bzw. vom "kommunalen Träger" zutreffend ermittelte kommunale Angemessenheitsgrenzen ab (BSG, Urteil vom 17. Februar 2016 – B 4 AS 12/15 R, Rdnr. 18; BSG, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 6/14 R, Rdnr. 25).

Wenn eine zutreffend ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenze für die Unterkunftskosten bzw. für die Heizaufwendungen nicht besteht, scheidet eine Leistungsdeckelung nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II aus (BSG, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 6/14 R, Rdnrn. 27, 28).

Der Vergleich der Gesamtmieten der alten und der neuen Wohnung zum Zeitpunkt des Umzuges zum 1. Oktober 2010 zeigt, dass sich die Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem Umzug erhöht haben. Die Aufwendungen für die bisherige Wohnung betrugen beim Auszug 365,94 Euro (232,94 Euro Grundmiete, 50 Euro Vorauszahlung Betriebskosten, 22 Euro Vorauszahlung Kalt-/Abwasserkosten und 61 Euro Vorauszahlung Heizkosten. Die Aufwendungen für die neue Wohnung beliefen sich beim Einzug auf 480,28 Euro (316,37 Euro Nettokaltmiete, 73,93 Euro Vorauszahlung Betriebskosten, 27,51 Euro Vorauszahlung Kaltwasser und 62,47 Euro Vorauszahlung Sammelheizung und Warmwasserversorgung).

Eine Deckelung des anzuerkennenden Bedarfs für Unterkunft und Heizung in Höhe des bisherigen Bedarfs nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II kommt allerdings gleichwohl nicht in Betracht, weil insoweit als Tatbestandsvoraussetzung dieser Deckelung von dem Beklagten als Leistungsträger keine abstrakten Angemessenheitsgrenzen im streitigen Zeitraum ermittelt wurden. Die Ausführungsvorschriften zur Gewährung von Leistungen gemäß § 22 SGB II und §§ 29 und 34 SGB X vom 10. Februar 2009 (ABl Berlin Nr. 10 vom 27. Februar 2009, S. 502) – AV-Wohnen – sind nicht maßgebend, denn sie bestimmen die abstrakten Angemessenheitsgrenzen nicht gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II.

Die Ermittlung der Angemessenheit der Kosten für Unterkunft und Heizung erfordert eine Einzelfallprüfung. Diese hat für die Unterkunftskosten und die Heizkosten getrennt zu erfolgen (BSG, Urteil vom 2. Juli 2009, B 14 AS 36/08 R, Rdnr. 18, zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 23).

Die AV-Wohnen, bei denen es sich um bloße Verwaltungsvorschriften handelt, die keine unmittelbare Rechtswirkung für die Betroffenen entfalten, sind daher deswegen zur Bewertung angemessener Wohnkosten ungeeignet, weil sie eine Bruttowarmmiete (so Ziffer 3.2.1 Abs. 2 eine monatliche Bruttowarmmiete von 444,00 Euro für einen 2-Personen-Haushalt) ausweisen, obwohl die Beurteilung von Unterkunftskosten von der Beurteilung der Heizkosten unabhängig zu erfolgen hat (so dazu ausdrücklich: BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 26), ihnen also kein schlüssiges Konzept i. S. der Rechtsprechung des BSG zugrunde liegt (BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R, Rdnr. 22).

Damit scheidet eine Leistungsdeckelung nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II aus.

Dies schließt jedoch eine Prüfung der Unangemessenheit im Einzelfall im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II nicht aus, wobei dann für die Begrenzung der Nettokaltmiete und der kalten Nebenkosten auf die Werte der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Zuschlags von 10 % abgestellt werden könnte. Eine Prüfung der Unangemessenheit der Heizkosten im Einzelfall kann dabei an den Grenzwerten aus bundesweitem oder kommunalem Heizspiegel erfolgen (BSG, Urteil vom 29. April 2015 – B 14 AS 6/14 R, Rdnrn. 27, 28). Ein Rückgriff auf die Wohngeldtabelle kommt jedoch nur in Betracht, soweit Erkenntnismöglichkeiten im lokalen Bereich nicht weiter führen (BSG, Urteil vom 07. November 2006 – B 7b AS 18/06 R, Rdnr. 23, zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr.3), so dass anstelle dessen das von Schifferdecker/Irgang/Silbermann, Einheitliche Kosten der Unterkunft in Berlin - Ein Projekt von Richterinnen und Richtern des Sozialgerichts Berlin (Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit Nr. 1/2010, S. 31 ff) entwickelte Modell herangezogen werden kann.

Die Kosten der Unterkunft und Heizung der neuen Wohnung sind daher zu übernehmen, soweit diese Kosten angemessen sind.

Die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft ist unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie festzustellen (grundlegend: BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 18/06 R, Rdnr. 20, zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 3). Diese stellt auf das Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard (als Summe von angemessener Kaltmiete je Quadratmeter und angemessenen kalten Betriebskosten) ab, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt. Der abstrakt angemessene Quadratmeterpreis für die Unterkunft (Bruttokaltmiete) setzt sich damit aus der Nettokaltmiete und den kalten Betriebskosten zusammen (BSG, Urteil vom 18. November 2014 – B 4 AS 9/14 R, Rdnr. 33, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-4200 § 22 Nr. 81).

Die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft ist dabei in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren: 1. ist die angemessene Wohnungsgröße zu ermitteln. 2. ist der maßgebliche örtliche Vergleichsraum festzulegen. 3. ist unter Berücksichtigung des angemessenen einfachen Wohnungsstandards festzustellen, welche Nettokaltmiete pro Quadratmeter Wohnfläche für die angemessene Wohnungsgröße auf dem Wohnungsmarkt des maßgeblichen Vergleichsraums zu zahlen ist, um die nach der Produkttheorie angemessene Nettokaltmiete zu ermitteln. 4. sind zu der Nettokaltmiete sind noch die kalten Betriebskosten hinzuzurechnen (BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R, Rdnr. 15, zitiert nach juris; BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 20, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-4200 § 22 Nr. 42). Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle. Im Streitfall ist das der Bestimmung der Kosten zugrunde liegende Konzept damit von den Gerichten in vollem Umfang zu überprüfen und ggf. ein solches Konzept durch eigene Ermittlungen zu ergänzen (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 20).

Bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche ist auf die anerkannte Wohnraumgröße für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen. Hinsichtlich der Überlassung von gefördertem Mietwohnungsraum gilt § 27 Abs. 1 bis 5 Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) i. V. m. § 5 Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG). Wegen der maßgeblichen Wohnungsgröße verweist § 27 Abs. 4 WoFG (als Nachfolgeregelung zu § 5 Abs. 2 WoBindG in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung) auf die nach § 10 WoFG von den Ländern festgelegten Wohnungsgrößen (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 22, m. w. N.; BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R, Rdnr. 17).

Das Land Berlin hat allerdings zu § 10 WoFG keine Ausführungsvorschriften erlassen. Zu § 5 WoBindG und § 27 WoFG liegen nur (unveröffentlichte) Arbeitshinweise der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 15. Dezember 2004 vor, die wegen der maßgeblichen Wohnungsgröße an die zuvor ergangenen Bekanntmachungen anknüpfen. Danach darf entsprechend der Bekanntmachung der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen vom 20. Oktober 1995 (Amtsblatt für Berlin 1995, 4462) an Einzelpersonen Wohnraum bis zu 50 qm und an Zwei-Personen-Haushalte Wohnraum bis zu 60 qm überlassen werden. An diese Regelungen ist auch für die Bestimmung der Angemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 1 SGB II anzuknüpfen. Die weitergehenden Differenzierungen nach der Raumzahl sind für die Auslegung des § 22 Abs. 1 SGB II unbeachtlich (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 22; BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R, Rdnr. 18).

Danach beträgt vorliegend die angemessene Wohnungsgröße bei einem Zwei-Personen-Haushalt bis höchstens 60 qm.

Ausgangspunkt für die Bestimmung des Vergleichsraumes zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft ist zunächst der Wohnort des Hilfebedürftigen. Bei dem Vergleichsraum muss es sich um einen ausreichend großen Raum der Wohnbebauung handeln, der aufgrund seiner räumlichen Nähe, seiner Infrastruktur und insbesondere seiner verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet. Maßgebender Gesichtspunkt kann damit die Ausrichtung des öffentliche Nahverkehrs auf ein bestimmtes Kerngebiet sein, das auch von den Randlagen aus in Fahrzeiten erreichbar ist, wie sie erwerbstätigen Pendlern zugemutet werden (vgl. § 121 Abs. 4 Satz 2 SGB III), sofern innerhalb dieses Raumes auch einfache Wohnlagen, an deren Mietniveau sich die Referenzmieten orientieren, vorhanden sind, sodass die Bildung eines engeren Vergleichsraums, die das Risiko der Gettoisierung in sich birgt, nicht erforderlich erscheint (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 24).

Für Hilfebedürftige innerhalb Berlins ist damit maßgeblicher Vergleichsraum das gesamte Stadtgebiet von Berlin (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 24; BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R, Rdnr. 19).

Ausgehend von diesem räumlichen Vergleichsmaßstab bestimmt sich der den Wohnungsstandard widerspiegelnde angemessene Quadratmeterpreis (die Angemessenheitsgrenze) wie folgt: Zugrunde zu legen ist ein einfacher, im unteren Marktsegment liegender Standard. Die Wohnung muss hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügen. Die festgestellte angemessene Referenzmiete oder die Mietobergrenze muss mithin so gewählt werden, dass es dem Hilfebedürftigen möglich ist, im konkreten Vergleichsraum eine "angemessene" Wohnung anzumieten. Die Mietobergrenze ist nach der Rechtsprechung des BSG auf Grundlage eines diese Vorgaben beachtenden schlüssigen Konzepts zu ermitteln (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 25, m. w. N.; BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R, Rdnr. 21).

Die angemessene Referenzmiete kann auf der Grundlage eines Mietspiegels ermittelt werden. Es ergeben sich aus der Funktion von einfachen und qualifizierten Mietspiegeln im Anwendungsbereich des Mieterhöhungsverfahrens nach §§ 558 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zwar einige Vorgaben, die für die Ermittlung der grundsicherungsrelevanten Vergleichsmiete nicht in gleichem Maße Bedeutung haben. Vor allem dürfen bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nach § 558 Abs. 2 BGB, zu deren Darstellung Mietspiegel dienen, nur diejenigen Wohnungen berücksichtigt werden, bei denen die Miete in den letzten vier Jahren neu vereinbart oder, von Veränderungen der Betriebskosten nach § 560 BGB abgesehen, geändert worden ist. Daran orientiert sollen nur solche Wohnungen zur Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels herangezogen werden (vgl. Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, herausgegeben vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Berlin 2002, S 17). Zudem darf bei der Erstellung eines Mietspiegels Wohnraum nicht berücksichtigt werden, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist, denn §§ 558 ff BGB finden nur auf frei vermieteten Wohnraum Anwendung. Aus diesem Grund kann gegen die Heranziehung einfacher und qualifizierter Mietspiegel im Anwendungsbereich des § 22 SGB II vor allem eingewandt werden, sie bildeten das Mietniveau hinsichtlich der Bestandsmieten im einfachen Marktsegment nur teilweise, nämlich lediglich bezogen auf sog Neuvertragswohnungen und geänderte Bestandswohnungen auf dem freien Wohnungsmarkt ab. Allerdings ist bei der Prüfung nach § 22 Abs. 1 SGB II letztlich entscheidend, ob im konkreten Vergleichsraum eine "angemessene" Wohnung für den Fall anzumieten wäre, dass die Bestandswohnung unangemessen teuer ist. (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 27, m. w. N.).

Damit kann der Berliner Mietspiegel 2009 (Amtsblatt für Berlin 2009, Nr. 27 vom 24. Juni 2009) als qualifizierter Mietspiegel Grundlage der Bestimmung der Referenzmiete nach § 22 Abs. 1 SGB II sein. Im Hinblick auf das mit dem Mietspiegel nicht erfasste Marktsegment der preisgebundenen Wohnungen bestehen bezogen auf Berlin keine weitergehenden Bedenken (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 27, m. w. N.; BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R, Rdnr. 23).

Sollen aus Daten eines qualifizierten Mietspiegels grundsicherungsrelevante Schlüsse abgeleitet werden, ist eine Beschränkung auf Daten bestimmter Bauklassen grundsätzlich nicht zulässig, es sei denn es liegt statistisch valides Material vor, das eine Aussage darüber zulässt, welche Bauklassen in welchem Umfang tatsächlich den gesamten Vergleichsraum - und nicht lediglich ganz bestimmte, als sozial problematisch einzuschätzende Teile hiervon - prägen (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 28; BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R, Rdnr. 24).

Solche Daten zu Bauklassen liegen für den Berliner Mietspiegel 2009 nicht vor. Allerdings weist der Berliner Mietspiegel in den Spalten 1 und 3 innerhalb der Bauklassen bis 1918 und bis 1949 Wohnungen mit besonders niedrigem Ausstattungsgrad (Wohnungen ohne Sammelheizung und/oder ohne (Dusch)-Bad sowie andererseits oder kumulativ Wohnungen ohne Bad (mit Innen-WC)) gesondert aus. Zur Bildung eines grundsicherungsrelevanten Mietwertes sind diese Werte nicht mit heranzuziehen, denn auf Wohnungen mit diesem untersten Ausstattungsgrad können Hilfebedürftige bei der Wohnungssuche grundsätzlich nicht verwiesen werden (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 29).

Die Bildung eines arithmetischen Mittelwerts aus den (verbleibenden) Mittelwerten der Bauklassen als abschließenden Schritt zur Berechnung einer grundsicherungsrelevanten Nettokalt-Vergleichsmiete, erfüllt die Anforderungen an ein mathematisch-statistisch nachvollziehbares Konzept nicht. Die sog Tabellenmethode, nach der der Berliner Mietspiegel erstellt ist, stellt die Daten als Mietspannen nach den einzelnen Wohnwertmerkmalen (hier Bauklassen, Größe der Wohnungen und Lage) in Rasterfeldern zusammen. Zwischen den einzelnen (insgesamt 107 besetzten) Rasterfeldern bestehen keine Beziehungen. Sie spiegeln allein die Datenerhebung in dem einzelnen, mit den drei Parametern beschriebenen Teilmietmarkt wider. Einzelne Felder haben also je nach der Anzahl von Wohnungen, die in diesem Segment vertreten sind, eine unterschiedliche Aussagekraft für den Gesamtmarkt. Weil die Rasterfelder nicht (im Sinne einer gleichmäßigen Verteilung der hier wiedergegebenen Mietpreise) aufeinander aufbauen, bleiben arithmetische Mittelwerte mit einem hohen Grad an Zufälligkeit belastet, besonders wenn einzelne Werte - wie vorliegend der Wert für Neubauwohnungen der letzten 15 Jahre - stark von den übrigen Werten abweichen. Das arithmetische Mittel für sich genommen bietet damit nicht die Gewähr, dass das einfache Mietsegment realistisch abgebildet wird (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 30). Soweit sich insoweit weitergehende Schlüsse insbesondere aus den Grundlagendaten eines qualifizierten Mietspiegels ziehen lassen, können diese Daten zugrunde gelegt werden (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 31). Ergeben sich daraus keine Anhaltspunkte dafür, dass eine bestimmte Baualtersklasse statistisch nachvollziehbar über alle Bezirke hinweg so häufig vorhanden ist und zugleich den einfachen Standard nachvollziehbar abbildet, dass allein auf diesen Wert (ggf. um einen Aufschlag erhöht) zurückzugreifen ist, bietet es sich an, einen gewichteten arithmetischen Mittelwert nach Verteilung der in der Grundgesamtheit abgebildeten Wohnungen in den jeweiligen Bauklassen zu bilden. Ein solcher Mittelwert bietet die Gewähr, dass ein einzelner Wert für eine bestimmte Baualtersklasse entsprechend seiner tatsächlichen Häufigkeit auf dem Markt in einen grundsicherungsrelevanten Mittelwert einfließt. Dabei ist zulässigerweise dieser Wert auf Grundlage der jeweiligen Mittelwerte der Rasterfelder zu bilden (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 32, unter Hinweis auf Schifferdecker/Irgang/Silbermann, Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit 2010, 28; BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R, Rdnr. 26).

Die angemessene Nettokaltmiete ist also ausgehend davon unter Heranziehung der Grundlagendaten zum Berliner Mietspiegel 2009 ("Grundlagendaten für den empirischen Mietspiegel – Endbericht zum Berliner Mietspiegel 2009", www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/mietspiegel/de/download/mietspigel2009 endbericht.pdf) aus den genannten verbliebenen Wohnungen (mit den jeweiligen Wohnflächen, Wohnlage einfach) ausgehend von den Mittelwerten zu ermitteln und ihrem Verhältnis zur Gesamtzahl der herangezogenen Wohnungen zu gewichten.

Die angemessene Nettokaltmiete beträgt mithin bei einer Wohnfläche von bis 60 qm (Zwei-Personen-Haushalt) 4,76 Euro/qm. Neben der Nettokaltmiete sind auch die angemessenen Betriebskosten i. S. des § 556 BGB - mit Ausnahme der Heizkosten - abstrakt zu bestimmen und als Faktor in das Produkt mit einzubeziehen sind. Eine vertragliche Vereinbarung über die Umlage der Betriebskosten auf den Mieter erfolgt bei Abschluss eines Mietvertrages nahezu ausnahmslos, denn ohne eine solche Regelung können die in § 556 BGB genannten Betriebskosten vom Vermieter nicht auf den Mieter umgelegt werden (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 33). Eine Umlagevereinbarung bei der Miete über Wohnraum muss die in § 556 Abs. 1 und 2 BGB i. V. m. der Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche, über die Aufhebung von Betriebskosten und zur Änderung anderer Verordnungen (BetrKV; vom 25. November 2003, BGBl I 2346) normierten Vorgaben beachten. Wegen der abstrakt angemessenen Kosten i. S. des § 22 Abs. 1 SGB II sind die dort genannten Betriebskosten maßgebend. Auch insoweit erscheint es zulässig, zur Erstellung eines Konzepts auf bereits vorliegende Daten aus Betriebskostenübersichten zurückzugreifen, im Ausgangspunkt allerdings auf örtliche Übersichten und insoweit auf die sich daraus ergebenden Durchschnittswerte. Insbesondere bei Ver- und Entsorgungsdienstleistungen ergeben sich regional deutliche Unterschiede, auf die Rücksicht genommen werden muss. Eine weitergehende Gewichtung scheint dagegen nicht notwendig, da nicht erkennbar ist, welche zuverlässigen (weitergehenden) Aussagen sich hieraus ableiten lassen sollten. Neben den (nichtamtlichen) Übersichten in Mietspiegeln kommen auch Übersichten der örtlichen Interessenverbände in Betracht, die an der Anerkennung des Mietspiegels beteiligt waren. Soweit die örtlich erfassten Werte nicht aktuell sind, liegt es nahe, vom Träger der Grundsicherung entsprechende Rückfragen bei den örtlichen Interessenverbänden durchführen zu lassen bzw. die Werte an die allgemeine Preisentwicklung anzupassen. Nur wenn sich konkret Anhaltspunkte dafür ergeben, dass vom Deutschen Mieterbund für das gesamte Bundesgebiet aufgestellte Übersichten gerade das örtliche Niveau besser abbilden, kann auf diese zurückgegriffen werden. Solche Gründe, weshalb die Werte des Deutschen Mieterbundes ein realistischeres Bild des örtlichen Preisniveaus von Berlin abgeben sollten, sind bislang nicht ersichtlich (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 34; BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R, Rdnr. 28).

Zur Prüfung, ob in dem örtlichen Vergleichsraum eine Wohnung zu dieser abstrakt angemessenen Leistung für die Unterkunft auch tatsächlich angemietet werden kann, ist darauf hinzuweisen, dass beim Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels mit entsprechend wissenschaftlich gesicherten Feststellungen zum Wohnungsbestand davon ausgegangen werden kann, dass es eine Wohnung zu dem nach dem Mietspiegel angemessenen Quadratmeterpreis gibt. Diese Tatsachenvermutung kann aber erschüttert werden (BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 32/09 R, Rdnr. 29). Eine objektive Unmöglichkeit, eine Wohnung zu einem solchen angemessenen Quadratmeterpreis zu finden, hat das BSG grundsätzlich verneint, weil es in Deutschland derzeit keine allgemeine Wohnungsnot gibt und allenfalls in einzelnen Regionen Mangel an ausreichendem Wohnraum besteht (BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 106/10 R, Rdnr. 30, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-4200 § 22 Nr. 46 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R, abgedruckt in BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 19). Dies gilt zumindest dann an, wenn ein qualifizierter Mietspiegel, der in einem wissenschaftlich gesicherten Verfahren aufgestellt wurde, der Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises für die Kaltmiete zugrunde liegt und entweder der Durchschnittswert dieses Mietspiegels angewandt wird oder dem Mietspiegel Aussagen zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem angemessenen Quadratmeterpreis entnommen werden können (BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 106/10 R, Rdnr. 30).

Die angemessenen kalten Betriebskosten sind daher ausgehend davon ebenfalls unter Heranziehung der Grundlagendaten zum Berliner Mietspiegel 2009 ("Grundlagendaten für den empirischen Mietspiegel – Endbericht zum Berliner Mietspiegel 2009", Tabelle 5) aber mit allen Wohnflächen und allen Wohnlagen mit Ausnahme der bereits oben genannten Wohnungen, auf die Hilfebedürftige nicht verwiesen werden dürfen, zu ermitteln, denn für die kalten Betriebskosten weist die Tabelle 5 insoweit keine Differenzierung nach Wohnflächen und Wohnlage aus, und ihrem Verhältnis zur Gesamtzahl der herangezogenen Wohnungen zu gewichten.

Die angemessenen kalten Betriebskosten betragen mithin 1,41 Euro/qm.

Dies ergibt zusammen als angemessene Bruttokaltmiete 6,17 Euro/qm. Daraus folgt für einen 2-Personen-Haushalt bei einer angemessenen Wohnfläche von 60 qm eine angemessene Bruttokaltmiete von 370,20 Euro (60 qm x 6,17 Euro/qm).

Demgegenüber betrug zum 1. Oktober 2010 die (neue) Bruttokaltmiete für die Kläger 417,81 Euro/qm.

Der Anspruch auf Leistungen für die Heizung besteht grundsätzlich in Höhe der konkret-individuell geltend gemachten Aufwendungen, soweit sie angemessen sind.

Von unangemessen hohen Heizkosten ist auszugehen, wenn bestimmte Grenzwerte überschritten werden, die den von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund erstellten und durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten "Kommunalen Heizspiegeln" bzw. dem "Bundesweiten Heizspiegel" zu entnehmen sind. Solange der jeweils örtlich zuständige Träger der Grundsicherung keine differenzierte Datenermittlung für den konkreten Vergleichsraum durchgeführt hat, die zuverlässige Schlüsse auf einen Wert für grundsicherungsrechtlich angemessene Heizkosten in seinem Zuständigkeitsbereich zulassen, ist die Heranziehung eines Grenzwertes aus Gründen der Praktikabilität geboten. Es ist zwar nicht zu verkennen, dass der hohe Grenzwert der energiepolitischen Zielsetzung eines Heizspiegels zuwiderläuft. Solche Zielsetzungen sind im Anwendungsbereich des SGB II aber nach den gesetzgeberischen Vorgaben unbeachtlich (BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 60/12 R, Rdnr. 22, m. w. N., zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 114, 1 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 69).

Dem Grenzwert aus einem (bundesweiten oder kommunalen) Heizkostenspiegel kommt nicht die Funktion einer Quadratmeterhöchstgrenze zu mit der Folge, dass bei unangemessen hohen Heizkosten die Aufwendungen für Heizung bis zu dieser Höhe, aber nur diese übernommen werden müssten. Auch diesem Wert liegt nämlich keine Auswertung von Daten zugrunde, die den Schluss zuließe, es handele sich insoweit um angemessene Kosten. Der Grenzwert markiert nicht angemessene Heizkosten, sondern gibt einen Hinweis darauf, dass von unangemessenen Heizkosten auszugehen ist; das Überschreiten des Grenzwertes kann lediglich als Indiz für die fehlende Angemessenheit angesehen werden ("im Regelfall"). Dies hat im Streitfall zur Folge, dass es dem Leistungsberechtigten obliegt vorzutragen, warum seine Aufwendungen gleichwohl als angemessen anzusehen sind. Insofern führt das Überschreiten des Grenzwertes zu einem Anscheinsbeweis zu Lasten des Leistungsberechtigten dahin, dass von unangemessen hohen Kosten auszugehen ist. Lässt sich nicht feststellen, dass im Einzelfall höhere Aufwendungen gleichwohl angemessen sind, treffen ihn die Folgen im Sinne der materiellen Beweislast (BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 60/12 R, Rdnr. 23, m. w. N.).

Der Grenzwert errechnet sich aus der abstrakt angemessenen Wohnfläche (und nicht aus der Wohnfläche der konkret innegehabten Wohnung) und, wenn ein kommunaler Heizspiegel - wie vorliegend für Berlin - nicht existiert, den entsprechenden Werten der Spalte "zu hoch" für Heizöl, Erdgas bzw. Fernwärme des "Bundesweiten Heizspiegels", der zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung veröffentlicht war. Bei Wohnungen, die mit einer Etagenheizung beheizt werden, erscheint es sachgerecht, zugunsten der Leistungsberechtigten den Wert für eine Gebäudefläche von 100 bis 250 qm zugrunde zu legen, weil diese den Verbrauchswerten einer Einzelheizanlage am nächsten kommen. Schließlich liegt nahe, für Energieträger, die im Heizspiegel nicht gesondert aufgeführt sind (Strom, Holz, Solarenergie o. ä.), den jeweils kostenaufwändigsten Energieträger des Heizspiegels vergleichend zugrunde zu legen (BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 – B 14 AS 60/12 R, Rdnr. 25).

Maßgebend ist vorliegend der Bundesweite Heizspiegel 2010 vom 18. Mai 2010.

Der Grenzwert bei der Beheizung einer Wohnung mit Fernwärme bei einer Gebäudefläche von über 1.000 qm liegt bei 17,90 Euro/qm/Jahr.

Daraus errechnen sich bei einer abstrakt angemessenen Wohnfläche von 60 qm für einen Zwei-Personen-Haushalt 1074 Euro/Jahr und mithin 89,50 Euro monatlich.

Demgegenüber betrug zum 1. Oktober 2010 die Heizkostenvorauszahlung für die Kläger 62,47 Euro monatlich und war somit nicht unangemessen.

Nach alledem begründet dies einen angemessenen Bedarf für Unterkunft und Heizung zum 1. Oktober 2010 von insgesamt 432,67 Euro (370,20 Euro zuzüglich 62,47 Euro).

Demgegenüber belief sich die Gesamtmiete zum 1. Oktober 2010 auf 480,28 Euro.

Für den weiteren Zeitraum vom 1. Oktober 2011 bis 31. März 2012 stellt sich dies wie folgt dar:

Die angemessene Nettokaltmiete ist unter Heranziehung der Grundlagendaten zum Berliner Mietspiegel 2011 (www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/mietspiegel/de/downloads.shtml) aus den genannten verbliebenen Wohnungen (mit den jeweiligen Wohnflächen, Wohnlage einfach) ausgehend von den Mittelwerten zu ermitteln und ihrem Verhältnis zur Gesamtzahl der herangezogenen Wohnungen zu gewichten.

Die angemessene Nettokaltmiete beträgt mithin bei einer Wohnfläche von bis 60 qm (Zwei-Personen-Haushalt) 4,91 Euro/qm.

Die angemessenen kalten Betriebskosten sind ebenfalls unter Heranziehung der Grundlagendaten zum Berliner Mietspiegel 2011 (www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/mietspiegel/de/downloads.shtml Tabelle 5) mit allen Wohnflächen und allen Wohnlagen mit Ausnahme der bereits oben genannten Wohnungen, auf die Hilfebedürftige nicht verwiesen werden dürfen, zu ermitteln, denn für die kalten Betriebskosten weist die Tabelle 5 insoweit keine Differenzierung nach Wohnflächen und Wohnlage aus, und ihrem Verhältnis zur Gesamtzahl der herangezogenen Wohnungen zu gewichten.

Die angemessenen kalten Betriebskosten betragen mithin 1,54 Euro/qm.

Dies ergibt zusammen als angemessene Bruttokaltmiete 6,45 Euro/qm.

Daraus folgt für einen 2-Personen-Haushalt bei einer angemessenen Wohnfläche von 60 qm eine angemessene Bruttokaltmiete von 387,00 Euro (60 qm x 6,45 Euro/qm).

Demgegenüber betrug die Bruttokaltmiete für die Kläger 417,81 Euro/qm.

Zur Bestimmung des Grenzwertes bei der Beheizung einer Wohnung ist der Bundesweite Heizspiegel 2011 vom 12. Oktober 2011 maßgebend.

Der Grenzwert bei der Beheizung einer Wohnung mit Fernwärme bei einer Gebäudefläche von über 1.000 qm liegt bei 18,70 Euro/qm/Jahr.

Daraus errechnen sich bei einer abstrakt angemessenen Wohnfläche von 60 qm für einen Zwei-Personen-Haushalt 1122 Euro/Jahr und mithin 93,50 Euro monatlich.

Demgegenüber betrug die Heizkostenvorauszahlung für die Kläger 62,47 Euro monatlich und war somit nicht unangemessen.

Nach alledem begründet dies einen angemessenen Bedarf für Unterkunft und Heizung von insgesamt 449,47 Euro (387,00 Euro zuzüglich 62,47 Euro).

Demgegenüber belief sich die Gesamtmiete vom 1. Oktober 2011 bis 31. März 2012 auf 480,28 Euro.

Ausgehend davon haben die Kläger Anspruch auf Übernahme weiterer Leistungen für Unterkunft und Heizung.

Dies gilt hinsichtlich der Nachforderung von 132,19 Euro für die Zeit vom 1. Oktober 2010 bis 31. Dezember 2010.

Mit der Geltendmachung der Betriebskostennachforderung durch den Vermieter ist eine rechtserhebliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten. § 22 Abs. 1 SGB II erfasst nicht nur laufende, sondern auch einmalige Kosten für Unterkunft und Heizung. Soweit eine Nachforderung in einer Summe fällig wird, ist sie als tatsächlicher, aktueller Bedarf im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen, nicht aber auf längere Zeiträume zu verteilen. Nachzahlungen gehören demzufolge zum aktuellen Bedarf im Fälligkeitsmonat (BSG, Urteil vom 06. April 2011 – B 4 AS 12/10 R, Rdnr. 15, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-4200 § 22 Nr. 45). Aus der Zuordnung des Bedarfs zum Bewilligungszeitraum der Fälligkeit der geforderten Nachzahlung folgt allerdings nicht, dass auch die Angemessenheit der Unterkunfts- und Heizkosten nach den Verhältnissen im Fälligkeitsmonat zu beurteilen ist. Vielmehr beurteilt sich die Rechtslage nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Zeitraums, dem die fragliche Forderung nach ihrer Entstehung im tatsächlichen Sinne zuzuordnen ist. Für eine derartige Auslegung spricht schon die Überlegung, dass der Leistungsberechtigte allein in diesem Zeitraum die Unterkunfts- und Heizungskosten im Sinne seiner Obliegenheit zur Kostensenkung beeinflussen konnte. Nur eine derartige Auslegung des § 22 Abs. 1 Satz 1 und 3 SGB II wird ferner der den Vorschriften innewohnenden Schutzfunktion gerecht (BSG, Urteil vom 06. April 2011 – B 4 AS 12/10 R, Rdnr. 17).

Vorliegend geht es um eine geforderte Nachzahlung für die Zeit vom 1. Oktober 2010 bis 31. Dezember 2010. Es sind daher die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse dieses Zeitraums zur Bestimmung der Angemessenheit maßgebend.

Wie dargelegt betrug der angemessene Bedarf für Unterkunft und Heizung zum 1. Oktober 2010 432,67 Euro monatlich.

Der tatsächliche Bedarf für Unterkunft und Heizung belief sich (vor Abzug der Warmwasserpauschale von jeweils 5,82 Euro monatlich) auf 365,94 Euro. Wird die für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2010 geforderte Nachzahlung von 132,19 Euro durch die Zahl der Monate geteilt, für die sie zu zahlen ist, ergibt sich daraus ein Betrag von 44,06 Euro monatlich (132,19 Euro: 3). Wird dieser Betrag dem Betrag der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung von 365,94 Euro hinzugerechnet, resultiert daraus ein Betrag von 410 Euro, der hinter dem angemessenen Bedarf für Unterkunft und Heizung von 432,67 Euro zurückbleibt. Mithin ist die geforderte Nachzahlung von 132,19 Euro als angemessener Bedarf zu gewähren.

Für die Zeit vom 1. Oktober 2011 bis 31. März 2012 sind als angemessener Bedarf für Unterkunft und Heizung hingegen lediglich 83,53 Euro monatlich zu gewähren.

Wie dargelegt betrug ab 1. Oktober 2011 der angemessene Bedarf für Unterkunft und Heizung 449,47 Euro monatlich. Werden hiervon die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung der alten Wohnung von 365,94 Euro abgezogen, verbleiben 83,53 Euro als solche Kosten, die noch angemessen sind. Demgegenüber werden von den Klägern 85,30 Euro monatlich, also 1,77 Euro monatlich den angemessenen Betrag überschreitend, geltend gemacht.

Für die Zeit vom 1. Oktober 2011 bis 31. März 2012 ist dem von den Klägern erhobenen Begehren daher nicht in vollem Umfang zu entsprechen.

Die Berufung hat (nur) im Wesentlichen Erfolg.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits. Sie berücksichtigt, dass die Kläger mit ihrem Begehren auf Zahlung von 643,99 Euro weitgehend (mit 633,37 Euro) erfolgreich sind, so dass es angemessen erscheint, von einer Kostenquotelung abzusehen.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Saved