L 2 R 3571/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 1869/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 R 3571/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 8. August 2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung insbesondere im Hinblick auf die Erfüllung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen.

Die 1959 geborene Klägerin leidet unter einer schizoaffektiven Störung, die erstmals im Januar 2009 festgestellt und stationär im St. H. Krankenhaus in B. behandelt wurde. Die Beklagte stellte dauerhafte volle Erwerbsminderung fest (Bescheid vom 30.10.2009, Bl. 71 VA). Der damals von der Betreuerin der Klägerin gestellte Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung wurde abgelehnt, weil die Klägerin die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen mit 15 statt 36 Pflichtbeitragsmonaten nicht erfüllt hatte (Bescheid vom 3.8.2009, Bl. 41 VA). Mittlerweile erhält die Klägerin nach ihren Angaben seit ca. Juli 2016 Sozialhilfeleistungen nach dem SGB XII.

Am 8.3.2016 beantragte die Klägerin bei der Beklagten erneut die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 6.5.2016 (Bl. 138 VA) mit der Begründung ab, dass die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen trotz festgestellter dauerhafter Erwerbsminderung seit 29.1.2009 nicht erfüllt seien. Im Zeitraum vom 29.1.2004 bis zum 28.1.2009 enthalte das Versicherungskonto nur 15 Monate mit Pflichtbeiträgen statt der gesetzlich geforderten 36 Pflichtbeitragsmonate. Mit Schreiben vom 1.6.2016 (Bl. 135 VA) legte die Klägerin Widerspruch ein und begründete diesen im Wesentlichen damit, dass die Pflichtbeitragszeiten im Zeitraum 2004 bis 2009 von ihr deshalb nicht hätten erbracht werden können, weil sie sich in dieser Zeit über 16 Monate in Haft befunden habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.7.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Dagegen hat die Klägerin am 19.8.2016 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben, die nicht näher begründet wurde. Eine Erklärung über die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht hat die Klägerin nicht abgeben wollen. Das SG hat die Klägerin im Termin zur Erörterung am 11.1.2017 angehört. Die Klägerin hat mitgeteilt, dass sie vor dem Klinikaufenthalt im Jahr 2009 nicht in psychiatrischer Behandlung gewesen sei.

Mit Gerichtsbescheid vom 8.8.2017 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Klägerin am 29.1.2009 im St. Hedwig Krankenhaus in B. stationär aufgenommen gewesen sei und dort erstmalig eine schizoaffektive Störung diagnostiziert worden sei. Seit diesem Zeitpunkt sei die Klägerin unbestritten voll erwerbsgemindert. Da aus der Zeit vor dem 29.1.2009 keinerlei Befundberichte vorlägen, die Klägerin im Gerichtsverfahren keine Entbindungserklärung von der ärztlichen Schweigepflicht vorgelegt habe, aus welcher sich etwaige vor dem 29.1.2009 konsultierte Ärzte ergeben könnten, und sie im Erörterungstermin vielmehr konstatiert habe, vor dem 29.1.2009 nicht in fachärztlicher Behandlung gewesen zu sein, sei nicht nachgewiesen, dass die Erwerbsminderung zu einem früheren Zeitpunkt als dem 29.1.2009 eingetreten sei. Ausweislich ihres Versicherungsverlaufs habe die Klägerin jedoch in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung, also in der Zeit vom 29.1.2004 bis zum 28.1.2009 nicht die in § 43 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI geforderten 36 Monate, sondern alleine 15 Monate Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt. Die Haftzeit sei keine Beitragszeit und auch kein Verlängerungstatbestand. Der Klägerin kämen auch die in § 241 Abs. 2 SGB VI normierten Erleichterungen nicht zugute, weil ihr Versicherungsverlauf erhebliche Lücken aufweise, so dass nicht jeder Kalendermonat vom 1.1.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt sei. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente lägen trotz nachgewiesener Erwerbsminderung ab dem 29.1.2009 nicht vor.

Gegen den der Klägerin mit Postzustellungsurkunde am 11.8.2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat sie schriftlich am 11.9.2017 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass das SGB eine allgemeine Versorgungspflicht vorsehe, die schnell, unbürokratisch und möglichst individuell geleistet werden solle. Zum Zeitpunkt der Antragstellung am 8.3.2016 sei sie unversorgt und obdachlos gewesen. Unabhängig von der Rentenzahlung hätte eine Überbrückung oder Soforthilfe geleistet werden müssen. Sie bestehe weiterhin auf einer angemessenen Rentenzahlung.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 8. August 2017 sowie den Bescheid vom 6. Mai 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Juli 2016 aufzuheben und der Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angegriffenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich im Erörterungstermin am 16.11.2017 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. § 124 Abs. 2 SGG).

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, weil sie die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt.

Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 6.5.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.7.2016, mit dem die Beklagte die beantragte Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt hat. Nicht Streitgegenstand ist ein sonstiges Entschädigungsbegehren, wie es die Klägerin aufgrund von in der Vergangenheit erlittener Unbill begehrt.

Das SG hat nach erfolgloser Ermittlung des Sachverhalts, unter Darlegung der zutreffenden Rechtsnormen sowie unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung des BSG zutreffend entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat, da sie trotz dauerhafter voller Erwerbsminderung seit Januar 2009 die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen auch jetzt nicht erfüllt. Der Senat sieht deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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