L 3 AS 99/12

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 29 AS 5915/10
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 99/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Allein ein geringer Kaufpreis und entsprechend niedrige Tilgungsraten rechtfertigt nicht die Übernahme der
Finanzierung durch den Sozialleistungsträger. Auch bei einem niedrigen Kaufpreis verbleibt es dabei, dass in einem solchen Fall der Aspekt des Vermögensaufbaus aus Mitteln der Existenzsicherung im Vordergrund steht und gerade nicht der Zweck, einem Leistungsempfänger die Beibehaltung der Wohnung zu ermöglichen.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 17. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt mit seiner Berufung über die ihm mit Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 17. Januar 2012 zugesprochenen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (SGB II) hinaus weitere Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis zum 30. November 2010.

Der 1952 geborene Kläger lebte bis 2006 in Bedarfsgemeinschaft mit seiner tschechischen Ehefrau sowie dem gemeinsamen, 1994 geborenen Sohn. Die Familie wohnte zunächst in Deutschland. Im Jahr 2006 trennte sich der Kläger von seiner Ehefrau, die mit dem Sohn nach Z ... (Tschechien) verzog. Die Ehe wurde am 3. Mai 2010 geschieden. Aufgrund einer gerichtlich genehmigten Sorgerechtsvereinbarung erbrachten die Eltern wechselseitig Betreuungsunterhaltsleistungen für den Sohn. Dieser hielt sich bis einschließlich August 2010 wochenweise abwechselnd beim Vater in Deutschland und der Mutter in Tschechien auf. Ab September 2010 lebte der Sohn des Klägers überwiegend bei der Mutter. Der Kläger leistete ab Oktober 2010 Unterhalt in Höhe von monatlich 50,00 EUR. Der Kläger erhielt für seinen Sohn Kindergeld in Höhe von monatlich 184,00 EUR. Weitere Einkünfte erzielte der Kläger im streitigen Zeitraum nicht.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 14. Oktober 2009 erwarb der Kläger von der Gemeinde A ... ein stark sanierungsbedürftigen Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 110 qm zu einem Kaufpreis von 4.600,00 EUR, unverzinslich zahlbar in monatlichen Raten von 200,00 EUR bis zum 15. Oktober 2011. Der Kläger zog im Oktober 2009 ein. Im streitigen Zeitraum überwies der Kläger an die Gemeinde A ... Raten in Höhe von 200,00 EUR in den Monaten Juni, Juli und November 2011. Das Hausgrundstück veräußerte er schließlich mit notariellem Kaufvertrag vom 16. Mai 2011 zu einem Kaufpreis von 5.000,00 EUR. Der Kaufpreis ging am 27. Mai 2011 in Höhe von 3.313,33 EUR auf seinem Konto ein. Den noch offenen Restkaufpreis von 1.686,67 EUR zahlte der Käufer an die Gemeinde A ... zur Ablöse. Der Kläger schloss für die Zeit ab dem 1. Juli 2011 mit dem Käufer einen Mietvertrag mit einer Kaltmiete von 265,00 EUR zuzüglich Betriebskostenvorauszahlungen und blieb als Mieter im Haus wohnen.

Die Wasserversorgung im Haus erfolgte über eine auf dem Grundstück vorhandene Brunnenanlage, die Warmwasserversorgung über einen Boiler. Der Kläger beheizte das Haus mittels einer Wärmespeicheranlage, für die er Heizstrom benötige. Den Heizstrom bezog der Kläger von der ENSO Energie X ... Ost AG (im Nachfolgenden: ENSO) unter der Bezeichnung ENSO-Strom-WSA (im Nachfolgenden: WSA-Strom). Mit Rechnung vom 5. Mai 2010 setzte die ENSO die von Juni 2010 bis Januar 2011 zu zahlenden Abschlagszahlungen für den Heizstrom in Höhe von monatlich 202,00 EUR zahlbar jeweils zum 14. des Monats fest. Darüber hinaus hatte der Kläger für den Privat-Strom Abschläge in Höhe von monatlich 58,00 EUR zu leisten. Für den Heizstrom erfolgte vom Konto des Klägers im Juni 2010 eine Abbuchung in Höhe von 108,00 EUR und im Juli 2010 von 98,53 EUR. Im Juli 2010 wurde eine weitere Abbuchung in Höhe von 202,00 EUR wieder zurückgebucht. Am 15. Oktober 2010 erfolgte eine Abbuchung in Höhe von 260,00 EUR und am 25. November 2010 in Höhe von 160,00 EUR, jeweils ohne nähere Zweckbestimmung. Ferner zahlte der Kläger monatlich an die Gebäudeversicherung einen Betrag in Höhe von 13,13 EUR.

Auf den Weiterbewilligungsantrag des Klägers hin bewilligte ihm die Vorgängerin des Beklagten, die ARGE W ... (im Folgenden: ARGE), mit Bescheid vom 10. Mai 2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis zum 30. November 2010 in Höhe von monatlich 261,34 EUR (= 205,00 EUR Regelleistung + 56,34 EUR KdU) und rechnete das Kindergeld in Höhe von 184,00 EUR abzüglich der Versicherungspauschale von 30,00 EUR als Einkommen an. Als Kosten für Unterkunft erkannte die ARGE die Kosten der Gebäudeversicherung in Höhe von 13,13 EUR sowie die Abschlagszahlungen für den Heizstrom (WSA-Strom) in Höhe von 50,00 EUR nach Abzug einer Warmwasserpauschale von 6,47 EUR an. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein.

Mit Änderungsbescheid vom 28. Juli 2010 änderte die ARGE die Leistungsbewilligung dahingehend ab, dass dem Kläger nunmehr 113,25 EUR (= 88,84 EUR Regelleistung + 24,41 EUR KdU) für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis zum 13. Juni 2010, 205,20 EUR (= 116,16 EUR Regelleistung + 89,04 EUR KdU) für die Zeit vom 14. Juni bis zum 30. Juni 2010 und 362,13 EUR (= 205,00 EUR Regelleistung + 157,13 EUR KdU) für die Zeit vom 1. Juli 2010 bis zum 30. November 2010 bewilligt wurden. Die Änderungen erfolgten in Umsetzung eines Beschlusses des Sozialgerichts Dresden vom 20. Juli 2010 im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Az. S 29 AS 3634/10 ER) und der Berücksichtigung von Abschlagszahlungen für den Heizstrom in Höhe von monatlich 144,00 EUR.

Nach dem Erlass des Änderungsbescheides wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 12. August 2010 als unbegründet zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 14. September 2010 Klage erhoben und für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis zum 30. November 2010 höhere Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung der Tilgungsraten von monatlich 200,00 EUR sowie dem Bestehen einer temporären Bedarfsgemeinschaft geltend gemacht.

Mit Urteil vom 17. Januar 2012 hat das Sozialgericht der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten verurteilt, dem Kläger unter Abänderung des Bescheides vom 10. Mai 2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 28. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2010 Leistungen nach dem SGB II für Juni bis August 2010 in Höhe von jeweils 527,13 EUR und für September bis November 2010 in Höhe von 412,13 EUR zu gewähren. Dem Kläger stehe ein Mehrbedarf wegen der Alleinerziehung seines Sohnes im sogenannten Wechselmodel nach § 21 Abs. 3 Nr. 2 SGB II für die Monate Juni bis August 2010 zu. Ab September 2010 entfalle der Mehrbedarf für Alleinerziehende wegen des überwiegenden Aufenthalts des Sohnes bei seiner Mutter in Tschechien. Stattdessen seien die Unterhaltszahlungen von 50,00 EUR bei der Anrechnung des Kindergeldes berücksichtigt. Neben den Kosten der Gebäudeversicherung in Höhe von 13,13 EUR seien als Kosten für Unterkunft die Abschlagszahlungen für den Heizstrom in Höhe von monatlich 144,00 EUR zu berücksichtigen. Ein höherer Bedarf sei nicht festzusetzten. Insbesondere komme eine Berücksichtigung der Tilgungsraten nicht in Betracht.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 2. Februar 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17. Februar 2012 Berufung eingelegt. Er wendet sich gegen die Nichtanerkennung der Tilgungskosten für das von ihm bewohnte Hausgrundstück und begehrt höhere Leistungen für Kosten für Unterkunft. Er verweist darauf, dass er das Grundstück nicht erworben habe, um Vermögen zu bilden, sondern weil er aufgrund der durch das Verhalten der ARGE entstandenen Notlage dazu gezwungen gewesen sei. Obwohl er nach der Kündigung seiner bis zum 31. Dezember 2008 bewohnten 3-Zimmer-Wohnung eine neue Unterkunft für sich und seinen Sohn benötigt habe, habe die ARGE ohne sachlichen Grund die Übernahme der Kosten für Unterkunft einer entsprechend großen Wohnung verweigert. Aus dieser Notlage heraus habe er sich schließlich dazu entschlossen das Haus zu erwerben.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 17. Januar 2012 und Bescheides vom 10. Mai 2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 28. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2010 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren und dabei insbesondere bei den Leistungen für Kosten der Unterkunft monatliche Tilgungsraten von 200,00 EUR zu berücksichtigen, welche im Zeitraum vom 1. Juni 2010 bis zum 30. November 2010 an die Gemeinde A ... zu zahlen waren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass die Entscheidung des Sozialgerichts nicht zu beanstanden sei. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Übernahme der Tilgungsleistungen.

Mit richterlichen Schreiben vom 8. Februar 2017 ist den Beteiligten unter Beifügung einer tabellarischen Übersicht mitgeteilt worden, welche Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung der Senat für nachgewiesen erachtet. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 7. März 2017 mitgeteilt, dass die Überprüfung ergeben habe, dass keine weiteren Nachweise aufgefunden bzw. vorgelegt werden könnten.

Wege der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Gegenstand der gerichtlichen Prüfung ist das Begehren des Klägers auf Gewährung höherer Leistungen für Kosten für Unterkunft und Heizung für das von ihm bewohnte Eigenheim über die ihm mit Urteil vom 17. Januar 2012 zugesprochenen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Juni 2009 bis zum 30. November 2010 hinaus.

Der Kläger hat mit der Einlegung seiner Berufung sein Rechtsschutzbegehren auf höhere Leistungen für Kosten für Unterkunft beschränkt. Diese Begrenzung des Streitgegenstands auf Leistungen für Kosten für Unterkunft ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes möglich, da es sich, wie hier, um eine abtrennbare Verfügung der angefochtenen Bewilligungsbescheide handelt (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 RBSGE 97, 217-230, SozR 4-4200 § 22 Nr. 1, juris Rdnr. 19; BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 – B 14/11b AS 15/07 R –, BSGE 100, 94-103, SozR 4-4200 § 22 Nr. 5, Rdnr. 17; BSG, Urteil vom 19. März 2008 – B 11b AS 41/06 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 7 = juris Rdnr. 18; BSG, Beschluss vom 16. Juli 2009 – B 14 AS 121/08 B – juris Rdnr. 10).

II. Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft.

Die Berufung an das Landessozialgericht findet gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gegen die Urteile der Sozialgerichte statt, soweit sich aus den Vorschriften des Ersten Unterabschnitts zum Zweiten Abschnitt des Zweiten Teils des Sozialgerichtsgesetzes (§§ 143 bis 159 SGG) nichts anderes ergibt. Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht kann gemäß § 145 Abs. 1 Satz 1 SGG durch Beschwerde angefochten werden. Wenn der Wert des Beschwerdegegenstands diesen Schwellenwert übersteigt, ist mithin die Berufung kraft Gesetzes statthaft und zugleich die Nichtzulassungsbeschwerde unstatthaft. Dies gilt nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG auch dann, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

Dies ist vorliegend der Fall. Der Kläger begehrt höhere Leistungen für Kosten für Unterkunft für das vom ihm damals bewohnte Eigenheim für die Zeit vom 1. Dezember 2009 bis zum 31. Mai 2010 unter Berücksichtigung von monatlich zu zahlenden Tilgungsleistungen in Höhe von 200,00 EUR, so dass er für den streitgegenständlichen Leistungszeitraum höhere Leistungen von mindestens 1.200,00 UR (= 6 Monate x 200,00 EUR/Monat) erstrebt. Der nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG für die Berufung erforderliche Wert des Beschwerdegegenstands von 750,00 EUR wird damit überschritten.

III. Die Berufung bleibt ohne Erfolg.

Die Entscheidung des Sozialgerichts Chemnitz vom 17. Januar 2012 ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf weitergehende Leistungen für Kosten für Unterkunft als diejenigen, die ihm das Sozialgericht zuerkannt hat.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der hier maßgebenden, bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung wurden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen waren.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung der im Zusammenhang mit dem Erwerb des Hausgrundstückes im streitigen Zeitraum zu zahlenden Tilgungsleistungen in Höhe von monatlich 200,00 EUR als Kosten für Unterkunft im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II.

Vorliegend handelt es sich bei den Tilgungsleistungen um Finanzierungskosten für das vom Kläger selbst genutzte Hausgrundstück. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes können Tilgungsleistungen zur Finanzierung selbstgenutzten Wohneigentums grundsätzlich nicht als Kosten für Unterkunft im Sinne des § 22 SGB II berücksichtigt werden. Nach Auffassung des Bundessozialgerichts sind die Grundsicherungsleistungen auf die aktuelle Existenzsicherung beschränkt und sollen nicht der Vermögensbildung dienen (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7 b AS 2/05 R – SozR 4-4200 § 12 Nr. 3 = juris Rdnr. 24; BSG, Urteil vom 7. Juli 2011 – B 14 AS 79/10 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 48 = juris Rdnr. 18; BSG, Urteil vom 16. Februar 2012 – B 4 AS 14/11 R – juris Rdnr. 23; BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 – B 14 AS 42/13 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 78 = juris Rdnr. 16, m. w. N).

Ausnahmen von diesem Grundsatz sind im Hinblick auf den im SGB II ausgeprägten Schutz des Grundbedürfnisses "Wohnen" nur in besonderen Ausnahmefällen angezeigt, wenn es um die Erhaltung von Wohneigentum geht, dessen Finanzierung im Zeitpunkt des Bezugs von Grundsicherungsleistungen bereits weitgehend abgeschlossen ist und der Erwerb der Immobilie außerhalb des Leistungsbezugs erfolgt ist (vgl. BSG Urteil vom 7. Juli 2011 – B 14 AS 79/10 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 48 = juris Rdnr 20; BSG Urteil vom 16. Februar 2012 – B 4 AS 14/11 R = juris Rdnr. 25; BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015 – B 4 AS 49/14 R – juris Rndr. 20). Der Grund für diese Ausnahme liegt darin, dass bei einer ausschließlichen Berücksichtigung von Schuldzinsen Leistungsbezieher, die Wohneigentum gerade erst erworben haben und bei denen die Zinszahlungen die Tilgungsraten weit übersteigen, ungerechtfertigt bevorzugt würden gegenüber denjenigen Hilfebedürftigen, die aufgrund der Besonderheiten etwa eines Annuitätendarlehens durch weitgehende Zahlung der Zinsen in Vorleistung treten mussten und bei denen schließlich die Abzahlungen fast nur noch aus Tilgungsleistungen bestehen. Geht es nur um die Tilgung einer Restschuld ist die Vermögensbildung bereits weitgehend abgeschlossen und der Aspekt des Vermögensaufbaus aus Mitteln der Existenzsicherung tritt gegenüber dem vom SGB II ebenfalls verfolgten Ziel, die Beibehaltung der Wohnung zu ermöglichen, zurück (vgl. BSG Urteil vom 7. Juli 2011 – B 14 AS 79/10 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 48 = juris Rdnr. 19; BSG, Urteil vom 3. Dezember 2015 – B 4 AS 49/14 R = juris Rdnr. 20).

Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Der Kläger befand sich in der Vergangenheit bereits im Leistungsbezug beim Beklagten. Ihm war aufgrund des Auslaufens seiner Arbeitsbeschaffungsmaßnahmestelle zum 16. November 2009 bereits zum Zeitpunkt des Erwerbs des Hausgrundstückes bewusst, dass er künftig wieder auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts angewiesen sein werde. Zudem erfolgte die Finanzierung des Hauses in voller Höhe des Kaufpreises und sollten von Beginn an vollständig durch die Ratenzahlungen getragen werden.

Besondere Umstände ergeben sich auch nicht daraus, dass der Kaufpreis gering war und zudem die Höhe der Tilgungsraten mit einem Betrag von 200,00 EUR im Rahmen dessen lag, was der Beklagte bei Anmietung einer Wohnung durch den Kläger für angemessen erachtet hätte. Allein eine geringer Kaufpreis und entsprechend niedrige Tilgungsraten rechtfertigt nicht die Übernahme der Finanzierung durch den Sozialleistungsträger. Auch bei einem niedrigen Kaufpreis verbleibt es dabei, dass in einem solchen Fall der Aspekt des Vermögensaufbaus aus Mitteln der Existenzsicherung im Vordergrund steht und gerade nicht der Zweck, einem Leistungsempfänger die Beibehaltung der Wohnung zu ermöglichen. Der Aspekt des Vermögensaufbaus zeigt sich im Fall des Klägers auch darin, dass ihm nach der Veräußerung des Hauses am 27. Mai 2011 nach Abzug der noch offenen Verbindlichkeit ein Betrag von 3.313,33 EUR als Vermögen blieb, das sich allein aufgrund der erfolgten Ratenzahlungen gebildet hat.

Besondere Umstände, die die Übernahme der Tilgungsraten durch den Beklagten ergeben, begründen sich auch nicht aus einem Verschulden aufgrund einer Verweigerung der Anmietung angemessenen Wohnraums. Dabei kann offenbleiben, ob und inwieweit der ARGE schuldhaftes Verhalten zu Last gelegt werden kann. Denn es hätte dem Kläger jederzeit freigestanden, das Verhalten der ARGE gerichtlich überprüfen zu lassen und gegebenenfalls auch eine einstweilige Anordnung herbeizuführen. Es ist nicht ersichtlich, dass für den Kläger keine Möglichkeit bestand hätte, angemessenen Wohnraum für sich und seinen Sohn anzumieten, dessen Aufwendungen der Beklagte hätte übernehmen müssen. Eine existenzielle Notlage, der der Kläger allein durch Erwerb des Hausgrundstückes hätte entgehen können, war nicht gegeben.

2. Auch im Übrigen hat der Kläger keinen Anspruch auf weitere Leistungen für Kosten für Unterkunft. Weitere Aufwendungen für die Unterkunft als diejenigen die das Sozialgericht ihm zuerkannt hat der Kläger nicht dargetan.

Das Sozialgericht hat dem Kläger für die Zeit von 1. Juni 2010 bis zum 30. November 2010 monatliche Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 157,13 EUR zugesprochen und dabei eine Abschlagszahlung von 144,00 EUR für den WSA-Strom sowie einen Betrag in Höhe von 13,13 EUR für den Monatsbeitrag zur Wohngebäudeversicherung.

Ausweislich der vom Kläger eingereichten Kontoauszüge sind ihm höhere Aufwendungen im streitigen Zeitraum für den WSA-Strom auch nicht entstanden. So setzte zwar die ENSO mit Rechnung vom 5. Mai 2010 die monatlich zu leistende Abschlagszahlung auf 202,00 EUR fest. Nachweise konnte der Kläger aber lediglich für eine Zahlung von 108,00 EUR im Juni 2010, 98,53 EUR im Juli 2010 und 102,00 EUR im November 2010 vorlegen. Insofern liegt allenfalls Überzahlung vor. Ein Anspruch auf höhere Aufwendungen besteht nicht.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und berücksichtigt das Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens.

V. Gründe für die Zulassung der Revision (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved