Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KR 3622/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 1055/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 11. Februar 2015 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf EUR 116.597,47 festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Vergütung für Leistungen der stationären Krankenhausbehandlung des klagenden Hochschulklinikums für die bei der Beklagten krankenversichert gewesene, 1934 geborene R. H.-S. (im Folgenden: Versicherte) im Zeitraum vom 30. September bis 30. Oktober 2008 in Höhe von zuletzt noch EUR 116.587,47.
Bei der Versicherten wurde erstmals im Februar 2008 eine chronische myelomonozytäre Leukämie (CMML I) diagnostiziert. Hierbei handelt es sich um eine Erkrankung des blutbildenden Systems, die zu den myelodysplastischen Syndromen (MDS) zählt, jedoch in einigen Aspekten Ähnlichkeit mit einer myeloproliferativen Neoplasie (MPN) hat. Nach mehrfachen Bluttransfusionen in 3- bis 4-wöchentlichen Abständen bis Juni 2008 wurde die Versicherte am 30. September 2008 in der Medizinischen Klinik Abteilung Innere Medizin II des Klägers, einer Hochschulklinik in der Rechtsform einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts, zur Durchführung einer fremd-allogenen Stammzelltransplantation (SZT) aufgenommen. Nach vorheriger dosisreduzierter Konditionierung mit Busulfan und Fludarabin erfolgte dort am 10. Oktober 2008 die HLA-idente fremd-allogene SZT mit 8,5 x 106 CD34+-Zellen (Ärztlicher Bericht des Prof. Dr. K. und des Dr. F., Ärztlicher Leiter der allogenen SZT an der Medizinischen Klinik Abteilung Innere Medizin II, vom 14. Mai 2009). Die Versicherte verstarb am 30. Oktober 2008 während des stationären Krankenhausaufenthaltes. Die Versicherte wurde nicht im Rahmen einer Studie behandelt. Darin führten sie ferner aus, aufgrund der Art der Erkrankung und des bisherigen Krankheitsverlaufs stelle nach dem derzeitigen Stand des medizinischen Wissens die SZT den einzigen kurativen Therapieansatz dar. Bei Vorliegen eines HLA-identen Fremdspenders sowie Fehlen von Kontraindikationen sei der Versicherten eine fremd allogene SZT vorgeschlagen worden. Nach ausführlicher Aufklärung über die Risiken und Nebenwirkungen habe diese in die Behandlung eingewilligt.
Für die stationären Behandlungsleistungen vom 30. September bis 30. Oktober 2008 stellte der Kläger der Beklagten unter dem 9. Dezember 2008 EUR 117.477,10 (einschließlich des Qualitätssicherungszuschlags nach § 17b Abs. 1 Satz 5 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) und DRG-Systemzuschlag, abzüglich EUR 260,00 geleistete Zuzahlungen) in Rechnung. Er kodierte u.a. die Diagnosis related Group (DRG) nach dem Fallpauschalen-Katalog 2008 A04C (Knochenmarktransplantation/Stammzelltransfusion, allogen, außer bei Plasmozytom, ohne In-vitro-Aufbereitung, HLA-identisch).
Die Rechnung des Klägers beglich die Beklagte zunächst vollständig und beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) Baden-Württemberg mit einer sozialmedizinischen Begutachtung. Dr. L. überprüfte die Krankenhausabrechnung und gelangte in ihrem Gutachten vom 18. September 2009 zum Ergebnis, eine fremd-allogene SZT sei beim gesicherten MDS, auch bei der CMML, die einzige kurative Therapiemöglichkeit. Allerdings solle die Behandlung von Patienten im Alter über 60 Jahre, speziell über 70 Jahre, nicht außerhalb einer Studie erfolgen. Daher handele es sich hier nicht um eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. In einem weiteren auf Veranlassung der Beklagten eingeholten Gutachten vom 29. Dezember 2009 vertraten die Fachärzte für Innere Medizin, Hämatologie und Internistische Onkologie Dr. N.-Ho. und Prof. Dr. He., Leiter des Kompetenz Zentrums Onkologie beim MDK Nordrhein, die Auffassung, die Behandlung mit allogener SZT bei einer 74-jährigen Versicherten habe nicht dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprochen. Sie sei vielmehr eine hochgradig experimentelle Therapie mit nicht abschätzbaren Risiken. Die allogene SZT sei in der Altersgruppe dieser Patienten mit einem maximalen Risiko verbunden, an therapiebedingten Komplikationen zu versterben, ohne dass bislang Nutzen gesichert worden sei. Hier habe die Behandlung mehr geschadet als genützt. Mit der in der Regel ambulant durchführbaren Behandlung mit Hydroxyurea habe eine vergleichsweise nebenwirkungsarme Therapie zur Verfügung gestanden, die weltweit anerkannt und bislang als einzige mit einer gesicherten überlebensverlängernden Wirksamkeit bei Patienten mit CMML verbunden sei. Außerhalb klinischer Studien habe keine Indikation für die stationäre Therapie bestanden.
Nach hierauf gestütztem erfolglosem Rückforderungsbegehren verrechnete die Beklagte im März 2010 die ihrer Ansicht nach zu Unrecht gezahlte Vergütung in Höhe von EUR 116.597,47 (EUR 116.337,47 + EUR 260,00) mit anderen unstreitig bestehenden Forderungen des Klägers ihr gegenüber.
Gegen das MDK-Gutachten vom 18. September 2009 legte der Kläger unter Beifügung einer Stellungnahme des Oberarztes Dr. F. Widerspruch ein. In seiner Stellungnahme vom 29. Oktober 2012 führte Dr. F. aus, die allogene SZT sei bei der vorliegenden Erkrankung die einzige kurative Behandlungsoption. Da die SZT mit einer nicht unerheblichen Morbidität und Mortalität assoziiert sei, müssten im Einzelfall Nutzen und Risiko dieser Behandlung sorgfältig abgewogen werden. Der Nutzen sei unstreitig, da die Transplantation eine Chance auf eine dauerhafte Heilung der Erkrankung biete und die Erkrankung ohne Transplantation regelmäßig tödlich verlaufe. Das Risiko werde im Wesentlichen durch individuelle Begleiterkrankungen bestimmt. Die Versicherte habe aufgrund fehlender Begleiterkrankungen mit einem Komorbiditätsindex (HCT-Cl) von 0 und der Verfügbarkeit eines gut passenden Spenders (Übereinstimmung in 10 von 10 analysierten HLA-Merkmalen) ein vergleichsweise geringes Transplantationsrisiko gehabt. Die Transplantation sei zudem mit einer dosisreduzierten Konditionierung erfolgt, die ebenfalls mit einer relativ geringen Mortalität verbunden sei. Wie Studien belegten, habe das Alter keinen statistisch signifikanten Einfluss auf die therapiebezogene Mortalität. Das Vorgehen sei insgesamt gerechtfertigt gewesen. Eine Notwendigkeit, die allogene SZT im Rahmen einer Studie durchzuführen, habe nicht bestanden.
Im auf Veranlassung der Beklagten erstellten Widerspruchsgutachten vom 28. November 2012 führten Dr. N.-Ho. und Prof. Dr. He. aus, bei der 74-jährigen Versicherten habe die Durchführung einer peripheren Blutstammzelltransplantation mit einem Fremdspender nicht den Empfehlungen der Europäischen Fachgesellschaft für Blutstammzell- und Knochenmarktransplantation (EBMT) entsprochen. Die Behandlung habe einer experimentellen Therapie entsprochen. Verwiesen werde auf eine Standardtherapie mit Hydroxyurea oder gegebenenfalls Decitabine, das als Importarzneimittel zur Verfügung gestanden habe. Die Nutzen-Risiko-Abwägung habe bezüglich der allogenen peripheren Blutstammzelltransplantation negativ ausfallen müssen, da erhebliche Risikofaktoren für tödliche Komplikationen bestanden hätten und somit die allogene SZT im Sinne des Patientenschutzes nur auf klinische Studien zu beschränken gewesen sei. Im Behandlungszeitraum hätten keinerlei Daten vorgelegen, die einen Patienten mit einem Alter von mehr als 70 Jahren inkludierten. Die Konditionierung habe dem experimentellen Arm einer laufenden Studie, in der die Patientin aufgrund des Alters (überschritt den oberen Alterslimit um fast zehn Jahre) nicht eingebracht werden können. Die Therapie mit Hydroxyurea hätte ambulant erbracht werden können, sodass es sich hier um eine primäre Fehlbelegung gehandelt habe. Eine Überlegenheit der allogenen SZT gegenüber dieser Standardtherapie könne hier wissenschaftlich nicht belegt werden.
Der Kläger erhob am 21. Dezember 2012 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) auf Zahlung von EUR 116.597,47. Die Einwendungen der Beklagten gegen seinen Vergütungsanspruch seien nicht begründet. Die Abrechnungsvoraussetzungen lägen vor. Die Annahme der Ärzte des MDK, es sei eine experimentelle Therapie zum Einsatz gekommen, die nicht dem zulässigen Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung zuzurechnen sei oder jedenfalls nur im Rahmen klinischer Studien durchgeführt werden könne, könne dem Vergütungsanspruch grundsätzlich nicht entgegenstehen. Sie übersehe, dass das allgemeine Qualitätsgebot im Bereich der stationären Krankenhausbehandlung den Besonderheiten des § 137c Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) unterliege. Anders als im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung bestehe im stationären Bereich eine Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt. Dies bedeute, dass Behandlungen im stationären Bereich solange zulässigerweise zum Einsatz kommen könnten, bis dies durch ein negatives Votum des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) ausgeschlossen werde. Ein Verwerfungsmonopol stehe damit lediglich dem GBA zu, nicht jedoch den Krankenkassen. Auf die von der Beklagten aufgeworfene Frage, ob die Methode bereits ausreichend anerkannt und erprobt sei, komme es im stationären Bereich damit nicht an. Selbst die Anwendung einer noch nicht ausreichend anerkannten Methode durch Krankenhäuser löse einen Vergütungsanspruch auf der Grundlage der maßgeblichen Abrechnungsbestimmungen aus. Nur bei einem hier nicht gegebenen Vorliegen eines Negativotums des GBA sei überhaupt die Teilnahme eines Patienten an einer klinischen Studie für das Entstehen des Vergütungsanspruchs relevant. Im Übrigen ergebe sich der Leistungsanspruch aus einer grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts auf Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) im Beschluss vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 – juris). Bei der Versicherten habe eine lebensbedrohliche bzw. regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vorgelegen. Im Zeitpunkt der stationären Behandlung im Jahre 2008 habe auch keine andere allgemein anerkannte, dem medizinischen Stand entsprechende Behandlung zur Verfügung gestanden. Die angebliche Standardtherapie mit Hydroxyurea habe keinen kurativen, sondern lediglich einen palliativen Therapieansatz beinhaltet. Bei Anwendung dieser Therapie sei eine Heilung des Krankheitsbildes von vorneherein nicht möglich gewesen. Die fremd-allogene SZT sei die einzige kurative Therapiemöglichkeit gewesen. Auch hätten auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussichten auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestanden. Hierzu werde auf die Stellungnahme des Dr. F. vom 29. Oktober 2012 verwiesen. Die Beklagte überspanne die Anforderungen an eine Grundrechtsauslegung des Leistungsrechts. Ferner sei auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VSG) sowie das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 17. Januar 2013 (S 35 KR 118/10 – juris) zu verweisen. Beide bestätigten die Richtigkeit seiner Auffassung.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und nahm auf die Gutachten des MDK Bezug. Die Behandlung habe nicht dem Qualitätsgebot entsprochen und sei auch unter Berücksichtigung der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts nicht dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung unterfallen. Nach den Feststellungen des Prof. Dr. He. habe die vom Bundessozialgericht (BSG) ausgeschlossene Situation vorgelegen, dass die Behandlung mehr schade als nutze. Die allogene SZT bei Patienten im Alter von 74 Jahren sei bislang nicht klinisch ausreichend erforscht und die Nutzen-Risiko-Abwägung müsse daher negativ ausfallen. In Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Patientenschutzes sei eine entsprechende Behandlung auf klinische Studien zu beschränken.
Auf gerichtliche Anforderung legte der Kläger den Entlassungsbericht über den Aufenthalt der Versicherten vom 30. September bis 30. Oktober 2008 in der Medizinischen Klinik Abteilung Innere Medizin II des Klägers vom 14. Mai 2009 vor.
Mit Urteil vom 11. Februar 2015 verurteilte das SG die Beklagte zur Zahlung von EUR 116.597,47 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1. April 2010. Zur Begründung führte es aus, die Klageforderung sei nicht durch Aufrechnung erloschen, weil der Beklagten kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zustehe. Die Vergütung für die streitgegenständliche Behandlung der Versicherten sei zurecht bezahlt worden. Zwar sei Vorliegen des Qualitätsgebot als Vergütungsvoraussetzung nicht beachtet worden, weil die Behandlung des Versicherten nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprochen habe. Nach der Rechtsprechung des BSG müsse eine Krankenhausbehandlung, die nicht dem Qualitätsgebot entspreche, von den Krankenkassen nicht bezahlt werden. § 137c SGB V dürfe nicht über seinen Wortlaut hinaus im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebigen Methoden bis zum Erlass eines Verbots ausgelegt werden. Aus der Aufnahme der allogenen SZT in die DRG s, hier in die DRG A04C, im Fallpauschalen-Katalog 2008 könne nicht gefolgert werden, dass diese damit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse im hier maßgebenden Zeitpunkt der Behandlung entsprochen habe. Ein Ausschluss der allogenen SZT bei CMML I sei in der Richtlinie des GBA zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus (Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung) zwar nicht erfolgt. Das im stationären Bereich zu beachtende Qualitätsgebot fordere jedoch, dass die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute die Behandlungsmethode befürworte. Nach den von den Beteiligten zitierten Publikationen und ärztlichen Stellungnahmen stehe für die Kammer fest, dass die allogene SZT bei CMML I jedenfalls bei der 74-jährigen Versicherten im Zeitraum September bis Oktober 2008 nicht dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprochen habe. Soweit die Beklagte anmerke, die Versicherte hätte nur im Rahmen einer klinischen Studie behandelt werden dürfen, sei darauf hinzuweisen, dass es nach eigenen Angaben des von der Beklagten mit der Begutachtung beauftragten MDK gerade solche Studien, also Studien zur Behandlung über 70-jähriger Patienten mit allogener SZT bei CMML, nicht gegeben habe. Der Verweis der Beklagten auf die Teilnahme an solchen Studien gehe also ins Leere. Zudem bestehe eine Pflicht zur Teilnahme an einer klinischen Studie nur dann, wenn ein - hier nicht gegebenes - Negativvotum des GBA hinsichtlich der hier bei CMML durchgeführten allogenen SZT bestehe. Gleichwohl habe ein Vergütungsanspruch des Klägers bestanden; dieser ergebe sich aus grundrechtsorientierter Auslegung der Regelungen des SGB V. Bei der Versicherten habe eine lebensbedrohliche Erkrankung vorgelegen, die innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit zum Tode geführt hätte. Dr. F. und auch Prof. Dr. He. seien davon ausgegangen, dass es sich um eine tödlich verlaufende Erkrankung gehandelt habe. Allein durch eine allogene SZT sei eine Heilung trotz der zweifellos vorhandenen hohen Risiken möglich gewesen. Soweit Prof. Dr. He. in seinen Gutachten darauf verweise, Standardtherapie bei der CMML sei die Therapie mit Hydroxyurea, stelle diese Therapie keine Behandlungsalternative dar. Eine Heilung sei nur durch eine allogene SZT, nicht durch die Therapie mit Hydroxyurea möglich. Dr. F. habe insoweit bei seiner Aussage in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer bestätigt, dass als Standardtherapie neben Bluttransfusionen durchaus die Hydroxyurea-Therapie anzusehen sei. Allerdings habe er überzeugend dargelegt, dass durch diese Therapien nur die entarteten weißen Blutkörperchen im Wachstum gehemmt würden. Ein vollständiges Verschwinden der entarteten Vorläuferzellen der weißen Blutkörperchen sei durch diese Therapie nicht möglich, sodass durch die Hydroxyurea-Therapie lediglich der Krankheitsverlauf gemildert bzw. verlängert werden könne. Eine Heilung durch diese Therapie sei jedoch nicht möglich. Soweit in den Gutachten des Prof. Dr. He. anklinge, dass bei älteren Patienten mit CMML lediglich die palliative Therapie mit Hydroxyurea in Betracht komme, könne nur darauf hingewiesen werden, dass auch bei über 70-jährigen Patienten nur die vollständige Heilung einer Erkrankung das Ziel sei. Nur wenn dieses Ziel nicht erreicht werden könne, komme eine lebensverlängernde, palliative Behandlung in Betracht. Die im vorliegenden Rechtsstreit von Kläger und Beklagter zitierten Publikationen zur allogenen SZT bei CMML, die allerdings lediglich Patienten betrafen, die deutlich jünger als die Versicherte gewesen seien, belegten gleichwohl, dass die allogene SZT bei CMML eine Behandlungsmethode sei, bei der eine "auf Indizien gestützte", nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung dieser Erkrankung bei der Versicherten bestanden habe. Nach den Angaben des Dr. F. seien Nutzen und Risiko der allogenen SZT sorgfältig abgewogen worden. Ob das Alter der ausschlaggebende Risikofaktor sei, erscheine angesichts der von Dr. F. in seiner Stellungnahme vom 29. Oktober 2012 zitierten Publikationen äußerst fraglich. Zudem scheine gerade das Alter als schematischer Faktor ohne Berücksichtigung weiterer Faktoren wie Erkrankungen, Gesundheitszustand und Ähnliches keine bzw. nur eine geringe Aussagekraft für das Risiko einer Operation oder einer SZT zu haben. Eine wirksame Einwilligung des Versicherten in die Behandlung als Vergütungsvoraussetzung habe vorgelegen.
Gegen das ihr am 5. März 2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 20. März 2015 eingelegte Berufung der Beklagten. Das BSG habe wiederholt klargestellt, dass § 137c SGB V die Anforderungen an Qualität, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung auch im stationären Bereich nicht außer Kraft setze. Entgegen der Würdigung des SG sei die Behandlung aber auch nicht im Rahmen einer "leistungsorientierten" (gemeint grundrechtsorientierten) Auslegung der Leistungsvorschriften des SGB V gerechtfertigt. Das BSG betone in ständiger Rechtsprechung, dass es für die Beurteilung von Qualität, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit einer Behandlung allein auf die Erkenntnis- und Studienlage zum Zeitpunkt der im Streit stehenden Behandlung ankommen könne. Diesen Grundsatz habe das SG nicht beachtet. BSG und BVerfG gingen übereinstimmend davon aus, dass es einen Heilungsversuch "um jeden Preis" nicht gebe. Insoweit habe das BSG in seinem Urteil vom 17. Dezember 2013 (B 1 KR 70/12 R – juris, Rn. 22) ausgeführt, dass betroffene Patienten im Interesse ihres Schutzes nicht generell außerhalb, sondern regelmäßig lediglich im Rahmen von kontrollierten klinischen Studien behandelt werden dürften. Der MDK habe auf Basis der heranzuziehenden Studienlage ermittelt, dass die Durchführung der streitigen Behandlung den Empfehlungen der EBMT widersprochen habe und dass die maßgebliche Risiko-Nutzen-Abwägung wegen der erheblichen Risikofaktoren für tödliche Erkrankungen negativ habe ausfallen müssen. Die vom BSG verlangte Feststellung aller maßgeblich medizinischen Tatsachen auf breiter Grundlage finde sich in der Entscheidung des SG nicht. Im Übrigen scheitere der Vergütungsanspruch an der mangelhaften Aufklärung der Versicherten. Eine sachgerechte Aufklärung – dass diese erfolgt sei, bestreite sie – habe zwingend auch den Hinweis auf die unstreitig bestehende Standardtherapie mit Hydroxyurea umfassen müssen. Dies sei nicht geschehen. Zur ergänzenden Begründung ihrer Berufung verweist die Beklagte auf das (vorgelegte) Gutachten von Dr. N.-Ho. und Prof. Dr. He. vom 22. September 2016, das ihre bisherige Auffassung untermauere. Die Versicherte sei nicht über den experimentellen Charakter der Transplantation aufgeklärt, ihr sei ein sequenzielles Vorgehen nicht erläutert und nicht hinreichend die verfügbare Standardtherapie mit Hydroxycarbamid erläutert worden. Insbesondere habe eine notstandsähnliche Situation aufgrund der niedrigen Blastenkonzentration nicht bestanden. Da wissenschaftliche Daten über die Ergebnisse einer allogenen SZT bei 74-jährigen Patienten mit CMML nicht vorlägen, könnten daher auch keine realistischen Angaben über einen theoretischen Heilungserfolg oder Überlebenszeiten gemacht werden. Eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe daher nicht.
Die Beklagte beantragt,
Beweis zu erheben durch Vernehmung des behandelnden Oberarztes Dr. Be., über welche Inhalte, insbesondere experimenteller Charakter der allogenen Stammzellentransplantation, alternative Therapie mit Hydroxyrea, psychische Belastungen, Risikofaktoren, aufgeklärt wurde und ob sie in Kenntnis dieser Aufklärungsinhalte ihre Einwilligung zur allogenen Stammzellentranpslantation erteilt hat,
hilfsweise,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 11. Februar 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise:
1. Zum Beweis der Tatsache, dass die Behandlung der Versicherten bei dem konkret bei ihr anzutreffenden Krankheitsbild (MDS/CMML) mit allogener Stammzelltransplantation zum Zeitpunkt ihres stationären Aufenthalts vom 30. September 2008 bis 30. Oktober 2008, auch unter Berücksichtigung ihres Alters bei Durchführung der Therapie (74 Jahre), dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprochen hat, weil diese Therapie zu diesem Zeitpunkt von der großen Mehrheit der einschlägigen Fachleute befürwortet worden ist, wird Beweis beantragt, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.
2. Zum Beweis der Tatsache, dass die mittlere Lebenserwartung der Versicherten zum Zeitpunkt der Durchführung der allogenen Stammzelltransplantation - bei Unterlassen dieser Behandlung - neun bis 15 Monate betragen hätte und auch bei Durchführung einer medikamentösen Therapie mit Hydroxycarbamid (ohne Stammzelltransplantation) keine Verlängerung der so prognostizierten Lebenserwartung eingetreten wäre, wird Beweis beantragt, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.
3. Zum Beweis der Tatsache, dass bei Anwendung der allogenen Stammzelltransplantation bei der Versicherten zum Zeitpunkt der Behandlung eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestand und bei Anwendung der Therapie die Wahrscheinlichkeit des krankheitsfreien Überlebens bei ihr damals bei etwa 35 % lag, wird Beweis beantragt, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Die Behandlung habe dem Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entsprochen. Hiergegen könne nicht eingewendet werden, die Versicherte habe zum Zeitpunkt der Behandlung bereits das 70. Lebensjahr überschritten. Auch die derzeit verfügbaren fachmedizinischen Stellungnahmen gingen davon aus, dass bei Patienten, die älter als 70 Jahre seien, eine allogene SZT ernsthaft in Betracht zu ziehen sei. Hierfür sprächen die Broschüre der Deutschen Leukämie- und Lymphom-Hilfe (Stand März 2015) und die Version der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie e.V. (DGHO; Stand Februar 2013). Bei allen Patienten mit Hochrisiko-MDS solle danach zunächst die Möglichkeit einer allogenen SZT geprüft werden (unter 6.6 der Leitlinie). Nach 6.5 der Leitlinie stelle die analoge SZT das bisher einzige potentiell kurative Verfahren in der Behandlung der MDS dar. Mit der Verbesserung supportiver Maßnahmen bzw. einer Reduktion der Intensität der Konditionierung sei es in den vergangenen Jahren gelungen, die Indikation auch auf Patienten älter als 70 Jahre zu erweitern. Trotzdem bleibe dieses Verfahren immer ein individuelles Vorgehen insbesondere bei Patienten ) 65 Jahre (unter 6.5 der Leitlinie). Zwar hätten zum Zeitpunkt der Behandlung der Versicherten noch wenige Erkenntnisse zur Anwendung der Therapie bei Patienten über 70 vorgelegen. Allerdings hätten keine ernsthaften Zweifel daran bestanden, dass auch bei diesen Patienten eine Heilung der Erkrankung durch die allogene SZT möglich gewesen sei. Dies werde durch Dr. F. in seiner (vorgelegten) Stellungnahme vom 30. November 2015 bestätigt. Der Vergütungsanspruch ergebe sich zusätzlich auch aus einer grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts. Stelle man sich entgegen seiner Auffassung auf den Standpunkt, die allogene SZT sei keine Standardbehandlung, habe keine dem allgemein anerkannten Standard entsprechende Behandlung mehr zur Verfügung gestanden, denn Versicherte könnten nicht auf eine palliative Standardtherapie verwiesen werden, wenn durch die Alternativbehandlung eine nicht ganz entfernte Aussicht auf Heilung bestehe. Gestützt auf die Stellungnahme des Dr. F. vom 30. November 2015 habe eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestanden. Denn es könne die Prognose für das Patientenkollektiv (Diagnose MDS/MPN, Alter über 70 Jahre, günstige biologische Voraussetzungen, Behandlung mit allogener SZT) anhand publizierter Daten und der eigenen Erfahrung relativ gut abgeschätzt werden. Eine Rückfallquote von ca. 35 % und eine transplantationsbedingte Sterblichkeitsrate von ca. 30 % seien realistisch und resultierten in einer Heilungsrate von ca. 35 %. Im Übrigen sei die Berufung jedenfalls unter Berücksichtigung der gesetzlichen Konkretisierung und Klarstellung des Gesetzgebers in § 137c Abs. 3 SGB V im Rahmen des GKV-VSG vom 16. Juli 2015 zurückzuweisen. Dessen Voraussetzungen lägen vor. Der GBA habe zu der Behandlungsmethode bisher keine Entscheidung nach § 137c Abs. 1 SGB V getroffen. Die angewandte Methode habe auch erkennbar das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative, weil ihre Anwendung mit der sachlich begründeten Erwartung verbunden gewesen sei, der schwer erkrankten Versicherten eine Behandlung mit maximalen Aussichten auf Heilung zu ermöglichen. Die Anwendung der Methode sei auch unstreitig unter Beachtung der Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt; insbesondere sei die Versicherte bei ihm stets unter Beachtung des Facharztstandards versorgt worden. Aus der (vorgelegten) Stellungnahme des Dr. F. vom 24. August 2017 ergebe sich, dass die Versicherte ohne relevante Begleiterkrankungen gewesen sei, sie zum Zeitpunkt der Behandlung über einen relativ geringen Blastenanteil verfügt habe und im Übrigen auch keine ungünstigen genetischen Veränderungen vorgelegen hätten. Im Übrigen seien in seiner Klinik häufiger Patienten mit über 70 Jahren mit allogener SZT erfolgreich behandelt worden. Die pauschalen Annahmen der Beklagten zur fehlenden wirksamen Aufklärung bzw. Einwilligung entbehrten jeglicher Grundlage. Die Versicherte sei mehrfach ausführlich über die Therapie sowie die Alternativen hierzu aufgeklärt worden. Dies ergebe sich aus der Stellungnahme des Dr. F. vom 30. November 2015, in der dieser mindestens zwei Aufklärungsgespräche am 30. Juli und 30. September 2008 aufführe. Des Weiteren werde auf die (vorgelegte) Einverständniserklärung zur allogenen SZT vom 30. September 2008 der Versicherten sowie eine Dokumentation des Aufklärungsgesprächs am 30. Juli 2008 verwiesen. Aus Letzterer ergebe sich die Aufklärung der Versicherten über mehrere Therapieoptionen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
1. Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene und gemäß § 143 SGG statthafte Berufung der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung bedurfte nicht der Zulassung, da der maßgebliche Beschwerdewert nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 überschritten ist. Denn die Beklagte wendet sich gegen die Verurteilung, EUR 116.597,47 zahlen zu müssen.
2. Die Berufung der Beklagten ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, dem Kläger EUR 116.587,47 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1. April 2010 zu zahlen.
a) Die Klage ist zulässig. Der Kläger hat mit der erhobenen echten Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 5 SGG die richtige Klage gewählt; denn es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten einer Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (BSG, Urteil vom 13. November 2013 – B 3 KR 33/12 R – juris, Rn. 9). Der Kläger hat den Zahlungsanspruch auch konkret beziffert. Dies gilt gleichermaßen für den geltend gemachten Zinsanspruch. Insoweit reicht die Bezugnahme auf den Basiszinssatz (vgl. Becker-Eberhard in: Münchner Kommentar zur ZPO, 4. Auflage 2013, § 253 Rn. 132).
b) Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von EUR 116.587,47 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1. April 2010 aufgrund der Krankenhausbehandlung der Versicherten der Beklagten.
Der Vergütungsanspruch aus unstreitigen Forderungen des Klägers gegen die Beklagte aufgrund anderer, hier nicht im Streit stehender Krankenhausbehandlungen, ist nicht durch Aufrechnung entsprechend §§ 387 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von EUR 113.300,29 erloschen (zur Aufrechnung vgl. BSG, Urteile vom 23. Juni 2015 – B 1 KR 26/14 R – juris, Rn. 33 m.w.N., 25. Oktober 2016 – B 1 KR 9/16 R – juris, Rn. 10 und 25. Oktober 2016 – B 1 KR 7/16 R – juris, Rn. 11). Die mit der erhobenen Leistungsklage verfolgten Vergütungsansprüche des Klägers aus späteren Krankenhausbehandlungen von anderen Versicherten der Beklagten sind unstreitig. Darauf, welche Vergütungsansprüche der Kläger auf Grund welcher konkreten Krankenhausbehandlung geltend macht, kommt es nicht an (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 28. November 2013 – B 3 KR 33/12 R – juris, Rn. 10), sodass insoweit keine nähere Prüfung durch den Senat erforderlich ist (vgl. z.B. BSG, Urteile vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 34/13 R – juris, Rn. 8, 25. Oktober 2016 – B 1 KR 9/16 R – juris, Rn. 8 und 25. Oktober 2016 – B 1 KR 7/16 R – juris, Rn. 9).
Der Beklagten steht kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch gegen den Kläger in Höhe von EUR 116.587,47 zu. Die Beklagte zahlte die mit Rechnung geltend gemachte Vergütung für die Krankenhausbehandlung der Versicherten vom 30. September bis 30. Oktober 2008 nicht ohne Rechtsgrund.
aa) Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs des Klägers gegen die Beklagte ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. § 7 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG, i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften [2. FPÄndG] vom 15. Dezember 2004, BGBl I, S. 3429) i.V.m. der Anlage 1 Teil a der Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2008 vom 21. September 2007 (Fallpauschalenverordnung 2008 – FPV 2008) i.V.m. § 17b Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze – Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) und des am 1. Januar 2006 in Kraft getretenen Krankenhausbehandlungsvertrags nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V für das Land Baden-Württemberg.
Nach § 109 Abs. 4 SGB V wird mit einem Versorgungsvertrag nach § 109 Abs. 1 SGB V (bei den Hochschulkliniken gilt die Anerkennung nach den landesrechtlichen Vorschriften als solche als Abschluss eines Versorgungsvertrags [§ 109 Abs. 1 Satz 2 SGB V]) das Krankenhaus für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet. Die Krankenkassen sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des SGB V mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des KHG, des KHEntgG und der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) zu führen. Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (vgl. hierzu und zum Folgenden: BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R – juris, Rn. 10 ff).
Das Krankenhaus hat auch bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen einen Vergütungsanspruch gegen einen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nur für eine "erforderliche" Krankenhausbehandlung. Das folgt aus dem Wortlaut und Regelungssystem sowie aus dem Zweck der Vergütung. Sie dient als Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht des zugelassenen Krankenhauses, Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten im Rahmen des Versorgungsauftrags zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses ist nämlich zur Erfüllung des Leistungsanspruchs des Versicherten bestimmt.
Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht – unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist. Deshalb definiert § 2 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG (i.d.F. des Art. 5 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser [FPG] vom 23. April 2002, BGBl. I, S. 1412): "Allgemeine Krankenhausleistungen sind die Krankenhausleistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind." Diese "allgemeinen Krankenhausleistungen" werden nach § 7 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern u.a. mit Fallpauschalen (sog. diagnosis related groups - DRG) nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9 KHEntgG) abgerechnet (zur Höhe siehe § 8 KHEntgG). Das Fallpauschalensystem lässt keinen Raum dafür, nicht notwendige Leistungen zu vergüten.
bb) Sämtliche Voraussetzungen der genannten Rechtsgrundlagen sind vorliegend erfüllt. Der Kläger ist ein nach Landesrecht anerkanntes Hochschulklinikum und damit ein zur Behandlung gesetzliche Krankenversicherter zugelassenes Krankenhaus nach §§ 108 Nr. 1, 109 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 SGB V. Bei der Versicherten lagen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Krankenhausleistungen vor. Sie litt an CMML I, einer behandlungsbedürftigen Krankheit i.S.v. § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.
Die Versicherte hatte auch Anspruch auf die vom Kläger erbrachte Krankenhausbehandlung aus § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Dies ergibt eine grundrechtsorientierte Auslegung dieser Regelungen.
aaa) Krankenhausbehandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V ist grundsätzlich nur dann erforderlich, wenn die Behandlung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht und notwendig ist. Generell hat sich der Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V i.V.m. dem Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V und mit § 2 Abs. 4, § 12 Abs. 1 SGB V daran auszurichten, welche Behandlung unter Beachtung des umfassenden Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit notwendig und ausreichend ist, um das angestrebte, in § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V bezeichnete Behandlungsziel zu erreichen.
Das Qualitätsgebot gilt grundsätzlich auch für die mit Fallpauschalen nach § 17b KHG vergüteten Krankenhausleistungen (z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R – juris, Rn. 15, m.w.N.). Eine Abmilderung des Qualitätsgebots kann sich insbesondere daraus ergeben, dass auch bei der Beurteilung der Behandlungsmethoden im Krankenhaus in einschlägigen Fällen eine grundrechtsorientierte Auslegung der Grenzmaßstäbe nach Maßgabe der Rechtsprechung des BVerfG im Beschluss vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 – juris, Rn. 48 ff) stattzufinden hat (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R – juris, Rn. 15 m.w.N.; seit 1. Januar 2012 in § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V normiert).
§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V bestimmt, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben. Den Qualitätskriterien des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entspricht eine Behandlung, wenn die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler) die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dieses setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der Methode - die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist - zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (zum Ganzen: BSG, Urteile vom 21. März 2013 – B 3 KR 2/12 R – juris Rn. 12 und 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R – juris, Rn. 21, beide m.w.N.).
§ 137c SGB V (i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14. November 2003, BGBl. I, S. 2190) setzt die Geltung des Qualitätsgebots des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V nach der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht außer Kraft, weil die Regelung dieser Norm nicht im Sinne einer Erlaubnis aller beliebigen Methoden für das Krankenhaus bis zum Erlass eines Verbots ausgelegt werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juli 2008 – B 1 KR 5/08 R – juris, Rn. 52; BSG, Urteil vom 21. März 2013 – B 3 KR 2/12 R – juris, Rn. 20 ff.). Nach § 137c Abs. 1 Satz 1 SGB V überprüft der GBA auf Antrag eines Spitzenverbandes der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Ergibt die Überprüfung, dass die Methode nicht diesen Kriterien entspricht, erlässt der GBA nach § 137c Abs. 1 Satz 2 SGB V eine entsprechende Richtlinie. Ab dem Tag des Inkrafttretens einer Richtlinie darf die ausgeschlossene Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden; die Durchführung klinischer Studien bleibt unberührt (§ 137c Abs. 2 Satz 2 SGB V).
Ob die Neuregelung des § 137c Abs. 3 SGB V (eingefügt zum 23. Juli 2015 durch Art. 1 Nr. 64 Buchst. b GKV-VSG vom 16. Juli 2015 [BGBl. I, S. 1211]) eine Änderung dieser Grundsätze bewirkt (vgl. hierzu mit weiteren Anmerkungen Bundestags-Drucksache 18/5123, S. 135f.), kann vorliegend dahinstehen.
bbb) Zur Überzeugung des Senats hat der Kläger vorliegend das Qualitätsgebot aus § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V beachtet. Denn die Voraussetzungen des Qualitätsgebots waren vorliegend aufgrund einer grundrechtsorientierten Leistungsauslegung abgemildert.
Eine Abmilderung des Qualitätsgebots ergibt sich allerdings nicht bereits aufgrund eines Seltenheitsfalls (dazu z.B. BSG, Urteil vom 3. Juli 2012 – B 1 KR 25/11 R – juris, Rn. 18 ff). Die CMML ist keine Erkrankung, die aufgrund ihrer Singularität medizinisch nicht erforscht war ist. Dies entnimmt der Senat sowohl den Stellungnahmen des Dr. F. als auch den Gutachten des Prof. Dr. He ...
Die Anforderungen, die das Qualitätsgebot an das Leistungsrecht stellt, sind vorliegend jedoch wegen der gebotenen grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts abgeschwächt. Die grundrechtsorientierte Auslegung einer Regelung des SGB V über einen Anspruch auf Übernahme einer Behandlungsmethode zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung setzt voraus, dass folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: (1.) Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor. (2.) Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. (3.) Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf" (ständige Rechtsprechung; vgl. hierzu z.B.: Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98 – juris, Rn. 64; BVerfG, Beschluss vom 10. November 2015 – 1 BvR 2056/12 – juris, Rn. 18; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 11. April 2017 – 1 BvR 452/17 – juris, Rn. 22; BSG, Urteile vom 7. Mai 2013 – B 1 KR 26/12 R – juris, Rn. 15 und 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R – juris, Rn. 28; seit 1. Januar 2012 normiert in § 2 Abs. 1a SGB V).
(1) Eine lebensbedrohliche bzw. regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung lag bei der Versicherten vor. Die Versicherte litt an einer CMML I, die unbehandelt zum Tode geführt hätte. Dies entnimmt der Senat den Angaben des Dr. F. in der mündlichen Verhandlung vor dem SG sowie seinen Stellungnahmen vom 29. Oktober 2012 und 24. August 2017. Unter Berücksichtigung – selbst einer von der Beklagten favorisierten (palliativen) Therapie mit Hydroxyurea – schätze er die Lebenserwartung der Versicherten nach verschiedenen Berechnungsmodellen (Gonzáles-Medina (2001) et al. 14 Monate, Onida et al. (2002) neun Monate, Germing et al. (2004) elf Monate oder Such et al. (2013) 15 Monate) zwischen neun und 15 Monaten. Dies wird letztlich bestätigt durch die von Prof. Dr. He. in seinem Gutachten vom 29. November 2012 genannten Publikationen von Germing et al. (2007) und von Gonzáles-Medina (2002) et al., so dass für den Senat kein Anlass besteht, hieran zu zweifeln.
(2) Hieraus folgt zur Überzeugung des Senats außerdem, dass es damals keine alternative Behandlungsmethode (mehr) gab, die ebenfalls das Ziel hatte, die Krankheit zu heilen, und dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprach.
So führt Dr. L. bereits in seinem Gutachten vom 18. September 2009 aus, die fremd-allogene SZT sei bei gesichertem MDS, auch bei der CMML, die einzige kurative Behandlungsmöglichkeit. Bestätigt wird dies durch die Ausführungen des Dr. F. in der mündlichen Verhandlung vor dem SG sowie seinen Stellungnahmen vom 29. Oktober 2012 und 24. August 2017. Auch er legte dar, die allogene SZT sei unter Berücksichtigung des bei der Versicherten vorliegenden Krankheitsbildes die einzig in Betracht kommende kurative Behandlungsmöglichkeit gewesen. Bestätigt wird dies durch die DGHO, die in ihrer Leitlinie zum MDS (Stand Februar 2013) zu dem Ergebnis gelangte, die allogene SZT stelle das bisher einzige potentiell kurative Verfahren der Behandlung der MDS dar.
Soweit Prof Dr. He. mit der Beklagten davon ausgeht, die Versicherte sei auf lediglich palliative Therapiemaßnahmen wie die lediglich überlebensverlängernde Standarttherapie mit Hydroxyurea (Synonym auch Hydroxycarbamid) zu verweisen gewesen, so ist dem nicht zuzustimmen. Wie das SG zutreffend ausführt, muss auch bei über 70-jährigen Patienten bei einer Behandlung das Ziel die vollständige Heilung von einer Erkrankung sein. Nur wenn dieses Ziel nicht erreicht werden kann, kommt eine lebensverlängernde, palliative Behandlung in Betracht. Denn Versicherte könnten nicht auf eine palliative Standardtherapie verwiesen werden, wenn durch die Alternativbehandlung eine nicht ganz entfernte Aussicht auf Heilung besteht. Die Therapie mit Hydroxyurea/Hydroxycarbamid ist eine palliative Therapie. Dies ergibt sich aus der Anlage VI Teil A XIV Richtlinie des GBA über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie) – eingefügt durch Beschluss des GBA vom 18. Juli 2013 (Bundesanzeiger AT vom 15. Oktober 2013 B3) –. Danach ist Hydroxycarbamid bei CMML als Off-Label-Use nur mit dem Behandlungsziel der palliativen Therapie zur Überlebenszeitverlängerung verordnungsfähig. Dass im Zeitpunkt der Behandlung der Versicherten im Jahr 2008 andere Erkenntnisse vorhanden waren, ist nicht ersichtlich und wird von den Beteiligten auch nicht behauptet.
(3) Zur Überzeugung des Senats bestand mit der allogenen SZT in dem vorliegend zu entscheidenden Einzelfall eine "auf Indizien gestützte", nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine "spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf".
Dies ergibt sich allerdings nicht bereits aus dem Umstand, dass der maßgebliche Fallpauschalenkatalog eine DRG für die HLA-verschiedene, allogene SZT vorsieht. Die Fallpauschalen sind reine Vergütungstatbestände, die nichts über den Nutzen und die Unbedenklichkeit der Methode aussagen. Dies gilt insbesondere für Fallpauschalen, die sich wie die hier relevante DRG A04C – in ihrem Anwendungsbereich allein auf eine bestimmte Behandlungsmaßnahme beziehen und keine Vorgaben dazu machen, bei welchen Erkrankungen diese Behandlung zum Einsatz kommt.
Eine positive Auswirkung auf den Krankheitsverlauf ist zu bejahen, wenn zumindest das Fortschreiten der Krankheit aufgehalten oder Komplikationen verhindert werden. Fehlen theoretisch-wissenschaftliche Erklärungsmuster, kann im Einzelfall bei vertretbaren Risiken auch die bloße ärztliche Erfahrung für die Annahme eines Behandlungserfolgs entscheidend sein, wenn sich diese Erkenntnisse durch andere Ärzte in ähnlicher Weise wiederholen lassen. Ein Wirkungsnachweis ist nicht erforderlich. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der zu verlangen ist, um davon ausgehen zu dürfen, dass die behaupteten Behandlungserfolge mit hinreichender Sicherheit dem Einsatz gerade der streitigen Behandlung zugerechnet werden können und das einzugehende Risiko vertretbar ist, unterliegt Abstufungen je nach der Schwere und dem Stadium der Erkrankung. Dabei sind Differenzierungen im Sinne der Geltung abgestufter Evidenzgrade nach dem Grundsatz vorzunehmen "je schwerwiegender die Erkrankung und hoffnungsloser die Situation, desto geringere Anforderungen an die ernsthaften Hinweise auf einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg". Anhaltspunkte zur Entwicklung solcher Abstufungen können die in der Richtlinie des GBA zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Methoden-Richtlinie), vor dem 1. April 2006 die Richtlinien zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien) niedergelegten Grundsätze bieten. Es können als Beurteilungsgrundlage beim Fehlen anderer Studien auch "Assoziationsbeobachtungen, pathophysiologische Überlegungen, deskriptive Darstellungen, Einzelfallberichte, u.Ä.; nicht mit Studien belegte Meinungen anerkannter Experten und Berichte von Expertenkomitees und Konsensuskonferenzen" in Betracht kommen (zum Ganzen m.w.N.: BSG, Urteil vom 4. April 2006 – B 1 KR 7/05 R – juris Rn. 40). Im Wege der verfassungskonformen Auslegung der Vorschriften des SGB V kann nur dann ein Anspruch auf die begehrte Behandlung bestehen, wenn auch diese den Regeln der ärztlichen Kunst entspricht. Dies ist nur dann der Fall, wenn die anzuwendende Methode nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft objektiv erfolgversprechend ist und unter Berücksichtigung des gebotenen Wahrscheinlichkeitsmaßstabes sowohl die abstrakte als auch die konkret-individuelle Chancen-/Risikoabwägung ergeben, dass der voraussichtliche Nutzen die möglichen Risiken überwiegt (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R – juris, Rn. 31 m.w.N).
Gemessen an diesen Kriterien durfte die konkrete Risiko-Nutzen-Abwägung der behandelnden Krankenhausärzte in objektiv nicht zu beanstandender Weise in dem vorliegend zu entscheidenden Einzelfall zu Gunsten der angewandten Methode ausfallen. Aufgrund des lebensbedrohlichen Zustandes der Versicherten (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hätte das Versterben der Versicherten in den folgenden neun bis 15 Monaten nicht verhindert werden können), genügten die Erfahrungen des behandelnden Arztes. Er gehörte einem hochspezialisierten Behandlungszentrum an, das bereits Erkenntnisse über die allogene SZT gewonnen hatte. Die allogene SZT war auch aus damaliger Sicht mit gebotener Wahrscheinlichkeit geeignet, das erstrebte Behandlungsziel für die Krebserkrankung der Versicherten zu erzielen. Nachvollziehbar und schlüssig hat Dr. F. dargestellt, dass der Therapieansatz zum damaligen Zeitpunkt wie auch heute als zwar generell risikoreich, aber auch als der einzig kurative gilt. Zwar wurden bei Entscheidung über die Aufnahme der Therapie die Risiken, insbesondere die hohe Sterblichkeitsrate und die Gefahr des Auftretens eines Rezidivs berücksichtigt. Daneben spielte in der Abwägung auch das Alter eine Rolle. Allerdings war nach den schlüssigen Ausführungen des Dr. F. in seiner Stellungnahme vom 24. August 2017 wesentlich, dass sich die Versicherte bei Vorstellung in der Klinik in einem relativ guten Allgemeinzustand befand. Dieser ergab sich aus dem Fehlen von Begleiterkrankungen (HCT-CI = 0) sowie aus dem relativ günstigen Karnofsky-Index von 80 %. Diese beiden Werte waren für die Vorhersage des Behandlungserfolgs als gewichtiger zu bewerten als die ausschließliche Berücksichtigung des Lebensalters. Des Weiteren musste bei der Therapieentscheidung berücksichtigt werden, dass die Versicherte mutmaßlich nicht längerfristig hätte mit Hydroxyurea behandelt werden können, weil sie an einer ausgeprägten Blutarmut und einer Thrombozytopenie litt und daher schon (zunehmend) häufiger Bluttransfusionen benötigte. Als günstig für die Durchführung der allogenen SZT war zum Zeitpunkt der Behandlung auch der relativ geringe Blastenanteil anzusehen sowie die Tatsache, dass keine ungünstigen genetischen Veränderungen vorlagen. Unter Berücksichtigung der zum Einsatz kommenden dosisreduzierten Konditionierung war nach einheitlicher Beurteilung des behandelnden Arztes von überdurchschnittlich günstigen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Durchführung der allogenen SZT auszugehen. Letztlich war damals auf der Grundlage publizierter Daten und eigener Erfahrungen im konkreten Behandlungsfall von einer Rückfallquote von etwa 35 %, einer transplantationsbedingten Sterblichkeitsrate von etwa 30 % und einer Heilungschance von etwa 35 % auszugehen.
Demgegenüber vermögen die Ausführungen des Prof. Dr. He. in seinen Gutachten nicht zu überzeugen. Zwar geht auch er davon aus, dass Patienten mit CMML mittels allogener SZT grundsätzlich eine Chance auf Heilung haben. Dies ist durch viele wissenschaftliche Veröffentlichungen belegt und wird auch durch Prof. Dr. He. nicht in Abrede gestellt. Aus seiner Sicht waren aber die in den Studien beschriebene Überlebensrate mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht auf die Versicherte anwendbar. Er begründet dies mit aus seiner Sicht bestehenden negativen Risikofaktoren wie dem Lebensalter der Versicherten von über 70 Jahren. Dies vermag schon deshalb nicht zu überzeugen, weil er in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 28. November 2012 ausführt, der Allgemeinzustand eines Patienten sei ein wichtiger Prognosefaktor für das Behandlungsergebnis nach allogener SZT, dieser nach dem Karnofsky-Index beurteilt werde und eine günstige Prognose nur Patienten hätten, bei denen der Karnofsky-Index 80 % betrage. Dies war bei der Versicherten der Fall. Die behandelnden Krankenhausärzte berücksichtigten bei ihrer Entscheidung – wie zuvor dargelegt – den guten Allgemeinzustand der Versicherten, der sich in dem Karnofsky-Index von 80 % zeigte.
Da über den Therapieansatz unter Außerachtlassung des Lebensalters jedoch Konsens bestand, können die zu fordernden Indizien für eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung nicht allein mit dem Lebensalter verneint werden, weil die Gesichtspunkte, die für die Anwendung der allogenen SZT sprechen, deutlicher gewichtiger erscheinen, als das Lebensalter der Versicherten. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Darstellung der im Einsatz der allogenen SZT erfahrenen Krankenhausärzte, wonach die Möglichkeit einer dauerhaften Heilung durch eine ausreichende Anzahl von Studien bereits belegt war und kein Grund bestand, dass die allogene SZT ab einem gewissen Alter nicht mehr wirksam sein könnte. Ebenfalls zu berücksichtigen war hierbei, dass es bereits Erkenntnisse über die Verträglichkeit der allogenen SZT bei Patienten über 70 Jahren bei vergleichbaren Krankheitsbildern wie MDS oder akuter myeloischer Leukämie (AML) gab und Patienten über 70 Jahre – unter anderem auch – in der Klinik des Klägers mittels allogener SZT erfolgreich behandelt wurden. Demnach sprachen hinreichende wissenschaftliche wie auch klinische Erkenntnisse für die Annahme, dass bei Anwendung der allogenen SZT eine nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder zumindest auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestand.
Soweit das BSG im Rahmen der grundrechtsorientierten Auslegung eine abstrakte und eine konkret-individuelle Chancen-/Risikoabwägung verlangt (vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2014 – B 1 KR 4/13 R –, juris Rn. 16), erfolgte diese durch die behandelnden Krankenhausärzte umfangreich und sachgerecht. Dies entnimmt der Senat – wie bereits oben dargelegt – der Stellungnahme des Dr. F. vom 24. August 2017.
Im Übrigen zeigen die tragenden Gründe zum Beschluss des GBA vom 15. Dezember 2011 (Bundesanzeiger 2012 S. 1140) über die Änderung der Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung, mit welcher der GBA die allogene SZT mit nicht-verwandtem Spender bei akuter myeloischer Leukämie bei Erwachsenen als Methode, die für die Versorgung mit Krankenhausbehandlung erforderlich ist, eingestuft hat (Nr. 4.2 der Anlage 1 Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung) – auch wenn er nach der vorliegend streitigen Behandlung erging und es sich um eine lediglich verwandte Erkrankung handelt –, dass nicht auszuschließen ist, dass auch ältere Patienten von einer allogenen SZT profitieren könnten (2.2 der tragenden Gründe). Für den Senat ist nicht ersichtlich, dass die dem zu Grunde liegenden Erkenntnisse erst deutlich nach dem Zeitpunkt der hier erfolgten Behandlung zu Tage getreten sind (vgl. Urteil des Senats vom 16. Oktober 2015 – L 4 KR 3748/13 – juris, Rn. 45).
Da die durchgeführte Behandlungsmethode auf hinreichende Indizien gestützt werden kann, kann sie nicht als rein experimentelle Behandlungsmethode eingestuft werden, bei der die Reichweite einer grundrechtsorientierten Auslegung begrenzt wäre (hierzu BSG, Urteil vom 7. Mai 2013 – B 1 KR 26/12 R – juris, Rn. 21).
(5) Entgegen der Auffassung der Beklagten konnte die Versicherte nicht auf die Teilnahme an einer Studie verwiesen werden, da eine solche zum damaligen Zeitpunkt nicht existierte. Ein entsprechender Verweis geht in Leere. Im Übrigen ist die Teilnahme der Versicherten an einer klinischen Studie im Rahmen der Anwendung der vom BVerfG aufgestellten Grundsätze im Beschluss vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 – a.a.O.) nicht erforderlich (Urteil des Senats vom 16. Oktober 2015 – L 4 KR 3748/13 – juris, Rn. 48).
(6) Der Senat ist schließlich davon überzeugt, dass eine wirksame Einwilligung der Versicherten vorlag (zur Einwilligung als Vergütungsvoraussetzung: BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R – juris, Rn. 25). Versicherte müssen der konkreten Heilbehandlung nach hinreichender, gebotener Aufklärung entsprechend den allgemeinen Grundsätzen zugestimmt haben. Erforderlich ist eine so umfassende Information über Eigenart, Nutzen und Risiken der geplanten Behandlung, dass sie dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten in vollem Umfang Rechnung trägt. Dies war vorliegend der Fall. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Versicherte über die Behandlung mittels allogener SZT sowie die Alternativen hierzu aufgeklärt war und in diese Behandlung einwilligte. Dies ergibt sich aus der Stellungnahme des Dr. F. vom 30. November 2015, in der dieser mindestens zwei Aufklärungsgespräche am 30. Juli und 30. September 2008 aufführt. Des Weiteren entnimmt der Senat dies der Einverständniserklärung zur allogenen SZT vom 30. September 2008 der Versicherten sowie der Dokumentation des Aufklärungsgesprächs am 30. Juli 2008. Aus Letzterer ergibt sich die Aufklärung der Versicherten über mehrere Therapieoptionen. Damit war der Versicherten, die sich nach erfolglosen Therapiezyklen bis Juni 2008 eigens am 30. September 2008 zur Behandlung in das Klinikum des Klägers begab, bekannt, dass diese Behandlung erfolgen soll. Es ist nicht erkennbar, dass sie sich dem widersetzte, zumal diese Behandlung einen erheblichen Eingriff und auch für die Versicherte die einzige Chance für ein längeres Überleben darstellte. Die Aufklärung über eine Behandlung mit Hydroxyurea hatte die Versicherte vor dem Hintergrund des hierdurch ausschließlich verfolgten palliativen Ansatzes mit einer relativ kurzen Lebenserwartung im Übrigen ausdrücklich abgelehnt (Stellungnahme des Dr. F. vom 24. August 2017).
Dem Beweisantrag der Beklagten war deshalb nicht nachzugehen.
cc) Fehler in Bezug auf die Höhe der Vergütung sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht geltend gemacht.
dd) Der Zinsanspruch beruht auf § 19 Abs. 1 und 3 des Landesvertrages zu § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung, da weder der Kläger noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören.
4. Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
5. Die endgültige Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 2, § 47 Gerichtskostengesetz.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf EUR 116.597,47 festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Vergütung für Leistungen der stationären Krankenhausbehandlung des klagenden Hochschulklinikums für die bei der Beklagten krankenversichert gewesene, 1934 geborene R. H.-S. (im Folgenden: Versicherte) im Zeitraum vom 30. September bis 30. Oktober 2008 in Höhe von zuletzt noch EUR 116.587,47.
Bei der Versicherten wurde erstmals im Februar 2008 eine chronische myelomonozytäre Leukämie (CMML I) diagnostiziert. Hierbei handelt es sich um eine Erkrankung des blutbildenden Systems, die zu den myelodysplastischen Syndromen (MDS) zählt, jedoch in einigen Aspekten Ähnlichkeit mit einer myeloproliferativen Neoplasie (MPN) hat. Nach mehrfachen Bluttransfusionen in 3- bis 4-wöchentlichen Abständen bis Juni 2008 wurde die Versicherte am 30. September 2008 in der Medizinischen Klinik Abteilung Innere Medizin II des Klägers, einer Hochschulklinik in der Rechtsform einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts, zur Durchführung einer fremd-allogenen Stammzelltransplantation (SZT) aufgenommen. Nach vorheriger dosisreduzierter Konditionierung mit Busulfan und Fludarabin erfolgte dort am 10. Oktober 2008 die HLA-idente fremd-allogene SZT mit 8,5 x 106 CD34+-Zellen (Ärztlicher Bericht des Prof. Dr. K. und des Dr. F., Ärztlicher Leiter der allogenen SZT an der Medizinischen Klinik Abteilung Innere Medizin II, vom 14. Mai 2009). Die Versicherte verstarb am 30. Oktober 2008 während des stationären Krankenhausaufenthaltes. Die Versicherte wurde nicht im Rahmen einer Studie behandelt. Darin führten sie ferner aus, aufgrund der Art der Erkrankung und des bisherigen Krankheitsverlaufs stelle nach dem derzeitigen Stand des medizinischen Wissens die SZT den einzigen kurativen Therapieansatz dar. Bei Vorliegen eines HLA-identen Fremdspenders sowie Fehlen von Kontraindikationen sei der Versicherten eine fremd allogene SZT vorgeschlagen worden. Nach ausführlicher Aufklärung über die Risiken und Nebenwirkungen habe diese in die Behandlung eingewilligt.
Für die stationären Behandlungsleistungen vom 30. September bis 30. Oktober 2008 stellte der Kläger der Beklagten unter dem 9. Dezember 2008 EUR 117.477,10 (einschließlich des Qualitätssicherungszuschlags nach § 17b Abs. 1 Satz 5 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) und DRG-Systemzuschlag, abzüglich EUR 260,00 geleistete Zuzahlungen) in Rechnung. Er kodierte u.a. die Diagnosis related Group (DRG) nach dem Fallpauschalen-Katalog 2008 A04C (Knochenmarktransplantation/Stammzelltransfusion, allogen, außer bei Plasmozytom, ohne In-vitro-Aufbereitung, HLA-identisch).
Die Rechnung des Klägers beglich die Beklagte zunächst vollständig und beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) Baden-Württemberg mit einer sozialmedizinischen Begutachtung. Dr. L. überprüfte die Krankenhausabrechnung und gelangte in ihrem Gutachten vom 18. September 2009 zum Ergebnis, eine fremd-allogene SZT sei beim gesicherten MDS, auch bei der CMML, die einzige kurative Therapiemöglichkeit. Allerdings solle die Behandlung von Patienten im Alter über 60 Jahre, speziell über 70 Jahre, nicht außerhalb einer Studie erfolgen. Daher handele es sich hier nicht um eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. In einem weiteren auf Veranlassung der Beklagten eingeholten Gutachten vom 29. Dezember 2009 vertraten die Fachärzte für Innere Medizin, Hämatologie und Internistische Onkologie Dr. N.-Ho. und Prof. Dr. He., Leiter des Kompetenz Zentrums Onkologie beim MDK Nordrhein, die Auffassung, die Behandlung mit allogener SZT bei einer 74-jährigen Versicherten habe nicht dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprochen. Sie sei vielmehr eine hochgradig experimentelle Therapie mit nicht abschätzbaren Risiken. Die allogene SZT sei in der Altersgruppe dieser Patienten mit einem maximalen Risiko verbunden, an therapiebedingten Komplikationen zu versterben, ohne dass bislang Nutzen gesichert worden sei. Hier habe die Behandlung mehr geschadet als genützt. Mit der in der Regel ambulant durchführbaren Behandlung mit Hydroxyurea habe eine vergleichsweise nebenwirkungsarme Therapie zur Verfügung gestanden, die weltweit anerkannt und bislang als einzige mit einer gesicherten überlebensverlängernden Wirksamkeit bei Patienten mit CMML verbunden sei. Außerhalb klinischer Studien habe keine Indikation für die stationäre Therapie bestanden.
Nach hierauf gestütztem erfolglosem Rückforderungsbegehren verrechnete die Beklagte im März 2010 die ihrer Ansicht nach zu Unrecht gezahlte Vergütung in Höhe von EUR 116.597,47 (EUR 116.337,47 + EUR 260,00) mit anderen unstreitig bestehenden Forderungen des Klägers ihr gegenüber.
Gegen das MDK-Gutachten vom 18. September 2009 legte der Kläger unter Beifügung einer Stellungnahme des Oberarztes Dr. F. Widerspruch ein. In seiner Stellungnahme vom 29. Oktober 2012 führte Dr. F. aus, die allogene SZT sei bei der vorliegenden Erkrankung die einzige kurative Behandlungsoption. Da die SZT mit einer nicht unerheblichen Morbidität und Mortalität assoziiert sei, müssten im Einzelfall Nutzen und Risiko dieser Behandlung sorgfältig abgewogen werden. Der Nutzen sei unstreitig, da die Transplantation eine Chance auf eine dauerhafte Heilung der Erkrankung biete und die Erkrankung ohne Transplantation regelmäßig tödlich verlaufe. Das Risiko werde im Wesentlichen durch individuelle Begleiterkrankungen bestimmt. Die Versicherte habe aufgrund fehlender Begleiterkrankungen mit einem Komorbiditätsindex (HCT-Cl) von 0 und der Verfügbarkeit eines gut passenden Spenders (Übereinstimmung in 10 von 10 analysierten HLA-Merkmalen) ein vergleichsweise geringes Transplantationsrisiko gehabt. Die Transplantation sei zudem mit einer dosisreduzierten Konditionierung erfolgt, die ebenfalls mit einer relativ geringen Mortalität verbunden sei. Wie Studien belegten, habe das Alter keinen statistisch signifikanten Einfluss auf die therapiebezogene Mortalität. Das Vorgehen sei insgesamt gerechtfertigt gewesen. Eine Notwendigkeit, die allogene SZT im Rahmen einer Studie durchzuführen, habe nicht bestanden.
Im auf Veranlassung der Beklagten erstellten Widerspruchsgutachten vom 28. November 2012 führten Dr. N.-Ho. und Prof. Dr. He. aus, bei der 74-jährigen Versicherten habe die Durchführung einer peripheren Blutstammzelltransplantation mit einem Fremdspender nicht den Empfehlungen der Europäischen Fachgesellschaft für Blutstammzell- und Knochenmarktransplantation (EBMT) entsprochen. Die Behandlung habe einer experimentellen Therapie entsprochen. Verwiesen werde auf eine Standardtherapie mit Hydroxyurea oder gegebenenfalls Decitabine, das als Importarzneimittel zur Verfügung gestanden habe. Die Nutzen-Risiko-Abwägung habe bezüglich der allogenen peripheren Blutstammzelltransplantation negativ ausfallen müssen, da erhebliche Risikofaktoren für tödliche Komplikationen bestanden hätten und somit die allogene SZT im Sinne des Patientenschutzes nur auf klinische Studien zu beschränken gewesen sei. Im Behandlungszeitraum hätten keinerlei Daten vorgelegen, die einen Patienten mit einem Alter von mehr als 70 Jahren inkludierten. Die Konditionierung habe dem experimentellen Arm einer laufenden Studie, in der die Patientin aufgrund des Alters (überschritt den oberen Alterslimit um fast zehn Jahre) nicht eingebracht werden können. Die Therapie mit Hydroxyurea hätte ambulant erbracht werden können, sodass es sich hier um eine primäre Fehlbelegung gehandelt habe. Eine Überlegenheit der allogenen SZT gegenüber dieser Standardtherapie könne hier wissenschaftlich nicht belegt werden.
Der Kläger erhob am 21. Dezember 2012 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) auf Zahlung von EUR 116.597,47. Die Einwendungen der Beklagten gegen seinen Vergütungsanspruch seien nicht begründet. Die Abrechnungsvoraussetzungen lägen vor. Die Annahme der Ärzte des MDK, es sei eine experimentelle Therapie zum Einsatz gekommen, die nicht dem zulässigen Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung zuzurechnen sei oder jedenfalls nur im Rahmen klinischer Studien durchgeführt werden könne, könne dem Vergütungsanspruch grundsätzlich nicht entgegenstehen. Sie übersehe, dass das allgemeine Qualitätsgebot im Bereich der stationären Krankenhausbehandlung den Besonderheiten des § 137c Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) unterliege. Anders als im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung bestehe im stationären Bereich eine Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt. Dies bedeute, dass Behandlungen im stationären Bereich solange zulässigerweise zum Einsatz kommen könnten, bis dies durch ein negatives Votum des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) ausgeschlossen werde. Ein Verwerfungsmonopol stehe damit lediglich dem GBA zu, nicht jedoch den Krankenkassen. Auf die von der Beklagten aufgeworfene Frage, ob die Methode bereits ausreichend anerkannt und erprobt sei, komme es im stationären Bereich damit nicht an. Selbst die Anwendung einer noch nicht ausreichend anerkannten Methode durch Krankenhäuser löse einen Vergütungsanspruch auf der Grundlage der maßgeblichen Abrechnungsbestimmungen aus. Nur bei einem hier nicht gegebenen Vorliegen eines Negativotums des GBA sei überhaupt die Teilnahme eines Patienten an einer klinischen Studie für das Entstehen des Vergütungsanspruchs relevant. Im Übrigen ergebe sich der Leistungsanspruch aus einer grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts auf Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) im Beschluss vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 – juris). Bei der Versicherten habe eine lebensbedrohliche bzw. regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vorgelegen. Im Zeitpunkt der stationären Behandlung im Jahre 2008 habe auch keine andere allgemein anerkannte, dem medizinischen Stand entsprechende Behandlung zur Verfügung gestanden. Die angebliche Standardtherapie mit Hydroxyurea habe keinen kurativen, sondern lediglich einen palliativen Therapieansatz beinhaltet. Bei Anwendung dieser Therapie sei eine Heilung des Krankheitsbildes von vorneherein nicht möglich gewesen. Die fremd-allogene SZT sei die einzige kurative Therapiemöglichkeit gewesen. Auch hätten auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussichten auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestanden. Hierzu werde auf die Stellungnahme des Dr. F. vom 29. Oktober 2012 verwiesen. Die Beklagte überspanne die Anforderungen an eine Grundrechtsauslegung des Leistungsrechts. Ferner sei auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VSG) sowie das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 17. Januar 2013 (S 35 KR 118/10 – juris) zu verweisen. Beide bestätigten die Richtigkeit seiner Auffassung.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und nahm auf die Gutachten des MDK Bezug. Die Behandlung habe nicht dem Qualitätsgebot entsprochen und sei auch unter Berücksichtigung der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts nicht dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung unterfallen. Nach den Feststellungen des Prof. Dr. He. habe die vom Bundessozialgericht (BSG) ausgeschlossene Situation vorgelegen, dass die Behandlung mehr schade als nutze. Die allogene SZT bei Patienten im Alter von 74 Jahren sei bislang nicht klinisch ausreichend erforscht und die Nutzen-Risiko-Abwägung müsse daher negativ ausfallen. In Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Patientenschutzes sei eine entsprechende Behandlung auf klinische Studien zu beschränken.
Auf gerichtliche Anforderung legte der Kläger den Entlassungsbericht über den Aufenthalt der Versicherten vom 30. September bis 30. Oktober 2008 in der Medizinischen Klinik Abteilung Innere Medizin II des Klägers vom 14. Mai 2009 vor.
Mit Urteil vom 11. Februar 2015 verurteilte das SG die Beklagte zur Zahlung von EUR 116.597,47 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1. April 2010. Zur Begründung führte es aus, die Klageforderung sei nicht durch Aufrechnung erloschen, weil der Beklagten kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zustehe. Die Vergütung für die streitgegenständliche Behandlung der Versicherten sei zurecht bezahlt worden. Zwar sei Vorliegen des Qualitätsgebot als Vergütungsvoraussetzung nicht beachtet worden, weil die Behandlung des Versicherten nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprochen habe. Nach der Rechtsprechung des BSG müsse eine Krankenhausbehandlung, die nicht dem Qualitätsgebot entspreche, von den Krankenkassen nicht bezahlt werden. § 137c SGB V dürfe nicht über seinen Wortlaut hinaus im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebigen Methoden bis zum Erlass eines Verbots ausgelegt werden. Aus der Aufnahme der allogenen SZT in die DRG s, hier in die DRG A04C, im Fallpauschalen-Katalog 2008 könne nicht gefolgert werden, dass diese damit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse im hier maßgebenden Zeitpunkt der Behandlung entsprochen habe. Ein Ausschluss der allogenen SZT bei CMML I sei in der Richtlinie des GBA zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus (Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung) zwar nicht erfolgt. Das im stationären Bereich zu beachtende Qualitätsgebot fordere jedoch, dass die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute die Behandlungsmethode befürworte. Nach den von den Beteiligten zitierten Publikationen und ärztlichen Stellungnahmen stehe für die Kammer fest, dass die allogene SZT bei CMML I jedenfalls bei der 74-jährigen Versicherten im Zeitraum September bis Oktober 2008 nicht dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprochen habe. Soweit die Beklagte anmerke, die Versicherte hätte nur im Rahmen einer klinischen Studie behandelt werden dürfen, sei darauf hinzuweisen, dass es nach eigenen Angaben des von der Beklagten mit der Begutachtung beauftragten MDK gerade solche Studien, also Studien zur Behandlung über 70-jähriger Patienten mit allogener SZT bei CMML, nicht gegeben habe. Der Verweis der Beklagten auf die Teilnahme an solchen Studien gehe also ins Leere. Zudem bestehe eine Pflicht zur Teilnahme an einer klinischen Studie nur dann, wenn ein - hier nicht gegebenes - Negativvotum des GBA hinsichtlich der hier bei CMML durchgeführten allogenen SZT bestehe. Gleichwohl habe ein Vergütungsanspruch des Klägers bestanden; dieser ergebe sich aus grundrechtsorientierter Auslegung der Regelungen des SGB V. Bei der Versicherten habe eine lebensbedrohliche Erkrankung vorgelegen, die innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit zum Tode geführt hätte. Dr. F. und auch Prof. Dr. He. seien davon ausgegangen, dass es sich um eine tödlich verlaufende Erkrankung gehandelt habe. Allein durch eine allogene SZT sei eine Heilung trotz der zweifellos vorhandenen hohen Risiken möglich gewesen. Soweit Prof. Dr. He. in seinen Gutachten darauf verweise, Standardtherapie bei der CMML sei die Therapie mit Hydroxyurea, stelle diese Therapie keine Behandlungsalternative dar. Eine Heilung sei nur durch eine allogene SZT, nicht durch die Therapie mit Hydroxyurea möglich. Dr. F. habe insoweit bei seiner Aussage in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer bestätigt, dass als Standardtherapie neben Bluttransfusionen durchaus die Hydroxyurea-Therapie anzusehen sei. Allerdings habe er überzeugend dargelegt, dass durch diese Therapien nur die entarteten weißen Blutkörperchen im Wachstum gehemmt würden. Ein vollständiges Verschwinden der entarteten Vorläuferzellen der weißen Blutkörperchen sei durch diese Therapie nicht möglich, sodass durch die Hydroxyurea-Therapie lediglich der Krankheitsverlauf gemildert bzw. verlängert werden könne. Eine Heilung durch diese Therapie sei jedoch nicht möglich. Soweit in den Gutachten des Prof. Dr. He. anklinge, dass bei älteren Patienten mit CMML lediglich die palliative Therapie mit Hydroxyurea in Betracht komme, könne nur darauf hingewiesen werden, dass auch bei über 70-jährigen Patienten nur die vollständige Heilung einer Erkrankung das Ziel sei. Nur wenn dieses Ziel nicht erreicht werden könne, komme eine lebensverlängernde, palliative Behandlung in Betracht. Die im vorliegenden Rechtsstreit von Kläger und Beklagter zitierten Publikationen zur allogenen SZT bei CMML, die allerdings lediglich Patienten betrafen, die deutlich jünger als die Versicherte gewesen seien, belegten gleichwohl, dass die allogene SZT bei CMML eine Behandlungsmethode sei, bei der eine "auf Indizien gestützte", nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung dieser Erkrankung bei der Versicherten bestanden habe. Nach den Angaben des Dr. F. seien Nutzen und Risiko der allogenen SZT sorgfältig abgewogen worden. Ob das Alter der ausschlaggebende Risikofaktor sei, erscheine angesichts der von Dr. F. in seiner Stellungnahme vom 29. Oktober 2012 zitierten Publikationen äußerst fraglich. Zudem scheine gerade das Alter als schematischer Faktor ohne Berücksichtigung weiterer Faktoren wie Erkrankungen, Gesundheitszustand und Ähnliches keine bzw. nur eine geringe Aussagekraft für das Risiko einer Operation oder einer SZT zu haben. Eine wirksame Einwilligung des Versicherten in die Behandlung als Vergütungsvoraussetzung habe vorgelegen.
Gegen das ihr am 5. März 2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 20. März 2015 eingelegte Berufung der Beklagten. Das BSG habe wiederholt klargestellt, dass § 137c SGB V die Anforderungen an Qualität, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung auch im stationären Bereich nicht außer Kraft setze. Entgegen der Würdigung des SG sei die Behandlung aber auch nicht im Rahmen einer "leistungsorientierten" (gemeint grundrechtsorientierten) Auslegung der Leistungsvorschriften des SGB V gerechtfertigt. Das BSG betone in ständiger Rechtsprechung, dass es für die Beurteilung von Qualität, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit einer Behandlung allein auf die Erkenntnis- und Studienlage zum Zeitpunkt der im Streit stehenden Behandlung ankommen könne. Diesen Grundsatz habe das SG nicht beachtet. BSG und BVerfG gingen übereinstimmend davon aus, dass es einen Heilungsversuch "um jeden Preis" nicht gebe. Insoweit habe das BSG in seinem Urteil vom 17. Dezember 2013 (B 1 KR 70/12 R – juris, Rn. 22) ausgeführt, dass betroffene Patienten im Interesse ihres Schutzes nicht generell außerhalb, sondern regelmäßig lediglich im Rahmen von kontrollierten klinischen Studien behandelt werden dürften. Der MDK habe auf Basis der heranzuziehenden Studienlage ermittelt, dass die Durchführung der streitigen Behandlung den Empfehlungen der EBMT widersprochen habe und dass die maßgebliche Risiko-Nutzen-Abwägung wegen der erheblichen Risikofaktoren für tödliche Erkrankungen negativ habe ausfallen müssen. Die vom BSG verlangte Feststellung aller maßgeblich medizinischen Tatsachen auf breiter Grundlage finde sich in der Entscheidung des SG nicht. Im Übrigen scheitere der Vergütungsanspruch an der mangelhaften Aufklärung der Versicherten. Eine sachgerechte Aufklärung – dass diese erfolgt sei, bestreite sie – habe zwingend auch den Hinweis auf die unstreitig bestehende Standardtherapie mit Hydroxyurea umfassen müssen. Dies sei nicht geschehen. Zur ergänzenden Begründung ihrer Berufung verweist die Beklagte auf das (vorgelegte) Gutachten von Dr. N.-Ho. und Prof. Dr. He. vom 22. September 2016, das ihre bisherige Auffassung untermauere. Die Versicherte sei nicht über den experimentellen Charakter der Transplantation aufgeklärt, ihr sei ein sequenzielles Vorgehen nicht erläutert und nicht hinreichend die verfügbare Standardtherapie mit Hydroxycarbamid erläutert worden. Insbesondere habe eine notstandsähnliche Situation aufgrund der niedrigen Blastenkonzentration nicht bestanden. Da wissenschaftliche Daten über die Ergebnisse einer allogenen SZT bei 74-jährigen Patienten mit CMML nicht vorlägen, könnten daher auch keine realistischen Angaben über einen theoretischen Heilungserfolg oder Überlebenszeiten gemacht werden. Eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe daher nicht.
Die Beklagte beantragt,
Beweis zu erheben durch Vernehmung des behandelnden Oberarztes Dr. Be., über welche Inhalte, insbesondere experimenteller Charakter der allogenen Stammzellentransplantation, alternative Therapie mit Hydroxyrea, psychische Belastungen, Risikofaktoren, aufgeklärt wurde und ob sie in Kenntnis dieser Aufklärungsinhalte ihre Einwilligung zur allogenen Stammzellentranpslantation erteilt hat,
hilfsweise,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 11. Februar 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise:
1. Zum Beweis der Tatsache, dass die Behandlung der Versicherten bei dem konkret bei ihr anzutreffenden Krankheitsbild (MDS/CMML) mit allogener Stammzelltransplantation zum Zeitpunkt ihres stationären Aufenthalts vom 30. September 2008 bis 30. Oktober 2008, auch unter Berücksichtigung ihres Alters bei Durchführung der Therapie (74 Jahre), dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprochen hat, weil diese Therapie zu diesem Zeitpunkt von der großen Mehrheit der einschlägigen Fachleute befürwortet worden ist, wird Beweis beantragt, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.
2. Zum Beweis der Tatsache, dass die mittlere Lebenserwartung der Versicherten zum Zeitpunkt der Durchführung der allogenen Stammzelltransplantation - bei Unterlassen dieser Behandlung - neun bis 15 Monate betragen hätte und auch bei Durchführung einer medikamentösen Therapie mit Hydroxycarbamid (ohne Stammzelltransplantation) keine Verlängerung der so prognostizierten Lebenserwartung eingetreten wäre, wird Beweis beantragt, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.
3. Zum Beweis der Tatsache, dass bei Anwendung der allogenen Stammzelltransplantation bei der Versicherten zum Zeitpunkt der Behandlung eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestand und bei Anwendung der Therapie die Wahrscheinlichkeit des krankheitsfreien Überlebens bei ihr damals bei etwa 35 % lag, wird Beweis beantragt, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Die Behandlung habe dem Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entsprochen. Hiergegen könne nicht eingewendet werden, die Versicherte habe zum Zeitpunkt der Behandlung bereits das 70. Lebensjahr überschritten. Auch die derzeit verfügbaren fachmedizinischen Stellungnahmen gingen davon aus, dass bei Patienten, die älter als 70 Jahre seien, eine allogene SZT ernsthaft in Betracht zu ziehen sei. Hierfür sprächen die Broschüre der Deutschen Leukämie- und Lymphom-Hilfe (Stand März 2015) und die Version der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie e.V. (DGHO; Stand Februar 2013). Bei allen Patienten mit Hochrisiko-MDS solle danach zunächst die Möglichkeit einer allogenen SZT geprüft werden (unter 6.6 der Leitlinie). Nach 6.5 der Leitlinie stelle die analoge SZT das bisher einzige potentiell kurative Verfahren in der Behandlung der MDS dar. Mit der Verbesserung supportiver Maßnahmen bzw. einer Reduktion der Intensität der Konditionierung sei es in den vergangenen Jahren gelungen, die Indikation auch auf Patienten älter als 70 Jahre zu erweitern. Trotzdem bleibe dieses Verfahren immer ein individuelles Vorgehen insbesondere bei Patienten ) 65 Jahre (unter 6.5 der Leitlinie). Zwar hätten zum Zeitpunkt der Behandlung der Versicherten noch wenige Erkenntnisse zur Anwendung der Therapie bei Patienten über 70 vorgelegen. Allerdings hätten keine ernsthaften Zweifel daran bestanden, dass auch bei diesen Patienten eine Heilung der Erkrankung durch die allogene SZT möglich gewesen sei. Dies werde durch Dr. F. in seiner (vorgelegten) Stellungnahme vom 30. November 2015 bestätigt. Der Vergütungsanspruch ergebe sich zusätzlich auch aus einer grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts. Stelle man sich entgegen seiner Auffassung auf den Standpunkt, die allogene SZT sei keine Standardbehandlung, habe keine dem allgemein anerkannten Standard entsprechende Behandlung mehr zur Verfügung gestanden, denn Versicherte könnten nicht auf eine palliative Standardtherapie verwiesen werden, wenn durch die Alternativbehandlung eine nicht ganz entfernte Aussicht auf Heilung bestehe. Gestützt auf die Stellungnahme des Dr. F. vom 30. November 2015 habe eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestanden. Denn es könne die Prognose für das Patientenkollektiv (Diagnose MDS/MPN, Alter über 70 Jahre, günstige biologische Voraussetzungen, Behandlung mit allogener SZT) anhand publizierter Daten und der eigenen Erfahrung relativ gut abgeschätzt werden. Eine Rückfallquote von ca. 35 % und eine transplantationsbedingte Sterblichkeitsrate von ca. 30 % seien realistisch und resultierten in einer Heilungsrate von ca. 35 %. Im Übrigen sei die Berufung jedenfalls unter Berücksichtigung der gesetzlichen Konkretisierung und Klarstellung des Gesetzgebers in § 137c Abs. 3 SGB V im Rahmen des GKV-VSG vom 16. Juli 2015 zurückzuweisen. Dessen Voraussetzungen lägen vor. Der GBA habe zu der Behandlungsmethode bisher keine Entscheidung nach § 137c Abs. 1 SGB V getroffen. Die angewandte Methode habe auch erkennbar das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative, weil ihre Anwendung mit der sachlich begründeten Erwartung verbunden gewesen sei, der schwer erkrankten Versicherten eine Behandlung mit maximalen Aussichten auf Heilung zu ermöglichen. Die Anwendung der Methode sei auch unstreitig unter Beachtung der Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt; insbesondere sei die Versicherte bei ihm stets unter Beachtung des Facharztstandards versorgt worden. Aus der (vorgelegten) Stellungnahme des Dr. F. vom 24. August 2017 ergebe sich, dass die Versicherte ohne relevante Begleiterkrankungen gewesen sei, sie zum Zeitpunkt der Behandlung über einen relativ geringen Blastenanteil verfügt habe und im Übrigen auch keine ungünstigen genetischen Veränderungen vorgelegen hätten. Im Übrigen seien in seiner Klinik häufiger Patienten mit über 70 Jahren mit allogener SZT erfolgreich behandelt worden. Die pauschalen Annahmen der Beklagten zur fehlenden wirksamen Aufklärung bzw. Einwilligung entbehrten jeglicher Grundlage. Die Versicherte sei mehrfach ausführlich über die Therapie sowie die Alternativen hierzu aufgeklärt worden. Dies ergebe sich aus der Stellungnahme des Dr. F. vom 30. November 2015, in der dieser mindestens zwei Aufklärungsgespräche am 30. Juli und 30. September 2008 aufführe. Des Weiteren werde auf die (vorgelegte) Einverständniserklärung zur allogenen SZT vom 30. September 2008 der Versicherten sowie eine Dokumentation des Aufklärungsgesprächs am 30. Juli 2008 verwiesen. Aus Letzterer ergebe sich die Aufklärung der Versicherten über mehrere Therapieoptionen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
1. Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene und gemäß § 143 SGG statthafte Berufung der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung bedurfte nicht der Zulassung, da der maßgebliche Beschwerdewert nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 überschritten ist. Denn die Beklagte wendet sich gegen die Verurteilung, EUR 116.597,47 zahlen zu müssen.
2. Die Berufung der Beklagten ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, dem Kläger EUR 116.587,47 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1. April 2010 zu zahlen.
a) Die Klage ist zulässig. Der Kläger hat mit der erhobenen echten Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 5 SGG die richtige Klage gewählt; denn es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten einer Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (BSG, Urteil vom 13. November 2013 – B 3 KR 33/12 R – juris, Rn. 9). Der Kläger hat den Zahlungsanspruch auch konkret beziffert. Dies gilt gleichermaßen für den geltend gemachten Zinsanspruch. Insoweit reicht die Bezugnahme auf den Basiszinssatz (vgl. Becker-Eberhard in: Münchner Kommentar zur ZPO, 4. Auflage 2013, § 253 Rn. 132).
b) Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von EUR 116.587,47 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1. April 2010 aufgrund der Krankenhausbehandlung der Versicherten der Beklagten.
Der Vergütungsanspruch aus unstreitigen Forderungen des Klägers gegen die Beklagte aufgrund anderer, hier nicht im Streit stehender Krankenhausbehandlungen, ist nicht durch Aufrechnung entsprechend §§ 387 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von EUR 113.300,29 erloschen (zur Aufrechnung vgl. BSG, Urteile vom 23. Juni 2015 – B 1 KR 26/14 R – juris, Rn. 33 m.w.N., 25. Oktober 2016 – B 1 KR 9/16 R – juris, Rn. 10 und 25. Oktober 2016 – B 1 KR 7/16 R – juris, Rn. 11). Die mit der erhobenen Leistungsklage verfolgten Vergütungsansprüche des Klägers aus späteren Krankenhausbehandlungen von anderen Versicherten der Beklagten sind unstreitig. Darauf, welche Vergütungsansprüche der Kläger auf Grund welcher konkreten Krankenhausbehandlung geltend macht, kommt es nicht an (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 28. November 2013 – B 3 KR 33/12 R – juris, Rn. 10), sodass insoweit keine nähere Prüfung durch den Senat erforderlich ist (vgl. z.B. BSG, Urteile vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 34/13 R – juris, Rn. 8, 25. Oktober 2016 – B 1 KR 9/16 R – juris, Rn. 8 und 25. Oktober 2016 – B 1 KR 7/16 R – juris, Rn. 9).
Der Beklagten steht kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch gegen den Kläger in Höhe von EUR 116.587,47 zu. Die Beklagte zahlte die mit Rechnung geltend gemachte Vergütung für die Krankenhausbehandlung der Versicherten vom 30. September bis 30. Oktober 2008 nicht ohne Rechtsgrund.
aa) Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs des Klägers gegen die Beklagte ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. § 7 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG, i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser und zur Änderung anderer Vorschriften [2. FPÄndG] vom 15. Dezember 2004, BGBl I, S. 3429) i.V.m. der Anlage 1 Teil a der Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2008 vom 21. September 2007 (Fallpauschalenverordnung 2008 – FPV 2008) i.V.m. § 17b Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze – Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) und des am 1. Januar 2006 in Kraft getretenen Krankenhausbehandlungsvertrags nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V für das Land Baden-Württemberg.
Nach § 109 Abs. 4 SGB V wird mit einem Versorgungsvertrag nach § 109 Abs. 1 SGB V (bei den Hochschulkliniken gilt die Anerkennung nach den landesrechtlichen Vorschriften als solche als Abschluss eines Versorgungsvertrags [§ 109 Abs. 1 Satz 2 SGB V]) das Krankenhaus für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet. Die Krankenkassen sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des SGB V mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des KHG, des KHEntgG und der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) zu führen. Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (vgl. hierzu und zum Folgenden: BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R – juris, Rn. 10 ff).
Das Krankenhaus hat auch bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen einen Vergütungsanspruch gegen einen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nur für eine "erforderliche" Krankenhausbehandlung. Das folgt aus dem Wortlaut und Regelungssystem sowie aus dem Zweck der Vergütung. Sie dient als Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht des zugelassenen Krankenhauses, Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten im Rahmen des Versorgungsauftrags zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses ist nämlich zur Erfüllung des Leistungsanspruchs des Versicherten bestimmt.
Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht – unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist. Deshalb definiert § 2 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG (i.d.F. des Art. 5 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser [FPG] vom 23. April 2002, BGBl. I, S. 1412): "Allgemeine Krankenhausleistungen sind die Krankenhausleistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind." Diese "allgemeinen Krankenhausleistungen" werden nach § 7 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern u.a. mit Fallpauschalen (sog. diagnosis related groups - DRG) nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9 KHEntgG) abgerechnet (zur Höhe siehe § 8 KHEntgG). Das Fallpauschalensystem lässt keinen Raum dafür, nicht notwendige Leistungen zu vergüten.
bb) Sämtliche Voraussetzungen der genannten Rechtsgrundlagen sind vorliegend erfüllt. Der Kläger ist ein nach Landesrecht anerkanntes Hochschulklinikum und damit ein zur Behandlung gesetzliche Krankenversicherter zugelassenes Krankenhaus nach §§ 108 Nr. 1, 109 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 SGB V. Bei der Versicherten lagen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Krankenhausleistungen vor. Sie litt an CMML I, einer behandlungsbedürftigen Krankheit i.S.v. § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.
Die Versicherte hatte auch Anspruch auf die vom Kläger erbrachte Krankenhausbehandlung aus § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Dies ergibt eine grundrechtsorientierte Auslegung dieser Regelungen.
aaa) Krankenhausbehandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V ist grundsätzlich nur dann erforderlich, wenn die Behandlung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht und notwendig ist. Generell hat sich der Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V i.V.m. dem Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V und mit § 2 Abs. 4, § 12 Abs. 1 SGB V daran auszurichten, welche Behandlung unter Beachtung des umfassenden Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit notwendig und ausreichend ist, um das angestrebte, in § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V bezeichnete Behandlungsziel zu erreichen.
Das Qualitätsgebot gilt grundsätzlich auch für die mit Fallpauschalen nach § 17b KHG vergüteten Krankenhausleistungen (z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R – juris, Rn. 15, m.w.N.). Eine Abmilderung des Qualitätsgebots kann sich insbesondere daraus ergeben, dass auch bei der Beurteilung der Behandlungsmethoden im Krankenhaus in einschlägigen Fällen eine grundrechtsorientierte Auslegung der Grenzmaßstäbe nach Maßgabe der Rechtsprechung des BVerfG im Beschluss vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 – juris, Rn. 48 ff) stattzufinden hat (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R – juris, Rn. 15 m.w.N.; seit 1. Januar 2012 in § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V normiert).
§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V bestimmt, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben. Den Qualitätskriterien des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entspricht eine Behandlung, wenn die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler) die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dieses setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der Methode - die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist - zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (zum Ganzen: BSG, Urteile vom 21. März 2013 – B 3 KR 2/12 R – juris Rn. 12 und 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R – juris, Rn. 21, beide m.w.N.).
§ 137c SGB V (i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14. November 2003, BGBl. I, S. 2190) setzt die Geltung des Qualitätsgebots des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V nach der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht außer Kraft, weil die Regelung dieser Norm nicht im Sinne einer Erlaubnis aller beliebigen Methoden für das Krankenhaus bis zum Erlass eines Verbots ausgelegt werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juli 2008 – B 1 KR 5/08 R – juris, Rn. 52; BSG, Urteil vom 21. März 2013 – B 3 KR 2/12 R – juris, Rn. 20 ff.). Nach § 137c Abs. 1 Satz 1 SGB V überprüft der GBA auf Antrag eines Spitzenverbandes der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Ergibt die Überprüfung, dass die Methode nicht diesen Kriterien entspricht, erlässt der GBA nach § 137c Abs. 1 Satz 2 SGB V eine entsprechende Richtlinie. Ab dem Tag des Inkrafttretens einer Richtlinie darf die ausgeschlossene Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden; die Durchführung klinischer Studien bleibt unberührt (§ 137c Abs. 2 Satz 2 SGB V).
Ob die Neuregelung des § 137c Abs. 3 SGB V (eingefügt zum 23. Juli 2015 durch Art. 1 Nr. 64 Buchst. b GKV-VSG vom 16. Juli 2015 [BGBl. I, S. 1211]) eine Änderung dieser Grundsätze bewirkt (vgl. hierzu mit weiteren Anmerkungen Bundestags-Drucksache 18/5123, S. 135f.), kann vorliegend dahinstehen.
bbb) Zur Überzeugung des Senats hat der Kläger vorliegend das Qualitätsgebot aus § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V beachtet. Denn die Voraussetzungen des Qualitätsgebots waren vorliegend aufgrund einer grundrechtsorientierten Leistungsauslegung abgemildert.
Eine Abmilderung des Qualitätsgebots ergibt sich allerdings nicht bereits aufgrund eines Seltenheitsfalls (dazu z.B. BSG, Urteil vom 3. Juli 2012 – B 1 KR 25/11 R – juris, Rn. 18 ff). Die CMML ist keine Erkrankung, die aufgrund ihrer Singularität medizinisch nicht erforscht war ist. Dies entnimmt der Senat sowohl den Stellungnahmen des Dr. F. als auch den Gutachten des Prof. Dr. He ...
Die Anforderungen, die das Qualitätsgebot an das Leistungsrecht stellt, sind vorliegend jedoch wegen der gebotenen grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts abgeschwächt. Die grundrechtsorientierte Auslegung einer Regelung des SGB V über einen Anspruch auf Übernahme einer Behandlungsmethode zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung setzt voraus, dass folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: (1.) Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor. (2.) Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. (3.) Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf" (ständige Rechtsprechung; vgl. hierzu z.B.: Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98 – juris, Rn. 64; BVerfG, Beschluss vom 10. November 2015 – 1 BvR 2056/12 – juris, Rn. 18; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 11. April 2017 – 1 BvR 452/17 – juris, Rn. 22; BSG, Urteile vom 7. Mai 2013 – B 1 KR 26/12 R – juris, Rn. 15 und 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R – juris, Rn. 28; seit 1. Januar 2012 normiert in § 2 Abs. 1a SGB V).
(1) Eine lebensbedrohliche bzw. regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung lag bei der Versicherten vor. Die Versicherte litt an einer CMML I, die unbehandelt zum Tode geführt hätte. Dies entnimmt der Senat den Angaben des Dr. F. in der mündlichen Verhandlung vor dem SG sowie seinen Stellungnahmen vom 29. Oktober 2012 und 24. August 2017. Unter Berücksichtigung – selbst einer von der Beklagten favorisierten (palliativen) Therapie mit Hydroxyurea – schätze er die Lebenserwartung der Versicherten nach verschiedenen Berechnungsmodellen (Gonzáles-Medina (2001) et al. 14 Monate, Onida et al. (2002) neun Monate, Germing et al. (2004) elf Monate oder Such et al. (2013) 15 Monate) zwischen neun und 15 Monaten. Dies wird letztlich bestätigt durch die von Prof. Dr. He. in seinem Gutachten vom 29. November 2012 genannten Publikationen von Germing et al. (2007) und von Gonzáles-Medina (2002) et al., so dass für den Senat kein Anlass besteht, hieran zu zweifeln.
(2) Hieraus folgt zur Überzeugung des Senats außerdem, dass es damals keine alternative Behandlungsmethode (mehr) gab, die ebenfalls das Ziel hatte, die Krankheit zu heilen, und dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprach.
So führt Dr. L. bereits in seinem Gutachten vom 18. September 2009 aus, die fremd-allogene SZT sei bei gesichertem MDS, auch bei der CMML, die einzige kurative Behandlungsmöglichkeit. Bestätigt wird dies durch die Ausführungen des Dr. F. in der mündlichen Verhandlung vor dem SG sowie seinen Stellungnahmen vom 29. Oktober 2012 und 24. August 2017. Auch er legte dar, die allogene SZT sei unter Berücksichtigung des bei der Versicherten vorliegenden Krankheitsbildes die einzig in Betracht kommende kurative Behandlungsmöglichkeit gewesen. Bestätigt wird dies durch die DGHO, die in ihrer Leitlinie zum MDS (Stand Februar 2013) zu dem Ergebnis gelangte, die allogene SZT stelle das bisher einzige potentiell kurative Verfahren der Behandlung der MDS dar.
Soweit Prof Dr. He. mit der Beklagten davon ausgeht, die Versicherte sei auf lediglich palliative Therapiemaßnahmen wie die lediglich überlebensverlängernde Standarttherapie mit Hydroxyurea (Synonym auch Hydroxycarbamid) zu verweisen gewesen, so ist dem nicht zuzustimmen. Wie das SG zutreffend ausführt, muss auch bei über 70-jährigen Patienten bei einer Behandlung das Ziel die vollständige Heilung von einer Erkrankung sein. Nur wenn dieses Ziel nicht erreicht werden kann, kommt eine lebensverlängernde, palliative Behandlung in Betracht. Denn Versicherte könnten nicht auf eine palliative Standardtherapie verwiesen werden, wenn durch die Alternativbehandlung eine nicht ganz entfernte Aussicht auf Heilung besteht. Die Therapie mit Hydroxyurea/Hydroxycarbamid ist eine palliative Therapie. Dies ergibt sich aus der Anlage VI Teil A XIV Richtlinie des GBA über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie) – eingefügt durch Beschluss des GBA vom 18. Juli 2013 (Bundesanzeiger AT vom 15. Oktober 2013 B3) –. Danach ist Hydroxycarbamid bei CMML als Off-Label-Use nur mit dem Behandlungsziel der palliativen Therapie zur Überlebenszeitverlängerung verordnungsfähig. Dass im Zeitpunkt der Behandlung der Versicherten im Jahr 2008 andere Erkenntnisse vorhanden waren, ist nicht ersichtlich und wird von den Beteiligten auch nicht behauptet.
(3) Zur Überzeugung des Senats bestand mit der allogenen SZT in dem vorliegend zu entscheidenden Einzelfall eine "auf Indizien gestützte", nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine "spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf".
Dies ergibt sich allerdings nicht bereits aus dem Umstand, dass der maßgebliche Fallpauschalenkatalog eine DRG für die HLA-verschiedene, allogene SZT vorsieht. Die Fallpauschalen sind reine Vergütungstatbestände, die nichts über den Nutzen und die Unbedenklichkeit der Methode aussagen. Dies gilt insbesondere für Fallpauschalen, die sich wie die hier relevante DRG A04C – in ihrem Anwendungsbereich allein auf eine bestimmte Behandlungsmaßnahme beziehen und keine Vorgaben dazu machen, bei welchen Erkrankungen diese Behandlung zum Einsatz kommt.
Eine positive Auswirkung auf den Krankheitsverlauf ist zu bejahen, wenn zumindest das Fortschreiten der Krankheit aufgehalten oder Komplikationen verhindert werden. Fehlen theoretisch-wissenschaftliche Erklärungsmuster, kann im Einzelfall bei vertretbaren Risiken auch die bloße ärztliche Erfahrung für die Annahme eines Behandlungserfolgs entscheidend sein, wenn sich diese Erkenntnisse durch andere Ärzte in ähnlicher Weise wiederholen lassen. Ein Wirkungsnachweis ist nicht erforderlich. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der zu verlangen ist, um davon ausgehen zu dürfen, dass die behaupteten Behandlungserfolge mit hinreichender Sicherheit dem Einsatz gerade der streitigen Behandlung zugerechnet werden können und das einzugehende Risiko vertretbar ist, unterliegt Abstufungen je nach der Schwere und dem Stadium der Erkrankung. Dabei sind Differenzierungen im Sinne der Geltung abgestufter Evidenzgrade nach dem Grundsatz vorzunehmen "je schwerwiegender die Erkrankung und hoffnungsloser die Situation, desto geringere Anforderungen an die ernsthaften Hinweise auf einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg". Anhaltspunkte zur Entwicklung solcher Abstufungen können die in der Richtlinie des GBA zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Methoden-Richtlinie), vor dem 1. April 2006 die Richtlinien zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien) niedergelegten Grundsätze bieten. Es können als Beurteilungsgrundlage beim Fehlen anderer Studien auch "Assoziationsbeobachtungen, pathophysiologische Überlegungen, deskriptive Darstellungen, Einzelfallberichte, u.Ä.; nicht mit Studien belegte Meinungen anerkannter Experten und Berichte von Expertenkomitees und Konsensuskonferenzen" in Betracht kommen (zum Ganzen m.w.N.: BSG, Urteil vom 4. April 2006 – B 1 KR 7/05 R – juris Rn. 40). Im Wege der verfassungskonformen Auslegung der Vorschriften des SGB V kann nur dann ein Anspruch auf die begehrte Behandlung bestehen, wenn auch diese den Regeln der ärztlichen Kunst entspricht. Dies ist nur dann der Fall, wenn die anzuwendende Methode nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft objektiv erfolgversprechend ist und unter Berücksichtigung des gebotenen Wahrscheinlichkeitsmaßstabes sowohl die abstrakte als auch die konkret-individuelle Chancen-/Risikoabwägung ergeben, dass der voraussichtliche Nutzen die möglichen Risiken überwiegt (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R – juris, Rn. 31 m.w.N).
Gemessen an diesen Kriterien durfte die konkrete Risiko-Nutzen-Abwägung der behandelnden Krankenhausärzte in objektiv nicht zu beanstandender Weise in dem vorliegend zu entscheidenden Einzelfall zu Gunsten der angewandten Methode ausfallen. Aufgrund des lebensbedrohlichen Zustandes der Versicherten (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hätte das Versterben der Versicherten in den folgenden neun bis 15 Monaten nicht verhindert werden können), genügten die Erfahrungen des behandelnden Arztes. Er gehörte einem hochspezialisierten Behandlungszentrum an, das bereits Erkenntnisse über die allogene SZT gewonnen hatte. Die allogene SZT war auch aus damaliger Sicht mit gebotener Wahrscheinlichkeit geeignet, das erstrebte Behandlungsziel für die Krebserkrankung der Versicherten zu erzielen. Nachvollziehbar und schlüssig hat Dr. F. dargestellt, dass der Therapieansatz zum damaligen Zeitpunkt wie auch heute als zwar generell risikoreich, aber auch als der einzig kurative gilt. Zwar wurden bei Entscheidung über die Aufnahme der Therapie die Risiken, insbesondere die hohe Sterblichkeitsrate und die Gefahr des Auftretens eines Rezidivs berücksichtigt. Daneben spielte in der Abwägung auch das Alter eine Rolle. Allerdings war nach den schlüssigen Ausführungen des Dr. F. in seiner Stellungnahme vom 24. August 2017 wesentlich, dass sich die Versicherte bei Vorstellung in der Klinik in einem relativ guten Allgemeinzustand befand. Dieser ergab sich aus dem Fehlen von Begleiterkrankungen (HCT-CI = 0) sowie aus dem relativ günstigen Karnofsky-Index von 80 %. Diese beiden Werte waren für die Vorhersage des Behandlungserfolgs als gewichtiger zu bewerten als die ausschließliche Berücksichtigung des Lebensalters. Des Weiteren musste bei der Therapieentscheidung berücksichtigt werden, dass die Versicherte mutmaßlich nicht längerfristig hätte mit Hydroxyurea behandelt werden können, weil sie an einer ausgeprägten Blutarmut und einer Thrombozytopenie litt und daher schon (zunehmend) häufiger Bluttransfusionen benötigte. Als günstig für die Durchführung der allogenen SZT war zum Zeitpunkt der Behandlung auch der relativ geringe Blastenanteil anzusehen sowie die Tatsache, dass keine ungünstigen genetischen Veränderungen vorlagen. Unter Berücksichtigung der zum Einsatz kommenden dosisreduzierten Konditionierung war nach einheitlicher Beurteilung des behandelnden Arztes von überdurchschnittlich günstigen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Durchführung der allogenen SZT auszugehen. Letztlich war damals auf der Grundlage publizierter Daten und eigener Erfahrungen im konkreten Behandlungsfall von einer Rückfallquote von etwa 35 %, einer transplantationsbedingten Sterblichkeitsrate von etwa 30 % und einer Heilungschance von etwa 35 % auszugehen.
Demgegenüber vermögen die Ausführungen des Prof. Dr. He. in seinen Gutachten nicht zu überzeugen. Zwar geht auch er davon aus, dass Patienten mit CMML mittels allogener SZT grundsätzlich eine Chance auf Heilung haben. Dies ist durch viele wissenschaftliche Veröffentlichungen belegt und wird auch durch Prof. Dr. He. nicht in Abrede gestellt. Aus seiner Sicht waren aber die in den Studien beschriebene Überlebensrate mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht auf die Versicherte anwendbar. Er begründet dies mit aus seiner Sicht bestehenden negativen Risikofaktoren wie dem Lebensalter der Versicherten von über 70 Jahren. Dies vermag schon deshalb nicht zu überzeugen, weil er in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 28. November 2012 ausführt, der Allgemeinzustand eines Patienten sei ein wichtiger Prognosefaktor für das Behandlungsergebnis nach allogener SZT, dieser nach dem Karnofsky-Index beurteilt werde und eine günstige Prognose nur Patienten hätten, bei denen der Karnofsky-Index 80 % betrage. Dies war bei der Versicherten der Fall. Die behandelnden Krankenhausärzte berücksichtigten bei ihrer Entscheidung – wie zuvor dargelegt – den guten Allgemeinzustand der Versicherten, der sich in dem Karnofsky-Index von 80 % zeigte.
Da über den Therapieansatz unter Außerachtlassung des Lebensalters jedoch Konsens bestand, können die zu fordernden Indizien für eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung nicht allein mit dem Lebensalter verneint werden, weil die Gesichtspunkte, die für die Anwendung der allogenen SZT sprechen, deutlicher gewichtiger erscheinen, als das Lebensalter der Versicherten. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Darstellung der im Einsatz der allogenen SZT erfahrenen Krankenhausärzte, wonach die Möglichkeit einer dauerhaften Heilung durch eine ausreichende Anzahl von Studien bereits belegt war und kein Grund bestand, dass die allogene SZT ab einem gewissen Alter nicht mehr wirksam sein könnte. Ebenfalls zu berücksichtigen war hierbei, dass es bereits Erkenntnisse über die Verträglichkeit der allogenen SZT bei Patienten über 70 Jahren bei vergleichbaren Krankheitsbildern wie MDS oder akuter myeloischer Leukämie (AML) gab und Patienten über 70 Jahre – unter anderem auch – in der Klinik des Klägers mittels allogener SZT erfolgreich behandelt wurden. Demnach sprachen hinreichende wissenschaftliche wie auch klinische Erkenntnisse für die Annahme, dass bei Anwendung der allogenen SZT eine nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder zumindest auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestand.
Soweit das BSG im Rahmen der grundrechtsorientierten Auslegung eine abstrakte und eine konkret-individuelle Chancen-/Risikoabwägung verlangt (vgl. BSG, Urteil vom 2. September 2014 – B 1 KR 4/13 R –, juris Rn. 16), erfolgte diese durch die behandelnden Krankenhausärzte umfangreich und sachgerecht. Dies entnimmt der Senat – wie bereits oben dargelegt – der Stellungnahme des Dr. F. vom 24. August 2017.
Im Übrigen zeigen die tragenden Gründe zum Beschluss des GBA vom 15. Dezember 2011 (Bundesanzeiger 2012 S. 1140) über die Änderung der Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung, mit welcher der GBA die allogene SZT mit nicht-verwandtem Spender bei akuter myeloischer Leukämie bei Erwachsenen als Methode, die für die Versorgung mit Krankenhausbehandlung erforderlich ist, eingestuft hat (Nr. 4.2 der Anlage 1 Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung) – auch wenn er nach der vorliegend streitigen Behandlung erging und es sich um eine lediglich verwandte Erkrankung handelt –, dass nicht auszuschließen ist, dass auch ältere Patienten von einer allogenen SZT profitieren könnten (2.2 der tragenden Gründe). Für den Senat ist nicht ersichtlich, dass die dem zu Grunde liegenden Erkenntnisse erst deutlich nach dem Zeitpunkt der hier erfolgten Behandlung zu Tage getreten sind (vgl. Urteil des Senats vom 16. Oktober 2015 – L 4 KR 3748/13 – juris, Rn. 45).
Da die durchgeführte Behandlungsmethode auf hinreichende Indizien gestützt werden kann, kann sie nicht als rein experimentelle Behandlungsmethode eingestuft werden, bei der die Reichweite einer grundrechtsorientierten Auslegung begrenzt wäre (hierzu BSG, Urteil vom 7. Mai 2013 – B 1 KR 26/12 R – juris, Rn. 21).
(5) Entgegen der Auffassung der Beklagten konnte die Versicherte nicht auf die Teilnahme an einer Studie verwiesen werden, da eine solche zum damaligen Zeitpunkt nicht existierte. Ein entsprechender Verweis geht in Leere. Im Übrigen ist die Teilnahme der Versicherten an einer klinischen Studie im Rahmen der Anwendung der vom BVerfG aufgestellten Grundsätze im Beschluss vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 – a.a.O.) nicht erforderlich (Urteil des Senats vom 16. Oktober 2015 – L 4 KR 3748/13 – juris, Rn. 48).
(6) Der Senat ist schließlich davon überzeugt, dass eine wirksame Einwilligung der Versicherten vorlag (zur Einwilligung als Vergütungsvoraussetzung: BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R – juris, Rn. 25). Versicherte müssen der konkreten Heilbehandlung nach hinreichender, gebotener Aufklärung entsprechend den allgemeinen Grundsätzen zugestimmt haben. Erforderlich ist eine so umfassende Information über Eigenart, Nutzen und Risiken der geplanten Behandlung, dass sie dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten in vollem Umfang Rechnung trägt. Dies war vorliegend der Fall. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Versicherte über die Behandlung mittels allogener SZT sowie die Alternativen hierzu aufgeklärt war und in diese Behandlung einwilligte. Dies ergibt sich aus der Stellungnahme des Dr. F. vom 30. November 2015, in der dieser mindestens zwei Aufklärungsgespräche am 30. Juli und 30. September 2008 aufführt. Des Weiteren entnimmt der Senat dies der Einverständniserklärung zur allogenen SZT vom 30. September 2008 der Versicherten sowie der Dokumentation des Aufklärungsgesprächs am 30. Juli 2008. Aus Letzterer ergibt sich die Aufklärung der Versicherten über mehrere Therapieoptionen. Damit war der Versicherten, die sich nach erfolglosen Therapiezyklen bis Juni 2008 eigens am 30. September 2008 zur Behandlung in das Klinikum des Klägers begab, bekannt, dass diese Behandlung erfolgen soll. Es ist nicht erkennbar, dass sie sich dem widersetzte, zumal diese Behandlung einen erheblichen Eingriff und auch für die Versicherte die einzige Chance für ein längeres Überleben darstellte. Die Aufklärung über eine Behandlung mit Hydroxyurea hatte die Versicherte vor dem Hintergrund des hierdurch ausschließlich verfolgten palliativen Ansatzes mit einer relativ kurzen Lebenserwartung im Übrigen ausdrücklich abgelehnt (Stellungnahme des Dr. F. vom 24. August 2017).
Dem Beweisantrag der Beklagten war deshalb nicht nachzugehen.
cc) Fehler in Bezug auf die Höhe der Vergütung sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht geltend gemacht.
dd) Der Zinsanspruch beruht auf § 19 Abs. 1 und 3 des Landesvertrages zu § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung, da weder der Kläger noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören.
4. Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
5. Die endgültige Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 2, § 47 Gerichtskostengesetz.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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