S 14 KR 207/17

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 14 KR 207/17
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 15.830,83 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.01.2017 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 15.830,83 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Vergütung der Klägerin für eine im Jahr 2016 durchgeführte stationäre Pankreas-Resektion bei einem bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherten Patienten. Streitpunkte sind 1., ob sich die Anforderungen an die Prognose der Erbringung einer Mindestmenge "komplexer Eingriffe am Organsystem Pankreas im Jahr 2016 nach § 136b Abs. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) in der ab dem 01.01.2016 gültigen Fassung oder nach § 137 Abs. 3 S. 2 SGB V in der bis 31.12.2015 geltenden Fassung richten und 2., die Auslegung des Ausnahmetatbestandes in Anlage 2 Nr. 4 der Mindestmengenregelung (Mm-R) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) (Beschluss des G-BA gem. § 137 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB V in der bis zum 31.12.2015 gültigen Fassung (jetzt § 136b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB V). Die Höhe der abgerechneten Kosten ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.

Die Klägerin betreibt ein nach § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus. In ihrer Klinik für Chirurgie wurden im Jahr 2012 16 und im Jahr 2013 17 komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas erbracht. Im Jahr 2014 erbrachte die chirurgische Klinik der Beklagten drei und im Jahr 2015 acht dieser Eingriffe.

Im April 2014 schieden der bisherige chirurgische Chefarzt und der stellvertretende leitende chirurgische Oberarzt, die für die Erbringung von Pankreas-Eingriffen verantwortlich waren, aus. In der Klinik verblieb ein Oberarzt als Facharzt für Allgemeinchirurgie, der erst ab 2015 in erhöhter Zahl an komplexen Eingriffen am Organsystem Pankreas beteiligt wurde. Im November 2014 trat der neue chirurgische Chefarzt seinen Dienst an. Ebenso wie der ausgeschiedene Chefarzt verfügt dieser über die Facharztbezeichnung der Speziellen Viszeralchirurgie und eine entsprechende 48 – monatige Weiterbildungsbefugnis für diesen Bereich. Zuvor - von 2011 bis Oktober 2014 - war er Chefarzt einer Klinik, in der regelmäßig über zehn komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas jährlich erbracht wurden. Zum September 2016 stellte die Klägerin einen neuen Oberarzt mit der Qualifikation eines Facharztes für Chirurgie und Viszeralchirurgie ein.

Mit Schreiben vom 18.02.2016 teilten die Landesverbände der Krankenkassen und der Verband der Ersatzkassen Nordrhein der Klägerin vorab mit, dass sie aufgrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) davon ausgingen, dass die Klägerin u.a. planbare Leistungen aus dem Leistungsbereich "Komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas" im Jahr 2016 nicht abrechnen dürfe, da die Anforderungen der Mm-R nicht erfüllt würden.

Unter dem 03.03.2016 bat die Klägerin um Neubeurteilung und führte aus, zwar sei die Mindestmenge im Jahr 2015 nicht erreicht worden, es sei jedoch der Ausnahmetatbestand nach Anlage 2 Nr. 4 Mm-R zu berücksichtigen. Bei personellen Neuausrichtung bestehender Leistungsbereiche werde ein Übergangszeitraum von max. 24 Monaten eingeräumt. Verbunden mit der im November 2014 erfolgten personeller Neuausrichtung sei es ihr daher möglich, die erforderliche Mindestmenge "Pankreas" erst im Zeitraum der Jahre 2015 und 2016 wieder zu erfüllen. Die Prognose für das Jahr 2016 sei positiv. Einerseits sei die Mindestmenge im Jahr 2015 aufgrund personeller Veränderungen und damit einhergehende Informationsdefizite nicht erreicht worden, andererseits seien Pankreaseingriffe in den Monaten Januar und Februar 2016 bereits bei zwei Patienten durchgeführt worden und ein dritter Patient befinde sich in Behandlung.

Mit Schreiben vom 23.03.2016 entgegneten die Krankenkassenverbände, den Ausnahmetatbestand der personellen Neuausrichtung könne die Klägerin nicht beanspruchen. Nach dem Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Mm-R sei für den Ausnahmetatbestand zu fordern, dass es in dem Zeitraum, für den der Ausnahmetatbestand in Anspruch genommen werden solle, zu personellen Änderungen gekommen sein müsse, bei denen es sich nicht lediglich um einen Personalersatz bzw. Personalwechsel handeln dürfe. Mit den personellen Veränderungen müsse vielmehr eine neue, andersartige Ausrichtung innerhalb des Krankenhauses bezogen auf den entsprechenden Leistungsbereich der Mm-R einhergehen. Diese zweite von drei Voraussetzungen erfülle die Klägerin nicht. Es habe in quantitativer und qualitativer Hinsicht keine personelle Veränderung im Sinne einer stärkeren Ausrichtung auf den Leistungsbereich "komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas" stattgefunden, vielmehr eine quantitative Verringerung bei der ärztlichen Stellenbesetzung.

Ein daraufhin geführtes Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes verlief für die Klägerin erfolglos (Sozialgericht Aachen – Az. S 15 KR 151/16 ER, ablehnender Beschluss vom 13.09.2016; LSG NRW – Az. L 11 KR 755/16 B ER, Rücknahme auf richterlichen Hinweis vom 02.12.2016).

Die Klägerin führte bei einem bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherten Patienten stationär am 30.11.2016 eine medizinisch indizierte, planbare partielle Resektion des Pankreas: Pankreaskopfresektion, pyloruserhaltend (OPS-Kode 5-524.2) durch. Hierfür stellte sie der Beklagten u.a. die DRG-Fallpauschale H01B (Eingriffe an Pankreas und Leber und portosystemische Shuntoperation mit großem Eingriff oder Strahlentherapie, ohne komplexen Eingriff, ohne intensivmedizinische Komplexbehandlung )392/368/-Aufwandspunkte) mit einem Betrag i.H.v. 15.830,83 EUR in Rechnung (vom 27.12.2016, Eingang bei der Beklagten am selben Tag).

Die Beklagte verweigerte die Zahlung aus den der Klägerin durch die Landesverbände der Krankenkassen und den Verband der Ersatzkassen in Nordrhein dargelegten Gründen (Schreiben vom 03.01.2017).

Mit der am 12.05.2017 erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Vergütung des Eingriffes bei dem bei der Beklagten versicherten Patienten am 30.11.2016.

Durch die zum Jahr 2016 in Kraft getretene Neuregelung in § 136b Abs. 4 S. 3, 4 SGB V sei die von der Beklagten in Bezug genommene Rechtsprechung des BSG zu § 137 Abs. 3 S. 1 Nr. 2, S. 2 SGB V a. F., die einen Ausschluss von der Leistungserbringung angenommen habe, wenn im Vorjahr die Mindestmenge nicht erreicht worden sei, nicht mehr bedeutsam. Im Rahmen der vorzunehmenden Prognose sei das Erreichen der Mindestmenge im Vorjahr nunmehr lediglich ein Regelfall für deren positiven Ausgang. Im Übrigen komme es nunmehr aber auf die berechtigte mengenmäßige Erwartung des Krankenhauses an. Dies werde durch die Gesetzesbegründung hervorgehoben. Die Klägerin habe mit ihrem Schreiben vom 03.03.2016 gegenüber den Landesverbänden der Krankenkassen und dem Verband der Ersatzkassen Nordrhein dargelegt, weshalb für das Jahr 2016 von einer positiven Prognose zur Erfüllung der Mindestmenge auszugehen sei. Das Jahr 2014 sei insoweit aufgrund der personellen Vakanz des Chefarztpostens eine absolute Ausnahme gewesen, wie sich aus dem Vergleich zu den Vorjahren, in denen die Mindestmenge deutlich überschritten worden sei, ergebe. Im Jahr 2015 habe ein positiver Aufwärtstrend vorgelegen. Die Mindestmenge wäre bereits in diesem Jahr wieder erreicht worden, wenn nicht aufgrund eines inzwischen beseitigten Informationsdefizites die Verlegung zweier Behandlungsfälle in das Krankenhaus der Klägerin unterblieben wären. Für die sich letztlich verwirklichende positive Prognose für das Jahr 2016 hätten insbesondere die bereits im Zeitraum Januar bis April 2016 erfolgten vier Eingriffe gesprochen.

Dessen ungeachtet habe die Ausnahmeregelung nach Anl. 2 Nr. 4 Mm-R der Klägerin eine Leistungserbringung zulasten der Beklagten ermöglicht. Der Wechsel des Chefarztes und die personelle Verstärkung im Bereich der Pankreaschirurgie sei rechtlich als personelle Neuausrichtung des bestehenden Leistungsbereiches "komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas" einzuordnen.

Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 15.830,83 EUR nebst Zinsen i.H.v. 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 11.01.2017 zu zahlen. 2. Der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist Auffassung, Rechtsgrundlage für die Beurteilung des vorliegenden Streitgegenstandes sei § 137 SGB V in der bis zum 31.12.2015 geltenden Fassung. Der Prognosemaßstab folge der hierzu einschlägigen Rechtsprechung des BSG. Der ab dem Jahr 2016 veränderte Maßstab aus § 136b Abs. 4 SGB V finde für das Kalenderjahr 2016 keine Anwendung. Denn zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Vorschrift habe die Prognose für das Jahr 2016 bereits getroffen sein müssen.

Die Beklagte erneuert und vertieft die Begründung zur Ansicht, der Ausnahmetatbestand nach Anl. 2 Nr. 4 Mm-R sei nicht einschlägig. Die festgelegten Ausnahmetatbestände bedürften einer engen und restriktiven Auslegung um den Willen des Gesetzgebers zu Sinn und Zweck der Mindestmengenregelungen nicht zu unterlaufen. Dem Tatbestandsmerkmal "personelle Neuausrichtung" genüge ein bloßer Personalersatz oder Personalwechsel nicht, vielmehr sei eine mit der personellen Veränderung einhergehende neue Ausrichtung innerhalb des Krankenhauses, bezogen auf den entsprechenden Leistungsbereich der Mindestmengenregelungen, zu fordern. Insofern könne dahinstehen, ob bei der Klägerin die berechtigte Aussicht bestanden habe, nach Ende des Übergangszeitraumes von max. 24 Monaten nachhaltig die erforderliche Mindestmenge zu erreichen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach – und Streitverhältnisses wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A. Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hiermit ihr Einverständnis erklärt haben, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

B. Die Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zulässig. Bei einer auf Zahlung der Vergütung für die Behandlung von Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse geht es um einen so genannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (vgl. (vgl. BSG Urteil vom 17. Dezember 2013 - B 1 KR 70/12 R -, Rn. 8, juris m. w. Nachw.; BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 33/13 R –, BSGE 117, 94-117, SozR 4-2500 § 137 Nr 5, Rn. 9; BSG, Urteil vom 17. Juni 2000 - B 3 KR 33/99 R = BSGE 86,166; Urteil vom 23. Juli 2002 - B 3 KR 64/01 R-, juris). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.

C. Sie ist ferner – bis auf einen Tag der Zinsforderung - begründet. Die Vergütung für die Behandlung Versicherter im Jahr 2016 bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern wie jenen der Klägerin nach § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V i.V.m. § 7 S. 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge, Fallpauschalenvereinbarungen (FPV) für das Behandlungsjahr 2016) konkretisiert. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KHEntgG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den FPV auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KHEntgG (BSG, Urteil vom 10. März 2015 – B 1 KR 2/15 R –, BSGE 118, 155-164, SozR 4-2500 § 39 Nr 23, Rn. 13). Die näheren Einzelheiten über Aufnahme und Entlassung von Versicherten, Kostenübernahme, Abrechnung der Entgelte sowie die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung ist in den zwischen der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen einerseits und verschiedenen Krankenkassen sowie Landesverbänden der Krankenkasse andererseits geschlossenen Verträge nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB V geregelt. Es sind dies der Vertrag über allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung (KBV) und der Vertrag zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung (KÜV) (SG Aachen, Urteil vom 22. August 2017 – S 13 KR 175/17 –, Rn. 13, juris).

Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht, unabhängig von einer Kostenzusage, unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist (ständige Rechtsprechung, vergleiche BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - B 1 KR 70/12 R-, juris m. w. Nachw.; Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 33/13 R –, BSGE 117, 94-117, SozR 4-2500 § 137 Nr 5, Rn. 11-13; BSG, Urteil vom 10. März 2015 – B 1 KR 2/15 R –, BSGE 118, 155-164, SozR 4-2500 § 39 Nr 23, Rn. 11 m.w.Nachw.). Eine Versorgung von Patienten außerhalb des Versorgungsauftrags, ohne dass ein Notfall vorliegt, ist nicht zu vergüten (§ 8 Abs. 1 Satz 3 KHEntgG) (BSG, Urteil vom 27. November 2014 - B 3 KR 1/13 R -, Rn. 9, juris).

I. Es ist zwischen den Beteiligten sowohl unumstritten, dass der Versorgungsauftrag der Klägerin die bei dem Versicherten der Beklagten durchgeführte partielle Resektion des Pankreas: Pankreaskopfresektion, pyloruserhaltend (OPS-Kode 5-524.2) umfasst, als auch, dass diese Behandlung medizinisch indiziert war und nur unter stationären Bedingungen erfolgen konnte. Da sich für die Kammer (insbesondere aus den von den Beteiligen vorgelegten Unterlagen) auch kein Anlass ergibt, an einer dieser Vergütungsvoraussetzungen i. S. d. § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V bzw. § 8 Abs. 1 S. 3 KHEntgG zu zweifeln, konnte sie sich diesbezüglich zu keinen weitergehenden Ermittlungen gedrängt sehen (vgl. zum Maßstab: Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 103, Rn. 4, 7a f. m.w.Nachw.).

II. Zwischen den Beteiligten steht indes in Streit, ob der durch die Klägerin bei dem Versicherten der Beklagten durchgeführte Eingriff am Pankreas dem für alle Leistungsbereiche geltenden Qualitätsgebot aus § 2 S. 3 SGB V genügt hat.

Eine spezielle Ausprägung des Qualitätsgebotes stellt Anlage 1 der Regelungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) gemäß § 137 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB V (in der bis zum 31.12.2015 gültigen Fassung) bzw. § 136b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB V (in der seit 01.01.2016 gültigen Fassung) für nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser in der Fassung vom 20.12.2005 (für den hier streiterheblichen Zeitraum zuletzt geändert am 18.06.2015 und 17.03.2016 (OPS Version 2016)) (Mindestmengenregelung – Mm-R) dar (BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 33/13 R –, BSGE 117, 94-117, SozR 4-2500 § 137 Nr 5, Rn. 14). Der G-BA beschließt hier nach den einfachgesetzlichen Vorgaben für zugelassene Krankenhäuser ( ...) einheitlich ( ...) mit Außenwirkung im Range untergesetzlichen Rechts einen Katalog planbarer Leistungen, bei denen die Qualität des Behandlungsergebnisses von der Menge der erbrachten Leistungen abhängig ist, sowie Mindestmengen für die jeweiligen Leistungen je Arzt oder Standort eines Krankenhauses. Die nach § 137 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB V (a. F.) bzw. § 136b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB V vorzusehenden Ausnahmetatbestände finden sich in Anlage 2 Mm-R. (zum Prüfungsprogramm und –umfang: BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 33/13 R –, BSGE 117, 94-117, SozR 4-2500 § 137 Nr 5, Rn. 19-22; BSG, Urteil vom 17. November 2015 – B 1 KR 15/15 R –, SozR 4-2500 § 137 Nr 6, Rn. 16).

Anlage 1 Nr. 4 Mm-R regelt für komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas durch eine jährliche Mindestmenge von zehn Eingriffen pro Krankenhaus in diesem Sinne eine zwingende Qualitätsvorgabe. Sie sichert das Qualitätsniveau bei voraussichtlicher Unterschreitung im Folgejahr durch ein eigenständiges Verbot der Leistungserbringung zusätzlich ab (§ 137 Abs. 3 S. 2 SGB V (a. F.) bzw. § 136 b Abs. 4 S. 1 SGB V) (BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 33/13 R –, BSGE 117, 94-117, SozR 4-2500 § 137 Nr 5, Rn. 14). Einem Krankenhaus, dass das die Leistungen dennoch bewirkt steht kein Vergütungsanspruch zu (s. nunmehr ausdrücklich § 136 Abs. 4 S. 2 SGB V, BSG a.a.O., Rn. 15, 19 ff.).

Zwar fällt die durch die Klägerin bei dem Versicherten der Beklagten durchgeführte partielle Resektion des Pankreas: Pankreaskopfresektion, pyloruserhaltend (OPS-Kode 5-524.2) unter die in Anlage 1 Nr. 4 Mm-R aufgeführten Prozeduren. Die Klägerin konnte sich jedoch für das Jahr 2016 nach ihrer insoweit zutreffenden Auffassung jedenfalls auf die Ausnahmeregelung in Anlage 2 Nr. 4 Mm-R berufen, nach der bei personeller Neuausrichtung bestehender Leistungsbereiche Übergangszeiträume von 24 Monaten eingeräumt werden.

1. Insofern kann dahinstehen, ob Anlage 1 Nr. 4 Mm-R wirksam ist, d. h. insbesondere von der Ermächtigungsgrundlage des § 137 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB V (a. F.) bzw. § 136b Abs. 1 S. 1 2 SGB V gedeckt ist (zum Prüfungsprogramm und –umfang: BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 33/13 R –, BSGE 117, 94-117, SozR 4-2500 § 137 Nr. 5, Rn. 26 ff. zu Nr. 6 Anlage 1 Mm-R (Knie-TEP); BSG, Urteil vom 17. November 2015 – B 1 KR 15/15 R –, SozR 4-2500 § 137 Nr 6, Rn. 17 ff. zu Nr. 8 Anlage 1 Mm-R (Versorgung von Früh- und Neugeborenen mit einem Geburtsgewicht von (1250 g) bejahend speziell für Nr. 4 der Anlage 1 Mm-R: SG Aachen, Urteil vom 06. November 2014 - S 15 KR 399/11, unveröffentlicht, auf Grund eines Gutachtens des Prof. Dr. med. Max Geraedts für die Bundesärztekammer aus dem Jahr 2004, in dem dieser einen Evidenznachweis für den Zusammenhang zwischen Behandlungsmenge und -qualität für "hoch-komplexe Karzinomeingriffe wie Pankreas- und Ösophagusresektionen" gefunden habe (Gutachten unter www.bundesaerztekammer.de)).

2. Ferner kann die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob die Klägerin prognostisch die vorgeschriebene Mindestmenge von mindestens zehn komplexen Eingriffen am Organsystem Pankreas erreichte und die hiermit in Zusammenhang stehende Frage, ob für das Jahr 2016 auf § 137 Abs. 3 S. 2 SGB V in der bis 31.12.2015 geltenden Fassung oder § 136b Abs. 4 S. 1, 3-8 SGB V in der seit 01.01.2016 gültigen Fassung abzustellen ist, dahinstehen, wobei die Kammer diesbezüglich mit der 15. Kammer des Sozialgerichts Aachen (Beschluss vom 13.09.2016 – S 15 KR 151/16 ER, unveröffentlicht) die Argumentation der Beklagten (vgl. Klageerwiderung vom 21.06.2017) für überzeugend hält.

Mit der Rechtsprechung zu § 137 Abs. 1 S. 4 SGB V in der bis zum 30.06.2008 gültigen Fassung, der § 137 Abs. 3 S. 2 SGB V in der bis zum 31.12.2015 gültigen Fassung entspricht, richtete sich die kalenderjährlich vorzunehmende Prognose für das Folgejahr allein danach, ob die Mindestmenge im abgelaufenen Kalenderjahr erreicht wurde (vgl. eingehend und überzeugend BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 33/13 R –, BSGE 117, 94-117, SozR 4-2500 § 137 Nr 5, Rn. 52 ff.) während § 136b Abs. 4 S. 4 SGB V in der seit dem 01.01.2016 gültigen Fassung abweichend für die kalenderjährlich anzustellende Prognose das Erreichen der Mindestmenge im abgelaufenen Kalenderjahr lediglich als Regelfall für eine positive Prognose bezeichnet und in den S. 3-8 näheres zum Prozedere der Prognose regelt.

Auf der Grundlage der bis zum Ende des Jahres 2015 gültigen Rechtslage hatte die – bis zum Abschluss dieses Jahres zu erfolgende - Prognose der Klägerin für das Jahr 2016 allein deshalb negativ auszufallen, weil sie im Jahr 2015 die erforderliche Mindestmenge an komplexen Eingriffen am Organsystem Pankreas nicht erbracht hatte (acht statt zehn).

Schon der Wortlaut des § 136b Abs. 4 S. 3 SGB V stellt hinsichtlich der Darlegung des Krankenhausträgers, dass die erforderliche Mindestmenge aufgrund berechtigter Erwartungen erreicht werde, auf das nächste Kalenderjahr ab, so dass die zum 01.01.2016 eingeführten Neuerungen zur kalenderjährlichen Prognose erstmals im Jahr 2017 Bedeutung erlangen konnten. § 136b Abs. 4 S. 5 SGB V stützt diesen Befund. Dem G-BA wird hiernach aufgegeben, das Nähre zur Darlegung der Prognose zu regeln. Bei einem Inkrafttreten des Gesetzes zum 01.01.2016 wäre eine entsprechende Regelung des G-BA (die weiterhin aussteht) bereits für dasselbe Kalenderjahr aber nicht möglich gewesen. Schließlich hat der Gesetzgeber bei Verabschiedung des Gesetzes zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung (BGBl. I 2015 Nr. 51, S. 2229), mit dem auch § 136b Abs. 4 S. 3-5 SGB V (zum 01.01.2016) eingeführt wurde (Art. 6; vgl. BT-Drs. 18/5372, S. 27, 85 f.), für bestimmte Regelungen bewusst ein Inkrafttreten mit der 2./3. Lesung im Bundestag vorgesehen (Art. 9 des Gesetzes zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung), um auf diese Weise den kalenderjährlich-prospektiven Wirkungen der entsprechenden Regelungen bereits für das Jahr 2016 Geltung zu verschaffen. Für die Prognose des § 136b Abs. 4 S. 3-5 SGB V hat er diesen Weg jedoch gerade nicht gewählt (BT-Drs. 18/5372, S. 36, 107f.).

3. Die Klägerin kann sich aber auf die unveränderte Ausnahme in Anl. 2 Nr. 4 Mm-R berufen. Gemäß § 137 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 SGB V a.F. bzw. § 136b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB V n. F. hat der G-BA Ausnahmetatbestände zu dem Katalog planbarer Leistungen zu beschließen. Diese waren Ende des Jahres 2015 und sind weiterhin in Anl. 2 der Mm-R enthalten. Nach deren Nr. 4 werden bei personeller Neuausrichtung bestehender Leistungsbereiche Übergangszeiträume von max. 24 Monaten eingeräumt. Soweit ersichtlich, liegt zur Auslegung dieser untergesetzlichen Norm bislang keine Rechtsprechung vor.

a) Der zwischen den Beteiligten umstrittene Begriff der "personellen Neuausrichtung" diktiert nach Auffassung der Kammer nicht das Vorliegen einer mit Personaländerungen verbundenen strukturellen, fachlich-inhaltlichen Neuausrichtung des für die Erbringung von einer Mindestmengenregelung erfassten Leistungsbereiches eines Krankenhauses. Vielmehr genügt auch ein (sich ggfs. zeitlich streckender) Wechsel des Personals, sofern er für die Leistungserbringung und die Erwartung der Fallzahlen von zentraler Bedeutung ist. Dies ist regelmäßig etwa beim Weggang und fachlich gleichwertigen Ersatz des- oder derjenigen Operateure(s)/Operateurin der Fall, der oder die zuvor für das Erreichen der Mindestmenge verantwortlich gezeichnet hat/haben. Der maximal 24-monatige Übergangszeitraum beginnt mit dem Zeitpunkt der Neueinstellung(en).

aa) Entgegen der Ansicht der Beklagten streitet der Wortlaut der Nr. 4 der Anl. 2 Mm-R für kein gegenteiliges Verständnis. Nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen richtet sich die Wortlautinterpretation zunächst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eines Ausdrucks bzw. einer Wortverbindung. Haben Ausdrücke in der Fachsprache eine spezifische Bedeutung erhalten, geht der besondere Sprachgebrauch des Regelungswerkes vor (vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft – Lehrbuch, 3. Aufl. 1995, S. 141 ff.). Ein besonderer Sprachgebrauch des Regelwerkes ist in Bezug auf den Begriff der "personellen Neuausrichtung" nicht zu erkennen. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist für die Zusammensetzung aus den Wörtern "Neuausrichtung" und "personell" festzustellen, dass das Wort "Neuausrichtung" den Wortsinn von "neue, andersartige Ausrichtung", aber auch "Neuorientierung" umschließt, während "personell" "das Personal, die Beschäftigten in einem Betrieb, Bereich oder Ähnliches betreffend" bedeutet (hierzu jeweils www.duden.de). Im Konnex der Begriffe ergibt sich der Wortsinn einer "das Personal betreffenden Neuorientierung" bzw. diesbezüglich "neuen, andersartigen Orientierung". Vom Wortsinn umschlossen ist insofern eine wesentliche Neubesetzung, ein (für das Telos der Regelung) belangreicher Austausch des Personals. Die Andersartigkeit der neuen Ausrichtung beim Personal ist nach dem dargelegten allgemeinen Sprachgebrauch möglich aber nicht notwendig. Erst recht kann dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht entnommen werden, dass damit auch Veränderungen struktureller oder fachlich – inhaltlicher Art gemeint wären. Die Ausnahmeregelung spricht von einer personellen, nicht von einer fachlichen Neuausrichtung (vgl. den klägerseitig vorgelegten Schiedsspruch der Schiedsstelle-KHG Rheinland vom 25.01.2016 – Az. 1/2015).

Das abweichende Wortlautverständnis der Beklagten resultiert nach Ansicht der Kammer einerseits aus der faktischen Verkürzung der Wortverbindung auf den Begriff der "Neuausrichtung", bei dessen Verständnis andererseits übersehen wird, dass eine bloße "Neuorientierung" hinreichend und eine "andere Ausrichtung" hernach möglich, aber nicht notwendig ist.

Soweit die Beklagte ihre Wortlautauslegung durch den Schiedsspruch der Schiedsstelle-KHG Westfalen – Lippe vom 08.02.2016 (Az. SchSt KHG 08/15) bestätigt sieht, die ausführt, eine personelle Neuausrichtung setze voraus, dass die durch eine oder mehrere personelle Änderung(en) ursächlich herbeigeführte Ausrichtung einer Abteilung in prägender Weise von der bisherigen Ausrichtung abweiche, ist zunächst festzustellen, dass die dortige Definition ihren Ursprung nicht erkennen lässt. Es findet sich weder eine Fundstelle, noch wird eine Auslegung des Begriffes der "personellen Neuausrichtung" vorgenommen. Auch aus dem vorgelegten, den Schiedsspruch genehmigenden Bescheid der Bezirksregierung Detmold vom 06.05.2016 lassen sich keine rechtlichen Erwägungen erkennen, die für die Wortlautauslegung der Beklagten streiten würden. Letztlich offenbart sich zudem, dass das Verständnis der Schiedsstelle gerade der Ansicht der Klägerin entspricht, da sie von einer personellen Neuausrichtung in jedem Fall dann ausgeht, wenn – wie vorliegend – ein Chefarztwechsel erfolgt sei. Die Schiedsstelle sieht sich dabei durch die ständige Verwaltungspraxis der Kostenträger bestätigt und fixiert im Rahmen ihrer Subsumtion die unzureichenden und insofern nicht prägenden Auswirkungen der zu beurteilenden Personalie in Bezug auf den mengenmäßigen Anstieg einer Katalogleistung aus Anl. 1 der Mm-R (dort Knie-TEP).

bb) Die systematische Auslegung – eine Abgrenzung zu dem weiteren Ausnahmetatbestand in Anl. 2 Nr. 3 Mm-R, nachdem beim Aufbau neuer Leistungsbereiche Übergangszeiträume von 36 Monaten eingeräumt werden - tritt dem dargelegten Wortlautverständnis zur Seite. Für den Begriff des "neuen Leistungsbereiches", zusammengesetzt aus den Wörtern "Leistungsbereich" und "neu" erschließt sich - wenn man das Wort "neu" im Sinne von "davor noch nicht da gewesen (und anders als bisher, als früher)" (vgl. www.duden.de, Bedeutungsübersicht Ziff. 3 a) versteht - der Wortsinn, dass ein Leistungsbereich als solcher hinzukommen bzw. andersartig i. S. v. wesensverändernd umstrukturiert werden muss. Denn das Wort Aufbau umfasst im allgemeinen Sprachgebrauch (ein spezifischer ist wiederrum nicht erkennbar) sowohl das (Wieder)errichten als auch die Gliederung, Strukturierung (vgl. www.duden.de, Bedeutungsübersicht 1.-3.). Daher fallen Veränderungen struktureller und fachlich – inhaltlicher Art unter die Ausnameregelung Anl. 2 Nr. 3 Mm-R; die nicht notwendiger aber typischerweise (auch) mit personellen Veränderungen/Verstärkungen einhergehen werden.

cc) Soweit die Beklagte mit der Schiedsstelle für die Festsetzung der Krankenhauspflegesätze Niedersachsen mit Beschlüssen vom 21.05.2015 (Az. SK 01/2015) und 19.02.2016 (SK 01/2016 – die Genehmigung dieses Beschlusses wurde durch das niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung abgelehnt) die Auffassung vertritt, beim Ausnahmetatbestand der "personellen Neuausrichtung" gehe es nicht um ein "Mehr", sondern um ein "Anders" an Leistungen, es komme nicht (einmal) darauf an, ob bei einem Personalwechsel ein neuer Arzt mehr Operationen durchführe, vielmehr müssten Schwerpunkte neu gesetzt werden, entfernt sie sich auch vom Regelungszweck der Ermächtigungsgrundlage für den Beschluss eines Kataloges planbarer Leistungen (§ 137 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 SGB V a. F. bzw. § 136b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB V n. F.). Ziel des Gesetzgebers ist eine angemessene Versorgungsqualität sowie eine kontinuierliche Verbesserung des Versorgungsniveaus zu gewährleisten. Diese Zielsetzung hat der G-BA in § 2 Nr. 1 Mm-R aufgegriffen. Die Qualität des Behandlungsergebnisses der planbaren Leistungen im Sinne der Vorschrift hat nach dem unmissverständlichen Wortlaut des Parlamentsgesetzes (in besonderem Maße) gerade von der Menge der erbrachten Leistungen je Arzt oder Krankenhaus abhängig zu sein (vgl. BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 33/13 R –, BSGE 117, 94-117, SozR 4-2500 § 137 Nr 5, Rn. 34). Das Instrument der Mindestmengenregelung ist für Fälle konzipiert, in denen exklusiv höhere Fallzahlen höhere Qualität herbeiführen. Bedarf es zwingend der Gewährleistung eines Mindestmaßes an Behandlungsroutine, um eine angestrebte Ergebnisqualität zu sichern oder sich dieser zumindest anzunähern, ist allein das hierdurch ermöglichte Plus an Ergebnisqualität von Bedeutung, während inhaltlich-strukturelle Gesichtspunkte der Leistungserbringung ohne Bedeutung für die Zulässigkeit der Leistungserbringung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung sind (BSG, a.a.O., Rn. 60 f.). Durch die Streichung der Worte "in besonderem Maße" aus § 137 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 SGB V a.F. bei § 136b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB V ist dies für die Zeit ab Januar 2016 nochmals akzentuiert worden (vgl. BT-Drs. 18/5372, S. 85). Zugleich ist in § 136b Abs. 3 S. 1 SGB V eine weiter Kompetenz des G-BA geschaffen worden, Ausnahmeregelungen und Übergangstatbestände bei nachgewiesener Qualitätskompensation unterhalb der festgelegten Mindestmenge zu schaffen (vgl. BT-Drs. 18/5372, S. 86). Dieser, bislang vom G-BA noch nicht umgesetzte, Auftrag ist von den (allgemeinen) Ausnahmetatbeständen nach § 136b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 a. E. SGB V (§ 137 Abs. 3 Nr. 2 a.E. SGB V a. F.) in Anlage 2 Mm-R zu unterscheiden, bei denen spiegelbildlich allein der Bezug zu einem (prognostischen) Zuwachs der Leistungserbringung von Bedeutung sein kann, während Gesichtspunkte der Art und Weise der Leistungserbringung gerade keinen Platz finden.

In der Verengung des Ausnahmetatbestandes im Verständnis der Beklagten über das durch die Zielsetzung der Mindestmengenregelung vorgegebene hinaus, läge zugleich ein Verstoß gegen die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1, 19 Abs. 3 Grundgesetz) der Leistungserbringer (vgl. BT-Drs. 18/5372, S. 86). Denn ein Eingriff (gleich auf welcher "Stufe" – vgl. BVerfGE 25, 1 (11 f.)) muss in jedem Falle verhältnismäßig und damit geeignet und i. S. d. mildesten Mittels erforderlich sein, dem angestrebten legitimen Zweck zu dienen. Im Rahmen des § 137 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 SGB V a. F. bzw. § 136b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB V verfolgt der Gesetzgeber aber – wie dargelegt – exklusiv den Zweck, die Qualität der gesundheitlichen Versorgung dort zu erhöhen, wo die Güte der Leistungserbringung nach wissenschaftlichen Erkenntnissen hinreichend wahrscheinlich spezifisch von der Erfahrung und Routine des Versorgenden beeinflusst wird (BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 33/13 R –, BSGE 117, 94-117, SozR 4-2500 § 137 Nr 5, Rn. 34; BSG, Urteil vom 17. November 2015 – B 1 KR 15/15 R –, SozR 4-2500 § 137 Nr 6, Rn. 29). Aus diesem Grund kann auch der Verweis der Beklagten darauf, Ausnahmetatbestände seien grundsätzlich eng auszulegen nicht weiter führen.

dd) Dass die Mindestmenge nach dem Wortlaut der §§ 137 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 SGB V a. F. bzw. 136b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB V (n.F.) je nach Leistung auch von einem konkreten Arzt zu erbringen sein kann, weist darauf, dass gerade dem Weggang/Wechsel des Operateurs maßgebliche Bedeutung zukommen kann.

ee) Für ein solches Verständnis des Ausnahmetatbestandes in Anl. 2 Nr. 4 Mm-R, nachdem ein Wechsel des den Leistungsbereich prägenden Personals, etwa des oder der leitenden Operateure(s)/Operateurin, ausreicht, spricht weiter die aus der Entstehung abzuleitende Intention des Regelungsgebers, des G-BA.

In dem Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser (Fallpauschalengesetz) (BT-Drs. 14/7421, 14/7461) wird zu § 137 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 S. 4 SGB V in der bis zum 30.06.2008 gültigen Fassung (entspricht § 137 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 in der bis zum 31.12.2015 gültigen Fassung) ausgeführt: "Es sind Ausnahmetatbestände festzulegen, bei deren Vorliegen von der Mindestmenge abgewichen werden kann, z.B. beim Wechsel eines behandelnden Arztes oder beim Aufbau eines Leistungsbereiches durch einen bereits erfahrenen Arzt" (BT-Drs- 14/7862, S. 5).

Insofern ist der G-BA mit der Schaffung von Ausnahmetatbeständen u. a. bei für die Leistungserbringung wesentlichen Personalveränderungen beauftragt worden. Aus den o. a. Gesetzesmaterialen lässt sich dabei erkennen, dass dem entsprechenden normativen Auftrag die Vorstellung zugrunde lag, dass auch ein Wechsel des für die Leistungserbringung maßgeblichen Personals von der prognostischen Leistungserbringung gewisser Mengen dispensieren können solle. Zwar liegen zu den Mm-R keine sog. "tragenden Gründe", wie sie mittlerweile zu den Beschlüssen des G-BA durchgängig herausgegeben werden, vor. Dass der G-BA an diese Vorstellung mit der Regelung in Nr. 4 der Anl. 2 Mm-R anknüpfen wollte, bestätigt jedoch auch die Justitiarin des G-BA Fahlbusch in einem im Mai 2012 veröffentlichten Aufsatz. Dort wird ausgeführt, es gebe Umstände, die so gravierend seien, dass sie sich auf etwaige Fallzahlen maßgeblich auswirken könnten. Bei besonderen Leistungen könne etwa der Frage, welcher Arzt der entsprechenden Abteilung vorstehende, maßgebliche Bedeutung zukommen: Komme ein hochrenommierter Arzt in eine Klinik oder verlasse er diese, könnten sich Fallzahlen stark ändern. Dieser Aspekt werde mit dem Ausnahmetatbestand "personelle Neuausrichtung" aufgegriffen (Fahlbusch, GesR 5/2012, S. 274 (275)). Auch das Bundessozialgericht geht offenbar davon aus, dass der G-BA mit den Ausnahmetatbeständen in Anl. 2 Nr. 3 und 4 Mm-R an die Beispiele aus den Gesetzesmaterialien anknüpft, sofern es unter Bezugnahme auf BT-Drs 14/7862, S. 5 ausführt, für die Ausnahmetatbestände fänden sich in den Gesetzesmaterialien zum Entwurf eines Fallpauschalengesetzes die Beispiele des Wechsels des behandelnden Arztes bzw. der Aufbau eines Leistungsbereiches durch einen bereits erfahrenen Arzt, die nunmehr in Anl. 2 Nr. 3 und 4 Mm-R geregelt seien (BSG, Urteil vom 17. November 2015 – B 1 KR 15/15 R –, SozR 4-2500 § 137 Nr 6, Rn. 39; BSG, vgl. auch Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 33/13 R –, BSGE 117, 94-117, SozR 4-2500 § 137 Nr 5, Rn. 57).

Soweit die Beklagte sich in diesem Zusammenhang darauf beruft, dass der G-BA die o. a. Formulierung in den Gesetzgebungsmaterialien "Wechsel des behandelnden Arztes" gerade nicht übernommen, sondern merkbar abgeändert habe, lässt sich hieraus nicht schließen, dass der G-BA den in den Gesetzgebungsmaterialien ausdrücklich bezeichneten Fall mit der Schaffung seines korrespondierenden Ausnahmetatbestandes Nr. 4 in Anl. 2 Mm-R ausschließen wollte. Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass der G-BA allgemeiner formuliere, ist dies zwar zutreffend, jedoch streitet eine allgemein gehaltene Formulierung gerade nicht für einen verengten Anwendungsbereich. Während die o.a. Gesetzesmaterialien ausdrücklich nur Beispiele für Ausnahmekonstellationen von Mindestmengenregelungen aufführten, hatte der G-BA die Aufgabe eines Normgebers, eine gewünschte Vielfalt von Sachverhalten mit einer abstrakt-generellen Regelung zu erfassen. Hätte er den Ausnahmefall wie beispielhaft beschrieben mit "Wechsel des behandelnden Arztes aufgenommen", hätte er zum einen mögliche für die Stückzahl der Leistungserbringung zentrale Personaländerungen aber ausgeschlossen, was – dies steht hiernach anzunehmen – nicht seiner Intention entsprach, zumal der Katalog in Anl. 1 Mm-R Mindestmengenregelungen pro Krankenhaus, nicht zwingend pro Arzt (vgl. § 137 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 SGB V a. F. bzw. § 136b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB V jeweils Alt. 2) vorsieht. Zum anderen bringt die Wortwahl des G-BA besser als die beispielhafte Formulierung in den Gesetzgebungsmaterialien zum Ausdruck, dass nicht jedwede Veränderung des Personalbestandes zur Begründung der Ausnahmeregelung herangezogen werden kann und ihre Anwendung auf den Wechsel im maßgebenden, die Situation prägenden Personalbestand beschränkt ist (vgl. Beschluss der Schiedsstelle-KHG Rheinland vom 25.01.2016, Az. 1/2015, der hierin die Intention des G-BA sieht, Fahlbusch, a.a.O).

ff) Der in Anlage 2 Nr. 4 Mm-R bei einer "personellen Neuausrichtung" im dargelegten Sinne eingeräumte Übergangszeitraum von maximal 24 Monaten beginnt nicht etwa mit einem Weggang des für die Stückzahl der Leistungserbringung maßgebenden Personals, sondern mit dem Beginn des Folgejahres einer personellen Erneuerung (Neueinstellung), die von maßgebender Bedeutung für die erwartete Stückzahl i. S. d. Mm-R ist. Es muss die begründete Aussicht gegeben sein, dass die erforderliche Stückzahl spätestens nach dem Ende des Übergangszeitraumes wieder erreicht werden wird. (1) Die zeitliche Anknüpfung an die personelle Erneuerung bzw. Neueinstellung lässt sich durch den Wortlaut des Ausnahmetatbestandes begründen. Der Begriff der Neuausrichtung weist auf eine fortgeschrittene Phase des o.a. allgemeinen Wortlautverständnisses, in der der Findungsprozess der Neuorientierung finalisiert wird.

(2) Das Ergebnis wird wiederum durch das Beispiel des Wechsels des behandelnden Arztes für einen Ausnahmetatbestand von einem Mindestmengenerfordernis in den Gesetzgebungsmaterialien zu § 137 Abs. 3 S. 3 Nr. 3 S. 4 SGB V in der bis zum 30.06.2008 gültigen Fassung (BT-Drs. 14/8762, S. 5) gestützt, an das der G-BA mit Nr. 4 der Anl. 2 Mm-R angeknüpft hat (s. o.; vgl. Fahlbusch, GesR 5/2012, S. 274 (275)). Denn ein personeller Wechsel ist erst mit der Neueinstellung abgeschlossen.

(3) Für das zeitliche Verständnis der Ausnahmeregelung prägend ist das Ziel des Gesetzgebers, eine angemessene Versorgungsqualität sowie eine kontinuierliche Verbesserung des Versorgungsniveaus durch eine Mindestmenge und damit verbundene Routine zu gewährleisten, das in § 2 Nr. 1 Mm-R aufgegriffen wird und im Rahmen der Ausnahmetatbestände von Bedeutung bleibt. Der Zweck der Nr. 4 Anl. 2 Mm-R ist ersichtlich nicht, nach einem für die bislang erreichte Mindestmenge wesentlichen personellen Verlust die vorübergehende weitere Leistungserbringung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung zu ermöglichen, wie sich bereits dem Begriff des "Übergangszeitraumes" entnehmen lässt, sondern ein Wiedererreichen der Mindestmenge zu ermöglichen (s. ebenso Nr. 3 Anl. 2 Mm-R). Daraus folgt inhaltlich einerseits (wie bereits dargestellt), dass der personelle Wechsel die begründete Aussicht bieten muss, nach dem Ende der Übergangszeiträume die geforderte Mindestmenge wieder zu erreichen, dann aber in zeitlicher Hinsicht andererseits, dass der eingeräumte Übergangszeitraum erst mit der für diese Aussicht maßgeblichen Personalentscheidung (Neueinstellung(en)) beginnen kann.

(4) Dass dabei nicht der Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme an sich entscheidend sein kann, sondern auf den Beginn des darauf folgenden Jahres abzustellen ist, ergibt sich zwingend aus systematischen Erwägungen. Das Recht zur Leistungserbringung im Rahmen der Mindestmengenregelungen war und ist von einer jeweils auf das Kalenderjahr bezogenen Prognose abhängig. Das hat das Bundessozialgericht bereits im Rahmen der Auslegung des § 137 Abs. 1 S. 4 SGB V in der bis zum 30.06.2008 gültigen Fassung (entsprechend § 137 Abs. 3 S. 2 SGB V in der bis zum 31.12.2015 gültigen Fassung erkannt (BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 33/13 R –, BSGE 117, 94-117, SozR 4-2500 § 137 Nr 5, Rn. 52). § 136b Abs. 4 S. 1-5 SGB V stellt nunmehr ausdrücklich auf den Ausgang der Prognose für das kommende "Kalenderjahr" ab. Da die Ausnahmetatbestände Nr. 3, 4 Mm-R von dem hiernach kalenderjährlichen Verbot der Leistungserbringung dispensieren, können sie ihrerseits allein zum Beginn eines bzw. mehrerer Kalenderjahre Bedeutung entfalten. Dass die vorgesehenen Zeiträume von max. 36 bzw. 24 Monaten in Nr. 3 bzw. Nr. 4 Mm-R jeweils volle Jahre erfassen, wird dem gerecht. Soweit die Übergangszeiträume Maximalzeiträume darstellen ist gewährleistet, dass - wie im Rahmen der o.a. parlamentsgesetzlichen Regelungen vorgesehen – zu Beginn jeden Kalenderjahres (bis zur Maximaldauer des Ausnahmetatbestandes) die begründete Aussicht bestehen muss, dass spätestens am Ende des Übergangszeitraumes – d. h. bezogen auf Nr. 4 Anl. 2 Mm-R, im zweiten auf die Neueinstellung folgenden Jahr, die erforderliche jährliche Mindestmenge wieder erreicht werden wird. Einerseits dürfen die Anforderungen an eine solche "begründete Aussicht" nicht überspannt werden und müssen hinter den an eine berechtigte mengenmäßige Erwartung i.S.d.§ 136b Abs. 4 S ... 3-6 SGB V gestellten Anforderungen zurückbleiben, da es gerade um eine Ausnahme von diesen geht und zweijährige Zeiträume zu überblicken sind, andererseits verdichten sich die Erfordernisse mit Ablauf des ersten Übergangsjahres, da nunmehr eine (mengenmäßige) Entwicklung einbezogen werden kann. Für die Verlängerung von 12 auf 24 Monate ist daher insbesondere bedeutsam, ob sich eine positive Entwicklung der Fallzahlen im ersten Jahr der Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung erkennen lässt.

gg) Unter Beachtung dieses Verständnisses der Anl. 2 Nr. 4 Mm-R kann sich die Klägerin vorliegend für das maßgebliche Jahr 2016 auf den Ausnahmetatbestand berufen. Es liegt eine personelle Neuausrichtung vor, und der vorliegend streitige Behandlungsfall liegt innerhalb des Übergangszeitraumes.

Nachdem der bisherige chirurgische Chefarzt Dr. Reichenbacher und der stellvertretende leitende chirurgische Oberarzt Bülow der Klägerin im April 2014 ausschieden, die in den Jahren zuvor (Jahr 2012 16 und Jahr 2013 17 Eingriffe) maßgeblich für das Erreichen der Mindestmenge nach Anlage 1 Nr. 3 Mm-R verantwortlich zeichneten und den Ruf der chirurgischen Klinik der Klägerin prägten, trat im November des Jahres 2014 der neue chirurgische Chefarzt Dr. Wüllenweber seinen Dienst an, der nunmehr der entscheidende Operateur für komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas wurde.

Dass ein Wechsel des Chefarztes regemäßig von zentraler Bedeutung für die Erwartung von Fallzahlen in einem Leistungsbereich ist, lässt sich bereits aus der Vorstellung der Fachkreise von der Chefarztfunktion erkennen, wie sie sich aus der Fußnote in "Anhang I zur Leistungs – und Kalkulationsaufstellung" (in der Fassung der Verordnung zur Neuregelung des Pflegesatzrechtes vom 26.09.1994) (BGBl. I 2002, 1421) entnehmen lässt. Dort wird der Chefarzt als "fachlich nicht weisungsgebundener Arzt mit entsprechender Fachgebietsbezeichnung" beschrieben. Aus eben dieser Stellung heraus ist ein Chefarzt in der Lage, maßgeblichen Einfluss auf das Leistungsgeschehen in dem von ihm verantworteten Bereich zu nehmen.

Dies bestätigt sich für den vorliegenden Fall konkret: Ebenso wie der ausgeschiedene Chefarzt verfügt Dr. X. über die Facharztbezeichnung der Speziellen Viszeralchirurgie und eine entsprechende 48-monatige Weiterbildungsbefugnis für diesen Bereich. (Erst) dadurch erfüllte die Einrichtung der Klägerin wieder die Anforderungen der Weiterbildungsordnung, die Voraussetzung nach Anlage 1 Nr. 4 Mm-R ist. Zwischen April 2014 und November 2014 wurden deshalb keine komplexen Eingriffe an Organsystem Pankreas von der Beklagten durchgeführt. Die Wesentlichkeit dieser personellen Änderung für die zu erwartenden Fallzahlen von komplexen Eingriffen am Organsystem Pankreas ist insofern offensichtlich.

Bereits im Rahmen der Prognose der Fallzahlen für das Jahr 2015 konnte die Klägerin eine Ausnahme vom Mindestmengenerfordernis nach Anl. 2 Nr. Mm-R für sich reklamieren. Die Annahme, dass die Klägerin nach Ablauf von 24 Monaten wieder die erforderliche Fallzahl von zehn jährlichen Eingriffen erreichen werde, rechtfertige sich neben der formell gleichwertigen Qualifikation Dr. X. zum im April 2014 ausgeschiedenen Chefarzt auch daraus, dass Dr. X. bereits von 2011-2014 Chefarzt einer Klinik war, in der regelmäßig über zehn komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas jährlich erbracht wurden. Daraus wird erkennbar, dass er bereits bei Antritt seiner Stelle bei der Beklagten über ein hinreichendes Renommee verfügte, um der Beklagten spätestens nach Ablauf des Übergangszeitraumes von 24 Monaten das Erreichen der erforderlichen Mindestmenge wieder zu ermöglichen. Dies wird retrospektiv letztlich dadurch belegt, dass die Beklagte tatsächlich ab dem Jahr 2016 die erforderliche Mindestmenge nach Nr. 4 Anl. 1 Mm-R wieder erreicht hat. Der Übergangszeitraum verlängerte sich dadurch von zwölf auf 24 Monate, dass im Jahr 2015 wieder ein deutlicher Anstieg der Fallzahlen auf acht Eingriffe verzeichnet werden konnte. Dies ließ zur Prognose für das hier maßgebliche Kalenderjahr 2016 zum Ende des Jahres 2015 (weiterhin) die Annahme gerechtfertigt erscheinen, dass nach Ablauf des maximalen Übergangszeitraumes, also im Jahr 2016, die Mindestmenge von zehn Eingriffen wieder erreicht werden würde. Nicht mehr entscheidend ist daher, ob der Vortrag der Klägerin zutrifft, dass es bereits im Jahr 2015 zu zehn Eingriffen nach Nr. 4 Anl. 1 Mm-R gekommen wäre, wenn das St. Elisabeth – Krankenhaus Jülich, dass zum Verbund der Caritas Trägergesellschaft West GmbH als Krankenhausträger der Klägerin gehöre – wie zuvor üblich – im Jahr 2015 zwei Fälle zur Klägerin verlegt hätte, was allein durch ein nunmehr beseitigtes Informationsdefizit unterblieben sei. Sollte der Vortrag indes zutreffen, ergäbe sich freilich erst Recht, dass die Ausnahmeregelung Nr. 4 Anl. 2 Mm-R die Klägerin (auch) noch im Jahr 2016 zur Erbringung komplexer Eingriffe am Organsystem Pankreas zulasten der Beklagten berechtigte.

Die Rechtfertigung der Annahme, dass mit Ablauf des mit dem Jahr 2015 beginnenden Übergangszeitraumes von 24 Monaten sich die sodann wieder nach § 136b Abs. 4 S. 2-5 SGB V vorzunehmende Prognose des Erreichens der erforderlichen Mindestmenge für das Jahr 2017 rechtfertigen lassen werde, wird auch nicht dadurch erschüttert, dass lediglich der ausgeschiedene Chefarzt im November 2015 adäquat ersetzt wurde, nicht jedoch der stellvertretende, leitende chirurgische Oberarzt und die Einstellung eines neuen Oberarztes mit der Qualifikation eines Facharztes für Chirurgie und Viszeralchirurgie im September 2016 jedenfalls deshalb ohne Einfluss auf die Einschlägigkeit der Ausnahmeregelung Nr. 4 Anl. 2 Mm-R im Rahmen der Prognosen für die Jahre 2015 und 2016 bleiben muss, weil nichts dafür ersichtlich ist, dass die Einstellung im Beurteilungszeitpunkt zum jeweiligen Jahreswechsel bereits konkret feststand oder jedenfalls abzusehen war.

Denn zum einen wurde die erforderliche Mindestmenge in den Jahren vor 2014 mit 16 Eingriffen in 2012 und 17 Eingriffen in 2013 deutlich überschritten, so dass selbst die Erwartung eines Zurückbleibens der Fallzahlen hinter jenen in der ursprünglichen Besetzung nach Ablauf eins 24-monatigen Übergangszeitraumes mit Antritt des neuen Chefarztes nicht mit einer andauernden Absenkung der Fallzahlen unter zehn einhergeht. Zum anderen wurde der bei der Klägerin verbliebene Oberarzt (Herr Klee) als Facharzt für Allgemeinchirurgie ab dem Jahr 2015 in signifikant erhöhter Zahl an komplexen Eingriffen am Organsystem Pankreas beteiligt (2013 zwei, 2014 eine, 2015 vier und 2016 sieben), so dass im Jahr 2015 für das Jahr 2016 eine personelle Ressource zur zumindest teilweisen Kompensation des Wegganges des leitenden chirurgischen Oberarztes im April 2014 erkennbar wird, die zur Rechtfertigung der Annahme beträgt, dass nach Ablauf des Jahres 2016 die erforderliche Mindestmenge wieder erreicht werde.

b) Das weitere Tatbestandsmerkmal der Nr. 4 Anl. 2 Mm-R des "bestehenden Leistungsbereiches" ist zweifellos erfüllt. Es grenzt die Ausnahme nach Nr. 4 von der Ausnahme Nr. 3 ab, die Übergangszeiträume beim Aufbau neuer Leistungsbereiche einräumt. Mit Blick auf die Zielsetzung der Mm-R, eine hohe Qualität bestimmter Leistungen, bei denen das Versorgungsniveau nach bestehender Studienlage einen besonderen Zusammenhang zwischen Behandlungsmenge und Behandlungsqualität wahrscheinlich macht (BSG, Urteil vom 17. November 2015 – B 1 KR 15/15 R –, SozR 4-2500 § 137 Nr 6, Rn. 29), zu gewährleisten, kann mit dem "bestehenden Leistungsbereich" nicht etwa eine gesamte Klinik (vorliegend etwa die chirurgische Klinik der Klägerin) adressiert sein. Vielmehr werden allein die personellen und sächlichen Einheiten erfasst, die zur Erbringung der konkreten Leistung eingesetzt werden.

Dass nach dem Weggang des früheren Chefarztes und des leitenden Oberarztes vorübergehend, bis zum Eintritt des neuen Chefarztes, kein komplexer Eingriff am Organsystem Pankreas erbracht wurde, kann schon deshalb nicht zur Annahme einer Auflösung des Leistungsbereiches führen, weil in sächlicher Hinsicht im Zeitraum von April bis November 2014 keine Änderungen ersichtlich sind. Der Begriff der personellen Neuausrichtung umschließt im Verständnis einer das Personal betreffenden Neuorientierung zudem eine Phase und fixiert gerade keinen konkreten Moment. Damit wird Rechnung getragen, dass eine nahtlose Neubesetzung von Positionen, die für die Erbringung von Mindestmengen wesentlich sind, häufig nicht ad hoc möglich sein wird, weil es um die Gewinnung qualifizierten und spezialisierten Personals geht. Verlangte man in jedem Fall einen nahtlosen personellen Übergang, liefe der Ausnahmetatbestand damit für eine Vielzahl personeller Neuausrichtungen im dargelegten Sinne leer. Aber selbst, wenn man dies anders beurteilen wollte, stünde der Klägerin ohnehin zugleich der Ausnahmetatbestand nach Nr. 3 Anl. 2 Mm-R zur Seite. Denn wollte man mit dem Ausscheiden des ehemaligen Chefarztes und leitenden Oberarztes die Einstellung des Leistungsbereiches erkennen, würde die mit der Einstellung des neuen Chefarztes verbundene Wiederaufnahme komplexer Eingriffe am Organsystem Pankreas den Aufbau eines neuen Leistungsbereiches bedeuten.

III. Die den Vergütungsanspruch bestimmende Prozedur OPS OPS 5-524.2 (partielle Resektion des Pankreas: Pankreaskopfresektion, pyloruserhaltend) ist hiernach zu Recht von der Klägerin kodiert worden und führt hier zur Abrechenbarkeit der DRG-Fallpauschale 2016 H01B (Eingriff an Pankreas und Leber und portosystemische Shuntoperartion mit großem Eingriff oder Strahlentherapie, ohne komplexen Eingriff, ohne intensiv medizinische Komplexbehandlung ) 392/368/ - Aufwandspunkte), woraus sich bei mittlerer Verweildauer ein Betrag von 15.604,18 EUR ergibt, der sich mit Zuschlägen und einer Qualitätssicherungspauschale, wie sie in der Rechnung der Klägerin vom 27.12.2016 ausgewiesen sind, zu einem Gesamtvergütungsanspruch von 15.830,83 EUR summiert. Die Höhe des Vergütungsanspruches für die von der Klägerin erbrachten Leistungen ist zwischen den Beteiligten ausdrücklich unstreitig.

IV. Der Zinsanspruch ist unter dem Gesichtspunkt des Verzuges begründet. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KBV sind Rechnungen innerhalb von fünfzehn Kalendertagen nach Eingang zu begleichen. Bei Überschreitung des Zahlungsziels kann das Krankenhaus nach Maßgabe der §§ 284, 285, 288 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Verzugszinsen in Höhe von 2 v. H. über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank ab dem auf den Fälligkeitstag folgenden Tag verlangen (§ 15 Abs. 1 S. 4 KVB) (BSG, Urteil vom 08. September 2009 – B 1 KR 8/09 R –, SozR 4-2500 § 69 Nr 7, Rn. 22 ff.).

Die der Klageforderung entsprechende Rechnung der Klägerin vom 27.12.2016 ging bei der Beklagten am selben Tage ein. Die Zahlungsfrist endete damit mit Ablauf des 11.01.2017 (vgl. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 1 BGB), so dass das Zinsbegehren der Klägerin ab dem 12.01.2017 (Donnerstag) begründet ist. Für den 11.01.2017 besteht indes noch kein Zinsanspruch der Klägerin. Insoweit war die Klage abzuweisen.

D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 155 Abs. 1 S. 3, 161 Abs. 1, 162 Abs. 1, 2 und 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

E. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 40, 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
Rechtskraft
Aus
Saved