L 1 U 3570/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 1695/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 3570/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 23.08.2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Nach sinngemäßer Auslegung des Begehrens des Klägers ist streitig, ob er wegen der Folgen des Unfalls vom 19.06.2013 Verletztenrente beanspruchen kann.

Der Kläger ist 19 ... geboren. Er betreibt eine Landwirtschaft und wird von der beklagten landwirtschaftlichen Unfallversicherung als beitragspflichtiges Mitglied geführt.

Mindestens seit dem Jahr 2002 haben der Kläger und seine Ehefrau zahlreiche Gerichtsverfahren gegen die verschiedenen Zweige der landwirtschaftlichen Sozialversicherung geführt. Darin haben sie überwiegend die Rückzahlung bzw. Erstattung ihrer Beiträge gefordert. Diese Klagen hatten keinen Erfolg. Wegen der Einzelheiten wird auf die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) vom 15.06.2004 (L 10 LW 4919/03 und L 10 LW 1203/04), vom 18.05.2006 (L 10 LW 5599/05), vom 09.12.2009 (L 5 KR 2250/09), vom 08.06.2011 (L 5 KR 2964/10), vom 22.03.2013 (L 4 KR 4367/12) und vom 20.06.2013 (L 10 LW 4350/12) verwiesen, ebenso auf den Beschluss vom 23.09.2014 im Verfahren über einstweiligen Rechtsschutz L 10 LW 3609/14 ER-B.

Am 19.06.2013 stellte sich der Kläger im O.-Klinikum W. vor und teilte mit, er sei beim Zusammentreiben von Vieh gestürzt und mit der linken Schulter in eine Heugabel gefallen. Er wurde stationär aufgenommen. Ausweislich des Berichts des Durchgangsarztes Dr. D. und des Entlassungsberichts der Klinik vom 20.06.2013 sowie der Entlassungsanzeige vom 24.06.2013 bestanden zwei etwa 2 bis 3 cm lange Stichverletzungen kranial des linken Schulterblatts und eine oberflächliche Rissquetschwunde supraklavikular links. Durchblutung, Motorik und Sensibilität des linken Arms waren intakt. Die Verletzungen wurden desinfiziert und genäht. Bei der Entlassung am 20.06.2013 war der Kläger beschwerdefrei und die Wunden waren reizlos. Der Kläger nahm den angebotenen Nachuntersuchungstermin am 27. Juni 2013 wahr. Dabei stellte Dr. D. fest, dass die Wunden reizlos abgeheilt waren und der Kläger keinerlei Schmerzen mehr angab. Das Heilverfahren sei abgeschlossen, die MdE (Minderung der Erwerbsfähigkeit) betrage null Prozent (Zwischenbericht vom 05.07.2013).

Am 24.06.2013 stellte sich der Kläger bei dem Durchgangsarzt N. vor. Er gab jetzt an, er sei am 19.06.2013 auch auf die rechte Hand bzw. den rechten Unterarm gefallen, diese Seite sei jedoch nicht untersucht worden. Die linke Schulter sei jetzt "gut", jedoch beständen seit dem Unfall belastungsabhängige Schmerzen am rechten Unterarm dorsalseitig auch in Ruhe und eine Gefühlsminderung der Finger rechts. Festgestellt wurden ein leichtes Streckdefizit im rechten Ellenbogen und Druckschmerzen am Arm sowie eine Hypästhesie der Finger I bis IV rechts. Die Röntgenuntersuchung ergab keinen Anhalt für eine frische knöcherne Verletzung, aber eine deutliche arthrotische Veränderung des Ellenbogengelenks mit Anzeichen einer radioulnaren Synostose. Neben der Stichverletzung links wurde nunmehr eine Zerrung des rechten Ellenbogens und Unterarms diagnostiziert, die jedoch nicht unfallbedingt sei, daher kassenärztlich weiter abgeklärt und behandelt werden solle.

Der Kläger kam Aufforderungen der Beklagten, eine Unfallanzeige zu erstatten, nicht nach. Stattdessen teilte er am 02.08.2013 mit, er habe alles angegeben, habe noch Schmerzen, sei mit einer Datenübermittlung nicht einverstanden und fordere sofortige Auszahlung seines "Eigen-Geldes".

Mit Bescheid vom 15.08.2013 stellte die Beklagte fest, es sei nicht wahrscheinlich, dass nach dem Unfall vom 19.06.2013 Unfallfolgen, die einen Rentenanspruch begründeten, verblieben seien. In beigefügten "Hinweisen" machte die Beklagte Ausführungen zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Verletztenrente.

Mit Telefax vom 20. August 2013 teilte der Kläger der Beklagten u.a. mit, er halte seine Anzeige aufrecht.

Mit Schreiben vom 06.02.2015 wandte sich der Kläger an das Sozialgericht Reutlingen (SG, Az. S 11 U 351/15). Er legte eine Mahnung der Beklagten über rückständige Beiträge in Höhe von 787,30 EUR vor und führte aus, er sei nicht länger bereit, Beiträge in eine Versicherung einzuzahlen, in der er bei einem Unfall keinen Versicherungsschutz habe. Er forderte zudem mit der Klage u.a. "Schmerzensgeld" von der Beklagten, weil er unverschuldet in einen "Haken" gefallen sei. Wenn die Beklagte bei seinem unverschuldeten Unfall nicht zahlen wolle, habe sie auch keinen Beitragsanspruch. Er wolle sofort sein eigenes seit 42 Jahren eingezahltes Geld ausbezahlt bekommen, wolle sofort Geld von der "LAK" (gemeint wohl: Landwirtschaftliche Alterskasse) und der "BfG" (gemeint wohl: Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft). Mit Gerichtsbescheid vom 23.07.2015 wies das SG die Klage ab.

Hiergegen legte der Kläger Berufung (L 6 U 3405/15) ein und verlangte mit zahlreichen, teilweise wortgleichen, Schreiben von der Landwirtschaftlichen Alterskasse und der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Geldzahlungen in Höhe von 200.000,00 EUR bzw. 15.000,00 EUR. Außerdem trug er vor, an schlimmen Schmerzen im Arm zu leiden. Hierauf trennte das LSG das Verfahren mit Beschluss vom 11.09.2015 in drei Verfahren: Soweit der Kläger sich gegen eine Beitragspflicht gegenüber der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft wandte, verblieb das Verfahren unter dem Az. L 6 U 3405/15. Das LSG wies die Berufung insoweit mit Urteil vom 24.09.2015 zurück, da die Klagen mangels Durchführung eines Vorverfahrens bzw. mangels Feststellungsinteresse unzulässig seien. Soweit der Kläger von der Alterskasse der beklagten Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau die Erstattung aller geleisteten Beiträge forderte, wurde das Verfahren abgetrennt und unter dem Az. L 10 LW 3869/15 fortgeführt. Mit Urteil vom 28.01.2016 wies der 10. Senat des LSG die Berufung ebenfalls zurück, da die Klage mangels anfechtbarer Verwaltungsentscheidung unzulässig sei. Ebenfalls abgetrennt und unter einem neuen Aktenzeichen fortgeführt (L 6 U 3868/15, nach Aussetzung fortgeführt unter Az. L 6 U 3574/16) wurden das auf Verletztenrente gerichtete Verfahren gegen den Bescheid vom 15.08.2013 und die auf Erteilung eines Widerspruchsbescheides gerichtete Untätigkeitsklage. Dieses Verfahren wurde mit Beschluss vom 01.02.2016 zur Durchführung des Widerspruchsverfahrens ausgesetzt und am 12.09.2016 nach einem Hinweis des SG von Amts wegen fortgeführt (Az. L 6 U 3574/16). Das SG teilte dem LSG mit, dass der Widerspruchsbescheid unter dem 14.06.2016 erlassen worden sei und hiergegen bereits ein weiteres Klageverfahren beim SG anhängig sei.

Mit ihrem Widerspruchsbescheid vom 14.06.2016, mit welchem sie über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 15.08.2013 entschied, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 15.08.2013, mit welchem der Kläger die Gewährung von Schmerzensgeld, Verletztengeld und einer Unfallrente begehrt habe, als zulässig aber unbegründet zurück. Der Unfall vom 19.06.2013 habe zu einer Stichverletzung der linken Schulter mit unfallbedingter Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit vom 19.06. bis 27.06.2017 geführt. Aus der Stellungnahme des beratenden Facharztes Dr. S. vom 07.04.2016 ergebe sich, dass die Stichverletzung der linken Schulter keine Unfallfolgen im ehemaligen Verletzungsbereich hinterlassen habe. Soweit eine unfallbedingte Prellung bzw. Zerrung des rechten Unterarms und Handgelenks verursacht worden sei, sei diese nach wenigen Wochen ausgeheilt und habe keine MdE hinterlassen. Die MdE über die 26. Woche nach dem Unfall hinaus betrage unter 10 v. H. Soweit der Kläger mit seinem Widerspruch die Gewährung von Verletztengeld geltend gemacht habe, könne dem nicht entsprochen werden: Anspruch auf Verletztengeld bestehe nicht, da in der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Anspruch auf Verletztengeld erst nach einer zweiwöchigen Wartezeit bestehe (§§ 46 Abs. 1 und 2, 55a Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII)), der Kläger aber über die 2. Woche nach dem Unfall hinaus wegen Unfallfolgen nicht mehr arbeitsunfähig gewesen sei. Soweit der Kläger einen Anspruch auf Schmerzensgeld geltend mache, bestehe ein solcher Anspruch in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht.

Der Kläger forderte im fortgeführten Berufungsverfahren (Az. L 6 U 3574/16) wiederum "Schmerzens-/Verletztengeld" von der "BfG" (gemeint wohl: Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft) und 100.000,00 EUR von der "LAK" (gemeint wohl: Landwirtschaftliche Alterskasse). Zu einem Erörterungstermin am 25.10.2016 erschien der Kläger nicht. Mit Urteil vom 15.12.2016 wies das LSG die Berufung des Klägers als zulässig aber unbegründet zurück. Das Vorbringen des Klägers sei dahingehend auszulegen, dass dieser Verletztenrente begehre, denn im Bescheid vom 15.08.2013 habe die Beklagte allein über einen Anspruch auf Verletztenrente entschieden. Der wörtlich gestellte Antrag auf die Leistung von Schmerzensgeld sei mangels Rechtswegzuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit für derartige Ansprüche nicht sachdienlich. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Verletztenrente. Die am 19.06.2013 verursachten Gesundheitsbeeinträchtigungen der linken Schulter hätten keine bleibenden Einschränkungen verursacht; die Schäden am rechten Arm seien nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall zurückzuführen. Im Hinblick auf die erneut beim SG in derselben Sache erhobene Klage führte der 6. Senat des LSG in seinen Entscheidungsgründen aus, das später eingeleitete Verfahren sei gegenwärtig wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig, später bestehe ggfs. die Einrede der Rechtskraft. Die Revision wurde nicht zugelassen. Das dem Kläger per Postzustellungsurkunde am 22.12.2016 zugestellte Urteil wurde von diesem nicht mit der Nichtzulassungsbeschwerde angefochten.

Nachdem der Kläger den hier streitbefangenen Widerspruchsbescheid vom 14.03.2016 wegen des Unfalls vom 19.06.2013 und einen weiteren, hier nicht streitbefangenen Widerspruchsbescheid wegen eines Unfalls vom 07.07.2010, der später Gegenstand der Verfahren S 11 U 1694/16 vor dem SG und L 6 U 3639/16 vor dem LSG geworden ist, erhalten hatte, sandte er diese mit handschriftlichen Vermerken versehen ("Nicht anerkannt. Nicht angenommen. Mit dem Schwindel kann man nichts anfangen! Sofort mein Schmerzens- und Verletztengeld [ ]") an die Beklagte zurück, welche das Vorbringen als Klagen gegen die Widerspruchsbescheide wertete und an das SG übermittelte. Dort wurde die Klage gegen den hier streitgegenständlichen auf den Unfall vom 19.06.2013 und den Bescheid vom 15.08.2013 bezogenen Widerspruchsbescheid vom 14.06.2016 unter dem Aktenzeichen S 11 U 1695/16 erfasst. Der Kläger äußerte schriftlich und telefonisch, er wolle sein "Schmerzens-/Verletztengeld" von der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft, welches er mit 50.000 EUR bezifferte. Die "LAK" solle ihm außerdem das eingezahlte Geld, über 100.000 EUR, sofort auszahlen.

Mit Gerichtsbescheid vom 23.08.2017 hat das SG die Klage als unzulässig abgewiesen, da eine rechtskräftige Entscheidung des Landessozialgerichts (Berufungsurteil vom 15.12.2016) vorliege.

Gegen den ihm am 26.08.2017 mittels Postzustellungsurkunde zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 11.09.2017 sinngemäß Berufung eingelegt, indem er das Begleitschreiben zum Gerichtsbescheid vom 23.08.2017 mit handschriftlichen Vermerken versehen ("Alle Ihre Sachverstellungen sind völlig inakzeptabel! U. werden in keiner Weise anerkannt! [ ] Ich will sofort mein Geld – meine sämtlichen begründeten, mir zustehenden Forderungen: LAK EUR 150.000, BfG EUR 50.000, vorläufig!)" an das SG zurückgesandt hat. Mit am 19.09.2017 beim SG Reutlingen eingegangenem Schreiben hat der Kläger seine Forderungen gegenüber der "LAK" auf 160.000 EUR und gegen die BfG auf 60.000 EUR beziffert. Er wolle sofort sein Geld und sende diese "seltsamen Gerichtsbescheide – Sachverstellungen/Schwindel" zurück. Es bleibe alles bestehen. Er lasse sich nicht abspeisen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 23.08.2017 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 15.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.06.2016 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Unfalls vom 19.06.2013 Verletztenrente zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die beigezogenen Akten des SG Reutlingen (S 11 U 351/15 und S 11 U 1694/16), die beigezogenen Akten des 6. Senats des LSG (L 6 U 3405/15, L 6 U 3868/15, L 6 U 3574/16 und L 6 U 3639/16) sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen.

Das SG hat im hier angefochtenen Gerichtsbescheid zu Recht nicht über den vom Kläger im Verfahren gegenüber dem SG wörtlich geltend gemachten Anspruch auf "Schmerzensgeld" entschieden. Damit ist auch der Senat nicht berufen, über den vom Kläger neben seinen weiteren Begehren geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch zu entscheiden, denn das SG hat weder ausdrücklich noch konkludent (durch eine Sachentscheidung) den Rechtsweg bejaht, sondern eben gerade keine Hauptsacheentscheidung im Sinne des § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) getroffen (BSG, Urteil vom 20.10.2010 – B 13 R 63/10 B – SozR 4-1500 § 153 Nr. 11, juris, Rn. 28 f.). Der Kläger ist somit darauf zu verweisen, diesen Anspruch vor den zuständigen Gerichten der Zivilgerichtsbarkeit geltend zu machen (BSG a.a.O., Rn. 24).

Im Übrigen bedarf der stereotype Vortrag des Klägers, der im hiesigen Verfahren – wie zuletzt in allen Gerichtsverfahren mit seiner Beteiligung unabhängig davon, wer auf Beklagtenseite beteiligt ist und welche Bescheide das jeweilige Verfahren zum Gegenstand hat – wieder nur ausgeführt hat, "sein Geld" zu wollen und Forderungen von zuletzt 160.000,00 EUR gegenüber der "LAK" und 60.000,00 EUR gegenüber der "BfG" geltend gemacht hat, der Auslegung. Nach § 123 SGG entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Bei unklaren Anträgen muss das Gericht darauf hinwirken, dass sachdienliche und klare Anträge gestellt werden (§ 106 Abs. 1, § 112 Abs. 2 Satz 2 SGG). Im Übrigen muss, wenn der Wortlaut eines Antrags nicht eindeutig ist, im Wege der Auslegung festgestellt werden, welches das erklärte Prozessziel ist. In entsprechender Anwendung der Auslegungsregel des § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist nicht am Wortlaut der Erklärung zu haften; die Auslegung von Anträgen richtet sich vielmehr danach, was als Leistung möglich ist, wenn jeder verständige Antragsteller mutmaßlich seinen Antrag bei entsprechender Beratung angepasst hätte und keine Gründe zur Annahme eines abweichenden Verhaltens vorliegen. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass ein Kläger alles zugesprochen haben möchte, was ihm aufgrund des Sachverhalts zusteht (vgl. etwa BSG, Urteil vom 24.02.2011 – B 14 AS 49/10 R –, SozR 4-4200 § 21 Nr. 10, juris, Rn. 12 m.w.N.).

Nachdem das Vorbringen des Klägers im Wesentlichen identisch ist mit seinem Vorbringen im Berufungsverfahren L 6 U 3869/15 (nach beendeter Aussetzung: L 6 U 3574/16), sich seine Klage auch wieder gegen dieselben Bescheide richtet (Bescheid der Beklagten vom 15.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.06.2016) und etwaige Ansprüche auf Beitragsrückerstattung des Klägers gegenüber der Alterskasse der beklagten Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau weder Gegenstand des Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahrens noch des angefochtenen Gerichtsbescheids waren, ist sein Vorbringen auch im vorliegenden Berufungsverfahren, wie bereits vom 6. Senat des LSG im Verfahren L 6 U 3574/16, dahingehend auszulegen, dass er im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, 4 SGG) die mit Bescheid vom 15.08.2013 allein versagte Verletztenrente wegen der Folgen des Unfalls vom 19.06.2013 begehrt.

Diese Klage ist jedoch, wie das SG richtig ausgeführt hat, unzulässig. Nachdem der Widerspruchsbescheid vom 14.06.2016 zum Zeitpunkt seines Erlasses kraft Gesetzes (§ 95 SGG) Gegenstand des zu diesem Zeitpunkt bereits anhängigen Berufungsverfahrens L 6 U 3869/15 (nach Fortführung von Amts wegen: L 6 U 3574/16) geworden ist (BSG, Urteil vom 01.07.1992 – 14a/6 RKa 1/90 –, BSGE 71, 42-52, SozR 3-2500 § 87 Nr. 4, Rn. 13, ebenso B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG-Kommentar, 12. Auflage 2017, § 95 Rn. 2), stand der Zulässigkeit der vom Kläger erhobenen weiteren Klage gegen den Bescheid vom 15.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.06.2016 zunächst der Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit entgegen (vgl. BSG, Urteil vom 26.04.2016 – B 2 U 13/14 R –, Rn. 19, juris). Inzwischen, nach eingetretener Rechtskraft des Urteils vom 15.12.2016 im Verfahren L 6 U 3574/16, greift als Zulässigkeitshindernis der Einwand der entgegenstehenden Rechtskraft ein: Nach § 141 Abs. 1 Nr. 1 SGG binden rechtskräftige Urteile, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist, die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger. Die Regelung hat zur Folge, dass eine neue Klage über denselben Gegenstand zwischen denselben Beteiligten – und darum handelt es sich hier – nicht zulässig ist (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG-Kommentar, a.a.O. § 141 Rn. 6a).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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